Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at

 
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Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Diakontakte
    Zeitschrift der Ständigen Diakone der Erzdiözese Wien Ausgabe 32021, Nr. 55
                                                                                         51J

                      Gespaltene
www. diakon.at/wien

                      Gesellschaft
                                                                                   Seite 5

                      8 Weihnachtsbotschaft einmal anders
                      9 Warum will ich Diakon werden?
                                                                                               pixabay
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Inhalt
03   Kurzmeldungen. •Hörender Aus-
     tausch. Neuer Anlauf für Schwestern.
                                              Krise frisst Seelsorgers
     Diakon meets PAss. Weihe an den
     Wurzeln
                                              Seele auf
                                              Von Institutsleiter Andreas Frank
04   Weltweite Zeichen der Zeit. Geistli-

                                              A
     cher Impuls von Spiritual Franz Ferstl          n Krisen mangelt es gegenwär­      des Diakonats und der Spur, die es in
05   Entweder – oder! Die Spaltung in un-            tig wirklich nicht. Manche mei­    51 Jahren gezogen hat, vergewissert.
     serem Leben und unserer Gesellschaft.           nen, das sei erst der Anfang…      Da wurde ein großes Potential an
     Von Uwe Eglau                            Manchmal beschleichen auch mich           konkreter Nächstenliebe und froher
06   Warum Sie sich impfen lassen sollen
                                              graue Ängste in der Seele und na­
                                              gen an meinem grundsätzlich fröhli­
                                                                                        Botschaft sichtbar. Beim Diakonentag
                                                                                        am 6. November zeigte Frau Prof.
     Ein Plädoyer für die eigene Gesund-
                                              chen Seelsorger­Herz. Ich weiß aber:      Rahner auf, dass gerade das Amt des
     heit und die anderer.                    Ungenießbare SeelsorgerInnen hel­         Diakons am geeignetsten unter den
     Von Peter Bartsch                        fen niemandem und sind ungeeig­           Weiheämtern ist, das kirchliche Amt
07   Zum Thema Impfskepsis.                   net, die frohe Botschaft in trüben        insgesamt zukunftsfähig weiterzuent­
     Warum man auch kritisch sein sollte.     Zeiten auszurichten. Die Einkehrtage      wickeln. Dies m.E. deshalb, weil es
      Von Kurt Fellner                        für Diakone und Ehefrauen im letz­        durch die Lebensform von zivilem
     Cartoon                                  ten Juni, geleitet von Franz und Maria    Beruf und Familie dort angesiedelt ist,
08   Wo wohnt Gott? Die Weihnachtsbot-        Ferstl, haben mir geholfen! Ich begin­    wo Zeugnis und Botschaft aus dem
     schaft, einmal anders betrachtet.        ne jetzt, die bedrängenden Probleme       Binnenraum hinausgetragen werden.
     Von Georg Pawlik                         viel stärker dem Herrn zur Lösung zu      Ich sehe die beiden Jubiläumstage als
     Gebet von Franz Ferstl                   übergeben und meine Tätigkeit wie­        Hoffnungshilfen für unseren Dienst in
09   Warum möchte ich Diakon werden?          der mit leichterem Herzen durch zu­       Gegenwart und Zukunft.
     Gute Argument im Weihejahrgang           führen.                                   Die Auferstehungsbotschaft in die of­
                                              Wie geht es dir in diesen Zeiten?         fenen Fragen hinein zu verkünden
     2022.
10   Gemeinsam statt einsam. Synodaler        Papst Franziskus hat zum synodalen
                                              Weg aufgerufen. Er regt das vertiefte
                                                                                        kann natürlich nicht nur die Aufgabe
     Weg und Diakone. Von Andreas Frank.                                                der Diakone und ihrer Ehefrauen sein.
                                              Gespräch unter Weggefährten an. Eine      Da brauchen wir ein besseres ge­
     Diakone in den neuen Ordnungen           gute Idee, in den Diakonenkreisen,
11   Das Beste aus 10 Welten. Österreich-     bei „Treffpunkt Diakone online“ oder
                                                                                        schwisterliches Miteinander mit enga­
                                                                                        gierten Frauen und Männern und den
     Tagung der Diakone und ihrer Ehefrau-    anderen Begegnungen einander zu­          anderen Ämtern und Diensten. Das
     en. Von Andreas Frank                    zuhören und weiterzuhelfen. Mein          Treffen mit PastoralassistentInnen
     Treffpunkt Diakone online. Eine Chan-    Vorschlag ist, dass wir einander stär­    (siehe rechts) hat dazu sicher einen
     ce, viele Mitbrüder und Ehefrauen da-    ken und helfen, unsere Herzen als         Beitrag geleistet. Wir konnten humor­
     heim zu treffen. Von Andreas Frank       seelsorgerliche Menschen beider­          voll an den bekannten „Bruchstellen“
12   Auslese. Ausgewählt von Max Anger-       lei Geschlechts mit Zuversicht und        (Wer predigt? Wer wird bezahlt? ...)
     mann                                     Fröhlichkeit auszustatten. Denn eines     arbeiten und haben das Bewusstsein
                                              weiß ich gewiss: In Zeiten von Spaltung
13   Das Amt weiterdenken.
                                              und Krise in Gesellschaft, Staat und
                                                                                        um die gemeinsame Sache verstärkt.
     Diakonentag am 6. November mit Prof.                                               Wenn uns diese und ande­
                                              Kirche ist unser Dienst als Träger ei­    re Bemühungen dazu verhelfen,
     Johanna Rahner und Kardinal Schön-       ner hellen Hoffnungsperspektive ext­
     born. Von Gertraud Feigl                                                           unser eigenes Herz an der Auf­
                                              rem angefragt!                            erstehungswirklichkeit festzumachen,
     Lebendige Geschichte. Vortrag und
     Podiumsgespräch uzu 51 Jahre Diako-      WIR SIND ZUKUNFT                          werden Krisen und Ängste die Seelen
                                              Beim Begegnungsabend am fünften           der seelsorgerlichen Menschen nicht
     nat. Von Wolfgang Stark.
                                                                                        auffressen!
14   Ausgrenzung überwinden. Sonja
                                              November haben wir uns der Wurzeln                                          

                                              W�i��r�����!
     Adam. Ehefrau von Diakon Markus, im
     Interview. Von Peter Morawetz
     Aus dem Diakonenrat. Von Wolfgang
     Aumann
15   Neues von der Ausbildung Von Peter
     Feigl und Franz Schramml
16   Kurzundgut: Wir sind 51. Bloss nichts
     verpassen. Weiter mit Bildung.
     Über den Zaun schauen

         2 | Diakontakte 3-2021, Nr. 55
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Hörender                                  Historiker meinten, Diakoninnen
                                                            hätten allenfalls aus Gründen der
                                                                                                     Pastoralassistent*in“ schlüpfte und
                                                                                                     eine vorgegebene Situation interpre­

                  Austausch                                 Schicklichkeit bei der Taufe von
                                                            Frauen oder Krankensalbungen ge­
                                                                                                     tierte. Die Erkenntnis daraus: Der
                                                                                                     Pfarrer und sein Leitungsverständnis
                  Am 12. Oktober trafen in Wr. Neustadt     holfen. Damit sei aber keine Weihe       sind ausschlaggebend für ein gelin­
                  23 Diakone ihren Bischofsvikar P.         oder eigene Beauftragung verbun­         gendes Miteinander im Team und in
                  Petrus Hübner OCist. Im Sinne von         den gewesen. Andere Experten sind        der Pfarre.
                  Papst Franziskus war dieses Treffen       überzeugt, es habe durchaus so et­       Um nicht das Trennende hervorzuhe­
                  geprägt vom achtsamen „Aufeinander­       was wie einen weiblichen Diakonat        ben, sondern das Gemeinsame, hiel­
                  Hören“ – es gab keine kontroversiel­      gegeben, zu dem Frauen eigens be­        ten wir auf Kärtchen fest, was wir von
                  len Diskussionen, sondern viele er­       auftragt, eventuell sogar geweiht wor­   der jeweils anderen Berufsgruppe be­
                  mutigende Fragen und Impulse. Z.B.        den seien.                               sonders schätzen, was uns wertvoll
                                                                                                     ist. Das wurde ein sehr vielfältiger
                                                                                                     Lobgesang! Mit einem Segen schloss
                                                                                                     dieser Tag – und der Gewissheit: Das
                                                                                                     machen wir wieder!
                                                                                                     Pastoralassistentin Sonja Hörweg

                                                                                                     Weihe an den
                                                                                                     Wurzeln
© Weissbriacher

                                                                                                     Bischof Manfred Scheuer hat am 5.
                                                                                                     September im Linzer Mariendom
                                                                                                     den Pastoralassistenten und Musik­
                  23 Diakone und ihr Bischofsvikar                                                   schullehrer Gerhard Jessl zum Stän­

