WEITBLICK magazin - Die Entdeckung der Achtsamkeit Warum Stress kein Statussymbol ist - m:con - mannheim:congress GmbH
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magazin Ausgabe 1|19 WEITBLICK Die Entdeckung der Achtsamkeit Warum Stress kein Statussymbol ist ab Seite 6 Digital Detox Leben Unplugged ab Seite 12 Dieses Kribbeln im Kopf Umdenken für ein besseres Leben ab Seite 18
2019 4. MI 29.05. NENA DO 30.05. ANDREAS BOURANI + BENGIO SA 01.06. SKA-P ++ SONDASCHULE MAL ÉLEVÉ + JAYA THE CAT SO 02.06. EULE FINDET DEN BEAT HEIDELBERG MI 05.06. STATUS QUO FR 07.06. NAMIKA & JORIS FR 14.06. 9. MAIFELD DERBY - THE STREETS › HOT CHIP › FABER VON WEGEN LISBETH › TOCOTRONIC SO 16.06. MADRUGADA › PARCELS › UVM. DI 18.06. POWERWOLF MAJESTY AMARANTHE + + MI 19.06. CYPRESS HILL FR 21.06. MIDNIGHT OIL MANNHEIM - MAIMARKTGELÄNDE TICKETS: WWW.DELTA-KONZERTE.DE
Mit dem "Ministerium für Glück und Wohlbefinden" rief Gina Schöler ein inter- aktives Kunstprojekt ins Leben, das die Deutschen dazu bewegen will, wieder mehr darüber nachzudenken, was sie glücklich macht. Wohlbefinden statt Wohlstand. Seinen Ursprung hat das Ministerium für Glück an der Hochschule Vorwort Mannheim, wo Gina Schöler sich an der Fakultät für Gestaltung im Master- studiengang Kommunikationsdesign mit dem Zweig Marken-Management, Kampagnenbildung und Brand Identity befasste. In Schölers Workshops geht es im Wesentlichen um drei Fragen: Was macht uns glücklich? Was muss sich ändern? Was können wir dafür tun? www.ministeriumfuerglueck.de Macht man halt so. Kennen Sie diesen Satz? Vielleicht aus Ihrer Kindheit, dem Arbeitsumfeld oder ist es sogar ein eigener Glaubenssatz? Seit ich denken kann, bin ich gegen diese Einstellung in gewisser Weise allergisch. Immer wenn ich diese oder andere Aussagen wie „Das war schon immer so“ höre, macht es bei mir Klick und ich denke mir: Jetzt erst recht! Wie kann es anders gehen? Welche Möglichkeiten, Verrücktheiten und vermeintliche Utopien gibt es noch, die genau dieses festgefahrene Denken auf den Kopf stellen? Das kann durchaus provozieren, aus dem Konzept brin- gen und zum Nachdenken anregen – aber genau das brauchen wir heutzutage mehr denn je! Menschen, die mit neuen Gedanken raus in die Welt gehen, Werte vertreten, Haltung zeigen, lösungsorientiert agieren und andere damit mitreißen, motivieren, begeistern und dazu anstiften, ebenso etwas zum Positiven hin zu verändern. Und denken Sie an das so treffende Zitat von Mark Twain: „Menschen mit einer neuen Idee gelten solange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.“ Schon von der Evolution her sind wir so geprägt, immer wieder Neues auszuprobieren, mutig zu sein, neue Wege zu gehen, Probleme zu lösen und um die Ecke zu denken. Sonst wäre die Menschheit schließlich nicht dort, wo sie heute ist. Nur scheinen wir etwas festzustecken in unserem Daily Business und uns zu oft um uns selbst zu drehen. So bekommen wir im Hamsterrad eher einen Drehwurm als wirkliche Fortschritte zu machen und diese sind dringend nötig! Klar kann man auf den ausgetretenen Pfaden bleiben, es ist ja auch sicher dort – in unserer Komfortzone – nur wird man dort nichts Neues entdecken, kein Abenteuer erleben und die Welt nicht verändern. Umdenken kann so viel Spaß machen! Probieren Sie es doch einfach mal aus! Wie? Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und es ist jeden Tag möglich, die eigenen Scheuklappen abzulegen, den Autopiloten ausschal- ten und etwas auszuprobieren! Widersetzen Sie sich frech der „Ja, aber“-Fraktion und lassen Sie keine Ausreden gelten, warum etwas nicht funktionieren kann. Veränderung beginnt immer bei einem selbst und am besten in kleinen Babysteps. Seien Sie kreativ und starten Sie Experimente und Abenteuer im Alltag – mit einem Funkeln in den Augen und einem Lächeln im Gesicht. Sie werden sehen, wie nachhaltig das etwas mit Ihnen und den Menschen in Ihrem Umfeld macht – vor allem glücklich. Und Glück hat ja vermeintlich Nebenwirkungen. Lassen Sie sich überraschen und denken Sie an die Worte von Astrid Lindgren: „Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar!“ Gina Schöler, Glücksministerin 3
Umdenken. Als wir, die Redaktion, sich Gedanken zum Kernthema der neuen Ausgabe unseres Kundenmagazins „Weitblick“ machten, kamen wir alle überein- stimmend sehr schnell zum Thema „neu denken“. Es fielen Schlagworte wie „umdenken“, „Komfortzone verlassen“, „über den Tellerrand schauen“ oder „Horizont erweitern“. Mitten in dieser Diskussion musste ich an ein Buch denken, das ich seit vielen Jahren im Regal habe und in regelmäßigen Abständen immer wieder hervorhole. „Das hier ist Wasser“ von David Foster Wallace. Das Buch hat gerade mal knapp 40 Seiten und der Autor nannte es „eine Anstiftung zum Denken“. Der Text war eine Rede vor Absolventen des Kenyon College. Er befasst sich nicht mit Karriere oder Aufstiegschancen, mit Geld oder beruflichen Struk- turen. Sondern damit, wie man Gewohnheiten und Einstellungen durchbre- chen kann. Wie man Dinge sinnvoll hinterfragt und wie man aufhört ständig um sich selbst zu kreisen. Es ist ein Aufruf zu mehr Empathie. Inhalt Wir haben mit dieser Ausgabe des Weitblicks sicher nicht versucht, Foster Wallace nachzuahmen oder zu übertreffen. Aber es ist eine ähnliche Idee, die dahintersteht: Bestehendes nicht einfach hinzunehmen und wieder lernen zu denken und zu hinterfragen. Vorwort 3 Die Entdeckung der Langsamkeit 6 Wir wünschen Ihnen, unseren Lesern, viel Vergnügen bei der Lektüre, einige Dieses Kribbeln im Kopf 12 Denkanstöße und vielleicht die ein oder andere Idee. Ein Land denkt um. Innovationsstandort Deutschland. 18 Marion Treu • Leiterin Unternehmenskommunikation Jetzt retten wir die Welt 20 Digital Detox 26 News und Events 30 In der Garderobe mit Jan Ammann 36 Hier zwitschert das Team / Impressum 38 4 5
Die Entdeckung Grob lassen sich die Stressoren in folgende der Achtsamkeit Kategorien unterteilen: • Krisen/ Katastrophen (traumatischer Stress) • Einschneidende Lebensereignisse (z.B. Heirat, Scheidung) Warum Stress kein Statussymbol ist • Mikrostressoren im Alltag (Daily hassles) • Umweltstressoren (z.B. Lärm) • Arbeitsstressoren (z.B. Zeitdruck) Deadlinedruck. Überbelastung. Zeitmangel. Wenn uns die Aufgaben, die vor uns liegen aber wie ein Verantwortung. Konkurrenzkampf. Fühlen Sie unüberwindbarer Berg vorkommen, setzt er ein – der sich schon gestresst? Oder laufen Sie jetzt erst auf negative Stress: „Wenn wir die Anforderung als nicht Hochtouren? Jeder geht anders mit Stress um, bewältigbar interpretieren, Zeitdruck bei der Arbeit entgehen können wir ihm dabei alle nicht. oder ein Schicksalsschlag, lösen die Stressoren Gefühle wie Angst und Hilflosigkeit aus.“, so Vonderlin. „Zudem „Zunächst können alle Anforderungen in unserer ist die Intensität der Stressoren ganz unterschiedlich, Umwelt als potentielle Stressoren wirken – wir so kann es sehr starke Stressoren geben, die eine Gefahr sind daher in unserem Alltag ständig mit ihnen für Leib und Leben darstellen, wie ein Verkehrsunfall, konfrontiert.