SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis

 
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SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
Ausgabe Nr. 36
01/2021

                 SELBSTHILFE
                    GRUPPEN
                     KOMMEN
                      NIE AUS
                   DER MODE.
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
ist auch
                   ilfespiegel
Der Selbsth                           atei
                      freie PDF-D
    als barriere
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SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
SELBSTHILFEGRUPPEN
KOMMEN NIE AUS DER MODE...

… davon sind wir als Kontakt-        Es gibt Gruppen, die sich aus          Denn auch in einer Belastungs-
stellenmitarbeiterInnen absolut      Sorge vor einer möglichen Anste-       probe kommt Selbsthilfe nicht
überzeugt!! Und natürlich ist es     ckung mit dem Coronavirus seit         aus der Mode, ist vielleicht sogar
mutig, für die Zukunft zu spre-      Monaten nicht treffen – manche         wichtiger denn je?!
chen: Aber wir sind zuversicht-      Gruppen haben einen anderen
lich, dass die Idee der Selbsthil-   Rhythmus oder Ort gefunden.            Als wir das Motto dieser Ausga-
fe Bestand haben und noch viele      Andere wiederum haben kreative         be gewählt hatten, steckte die
Menschen begeistern wird!            Wege entdeckt, begegnen sich           Corona-Problematik noch in den
                                     online, in Videokonferenzen oder       Anfängen. Mit der Zeit hat das
Aber wir müssen natürlich un-        halten den Kontakt über Whats-         Virus auch uns, das Redakti-
ter den aktuellen Gegebenheiten      App etc. aufrecht.                     onsteam, immer wieder vor neue
einräumen, dass die Selbsthilfe                                             Herausforderungen gestellt und
momentan großen Belastungen          Auch in diesen schwierigen Zeiten      die Erstellung dieses Selbsthil-
ausgesetzt ist. Konkret: Corona      stellt sich heraus, dass Selbsthilfe   fespiegels durchaus behindert.
hat die Gruppen empfindlich ge-      stark ist und trotz der Belastun-      Fragen wie z.B. zu den aktuellen
troffen. Gerade das, was wir in      gen Wege sucht und auch findet.        Treffzeiten der Gruppen und an-
der Selbsthilfe so schätzen – die    Denn eins steht fest: Der bewähr-      deres mehr waren nicht mehr so
Nähe, das Zusammenrücken – ist       te Austausch untereinander, das        eindeutig wie gewohnt zu beant-
von jetzt auf gleich ins Wanken      „Sich-begegnen“ und Zuhören            worten. Aber wir denken, einen
geraten: wumm, krach, peng …         und vieles mehr ist einfach nicht      guten Weg gefunden, uns irgend-
alles ist anders!                    zu ersetzen. Gerade in den Zeiten      wie arrangiert zu haben. Das, ge-
                                     von Corona, die Unsicherheiten         nau das, wünschen wir natürlich
                                      und Fragen mit sich bringen, ist      Ihnen und Euch allen: gut klarzu-
                                           der Wunsch, sich auszutau-       kommen mit den Veränderungen,
                                               schen, nicht sprachlos       die das Leben so mit sich bringen
                                                  zu werden und Gehör       kann.
                                                    zu finden für Sor-
                                                     gen und Nöte sehr      Wir alle hoffen auf „normale“ Zei-
                                                      groß.                 ten, das Redaktionsteam.

                                                                                     WICHTIGE
                                                                                   INFORMATION

                                                                               Durch die anhaltende Corona-
                                                                               Pandemie können sich einige
                                                                              Gruppen nicht oder nicht zu den
                                                                                 gewohnten Zeiten treffen.

                                                                               Bitte erfragen Sie zunächst bei
                                                                                 der jeweiligen Gruppe oder
                                                                                der Selbsthilfe-Kontaktstelle,
                                                                                    ob bzw. wann und wo
                                                                                     Treffen stattfinden.
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
ES KOMMT DARAUF AN,
DEN KÖRPER MIT DER SEELE
UND DIE SEELE DURCH
DEN KÖRPER ZU HEILEN.

Oscar Wilde (1854 - 1900)
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
INHALTSVERZEICHNIS                         Einblicke        Ausblicke        Rückblicke    Information

25 Jahre Selbsthilfe                Ein ganz persönlicher Rückblick                               4-6
35 Jahre Selbsthilfeunterstützung   Von der KISS zur SHK Witten/Wetter/Herdecke                     7
Fibromyalgie                        Denn wir müssen miteinander auskommen                         8-9
120 Jahre                           Der Gehörlosenverein feierte Jubiläum                       10-11
Prostatakrebs                       Ein häufig unterschätztes Risiko                            12-13
Inkontinenz                         Ein Tabuthema? Leider ja!                                      14
Anonyme Alkoholiker                 Heute komme ich durch den Tag... Ohne Alkohol!                 15
Sehbehinderung                      Die U60-Gruppe des Wittener Blindenvereins                  16-17
Mobbing                             Auf einmal war alles falsch... Ein Erfahrungsbericht        18-19
Morbus Crohn/Colitis Ulcerosa       Unterhalb der Gürtellinie ist alles tabu...                    20
MPN                                 SHG für Betroffene der noch unbekannten Krankheit MPN          21
Depressionen                        SHG für Menschen mit Depressionen im hohen Lebensalter 22-23
Endometriose                        Gruppengründung in Witten geplant		                            23
Diabetes                            Vorsprung durch Gedankenaustausch                           24-25
Neue Gesichter                      Mónica Avarez González und Christel Bücker                     26
Osteoporose                         Viele kleine Dinge können im Alltag helfen                     27
Angebote                                                                                           28
Impressum / Kontakt                 				                                                           29
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
»WIR BAUEN EINE KISS!«
EIN GANZ PERSÖNLICHER RÜCKBLICK

                        e i e r n . . .
                  Wir f

                              Selbsthilfe

25 Jahre Selbsthilfe
04
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
25 JAHRE                                                Jetzt - im Rückblick - muss ich sagen: Wow, da sind
                                                        so einige mit uns neue Wege gegangen – und nur
SELBSTHILFEUNTERSTÜTZUNG                                mit diesem Rückhalt ist es gelungen!
IM SÜDLICHEN
                                                        Denn: Keiner baut ein Haus allein. Vielmehr entstand
ENNEPE-RUHR-KREIS                                       die Kontakt-und Informationsstelle für Selbsthilfe
                                                        KISS EN-Süd im Miteinander – und zwar vom Kel-
                                                        ler bis zum Dachgeschoss. In der Anfangszeit, als
Das ist schon eine große Aufgabe: sich hinzusetzen      das Fundament entstand, waren wir, meine Kollegin
und über ein Vierteljahrhundert zu schreiben – ein      und ich, im Kreishaus in Schwelm untergebracht.
Vierteljahrhundert KISS (Kontakt- und Informations-
stelle). Vor allem: Was war wirklich wichtig, was hat   Mit den Jahren gelang es, dass wir neben einem
es verdient, erwähnt zu werden? Es erscheint mir        einzelnen Büro auch einen Gruppenraum für die
kaum leistbar, bin ich doch als Teil des Ganzen gar     Selbsthilfe anbieten konnten. Mit dem Umzug in
nicht objektiv. Und trotzdem: Hier kommt ein Rück-      das Gesundheitshaus Gevelsberg nabelten wir uns
blick – aus meiner ganz persönlichen Sicht.             örtlich vom „Mutterhaus“ ab. Zusätzliche Räumlich-
                                                        keiten förderten jetzt das Selbsthilfe-Wachstum -
DIESER BEITRAG VERSTEHT SICH                            erst recht, als wir 2015 in unsere aktuellen Räume
                                                        an der Kölner Straße zogen.
ALS KURZES RESÜMEE ZUM „25-
JÄHRIGEN“. EINE JUBIL ÄUMS-                             Gruppen wurden gegründet, zahlreiche Projekte
BROSCHÜRE, DIE SICH AUCH DEN                            und Aktionen umgesetzt, Broschüren erstellt, Ver-
                                                        anstaltungen durchgeführt und vieles andere mehr.
EINZELNEN WEGBEGLEITER*INNEN                            Jetzt könnte ich so manches aufzählen, was es ver-
WIDMET, IST IN PL ANUNG.                                dient hätte, besonders erwähnt zu werden, aber das
                                                        würde den Rahmen sprengen. Viele Kolleg*innen
Wie schon angedeutet, bin ich von Anfang an dabei.      und Ehrenamtliche aus der Selbsthilfe als Mitstrei-
Als Sozialarbeiterin habe ich im Jahr 1995 gemein-      tende machten das KISS-Team aus, prägten es mit
sam mit meiner damaligen Kollegin die KISS EN-Süd       ihrer Persönlichkeit. Viele Selbsthilfe-Engagierte der
aufgebaut. Ja, aufgebaut - denn es hatte schon et-      ersten Stunde haben die KISS maßgeblich mitgestal-
was Architektonisches und manchmal etwas Hand-          tet. Ohne sie gäbe es die KISS, so wie sie heute ist,
werkliches an sich.                                     nicht!

