Selbstbestimmt bis zuletzt - Wegleitung zum Erstellen einer Patientenverfügung Ein Ratgeber der Krebsliga
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Selbstbestimmt bis zuletzt Wegleitung zum Erstellen einer Patientenverfügung Online lesen Ein Ratgeber der Krebsliga
Die Krebsligen der Schweiz: Nah, persönlich, vertraulich, professionell Wir beraten und unterstützen Sie und Ihre Angehörigen gerne in Ihrer Nähe. Rund hundert Fachpersonen begleiten Sie unentgeltlich während und nach einer Krebserkrankung an einem von über sechzig Standorten in der Schweiz. Zudem engagieren sich die Krebsligen in der Prävention, um einen gesunden Lebensstil zu fördern und damit das individuelle Risiko, an Krebs zu erkranken, weiter zu senken. Impressum Herausgeberin Text und Redaktion Krebsliga Schweiz Krebsliga Schweiz, Bern (alphabetisch): Effingerstrasse 40 lic. phil. Sabine Jenny, Leiterin Krebsinforma- Postfach tionsdienst 3001 Bern Susanne Lanz, Redaktorin Tel. 031 389 91 00 Verena Marti, Publizistiksupport www.krebsliga.ch Ernst Schlumpf, redaktioneller Mitarbeiter Eva Waldmann, Leiterin Rehabilitation und Projektleitung Palliative Care Eva Waldmann, Leiterin Rehabilitation und Palliative Care, Krebsliga Schweiz, Bern Fotos Titel, S. 4, 14, 26, 40, 56: shutterstock Fachberatung Dr. med. Ueli Grüninger, Geschäftsführer Design Kollegium für Hausarztmedizin KHM, Bern Wassmer Graphic Design, Zäziwil Dr. med. Hans Neuenschwander, Hospice Druck Ticino und IOSI, Lugano Ast & Fischer AG, Wabern Irma Boving, Pflegefachfrau Onkologie, Mitarbeiterin des Krebstelefons, Krebsliga Schweiz, Bern Institut Dialog Ethik, Zürich: Dr. theol. Ruth Baumann-Hölzle, Leiterin Quellen lic. phil. Patrizia Kalbermatten-Casarotti, MAS, «Patientenverfügung» und «Wegleitung wissenschaftliche Mitarbeiterin Patienten- Patientenverfügung», 2012, Dialog Ethik, verfügung Zürich lic. phil. Daniela Ritzenthaler-Spielmann, «Wegleitung zur Patientenverfügung nach wissenschaftliche Mitarbeiterin Patienten- der Diagnose Krebs», 2009, Krebsliga verfügung Schweiz, Bern Diese Broschüre ist auch in französischer und in italienischer Sprache erhältlich. © 2014, Krebsliga Schweiz, Bern KLS | 3.2022 | 1500 D | 011017013111
Inhalt 5 Editorial 41 Anordnungen zur Betreuung und Begleitung 6 Selbstbestimmt bis zuletzt 41 Einweisung in ein Akutspital 6 Das Erwachsenenschutzrecht 42 Sterbeort 6 Regelungsmöglichkeiten 43 Begleitung und Dokumente 44 Religiöse Handlungen 12 Das Vertretungsrecht 45 Über den Tod hinaus 13 Sinn und Zweck einer 45 Forschung, Organspende Patientenverfügung und Autopsie 13 Selbstbestimmungsrecht 49 Einsichtnahme in die 15 Verbindlichkeit Patientendokumentation 16 Grenzen 50 Bestattung und Abdankung 18 Schritt für Schritt zur eige- 52 Datieren, unterzeichnen, nen Patientenverfügung aufbewahren 18 Zeitpunkt und Motivation 52 Rechtsgültigkeit 19 Die Wahl der Vorlage 52 Aufbewahrung 20 Formale Anforderungen 53 Die Versichertenkarte 21 Vertretungsberechtigte 54 Aktualisierung der Person(en) Patientenverfügung 25 Was mir im Leben wichtig ist 54 Andere wichtige Dokumente 28 Medizinische Anordnungen 55 Leben mit Krebs 29 Fachlicher Rat 30 Reanimation 57 Beratung und Information 32 Lebenserhaltende Mass- nahmen 33 Schmerzlinderung 34 Linderung von Atemnot 36 Linderung anderer Symptome 36 Essen und Trinken Selbstbestimmt bis zuletzt 3
Liebe Leserin, lieber Leser Steht im Text Die Fortschritte in der Medizin er- In einer Patientenverfügung kön- nur die weibliche möglichen heute vielen Menschen nen viele solche Situationen vor- oder männliche Form, gilt sie ein längeres Leben. Dank medi- ausschauend geregelt werden. Mit jeweils für beide zinischer Massnahmen können dieser Broschüre möchten wir Sie Geschlechter. stärkere krankheits- oder alters- ermutigen, darüber nachzudenken, bedingte Beschwerden oft bis zu- ob Sie eine Patientenverfügung letzt vermieden oder gelindert – oder allenfalls ein anderes Vor- werden. sorgedokument – erstellen wollen oder nicht. Vor allem bei abnehmender Le- bensqualität stellt sich manchmal Sie finden sowohl Angaben, was die Frage, ob mit diesen Massnah- zwingend in eine Patientenverfü- men jedoch nicht einfach der Tod gung gehört, als auch eine Zusam- hinausgezögert wird. menstellung von Themen, für die zusätzlich etwas angeordnet wer- Betroffene sehen sich dann mit den kann. Dies ermöglicht Ihnen, weiteren Fragen konfrontiert: Soll sich vertieft mit Krankheit, Sterben alles medizinisch Machbare ver- und Tod auseinanderzusetzen. sucht werden, um das Leben mög- lichst lange zu erhalten? Oder Mit dem im Zivilgesetzbuch ver- sollen lediglich Beschwerden ge- ankerten Erwachsenenschutzrecht lindert und ein würdiges Sterben (Art. 370 ff. ZGB) wird sicherge- ermöglicht werden? stellt, dass der in einer Patienten- verfügung festgelegte Wille recht- Grundsätzlich darf jeder Mensch lich verbindlich wird, sobald sich selbst über medizinische Mass- selbst jemand nicht mehr äussern nahmen entscheiden. Bei Bewusst- kann. losigkeit oder Demenz kann jedoch dieses Recht auf Selbstbestim- Sprechen Sie mit Menschen Ihres mung nicht mehr wahrgenommen Vertrauens über Ihre Entscheidun- werden. Andere müssen dann gen. Sie können dabei viel gewin- stellvertretend für die Betroffe- nen: Die Angst vor einem unwür- nen den vorgeschlagenen Mass- digen Lebensende wird kleiner, nahmen zustimmen oder diese und es wächst die Zuversicht, dass ablehnen. ein gutes Ende möglich ist. Ihre Krebsliga Selbstbestimmt bis zuletzt 5
Selbstbestimmt bis zuletzt Das Erwachsenen- Regelungsmöglichkeiten schutzrecht und Dokumente Seit dem 1. Januar 2013 gilt in der Die Bedürfnisse und Umstände bei Schweiz das neue Erwachsenen- einer Krankheit und insbesondere schutzrecht. Darin wird unter an- am Lebensende sind bei jedem derem die Würde des Menschen Menschen anders. Entsprechend mit dem Anspruch auf Selbstbe- gibt es verschiedene, gesetzlich stimmung (Autonomie) anerkannt. anerkannte Möglichkeiten, um Re- Diese Würde gilt es zu beachten – gelungen bis hin zum Lebensende ganz besonders im Falle einer und darüber hinaus zu treffen. Krankheit und dann, wenn jemand urteilsunfähig werden sollte und Es sind dies seinen Willen nicht mehr kundtun > die Patientenverfügung kann. > die Patientenvollmacht > die Behandlungsvereinbarung Das gesamtschweizerisch gültige > der Vorsorgeauftrag Erwachsenenschutzrecht löst das > die Vollmacht 100 Jahre alte Vormundschaftsrecht > das Testament mit teilweise unterschiedlichen kantonalen Bestimmungen ab. Die Patientenverfügung Für die früher behördlich ange- In der Patientenverfügung halten ordnete Vormundschaft gibt es Sie schriftlich fest, welche medizi- neu verschiedene Varianten von nischen Massnahmen Sie im Falle so genannten Beistandschaften. Ihrer Urteilsunfähigkeit wünschen, Diese sind auf die individuellen und welche Sie ablehnen. Bedürfnisse von hilfsbedürftigen Personen ausgerichtet. Auch gewisse Wünsche, die über den Tod hinausführen, können in einer Patientenverfügung formu- liert werden. Ab Seite 13 in dieser Broschüre er- fahren Sie im Detail, was Sie mit der Patientenverfügung regeln können, worauf es beim Verfas- sen ankommt und wann und wie die Verfügung zum Tragen kommt. 6 Selbstbestimmt bis zuletzt