“, weiß Ruben Vonderlin. Er ist Psycho- oder eben kleine, zu Hauf auftretende Alltagsstressoren.“ loge am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim und arbeitet dort als wissenschaftlicher Mit- Wenn wir Stress empfinden, laufen in unserem Körper arbeiter am Institut für Psychiatrische und Psychoso- die gleichen Mechanismen ab wie schon bei unseren matische Psychotherapie an seiner Promotionsarbeit Vorfahren: „Stress ist eine sehr hilfreiche Anpassung un- zum Thema Prävention und Resilienz. seres Körpers auf äußerliche Bedrohungen - er bereitet sich darauf vor, auf diese Bedrohung zu reagieren. Dies „Welche dieser potentiellen Stressoren jedoch eine ist im Kern eine sehr hilfreiche Schutzfunktion, die uns Stressreaktion bei uns auslöst, ist abhängig von unse- in unserer evolutionären Vergangenheit das Überleben rer subjektiven Interpretation. So können Stressoren gesichert hat und auch heute noch eine wichtige Funk- durchaus auch positiven Stress auslösen, wenn wir tion erfüllt – stellen Sie sich vor, sie begegnen einem diese Anforderung als positive Herausforderung und wilden Tier. Im Körper werden dann Stresshormone - als bewältigbar interpretieren, zum Beispiel eine Rede vor allem Kortisol und Adrenalin - ausgeschüttet, die halten oder familiäre Verantwortung übernehmen. zu einer Aktivierung von Körperfunktionen - zum Beispiel erhöhter Puls und stärkere Muskelspannung - führen, Die Stressoren wirken dann anregend, motivierend die uns auf Kampf- oder Fluchtverhalten vorbereiten. und verleihen uns Sinn und Bedeutung.“ Gleichzeitig werden Körperfunktionen, die in dieser Situation nicht benötigt werden, zum Beispiel Appetit und Sexualtrieb , heruntergefahren.“ 6 7
Stress führt also zu einer Aktivierung des gesamten Zudem sei die positive Entwicklung zu verzeichnen, Körpers, was kurzfristig sogar sehr gesund wirkt. dass psychische Belastungen ernster genommen „Problematisch wird es, wenn die Stressreaktion werden, psychische Erkrankungen besser und früher chronisch anhält, wenn wir also über eine lange Zeit erkannt werden und die gesellschaftliche Stigmatisie- hinweg dauerhaft gestresst sind und keine Pausen zur rung psychisch Erkrankter abgenommen haben. Erholung und Regeneration haben. Langfristiger Stress kann dann zu psychosomatischen Beschwerden wie Hier sind mehr und mehr auch die Arbeitgeber Schlafproblemen und Verspannungen führen und das gefragt, die ihre MitarbeiterInnen bei der Stressbe- Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen.“ wältigung unterstützen können. Ruben Vonderlin, der Unternehmen zur Burnout Prävention berät, Burn-Out ist heute längst keine Managerkrankheit empfiehlt zwei unterschiedliche Arten der Prävention, mehr, auch Berufseinsteiger leiden häufig unter die Arbeitgeber fördern sollten: Die Verhaltens- und Stress und Überforderung. Auf die Frage, ob die „neue Verhältnisprävention. Generation“ weniger belastbar ist, antwortet Von- derlin allerdings mit einem klaren „Nein diese Meinung „Die Verhaltensprävention zielt darauf ab, Personen teile ich nicht - Medienberichte und die öffentliche in einem förderlichen Umgang mit Stress zu schulen. Meinung zu solchen Themen sind oft wissenschaft- Sie ist äußerst effektiv, es gibt gute und wissenschaft- lich unbegründet und irreführend. Laut diesen wird lich abgesicherte Interventionen, um den Umgang der Generation Y zum Beispiel oft nachgesagt, dass die mit Stress zu verbessern. Die klassischen Stressbe- Ansprüche und Wünsche, sowie das Streben nach Sinn wältigungstrainings unterscheiden zwischen drei bei der Arbeit stärker ausgeprägt wären als bei vorhe- verschiedenen Stresskompetenzen: Die instrumen- rigen Generationen, was letztlich auch Stress auslösen telle Stresskompetenz, wirksames Handeln und kann. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass diese evidenzbasiertes Problemlösen, mentale Stress- jedoch nicht ausgeprägter sind, als bei anderen Gene- kompetenz, eigene stressverschärfende Gedanken rationen vorher auch.“ und Interpretationen erkennen und hinterfragen, sowie die regenerative Stresskompetenz, wirksame Er führt aus: „Wenn wir uns wissenschaftliche Zahlen Erholung in längeren Stressphasen, um das Stress- zu psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeitstagen level zu senken . In den letzten Jahren haben sich anschauen, sehen wir, dass diese in den letzten Jahren neben den klassischen Interventionsmethoden vor stetig zugenommen haben - seit 2007 um 67,5%. Die allem achtsamkeitsbasierte Verfahren mehr und Prävalenzrate von Burnout hat sich in diesem Zeitraum mehr etabliert – auch am Arbeitsplatz. Stress entsteht verdreifacht und mittlerweile geht fast jede zweite oft daraus, dass wir mit der Vergangenheit hadern Frühberentung 42% auf eine psychisch bedingte oder uns um die Zukunft Sorgen machen, zum Beispiel Erwerbsminderung zurück. Die Zahlen haben sich in die Sorge, wie viel Arbeit an einem Tag auf uns zu- der jüngeren und älteren Generation gleich entwickelt, kommt . Durch Achtsamkeit können wir es schaffen, wobei die Arbeitsunfähigkeitstage mit höherem Alter einen Schritt zurück zu treten und im jetzigen Moment zunehmen. Hauptgründe für den Anstieg dieser Statis- zu sein, um diesen Moment - so wie er ist - anneh- tiken sind unter anderem die massive Zunahme von mend und nicht bewertend wahrzunehmen.“ Stressoren in der Arbeitswelt in den letzten Jahren: Durch Digitalisierung und Globalisierung haben sich Es gilt also, „auch in stressigen Phasen unserem die Arbeitsprozesse stärker verdichtet, sind komple- Kopf eine Pause gönnen, Zugang zu unseren eigenen xer und schneller geworden, Arbeit erfordert immer Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen und Be- größere zeitliche und örtliche Flexibilität und auch die dürfnissen zu bekommen und aus dem Hier und Jetzt Tätigkeitsprofile ändern sich immer schneller.“ heraus effektive Bewältigungsstrategien zu wählen, um mit dem Stress umzugehen. Menschen, die Acht- samkeit regelmäßig üben – dies haben mittlerweile 8 9