                  Woran messen wir, was pastoral gut
                                                            Diakon meets                             digen Diakon geweiht. Jessl hat seine
                                                                                                     Ausbildung zum Diakon am Wiener
                  ist? Machen wir das Richtige richtig?
                  Eucharistie und Wortgottesfeiern – ei­
                                                            PAss               © Gerhard Hladky
                                                                                                     Institut absolviert, gemeinsam mit
                                                                                                     den Mitbrüdern der ED Wien des
                  ne „Konkurrenz“? Wie steht es um un­                                               Weihejahrgangs 2020, und ist dann
                  sere eigene Jesus­Beziehung? Gebe                                                  in seine Heimat Altmünster in der
                  ich Zeugnis von meinem Glauben?                                                    Diözese Linz zurückgekehrt.
                  Auch die Wichtigkeit eines gu­                                                     Ein musikalisches Geschenk er­
                  ten Religionsunterrichts und die                                                   hielt Jessl dabei von seinem Freund,
                  Möglichkeit von „Pfarrmissionen“                                                   dem international renommierten
                  wurden angesprochen. Chancen zur                                                   Perkussionisten Martin Grubinger,
                  positiven Verkündigung sind immer                                                  der beim Weihegottesdienst für be­
                  Taufen, Trauungen und Begräbnisse,                                                 sondere Klänge sorgte. In seiner
                  wo man viele Menschen ansprechen                                                   Predigt betonte Bischof Scheuer mit
                  kann. Alles in allem – ein sehr positi­                                            Blick auf die Biografie Jessls, in der
                  ver Abend.                                                                         etwa das Brucknerkonservatorium
                  Im Vikariat Süd sind derzeit 70                                                    und das Brucknerorchester aufschei­
                  Diakone: 38 im Zivilberuf (früher         Kleingruppen präsentieren                nen, die Verbindung von Musik und
                  e.a.), 13 im kirchlichen Beruf (früher                                             Glaube. „Musik kann die Schönheit
                  h.a.) und 19 entpflichtet.                Gemeinsames und Unterschiedli­
                                                                                                     und Größe des Schöpfers verkün­
                  Wolfgang Aumann                           ches von Diakonen und Pastoral­
                                                                                                     den“, und der Diakonat sei „ein Dienst
                                                            assistentInnen zu finden war das
                                                                                                     an der Freude“, so Scheuer.
                  Neuer Anlauf                              Ziel des ersten Treffens am 9.
                                                            Oktober in der Pfarre St.
                                                                                                     Kathpress/PM                       

                  für Schwestern                            Anton in Favoriten. In
                                                            Kleingruppen sprachen
                  Die von Papst Franziskus im April
                                                                                                                                                  © Diöz. Linz Walkolbingert

                                                            wir über unsere je eige­
                  2020 eingesetzte zweite Kommission        ne Berufungsgeschichte,
                  zum Thema Diakoninnen soll sich           den       Zugang     zum
                  erstmals im September für eine volle      Beruf     und    mögliche
                  Woche getroffen haben. Bestätigt ist      Reibungspunkte.
                  das Treffen seither nicht.                Sehr spannend waren drei
                  2019 war eine erste Arbeitsgruppe         Rollenspiele, in denen je­
                  zu keinem Ergebnis gekommen.              weils eine Person in die
                  Etwa die Hälfte der Theologen und         Rolle „Priester, Diakon, Gerhard Jessl (Mitte) mit Bischof Scheurer

                                                                                                               Diakontakte 3-2021, Nr. 55 |   3
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Weltweite Zeichen der Zeit
                                                           Liturgiekommission     zum       Thema
                  Geistlicher Impuls von Spiritual
                                                           Aufarbeitung der Pandemie hat mich
                  Franz Ferstl                             sehr betroffen gemacht: „Durch

                  G
                         lobale      Herausforderungen     die Globalisierung sind wir al­            im Umgang mit Mitmenschen – der
                         brauchen das Mitwirken aller      len Menschen zu Nachbarn gewor­            verstorbene Bischof Florian Kuntner
                         Menschen guten Willens. Die       den, nun geht es darum, dass wir als       – hat uns in Sachen Gesellschafts­
                  Einleitung zum Synodalen Prozess         Nachbarn Geschwister werden“. Eine         verantwortung gelehrt: „Bevor ihr ur­
                  bringt es auf den Punkt: Es geht nicht   große Herausforderung die uns al­          teilt, versucht in den Schuhen der
                  um die Kirche und ihre Zukunft, es       le angeht. Geschwister leben nicht         Anderen zu gehen“. Diese Einladung
                  geht um die Bewältigung der gewal­       nur nebeneinander, sondern über­           ist immer in meinem Ohr, wenn ich
                  tigen Herausforderungen, wie der         nehmen füreinander Verantwortung.          Zeuge einer Auseinandersetzung über
                  Covid­19­Pandemie und des weltwei­       So sollen wir aus Rücksicht und            verschiedene Ansichten werde, oder
                  ten Klimawandels.                        Respekt, aus Wertschätzung und aus         selbst versucht bin, mir über einen
                  „Die gemeinsame Tragödie … hat das       geschwisterlicher Verantwortung die        anderen Menschen, der eine andere
                  Bewusstsein geweckt, als eine weltwei­   „Schwächeren“ unserer Gesellschaft         Meinung vertritt, ein Urteil zu bilden.
                  te Gemeinschaft in einem Boot zu sein    schützen und sie nicht in Gefahr brin­     Erst wenn ich bereit bin, mich ganz in
                  … und wir haben uns daran erinnert,      gen.                                       den Anderen hinein zu versetzen, zei­
                  dass keiner sich allein retten kann,     Wenn uns schon die Globalisierung          ge ich nicht nur meine Wertschätzung
                  dass man nur Hilfe erwarten kann, wo     neue Nachbarn bringt, müssen               seiner Einstellung gegenüber, sondern
                  andere zugegen sind. Die Menschheit      wir Christen es als Chance und             nehme ich ihn auch als „Bruder und
                  besitzt noch die Fähigkeit zusammen­     Herausforderung sehen, sie auch so zu      Schwester“ an und ernst.
                  zuarbeiten, um unser gemeinsames         behandeln und ihnen Vertrauen und          Der Synodale Prozess, zu dem uns
                  Haus aufzubauen.“ (Laudato si’ LS 13)    Würde zu schenken. Vertrauen, auch         Papst Franziskus einlädt, ist ei­
                  Als Einzelne fühlen wir uns da über­     wenn Nachbarn anderer Gesinnung            ne Chance, die vielen anstehen­
                  fordert und ohnmächtig und „besitzen     und Meinung sind. Gerade die Vielfalt      den Probleme der Kirche und der
                  doch als Menschheit die Fähigkeit,       der Menschen und ihrer Kulturen            Gesellschaft zu lösen zu versuchen,
                  unser gemeinsames Haus aufzubau­         ist ein Geschenk, sie will uns zum         aber auch, diesen Prozess als per­
                  en“. Wir sind unserem Gewissen ver­      Nachdenken und Weiterwachsen               sönliche Herausforderung für mein
                  pflichtet, davor nicht die Augen zu      anregen. So gilt es, die verschiede­       Denken und Handeln aufzugreifen.
                  verschließen, sondern gemeinsame         nen Zugänge zum Leben und zur              „Gemeinsam gehen“ setzt ein gro­
                  Handlungsweisen auf die Fragen der       Gesellschaft wertschätzend aufzu­          ßes Vertrauen in das Miteinander vo­
                  Gegenwart zu suchen.                     greifen und zu akzeptieren. Wenn ein       raus. So ist der erste Punkt in die­
                                                           Mensch andere Erfahrungen mitbringt        ser Wegbeschreibung, Weggefährten
                  UNSERE NACHBARN                          und nicht so denkt wie ich, ist er nicht   zu suchen. Daran hängt gleich die
                  ALS GESCHWISTER                          eine Gefahr, sondern eine Chance für       Frage, „wer bittet darum, gemeinsam
                  ERKENNEN                                 mich in den Schuhen des Anderen ge­        zu gehen?“ Habe ich oder suche ich
                  Eine Aussage in den Referaten ei­        hen zu lernen                              „Weggefährten im Glauben? Oder suche
                  ner Tagung der Österreichischen          Mein großes Vorbild und Lehrmeister        ich nur Gleichgesinnte, die mich bestä­
                                                                                                      tigen und meine Meinung teilen? Eine
                                                                                                      erste missionarische Herausforderung,
                                                                                                      in der ich mich selbst ins Spiel setze.
                                                                                                      Oder das zweite Thema: Zuhören – mit
                                                                                                      dem Herzen – mich in die Anderen hin­
                                                                                                      einversetzen, oder das dritte, „Das Wort
                                                                                                      ergreifen und in Freimut sprechen“
                                                                                                      usw. Alles Aufforderungen, die zuerst
                                                                                                      eine innere Gewissenserforschung
                                                                                                      brauchen, um sie gesellschaftsfähig zu
                                                                                                      machen und auf die großen Fragen der
© Vatican Media

                                                                                                      Zeit anzuwenden.
                                                                                                      Gehen wir gemeinsam Schritt für
                                                                                                      Schritt, so kann der gemeinsame Weg
                                                                                                      gelingen.                            