Die Patientenvollmacht Dennoch: Für das Erstellen einer In einer Patientenvollmacht wer- Patientenvollmacht bedarf es eini- den – im Gegensatz zur Patienten- ger Überlegungen. Mehr dazu er- verfügung – keine detaillierten An- fahren Sie beim Institut «Dialog ordnungen für medizinische und Ethik», das eine Patientenvollmacht pflegerische Handlungen erteilt. sowie eine detaillierte Wegleitung dazu herausgegeben hat (siehe In erster Linie bestimmen Sie mit S. 60). der Patientenvollmacht, wer an Ihrer Stelle Entscheidungen für Formale Anforderungen Ihre medizinische Behandlung und > Sie können die Patienten- weitere Betreuung treffen soll, falls vollmacht nur einer natür- Sie selbst urteilsunfähig sind. Zu- lichen Person erteilen, also sätzlich können Sie Angaben zu keinem Verein und keiner Ihrer Lebenseinstellung und Ihrer Institution. Werthaltung machen. > Eine Patientenvollmacht beinhaltet die üblichen Die Aufgabe der vertretungsbe- Angaben (Personalien) zu rechtigten Person (siehe S. 21) ist Ihrer Person und zur vertre- anspruchsvoll und setzt volles Ver- tungsberechtigten Person, trauen des Vollmachtgebers vor- sodass beide eindeutig iden- aus. tifizierbar sind. > Sie muss handschriftlich Die Patientenvollmacht eignet datiert und unterschrieben sich vor allem für Menschen …, sein. … die sich nicht mit medizini- schen Fragen für eine nicht Bitte beachten genau vorhersehbare Situation Falls Sie sich für die Patientenvoll- befassen möchten. macht entscheiden, macht es kei- … die verhindern wollen, dass nen Sinn, zusätzlich noch eine die im Erwachsenenschutz- Patientenverfügung zu erstellen. recht (Art. 378 ZGB) vorgese- Das würde nur zu Missverständ- henen Personen (siehe S. 23) nissen führen. über medizinische Behand- lungen entscheiden, sollten sie selbst nicht mehr urteilsfähig sein. Selbstbestimmt bis zuletzt 7
Die Behandlungsvereinbarung Der Nachteil ist, dass die Behand- Urteilsfähige Menschen, die be- lungsvereinbarung nur für die- reits an einer Krankheit leiden und jenige Institution verbindlich ist, in absehbarer Zeit mit einem Spi- mit welcher sie abgeschlossen tal- oder Heimeintritt rechnen und wurde. Dies ist ein wesentlicher keine Patientenverfügung erstellt Unterschied zur Patientenverfü- haben, können mit dem Behand- gung oder zur Patientenvollmacht, lungsteam eine Behandlungsver- die für alle Institutionen (Spitäler, einbarung treffen. Pflegeheim etc.) und involvierten Personen rechtsverbindlich sind. Eine solche Vereinbarung wird im Hinblick auf eine spätere mögliche Obwohl die Behandlungsverein- Urteilsunfähigkeit erstellt. barung in einer anderen Institu- tion ihren vertraglichen Charakter Die Behandlungsvereinbarung … verliert, drückt sie trotzdem Ihren … ist auf die zu erwartenden mutmasslichen Willen aus, an Situationen ausgerichtet dem sich andere Ärztinnen und und sorgt dafür, dass Sie Ärzte orientieren können. diejenigen medizinischen Behandlungen erhalten, die Der Vorsorgeauftrag Sie wünschen. Beim Vorsorgeauftrag geht es pri- … ist bei einer fortgeschrittenen mär um die Frage, wer sich um Erkrankung eine Alternative Ihre persönlichen, finanziellen und zur Patientenverfügung. rechtlichen Angelegenheiten küm- … wird sowohl von Ihnen als mern soll, wenn Sie selbst dazu auch vom behandelnden Arzt nicht mehr in der Lage sind. Damit oder von der behandelnden wird sichergestellt, dass die all- Ärztin und der verantwort- täglichen Belange wie Post erledi- lichen Pflegeperson unter- gen, Zahlungen machen erledigt schrieben. werden können. Der Vorteil dieses Dokumentes In einem Vorsorgeauftrag sind liegt darin, dass Ihre Wünsche vor- drei Teilbereiche vorgesehen: gängig mit dem Behandlungs- und Betreuungsteam besprochen und Die Personensorge den tatsächlichen Möglichkeiten Dazu gehören zum Beispiel das Öff- angepasst werden. Ein gemeinsa- nen und Erledigen der Post, der mer Behandlungsplan kann dann Zahlungsverkehr etc. Wichtig: Die erstellt werden. Personensorge kann auch medizi- 8 Selbstbestimmt bis zuletzt
nische Anweisungen beinhalten. Die beauftragte Person erhält in Es empfiehlt sich jedoch, diese in der Regel eine Entschädigung. einer Patientenverfügung festzu- halten; denn es ist einfacher, eine Sich beraten lassen solche zu erstellen, da sie nicht Es lohnt sich in jedem Fall, sich vollständig handschriftlich erstellt beraten zu lassen, welches Vorge- werden muss. hen für Sie und Ihre Situation das sicherste und bestmögliche ist; oft Die Vermögenssorge erübrigt sich ein Vorsorgeauftrag, Sie beinhaltet zum Beispiel die da gemäss Erwachsenenschutz- Verwaltung von Einkommen und recht die Ehegattin/der Ehegatte Vermögen etc. bzw. die eingetragene Partnerin/ der eingetragene Partner bis zu Der Rechtsverkehr einem gewissen Grad ein Vertre- Gemeint ist damit zum Beispiel tungsrecht hat (Art. 374 ZGB). der Abschluss oder die Auflösung Wenn Sie sich diese Person als von Verträgen, das Klären von Ver- Ihre Vertretung wünschen, können sicherungsfragen etc. Sie auf einen Vorsorgeauftrag ver- zichten. Klare Aufgabenzuteilung Die Aufgaben, die Sie mit dem In vielen Situationen ist zudem für Vorsorgeauftrag jemandem über- finanzielle und rechtliche Angele- tragen möchten, sollten genau um- genheiten auch eine weniger um- schrieben sein. fassende Vollmacht ausreichend (siehe S. 10). Es ist möglich, für Ihre persönlichen Belange (Personensorge) beispiels- Bei Curaviva Schweiz, dem natio- weise eine Ihnen nahestehende nalen Dachverband von Heimen Person zu beauftragen und für die und Institutionen, finden Sie de- Vermögenssorge und/oder den tailliertere Informationen zum Rechtsverkehr eine juristisch aus- Vorsorgeauftrag sowie ein Muster- gebildete Person einzusetzen (z. B. dokument (siehe S. 59). Notarin, Notar). Formale Anforderungen Ebenso können Ersatzpersonen Der Vorsorgeauftrag muss – wie bestimmt werden, falls die beauf- ein Testament (siehe S. 11) – von tragte Person dereinst die Auf- der auftraggebenden Person hand- gabe nicht (mehr) übernehmen schriftlich erstellt, datiert und un- möchte oder dafür ungeeignet ist. terzeichnet sein oder aber durch Selbstbestimmt bis zuletzt 9