Als Teil einer großen Kreisverwaltung waren und         WAS MACHT SELBSTHILFE AUS?
sind wir mit der KISS wie ein bunter Schmetterling.
Bei der KISS gibt es keine Akten im klassischen Sin-    WAS IST DAS BESONDERE? WAS IST
ne, hier werden keine Bescheide erteilt und unsere      GEBLIEBEN? WAS HAT SICH
Bürozeiten fallen manches Mal etwas aus dem Rah-
men.
                                                        VERÄNDERT? WELCHE WÜNSCHE
                                                        HABE ICH? WAS KOMMT? SCHWERE
DIE STRUKTUR DER SELBSTHILFE-                           FRAGEN, WICHTIGE FRAGEN!
UNTERSTÜTZUNG ERFORDERTE
                                                        Sagen wir mal so: Selbsthilfe ist beeindruckend. Ich
NEUES DENKEN. ABER ZUGEGEBEN:                           durfte in all den Jahren erleben, dass von den Men-
WIR ALLE MUSSTEN AUCH ERST                              schen, die sich in der Selbsthilfe engagieren, eine
                                                        besondere Kraft ausgeht. Diese Menschen wollen
EINMAL VERSTEHEN, WAS ES                                etwas bewegen. Sie möchten nicht stehenbleiben,
BEDEUTET, FÜR MENSCHEN DA ZU                            sondern verändern. Sie laden Andere ein mitzuge-
                                                        hen, sich anzuschließen. Eine tolle Energie, die mich
SEIN, DIE IHRESGLEICHEN SUCHEN,
                                                        von Anfang an begeistert hat. Ich konnte miterle-
DAMIT ES IHNEN BESSER GEHT.                             ben, wie sich Menschen im positiven Sinne verän-
                                                        dert haben. Wie sie sich „verselbstständigt“ haben,
Was brauchen Gruppen, damit sie bestehen, wach-         selbstbewusster geworden sind. Die Selbsthilfe ist
sen und gedeihen können? Diese Fragen sind noch         ein guter, nährreicher Boden. Hier kann es, hier
heute aktuell und sollten immer auf dem Prüfstand       kann man wachsen!
stehen.

                                                                                                           
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
                                                       Es gibt ein Zitat von Guy de Maupassant, welches
                                                        immer wieder – auch für die Selbsthilfe – herhalten
                                                        muss. Aber wie ich finde, trifft es den Nagel auf den
                                                        Kopf: „Es sind die Begegnungen mit Menschen, die
                                                        das Leben lebenswert machen“. Schön. Und so wahr.

Ich glaube, diese Faszination „steckt an“. Wir durf-
                                                        WAS ICH MIR WÜNSCHE?
ten viele Unterstützer*innen finden, die uns in unse-
rem Wachstum gefördert haben: angefangen beim
                                                        Ich würde mir wünschen, dass Menschen mit ihrer
Träger über die Kolleg*innen und die ehrenamtlich
                                                        Betroffenheit, mit dem, was sie selbst erfahren und
Engagierten aus der Selbsthilfe bis hin zu anderen
                                                        durchgemacht haben, noch mehr Gehör finden. Mo-
Institutionen und Menschen, denen ich im berufli-
                                                        mentan erleben wir zum Beispiel mit der „Ex-In-Be-
chen Kontext begegnen konnte.
                                                        wegung“ diese Akzeptanz. Es ist eine Bereicherung,
                                                        von den Erfahrenen „pur“ zu hören was gut tat und
NATÜRLICH HAT SICH DIE                                  was nicht, was da ist und was fehlt. Wir brauchen
SELBSTHILFE AUCH VERÄNDERT.                             aus meiner Sicht eine selbstverständliche Einbezie-
                                                        hung von Patient*innen, Klient*innen, Ratsuchen-
SO WIE WIR ALLE ES TUN. SIE HAT                         den … Menschen, die unserem „System“ damit et-
SICH DEN ZEITEN ANGEPASST:                              was Wertvolles geben. Und was das Schönste daran
                                                        ist: Es ist toll, nicht mehr in Schwarz und Weiß zu
NEUE THEMEN, NEUE FORMEN
                                                        denken, in gesund und krank. Sitzen wir nicht alle
DER BEGEGNUNG, EINBEZIEHUNG                             im selben Boot?
VON TECHNIK.
                                                        WAS KOMMT?
Ich hoffe, dass das so bleibt: der Urgedanke der
Selbsthilfe! Das Geschenk liegt in der Begegnung.       Ich weiß es nicht. Das ist auch gut so. Bleiben wir
Sie bedeutet die Aufhebung der Einsamkeit.              offen für die Zukunft.

Ist das nicht toll?                                     Gestalten wir sie mit! Gemeinsam.

                                                        Susanne Auferkorte
                                                        KISS EN-Süd

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25 Jahre Selbsthilfe
06
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
35 JAHRE
SELBSTHILFEUNTERSTÜTZUNG
Von der KISS zur SHK Witten|Wetter|Herdecke

35 Jahre ist es her, dass sich                                                 Gruppenleben ermöglicht werden
bundesweit ein neues Konzept                                                   kann: Es wird telefoniert, sich mit
der „Kontakt- und Informations-                                                „WhatsApp“ und anderen Mes-
stellen für Selbsthilfe“ entwickel-                                            senger-Diensten     ausgetauscht,
te, ein Konzept, das seinen Weg                                                zu zweit spazieren gegange-
nach Berlin, Hamburg und Dort-                                                 nen oder sich per Videokonfe-
mund auch in den Ennepe-Ruhr-                                                  renz getroffen. Die Offenheit,
Kreis fand: Vor 35 Jahren gehör-                                               aber auch die Notwendigkeit,
te die Selbsthilfe-Kontaktstelle                                               immer wieder etwas Neues zu
Witten|Wetter|Herdecke zu einer                                                wagen, ist sicherlich ein wesent-
der ersten Unterstützungsein-                                                  liches Merkmal der Selbsthilfe.
richtungen ihrer Art: „Eine lange      „Dies ist verständlich, aber auch
Tradition, auf die wir stolz zu-       ein bisschen schade, denn unser         Auch das Team der Selbsthilfe-
rückblicken. Denn wir waren hier       altes Logo zeigte eine schöne           Kontaktstelle muss diese Offen-
in Witten ganz Vorne dabei.“           Sonne – ein kraftvolles Symbol,         heit für Neues haben – ebenso
                                       das vor allem auch für Zuversicht       wie eine gewisse Flexibilität,
Die einprägsame Abkürzung KISS         stand und damit sehr passend für        denn: „Auch unsere Jubiläumsfei-
hat sich dabei von Anfang an           die gemeinschaftliche Selbsthilfe       er kann in diesem Jahr nicht wie
durchgesetzt – bis heute. Und          war. Denn in Selbsthilfegruppen         geplant stattfinden.“ Doch die
das obwohl die Selbsthilfe-Unter-      kommen ja Menschen zusam-               Verantwortlichen haben schon
stützungseinrichtung in Träger-        men, die ihr Problem, ihr Thema,        eine neue Idee: „Wir wollen mit-
schaft des Paritätischen NRW die-      ihre Sorgen und Ängste anpacken         hilfe kleiner Videos wichtige
se Abkürzung genau genommen            und etwas ändern wollen – für           Wegbegleiter*innen der Selbsthil-
nicht mehr tragen darf, sondern        sich, aber auch für andere.“            fe in Witten, Wetter und Herdecke
stattdessen Selbsthilfe-Kontakt-                                               vorstellen.
stelle heißt. Sie teilt sich mit den   „Du allein schaffst es, aber du
knapp 40 Selbsthilfe-Kontaktstel-      schaffst es nicht allein!“ lautet ein   Unser Motto: 35 Jahre – 35 Ge-
len bzw. Selbsthilfe-Büros, eben-      bekanntes Motto aus der Sucht-          schichten! Und vielleicht erklären
falls in Trägerschaft des Paritä-      selbsthilfe, das zeigt, welche          wir ja in diesem Rahmen auch
tischen NRW, ein gemeinsames           große Bedeutung die Selbsthilfe-        noch einmal, dass wir zwar nicht
„Corporate Design“.                    gruppe für ihre Mitglieder hat.         mehr KISS heißen, bei uns aber
                                                                               immer noch echte Selbsthilfeun-
                                       Und das spüren die Verantwort-          terstützung drin ist!“
                                       lichen auch in diesen Tagen:
                                       Die Corona-Krise macht es ge-
                                       rade schwer, dass sich Gruppen
                                                                                     Auch die KISS
                                       treffen können – und dennoch
                                                                                     Hattingen/Sprockhövel
                                       zeigt sich auch hier wieder,
                                                                                     sieht einem Jubiläum
                                       dass die Selbsthilfe-Aktiven mit
                                                                                     entgegen: 2021 feiert sie
                                       ganz viel Zuversicht auf die Krise
                                                                                     ihr 25-jähriges Bestehen.
                                       blicken und schauen, wie trotz
                                                                                     Grund genug, darüber im
                                       allem ein Austausch und ein
                                                                                     nächsten Selbsthilfespiegel
                                                                                     zu berichten!