über 100 wissenschaftliche Studien ergeben – fühlen angehen, um ziel- und werteorientiert zu handeln. sich selbstbewusster und emotional ausgeglichener, Des Weiteren sind ein intaktes soziales Netz und die weniger ängstlich, weniger gestresst. Ihre Konzentrati- soziale Kompetenz - Fähigkeit, sich variabel soziale onsfähigkeit ist besser, und auch ihr Immunsystem.“ Unterstützung zu holen oder auch abzugrenzen - sehr Was tut ein Stressforscher wichtig. Nicht zuletzt sollte ich in Stressphasen immer eigentlich, wenn er selbst gestresst ist? Die Verhältnisprävention soll äußerliche Stresso- auch bewusst Raum für Pausen und Erholung ren bei der Arbeit reduzieren und abbauen und ist schaffen.“ Er bestätigt sich seine Forschungsergebnisse ebenso wichtig wie die Verhaltensprävention: „Hierzu im Selbstexperiment: sollten im Rahmen des betrieblichen Gesundheits- „Im Stress sein“ kommuniziert zwischen den Zeilen „Durch meine Forschungsarbeit zum Thema Prävention managements regelmäßig Gefährdungsanalysen auch stets Aktivität, Dynamik und Bedeutsamkeit. Ist habe ich auch begonnen regelmäßig Achtsamkeit zu durchgeführt und wirksame Maßnahmen abgeleitet Stress ein Statussymbol, ohne das wir gar nicht mehr üben. Dadurch habe ich gelernt, mit mehr Gelassenheit werden, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.“, leben wollen? Vonderlin mahnt zur differenzierten durchs Leben zu gehen, eigene automatisierte und kriti- so Vonderlin. Betrachtung: „Ich denke, es ist wichtig, zwischen einer sche Gedanken und Gefühle zu bemerken, wohlwollend erfüllenden und herausfordernden Arbeit, die pha- distanziert zu betrachten und komplexe Herausforde- Er ist überzeugt: „Es gibt zahlreiche Vorteile einer senweise Stress auslöst, und chronischem Stress, der rungen Schritt für Schritt anzugehen. Natürlich gibt es zielgerichteten Gesundheitsförderung für Arbeitgeber. gesundheitsschädlich wirkt, zu unterscheiden. Erstere immer wieder Phasen, in denen ich in Stress gerate. Beim Neben dem Vorbeugen individuellen Leidens der Be- stellt in vielen Fällen auch ein Statussymbol dar, das Abschalten und Erholen helfen mir dann vor allem gute schäftigten lassen sich so aus betriebswirtschaftlicher ist richtig aber auch nicht neu – das war in vorherigen Freunde, die Familie und sportliche Aktivität. Ebenso Sicht auch die Arbeitsunfähigkeitstage und Frühberen- Generationen auch schon der Fall. Chronischer Stress sind die Möglichkeit, allein zu sein und Ruhe in der Natur tungen aufgrund psychischer Belastungen reduzieren bei der Arbeit, der gesundheitsschädlich wirkt, gehört zu finden wichtige Faktoren" und die Produktivität steigern. Außerdem können aus meiner Sicht nicht zu diesem Statussymbol. Als dadurch Arbeitsmotivation und Arbeitszufrieden- Konsequenz daraus sollten wir meiner Meinung nach heit gefördert werden und auch die Arbeitgeberattrak- nicht daran arbeiten, die gesellschaftliche Einstellung tivität nimmt zu.“ zur Arbeit zu ändern oder aufbrechen zu wollen, son- dern daran, dass die Arbeit gesundheitserhaltend Wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen ausgeführt werden kann und nicht krank macht.“ geschaffen wurden, gilt nach wie vor, dass jeder auch selbst in der Verantwortung steht, die Stressbelastung bestmöglich zu bewältigen. Dabei ist nach Vonderlin vor allem die Förderung der Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung entscheidend: „Das heißt, die Wahrnehmung zu schulen, welche Anforderungen speziell für mich besonders belastend sind und die Fähigkeit, seine eigenen automatisierten Stressbewältigungs- Gedanken und Gefühle wohlwollend distanziert zu seminare … betrachten. Auch die Fähigkeit, flexibel mit variablen Anforderungen umgehen zu können, ist wichtig. Dabei … werden nicht nur über Arbeitgeber kann es hilfreich sein, den eigenen Handlungsspiel- angeboten. Es gibt auch ein breites raum zu analysieren – also was kann ich verändern, Angebot von Präventionskonzepten was kann ich nicht verändern. Es gibt immer auch (nicht nur Stressbewältigung), das von Dinge, die ich nicht verändern kann, zum Beispiel die den Krankenkassen angeboten wird. Verspätung der Bahn . Sich dies bewusst zu machen Wer an solchen Schulungsmaßnahmen und diese Dinge aktiv anzunehmen, kann den interessiert ist, sollte sich zunächst bei Umgang mit ihnen erleichtern und ermöglicht, mich seiner Krankenkasse erkundigen. auf die Dinge zu fokussieren, die ich verändern kann. Diese sollte ich mit einem konkreten Lösungsplan 10 11
Nicola Fritze gilt als eine der auffälligsten Rednerinnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit einem unverwechselbar mitreißenden und interaktiven Stil gehört sie seit über 10 Jahren zu den Top 100 Excellence Speakers. Sie übernahm bereits mit 27 Jahren als Führungskraft Verantwortung für ihr Team in einem Dialogmarketing-Unternehmen. Ihre Erfahrungen im Verkauf und als Führungskraft ergänzte sie durch ein berufsbegleitendes Aufbaustudium in Organisationspsychologie. 2005 hat sie das „Trainer-Casting“ der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing gewonnen. Für ihre herausragende Bühnenper- formance und ihre dauerhaft guten Feedbacks über ihre Vorträge erhielt sie 2010 den 5 Sterne Rednerpreis in der Kategorie „Best Performer“, eine der höchsten Auszeichnungen der Rednerbranche. www. nicolafritze.de DIESES KRIBBELN IM KOPF Umdenken für ein besseres Leben Nicola Fritze sagt, wir Menschen scheuen den Wandel. Einerseits ist das menschlich. Andererseits zeichnet das Leben Wan- del aus – und ist ein Erfolgskonzept. Wie motiviert man sich, diesen Wandel aktiv Warum und wie müssen Arbeitgeber heute um- denken, um auch morgen noch mit ihrer Firma erfolgreich zu sein? Rasante Technologiesprünge, sich ständig wandelnde Ansprüche an die Arbeitswelt und agile Unternehmens- anzugehen und zu gestalten? Wie schafft strukturen fordern nicht nur Umdenken, sondern auch man, was man sich vorgenommen hat, an- die Bereitschaft, kritisch zu hinterfragen, was für das statt sich von den guten Vorsätzen schaffen Unternehmen, seine Produkte bzw. Dienstleistungen zu lassen? und für Kunden wirklich sinnvoll ist. Sie ermutig dazu, der Mensch zu werden, Man sollte nicht jeden Hasen jagen, der gerade über der man sein möchte – sowohl beruflich als das Feld getrieben wird. Und bevor etwas Neues an- auch privat. Im Interview spricht sie darü- gepackt wird, heißt es erstmal Kopf und Hände frei be- ber, wie dies gelingen kann. kommen, indem auch losgelassen wird. Das bewusste 12 13
Loslassen von Strukturen, Glaubenssätzen, Prozessen gut zuzureden. Sie brauchen Erfahrungen, die ihnen und Verhaltensweisen ist der erste Schritt im Verände- Schritt für Schritt ihre Ängste und Unsicherheiten neh- rungsprozess. Doch das ist einfacher gesagt als getan, men. Nur wenn Menschen sich verHALTEN, gewinnen denn da sind auch viele Emotionen im Spiel. Zum Bei- sie langsam HALT und dann auch eine neue HALTUNG. spiel Angst, Wut und Unsicherheit, aber auch Neid oder Hat man dann eine Haltung, die Kreativität ermöglicht, Revierverteidigung spielen in Veränderungsprozessen braucht es Zeit, Mut und Neugier, um dann auch auf eine wichtige Rolle und es müssen Wege gefunden neue Ideen zu kommen. werden, damit gut umzugehen. Und zwar nicht nur mit guten Argumenten auf der sachlichen Ebene, sondern „Das haben wir schon immer so gemacht.