                  4 | Diakontakte 3-2021, Nr. 55
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Entweder – oder!
Die Spaltung in unserem Leben und unserer Gesellschaft

Von Uwe Eglau

D
        er bekannte Schweizer Psycho­
        therapeut     C.    G.    Jung
        hat als eine der wichtig­
sten Lebensaufgaben des einzel­
nen Menschen den „Individua­
tionsprozess“ benannt: die Aufgabe
der Selbstwerdung – in jedem Tag
meines Lebens. Der Mensch sollte
im Laufe seines Lebens immer mehr
zu seinem „wahren Selbst“ werden;
christlich gemeint, so werden, wie
Gott ihn gemeint hat.
Zu solch einem Prozess bedarf es ei­

                                                                                                                                 pixabay
nes stabilen Beziehungsgeschehens
im Leben von der Geburt an. Eltern,
Erziehungsberechtigte sollten einen
dazu ermutigen, eigene Wege zu fin­
den und zu gehen, auch wenn diese          Liebesentzug und Verlassen werden.       Richtig und falsch, schwarz und weiß
teilweise nicht dem Mainstream ent­        Nur wenn ich gewünschtes Verhalten       werden zum Maß der Weltsicht, das
sprechen und durchaus auch unbe­           liefere, werde ich belohnt, gelobt       Bunte und Lebendige „Sowohl­als­
quem werden können. Habe ich ein           und ausgezeichnet. Daher können          auch“ geht verloren. So werden wir zu
solch stabiles und förderndes Eltern­      sich aber wesentliche individuelle       „Normopathen“ (H.­J. Maaz) erzogen,
und Erziehungsgebäude, so kann ich         Selbstanteile nicht entwickeln oder      stets normal und angepasst, überkor­
zu einer authentischen Persönlichkeit      werden bei ihrer Entfaltung behin­       rekt und überkonform.
heranwachsen und ein Leben lang            dert. Der Mechanismus, der hier am
bleiben.                                   besten funktioniert, ist die Kontrolle   MACHT DURCH ANGST
Aber wer wächst denn in unserer            des Lebens des Kindes durch Angst.       Wie diese Spaltung in unserem in­
Gesellschaft, in Österreich so auf?        Erwin Ringel, aber auch Sigmund          dividuellen Leben zu Stagnation
Erwin Ringel hat in seinem lesenswer­      Freud, Alfred Adler und Viktor Frankl    und Unlebendigkeit führen kann, so
ten Buch „Die österreichische Seele“       haben immer wieder darauf hinge­         kann eine Gesellschaft vieler solcher
treffend formuliert: „Österreich ist ei­   wiesen, dass wir in einer unreifen       Menschen auch im gesellschaftlichen
ne Brutstätte der Neurose!“ Wäre dem       Gesellschaft leben und Angst niemals     Diskurs zu solch einem Verhalten füh­
nicht so, möchte ich historisch ein­       ein guter Ratgeber sein kann. Wer sein   ren. Menschen, die nicht im wahren
werfen, so wären in Österreich die         Leben in Angst lebt, reagiert nur mehr   Selbst zu stehen versuchen, brauchen
drei bekanntesten, heute weltweit          und sucht im Außen seine Erlösung.       in ihrem Erwachsenenleben später
gelehrten und praktizierten psycho­        Er kann aber nicht mehr agieren.         „Führerpersonen“, die ihnen wie in
therapeutischen Schulen nicht er­          Irgendwie müssen wir es aber schaf­      der Kindheit sagen, was sie zu tun
funden und entwickelt worden: Die          fen, mit dieser Fälschung leben zu       und zu lassen haben, was gut und bö­
Psychoanalyse von Sigmund Freud,           können. Dazu helfen uns vor allem        se ist.
die Individualpsychologie von Alfred       psychosoziale     Abwehrfunktionen,      Dieser Mechanismus führte in den
Adler und die Logotherapie und             besonders die der Spaltung. Mit der      letzten 20 Monaten, beginnend aber
Existenzanalyse von Viktor E. Frankl.      Spaltung in mir selbst nehme ich         schon viel früher, zu einer Spaltung
                                           unliebsame, verpönte, tabuisier­         der Gesellschaft in Österreich und
ANGST SUCHT ERLÖSUNG                       te und geleugnete seelische Anteile      teilweise auch auf der ganzen Welt.
Was passiert aber, wenn wir eben nicht     in mir nicht wahr. Unerträgliche         Notwendig wären Menschen in un­
optimal erzogen werden und sich            Vorstellungen der eigenen Person         serem Land und auf der Welt, die ei­
so ein „falsches Selbst“ in unserem        werden so der Selbstwahrnehmung          ne „Allparteilichkeit“ leben würden.
Leben ausbreiten kann? Der Grund           entzogen, ausgesperrt und unter          Nicht ein Entweder­oder, sondern ein
dieser Entwicklung ist eine bereits        Umständen auf andere projiziert. So      Sowohl­als­auch würden uns sehr gut­
früh einsetzende Beziehungsstörung.        nehmen wir dann nur mehr „böse“          tun. Dialog und Diversität in Österreich
Zum falschen Selbst wird man durch         bei den anderen wahr, um uns selbst      würden uns viel weiterbringen als
Androhung von Abwertung, Strafe,           als „gut“ einschätzen zu können.         Lagerbildung in Gut und Böse. Rainer

                                                                                              Diakontakte 3-2021, Nr. 55 |   5
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Mausfeld, Professor für Psychologie,      über den Tellerrand hinaus zu blicken.   Meine Lieben! Ich habe eine Bitte an
beschäftigt sich seit Jahrzehnten         Das kann für uns zu einem schmerz­       Euch: Beginnt Euer Leben selbst zu
mit den Mechanismen der Macht.            haften Prozess werden, aber das ist      leben; überlasst das nicht anderen.
Eines der wichtigsten Instrumente,        mit Individuation gemeint. Nicht nur     Werdet lebendige Menschen. Denn
Macht aufrechterhalten zu kön­            die tollen und schönen Seiten von        die sind die größte Freude Gottes.
nen, ist Angst zu verbreiten. Unsere      mir selbst wahrzunehmen, sondern         Er will, dass wir in der Freiheit der
Eltern und Erziehungsberechtigten         auch die dunklen und falschen, um        Kinder Gottes leben.
tun dies, bis wir selbst in einem         so zu mir selbst zu werden. Religiös     Ich möchte mit Aristoteles enden,
Selbstwerdungsprozess diesen Me­          gesprochen meint das wohl, dass ich      der sinngemäß meinte: „Wer seine
cha­nismus durchschauen und un­           den Heiligen Geist in mein Leben las­    Freiheit für die Angst aufgibt, der hat
ser wahres Selbst zu entdecken be­        se und ihn bitte, mich zu formen und     es verdient, Sklavin und Sklave zu
ginnen. Und die Politiker tun dies im     zu erfüllen. Dann werde ich zu einem     sein.“
Glauben, damit ihre Macht weiter aus­     vereinenden Menschen, nicht zu ei­
bauen zu können.                          nem trennenden. Dann werde ich ge­       Literaturempfehlungen:
Die bekannte jüdische Denkerin und        gen die Spaltung der Menschen in un­     Ringel, Erwin: Die österreichische
Philosophin Hannah Arendt hat in ih­      serem Land auftreten und zu einem        Seele, K&S Verlag
ren Schriften Menschen aufgefordert,      vereinenden Menschen werden.             Drewermann, Eugen: Vertrauen
„Denker ohne Geländer“ zu werden.         Werdet zu einer neuen „Bewegung“,        kann man nur auf Gott, Publik-
Wäre das nicht sowieso die Aufgabe        im Geiste Christi, die etwas Neues be­   Forum Verlag
von uns Christen?                         wirkt; wie Karl Rahner meinte. Habt      Gruen, Arno: Wider den Gehorsam,
                                          den Mut, eindeutig ja oder nein zu sa­   Klett-Cotta Verlag
TRENNEN ODER VEREINEN                     gen. Habt Mut zum Wagnis. Denn die       Mausfeld, Rainer: Angst und Macht,
Mir scheint es in Teilen der Gläubigen    Zusage Jesu ist klar und eindeutig:      Westend Verlag
zu einer Zurückgezogenheit und            „Wer an mich glaubt, der wird leben,     Mausfeld, Rainer:
Verängstigung gekommen zu sein.           auch wenn er stirbt!“ und „Fürchtet      Warum schweigen die Lämmer?
Um die Spaltung unseres Landes zu         euch nicht! Ich bin bei euch alle Tage   Westend Verlag
überwinden, lohnt es sich immer,          eures Lebens, bis zum Ende der Welt!“    Hans-Joachim Maaz: Das falsche

Warum Sie sich impfen lassen sollen
Ein Plädoyer für die eigene Gesundheit und die anderer
Von Peter Bartsch                         wieder so fit und sportlich, wie er es   diskutiert, sind aber äußerst selten.
                                          vorher war.                              Und schließlich: Die Coronaimpfung