ein Notariat öffentlich beurkun- auftrag registriert ist. Wenn det werden. Das gilt auch für Än- dies der Fall ist, muss ihm derungen, die Sie im Verlaufe der entsprochen werden. Zeit allenfalls vornehmen wollen. Die Vollmacht Es besteht auch die Möglichkeit, Eine Vollmacht erteilen Sie einer dass ein Notar, eine Notarin anhand Person Ihres Vertrauens für be- Ihrer Angaben einen juristisch kor- stimmte Geschäfte, wie zum Bei- rekten Text entwirft, den Sie dann spiel Rechnungen bezahlen, Bank- von Hand abschreiben, datieren geschäfte tätigen etc., um sich zu und unterzeichnen können. entlasten. Gut zu wissen Grund für das Erteilen einer Voll- > Ein Vorsorgeauftrag tritt erst in macht kann sein, dass Ihr Gesund- Kraft, wenn Sie urteilsunfähig heitszustand Sie so einschränkt, werden. dass Sie diese Aufgaben gerne je- > Er verliert automatisch seine mandem übergeben möchten. Wirkung, sollten Sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder Wichtig urteilsfähig werden. Eine Vollmacht erlischt mit Ihrem > Beim Zivilstandsamt Ihrer Tod oder mit dem Verlust Ihrer Gemeinde können Sie ein- Urteilsfähigkeit, wenn Sie nicht tragen lassen, dass Sie einen ausdrücklich etwas anderes be- Vorsorgeauftrag erstellt stimmt haben. Dies ist ein wesent- haben und wo er sich licher Unterschied zum Vorsorge- befindet. auftrag (siehe S. 8). > Der Vorsorgeauftrag ist nur zu Ihren Lebzeiten gültig, Um sicherzustellen, dass die Voll- es sei denn, Sie halten darin macht auch dann gültig bleibt, ausdrücklich fest, dass er wenn Sie urteilsunfähig werden, für definierte Belange auch müssen Sie dies in der Vollmacht über Ihren Tod hinaus gilt. ausdrücklich festhalten oder zu- (Art. 35 OR: Weiterführungs- sätzlich einen Vorsorgeauftrag er- klausel). teilen. > Bevor die Erwachsenen- schutzbehörde Massnahmen Überlegen Sie sich, ob es sinnvoll wie etwa eine Beistandschaft ist, dass gewisse Aufgaben über erlässt, ist sie verpflichtet, Ihren Tod hinaus wahrgenommen beim Zivilstandsamt nach- werden können und halten Sie zufragen, ob ein Vorsorge- dies allenfalls fest. Entsprechende 10 Selbstbestimmt bis zuletzt
Formulare oder Vorlagen erhalten Ihrem Willen entspricht. Im Rah- Sie beispielsweise bei Ihrer Bank, men des gesetzlich erlaubten der Gemeinde oder bei kantonalen Spielraums, zum Beispiel unter Anwaltsverbänden. Auch im Inter- Berücksichtigung der Pflichtteile, net finden sich Beispiele. können Sie Ihren Nachlass anders aufteilen. Formale Anforderungen Je nach Situation können Sie – Weitere Informationen zum Ver- zum Beispiel bei Ihrer Bank – ein fassen eines Testaments finden vorgedrucktes Formular ausfüllen Sie in einer entsprechenden Bro- (lassen). schüre der Krebsliga (siehe S. 59). Wenn Sie selbst eine Vollmacht Formale Anforderungen schreiben, muss diese Folgendes Ihr Testament muss von Ihnen enthalten: eigenhändig geschrieben und mit > Ihre Personalien und die Ort, Datum und Unterschrift ver- Personalien des/der Bevoll- sehen sein. mächtigten. > die Umschreibung der Hand- Alternativ – und mit entsprechen- lung, zu der Sie jemanden den Kosten verbunden – kann ein bevollmächtigen wollen. Testament auch notariell erstellt > die Bedingungen, unter denen und öffentlich beurkundet werden. dieser die Vollmacht wahr- nehmen kann oder soll. Sollten Sie bereits einmal ein Testa- ment verfasst haben, muss dieses, Formular und selbstverfasstes damit keine Missverständnisse Dokument müssen handschriftlich entstehen, in einem neuen Testa- datiert und unterschrieben sein. ment ausdrücklich widerrufen wer- den. Das Testament In einem Testament, auch letzt- Hinterlegen Sie Ihr Testament an willige Verfügung genannt, regeln einem sicheren Ort, zum Beispiel Sie Ihren Nachlass und bestimmen, bei der entsprechenden Stelle Ih- was nach Ihrem Tod mit Ihrem rer Wohngemeinde. Je nach Kan- Vermögen geschehen soll. ton kann dies das Erbschaftsamt, das Einwohneramt oder ein Nota- Es gibt klare gesetzliche Vorgaben, riat sein. Wenn Sie nur einen Er- wer in welcher Reihenfolge und ben, eine Erbin einsetzen, können welchen Anteil erbt. Es kann sein, Sie das Testament auch dieser dass diese Standardregelung nicht Person zur Aufbewahrung geben. Selbstbestimmt bis zuletzt 11
Bewahren Sie es nicht bei sich Falls keine vertretungsberechtigte zu Hause in einer Schublade auf; Person bezeichnet wurde, hat von denn es kommt immer wieder vor, Gesetzes wegen (Art. 374 ZGB) der dass Angehörige aus Eigeninter- Ehegatte/die Ehegattin, die ein- esse ein Testament verschwinden getragene Partnerin oder der ein- lassen. getragene Partner das Vertre- tungsrecht. Das Vertretungsrecht Für gewisse Vermögensgeschäfte muss der oder die Vertretungsbe- Verschiedene Vorsorgedokumente rechtigte jedoch die Zustimmung bieten Ihnen die Möglichkeit, eine der Erwachsenenschutzbehörde vertretungsberechtigte Person zu einholen. benennen. Diese entscheidet für Sie, falls Sie eines Tages Ihren Willen nicht mehr selbst äussern Vertretungsrecht bei medizini- können bzw. urteilsunfähig wer- schen Massnahmen den sollten. Mehr dazu erfahren Sie ab Seite 21. Das Vertretungsrecht bei medizi- Es empfiehlt sich, vorsorglich auch nischen Massnahmen wird zudem eine oder mehrere Ersatzperso- in Art. 377 bis 381 des ZGB näher nen zu ernennen, denn es kann umschrieben. sein, dass die vertretungsberech- tigte oder beauftragte Person ihre Funktion dereinst nicht ausüben kann oder will. Vertretungsrecht bei Alltags- geschäften Durch dieses Vertretungsrecht, das mehr oder wenig umfassend sein kann, wird sichergestellt, dass persönliche, finanzielle oder recht- liche Angelegenheiten wahrge- nommen werden, auch wenn Sie urteilsunfähig sein sollten. 12 Selbstbestimmt bis zuletzt