“ – Rou- besonders auf der emotionalen Ebene. Dabei hilft unter tine hat viele Vorteile kann manchmal aber auch anderem eine klare und aufrichtige Kommunikation, Bremse sein. Wann sollten eingeübte Abläufe neu aber auch der Mut, sich ehrliches Feedback einzuholen hinterfragt werden? und gut zuzuhören. Ja, das stimmt. Routinen machen uns effektiv, geben uns Sicherheit und das Gefühl von Kontrolle. In Zeiten Wie kann jeder einzelne Arbeitnehmer seinen Teil wie diesen sehnen wir uns genau danach, denn die vie- dazu beitragen, eine offene Arbeitswelt zu schaffen? len rasanten Entwicklungen kosten uns auch Kraft und Verstehen, dass die Arbeitswelt sich in manchen As- machen uns unsicher. Deshalb ist es nur zu verständ- pekten verändern muss ist das Eine – Verhalten ist das lich, dass Menschen sich zuweilen schwertun, Routinen Andere. Wenn die Chefetage – von der obersten Spitze aufzugeben. Ich bin auch kein Freund von „immer raus an – Tag für Tag vorlebt, dass ein anderes Verhalten, ein aus den Routinen“! Ich halte es für wichtig, Routinen zu anderes Miteinander möglich sind, dann passiert etwas. hinterfragen, wenn sie entweder nicht mehr zieldien- Dann kapieren alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: lich sind, oder sie uns nicht (mehr) gut tun. Und dann „Das war nicht nur leeres Gerede. Es bewegt sich gilt es, neue Routinen zu entwickeln, mit denen wir die wirklich etwas. Und ich kann mich an meinen Führungs- alten überschreiben, d.h. die alten Routinen zu verler- kräften orientieren. Die machen nämlich schon vor, nen und die neuen zu erlernen. Wichtig ist hierbei, sich wie es gehen kann“. Das klingt selbstverständlich. Ist es nicht zu viel auf einmal vorzunehmen, sondern Schritt aber in den meisten Unternehmen nicht. Da beten die für Schritt vorzugehen. So verhindern wir Frust. Hören Vorstandsetagen zwar immer wieder den Wandel vor. wir von den Beteiligten dann ein „das haben wir aber Sie glauben auf intellektueller Ebene auch, dass es das immer so gemacht“, dann gilt es, dies auch zu würdigen, braucht. Aber es fehlt eben an der praktischen Umset- dass es eine Zeitlang genau so auch gut und richtig war zung im Alltag. Verstehen ist nur der erste Schritt. Viel und dass sich nun die Zeiten geändert haben und es wichtiger ist das Verhalten im Alltag: sichtbar, erlebbar, sinnvoll ist, zu überlegen, wie es besser gehen könnte. eindeutig. Und unser Verhalten wird eben auch maß- geblich durch unsere Emotionen angetrieben. Wenn Wie kann man als Arbeitgeber seine Mitarbeiter- das „neue“ Verhalten erlebt wird, ist ein wichtiger Schritt Innen aber auch als Arbeitnehmer seine Kolleg- hin zum nachhaltigen Wandel getan! Und jeder einzelne Innen motivieren, über Prozesse neu nachzudenken wird ermutigt, seinen Teil dazu beizutragen. und bewusst aus der Routine auszubrechen? Wir sind motiviert, wenn wir wissen wofür es gut sein Wie können auch vermeintlich Unkreative dazu soll. Wenn wir eine überzeugende Antwort auf die Frage ermutigt werden, ihre Komfortzone zu verlassen „WARUM?“ bekommen. Wenn wir einen Sinn erkennen, und den Impuls zum Kreativsein zu finden? der für uns auch einen Wert hat, können wir Verände- Wichtig ist, jedem so viel wie möglich Gestaltungs- rungen akzeptieren und uns dann auch dafür engagie- möglichkeiten zu geben. Je mehr jeder einzelne spürt, ren. Wie eben schon gesagt, ist es immer sinnvoll eine dass er nicht nur gehört wird, sondern mitgestalten Routine kritisch zu hinterfragen, wenn wir nicht zum kann, stärkt das seine Selbstwirksamkeit. Das ist eine gewünschten Ergebnis kommen oder sie uns Kraft und wichtige Voraussetzung für das Selbstvertrauen, das es Nerven kostet. Manchmal hilft auch erst der Blick von braucht, um die Komfortzone zu verlassen. Wir müssen außen oder ein Feedback, das dazu einlädt, bestimmte die Menschen ins Handeln bringen, anstatt ihnen nur Routinen kritisch zu hinterfragen. 14 15
m con VISION INTO CONVENTIONS ANZEIGE Wie können wir uns selbst motivieren, nehmen, sich mit ihnen konstruktiv auseinanderzuset- EINMAL MIT offen zu sein für Neues? zen, sie als nützlichen Kompass anzunehmen und auch In meinen Vorträgen stelle ich immer mein sehr einfa- über ihre Gefühle zu sprechen – das wiederum fällt ches aber wirkungsvolles Modell zur Selbstmotivation Männern tendenziell schwerer. vor. Dabei geht es darum, sein Denken, sein Handeln PROFIS ARBEITEN und seine Wahrnehmung bewusst zu steuern. Denn Wenden Sie Ihre Motivations-Tipps auch bei die emotionale und mentale Stimmung hängt davon sich selbst an? Klappt es jedes Mal? ab, was wir denken, wie wir uns verhalten und wie wir Ja, ich bin eine Frau der Praxis. Ich spreche und uns und unsere Umgebung wahrnehmen. Während schreibe nur über das, was ich selbst ausprobiert und meines Vortrags macht das Publikum Erfahrungen, wie für nützlich befunden habe. Wenn etwas nicht klappt, man in jedem der drei Bereiche etwas verändern kann. liegt es entweder daran, dass ich zu große Schritte bzw. Das ist immer sehr spaßig. Und so soll es sein, denn zu viel auf einmal gemacht habe, oder es nicht der Weg mit Humor packen wir alles leichter an. Wichtig ist, zu meines Herzens war. verstehen: Verändern wir etwas an unserem Verhalten, verändert sich automatisch auch unser Denken und Was ist der Schlüssel zum Glück? unsere Wahrnehmung. Oder verändern wir unsere Es gibt einen ganzen Schlüsselbund zum Glück. Die Wahrnehmung, verändert sich unser Denken und Han- Schlüssel, die für mich am besten funktionieren sind deln. Und verändert sich unser Denken, verändert sich Dankbarkeit, Bewegung und anderen Gutes tun. Bei auch unser Handeln und unsere Wahrnehmung. Die der Dankbarkeit ist es wichtig, dass sie aufrichtig vom C drei Faktoren beeinflussen sich gegenseitig. Die Kunst Herzen kommt und ich auch für die „kleinen“ Dinge M besteht darin, in kleinen Schritten die Veränderungen des Lebens dankbar bin. Aber natürlich auch für die anzupacken, die man sich für sich wünscht. großen Geschenke, die ich vom Leben bekomme. Y Bewegung macht mich glücklich, weil es mir einfach CM Wie geht man konstruktiv mit Selbstzweifel und guttut. Ich praktiziere schon sehr lange Yoga, was für MY Unsicherheiten um? mich viel mehr ist, als Bewegung. Es ist eine Lebensphi- CY Indem man an aller erste Stelle sich selbst nicht dafür losophie. Manchmal powere ich mich aber auch gerne verurteilt, dass man Selbstzweifel und Unsicherheiten auf meinem Indoor-Bike aus. Und ich gehe regelmäßig CMY hat, sondern sich fragt, was das Gute daran ist, dass wir morgens spazieren – daraus ist auch mein YouTube-Ka- K Selbstzweifel und Unsicherheiten haben. Denn unsere nal mit den Morgenspaziergängen zum Thema „Wage Gefühle sind ein wichtiger Kompass für uns, der uns Deinen Wandel“ entstanden. Es macht glücklich, in der zeigt, in welche Richtung wir gehen sollten, was gut für Natur zu sein. Anderen etwas Gutes tun, ist im Großen uns ist. Und auch in den sogenannten negativen Gefüh- wie im Kleinen sehr wirksam. Das beginnt in der eige- len stecken für uns wichtige Impulse: Wir bereiten uns nen Familie, über die Freunde, Nachbarn, Kindergarten, besser vor, prüfen nochmals unser Vorhaben, holen Schule… bis hin zum Ehrenamt. Ich bin der Überzeu- Jetzt uns Unterstützung, sammeln