I
   ch bin weder Virologe noch             Auch wenn viele Menschen eine            ist kein Neuland mehr – bisher wur­
   Intensivmediziner und schon gar        Infektion mit milden oder gar kei­       den über 6 Milliarden Impfdosen
   kein Statistiker. Ich bin Arzt für     nen Symptomen erleben – die schwe­       weltweit verabreicht.
Allgemeinmedizin – früher mit al­         ren Verläufe haben es in sich: Mit       Was spricht dagegen? Reaktionen
len Kassen, jetzt Wahlarzt und vor        Influenza (Grippe) liegt man eini­       wie Fieber, Kopfschmerzen etc. gibt
allem Diakon seit meiner Weihe im         ge Tage auf einer Intensivstation. Mit   es oft. Wenn Sie sich also impfen las­
September 2020.                           Corona oft mehrere Wochen! Dazu          sen, bitte Mexalen gegen Fieber und
Zuerst hielt ich Corona für so et­        kommen Spätfolgen wie Schmerzen          Schmerzen zu Hause haben, nach
was wie eine Grippe (Influenza),          oder Atemnot.                            der Impfung ein bis zwei Tage keine
und diese „echte“ Grippe ist sehr                                                  schwere körperliche Belastung.
oft, wie ich aus eigener Erfahrung        PRO UND CONTRA                           Bitte lassen Sie sich also unbedingt
weiß, eine schwere Erkrankung. Bis,       Dauernd wechselnde Verordnungen          impfen! Es geht vor allem um Ihren
ja bis erste Bekannte und Patienten       und Einschränkungen machen un­           eigenen Schutz vor einer äußerst ge­
an Corona erkrankten. So lag ein          sicher und ratlos. Man kann dar­         fährlichen Erkrankung, aber auch
Kollege eine Woche wegen Corona           an erkennen, dass medizinische           um         Behandlungsmöglichkeiten
im Krankenhaus, nicht auf der             Wissenschaft irren kann, sich vor­       und Schutz unserer Mitmenschen.
Intensivstation, aber er erhielt durch­   antastet. Was man allerdings sicher      Das verdeutlicht ein Erlebnis der
gehend Sauerstoff. Beeindruckend          weiß: Aus einer Corona-Infektion         letzten Woche: Ich brauchte ein­
seine Erzählung über die Entlassung       kann sehr oft eine sehr, sehr gefähr­    einhalb(!) Stunden, um für eine
aus dem Spital: Er habe gerade einige     liche Erkrankung werden! Was man         über 90-jährige Dame mit schwe­
Meter vom Taxi ins Haus zum Aufzug        ebenso weiß: Es gibt dagegen eine        ren      Rückenschmerzen,       verur­
gehen können. Ohne Aufzug hätte er        Impfung!                                 sacht durch mehrere bereits ältere
es nicht in den ersten Stock geschafft.   Was spricht für eine solche Impfung?     Wirbelkörperbrüche, ein Spitalsbett
Auch mehrere Wochen danach war            Sie schützt die meisten Menschen         zu organisieren. Zu viele Betten sind
er froh, sich in seiner Wohnung be­       zumindest vor schweren Verläufen.        durch Coronapatienten belegt!      
wegen zu können. Hoffentlich wird er      Nebenwirkungen werden zwar breit

6 | Diakontakte 3-2021, Nr. 55
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Zum Thema Impfskepsis
Warum man auch kritisch sein sollte

Von Kurt Fellner                         lich und vernünftig argumentieren.        als Nachweis, dass die Erstimpfung

W
                                         Solcherart gewann ich den Eindruck,       erfolgreich war, andererseits um ei­
         ir wurden immer geimpft,        dass da etwas laufen soll, aber nicht     ne Autoimmunreaktion ausschließen
         meine     Schwester      und    mit Vernunft zu begründen ist. Also       oder in ihrer Schwere abschätzen zu
         ich: Als Kind musste ich        etwa      türkisch­amerikanisch­deut­     können? Das gilt besonders für eine
mich auf die Entscheidungen mei­         sche Packelei im Pharmabereich            zweite „Auffrischung“; auch hier wie­
ner Eltern verlassen. Später lernte      statt umfassender Suche
ich mehr und mehr, warum meine           nach Hilfe? Warum wer­
Eltern so entschieden hatten, in der     den Passivimpfungen, die
Schule und dann im Realgymnasium         es bereits gibt, einfach igno­
in Naturgeschichte: Immunität und        riert? Warum gibt es noch
Impfung, Aktiv­ und Passivimpfung,       keinen Totimpfstoff nach
Lebend­ und Totimpfung.                  Art der Grippeimpfung?
Nun gibt es eine neue Art der            Warum werden zuerst Alte
Impfung: mRNA — hat sich bei             und Kranke geimpft statt
HIV als nicht zielführend erwiesen!      gesunder Junger — hoffent­
Viele verwenden das Kürzel, aber         lich nicht deswegen, weil
Menschen, die gerne Abkürzungen          bei ihnen Todesfälle wenig
verwenden, wissen oft nicht, was sie     überraschen und sie in der
bedeuten; das scheint vor allem für      Wirtschaft nicht abgehen?
Journalisten und Politiker, aber auch    Wieso wird ein Impfstoff
für Verkäufer zu gelten. Mediziner       zugelassen und als si­
verschanzen sich seit jeher gerne hin­   cher bezeichnet, wenn es
ter meist lateinischen oder griechi­     dann Todesfälle gibt? Also
schen Fachausdrücken. Information        doch geschludert bei der
fehlt mir von offizieller Seite fast     Zulassung? (Wie seinerzeit
gänzlich (Regierung, ORF), stattdes­     bei der Schweinegrippe in
sen erlebe ich Meinungsmache und         Schweden: Todesfälle trotz
Diskriminierung Andersdenkender,

                                                                                                                            pixabay
                                         Zulassung.)
das erinnert schon sehr an autoritä­     Nach dem, was ich ge­
re Staaten.                              funden habe zum neu­
VERSTÄNDLICHE                            en Impfverfahren, ist die kriti­          der: Alte voran...
                                         sche Impfung die zweite: die be­
ARGUMENTE                                reits vorhandenen Antikörper atta­
                                                                                   Trotzdem habe ich mich als
Natürlich kann man sich heute auch                                                 Versuchskaninchen zur Verfügung
                                         ckieren nun körpereigene Zellen,          gestellt   (ausreichend     Erfahrung
anderswo informieren: Internet. Da
                                         z. B. Endothelzellen, also eine Art       gibt’s erst nach etwa fünf Jahren
wurde ich durchaus fündig, die kri­
                                         Autoimmunreaktion — und wie lan­          Impfpraxis), aber die Entscheidung
tischen Stimmen überwiegen eher,
                                         ge hält die an? Warum wird nicht vor­     muss jeder für sich treffen, die kann
sind aber oft die, die verständ­
                                         her auf Antikörper getestet, einerseits   man nicht fordern!                 
                                                                                                                                © Feigl

                                                                                             Diakontakte 3-2021, Nr. 55 |   7
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Wo wohnt Gott?
                                                                                       wird selbst Mensch, um unser Leben
                                                                                       mit uns zu teilen, bis hin zum Tod am
                                                                                       Kreuz, jenem erschütternden Erweis
                                                                                       seiner totalen Liebe und Hingabe!
Die Weihnachtsbotschaft, einmal anders betrachtet
                                                                                       Jesu Leben und Handeln befreit uns von
                                                                                       der alten religiösen Angst, vor Gott nicht
Von Georg Pawlik                           sehen hat noch je zu sehen vermag;          bestehen zu können. Diese Befreiung
                                           Ihm gebührt Ehre und ewige Macht.           von der allen anderen Religionen inne­