                                                                               35 Jahre Selbsthilfeunterstützung
                                                                                                              07
SELBSTHILFE GRUPPEN KOMMEN NIE AUS DER MODE - Ausgabe Nr. 36 01/2021 - Ennepe-Ruhr-Kreis
LEBEN MIT FIBROMYALGIE...
…DENN WIR MÜSSEN
MITEINANDER AUSKOMMEN
20 Jahre Selbsthilfegruppe Fibromyalgie:
Ein persönlicher Rückblick

Fibromyalgie ist eine geheimnisvolle und gemeine Krankheit, die mich
immer wieder überrascht:

Ich gehe ins Bett, weil ich müde bin und mich kaum noch auf den Beinen
halten kann. Ich weiß nicht, wie ich liegen soll. Rechts geht es nicht – es
schmerzt, links geht es nicht – es schmerzt. Und plötzlich fangen die
Gedanken an zu kreisen. Ich stehe auf, nehme mein Buch und versuche
zu lesen. Es geht nicht, weil ich nicht verstehe, was ich lese: Die Kon-
zentration fehlt. Es folgen der zweite und dritte Versuch in den Schlaf
zu finden. Irgendwann schlafe ich dann ein und weiß genau, wie der
darauffolgende Tag werden wird.

Am Morgen stehe ich auf und der ganze Körper schmerzt. Ich habe das
Gefühl, als ob ich Hochleistungssport gemacht hätte. Mir ist schwinde-
lig, ich habe Kopf-, Nacken-, Rücken- und Schulterschmerzen. Sämtliche
Muskeln sind stark angespannt.
Der Tag ist „gelaufen“ und ich denke mir: Hoffent-      Und so führte mein Weg mich dorthin. Ich wurde
lich kommt keiner zu Besuch, denn ich brauche           sehr gut in der Gruppe aufgenommen und bekam
meine Ruhe! Wenn es mir so schlecht geht, habe          mit, dass alle das gleiche Problem hatten - und ich
ich Angst, dass mich jemand berührt oder dass ich       somit nicht allein da stand! Die Gruppe hat mir ge-
mich stoße.                                             holfen, wieder am richtigen Leben teilzunehmen.
                                                        Wir wurden alle zu Freunden – jeder ist für den an-
Wenn die Schmerzen sehr schlimm sind, gehe ich          deren da!
gerne in die Badewanne, zudem einmal in der Woche
zur Physiotherapie. Die Schmerzen sind dann nicht       Heute besteht die Gruppe schon seit mehr als 20
weg, aber es lindert. Ich habe den Eindruck, dass       Jahren und ich bin ein Teil davon geworden. Wenn
Bewegung sehr wichtig ist. Es gibt viele Menschen,      jemand ein Problem hat, rufen wir uns gegenseitig
die dieselbe Krankheit haben – und doch verläuft        an und versuchen, uns zu helfen: Das macht eine
sie immer anders, fühlt sie sich unterschiedlich an.    Selbsthilfegruppe aus! Ich bin stolz darauf, dass es
Ich sehe es heute so: Die Krankheit ist mein Weg-       so etwas gibt: Kranke helfen Kranken!
gefährte und wir haben uns arrangiert. Es gibt Mo-
mente, in denen wir miteinander kämpfen und ich
der Verlierer bin. Das macht mich wütend – aber ich
kann es nicht ändern. Denn wir müssen miteinander
auskommen.

Bei der Fibromyalgie gibt es viele Schwachstellen:
Magen-Darmprobleme, kalte Hände und Füße, Herz-
beschwerden, starkes Schwitzen, trockener Mund.
Mit Schmerzen im Rücken fing es bei mir vor vielen
Jahren an, dann kamen immer mehr Körperstellen
hinzu. Ich ging von einem Arzt zum anderen. Ein-
mal musste ich auch ein Strichmännchen malen,
damit die Ärzte es bildlich vor Augen hatten, wo
ich überall Schmerzen hatte. Und doch konnte mir
keiner helfen. Dann hieß es: „Sie müssen zum Psy-
chologen, das ist psychisch bedingt!“ Aber das war
es nicht. Als Nächstes bekam ich jede Menge Infusi-
onen mit Kortison. Ich wurde dicker und dicker. Und
so kam schnell die nächste Diagnose: Fettleibigkeit!
„Sie müssen abnehmen!“
                                                                   DEUTSCHE RHEUMA-LIGA E.V.
                                                                   AG SCHWELM
Ich war in mehreren Schmerzkliniken. Keiner wuss-
                                                                   Gesprächskreis Fibromyalgie
te, was mir fehlte. Erst im Jahr 2002 hatte ich einen
Arzt gefunden, der sagte: „Ich glaube, ich weiß, was
                                                                   Die Treffen finden in den Räumen
Sie haben: Fibromyalgie!“ Ein Wort, das ich zum ers-
                                                                   der KISS EN-Süd in der Kölner Str. 25
ten Mal hörte. „Ich möchte, dass Sie für eine Woche
                                                                   in Gevelsberg statt.
in die Rheumaklinik gehen!“ Dann stand sie fest, die
Diagnose: Fibromyalgie.
                                                                   Weitere Infos:
                                                                   Deutsche Rheuma-Liga e.V.
Jetzt wusste ich zwar, was mit mir los war, konnte
                                                                   AG Schwelm,
aber nichts damit anfangen… Dann las ich in der
                                                                   Tel.: 0201 / 82797737 (mit AB),
Tageszeitung, dass die Rheuma Liga einen Vortrag
                                                                   E-Mail: ag-schwelm@rheuma-liga-nrw.de
über Fibromyalgie hielt. Ich ging hin. Nicht nur der
                                                                   oder Tel.: 02333 / 70944
Vortrag war gut, sondern die damalige Leiterin der
Rheuma Liga AG Schwelm hatte mir auch noch eini-
ges über die Krankheit erzählen können und mich
darauf hingewiesen, dass es hierfür eine Selbst-
hilfegruppe gibt.

                                                                                               Fibromyalgie
                                                                                                        09
Rückblick
                                   120
               DER GEHÖRLOSENVEREIN FEIERTE
                 SEIN 120-JÄHRIGES BESTEHEN

Strahlender Sonnenschein, mehr als 500 Gäste,            Eine besondere Ehrung gab es im Rahmen der
Festreden und ein buntes Programm: Der Ruhrtaler         120-Jahr-Feier zum einen für Bernd Dress, der dem
Gehörlosenverein 1899 Witten e.V. feierte im Jahr        Verein seit nunmehr 60 Jahren angehört, und zum
2019 sein 120-jähriges Bestehen.                         anderen für die Frauengruppe, die es seit mittler-
                                                         weile 25 Jahren gibt.
Gäste aus ganz Deutschland waren angereist, um
den Beteiligten zu diesem besonderen Geburtstag          Ebenfalls ihren Platz im Verein hat derzeit eine
zu gratulieren und gemeinsam im Garten der Selbst-       Männergruppe, ein Gesprächskreis für gehörlose
hilfekontaktstelle zu feiern, denn: 120 Jahre, das ist   Menschen und – nicht zu vergessen – der „Deaf BVB
für einen Selbsthilfeverein eine beachtliches Alter.     Fanclub“, der sich regelmäßig in den Räumen des
                                                         Vereins in Witten trifft.
Es war deshalb auch kein Wunder, dass der erste
Vorsitzende des Vereins, Detlef Böhmer, in seiner        Neben der offiziellen Ansprache gab es ein buntes
feierlichen Rede die Bedeutung des Vereinslebens         Programm, das bei 38 Grad so manchen Gast ins
für gehörlose Menschen besonders hervorhob. Der          Schwitzen brachte – ebenso wie die siebenstöcki-
Verein sei für sie der zentrale Ort, an dem sie die      ge Geburtstagstorte, die sicherheitshalber im etwas
Gehörlosenkultur leben und sich in ihrer „Mutter-        kühleren Gebäude von der stellvertretender Bürger-
sprache“, der Gebärdensprache, ganz normal unter-        meisterin Beate Gronau angeschnitten und dann ge-
halten könnten. Viele Menschen und unterschiedli-        meinsam mit dem Pantomimen Manfred Pomorin an
che Gruppen hätten sich über die Jahre im Verein         die Gäste verteilt wurde. Pomorin baute hörenden
getroffen – und träfen sich noch immer.                  und nicht hörenden Menschen auf spielerische Art
                                                         eine Brücke, um ins Gespräch zu kommen – auch
                                                         ohne Gebärdensprache. Weil diese viel zu wenig
                                                         verbreitet ist, gab es dann für die hörenden Gäste
                                                         auch noch eine kleine Einführung.
38 Grad, mehr
                                 als 500 Gäste
                                      und eine
                                   siebenstöckige
                                  Geburtstagstorte

Ebenfalls zum Programm gehörte
ein Gottesdienst, der gemeinsam
mit Pfarrerin Julia Holtz, Superin-
tendentin des Ev. Kirchenkreises
Hattingen-Witten, in Gebärden-
und Lautsprache gefeiert wurde.

In Feierlaune zu geraten, fiel an
diesem herrlichen Sommertag
sowieso nicht schwer: Die Kinder
spielten auf der Hüpfburg, an ei-
ner Fotostation entstanden So-
fortbilder, ein Maler aus Hamburg
malte Porträts von den Gästen,
im Thermomix wurde Eis zube-
reitet und es gab viele Informati-
onen zu Reisen mit Dolmetscher-
begleitung sowie Hilfsmittel für
Gehörlose.