Sinn und Zweck einer Patientenverfügung In einer Patientenverfügung halten Selbstbestimmungs- Sie schriftlich fest … … welche medizinischen Mass- recht nahmen Sie in bestimmten Im Erwachsenenschutzrecht (siehe Situationen wünschen und S. 6) hat die Selbstbestimmung welche Sie ablehnen. des Menschen einen hohen Stel- … wer stellvertretend für Sie lenwert. Sie ist auch dann zu wah- über solche Massnahmen ren, wenn jemand nicht mehr die entscheiden soll, falls Sie volle Verantwortung für sich über- selbst eines Tages dazu nicht nehmen kann und auf die Unter- mehr in der Lage sind und Sie stützung anderer angewiesen ist. in der Patientenverfügung keine bestimmte Vorgehens- Als selbstbestimmte, d. h. auto- weise festgehalten haben. nome, urteilsfähige Person können Sie in der Regel einer von Ihrer Es ist für die meisten Menschen Ärztin, Ihrem Arzt vorgeschlagenen nicht einfach, sich vorzustellen, Therapie zustimmen oder diese dass sie eines Tages vielleicht ablehnen. Und Sie können be- nicht mehr klar denken oder sich stimmte medizinische Massnah- nicht mehr äussern können und men ausdrücklich verlangen, so- dem weiteren Geschehen seinen fern diese den Regeln der ärztlichen Lauf lassen müssen. Kunst und der Pflegepraxis ent- sprechen und das Gesetz nicht Eine solche Situation kann jedoch verletzen. jederzeit und plötzlich eintreten, zum Beispiel nach einem Unfall Im Falle eines Falles oder aufgrund einer fortschreiten- Sollten Sie eines Tages jedoch den Krankheit wie beispielsweise nicht mehr äussern können, wie Krebs oder Demenz. Sie behandelt werden möchten, Wichtig Die Patientenverfügung wird erst dann wirksam und muss berück- sichtigt werden, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen. Solange Sie urteilsfähig sind, bestimmen Sie selbst aus der aktu- ellen Situation heraus; Sie können auch etwas anderes entscheiden als das, was Sie zuvor in Ihrer Verfügung festgehalten haben. Selbstbestimmt bis zuletzt 13
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müssen andere Menschen stell- nen kann. Diese Person verfügt vertretend für Sie Entscheidungen dann über ein «Vertretungsrecht treffen. Mit einer Patientenverfü- bei medizinischen Massnahmen» gung bestimmen Sie, wer diese (siehe S. 21). Entscheidungen treffen soll, ohne Verfügung gibt hingegen das Er- wachsenenschutzrecht vor, wer in Verbindlichkeit welcher Reihenfolge entscheiden darf (siehe S. 23). Mit dem im Zivilgesetzbuch veran- kerten Erwachsenenschutzrecht Diese Personen müssen dann ver- wird sichergestellt, dass der in suchen, sich vorzustellen, was Sie einer Patientenverfügung festge- wohl entscheiden würden. Das ist legte Wille rechtlich verbindlich für alle Beteiligten schwierig. ist: Ärztinnen, Ärzte, Pflegende und vertretungsberechtigte Personen In einer solchen Situation sind müssen sich daran halten (Art. 370 konkrete Handlungsanweisungen ff. ZGB). in einer Patientenverfügung, die Sie bei klarem Verstand und Be- Bei urteilsunfähigen Personen sind wusstsein erstellt haben, äusserst Ärztinnen und Ärzte verpflichtet hilfreich und für alle Beteiligten abzuklären, ob eine Patientenver- entlastend. fügung besteht. Das Behand- lungsteam und Ihre Angehörigen Eine Patientenverfügung gibt Ihnen bzw. die vertretungsberechtige Per- die Gewissheit, dereinst Ihren Vor- son müssen sich an Ihren schrift- stellungen entsprechend behan- lich festgehaltenen Willen halten. delt und gepflegt zu werden und Ihr Recht auf Mitsprache wahrge- Ärztinnen und Ärzte müssen schrift- nommen zu haben, auch wenn Sie lich begründen, warum sie allen- sich dazu nicht (mehr) direkt äus- falls von Ihren Weisungen in einer sern können. Patientenverfügung abweichen. Vertretungsberechtigte Person Gültigkeit der Patienten- Sie haben auch die Möglichkeit, verfügung in der Patientenverfügung eine Die rechtliche Gültigkeit der Pa- Person zu bezeichnen, die – soll- tientenverfügung ist nicht befristet. ten Sie urteilsunfähig sein – stell- Es empfiehlt sich jedoch, sie vertretend für Sie über medizini- regelmässig zu überprüfen und sche Massnahmen informiert wird gegebenenfalls anzupassen (sie- und diese gutheissen oder ableh- he S. 54). Das verhindert Zweifel Selbstbestimmt bis zuletzt 15
darüber, ob sich Ihr Wille in der Vertretungsberechtigte Personen, Zwischenzeit geändert haben die bei der Umsetzung einer Pa- könnte. tientenverfügung in einem Spital oder Alters- und Pflegeheim auf Gültigkeit im Ausland Schwierigkeiten stossen, können Die in der Schweiz erhältlichen sich an die Stiftung «Dialog Ethik» Patientenverfügungen, also auch (Adresse siehe S. 60) wenden. jene der Krebsliga, entsprechen der schweizerischen Gesetzgebung. Grenzen Wenn Sie regelmässig im Aus- land unterwegs sind, ist es sinn- Notfallsituation voll, sich im entsprechenden Land In einer Notfallsituation, wenn mit einem Arzt oder einer Patien- rasches Handeln erforderlich ist tenorganisation in Verbindung zu und unverzüglich mit allen verfüg- setzen und sich über den dortigen baren Mitteln Nothilfe geleistet Umgang mit Patientenverfügun- werden muss, kann nicht als Ers- gen zu informieren. tes nach einer Patientenverfügung gesucht werden. Massnahmen bei ungenügender Umsetzung der Patienten- Sobald dies jedoch möglich ist, verfügung muss die Situation geklärt wer- Jede Person, die Ihnen nahesteht den. Je nach Anordnung in einer (vertretungsberechtigte Person, Patientenverfügung werden dann Angehörige, behandelnde Fach- medizinische Massnahmen, die person), kann das Einschreiten allenfalls bereits eingeleitet wur- der Erwachsenenschutzbehörde den, wieder eingestellt (siehe auch verlangen, wenn S. 30). > die Anordnungen der Patien- tenverfügung nicht umgesetzt werden, > bei der Umsetzung der Patien- tenverfügung ihre Interessen gefährdet oder nicht gewahrt sind. 16 Selbstbestimmt bis zuletzt
Suizidbeihilfe Andere Einschränkungen Um von einer Sterbehilfeorganisa- Wird eine in der Patientenverfü- tion die Beihilfe zum Suizid in An- gung angeordnete Massnahme spruch nehmen zu können, müs- aus medizinischer, therapeutischer sen Sie urteilsfähig und selbst in oder pflegerischer Sicht als nicht der Lage sein, das entsprechende angezeigt erachtet oder wäre sie Medikament zu sich zu nehmen. sogar strafbar, wird sie vom Be- Suizidbeihilfe kann also mit einer handlungsteam nicht ausgeführt. Patientenverfügung nicht einge- fordert werden, weil die Verfü- So können zum Beispiel keine gung ja erst zum Tragen kommt, Massnahmen verlangt werden, die wenn jemand urteilsunfähig wird. zu einer schweren Verwahrlosung einer Person oder zu unerträgli- chen Schmerzen führen würden. Mit anderen Worten: Es ist nicht möglich, Angehörige oder das Be- handlungsteam von der Fürsorge- pflicht und damit von gewissen pflegerischen Massnahmen Ihnen gegenüber zu entbinden. In einer Patientenverfügung kön- nen Sie keine Anordnungen für finanzielle, rechtliche oder admi- nistrative Belange treffen. Dazu bedarf es einer Vollmacht oder ei- nes Vorsorgeauftrages (siehe S. 8). Selbstbestimmt bis zuletzt 17