noch mehr Informati- gung, dass viele Menschen sehr viel glücklicher wären, onen… all das ist doch durchaus sinnvoll. Wenn die wenn sie sich mehr sozial engagieren würden. Und Selbstzweifel und Unsicherheiten allerdings ein gesun- unsere Gesellschaft wird in Zukunft noch viel mehr von bewerben. des Maß überschreiten und uns auf Dauer ausbremsen, unserem ehrenamtlichen Engagement abhängig sein. dann ist es manchmal ratsam, sich einen Coach oder Letztendlich nutzen all die Schlüssel jedoch nichts, Therapeuten zu suchen. wenn man nicht tief in seinem Herzen weiß, dass man es verdient hat, glücklich zu sein. Gibt es hier Unterschiede zwischen Mann und Frau? Frauen neigen eher zu Selbstzweifeln und sind oft Das Interview führte Sarah Gröhbühl sehr kritisch sich selbst gegenüber. Warum das so ist, sprengt hier den Rahmen – da gibt es unterschiedli- m:con – mannheim:congress GmbH che Theorien. Ich kann nur alle Menschen – Frauen UND Männer – dazu ermutigen, ihre Gefühle ernst zu 16 www.mcon-mannheim.de/jobs-und-karriere/
EIN LAND DENKT UM. 1,64 MILLIONEN PHOTOVOLTAIKANLAGEN wurden bis Ende 2017 in Deutschland installiert. [BSW Solar 2018] Deutschland belegt den 1. Platz in der Kategorie Innovati- onsfähigkeit des Global Competitiveness Report 2018. NUMMER 1 GRUND FÜR KRANKMELDUNGEN weiblicher Erwerbstätiger 2017 waren „psychische Erkrankungen“ (Platz 2 bei Männern) [Quelle: Gesundheitsreport 2018 der Technikerkrankenkasse] 75,5 % DER DEUTSCHEN haben die Möglichkeit vom Home Office aus zu arbeiten. [Quelle: statista] 67 707 angemeldete Nur ⅓ PatenteStromerzeugung der deutschen im Jahr 2017 2017 Schätzungsweise 400 000 MENSCHEN [Deutsches Energieträgern. stammte aus erneuerbaren Patent- und fallen jährlich dem Klimawandel zum Opfer. Markenamt] [Quelle: Fraunhofer] [Quelle: Umweltschutz.de] 4 DEUTSCHE STARTUPS haben es bisher in den „UNICORN CLUB“ (Internet Startups mit einer Bewertung über 1 Milliarde Dollar) ❝ Noch drei solche Hitzesommer wie im Jahr 2018 und wir werden den geschafft, damit belegt Deutschland Platz 3 in Europa. (2015) Schwarzwald nicht wiedererkennen. – Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer [Magazin Internet World Business, Ausgabe 14/15] ❞ Die Energie, die durch den Treibhauseffekt auf der Erde gespeichert wird, entspricht ca. 250 Trillionen Joule pro Sekunde. Das entspricht der Energie von 5 Hiroshima Bomben pro Sekunde. [Quelle: Umweltschutz.de] KIEL IST DEUTSCHLANDS YOGA-HAUPTSTADT mit YOGA-TREND Work-Life-Balance 11,7 verzeichneten Yogaschulen auf 100 000 Einwohner [Quelle: ZEITmagazin 2014] 11,3 MILLIONEN DEUTSCHE haben bereits einmal Yoga praktiziert oder praktizieren es aktiv [Quelle: BYD] DURCH AUTOMATISIERUNG WERDEN: 22,7 Millionen bestehende Jobs bis 2025 in den USA verloren gehen. Um 0,9°C ist die globale Durchschnittstemperatur seit 1950 gestiegen. [Quelle: Umweltschutz.de] 13,6 Millionen neue Jobs bis 2025 in den USA entstehen. [Prognose von Informlio DLD, Stand: 2015] 18 19
Nur noch kurz die Welt retten Den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten, empfinden immer mehr Menschen als unverzichtbar für ein positives Lebensgefühl. Wie sich Nachhaltigkeit mit spielerischer Leichtigkeit in den Alltag inte- grieren lässt, dafür haben Ilona Koglin und Marek Rohde spannende Tipps und viele neue Ideen – angefangen von Ernährung Selbst zum Wandel werden, und Wohnen bis zu Reisen in die weite Welt. den man sich wünscht Wie kam es zu der Idee, die Initiative interaktives Pendant geben muss. Und so entwickelten „Jetzt retten wir die Welt“ ins Leben zu rufen? wir die Website www.jetztrettenwirdiewelt.de – eine Art 2015 schrieb uns der Kosmos Verlag eine E-Mail, ob wir Online-Akademie für alle, die ihr Leben öko-sozialer ge- nicht Lust hätten, ein Buch für sie zu schreiben. Sie hat- stalten wollen. Hier findet man nicht nur die Aktionen ten unseren Blog www.fuereinebesserewelt.info ent- von uns, sondern auch von vielen anderen Menschen deckt und stellten sich vor, dass wir ähnliche Themen und Organisationen. in einem Buch zusammenfassen könnten. Gemeinsam mit unserer Lektorin setzten wir uns zusammen und Kann jeder zum Weltretter werden? entwickelten ein Konzept für das Buch. Dabei fragten Ja. Einfach das Buch kaufen oder auf die Website wir uns, wie das Buch aussehen müsste, damit es die gehen. Dort kann man sich das Themengebiet aussu- Menschen gerne lesen. Was wäre wirklich hilfreich? Da- chen, wo einem die Veränderungen am einfachsten, bei erkannten wir, dass es ja eigentlich gar nicht darum dringendsten oder schönsten erscheinen – Aktion geht, dass die Menschen ein Buch kaufen und lesen. aussuchen und los geht’s. Schritt für Schritt kann man Es geht darum, dass sie ihr Leben verändern. Dass sie hier der Anleitung folgen und die Welt wieder ein Stück- anders und vor allem auch weniger konsumieren. Dazu chen besser machen. Alle, die etwas bewegen wollen, müssen sie Gewohnheiten verändern – und wie jeder stecken ja in so einem Dilemma: Auf der einen Seite weiß, ist das gar nicht so leicht. Deshalb haben wir ist es wirklich dringend. Was wir zurzeit als Einzelner, viel darüber nachgedacht, wie wir die Menschen bei als Unternehmen und als Gesellschaft tun, ist weit ihren Veränderungen motivieren können. Und da kam davon entfernt, genug zu sein. Die Klimakrise und das uns die Idee, das Ganze spielerisch anzugehen: Wir weltweite Artensterben sind zum Beispiel wirklich sehr entwickelten lauter kleine Experimente und Anleitun- reale Bedrohungen. Es muss uns klar sein, dass wir aus gen für konkrete Aktivitäten, von uns Aktionen genannt. Bequemlichkeit gerade die Existenz unserer Enkel und Jeder kann sich so seinen Bereich aussuchen – Essen, Urenkel, aber auch Mitgeschöpfe aufs Spiel setzen. Kleidung, Mobilität oder etwas anderes – und hier mit Gleichzeitig ist es so, dass wir nicht in diese Selbstop- kleinen Schritten nach und nach immer wieder ein timierungsfalle hineingeraten. In unserer sogenannten Stückchen mehr verändern. Als wir bei diesem Konzept Leistungsgesellschaft soll ja jeder ständig immer besser angelangt waren, war klar, dass es zum Buch auch ein werden. Das ist mit ein Grund für krankmachende 20 21