J
    edes Jahr verkünden wir in der         Amen (1 Tim, 13­16)                         wohnenden Angst nennen wir Christen
    Mette das Weihnachtsevangelium,                                                    ERLÖSUNG – „Fürchtet euch nicht“ und
    wie es uns der Evangelist Lukas         HIMMELS-ZELT                               „der Friede sei mit euch“ – dies ruft uns
überliefert hat. (Lk 2,1­20) Die kür­       Mit der Menschwerdung Gottes ist für       Jesus immer wieder zu. Jesus Christus
zeste Botschaft von der Geburt Jesu         uns Christen diese Frage aus unserem       ist die menschgewordene Liebe des
hat uns der Evangelist Johannes, ein­       Glauben heraus beantwortet. In Jesus       Vaters, ER macht leibhaft erfahrbar, wer
gebettet in seinen gewaltigen Prolog,       Christus zeigt Gott, im Unterschied        Gott ist.
hinterlassen. (Joh 1, 1–18)                 zu allen anderen Religionen seine un­
                                                                                       Dieses „Zelten Gottes mit sei­
Und das Wort (Logos) ist Fleisch ge­        endliche Liebe zu seinen Geschöpfen.
                                                                                       nem Volk“ hat seinen vorläufigen
worden und hat unter uns gewohnt.           Alle Weltreligionen kennen zwar ei­
                                                                                       Höhepunkt in der Geburt Jesu. Der
(Joh 1,14). Aus dem Griechischen            nen Gott oder auch mehrere, die im
                                                                                       absolute und bleibende Höhepunkt
übersetzt heißt es: ... und hat sein        Himmel oder in anderen unerreichba­
                                                                                       wird erreicht, wenn Jesus wieder­
Zelt unter uns aufgeschlagen. Diese         ren Sphären wohnen und deshalb für
                                                                                       kommt und der Himmel über alles re­
Übersetzung entspricht auch eher der        den Menschen immer unerreichbar
                                                                                       giert – wenn sich Raum und Zeit in
jüdischen Gotteserfahrung. Der Gott         bleiben. Der Gott Israels hat dagegen
                                                                                       der Unendlichkeit Gottes auflösen.
Israels war ein „Zeltgott“ – Gott zog mit   Interesse an unserer Welt und ist dort,
                                                                                       Die zentrale Weihnachtsbotschaft,
seinem Volk und hat mit ihm auch das        wo die Menschen sind. Noch mehr, ER
                                                                                       aus diesem Blickwinkel betrach­
Zelt geteilt. Israel hatte den Glauben,
                                          Kirchenkrippe Altlerchenfeld      © Pawlik   tet, lautet: Gott will bei uns sein Zelt
dass das Wohnen Gottes bei sei­
                                                                                              aufschlagen, gewähren wir im
nem Volk immer ein „Zelten“ ist,
                                                                                              Einlass!
ein Mitwandern, ein Auf­dem­
Weg­sein mit seinem Volk. Herr,                                                              Der Prophet Jesaja hat schon et­
wer darf Gast sein in deinem Zelt,                                                           wa 700 v. Chr. erkannt und ge­
fragt z.B. der Psalmist? (Ps 15,1)                                                           schrieben: Als Heiliger wohne
Schon früh denkt Israel darü­                                                                ich in der Höhe, aber ich bin
ber nach, wie die Herrlichkeit                                                               auch bei den Zerschlagenen
Gottes, seine Transzendenz, sein                                                             und Bedrückten, um den Geist
„Wohnen im unzugänglichen                                                                    der Bedrückten wieder aufle­
Licht“ (1 Tim 6,16) mit seinem                                                               ben zu lassen und das Herz
Zelten bei seinem Volk vereinbar                                                             der Zerschlagenen neu zu be­
ist. Gott „lebt außerhalb unseres                                                            leben. (Jes 57, 15) Im Handeln
Erfahrungsraumes“, ER bleibt da­                                                             Jesu wird Jesajas Prophezeiung
her auch für uns immer unerreich­                                                            erfüllt. Ist das nicht eine
bar, ER, der im unzugänglichen                                                               hoffnungsvolle     und    frohe
Licht wohnt, den kein Mensch ge­                                                             Weihnachtsbotschaft?
                                                                                             Weihnachtsbotschaft?.       

  Jesus, du Mittler
Zum Vater, der uns die Welt überlassen hat und will, dass wir sie als seine Geschöpfe gestalten
Zum Vater, der uns das Leben schenkte und will, dass wir alle unsere Talente entfalten
Zum Vater, der uns alle Menschen als Geschwister gab und will, dass wir einander wertschätzen
Zum Vater, der uns Hoffnung und Zukunft gab, damit wir in Freude die Gegenwart annehmen
Zum Vater, der uns die Liebe anvertraute und will, dass wir wachsen und Leben weitergeben
Zum Vater, der jeden Menschen liebt und uns einlädt, als Geschwister die Welt zu gestalten
Zum Vater, der will, dass wir einander wertschätzend begegnen
Zum Vater, der uns für die Ewigkeit geschaffen hat und will, dass wir das Gegenwärtige annehmen
und das Zukünftige freudig erwarten.
  Franz Ferstl

8 | Diakontakte 3-2021, Nr. 55
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Warum möchte ich Diakon werden?
Gute Argumente im Weihejahrgang 2022

M
          an möchte meinen, dass man bei zehn Personen, die man nach einem „Warum“
          fragt, zehn verschiedene Antworten bekommt. Bei unseren Herren gibt es aber
          mehr Übereinstimmungen als man denkt.
„EINE STIMME GEBEN“
„Ich möchte den Menschen die Liebe Gottes erfahrbar ma­
chen, ein Brückenbauer zwischen den Menschen und zwi­
schen Kirche und Menschen sein. Ich möchte Menschen
für Jesus begeistern und sie in Freude und Leid, Hoffnung
und Angst begleiten. Ich möchte auf Menschen am Rand
der Pfarre und der Gesellschaft schauen und ihnen eine
Stimme geben“, schreibt der Mediziner Fritz Horak. Auch
bei Helmut Schneider, selbst Krankenpfleger, steht das „Für
Andere“ ganz im Vordergrund: „Ein mehr an Verkündigung
und Zeugnis, ein mehr an Caritas, ein mehr an Stimme de­
nen zu geben, die keine Lobby in der Gesellschaft haben.
Konkret werden betont dabei der Burgenländer Andreas
                                                               © Feigl

Wurzinger: „Ich möchte Diakon werden, um durch mein
Leben und mein Tun, in der Nachfolge Jesu, der frohen

                                                                                                                             © Feigl
Botschaft in dieser Welt ein Gesicht und eine Stimme zu
geben, indem ich dort anpacke und Partei ergreife, wo die
Not am Ärgsten drückt.“

„EIN ZEICHEN DER TREUE UND                                    nen Leben diese Gegenwart Gottes real erfahren habe. Ich
DANKBARKEIT“                                                  möchte den Menschen helfen ebenso Kraft, Geborgenheit,
                                                              Frieden und Hoffnung für Ihr Leben schöpfen zu können.“
„Durch die Gnade, die in Verbindung mit der Weihe zum
Diakon einhergeht, ist meine Nähe in besonderer Weise zu      „ZEIT, TROST UND HOFFNUNG
Jesus gegenwärtig und darf so in Wort und Tat vertiefend      SCHENKEN“
meine Treue zum HERRN unter Beweis stellen, “ erklärt         Stefan Guczogi, Urgestein aus dem Steinberg­Dörfl, er­
Josef Leuthner, der Senior der Gruppe. Walter Rohringer       zählt aus einer Sitzung im Seelsorgeraum: „Da hat der zu­
Organisationsprofi und Weinbauer ergänzt: „Es gab eini­       ständige Pfarrer bei jedem zweiten Wort, bei dem es um
ge entscheidende Begegnungen in meinem Leben, die mir         Tätigkeiten in der Pastoral ging, gesagt: ‚Dafür hab ich kei­
klarmachten, dass es Wichtigeres gibt als Karriere, Geld      ne Zeit.‘ Das hat mich bestärkt den Weg zum ständigen
und Party. Ich erkannte, dass ich ein von Gott geliebter      Diakon eizuschlagen und mich für diesen Dienst an den
und geleiteter Mensch bin … das möchte ich weitergeben.“      Menschen in meiner Umgebung zu Verfügung zu stellen.“
„Gemeinsam als Kirche unterwegs zu sein, macht Spaß“          Ähnliches bewegt den langjährigen Pastoralassistenten
bestätigt Markus Weiss, seit frühen Tagen durch die KJ        und Religionslehrer Hermann Widy, auch mit Blick auf
geprägt: „In Verbindung mit Gott, von ihm gehalten, kön­      die baldige Pension: „Die Frage, wie ich in Zukunft für das
nen wir hier auf Erden für andere und uns vieles zum          Reich Gottes wirken kann, drängte sich immer stärker auf.
Guten wenden. Das glaube ich, davon möchte ich erzäh­         Als Diakon kann ich ein Zeichen der Gottverbundenheit
len und es gemeinsam mit anderen feiern.“ „Das diako­         setzen und in mehrfacher Form ehrenamtlich wirken.
nale Tun muss sich nicht nur in der Pfarrarbeit erschöp­      Die Liebe Gottes weitergeben, das sehe ich als meinen
fen“, ergänzt Matthias Nemeth, der an vielen kirchlichen      Auftrag.“ Und Sebastian Hoogewerf, selbst schon viel in
Hotspots zu finden ist. „Durch diesen Dienst wünsche ich      der Welt herumgekommen, spannt dabei den Bogen auf
mir in Begegnungen und Gesprächen, auch im Rahmen             das ganze Leben: „Für den Anderen da zu sein – auf eine
der kategorialen Seelsorge, unter anderem in Polizei und      neue Art und Weise. Trost und Hoffnung zu schenken, in­
Sicherheitsverwaltung, um Raum zu geben für den Dienst        dem man befähigt wird, die Nöte des Augenblicks durch
am Nächsten, der das Antlitz des leidenden Christus in        Gebet, Liturgie und pastorale Fürsorge zu lindern.“
sich trägt.“                                                  Was auch immer diese Herren bewegt, es ist schön zu se­
Helmuth Waismayr weiß sich dabei von seinem Glauben           hen, dass sie ihre Zeit und Kräfte gerne in unsere Kirche
gestützt und gestärkt: „Ich glaube den Menschen eine au­      einbringen wollen.                                        
thentische Antwort geben zu können, weil ich eben in mei­

                                                                                              Diakontakte 3-2021, Nr. 55 |   9
Diakontakte Gespaltene Gesellschaft - Diakon.at
Gemeinsam statt einsam
Synodaler Weg und Diakone
                                                                                   iStock
Von Andreas Frank                                                                           Natürlich kann auch jedes