Schritt für Schritt zur eigenen Patientenverfügung Zeitpunkt heit, eine Verfügung verfassen, auch wenn diese vorerst vielleicht und Motivation nur wenige Anordnungen ent- Um eine Patientenverfügung zu er- hält, etwa zur Reanimation und zu stellen, muss jemand urteilsfähig lebenserhaltenden Massnahmen. sein. Gemäss Art. 16 des Schweize- rischen Zivilgesetzbuches (ZGB) ist Sie stellen damit also sicher, dass jede Person urteilsfähig, «der nicht Ihr Wille bei einem plötzlichen wegen ihres Kindesalters, infolge Verlust der Kommunikations- bzw. geistiger Behinderung, psychi- Urteilsfähigkeit umgesetzt wird. scher Störung, Rausch oder ähnli- cher Zustände die Fähigkeit man- Bestehende Krankheit gelt, vernunftgemäss zu handeln». Im Verlauf einer fortschreitenden, unheilbaren Krankheit wie bei- Da nicht voraussehbar ist, ob man spielsweise Krebs nehmen die jemals in eine Situation geraten Einschränkungen im Alltag zu. wird, in der die eigene Urteilsfähig- Aus medizinischer Sicht zeichnen keit eingeschränkt ist, ist es nie zu sich dann immer deutlicher mög- früh, sich über eine Patientenver- liche Situationen ab, die eintreten fügung Gedanken zu machen. und früher oder später auch zum Tod führen können. Risikobewusstsein Für viele Menschen ist die Vorstel- Dies kann ein triftiger Grund sein, lung unerträglich, dereinst even- um eine Verfügung zu verfassen tuell eine schwerwiegende Schä- (oder eine vorhandene anzupassen) digung des Gehirns zu erleiden, und präzise Anordnungen für ein- sich plötzlich nicht mehr verstän- zelne, mehr oder weniger vorher- digen zu können und möglicher- sehbare Phasen im Krankheitsver- weise auf unbestimmte Zeit so lauf zu erteilen. Dies ist wichtig, weiterleben zu müssen. Dies kann falls jemand kaum mehr ansprech- zum Beispiel nach einem schwe- bar sein sollte. ren Unfall, im Komazustand, nach einem Hirnschlag, bei Bewusst- Es ist sinnvoll, bei jeder Verände- seinstrübung etc. der Fall sein. rung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustands die Patien- Wer sich dessen bewusst ist, kann tenverfügung zu überprüfen und unabhängig vom Alter oder von eventuell anzupassen. einer bereits bestehenden Krank- 18 Selbstbestimmt bis zuletzt
Die Wahl der Vorlage fenden Aussagen und Wünsche einfach ankreuzen und müssen Die Wahl der geeigneten Vorlage selber weniger schreiben. zum Erstellen einer Patientenver- fügung hängt einerseits von Ihrem Je nach Situation und Bedarf kön- aktuellen Gesundheitszustand ab, nen Sie einzelne vorgedruckte andererseits aber auch von der Aussagen unbeantwortet lassen, Frage, wie detailliert Sie sich zu streichen oder eigene hinzufügen. medizinischen und pflegerischen So bieten auch vorformulierte Massnahmen äussern möchten. Vorlagen Spielraum für persönli- che Aussagen. Wenn Sie bereits von einer Erkran- kung wissen und sich die weitere Einige Gesundheitsligen, so auch Entwicklung Ihres Gesundheitszu- die Krebsliga, haben Verfügungen standes mit einer gewissen Wahr- erarbeitet, die krankheitsspezifi- scheinlichkeit abzeichnet, ist es sche Fragen aufnehmen und ent- sinnvoll, entsprechende Anordnun- sprechende Handlungsoptionen gen zu treffen: Je präziser eine aufführen. Andere vorformulierte Patientenverfügung im Hinblick auf Formulare sind sehr allgemein ge- eine bestimmte Situation verfasst halten und nicht auf bestimmte wird, desto besser nachvollziehbar Krankheitsbilder ausgerichtet. und leichter umsetzbar ist sie. Curaviva Schweiz hat, ohne An- Vorformuliert oder selbst- spruch auf Vollständigkeit, eine verfasst? Übersicht zu den in der Deutsch- schweiz erhältlichen Patientenver- Vorformulierte Vorlagen fügungen zusammengestellt (sie- Es gibt zahlreiche unterschiedlich he S. 60). lange und detaillierte vorformu- lierte Formulare. Selbstverfasste Verfügung Wenn Sie Ihre Patientenverfü- Bei einer vorformulierten Patien- gung von A bis Z selbst verfas- tenverfügung haben Sie die Ge- sen, können Sie festhalten, was wissheit, dass die Anordnungen Ihnen wichtig ist, und Sie haben juristisch korrekt und so vom Be- unter Umständen mehr Möglich- handlungsteam einfacher zu ver- keiten, eigene Vorstellungen ein- stehen und umzusetzen sind. Zum zubringen. Teil können Sie die für Sie zutref- Selbstbestimmt bis zuletzt 19
Allerdings besteht auch ein gerin- pitel) nennen, was einer Patien- ges Risiko, dass Ihre Anweisungen tenvollmacht entspricht. Diese mehr Spielraum für Interpretatio- Person kann dann stellvertretend nen offen lassen und schwieriger für Sie alles entscheiden. Das er- umzusetzen sind, dass Sie wich- fordert allerdings von Ihrer Seite tige Hinweise vergessen haben viel Vertrauen in die betreffende oder die formalen Anforderungen Person. nicht erfüllt sind. Bevor Sie allenfalls eine «selbst- Sie können auch gänzlich auf An- gemachte» Patientenverfügung weisungen verzichten und ledig- erstellen, empfiehlt es sich, ver- lich eine vertretungsberechtigte schiedene Vorlagen zu prüfen. So Person (siehe nachfolgendes Ka- erhalten Sie eine Vorstellung da- Formale Anforderungen an eine Patientenverfügung Damit Ihre Patientenverfügung umgesetzt werden kann, müssen Sie Folgendes beachten: > Die Patientenverfügung muss von Ihnen verfasst werden; Sie müssen dazu urteilsfähig sein. Niemand darf stellvertretend für einen anderen Menschen eine Partientenverfügung erstellen. > Verfassen Sie Ihre Verfügung in der Ich-Form, damit deutlich wird, dass es sich beim ausgefüllten Dokument um Ihren Willen handelt. > Ihre Patientenverfügung muss Ihre Personalien und Kontaktdaten enthalten, sodass Sie zweifelsfrei identifizierbar sind. > Die Patientenverfügung muss gut lesbar, datiert und unterschrie- ben sein (siehe S. 52). > Damit es sich im rechtlichen Sinne um eine Patientenverfügung handelt, müssen Sie entweder mindestens eine vertretungsbe- rechtige Person benennen, oder ein Minimum an medizinischen Anordnungen treffen. 20 Selbstbestimmt bis zuletzt
von, was in Ihrer Verfügung ste- Vertretungsberechtigte hen könnte. Person(en) Teils vorformuliert, teils selbst- Durch das Nennen einer vertre- verfasst tungsberechtigten Person in einer Bei dieser Variante gibt es, neben Patientenverfügung, einer Patien- korrekt ausformulierten Anord- tenvollmacht oder einem Vorsorge- nungen, die Sie ankreuzen kön- auftrag, entbinden Sie die be- nen, auch Raum für eigene Er- handelnden Ärztinnen und Ärzte gänzungen (siehe z. B. «Was mir im sowie die Pflegenden von der Leben wichtig ist», S. 25). Die Pa- Schweigepflicht gegenüber dieser tientenverfügung der Krebsliga, Person. die Sie kostenlos herunterladen können, entspricht dieser Variante: Die vertretungsberechtigte www.krebsliga.ch/patientenverfue- Person … gung (siehe auch S. 28). … erhält Informationen über Ihren Gesundheitszustand und Jeder Patientenverfügung können über den möglichen weiteren Sie aber auch zusätzliche Blätter Verlauf der Erkrankung. beifügen, wenn der Platz für Ihre … setzt Ihren in der Patienten- Anordnungen nicht ausreicht oder verfügung festgelegten Willen Sie etwas präzisieren wollen. durch. … wird in Entscheidungen zur Änderungen sind möglich Behandlung und Betreuung Solange Sie urteilsfähig sind, kön- einbezogen und stimmt – nen Sie Ihre Patientenverfügung stellvertretend für Sie und jederzeit ändern (siehe Aktualisie- gemäss Ihren Anordnungen rung S. 54). in der Patientenverfügung – medizinischen Massnahmen Solange Sie selbst entscheiden zu oder lehnt diese ab. können, werden Sie gefragt und … entscheidet bei medizinischen können von Fall zu Fall bestim- und pflegerischen Fragen, men, was Sie wollen und was die in der Patientenverfügung nicht. Eine Patientenverfügung nicht geregelt sind, gemäss wird erst wirksam, wenn Sie selbst Ihrem mutmasslichen Willen. nicht mehr in der Lage sind, Ent- … darf über eine allfällige Ent- scheidungen zu treffen. nahme/Spende von Organen, Gewebe oder Zellen entschei- Selbstbestimmt bis zuletzt 21