Konkurrenz, Kampf und Konflikte. Deshalb müssen wir bei aller Dringlichkeit, die geboten ist, gleichzeitig lernen, uns selbst auch dann anzunehmen, wenn wir etwas nicht hinkriegen. Wir sagen deshalb gerne, dass unsere Aktionen Experimente sind: Wir probieren aus, wie es besser gehen kann. Aber es gibt auch Variablen, an denen jeder drehen kann. Und Scheitern und Fehler machen sind ja per Definition Teil von Experimenten. Wir müssen also nicht alles immer perfekt hinkriegen. Auch wenn das angesichts des Zustands unseres Pla- neten wirklich dringend notwendig wäre. Es ist genau dieses Dilemma, das wir aushalten müssen. Warum waren die Chancen, die Welt zu retten, noch nie so gut wie heute? Es gibt ja nicht gerade wenige Menschen, die sagen „ach, ich als Einzelner kann ohnehin nichts ausrichten“ oder „Es gibt so viel Schlechtes in der Welt, wie soll man Ilona Koglin und Marek Rohde da etwas tun?“ Aber wir müssen uns bewusst machen, dass das alles Ausreden sind. Es ist natürlich sehr viel bequemer, die Verantwortung wegzuschieben, als zu sagen: „Ich bin Teil der Zerstörung unserer Erde!“ Diese Erkenntnis tut weh. Zumal, wie in der Antwort vorher beschrieben, wir uns eingestehen müssen, dass wir recht durcharbeiten und dass das ihr Leben komplett Momentan wenden wir uns nun eher der Frage zu, wie wir nicht auf die Politiker oder Wirtschaftsbosse warten, nicht perfekt sind, also immer auch Teil des Problems verändert. Auch bei der Konferenz für eine bessere Welt sich Menschen gemeinsam in Projekten organisieren dass sie etwas für uns verändern, sondern können es sind. Das erfordert Mut. Deshalb sagen wir lieber „Ach, – die wir 2018 organisiert haben und die 2020 wieder in können, um zusammen bessere Alternativen auf die selbst tun. Und es gibt so unglaublich viel, was wir tun da kann ich eh nichts tun“ und machen weiter wie Hamburg stattfinden soll – haben wir sehr viel positives Beine zu stellen. Wenn Menschen zum Beispiel eine können, wenn wir uns mit diesem selbstehrlichen Blick bisher. Dabei steht uns hier in Deutschland so viel zur Feedback auf die Initiative bekommen. Verbrauchergemeinschaft gründen, einen Gemein- betrachten. Wohlgemerkt, ohne uns deshalb selbst Verfügung: Wir sind im Schnitt so wohlhabend wie schaftsgarten, eine Bürgerinitiative oder ein öko-faires zu verurteilen. Sobald wir uns selbst dafür verurteilen kaum andere Menschen auf der Erde. Wir haben so viel Welche Veränderungen konnten bereits realisiert Unternehmen. Dazu erscheint im Mai unser nächstes steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir nicht mehr Wissen, wie es das noch nie zuvor in der Menschheits- werden, welche Projekte sind aktuell in Arbeit? Buch mit dem Titel „Faironomics“. hinsehen und unsere Handlungsspielräume, die Welt geschichte gab. Wir haben das Internet und kommen Wir selbst haben nach Erscheinen des Buches eine zu verändern, schrumpfen dramatisch. ganz einfach an alles Wissen heran und können uns mit Expedition gestartet, wie wir das genannt haben. Das Der Wunsch nach Wandel ist groß in der Gesell- anderen vernetzen und organisieren. Wir leben – wenn heißt, wir haben uns Monat für Monat andere Aktionen schaft. Wie kann man in den Köpfen verankern, „Ich würde ja gerne etwas verändern, aber mir wir uns trauen – in einer recht großen gesellschaftlichen vorgenommen, diese umgesetzt und das per Videoka- dass Wandel nur dann funktioniert, wenn wir alle fehlt einfach die Zeit.“ oder „Veränderung ist Freiheit. Also fragen wir uns beide: Was müsste denn mera dokumentiert. Das Video-Tagebuch findet man Teil der Lösung werden? Aufgabe der Politik.“ – Argumente, die Sie sicher noch geschehen, dass die Menschen in diesem Land auch auf der Website www.jetztrettenwirdiewelt.de. Wir müssen vor allem akzeptieren, dass wir beides sind. häufig hören. Wie können Sie hier vom Gegenteil sagen: „Ja, wir können die bessere Welt erschaffen!“ Dabei haben wir manche Aktionen selbst das erste Mal Wir hören zum Beispiel engagierte Menschen sagen: überzeugen? gemacht. Zum Beispiel die Aktion „Klamottenkur“ von „Ich fahr doch schon kein Auto. Da kann ich es mir doch Ja, das hören wir oft und das sind natürlich Ausreden. Wie ist die Resonanz? der Organisation „Modeprotest“. Dabei lebt man einen gönnen für mein einwöchiges Retreat nach Indien zu Es ist der Versuch, die Verantwortung wegzuschieben, Die Resonanz ist sehr viel größer, als wir uns das Monat lang mit nur 50 Kleidungsstücken (oder weniger, fliegen“. Das ist natürlich Selbstbetrug, denn man tut um nicht erkennen zu müssen, wie schrecklich wir gedacht hätten. Auf der Website zählen wir aus wenn man möchte). Anderes haben wir schon zuvor so, als könnte man das gegeneinander aufwiegen – uns oft selbst verhalten. Das ist verständlich, denn wir Datenschutzgründen keine Zugriffszahlen. Deshalb gemacht. Aber es war dennoch gut, sich das ein oder man schadet der Umwelt ganz erheblich, bildet sich leben in einer Welt, in der alle perfekt sein sollen und können wir nicht genau sagen, wie viele Menschen andere Thema noch einmal bewusst vorzunehmen. aber ein, dennoch Teil der Lösung zu sein. Doch wir alle wollen. Sich selbst so ein eklatantes Fehlverhalten hier teilnehmen. Aber das Buch ist bereits im fünften So reduzieren wir unseren Plastikkonsum schon seit sind immer beides. Erst wenn wir das akzeptieren, auch einzugestehen, wie aus Bequemlichkeit die Überle- Nachdruck und wir kriegen immer wieder Zuschriften Jahren. Aber angespornt durch die Aktion sind wir wenn das schmerzhaft sein kann, können wir sehen, benschancen unserer Kinder, Enkel und Urenkel aufs von Menschen, die uns berichten, dass sie es regel- hier nochmal einen echten Schritt weitergekommen. wo unsere Handlungsspielräume sind. Dann brauchen Spiel zu setzen, ist natürlich eine echte emotionale 22 23
Herausforderung. Deswegen sehen so viele Menschen Krise genannt. Die Solidarität zwischen den Menschen unserem Leben Sinn geben? Das kann etwas Privates Leben gebracht. Sie hat unsere tragenden, sozialen weg. Deswegen gehen die Schüler derzeit weltweit auf geht verloren. Wir nehmen in Kauf, dass das Mittelmeer oder Berufliches sein. Daraus entwickeln wir einen ganz Institutionen so sehr verändert, dass wir als Individu- die Straße. Doch es ist offensichtlich, dass das so nicht ein Massengrab wird – Hauptsache, wir müssen nichts groben Plan von Dingen, die wir tun wollen. Jeweils en kaum noch hinterherkommen. Während wir, um weiter geht. Wir müssen den Mut fassen, uns dem zu abgeben. Wir bekämpfen und bekriegen uns gegen- am Monatswechsel kommen wir dann zusammen, um gesund und glücklich sein zu können, funktionierende, stellen. Eine gute Übung, um Ausreden zu entlarven ist seitig. Aber echte ökologische und soziale Lösungen uns zu fragen: Was haben wir im letzten Monat getan, kooperierende Gemeinschaften benötigen, gewähren das „Warum-Monster“. Wer sagt, dass er nicht genug können wir nur gemeinsam finden. Die dritte Krise um unsere Träume und Ideen zu verfolgen? Was hat gut wir einem System, welches das Gegenteil hervorruft Zeit oder Geld oder beides hat, der kann sich fünfmal ist die ökologische Krise: Das ist die Kluft zwischen geklappt und was nicht? Warum ist das so? Und was und honoriert so viel Raum, dass es droht, uns unserer hintereinander fragen „Warum?“. Also etwa „Warum uns Menschen und der Natur, die immer größer wird. wollen wir im kommenden Monat tun? Wer möchte, ureigenen Bedürfnisse als Menschen zu berauben. Wir habe ich keine Zeit?