P
                                                                                            andere Thema eingegeben
      apst Franziskus meint:                                                                werden!
      Bei dieser Synode                                                                     Diakone und Ehefrauen,
      sind alle ChristInnen                                                                 die ihren Standpunkt
gefragt! Zu dem von ihm                                                                     einbringen        möchten,
ausgerufenen     Weg     hat                                                                schicken uns bitte ih-
der Diakonenrat folgende                                                                    re Stellungnahme bis 10.
Themen für eine Beteiligung                                                                 Jänner 2022 an:
der Diakone aus unserer                                                                     diakonat@edw.or.at
Diözese beschlossen:                                                                        Wir nehmen es in die
1. Was hat die Zeit der Corona-                                                             Eingabe des Diakonenrates
Krise aus uns gemacht?                                                                      auf und senden es an das
   ◆ In welcher Weise haben                                                                 Pastoralamt weiter.
   wir die Pandemie gemeinsam ge­        des Punktes 8 heraus zum Thema          Unabhängig von diesem extrem
   meistert?                             „Autorität und Teilnahme“.              knappen Einsendungstermin ist der
   ◆ Was haben wir gelernt, welche         ◆ Wie wird in unserer Diözese die     synodale Vorgang auf Ebene diöze­
   Fehler haben wir gemacht, wie ge­       Autorität ausgeübt?                   saner Gespräche bis zum Abschluss
   hen wir mit den entstandenen            ◆ Wie sieht die Praxis der Team­      durch die Weltbischofssynode im
   Spannungen um?                          arbeit und der Mitverantwortung       Herbst 2023 möglich. Dazu hat un­
   ◆ Wo entdecken wir, dass Gott ge­       aus?                                  ser Spiritual Franz Ferstl die gute
   wirkt hat und wie können wir einan­     ◆ Wie werden die laikalen Dien­       Idee von monatlichen Impulsbriefen
   der davon erzählen?                     ste und die Übernahme von Ver­        zur Gesprächsanregung in Diakonen­
   ◆ Welche Erkenntnisse erzielen          antwortung durch die Gläubigen        kreisen oder zum persönlichen
   wir daraus für unser pastorales         gefördert?                            Nachdenken. Er will auf Basis der
   Handeln?                                ◆ Wie funktionieren die synodalen     päpstlichen Einladung den synoda­
2. Aus dem Vorbereitungsdokument           Gremien in unserer Diözese? Stellen   len Weg als geistlichen Weg für die
des Vatikans greifen wir die Fragen        sie eine fruchtbare Erfahrung dar?    Diakonengemeinschaft umsetzen. 

Diakone in den neuen Ordnungen
N
        eue Ordnungen auf Dekanats­      fasst die Mitgliedschaft im Vermö­      amtlichen Diakonen gesehen wer­
        und Pfarrebene sollen der        gensverwaltungsrat (VVR), wo die        den, aber auch eine Entlastung sein
        Diözesanreform         gerecht   Möglichkeit zur Mitgliedschaft für      um sich auf das Aufgabengebiet
werden. Für Diakone mit / ohne           Pfarrangestellte und hauptamtliche      des Diakons zu konzentrieren und
Zivilberuf ist die Teilnahme an den      Diakone bzw. Pastoralassistentinnen     es denen zu überlassen, die in die­
Dekanatskonferenzen verpflichtend        und ­assistenten beendet wur­           sem Bereich auch tätig sind und –
(vgl. Pkt 2.1.1 & 2.1.3.), da auch der   de, da einerseits der VVR gegen­        wie manche unserer Diakone mit
Dechant darauf schauen muss, dass        über Pfarrangestellten auf der          Zivilberuf auch gelernt haben.
sie zu einem Termin (Uhrzeit) statt­     Dienstgeberseite ist und zum ande­      Weitere     Änderungen        betreffend
finden soll, zu dem auch die eingela­    ren die Tätigkeit im VVR eine ehren­    PGR, Gemeindeausschuss, Pfarrlei­
denen Ehrenamtlichen möglichst da­       amtliche Tätigkeit umfasst. Priester    tungsteam, Pfarrverbände und Seel­
ran teilnehmen können.                   & ehrenamtliche Diakone können in       sorgeräume findet ihr auf unserer Website
Zur Beteiligung an der Erstellung des    Ausnahmefällen Mitglied sein, aber      www.erzdioezese­wien.at/diakon.
Ernennungsvorschlages für einen          es erfordert die Zustimmung des         Das Dekanatsstatut ist seit 1. Sep­
Dechanten sind auch die Diakone          Pfarrers. Beide, haupt­und ehrenamt­    tember 2021 in Kraft und die Ordnun­
berechtigt. (vgl. 3.5.1)                 liche Diakone können aber nicht in      gen für pfarrliche Gremien (2021) gel­
                                         die Funktion des Geschäftsführenden     ten ab der PGR­Wahl am 20. März 2022,
„ORDNUNG FÜR                             Vorsitzenden bestellt werden.           mit Ausnahme der Wahlordnung (ab
PFARRLICHE GREMIEN“                      Das kann natürlich einerseits als       1. September 2021).                
Die wohl größte Änderung um­             Bruch zwischen ehren­ und haupt­

10 | Diakontakte 3-2021, Nr. 55
Das Beste aus 10 Welten
      Österreich-Tagung der Diakone und ihrer Ehefrauen
                                                                                          in der Theologie des Diakonats her­
                                                                                          vor. Sein berühmter „Außenminister“­
      Andreas Frank                               um „Gebt einander ein Zeichen des       Diakon weist uns genau dorthin, wo
                                                                                          wir den Ängsten heutiger Menschen

      W
                                                  FRIEDENS und der Versöhnung!“ so­
              as jede Österreich Tagung           wie „Gehet hin in FRIEDEN!“ hörten      begegnen, ihr Gottvertrauen fördern
              am besten kann: Begegnun­           und diskutierten wir drei Referate.     und neue Handlungsoptionen aufzei­
              gen    ermöglichen     zwi­         Militärdekan Stefan Gugerel zeig­       gen können. Übrigens: Auf den zeit­
      schen Diakonen, Ehefrauen und               te die dringliche Aktualität des        genössischen Einwand, dass Religion
      zwei Bischöfen! Diesmal von 22.             Diakons als Friedensapostel auf. Der    stets Unfrieden und Krieg fördert, kon­
      bis 24. Oktober am Seggauberg in            Grazer Ethiker Thomas Gremsel roll­     tert Regina Polak: „Es ist empirisch er­
      der Steiermark, ausgerichtet von            te die diakonale Friedensbotschaft      wiesen: wo persönlicher Glaube sich
      den Kollegen der Diözese Graz­              als Verwirklichung der katholi­         mit sozialer Praxis paart, dort ist er
      Seckau. Unsere Erzdiözese war mit           schen Soziallehre aus und Regina        pro­demokratisch!“
      22 TeilnehmerInnen vertreten. „Der          Polak, Professorin für praktische       Was noch auf der Tagung passierte:
      Diakon als Friedensbringer. Die             Theologie aus Wien, sprach über         Franz Ferstl, seit 20 Jahren Sprecher
      Friedensbotschaft der „2 G“. Rund           die pastoralen Konsequenzen der         der Diakone auf Österreich­Ebene,
                                                  Friedensbotschaft.                      legte seine Aufgabe zurück. Unter rie­
                                                                                          sigem Applaus dankte ihm Bischof
                                                  GELEBTER GLAUBE UND                     Leichtfried für seine tolle Art, wie er
                                                  ABSCHIED                                die Österreich­Ebene geleitet und die
                                                  Aus Polaks Referat: Die gegenwärtigen   Sache der Diakone vorangebracht
                                                  Polarisierungen und Aggressionen        hat! Das von ihm initiierte „Wiener
                                                  sind Ausdruck von Ängsten. Es           Neustädter Manifest“ aus der letz­
                                                  gibt jede Menge echte Gründe für        ten Österreichtagung 2019 gibt er an
                                                  Ängste: Steigende Energiepreise         die ARGE der Sprecher der Diakone
                                                  oder die Zerbrechlichkeit der neo­      der 10 Diözesen und an seinen bis­
                                                  liberalen Wirtschaftsordnung sind       her noch nicht gewählten Nachfolger
                                                  Kontext und „Betreff“ der Pastoral      weiter. Helmut Zipperle aus Tirol,
                                                  der Diakone. Die vielfältig verkün­     sein bisheriger Stellvertreter, wird die
© Feigl

                                                  dete Auferstehungshoffnung verän­       Geschäfte bis zur Neuwahl weiterfüh­
                                                  dert JETZT! Regina Polak strich den     ren. Mehr darüber und zur gesamten
      „Diakonenbischof“ Leichtfried dankt Franz   Beitrag von Johannes Fichtenbauer       Tagung im nächsten Ruf!Zeichen! 

          Treffpunkt Diakone online
          Eine Chance, viele Mitbrüder und Ehefrauen daheim zu treffen

      Von Andreas Frank                           fen hat und um die Stellung der         Mitglieder des Gremiums und auch
                                                  Diakone in der neuen Ordnung            stellvertretende Vorsitzende sein.