den, falls dass Sie dazu keine Vertretungsberechtigte Personen expliziten Anweisungen in von Gesetzes wegen Ihrer Patientenverfügung oder Wenn Sie in Ihrer Patientenver- auf einem Organspendeausweis fügung keine vertretungsberech- gemacht haben. tigte Person bezeichnen, hat auto- matisch jemand anderer das Überlegungen zur Wahl einer vertretungsberechtigten Person Falls Sie nicht sicher sind, welche Person aus Ihrem familiären oder weiteren Umfeld in erster Linie stellvertretend für Sie über medizinische Massnahmen entscheiden und Ihren in der Patienten- verfügung festgehaltenen Willen durchsetzen soll, kann die Antwort auf folgende Fragen Ihre Entscheidung vielleicht erleichtern: > Sollte mir die Person möglichst nahestehen? > Welche der in Frage kommenden Personen weiss am besten Bescheid über das, was mir im Leben wichtig ist? > Sollte sie von medizinischen Fragen etwas verstehen? > Möchte ich wirklich, dass diese Person vollumfänglich über meine Krankheitssituation informiert wird? > Kann sie sich im Spital für mich und meine Wünsche einsetzen oder überfordere ich sie mit dieser Aufgabe? > Erschwere ich dieser Person unter Umständen den späteren Trauerprozess? > Was löse ich in der Familie oder in meinem Freundeskreis aus, wenn ich diesen und nicht einen anderen Menschen als vertre- tungsberechtigte Person einsetze? > Möchte ich eher eine «neutrale» Person einsetzen, zum Beispiel die Hausärztin, eine Pflegeperson der Spitex, einen religiösen Seelsorger (Pfarrer, Priester, Imam, Rabbi etc.)? 22 Selbstbestimmt bis zuletzt
Recht, stellvertretend für Sie zu Möchten Sie mit Sicherheit nicht, entscheiden, falls Sie selbst dazu dass Ihre Angehörigen und Nächs- nicht mehr in der Lage sind. ten in der gesetzlich vorgegebenen Reihenfolge das Vertretungsrecht Gemäss Erwachsenenschutzrecht wahrnehmen (müssen), sollten Sie (Art. 378 ZGB) sind dies die nach- dies in Ihrer Patientenverfügung stehend aufgeführten Personen festhalten und eine vertretungs- in der angegebenen Reihenfolge: berechtigte Person einsetzen. 1. Die Beiständin, der Beistand, falls die Erwachsenenschutz- Wenn Sie keine vertretungsbe- behörde eine Beistandschaft rechtigte Person bezeichnen und errichtet und das Vertretungs- auch nicht möchten, dass Ihre An- recht bei medizinischen Mass- gehörigen und Nächsten diese nahmen explizit eingeschlos- Aufgabe übernehmen, wird die sen hat. Erwachsenenschutzbehörde bei 2. Die Ehefrau, der Ehemann, Bedarf einen so genannten «Bei- die eingetragene Partnerin stand mit einem Vertretungsrecht oder der eingetragene Partner, bei medizinischen Massnahmen» die oder der mit Ihnen einen ernennen. gemeinsamen Haushalt führt oder Ihnen regelmässig Bei- Dies könnte beispielsweise dann stand leistet. der Fall sein, wenn über eine me- 3. Die Person, die mit Ihnen einen dizinische Behandlung zu ent- gemeinsamen Haushalt führt.* scheiden ist, zu der Sie sich in der 4. Ihre Nachkommen.* Patientenverfügung nicht geäus- 5. Ihr Vater, Ihre Mutter.* sert haben. 6. Ihre Geschwister.* Einbezug der vertretungs- * Falls diese Ihnen regelmässig und persön- berechtigten Person lich Beistand leisten und es sich demnach um eine gelebte Beziehung handelt. Es besteht rechtlich keine Ver- pflichtung, die vertretungsberech- tigte Person anzufragen, ob sie Bitte beachten Sie diese Aufgabe wahrnehmen Wenn die gesetzlich festgelegte möchte; wir empfehlen jedoch, Reihenfolge Ihrer Vorstellung ent- dies zu tun, um sicher zu sein, dass spricht, können Sie allenfalls da- die von Ihnen ausgewählte Person rauf verzichten, eine vertretungs- damit einverstanden ist. berechtigte Person zu ernennen. Selbstbestimmt bis zuletzt 23
Besprechen Sie Ihre Anordnungen fügung auch eine oder mehrere mit dieser Person und führen Sie Ersatzpersonen bezeichnen. Die allenfalls näher aus, was Ihnen im Reihenfolge, in der Sie die Perso- Leben wichtig ist (siehe folgendes nen aufführen, ist verbindlich. Kapitel). Ihre vertretungsberech- tigte Person wird dann eher in Formale Hinweise der Lage sein, Ihren Willen umzu- Die Patientenverfügung sollte die setzen und in Ihrem Sinne zu möglichst vollständigen Persona- entscheiden, wenn für eine be- lien der vertretungsberechtigten stimmte Situation keine konkrete Person und allfälliger Stellvertre- Anweisung von Ihnen vorliegt. terinnen und -vertreter enthalten, inkl. Kontaktdaten wie Telefonnum- Das Vertretungsrecht bei medizini- mer, E-Mail und Ähnliches. schen Massnahmen ist ein Recht, es besteht jedoch keine Verpflich- Für das Behandlungs- oder Be- tung, diese Funktion anzunehmen. treuungsteam kann es auch hilf- reich sein, über die Art der Bezie- Ersatzpersonen hung informiert zu sein. Es ist möglich, dass die von Ihnen eingesetzte, vertretungsberechtig- Stellen Sie sicher, dass die vertre- te Person diese Funktion dereinst tungsberechtigten Personen im nicht ausüben kann. Deshalb ist Besitz Ihrer jeweils aktuellsten Ver- es sinnvoll, dass Sie in Ihrer Ver- fügung sind (siehe S. 52). Darüber sprechen Das Verfassen einer Patientenverfügung braucht nicht im «stillen Kämmerlein» zu erfolgen. Es ist sinnvoll und empfehlenswert, mit Angehörigen, Freunden und vor allem auch mit der in Frage kommenden vertretungsberechtigten Person über Ihre Einstellung zu Krankheit, Sterben und Tod, und über Ihre Hoffnungen, Erwar- tungen und Wünsche zu sprechen. Dieser Prozess kostet oft Überwindung, ist jedoch von grosser Bedeutung – für Sie, für Ihre Nächsten und für die Beziehung unter- einander. Es hilft, einander besser zu verstehen und ermöglicht, offene, bislang vielleicht nie angesprochene Fragen, Sorgen und Ängste zu klären. 24 Selbstbestimmt bis zuletzt