“. Die Antwort ist vielleicht „Weil ich Viele Umweltschäden können nur deshalb entstehen, kann das auch in jeder Woche und an jedem Tag tun. verlieren den Boden unter den Füßen, hasten dem so viel arbeiten muss, um meinen Lebensunterhalt zu weil viele gar nicht wahrnehmen, dass sie geschehen. Auf diese Weise verliert man seine Träume nicht so Machbaren hinterher, lassen Algorithmen entscheiden, verdienen“. Die nächste Frage wäre vielleicht „Warum Wären die Menschen mit der Natur wirklich verbunden, leicht in der Hektik des Alltags aus dem Blick. Man übt setzen auf Geschwindigkeit und Effizienz und merken muss ich denn so viel dafür arbeiten?“ Und die Antwort könnten Sie zum Beispiel das gewaltige weltweite sich darin, zwar in kleinen Schritten, aber beharrlich nicht, wie krank uns das als Weltgesellschaft macht. könnte sein „Weil ich einen gewissen Lebensstandard Artensterben, das wir zurzeit erleben, nicht einfach so Lebensträume zu verfolgen. Die Glücksforschung hat Der erste und wichtigste Schritt wäre also, sich wieder haben möchte – etwa um einmal im Jahr in den Urlaub achselzuckend hinnehmen. Wir sind Teil dieser Natur, gezeigt, dass diese am glücklichsten machen, wenn sie an den grundsätzlichen Fragen des Lebens auszurich- zu fliegen“. Dann könnte man fragen „Warum will ich in nicht nur Beobachter. Teil eines großen Ökosystems. dem eigenen Leben Sinn verleihen. Und am meisten ten. Nicht zu fragen, wie wir das größtmögliche äußere Urlaub fliegen?“ Und darauf könnte man vielleicht ant- Sobald uns diese drei Krisen bewusst sind, sind wir Sinn verleihen sie, wenn man dabei über sich selbst Wachstum oder den schnellsten Effekt bekommen, worten „Um mich von meinem stressigen Arbeitsalltag aber auch schon auf dem Weg der Besserung. Das hinausdenkt. Wie eben schon skizziert. Also weniger: sondern das größtmögliche innere Wachstum und den zu erholen“. Und so weiter. Wenn man sich das geschieht ganz von alleine. Denn je mehr wir darüber „Was kann ich mir Gutes tun?“ Sondern vielmehr: „Was nachhaltigsten Effekt. Mit anderen Worten, wir müssen unvoreingenommen ansieht, kann man ganz schön nachdenken, je mehr es uns berührt, desto aktiver kann ich anderen Gutes tun?“ Die anderen können an- die sich ständig beschleunigende Megamaschine, die viel über sich selbst herausfinden. Und wer den Mumm werden wir. Das Tolle daran ist, dass dies ein Weg hin dere Menschen sein, Tiere, Pflanzen. Heute oder auch uns immer weiter fordert, verlangsamen. Wir müssen aufbringt, verändert dann Stück für Stück sein Leben. zu Zufriedenheit und echtem, inneren Glück ist. Auch Generationen nach uns. Auf diese Weise bekommt un- uns das Menschsein bewahren und an manchen Stel- wenn es also zunächst schwierig ist, sich diesen Krisen ser Leben eine größere Bedeutung und das erfüllt uns len womöglich zurückerobern. Wir sollten uns überle- Warum steckt in jeder Krise auch Potenzial zu stellen und sie wahrzunehmen, so beginnt damit ein wiederum mit Zufriedenheit und einem tieferen Glück. gen, in welcher Welt die Menschen in hundert Jahren für einen positiven Wandel? Weg in ein besseres und Sinn erfüllteres Leben. leben wollen und dann zehn Jahre daran arbeiten, Wir haben im Laufe unserer Recherche drei wesentliche Was wünschen Sie sich für die Weltgesellschaft in eine Weiche dorthin zu stellen. Unsere Generation, die Kernkrisen entdeckt: Erstens die individuelle Krise. Wir Wie kann jedes Jahr zum besten den nächsten zehn Jahren? Wie können wir das Menschen von heute sind womöglich die letzten, die Menschen verlieren zunehmend die Verbindung zu uns unseres Lebens werden? gemeinsam erreichen? dies noch können, bevor der Tipping Point erreicht ist. selbst. Ohne darüber nachzudenken, leben wir unser Wir haben mittlerweile ein kleines Ritual: An jedem Wir leben in einer Zeit, in der sich die Dinge einerseits Leben so wie alle anderen auch und wie es von uns Silvester nehmen wir uns Zeit, um das vergangene Jahr sehr schnell verändern – wenn wir zum Beispiel mal erwartet wird. Doch macht uns das glücklich? Ist es auszuwerten. Was lief gut, was nicht? Wovon wollen die Technik nehmen. Auf der anderen Seite treten viele wirklich das, was unserem Leben Sinn gibt? Viele Men- wir mehr, wovon weniger? Welche Träume und Ideen wichtige Prozesse auf der Stelle. Im Grunde sind wir schen sehen ihre Arbeit als eine Art notwendiges Übel sind offen geblieben oder dazu gekommen? Was sind Menschen seit Jahrtausenden gleichgeblieben, nicht an. Doch wenn wir sie fragen, was sie wirklich gerne tun unsere Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir gewon- nur in unseren ureigenen, archaischen Verhaltenswei- würden, dann wissen das die meisten überhaupt nicht. nen haben? Und am Neujahrstag nehmen wir uns Zeit, sen, sondern auch darin, was unsere tiefen Wünsche Nur wenn wir uns selbst noch nicht mal gut kennen, um das nächste Jahr zu überdenken: Welche Träume und Sehnsüchte, Bedürfnisse und Vorstellungen von wie sollen wir da eine gute Verbindung zu anderen und Ideen wollen wir in den kommenden 12 Mona- einem glücklichen Leben betrifft. Die Technologie hat aufbauen? Diese zweite Krise haben wir die soziale ten verwirklichen? Was braucht die Welt? Was würde jedoch eine unnatürliche Geschwindigkeit in unser Das Interview führte Sarah Gröhbühl 24 25
© Cosmopop Digital Detox Leben unplugged Es ist unser ständiger Begleiter. Von Wecker, Zeitung, Kalender, Uhr, Adressbuch, Navi und Taschenrechner über Emails und Messenger bis hin zu MP3-Player, Konsole und Fitnesstracker – unser Smartphone verwaltet unseren gesamten Alltag. Unser digitales Leben passt in knapp 90cm². Doch was passiert, wenn wir den Stecker ziehen? Droht uns der soziale Exitus oder birgt die Akustikversion unseres Alltags etwa ungeahnte Vorteile? Für Ulrike Stöckle liegen diese auf der Hand. Sie ist als Gründerin von THE DIGITAL DETOX® Anlaufstelle zu Themen im Kontext der Veränderungen von digitalen und medialen Nutzungsverhalten. Die Diplom-Betriebswirtin und geschäftsführende Inhaberin der Agentur für nachhaltige Kommunikation bietet Seminare, Workshops und Vorträge rund um die digitale Entgiftung an und ist Organisator der ersten Digital Detox Camps in Deutschland. Warum sollten wir uns alle mit dem Thema Digital Detox auseinandersetzen? Wir erleben eine drastische Veränderung der Arbeitswelt, neues Arbeiten oder auch NEW WORK genannt, ermöglicht es uns, von überall und wann wir wollen zu arbeiten. Somit hat sich auch die Art der Kommunikation und vor allem die Geschwindigkeit in den letzten Jahren völlig verändert. Mitt- lerweile arbeiten 54% der Festangestellten mobil. Sie erledigen ihre Arbeit von wechselnden Orten aus oder auf Reisen und nutzen dabei Laptops, Smartphone und Tablets. Always on oder ständige Erreichbarkeit hat Vor- teile, in der Tat, doch die Kehrseite der Medaille sind Konzentrationsmangel durch Unterbrechungen, Schlafstörungen bis hin zu digitaler Erschöpfung. Wer nicht mehr abschaltet und sich Pausen im Offline-Modus gönnt, ist besonders exponiert. Ich empfehle, mindestens einen Tag das Smartphone wegzulegen und dem Gehirn mal eine Ruhepause zu gönnen. Die wenigsten können dies jedoch, da sie völlig auf das Gerät konditioniert sind. Wer es jedoch ausprobiert, wird schnell entdecken, wie erholsam solche Digital Detox Tage sein können. Wie bringt uns die Digitale Entgiftung persönlich und beruflich weiter? Es ist schwierig, konkrete wissenschaftliche Aussagen zu den Langzeitfolgen exzessiver Smartphone-Nutzung und ständiger Erreichbarkeit zu machen. Welche Auswirkungen es auf unsere Gesundheit und unseren Geist haben kann, zeigt sich am Multitasking. 26 27