      A
            ls gutes Resultat aus der             zum Vermögensverwaltungsrat, die        Dies ist vor allem dann sinnvoll,
            Corona­Krise hat sich das neue        ab der neuen PGR Periode (Wahl:         wenn aus dem Zivilberuf entspre­
            Online ­ B egegnun g sfor mat         20. März 2022) in Kraft treten wird.    chende Kenntnisse mitgebracht wer­
      von Diakonen herausgestellt. In             Zur Weltsynode haben wir festge­        den. Diakone im diözesanen Beruf
      Ergänzung zu den drei physischen            halten, dass wir als Diakone erneut     (ha. Diakone) sind gänzlich „be­
      Treffen der Diakonenkreissprecher           die Forderung nach Spendung des         freit“ oder „ausgeschlossen“ aus die­
      pro Jahr ist der „Treffpunkt Diakone        Sakraments der Krankensalbung ein­      sem Gremium. Begründung: Diakone
      online“ eine Möglichkeit, dass 2­3 x        bringen werden.                         sollen frei sein für Seelsorge und
      pro Jahr alle Diakone und Ehefrauen         Betreffs Vermögensverwaltungsrat:       Diakonie!
      über MS Teams in Kontakt treten kön­        Künftig können Diakone, Pastoral­       Nächster Treffpunkt Diakone online:
      nen.                                        assistentInnen und Priester keine ge­   Mi., 30. März 2022, 18 Uhr. Link wird
      Am 29. September ging es vor al­            schäftsführenden Vorsitzenden sein.     ausgesandt per Mail (nur anklicken,
      lem um die weltweite Synode,                Diakone mit Zivilberuf (ea. Diakone)    ihr braucht nichts installieren)!  
      die Papst Franziskus ausgeru­               können aber im Ausnahmefall

                                                                                                   Diakontakte 3-2021, Nr. 55 |   11
Auslese Ausgewählt von Max Angermann                                           Ausführliche Besprechung un-
                                                                               ter http://www.diakon.at/Wien/
                                                                               Artikel/DKT-55_3-2021/ zu lesen.

                                             Thomas Ruster: Ba-                                   Stefan Jürgens:
                                             lance of Powers – Für                                Ausgeheuchelt!
                                             eine neue Gestalt des                                So geht es auf-
                                                                                                  wärts mit der
                                             kirchlichen Amtes.                                   Kirche. Herder
                                             Verlag Friedrich Pustet,                             2019, 2. Auflage
                                             Regensburg 2019                                      Ein provokan­
                                            Der Professor für Systema­                            ter Titel, den
                                            tische Theologie in Dortmund                          der Autor ge­
                                            stellt dar, wie das kirchli­       wählt hat, er ist 26 Jahre im
                                            che Amt in einem neuen ge­         priesterlichen Dienst. Wie der
                                            sellschaftlichen Kontext zu        Untertitel zeigt, trotz mancher
                                            entwickeln wäre und wel­           Enttäuschung noch immer hoch
                                            che Umwege wir uns über            engagiert. Man könnte meinen,
                                            Pfarrzusammenlegungen und          sein Buch wäre ein Schlag in die
                                            andere Probleme ersparen           Magengrube der Kirche. Doch
                                            könnten.                           der Autor zeigt, wie man trotz vie­
                                            Das dreigliedrige Amt ken­         ler negativer Erfahrungen in der
                                            nen wir schon aus dem Alten        Kirche und mit der Kirche gläu­
                                            Testament: König, Priester,        big bleiben kann und das durch­
                                            Prophet. Diese drei Ämter hal­
                                                                               hält. Er bringt nach jedem Kapitel
                                            ten sich in Balance. Christus
                                                                               Verbesserungsvorschläge. Ein un­
ist zum Priester, König und Propheten gesalbt worden. Aufgrund der Taufe
sind alle Getauften zur Wahrnehmung der drei Ämter berufen. Dieses             glaublich ehrliches Buch!
Sakrament schafft die Grundlage für den dreigliedrigen Ordo.                   Rudolf Kutschera: Jenseits von
Ruster geht auf die biblischen Grundlagen der Ämter ein, liefert dazu einen    Unter werfung. Den Islam theo-
geschichtlichen Abriss und denkt weiter, wie man in diesem Ordo wieder         logisch beantworten. Frankfurt,
ein Gleichgewicht herstellen kann, weil im Lauf der Kirchengeschichte das                          Peter Lang
Amt des Propheten ganz verschwunden ist und erst durch die Reformatoren                            Verlag, 2020
mit Schwerpunkt auf das (göttliche) Wort wiederentdeckt wurde.                                     Von Anton Tippl.
                                                                                                   Der       Koran
Begrenzte geistliche Vollmacht
                                                                                                   spricht     viel­
Über das Diakonat ruft er in Erinnerung: In Apg 6,1­7 liegt die Keimzelle
                                                                                                   fach Juden und
der Hierarchie bis heute. „Nach der Wiederbelebung des Diakonats durch
das Zweite Vatikanische Konzil ist ihr Profil undeutlich geblieben. Sie (die                       Christen      an
Diakone) scheinen so etwas wie Priester mit eingeschränkter Zuständigkeit                          und fordert zu
und begrenzter geistlicher Vollmacht zu sein“. Im Übrigen sei erwähnt,                             Stellungnah­
dass der Terminus „Diakon“ in der Apostelgeschichte überhaupt nicht vor­       men auf, eine theologische Ant­
kommt, sondern nur in den paulinischen Briefen.                                wort ist notwendig. Kutschera be­
Ruster gibt noch zu bedenken, „…dass aufgrund des dichten Bildes vom           handelt mit islamwissenschaftli­
Leib Christi, in dem gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes       chen Erkenntnissen die Quellen
unentbehrlich sind (1 Kor 12,12­31), die Diakone Christus als die edels­       des Korans, sein Verhältnis zum
ten Glieder des Leibes Christi gelten und die Aufgabe haben, Christus,         Judentum und sein Jesusbild. Das
das Haupt zu repräsentieren.“ Damit handelt auch der Diakon „in persona        ergibt eine realistische Bewertung
Christi capitis“, somit ist jeder Christ anderen Menschen zum Christus ge­     des Islam und Impulse für ein
worden.                                                                        christliches Selbstverständnis. Die
Als Voraussetzung für die Ämter (munera) als Geschenk, Gabe und                weithin unbekannten Sichtweisen
Dienstamt spricht der Verfasser noch von der Berufung als akti­                des jüdischen Philosophen Franz
ves Handeln der Gemeinde im Rahmen eines Meinungsbildungs­ und                 Rosenzweig und des Theologen
Entscheidungsprozesses. Es gibt auch eine innere Berufung, die der             Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. sind
Kandidat von sich aus spürt und die ernstgenommen werden soll.                 eine entscheidende Orientierungs­
Dieses Buch sollten Amtsträger, besonders Diakone, sehr gut durcharbeiten.     hilfe jenseits von Unterwerfung. 

12 | Diakontakte 3-2021, Nr. 55
Das Amt weiterdenken
Diakonentag am 6. November mit Prof. Johanna Rahner
und Kardinal Schönborn
Von Gertraud Feigl                        Die Einsetzung des Diakonenamtes

V
                                          war eine notwendige Veränderung.
      ideo­Interviews     mit    alten
                                          Im Sakrament der Weihe wird sicht­
      Diakonen zeigten die Verände­
                                          bar, dass der Mensch von Gott in

                                                                                                                             faimann
      rung und Kontinuität im Ver­
                                          Dienst genommen ist. In der Liturgie
ständnis des Diakonats. In der Arbeit
                                          steht der Diakon für die Anliegen
mit und für die Menschen findet es
                                          derer am „Rand“. Mit seinem Wort
immer mehr seine eigene Gestalt als                                                 Andreas Frank, Frau Prof. Rahner
                                          „Geht hin(aus) in Frieden“ sendet
Dienstamt. Dazu gab Prof. Johanna                                                   Es gibt so viele Ideen Kirche heu­
                                          er alle Getauften, Kirche mitten in
Rahner die Fundierung in Theologie                                                  te zu leben. Das braucht die
                                          der Welt zu leben. Die mögliche
und lehramtlichen Texten.                                                           Weiterentwicklung des Amtes. Da ge­
                                          Verbindung der Sakramente Ehe und
Individualisierung und Pluralisierung                                               hen die Diakone voran. Hoffentlich
                                          Weihe zeigt sich als Bereicherung,
prägen unsere spätmoderne Zeit,                                                     können bald Männer und Frauen
                                          nicht als Einschränkung für die
auch die religiöse Praxis. Autorität,                                               ihrer Berufung zum Dienst in der
                                          Indienstnahme. Das Modell Weihe­
auch kirchliche, muss heute erwor­                                                  Kirche folgen.
                                          stufen erweist sich als unnöti­
ben werden. Diese Veränderung er­                                                   Ausführlicher Bericht auf www.erz-
                                          ge Einschränkung von Berufung.
kannte das Konzil und entfaltete ein                                                dioezese-wien.at/diakon.
                                          Zur Weihe von Frauen meint Prof.
neues, verbindliches Kirchenbild. Die
                                          Rahner, dass diese theologisch ge­
Kirche ist Zeichen und Werkzeug des
                                          dacht sein kann, aber nicht vollzogen
Heilswillens Gottes. Sie zeigt und ver­                                                                  Erwin Komar y †
                                          werden muss. Auch die Laiendienste,
weist auf Gott. Die Kirche muss die                                                                     ist am 23. August
                                          oft von Frauen ausgeübt, brauchen
Welt als Ort Gottes erkennbar ma­                                                                       im 82. Lebens­
                                          eine neue Interpretation des Ordo.
chen.                                                                                                   jahr nach lan­
                                          Sonst entsteht der Eindruck, pastora­
DIAKON SENDET ALLE                        les Handeln von Laien sei nicht gleich                        ger, mit großer
GETAUFTEN                                 wirksam wie das von Klerikern.                               Geduld ertrage­
                                                                                                        ner Krankheit