Zum Abschluss wurde dann je-
dem Gast noch ein kleines Prä-
sent überreicht. Apropos Ab-
schluss: Gefeiert wurde übrigens
bis tief in die Nacht, erst um kurz
vor 4 Uhr gingen die letzten Gäs-
te nach Hause.

Und so fiel das Fazit der Veran-
stalter*innen vom Gehörlosen-
verein auch einstimmig aus: „Es
war ein schönes Fest mit vielen
unterschiedlichen Menschen, die                      KONTAKT & INFOS
diesen Tag gemeinsam im Gehör-
losen-Treffpunkt in Witten gefei-                    Informationen zu unserem
ert haben.“                                          Verein und zu den Treffen
                                                     auf www.rgv-witten.de
PROSTATAKREBS: EIN HÄUFIG
             UNTERSCHÄTZTES RISIKO

                 10 JAHRE SELBSTHILFEGRUPPE GEVELSBERG
                        20 JAHRE BUNDESVERBAND

Für Frauen ist es eine Selbstver-    Deutlicher als bei herkömmlichen      Die Vorteile der SHG sind eindeu-
ständlichkeit, regelmäßig zur gy-    Verfahren kann anhand der MRT-        tig:
näkologischen Prävention zu ge-      Befunde zwischen guten und
hen – Männer tun sich hingegen       bösartigen Veränderungen unter-       Die SHG ist ein „geschützter
schwer mit der urologischen Vor-     schieden werden. Aber nicht im-       Raum“, in dem alles vertraulich
sorge. Solange es ihnen gut geht,    mer braucht es gleich eine MRT-       behandelt wird. Was man in der
unterschätzen sie die Gefahr.        Untersuchung. Allemal angezeigt       Gruppe sagt, bleibt auch in der
Manchen ist der Gang zum Arzt        ist sie allerdings bei einem er-      Gruppe und dringt nicht nach
sogar peinlich. Andere wiederum      höhten PSA-Wert (prostataspezi-       außen. Jeder kann sein, wie er
haben vor dem Befund schlicht-       fisches Antigen), der ausschließ-     ist, und über alles offen spre-
weg Angst, denn: Nach wie vor        lich von Prostatazellen gebildet      chen. Das gibt Selbstvertrauen
erkrankt jeder fünfte Mann in        wird.                                 und Selbstbewusstsein, um die
Europa an Prostatakrebs. Und                                               Herausforderungen des Alltags
das Risiko wird nicht dadurch        Auch zur Überwachung thera-           und damit die Diagnose zu ver-
verringert, dass MAN(N) es ig-       peutischer Maßnahmen wie einer        arbeiten. Jeder, der kommt, trifft
noriert. Im Gegenteil! Längst hat    Hormonbehandlung ist das MRT          in gleicher Weise auf Betroffene,
nämlich das Prostata-Karzinom        sehr hilfreich. Vielleicht sollten    die verstehen und nachempfin-
den Lungenkrebs als häufigste        Männer sich ein Beispiel an den       den können, wie es dem Neuan-
bösartige Erkrankung des Man-        Frauen nehmen und lernen, ih-         kömmling wirklich geht. Als Teil
nes abgelöst. Tendenz steigend!      rerseits regelmäßig zur urologi-      der Gemeinschaft findet er viele
Deutlich gewachsen sind aber         schen Vorsorge zu gehen. Wie          positive Beispiele, Anregungen
auch die Chancen, das Problem        Werner Seelig, Vorsitzender des       und Ideen, wie er mit seiner Le-
in den Griff zu bekommen. Das        BPS (Bundesverband Prostata-          benssituation und seinem Pro-
Wichtigste dabei: die Früherken-     krebs Selbsthilfe e.V.) feststellt,   blem besser umgehen kann. Je-
nung der Gewebeveränderung           kennen viele Männer leider eher       der bestimmt selbst, was und
durch regelmäßige Vorsorgeun-        die PS ihres Autos, aber nur weni-    wieviel er in die Gruppe einbrin-
tersuchungen. Deshalb sollte je-     ge ihren PSA-Wert.                    gen möchte. Viele Beispiele aus
der Mann ab dem 45. Lebensjahr                                             bestehenden Gruppen belegen,
jährlich den Urologen aufsuchen.     Je früher eine Gefahr erkannt         wie hilfreich eine SHG wirklich ist.
Im Fall von Auffälligkeiten – bei-   wird, umso kleiner der Befund,
spielsweise bei einer tastbaren      desto eher und besser lässt sich      Dann kommt irgendwann der
unklaren Vergrößerung der Pro-       das Problem bannen.                   Tag, an dem gemeinsam mit
stata oder bei einem auffälligen                                           dem Arzt entschieden wird, wie
Befund im Ultraschall – kann der     Wenn sich dann bei der Vorsorge       der Krebs behandelt werden soll.
Facharzt eine Magnetresonanz-        und der Diagnose herausstellen        Über die unterschiedlichen Be-
tomografie, kurz MRT, veranlas-      sollte, dass eine gezielte Krebs-     handlungsmöglichkeiten konnte
sen. Mit diesem strahlungsfreien     behandlung erforderlich ist, kann     derjenige sich bereits sowohl
Verfahren der Bildgebung lässt       der Kontakt zu einer Prostata-        bei seinem Facharzt als auch in
sich die Beschaffenheit des Gewe-    krebs-Selbsthilfegruppe sehr hilf-    der SHG informieren. Über Vor-
bes genau und nachvollziehbar        reich sein.                           und Nachteile sowie Erfolgsaus-
diagnostizieren.                                                           sichten der einzelnen Methoden

Prostatakrebs
12
konnten die Mitglieder der SHG,
schon aufgrund ihrer persönli-
chen Erfahrung, ausführlich be-
richten.

Um die Ernsthaftigkeit des The-
mas noch einmal zu verdeutli-
chen:

Prostatakrebs ist mit rund 25
Prozent die häufigste Krebs-
erkrankung von Männern in
Deutschland. Nach den aktuellen
Angaben des Robert Koch-Insti-
tuts (2013) wird in Deutschland
pro Jahr bei 65 000 Männern ein
Prostatakarzinom neu diagnosti-
ziert. Mit einem Anteil von rund
10 Prozent steht das Prostatakar-
zinom hinter dem Lungen- und
Darmkrebs an dritter Stelle bei
den zum Tode führenden Krebs-
erkrankungen.

Die Häufigkeit von Prostatakrebs
nimmt seit fast drei Jahrzehnten
stetig zu. Das ist überwiegend
auf den Einsatz neuer Methoden
zur Früherkennung (zum Beispiel
die PSA-Bestimmung) zurückzu-        Außerdem bieten wir dort ver-
führen, durch die mehr Prostata-     schiedene interessante Informati-
karzinome, vor allem im Frühsta-     onen zu „unserem Thema“ an.
dium, entdeckt werden.
                                     Zum Beispiel kommt man unter
All das Vorgenannte war schon        dem Unterpunkt „Prostatakrebs,
vor zehn Jahren der Grund für        was nun?“ zu einem sehr umfang-
einige Mitglieder unserer Grup-      reichen Nachschlagwerk, das ein
pe, die Prostatakrebs-Selbsthilfe-   Betroffener erstellt hat und das
gruppe-Gevelsberg zu gründen.        laufend von ihm aktualisiert wird.
Wir treffen uns einmal monatlich     Der Verfasser hat es als „Nach-
in den Räumen der KISS in Gevels-    schlagwerk zum Prostatakrebs
berg – wenn uns nicht Ereignisse     für von dieser Erkrankung Betrof-
                                                                          PROSTATAKREBS-
wie die augenblickliche Corona-      fene und ihren Angehörigen so-
                                                                          SELBSTHILFEGRUPPE-
Pandemie einen Strich durch die      wie als ersten (aber auch zweiten
                                                                          GEVELSBERG
Rechnung machen. Neben dem           und dritten) Rat nach der Krebs-
intensiven Austausch der Erfah-      diagnose“ erstellt.
                                                                          Interessenten werden gebeten,
rungen über Diagnose und The-
                                                                          sich telefonisch unter der
rapie der einzelnen Mitglieder       Neben unserem 10-jährigen Ju-
                                                                          Nummer 02336 / 12467,
werden auch regelmäßig Fach-         biläum blickte unser Bundesver-
                                                                          bei Ekhart Loh, anzumelden.
referenten eingeladen, die über      band (BPS), in dem wir Mitglied
Themen rund um den Prostata-         sind, im vergangenen Jahr auf
krebs referieren.                    sein 20-jähriges Bestehen zu-
                                     rück. Der BPS gehört mit seinen
Auf unserer Webseite www.pshg-       249 Gruppen und etwa 7.000
gevelsberg.de ist auch unser ak-     Mitgliedern zu einer der größ-
tueller Veranstaltungsplan aufge-    ten     Selbsthilfeorganisationen
führt.                               Deutschlands.
INKONTINENZ: EIN TABUTHEMA?
LEIDER JA!
20-JÄHRIGES BESTEHEN:
SCHWELMER SELBSTHILFEGRUPPE ZIEHT BIL ANZ