Überlegen Sie sich, wem Sie allen- Die Auseinandersetzung mit sol- falls mitteilen sollten, wer Ihre ver- chen Fragen ist zugleich eine tief tretungsberechtigte Person ist. greifende Begegnung mit der ei- genen Identität und mit dem, was Sie können in der Patientenverfü- dem eigenen Leben Sinn gab und gung auch unerwünschte Perso- gibt. Sie kann dazu beitragen, sich nen nennen, also Personen, die selber besser zu verstehen und Sie nicht an Ihrem Krankenbett von anderen besser verstanden zu haben möchten. werden. Wichtig Wer sich seine grundsätzliche In der Patientenverfügung können Werthaltung ins Bewusstsein ruft, Sie niemanden für finanzielle, recht- kann sich in der Patientenverfü- liche oder andere persönliche An- gung auch klarer für oder gegen gelegenheiten bevollmächtigen, eine medizinische Massnahme auch nicht, wenn Sie dafür diesel- entscheiden. Der vertretungsbe- be vertretungsberechtigte Person rechtigten Person wird es dadurch einsetzen möchten. Es bedarf dazu ebenfalls leichter fallen, Ihren eines Vorsorgeauftrags oder einer mutmasslichen Willen zu erken- Vollmacht (siehe S. 8 f.) nen und an Ihrer Stelle in Situatio- nen zu entscheiden, für die Sie in der Patientenverfügung keine kon- Was mir im Leben krete Anweisung gegeben haben. wichtig ist Die Anregungen auf Seite 27 kön- In zahlreichen Patientenverfügun- nen Ihnen den Einstieg in diese gen, so auch in derjenigen der Thematik erleichtern. Krebsliga werden Sie dazu ein- geladen, sich Gedanken zu Ihrer Lebenseinstellung zu machen und darüber, was Ihnen besonders wichtig ist und was Sie nicht mögen. Dadurch lassen sich Ihre Werte, Wünsche, Ängste, Erwartungen und Hoffnungen auch in Bezug auf Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod verdeutlichen. Selbstbestimmt bis zuletzt 25
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Überlegungen zu meinen Werten, Vorlieben und Abneigungen Auch wenn vielleicht dereinst nicht alle Wünsche erfüllt werden können, die Sie jetzt formulieren, so geben diese doch Hinweise darauf, woran Ihnen gelegen ist, was Sie in einer schwierigen Situation entlasten oder wessen Gegenwart für Sie tröstlich sein könnte. > Mit wem, in welchen Situationen, mit welchen Sinneswahrnehmungen fühle ich mich wohl, zum Beispiel bezüglich Umgebung, Menschen, Tiere, Gerüche, Temperatur, Farben, Akustik etc.? > Was schätze ich in Beziehungen zu anderen ganz besonders, zum Beispiel bezüglich Nähe und Distanz, Körper und Intellekt, Unternehmungen und Zusammensein, Gesprächen und Schweigen etc.? > Welche Lebensgewohnheiten und Rituale sind für mich wichtig, zum Beispiel bezüglich Tagesablauf, Essen, Trinken, Körperpflege, Bewegung, Gebete, Meditation, Kontakte, Zerstreuung, Haustiere, frische Luft, Natur etc.? > Worauf lege ich besonderen Wert, zum Beispiel bezüglich Bekleidung, Körper- pflege, Umgebungsgestaltung, «geistige Nahrung» wie Literatur, Musik, soziale Kontakte etc.? > Welches sind meine Vorlieben, welches meine Abneigungen, zum Beispiel bezüglich Essen, Trinken, Musik, Lagerung, Berührung, Aktivitäten, Kontakte etc.? > Was möchte ich gerne noch erleben, zum Beispiel ein Ereignis, Zusammen- treffen, eine Versöhnung, ein Gespräch, die Erfüllung eines Wunsches, den Besuch eines Ortes etc.? > Woran glaube oder halte ich mich, zum Beispiel bezüglich Werten, Überzeu- gungen, Erkenntnissen, Methoden, Menschen etc.? > Wovor fürchte ich mich am meisten, zum Beispiel vor Einschränkungen, Behinderungen, Verlust, Verletzungen etc.? > Was hat mir immer wieder gutgetan? > Was soll in jedem Fall respektiert werden? > Was ich sonst noch sagen will … Selbstbestimmt bis zuletzt 27
Medizinische Anordnungen Die Anregungen und Hinweise Die Patientenverfügung der Krebs- zum Verfassen einer Patienten- liga enthält zum einen vorformu- verfügung in den nachfolgenden lierten Text, d. h. Anweisungen und Kapiteln folgen weitgehend dem Aussagen, aus denen Sie durch Aufbau der Patientenverfügung Ankreuzen die Varianten auswäh- der Krebsliga (siehe Kasten). len können, die Sie wünschen. Zum anderen steht auch Platz für Krebskrankheiten sind sehr viel- eigene Bemerkungen und Ergän- schichtig; darum ist der Detaillie- zungen zur Verfügung. rungsgrad von Fragen, die sich stellen können, relativ hoch und es Präzise Formulierungen sind zen- braucht Zeit, um herauszufinden, tral, damit die Patientenverfügung wann und wie intensiv Sie sich da- bei Bedarf verstanden und umge- mit auseinandersetzen möchten. setzt werden kann. Bitte achten Beachten Sie dazu auch «Zeitpunkt Sie darauf, dass sich einzelne Aus- und Motivation» auf Seite 18. sagen nicht widersprechen. Die Patientenverfügung der Krebsliga … … geht vertieft auf Fragen ein, die sich bei einer Krebserkrankung stellen können. Sie ist so aufgebaut, dass Veränderungen des Gesundheitszustandes im Verlauf einer Krebserkrankung laufend berücksichtigt werden können. Einerseits ermutigt sie Betroffene, sich den Detailfragen zu stellen und mehr als nur allgemeine Anordnungen festzuhalten. Anderseits ermöglicht sie, sich schrittweise zu entscheiden, was im Bedarfsfall zu tun und was zu unterlassen ist. Es muss also nicht jede erdenkliche Situation von Beginn an geregelt werden. Die Angst, unnötig leiden zu müssen, wird dadurch kleiner, und die Zuversicht, dass ein würdiges Lebensende möglich ist, kann wachsen. Bestellung und kostenloser Download: siehe Seite 58/59. Ihre kantonale Krebsliga und das Krebstelefon 0800 11 88 11 beraten und unterstützen Sie gerne (siehe S. 62/63). 28 Selbstbestimmt bis zuletzt
Gut zu wissen Es ist darum sinnvoll, solche Un- Die eigene Einstellung zu Krank- sicherheiten mit der Ärztin, dem heit, Leben und Tod kann sich Arzt oder einer Pflegefachperson im Laufe der Zeit oder wenn eine zu besprechen. So können denk- Krankheit fortschreitet ändern und bare Situationen vorweggenom- sich entsprechend auf die Anord- men und zu erwartende Konse- nungen in der Patientenverfügung quenzen – zum Beispiel bei einem auswirken. Verzicht auf künstliche Ernährung – dargelegt werden. In einer Patientenverfügung müs- sen deshalb nicht von Anfang an Je besser Sie über mögliche Sym- alle Massnahmen erwähnt wer- ptome und über die Konsequen- den, die jemand dereinst vielleicht zen von Behandlungen Bescheid wünscht oder ablehnt. Situations- wissen, desto besser können Sie und personengerechte medizini- bestimmen, was für Sie wünsch- sche Anordnungen sind oft erst bar und was verzichtbar ist. möglich, wenn eine bestimmte Krankheit ausbricht oder sich ver- In der Regel finden bei einer fort- schlimmert. schreitenden Erkrankung immer wieder Gespräche zwischen dem Es ist sinnvoll, ein Minimum an Behandlungsteam und den Be- Massnahmen in einer Patienten- troffenen statt. Dabei wird auch verfügung zu erwähnen. Dazu ge- geklärt, welche Massnahmen zum hören in erster Linie Anordnungen Beispiel bei schwindendem Be- > zu Reanimationsmassnahmen, wusstsein und am Lebensende > zu lebenserhaltenden Mass- sinnvoll wären und auch vorge- nahmen wie Beatmung, Ernäh- sehen sind. rung und Flüssigkeitszufuhr. Bei einer fortschreitenden Krebs- erkrankung ist ein unerwartet Fachlicher Rat auftretender Bewusstseinsver- lust eher selten. Dennoch kann es Die wenigsten Menschen können beruhigend sein, für diesen Fall sich genau vorstellen, was es be- den eigenen Willen schriftlich in deutet, wenn sie in ihrer Patien- einer Patientenverfügung festge- tenverfügung einer bestimmten halten zu haben. medizinischen Massnahme zu- stimmen oder diese ablehnen. Selbstbestimmt bis zuletzt 29