Lebendige Geschichte                                                                                    zum Herrn heim­
                                                                                                        gekehrt.
                                                                                    1939 im Weinviertel geboren wur­
Vortrag und Podiumsgespräch zu 51 Jahre Diakonat                                    de er 1982 zum Diakon geweiht
am 5. November                                                                      und war in der Pfarrkirche St.
                                          Königs die Synode vorbereitet, um al­     Ägyd­Gumpendorf in Wien 6 tätig:
Von Wolfgang Stark                        le wichtigen Beschlüsse des Konzils       Liturgie, Firmvorbereitung, Kranken­

A
      nnemarie Fenzl spannte den          zügig in der Diözese Wien umzuset­        kommunion, Kreuzweg­ und Mai­
      Bogen von Stephanus bis             zen, auch den Diakonat mit ersten         andachten mit schönen Predigten.
      Kardinal König und entführ­         wichtigen Rahmenbedingungen, be­
te uns in lebhafter Weise in die Zeit     sonders den Start der Vorbereitung.                            Ludwig
knapp vor dem Konzil. Kardinal            Eine Umfrage unter den ersten                                  Bansich †
König hatte in synodaler Weise um         Diakonen übrigens ergab, dass sich                             ist am 1.
Eingaben zu wichtigen Themen ge­          100% zu Priestern weihen lassen wür­                           November im 86.
beten, so auch zum Diakonat. Die          den, gäbe es die Möglichkeit. Noch                             Lebensjahr ver­
gesammelten Meldungen füllten ei­         existierte also überhaupt kein eigen­                          storben. 1989
nen Ordner „pro“ und einen Ordner         ständiges Profil dieses Dienstamtes                            geweiht war er
„contra“, beide etwa gleich stark.        und es fehlte wohl noch völlig die                             Vikariatssekretär
Die Einen sahen wichtige pastora­         Vorstellung, wie wichtig, vielgestaltig                        des Vikariats
le Möglichkeiten, die Anderen die         und geschätzt dieses Amt heute ist!       Süd, half beim Aufbau der
Gefahr, Priesterberufungen zu ver­        Die lebhafte Podiumsdiskussion            Caritas im Vikariat, in der
drängen, und keinen Bedarf.               mit Frau Fenzl, Frau Prof. Rahner,        Pfarre Baden St. Stephan in der
Das Konzil entschied sich sehr            Pastoralamtsleiter Beranek und Peter      Krankenseelsorge, später in den
deutlich pro und wagte das große          Schwarzenbacher aus Linz liefer­          Pfarren Oberwaltersdorf mit
Experiment des Diakonats. Schon           te spannende Impulse, besonders           Tribuswinkel und Oeynhausen,
während der letzten Konzilsperiode        auch für den am Samstag folgenden         dann Fischamend und Katzelsdorf.
wurde in Wien eifrig im Auftrag           Diakonentag. Siehe oben.                  Wir bleiben im Gebet verbunden.
                                                                              

                                                                                             Diakontakte 3-2021, Nr. 55 |   13
Ausgrenzung überwinden
Sonja Adam, Ehefrau von Diakon Markus, im Interview

Diakontakte: Wie ist bei deinem         D: Dein Mann wirkt nicht in eu-
Mann die Idee des Diakonats entstan-    rer Wohnpfarre, sondern bei den
den und gereift?                        „Nachbarn“ in der Bossigasse. Wie
                                        wurdet ihr dort aufgenommen?                       Sonja Adam
Sonja Adam: Markus war Ministrant,
Ministrantenleiter, Pfarrgemeinderat,   Sonja Adam: Markus hat sich beim          Mediatorin in Wien, Schwerpunkt
schon immer sehr in den Pfarren St.     Pfarrer vorgestellt, der ihn und mich          Familie und Beziehung.
Hemma und Lainz­Speising verwur­        herzlich aufgenommen hat. Jedoch           Ehrenamtlich engagiert sie sich
zelt und hat irgendwann nach dem        haben mir Pfarrmitglieder gleich          für „Make-A-Wish Österreich“, ei-
„Mehr“ gefragt. Was soll ich tun, was   nach Markus‘ Einführung in der            nem Verein, der schwerstkranken
will Gott von mir? Und so hat er sich   Pfarre zu verstehen gegeben, dass es      Kindern Herzenswünsche erfüllt. .
auf den Weg gemacht.                    einen „Inner Circle“ von Personen ge­
                                        ben würde, die schon sehr lange in       men fühle, besuche ich die Messen in
D: Wie habt ihr und eure beiden         der Pfarre tätig sind und Personen       der Dienstpfarre meines Mannes nicht
Kinder die Ausbildungszeit erlebt?      „von außen“ es schwer haben ei­          mehr.
Sonja Adam: Unsere Kinder wa­           nen Platz zu finden. Schlussendlich      D: Welche Änderungen im Diakonat
ren bereits in der Oberstufe, für sie   ging es jedoch so weit, dass mir zum     und in der Pfarre wünscht du dir?
war Markus‘ Ausbildungszeit kein        Friedensgruß die Hand nicht gereicht     Sonja Adam: Würde ich noch ein­
Problem, unser Sohn hat bei Markus‘     wurde, man mit Markus per „Du“ ge­       mal am Anfang stehen, würde ich
Weihe 2014 auch ministriert. Ich ha­    sprochen hat, mich nicht einmal ge­      viel mehr darauf achten, dass die
be hingegen Zeit gebraucht, die ich     grüßt hat. Da ich mich nicht willkom­    Ehefrauen während der Ausbildung
auch beim Erstgespräch                                                           gehört und integriert werden – ich
am         Diakoneninstitut                                                      hoffe sehr, dass dies heute so prakti­
erbeten habe, was auf                                                            ziert wird. In der Pfarre würde ich mir
Unverständnis        stieß,                                                      Aufbruch wünschen, Pfarrmitglieder,
das hat mich lange Zeit                                                          die offen auf Menschen „von außen“
sehr belastet. Ich hätte                                                         zugehen und ehrlich interessiert sind.
mir ein wertschätzendes                                                          Und für meinen Mann wünsche ich
Einbeziehen gewünscht,                                                           mir, dass er den Platz findet, an dem
ehrliche Kommunikation                                                           er seine Talente und Ideen wirklich
und Anerkennung dessen,                                                          einsetzen kann. Ich vertraue jedoch
was wir Ehefrauen wäh­                                                           darauf, dass Gott unser Regisseur ist
rend der Ausbildung ge­                                                          und einen Plan für Markus hat, und
leistet haben.                                                                   darauf freue ich mich von Herzen.
                                        Sonja und Markus Adam                    Interview: Peter Morawetz           

Aus dem Diakonenrat                                                              DER SYNODALE WEG
                                                                                 Auch dieses Thema war unserem
                                                                                 Erzbischof sehr wichtig – es ist ein
Von Wolfgang Aumann                     dann dem Bischof quasi zurückgege­       großes Anliegen des Papstes! Es geht
                                        ben wurde. Mit diesem Kelch hat un­      ihm um ein „Sich­gemeinsam­auf­den­
Beim Treffen am 5. Oktober hat mich     ser Kardinal Eucharistie gefeiert. Er    Weg­machen“, nicht um ein „Bilanz­
der sehr persönliche Bericht unse­      erzählte uns von der unvorstellbaren     ziehen“, um ein Zuhören und ein
res Kardinals von seiner Syrienreise    Not der Menschen. „Die Welt hat auf      Aufeinander hören, um die Stärkung
am meisten beeindruckt. Noch            Syrien vergessen.“ Notwendig wäre        des „Sensus fidei“ (Glaubenssinn
sichtlich erschöpft – er kam erst am    ein „Marshall­Plan“ für Syrien.          [aller Gläubigen]). Am 17. Oktober
Vorabend nach Wien – erzählte er        Die Sanktionen treffen vor allem die     war Start in den Diözesen. In der ED
von einem besonderen Geschenk           Ärmsten. Viele Menschen wollen ein­      Wien haben wir ja schon viele syn­
des Bischofs Timotheos von Homs:        fach weg, weil sie keine Zukunft se­     odale Strukturen (vgl. Diözesaner
ein liturgischer Kelch, der aus einer   hen. Die Anzahl der Christinnen und      Entwicklungsprozess APG 2.1). Auch
katholischen Kirche gestohlen wur­      Christen hat sich etwa halbiert. (Nach   die Corona­Krise hat viel verändert:
de, von einem Moslem auf einem          Schätzungen seit 2011 ca. 600.000 ge­    Was will uns Gott damit sagen?
Schwarzmarkt gesehen, gekauft und       tötet bzw. aus Syrien geflohen.)         In jeder Sitzung des Diakonenrates
                                                                                                                       

14 | Diakontakte 3-2021, Nr. 55
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