20 Jahre gibt es sie nun schon, die Selbsthilfegrup-     Sie setzt sich für ein Thema ein, das Akzeptanz
pe „Inkontinenz (Blasen-/Darmschwäche, Senkungs-         braucht. Sie ist selbstbewusst. Und dennoch scheut
beschwerden)“ in Schwelm. Grund genug, einmal            sie die Öffentlichkeit, auch ihr fällt es nicht leicht
Bilanz zu ziehen:                                        mit dem Thema Inkontinenz ins Rampenlicht zu ge-
                                                         hen. Aber das muss auch nicht sein!
Als Mitarbeiterin der Selbsthilfe-Kontaktstelle tref-
fe ich mich daher heute mit der Gruppengründerin.        „Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Behandlungs-
Wir kennen uns schon lange, denn vor mehr als 20         möglichkeiten und Hilfsmitteln. Es gibt spezialisier-
Jahren haben wir gemeinsam die Gruppe ins Leben          te Arztpraxen, Darmzentren. Das ist auch gut so.
gerufen. Ich erinnere mich noch heute an unsere          Aber das, was die Frauen (ja, es sind ausschließlich
ersten Gespräche: Da war die Frau, die sich für „ihr“    Frauen, die in die Gruppe kommen) in die Selbsthil-
Thema stark engagierte und mich in ihren Bann            fe führt, ist das Gefühl, nicht allein zu sein. Getreu
zog. Ich konnte mich plötzlich sehr gut einfühlen        dem Motto: Wir sitzen alle im selben Boot. Wir alle
in das Leben und Leiden von Menschen mit einer           warten förmlich darauf, über uns sprechen, Fragen
Blasen- und Darmschwäche. Was ihr schon damals           stellen, lachen und weinen zu können. Das Gefühl
sehr am Herzen lag: Man muss doch über das The-          der Verbundenheit gibt uns die Kraft, offen zu sein
ma reden und die Sorgen und Nöte der Betroffenen         und loszulassen. Es ist wichtig zu sprechen, denn
in die Öffentlichkeit bringen!                           das fällt vielen nicht leicht.“

„Es hat sich schon einiges positiv verändert. Es ist     In den zurückliegenden Jahren fanden viele Infor-
nicht mehr ganz so schlimm wie früher. Aber nach         mationsveranstaltungen statt. Ärzte und Therapeu-
wie vor ist Inkontinenz ein sensibles Thema. Man ist     ten sind in die Gruppe gekommen. „Eine tolle Ge-
offener geworden – sowohl die Betroffenen als auch       legenheit, sich auszutauschen und Informationen
die Ärzte und Therapeuten. Aber dennoch ist das          zu sammeln. Wichtig ist es, Fragen zu stellen. Wer
Thema für viele angstbesetzt. Das Leben ist einge-       nicht fragt, hat keine Chance. Man muss sich trau-
schränkt“, erklärt die Frau, die sich über viele Jahre   en!“ Die meisten Betroffenen in der Gruppe kennen
eine Menge an Wissen angeeignet hat.                     sich schon seit vielen Jahren. „Aber wir freuen uns,
                                                         wenn Neue dazukommen. Wir können etwas von un-
                                                         seren Erfahrungen weitergeben. Man muss einfach
                                                         den ersten Schritt machen. Das ist nicht leicht. Aber
SELBSTHILFEGRUPPE INKONTINENZ                            es lohnt sich.“ Die Treffen sind auch offen für Inter-
(Blasen-/Darmschwäche, Senkungsbeschwerden)              essierte, die sich einfach nur informieren möchten.

Weitere Infos: KISS EN-Süd,                              Zum Schluss meine Frage: Was würden Sie sich für
Telefon: 02332 / 664029                                  das Thema wünschen? „Noch mehr Offenheit. Noch
                                                         mehr Sensibilität im Umgang mit den Erkrankten.
                                                         Bessere Diagnostik. Aber vor allem: Respekt und
                                                         Akzeptanz gegenüber den Betroffenen.“

Inkontinenz
14
HEUTE KOMME ICH DURCH DEN TAG…
OHNE ALKOHOL!
ANONYME ALKOHOLIKER UNTERSTÜTZEN
AUF DEM WEG ZU EINEM NÜCHTERNEN LEBEN

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen gemütlich am Kamin
und genießen dabei ein Glas guten Rotwein. Ein
warmes Gefühl der Entspannung und der Wärme
breitet sich aus – eine Art Zufriedenheit und Glücks-
gefühl. Oder denken Sie an das kalte Bier in lauer
Sommernacht im Garten, das ebenfalls eine wohlige
Zufriedenheit auslöst.
                                                          »NUR FÜR HEUTE.«
Aber was ist, wenn es nicht bei einem Glas bleibt?        »JUST FOR TODAY.«
Wenn es mehr wird? Wenn es regelmäßig wird?
Wenn die Schwelle zur Sucht überschritten wird?
Wenn man das süchtige Verhalten nicht als Erkran-
kung erkennt und stattdessen glaubt, es beträfe
nur die anderen?

„ABHÄNGIGKEIT ist eine Krankheit, die einem sagt,
dass man sie nicht hat.“ (Daniel Schreiber). Selbst-
betrug gehört dazu, zur Abhängigkeit.

Einer der bekanntesten Slogans der Anonymen Al-
koholiker (AA) lautet: „Nur für heute“ - „Just for to-
day“. Im AA-Meeting habe ich gelernt, erst einmal
für heute, für einen Tag nicht trinken.
                                                         Die Anonymen Alkoholiker sind eine weltweit
Heute komme ich ohne Alkohol durch den Tag.
                                                         agierende Selbsthilfeorganisation, die in
Heute muss ich nicht trinken. Es ist gut, einen über-
                                                         einer Vielzahl lokaler Gruppen organisiert ist.
schaubaren Zeitraum zu haben – auch, wenn es nur
                                                         Auch im Ennepe-Ruhr-Kreis gibt es noch weitere
ein Tag ist, wenn es nur 24 Stunden sind.
                                                         Treffen an verschiedenen Orten. Weitere Infos
                                                         auf www.anonyme-alkoholiker.de/meetings/
Selbstkontrolle ist jedoch eine unsichere Angele-
                                                         meetingssuche/ oder bei der Selbsthilfe-
genheit. Darum brauchen wir Menschen, die das
                                                         Kontaktstelle der Region
Gleiche durchgemacht haben. Menschen, die uns
dabei unterstützen, auch im nüchternen Zustand
zufrieden leben zu wollen. Diese Menschen fand ich
bei den Anonymen Alkoholikern.

Diese neue Zufriedenheit mit dem nüchternen Le-
ben, der inneren Ruhe und das Glück der kleinen                    AA-MEETING
Dinge hätte ich ohne den Weg der Genesung mit
den Anonymen Alkoholikern so nie zu schätzen                       immer montags, 19 Uhr,
gelernt. Gute 24 Stunden!                                          Dortmunder Straße 13, 58455 Witten

Mein Name ist Regine. Ich bin AA.

                                                                                Anonyme Alkoholiker
                                                                                                 15
WARUM
SELBSTHILFE?
ICH HABE DOCH
GENUG FREUNDE!
Warum Selbsthilfe wichtig ist –
ein Erfahrungsbericht
                                                           Auf dem Nachhause-Weg mit dem
                                                           Bus passiert es dann: Ich kam ins
                                                           Gespräch mit einem Mitglied aus
                                                           der Gruppe – über Fragen wie
   Guten Tag, mein Name ist Birgit und ich bin hoch-       „Wie siehst du?“ Oder: „Wieviel ist
   gradig sehbehindert. Dieser Zustand hat sich im         das?“ Es stellt sich heraus, dass
   Laufe der Jahre entwickelt. Ich bin verheiratet, Mut-   die Frau ungefähr das gleiche
   ter zweier Kinder und arbeite in Teilzeit in einem      Sehvermögen hatte wie ich. Und
   Unternehmen mit etwa 600 Mitarbeiter*innen. Zu-         schließlich sagte sie den ent-
   dem bestimmt der Sport das Leben meiner Familie:        scheidenden Satz: „Ich versuche
   Sowohl aktiv als auch in der Ausrichtung von Wett-      nun das H im Schwerbehinderten-
   kämpfen sind wir immer mit dabei. Kurzum: Mein          ausweis zu bekommen. Denn ich
   Leben ist gut gefüllt und abwechslungsreich – und       schaffe es nicht mehr selber zum
   meine Sehbehinderung stellt keinesfalls den Mittel-     Arzt zu gehen, da könnte mir ein
   punkt meines Lebens dar.                                Taxi gut helfen.“

   Somit stellte ich mir auch erst vor fünf Jahren die     Das war für mich der Moment,
   Frage, ob ich in den örtlichen Blinden- und Sehbe-      in dem ich meine Sicht auf mein
   hindertenverein eintreten soll. Immerhin hatte ich      Sehvermögen veränderte. Ich
   auch zu diesem Zeitpunkt genug soziale Kontakte         lernte den Austausch mit Men-
   und Aktivitäten.                                        schen, die in diesem Teil meiner
                                                           Welt zuhause sind, zu schätzen.
   Obwohl mich das aktuelle Angebot des Blinden-           Denn diesen Tipp hätte mir kei-
   und Sehbehindertenvereins nicht weiter ansprach,        ner meiner sehenden Freunde ge-
   entschloss ich mich trotzdem, einmal dort vorbei        ben können.
   zu gehen. Die damalige erste Vorsitzende war eine
   „coole Socke“, aber sie lebte in einer anderen Welt
   als ich: Sie war älter und nicht mehr im Job.