Multitasker entwickeln chronische Aufmerksamkeits- helfen dabei, mindestens 30 Prozent der Emails oder Unternehmenskommunikation sollte den digitalen Wie begegnen Sie Kritikern, die sowohl privat als auch störungen. Abgelenktheit, innere Unruhe, schlechtes Benachrichtigungen zu reduzieren. Auch das The- Wandel anstoßen, die Voraussetzungen im Unterneh- beruflich ständige Erreichbarkeit voraussetzen? Zeitmanagement und Ungeduld sind nur ein paar der ma Urlaubsvertretung wird anders strukturiert. Kein men hierfür schaffen und kommunizieren. Die größte Jeder Mensch empfindet Belastung und Stress ganz Anzeichen der täglichen Reizüberflutung. Hier hilft Arbeitnehmer sollte sich verpflichtet fühlen, Mails und Herausforderung für Führungskräfte besteht darin, sich unterschiedlich. So auch permanent „on“ und rund es, gezielt Offline-Zeiten zu vereinbaren und digitale Anrufe in den Ferien zu beantworten. Auch keine nach einerseits selbst auf den Wandel einzulassen, diesen um die Uhr erreichbar zu sein. Im Urlaub täglich Ge- Geräte auszuschalten. Nur dann kann das Gehirn sich seiner Rückkehr, denn eine gut strukturierte Vertretung mit und durch die interne Kommunikation vorzuleben. schäftsnachrichten zu beantworten, gehört zur Regel vom Information Overflow regenerieren. Persönlich erledigt das. Ein Mitarbeiter sollte durch „Ruhestunden“ Dafür bedarf es eines grundlegenden Kulturwandels und nach dem Aufwachen geht der erste Handgriff ermöglicht Digital Detox, endlich wieder Dinge zu tun, und „Bitte nicht stören“ frei entscheiden können, wann im Unternehmen. Mit neuen Technologien ändern sich zum Smartphone. Für die einen stellt dies überhaupt die man schon sehr lange vor sich herschiebt. Oder er im so genannten Deep Work Modus ist, also über nicht nur die Medien, über die kommuniziert wird. Der keine Belastung da, andere dagegen wünschen sich einfach mal gar nichts zu tun. Dies fördert enorm das einen längeren Zeitraum konzentriert und ohne äußere digitale Veränderungsprozess muss auch kompensie- einen Feierabend und genießen die Auszeit. Die Glücksgefühl und die Zufriedenheit. Störungen arbeiten kann. Denkerzellen, ruhige Ecken im ren, was den Mitarbeitern an gelernten Abläufen oder digitale Arbeitswelt mit flexiblen Arbeitszeiten und Büro und die Möglichkeit, sich für ein Powernapping zu- jahrzehntelang entwickelten Strukturen wegbricht. Home-Office verspricht Freiheit, da wir von überall Warum sollte es auch im Interesse des Arbeitgebers rückzuziehen, wären räumliche Hilfestellungen, die sich Entwickelte Resonanzräume innerhalb der Unter- arbeiten können. Doch statt freier zu sein stehen sein, dass seine MitarbeiterInnen nicht permanent bereits in vielen modernen Büros durchgesetzt haben. nehmen bieten hierbei die Möglichkeit zum Dialog wir immer unter Strom und schalten nicht mehr erreichbar sind? zwischen Führungskräften und Mitarbeitern – Basis ab. Ständige Erreichbarkeit ist bereits im Arbeits- Unternehmen, die von ihren Mitarbeitern ständige Er- „Jedes Unternehmen benötigt eine Digitalstrategie einer nachhaltigen Personalpolitik. Jeder Mitarbeiter schutzgesetz als psychische Belastung eingestuft. Es reichbarkeit und Aktivität verlangen, laufen Gefahr, ihre als Basis für eine nachhaltige Personalpolitik und wird von Anfang an in alle Veränderungsprozesse mit- gibt bereits den Begriff „Digitaler Burnout“ und die wichtigste Ressource – kreative Mitarbeiterinnen und Unternehmenskultur.“, so Ihr Zitat auf Ihrer Website. einbezogen, zum Beispiel mit agilen Arbeitsmodellen Anzahl an Menschen, die massiv unter Stress und Mitarbeiter – zu überfordern und gegebenenfalls auch Wie kann eine solche Digitalstrategie aussehen und und innovativen Methoden. Im Gegensatz zur bloßen Schlafstörungen leiden, steigt ständig. Irgendwann zu verlieren. Für alle Beteiligten sollte klar sein, wann wie kann sie nachhaltig implementiert werden? Weiterbildung sollten Mitarbeiter begeistert werden, ist dann „Game-Over“. Arbeitgeber sollten also genau Mitarbeiter erreichbar sein sollten. Ständige Erreichbar- Damit eine digitale Transformation im Unterneh- um Prozesse neu zu erfinden und die klassischen überlegen, wie sie mit dem Thema im Unternehmen keit stellt heute das Hindernis Nummer eins für effizi- men gelingt, muss die Führungsebene handeln. Die Strukturen bereitwillig auf den Kopf zu stellen. umgehen. Einige Konzerne schalten zum Beispiel die entes Arbeiten dar. Laute Büros, parallele Kommunika- Server für Geschäftsemails ab 18 Uhr ab, bei SAP gibt tionskanäle, ein steter Strom an neuen Informationen es mittlerweile einen Direktor für Achtsamkeit. und die Schwierigkeit zu entscheiden, was unsere Auf- merksamkeit am meisten benötigt. Sich ganz auf eine Das Interview führte Sarah Gröhbühl Sache fokussieren können, ist zu einer ebenso raren wie entscheidenden Fähigkeit im Arbeitsalltag gewor- den. Wenige Unternehmen haben bereits dahingehend Digitales Fasten eine digitale Unternehmenskultur entwickelt, die den neuen Arbeitsformen Rechnung trägt. Andere haben Von 1010 Befragten ab 14 Jahren sich von Großraumbüros sowie Kollaboration-Tools in Deutschland, 2017… wieder verabschiedet und organisieren Meetings ohne Smartphone und Co. oder reduzieren gezielt Email-Auf- … haben 11% die digitale Pause noch kommen und Chat-Benachrichtigungen. nicht ausprobiert, haben es aber vor. … verzichten 9% regelmäßig Die Kommunikation im Arbeitsalltag der meisten für eine Stunde auf digitale Medien. spielt sich auf digitalen Kanälen ab. Welche … haben 38% kein Interesse Weichen sollte ein Arbeitgeber stellen, um an Digitaler Entgiftung. seine MitarbeiterInnen beim digitalen Fasten zu … waren 20% schon mal über einen unterstützen? oder mehrere Tage nicht per Mail, Das Thema zum Thema im Unternehmen machen, Social Media oder Handy erreichbar. gemeinsam diskutieren und entscheiden, wie wollen … haben 15% versucht zu verzichten, wir überhaupt intern und extern kommunizieren. Wenn aber sind gescheitert. ein Arbeitnehmer alle acht Minuten bei seiner Tätigkeit … haben 44% den bewussten Verzicht gestört wird, dann muss man sich nicht wundern, dass auf digitale Medien schon einmal er verlernt hat, konzentriert arbeiten zu können. Hier ausprobiert. setzen wir mit unserer Beratung in Unternehmen an, Quelle: Bitkom via Statista 28 29
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