Sich begleiten lassen > Intubation: Einführen eines Nehmen Sie wenn möglich, eine Schlauches über Mund oder Begleitperson mit zur Bespre- Nase zur Sicherung der chung, jemanden aus dem Fami- Atemwege, lien- oder Freundeskreis oder die > Beatmung, Person, der Sie das Vertretungs- > Verabreichung von kreislauf- recht einräumen möchten (siehe unterstützenden Medikamenten. S. 21). Sie kann sich Notizen ma- chen und vielleicht auch ergän- Gut zu wissen zende Fragen stellen: Vier Ohren Sind die Reanimationsmassnah- hören mehr als zwei. men erfolglos oder werden sie nicht ausgeführt, hat dies unaus- weichlich den Tod der Patientin, Reanimation des Patienten zur Folge. Reanimation heisst «Wiederbe- Wird das Thema «Reanimation» in lebung» und bedeutet, dass bei Medienberichten aufgenommen, plötzlichem Herz-Kreislauf-Versa- dann erfahren wir hauptsächlich gen und/oder Atem-Stillstand mit von Patienten, die nach einem Wie- Bewusstlosigkeit notfallmässige derbelebungsversuch zurück ins Sofortmassnahmen ergriffen wer- Leben geholt werden konnten. Sol- den. che Berichte geben die Wirklich- keit etwas verfälscht wieder: Aus- Ziel ist die möglichst rasche Wie- serhalb eines Spitals überleben derherstellung lebenswichtiger nur ungefähr fünf Prozent der Be- Kreislauf- und Atemfunktionen, troffenen ein akutes Herz-Kreis- um Organe wie Gehirn, Herz, Niere lauf-Versagen. etc. wieder ausreichend mit Sauer- stoff zu versorgen. Bei einem Herz-Kreislauf-Versa- gen in einem Spital sind die Über- Die Herz-Lungen-Reanimation um- lebenschancen etwas höher. fasst Massnahmen wie > Herzmassage, Notfallsituation > Defibrillation: kontrollierte Nach einem Unfall beispielsweise Abgabe eines «Elektroschocks» muss rasch gehandelt und sofort an den Herzmuskel, um die Nothilfe geleistet werden, unab- normale Herzaktivität wieder hängig davon, was in einer allfäl- herzustellen, lig vorhandenen Patientenverfü- gung steht. 30 Selbstbestimmt bis zuletzt
In der Regel ist erst nach den ersten Je älter jemand ist und je schlech- lebensrettenden Massnahmen die ter dessen Allgemeinzustand, Zeit vorhanden, um nach Hinwei- desto mehr nimmt, aufgrund der sen auf eine Patientenverfügung ungenügenden Sauerstoffversor- zu suchen und die weiteren Ent- gung, das Ausmass bleibender scheidungen aufgrund dieser Wil- Schäden, insbesondere des Ge- lensäusserung zu treffen. hirns auch nach erfolgreicher Rea- nimation zu. Bei einer Spitaleinweisung wird grundsätzlich abgewogen, ob bei Paradox kann die Situation zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand Hause sein: Wird beispielsweise reanimiert werden soll oder nicht, bei einem Herzstillstand die Ret- auch wenn keine Patientenverfü- tungssanität gerufen, obwohl die gung vorhanden ist. Dieser Reani- betroffene Person in ihrer Patien- mationsstatus wird wenn möglich tenverfügung keine Reanimation mit dem Patienten/der Patientin wünscht, so stehen die Rettungs- oder der vertretungsberechtigten personen vor einem Dilemma. Person besprochen. Sie sind verpflichtet, Nothilfe zu leisten und gleichzeitig den Patien- Bei bestehender Krankheit tenwillen zu respektieren. Sie Wenn Sie in einem fortgeschritte- können daher der erklärten An- nen Krankheitszustand, zum Bei- ordnung, nicht reanimiert zu wer- spiel bei Krebs, ein Herz-Kreis- den, kaum nachkommen. lauf-Versagen und/oder einen Atem-Stillstand erleiden, ist die Wichtig Aussicht auf eine erfolgreiche Menschen mit einer fortgeschrit- Reanimation gering. tenen Erkrankung, die zu Hause gepflegt werden, sollten die Frage Überlegungen zur Reanimation Will ich bei einem Herz-Kreislauf-Versagen und/oder Atemstillstand in jedem Fall, dass Reanimationsmassnahmen eingeleitet werden oder soll darauf verzichtet werden? Möchte ich bestimmte Situationen benennen, in denen ich reani- miert werden möchte, zum Beispiel nach einem Unfall, oder in denen ich das nicht möchte, zum Beispiel in einem fortgeschrit- tenen Krankheitsstadium? Selbstbestimmt bis zuletzt 31
der Reanimation auf jeden Fall mit verlängernden) Massnahmen, die ihren Angehörigen und den Pfle- je nach Phase immer wieder an- genden besprechen. ders beantwortet werden. Die getroffene Entscheidung zu Werden lebenserhaltende Mass- dieser Frage sollte schriftlich fest- nahmen grundsätzlich abgelehnt, gehalten und sichtbar aufbewahrt so werden nur noch diagnostische werden, zum Beispiel in Bettnähe. und therapeutische Massnahmen Ist die Haltung der Patientin, des durchgeführt, die der optimalen Patienten gemeinsam abgespro- palliativen, d. h. lindernden Be- chen und bekannt, gibt es weni- treuung dienen. ger Unsicherheit darüber, ob die Rettungssanität in einer bestimm- Palliative Care ten Situation überhaupt aufgebo- Unter Palliative Care (Palliativ- ten werden soll oder nicht. medizin) versteht man die umfas- sende Behandlung und Beglei- tung von Menschen mit einer fort- Lebenserhaltende schreitenden, chronischen oder Massnahmen unheilbaren Krankheit. Im Verlauf einer fortschreitenden Dabei werden medizinische, so- Krebskrankheit stellen sich Fragen ziale, psychologische und spiri- zu lebenserhaltenden (= lebens- tuelle Bedürfnisse des Menschen Überlegungen zu lebenserhaltenden Massnahmen Will ich eine generelle Stellungnahme zu den lebenserhaltenden Massnahmen formulieren? Falls ja: Sollen alle lebenserhaltenden Massnahmen, die das Behand- lungsteam als angezeigt erachtet, ausgeschöpft werden? Will ich keine lebenserhaltenden Massnahmen, sondern ausschliesslich lindernde Pflege und Begleitung im Sinne von Palliative Care? Will ich bestimmte, lebenserhaltende Massnahmen, zum Beispiel künstliche Ernährung oder Beatmung, detaillierter regeln (siehe dazu folgende Seiten) und auf andere, zum Beispiel Antibiotika, Blutersatz etc., verzichten? 32 Selbstbestimmt bis zuletzt
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