   Sie lud mich zu einem Stammtisch ein und ich dach-
   te: Okay, das kann man ja mal ausprobieren. Doch
   ich war erschrocken: Die Menschen, die sich hier
   trafen, waren fast alle im Alter meiner Eltern. Aber
   immerhin: Das Essen war ganz lecker.

Sehbehinderung
16
Erst durch den Kontakt zu Men-
                                                       schen, die unter den gleichen
                                                       Voraussetzungen leben wie ich,
                                                       habe ich auch in diesem Punkt
                                                       Selbstbewusstsein      entwickelt.
                                                       Und obwohl wir schon lange eine
                                                       Gruppe blinder und sehbehin-
                                                       derter Menschen im Arbeitsle-
                                                       ben sind, habe ich immer wieder
                                                       neue Aha-Erlebnisse. Wie halte
                                                       ich meinen Blindenlangstock auf
                                                       der Treppe richtig? Wie gehe ich
                                                       mit arroganten Arbeitskollegen
                                                       um? Was für Hilfen gibt es in der
Von da an kam ich häufiger und lernte auch jüngere     Corona-Krise? Ist die in Windows
Menschen mit Sehbehinderung kennen, die – so wie       integrierte Lupe besser als die
ich – noch im Arbeitsleben stehen. Und da war er,      teure Hilfesoftware? Was ist eine
der Austausch, der auch meine Arbeitswelt berei-       Überbrille und wie funktioniert
cherte.                                                die Ohrcam? Uns gehen nie die
                                                       Themen aus.
Der Austausch über die eingesetzte Technik und die
Lösungen verschiedener Probleme. Plötzlich stellte     Und all diese Punkte helfen mir
sich heraus, dass ich nicht alleine mit der Tatsa-     auch im Job, mehr Leistung zu
che dastehe, dass die IT meines Arbeitgebers mit       bringen. Denn ich erhalte Tipps
meiner speziellen Technik überfordert ist. Meine       und Zuspruch von den Menschen,
eigene Geschichte ähnelt der vieler Menschen mit       die verstehen, welche Herausfor-
Sehbehinderung. Das macht es für mich weniger          derungen ich mit meiner Sehbe-
persönlich.                                            hinderung meistern muss.

Wir ermutigen uns nun gegenseitig, die Kolleginnen
und Kollegen immer wieder darauf hinzuweisen,
dass man uns Dokumente in Besprechungen entwe-
der vorlesen oder uns im Vorfeld schicken muss -
auch, wenn diese kontinuierliche Erinnerung nervt.
Ich weiß jetzt, dass es vielen Betroffenen so geht.

Ich fühlte mich nun auch nicht mehr dekadent, nur
weil ich eine Putzfrau habe und zur Fußpflege gehe.
Es wurde mir sehr schnell klar, dass dies kein Luxus     »UNSER MOTTO:
ist, sondern eine Notwendigkeit.                         ATTACKE, REIN INS LEBEN!«
Im Umfeld der sehenden Bekannten hörte ich doch          Die U-60 Gruppe des Wittener
immer wieder: „Hast du es gut!“ Und schwups, da          Blindenvereins für Sehbehinderte
war es, das Besonders-Sein, das ich nicht haben          unter 60 Jahren trifft sich alle
mag.                                                     sechs Wochen nach Absprache.
                                                         „Wir möchten uns gegenseitig Mut
                                                         machen und uns motivieren, die
                                                         Herausforderungen des Blindseins
                                                         anzunehmen“, erklären Sabrina
                                                         Führer und Birgit Prünte.

                                                         Weitere Infos: Sabrina Führer,
                                                         Telefon: 0177 / 2634154,
                                                         E-Mail: s.fuehrer@blickpunkt-auge.de

                                                                             Sehbehinderung
                                                                                         17
AUF EINMAL WAR ALLES
FALSCH...
SELBSTHILFEGRUPPE HILFT BEI MOBBING / EIN
ERFAHRUNGSBERICHT

Es ist das systematische Schika-     Sie war jetzt meine Ansprechpart-     Es endete damit, dass ich nun
nieren und Ausgrenzen von Kol-       nerin, alle wichtigen Aufgaben        jeden Tag einen akribischen Tä-
legen, die Benachteiligung durch     wurden ihr übertragen. Wenn ich       tigkeitsbericht schreiben musste,
den Vorgesetzten – und das über      sie nach Arbeit fragte, sagte sie     weil die Geschäftsleitung wissen
einen längeren Zeitraum: Mob-        mir in einem sehr unhöflichen         wollte, welche Aufgaben ich noch
bing am Arbeitsplatz kann nicht      Ton, dass sie mir keine geben         erledige. Doch damit nicht ge-
nur psychische, sondern auch         könnte – denn sonst hätte sie ja      nug:
körperliche Schäden verursa-         keine Arbeit.
chen. Umso wichtiger ist es, dass                                          Auf dem Dachboden musste ich
die Opfer Hilfe bekommen. Ein        Ab und zu durfte ich mal einen        alte Akten in die Regale einsortie-
Erfahrungsbericht:                   Brief schreiben. Dieser wurde von     ren. Weil es dort kalt war, zog ich
                                     ihr überprüft – und egal, was ich     mir meinen dicken Mantel an. Als
Es fällt mir auch heute noch         geschrieben, gesagt oder getan        ich einmal hustete, hieß es in ei-
schwer, über mich zu schreiben.      hatte, es war auf einmal alles        nem sehr unhöflichem Ton: „Ha-
Doch ich möchte allen Frauen Mut     FALSCH.                               ben Sie sich jetzt erkältet!?“
machen, sich gegen Mobbing zu
wehren. Hier meine Geschichte:       Mittlerweile ignorierte mich auch     Ein anderes Mal musste ich Rech-
Ich    arbeitete    damals    als    die Geschäftsleitung, konstrukti-     nungen für die Buchhaltung ab-
kaufmännische Angestellte im        ve Gespräche fanden nicht mehr        heften – allerdings durfte ich dies
Sekretariat eines Großhandels.       statt. Gab es dann doch mal mit       nicht in der Abteilung machen,
Eines Tages fing es mit Kleinig-     Müh und Not ein Gespräch, hieß        wo die Ordner waren, sondern im
keiten an: Was haben Sie denn        es: „Sie haben den Chef falsch        Sekretariat am Ende des Ganges.
da geschrieben? Sind Sie unfähig,    verstanden.“ Zudem wurde mir          Es hieß, ich würde dort die Kol-
die Arbeit zu erledigen? Am Tele-    immer wieder gesagt, wie unfä-        leginnen stören. Mehrfach bekam
fon können wir Sie nicht einset-     hig und langsam ich bin.              ich zu hören: „Ich weiß nicht, wie
zen...                                                                     ich Sie beschäftigen soll.“ Es war
                                     In einem Gespräch mit zwei Kol-       sehr erniedrigend.
Am Anfang habe ich diese An-         leginnen erklärte mir eine plötz-
zeichen kaum wahrgenommen,           lich, wie ich in „Word“ zu arbeiten
allerdings wurde mein Aufgaben-      hätte – obwohl ich bereits seit
bereich in der Firma immer klei-     mehreren Jahren mit diesem Pro-
ner, ich erhielt keine Informatio-   gramm arbeitete. Beide hielten
nen mehr – bis meine Aufgaben        mich für unfähig.
schließlich von einer Kollegin
einer Zeitarbeitsfirma übernom-
men wurden.

Mobbing
Selbsthilfe
00
18
Mit einigen Arbeitskolleginnen       Nach einer Weile belastete mich      Ich habe noch einmal neu ange-
konnte ich zwar über die Situa-      die Arbeit so sehr, dass ich nicht   fangen und einen neuen Beruf er-
tion sprechen, aber im Grunde        mehr abschalten konnte, Kopf-        lernt. Nun gehe ich bald in Rente.
genommen stand ich hinterher         schmerzen, Schwindel, Bauch-         Die Mobbing-Gruppe besuche ich
alleine da, weil jede Angst um ih-   schmerzen und Angstzustän-           auch heute noch. Denn für Be-
ren Arbeitsplatz hatte.              de bekam und sehr viel weinte.       troffene ist es wichtig, Ansprech-
                                     Mehrfach war ich krank. Eines Ta-    partner zu haben, um nicht allein
Ich bin oft weinend, mit Angst       ges stand ich auf und fiel einfach   mit ihren Problemen zu sein. Das
und mit Bauchschmerzen zur Ar-       um. Mein Mann brachte mich so-       Gefühl zu haben, verstanden zu
beit gefahren und habe mich da-      fort zum Arzt. Ich wurde für lan-    werden, indem sie hören, was an-
bei immer gefragt, was wohl heu-     ge Zeit arbeitsunfähig geschrie-     dere an ihrem Arbeitsplatz erlebt
te wieder passieren würde.           ben und erhielt eine Reha.           haben. Und um zu erfahren, wie
                                                                          sie sich schützen und mit den
Ich geriet in einen Teufelskreis,    Dann habe ich erfahren, dass es      Konflikten umgehen können.
denn: Weil ich fast täglich hörte,   in Hattingen eine Mobbing-Grup-
wie unfähig ich bin und anfangs      pe gibt. Bei meinem dortigen Be-     Unser Ziel ist es, uns gegenseitig
selbst glaubte, etwas falsch ge-     such bestätigte man mir, dass        zu unterstützen und neue Hoff-
macht zu haben und sogar meine       ich gemobbt werde. Ich konnte        nung zu geben.
Fähigkeiten anzweifelte, entstand    damit erst einmal gar nichts an-
bei mir ein Leistungs- und Be-       fangen, doch mit jedem Gruppen-
weisdruck. Je mehr ich versuchte,    besuch verstand ich mehr – und
alles richtig zu machen, je mehr     bekam die Unterstützung, die
Fehler passierten.                   ich brauchte. Für mich war es ein
                                     sehr schönes Gefühl, endlich ver-
Ich habe mit meiner Familie und      standen zu werden und mit mei-
meinen Freunden über diese Si-       nen Problemen nicht mehr alleine
tuation gesprochen, doch nach        zu sein.
einer gewissen Zeit konnten auch
sie dieses Thema nicht mehr
hören.
                                                                          TREFFEN DER GRUPPE

                                                                          1. Mittwoch im Monat,
                                                                          von 17.45 bis 19.15 Uhr,
                                                                          im Café Sprungbrett,
                                                                          Steinhagen 19, 45525 Hattingen.

                                                                          Weitere Infos:
                                                                          KISS, Telefon: 02324 / 954979
                                                                          Café Sprungbrett,
                                                                          Telefon: 02324 / 596970

                                                                                                   Mobbing
                                                                                                        19
„UNTENRUM“
                                                      Es gibt Körperregionen und da-
                                                      mit verbundene Themen, über
                                                      die niemand gerne redet. Das gilt

IST TABU…                                             vor allem, wenn es um Probleme
                                                      unterhalb der Gürtellinie geht,
                                                      beispielsweise den Darm, die
                                                      Anal-Gegend oder gar um Aus-
SHG DARMKRANKER/                                      scheidungen. Dann herrscht im
MORBUS CROHN/                                         Allgemeinen Funkstille…
COLITIS ULCEROSA
                                                      Natürlich sind tägliche Durch-
MÖCHTE SCHWEIGEN                                      fälle, Blut im WC oder ständige
BRECHEN                                               Bauchschmerzen keine erquick-
                                                      liche Themen. Aber sie belasten
                                                      die Betroffenen – vor allem dann,
                                                      wenn sie sie zu verschweigen
                                                      versuchen. Wenn Unsicherheiten
                                                      aufkommen, wenn man bei sich
                                                      etwas feststellt, das Sorge be-
                                                      reitet, oder wenn eine Diagnose
Beim Morbus Crohn                                     gestellt wurde, ist das Schweigen
handelt es sich                                       fatal. Gerade dann gilt es, sich
um eine geschwürige
                                                      anzuvertrauen, Erfahrungen aus-
chronische Entzündung.
                                                      zutauschen, Gedanken und Ängs-
Sie befällt den gesamten                              te zu benennen.
Verdauungstrakt,
von der Mundhöhle
bis zum After.                                        Die Selbsthilfegruppe Darmkran-
                                                      ker/Morbus Crohn/Colitis ulcero-
                                                      sa ist ein Ort, um das Schweigen
                                                      zu brechen, ein Ort, an dem jeder
                                                      Rat und Trost, aber auch Mut und
                                                      Handlungskompetenz bekommt.
                                                      Die Gruppe existiert bereits seit
                                                      1999, ist Mitglied des DCCV
                                                      (Deutsche Crohn/Colitis Vereini-
                                                      gung) und setzt sich aus langjäh-
               Colitis Ulcerosa ist eine chronische   rig Betroffenen zusammen, die
         Enzündung des Dickdarms und beginnt
                                                      über einen großen Erfahrungs-
      häufig im letzten Abschnitt des Dickdarms.
                                                      schatz und jede Menge Fachwis-
                                                      sen verfügen. Sie alle kennen
                                                      die Beschwerden und Behand-
                                                      lungsverfahren im Umgang mit
                                                      Darmerkrankungen.

                                                      Und sie sind sich einig, dass man
WEITERE INFOS                                         trotz dieser Erkrankung seinen
                                                      Sinn für Humor nicht verlieren
Rolf Kalweit, Telefon: 0201 / 483782,                 darf und vielmehr ein lebenswer-
E-Mail: rolfkalweit@gmail.com                         tes Leben führen kann. Man muss
                                                      nur mal darüber reden…

Morbus Crohn/Colitis Ulcerosa
20
BESSERES LEBENSGEFÜHL
            DURCH BEGEGNUNGEN
               UND GESPRÄCHE
             SHG IN HAT TINGEN FÜR BETROFFENE DER
              NOCH UNBEKANNTEN KRANKHEIT MPN

  Es war die erste Begegnung mit dem Thema Selbst-       Von da an besuchte ich die Duisburger Regional-
  hilfe überhaupt – und sie wurde zu einem unver-        gruppe regelmäßig. Meine Erfahrungen und der po-
  gesslichen Erlebnis: Obwohl ich bereits vor 16 Jah-    sitive Austausch mit den Selbsthilfeaktiven haben
  ren die Diagnose bekam, an der recht unbekannten       sich addiert, was sehr entlastend und wohltuend für
  Krankheit „MPN“ (Myeloproliferative Neoplasien) zu     mich war.
  leiden und seitdem mit dieser Krankheit lebte, be-
  kam ich im Oktober 2018 große Angst: Meine Blut-       Das war schließlich auch der ausschlaggebende
  werte, die regelmäßig kontrolliert worden waren,       Punkt, warum ich im Sommer 2019 eine neue Grup-
  hatten sich drastisch verschlechtert – und ich war     pe für Menschen mit MPN-Erkrankungen in meiner
  überzeugt, bald sterben zu müssen.                     Heimatstadt Hattingen gegründet habe.

                                                         Die Hattinger Gruppe besteht zum Teil aus Men-
                                                         schen, die dem MPN-Netzwerk schon lange ange-
TREFFEN DER MPN-GRUPPE
                                                         hören und dadurch oft sehr gut informiert sind und
                                                         Menschen, die keine Foren nutzen können oder
sonntagsnachmittags, vier Mal im Jahr,
                                                         wollen, oder erst vor Kurzem die Diagnose einer
im Bürgerzentrum Holschentor,
                                                         MPN-Erkrankung erhalten haben.
Talstraße 8, 45525 Hattingen

Alle Betroffenen, Angehörigen und Freunde
sind willkommen.
Anmeldungen und Informationen per E-Mail:
regionalgruppe-hattingen@mpn-netzwerk.de.
                                                               WAS IST MPN?

                                                               Unter dem Begriff MPN (Myeloproliferative
                                                               Neoplasien) werden verschiedene Erkrankungen
  Meine Angst führte dazu, dass ich im Internet re-            zusammengefasst, deren gemeinsames Merkmal
  cherchierte und schließlich auf den Verein MPN-              eine gesteigerte Produktion von Blutzellen ist.
  Netzwerk aufmerksam wurde. Über diesen Verein
  hatten sich in ganz Deutschland (Selbsthilfe)-Regi-          Es gehören drei Erkrankungen zu den MPN’s.
  onalgruppen zum Thema MPN gegründet. Die da-
                                                               1. Essentielle Thrombozythämie (ET):
  mals von Hattingen aus am nächsten liegende Grup-
                                                                  Dabei treten hauptsächlich vermehrte
  pe gab es in Duisburg – und so nahm ich Kontakt
                                                                  Thrombozyten im Blutbild auf
  zu deren Leiterin auf, die sich daraufhin persönlich
                                                               2. Polycythaemia vera (PV): Hier können alle
  mit mir traf.
                                                                  Blutreihen erhöht sein, vor allem die Erythro-
                                                                  zyten und dadurch häufig der Hämatokrit.
  Diese Begegnung war für mich ein unvergessliches
                                                               3. Primäre Myelofibrose (PMF): Dabei stehen
  Erlebnis: Hatte ich mich vorher noch schlecht ge-
                                                                  die Vermehrung von Bindegewebszellen und
  fühlt, verbesserte sich mein Lebensgefühlt durch
                                                                  -fasern im Vordergrund.
  die Begegnung und den persönlichen Kontakt
  schlagartig.
DA IST DIESES ALLEINSEIN
SELBSTHILFEGRUPPE FÜR MENSCHEN MIT DEPRESSIONEN IM
HÖHEREN LEBENSALTER HAT SICH GEGRÜNDET

Sich auf den Weg zu machen, sich auf andere, an-        Eben dieser Wunsch war es, der den Mitgliedern der
fangs fremde Menschen einzulassen – das ist für         neu gegründeten Selbsthilfegruppe für Menschen
viele kein leichter Schritt. Und dieser Schritt fällt   mit Depressionen im höheren Lebensalter geholfen
umso schwerer, wenn es einem selbst nicht so gut        hat, sich auf ihren Weg zu machen.
geht und möglicherweise altersbedingte Einschrän-
kungen das Kontaktieren ohnehin bremsen.                Mittlerweile haben die ersten Treffen stattgefun-
                                                        den: Bei einer Tasse duftenden Kaffees ist man ins
                                                        Gespräch gekommen. Wie bei einer zarten Pflanze
                                                        hat sich eine erste Vertrautheit entwickelt. Denn: In
                                                        dieser Runde hören alle zu, wenn ein Teilnehmer
                                                        von sich erzählt. Und vieles von dem ist den ande-
                                                        ren aus eigenen Erfahrungen bekannt, es herrscht
                                                         ein wirkliches Verstehen. Die meisten anderen
                                                           Teilnehmer*innen wissen, wie es sich anfühlt,
                                                             wenn der Antrieb fehlt. Sie wissen, wie es ist,
                                                              wenn es an Kraft mangelt. Auch gehören Ge-
                                                               fühle von Leere, Trostlosigkeit und Traurig-
                                                                keit dazu.

                                                                 Durch das Teilen des eigenen Leids und
                                                                 durch das erfahrene Mitgefühl der ande-
                                                                 ren fühlt sich die eigene Situation etwas
                                                                 leichter an. Indem die Gruppenmitglieder
                                                                 spüren, wie sie für die anderen eine Hilfe
                                                                 darstellen, wächst das Vertrauen in die ei-
                                                                 genen Möglichkeiten. „Ich bin eine Stütze
                                                                für die anderen. Genauso sind die anderen
                                                                wichtig für mich.“

                                                                        TREFFEN DER GRUPPE

                                                                        Die Treffen finden in den Räumen
                                                                        der KISS EN-Süd, Kölner Str. 25,
                                                                        58285 Gevelsberg statt.

                                                                        Weitere Infos: KISS EN-Süd,
Auch wenn es dann leichter fällt, sich zurückzu-                        Telefon: 02332 / 664029
ziehen, so bringt es doch vermehrt ein Gefühl des
Alleinseins mit sich. Dann wird der Wunsch nach
Kontakt, Geselligkeit und Austausch größer.

Depressionen
22
ENDOMETRIOSE:
                                      GRUPPENGRÜNDUNG
                                      IN WIT TEN GEPL ANT
                                      Initiatorinnen blicken trotz Corona-
                                      Krise optimistisch in die Zukunft

                                      Endometriose ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung
                                      in Deutschland – mit jährlich etwa 40.000 Neuerkrankungen.
                                      Und doch gibt es in der Öffentlichkeit nur wenige Informatio-
                                      nen darüber und für Betroffene vielerorts keine Möglichkeit des
                                      Austauschs. Das soll sich nun ändern: In Witten ist derzeit die
                                      Gründung einer Endometriose-Selbsthilfegruppe in Vorbereitung
                                      – lediglich die Corona-Pan-
                                      demie warf die Planungen
                                      zeitlich ein wenig zurück.

                                      Zum Hintergrund: Be-
FÜR DEN GEMEINSAMEN                   reits Ende 2019 melde-
AUSTAUSCH WURDEN                      te sich in der Selbsthilfe-
                                      Kontaktstelle eine junge
THEMEN GESAMMELT:
                                      Frau, die – nachdem sie als
                                      Betroffene schon länger
— Was kann ich tun, wenn es mir
                                      eine Selbsthilfegruppe in einer entfernten Nachbarstadt besucht
  schlecht geht?
                                      hatte – nun gerne selbst eine SHG in Witten gründen wollte. Eine
— Die Angst vor dem Alleinsein        kleine Recherche ergab, dass es tatsächlich nur wenige Gruppen
— Was macht mir Freude?               zu dem Thema Endometriose gibt. Zur Erklärung: Die betroffe-
                                      nen Frauen leiden häufig unter starken Menstruationsbeschwer-
— Älterwerden: ein Problem?
                                      den, teilweise auch unter Schmerzen im ganzen Körper, und vie-
— Ab wann ist man überhaupt           len weiteren Symptomen. Auch Unfruchtbarkeit kann Folge einer
  depressiv?                          Endometriose sein.

Langsam, Schritt für Schritt, formt   Da es vielen Frauen schwer fällt, über dieses Thema öffentlich
sich das Zusammensein und die         zu sprechen, konnten die Verantwortlichen der Selbsthilfekon-
Teilnehmer*innen werden „warm“        taktstelle den Wunsch nach einer SHG sehr gut nachvollziehen.
miteinander. Wenn das Gefühl          Denn eine solche Gruppe bietet betroffenen Frauen einen ge-
stimmt, ist schon viel gewonnen.      schützten Raum. Das Verständnis untereinander und auch der
In diesem guten Rahmen ist viel       Informationsaustausch können dabei helfen, einen besseren und
Raum für weitere Entwicklungen        auch selbstbewussteren Umgang mit der Erkrankung zu finden.
vorhanden: So sind neue Inter-        Mit einer Pressemeldung und Handzetteln wurde bereits kräftig
essierte herzlich willkommen,         für die neue Gruppe geworben. Und: Prompt meldete sich auch
Wünsche und Bedürfnisse gestal-       ein Endometriosezentrum, wie es sie an vielen Krankenhäusern
ten zunehmend die gemeinsame          gibt. Der leitende Arzt bot Unterstützung an und sprach auch
Zeit. Wie wäre es beispielsweise      gleich eine Einladung an die neue Selbsthilfegruppe aus, sich im
mit einer Verabredung zum Spa-        Rahmen einer Informationsveranstaltung im Krankenhaus vorzu-
zieren? Oder ein gemeinsames          stellen. Die Zeichen für die geplante Gruppengründung im März
Frühstück?                            standen mehr als gut…

Die Gemeinsamkeiten verbinden.        … doch dann kam die Corona-Krise. Die geplante Gruppengrün-
Der Anfang ist getan. Die Ge-         dung konnte nicht stattfinden. Wie und wann es weitergeht, lässt
sichter werden bekannter. Beim        sich derzeit noch nicht absehen. „Wir lassen uns davon aber nicht
Wiedersehen lächelt man sich an,      entmutigen und bleiben optimistisch, dass diese Gruppengrün-
freut sich. Es kann gelingen!         dung gelingen wird“, heißt es von den Initiatorinnen.

                                                                                         Endometriose
                                                                                                   23
VORSPRUNG DURCH
GEDANKENAUSTAUSCH
SHG FÜR ELTERN VON KINDERN MIT DIABETES
T YP I UND DEREN ANGEHÖRIGE

Ein namhafter Automobilkonzern       Denn: Spätestens mit der Diagnose-Stellung ändert
wirbt seit Jahren mit dem Slogan     sich das ganze Leben! Gewohnheiten und Perspekti-
„Vorsprung durch Technik“. Mo-       ven werden infrage gestellt - müssen neu betrachtet
derne Technik versetzt demnach       werden. Dazu kommen Therapien und Rahmenbe-
die Menschen in eine privile-        dingungen, die mehr oder weniger hilfreich waren
gierte Form der Fortbewegung.        oder angenehm sind.
Innovationen und Kompetenzen
machen das Leben angenehmer,         In der Regel ist es ein langer Weg, bis man sich mit
bequemer, sicherer.                  der Erkrankung arrangiert hat, Körper und Erkran-
                                     kung versteht und in der Lage ist, adäquat zu han-
Doch nicht allein technische In-     deln. Nicht selten fühlen sich Betroffene und deren
novationen können das tägliche       Familien mit der Diagnose alleingelassen, schlecht
Leben – unabhängig von Autos         informiert oder unzureichend ausgestattet. Dann
– bereichern: Sobald persönli-       ist von Innovation keine Spur. Und: Was dem einen
che Erfahrungen, Know-how und        hilft, muss nicht auch die beste Lösung für den an-
der Wille zum gegenseitigen          deren sein.
Austausch zusammen kommen,
kann auch daraus Großes entste-      Genau dort möchte die Gruppe ansetzen: Vieles ha-
hen.                                 ben die Betroffenen im Umgang mit Diabetes be-
                                     reits durchlaufen und sind um manche Erfahrung
Dieser Ansicht ist auch die neue     – gute wie schlechte – reicher.
Selbsthilfegruppe zum Thema
Diabetes mellitus Typ 1, die sich    Und genau diese Erfahrungen und Handlungs-
aktuell formiert. Deren Mitglieder   kompetenzen sollen nun mit Interessierten und
möchten Konzepte und Hand-           Betroffenen geteilt und weiterentwickelt werden –
lungsmöglichkeiten im Umgang         Kinderbetreuung parallel zu den Gruppentreffen –
mit der Erkrankung ihrer Kinder      inklusive.
entwickeln, Neues diskutieren
und ausprobieren – und so ge-        Weitere Betroffene und Interessierte sind herzlich
meinsam das gesamte Familien-        willkommen beim „Vorsprung durch Gedankenaus-
leben und insbesondere das Le-       tausch“!
ben der Betroffenen stabilisieren
oder gar verbessern.

Diabetes
24
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