Gender & Covid-19-Krise - WIDE Netzwerk
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Mit den „WIDE-Updates“ bieten wir Einblicke in die feministische Diskussion relevanter Themen aus dem Bereich „Gender & Development“ – Argumente gegen Genderblindheit und für soziale Gerechtigkeit WIDE-Update 4/2020 Gender & Covid-19-Krise Zusammenlebens wieder sichtbar gemacht Einleitung und wir sehen, dass – wenn es darauf Die Corona-Pandemie hat die Welt in einen ankommt – staatliches Handeln auch bei Ausnahmezustand versetzt. Während im tiefgreifenden Folgen für die Gesellschaft globalen Norden sehr rasch öffentliche Mittel möglich und ganz wesentlich ist. mobilisiert wurden, sind Menschen, die in Welche sozialen und politischen Folgen Armut im globalen Süden leben, darunter globale Massenarbeitslosigkeit und die überproportional viele Frauen, in der Krise Weltwirtschaftskrise im Gefolge von Covid-19 besonders vulnerabel: wegen des haben werden, lässt sich zum jetzigen eingeschränkten Zugangs zur Zeitpunkt noch nicht absehen; nationalistische Gesundheitsversorgung, kombiniert mit der und undemokratische Tendenzen drohen sich Existenzbedrohung durch die zu verstärken, und die Krise selbst bringt einen Ausgangssperren. frauenpolitischen Backlash mit sich – Wie unter einer Lupe werden durch die Krise Stichwort Home-Office mit Kinderbetreuung. strukturelle globale Probleme sichtbar, In diesem WIDE-Update beschäftigen wir uns insbesondere die unterfinanzierten mit Analysen zu den Folgen der Corona-Krise Gesundheits- und Pflegesysteme, der Mangel aus entwicklungspolitisch-feministischer an sozialer Sicherheit, Gewalt gegen Frauen, Perspektive. Es werden Briefings von die hohe Abhängigkeit von globalen internationalen Agenturen und feministischen Lieferketten und die Beeinträchtigung der NGOs vorgestellt, in denen kurz- und Ernährungsgrundlagen durch mittelfristige Folgen der Corona-Krise für Umweltzerstörung. Frauen in Ländern des globalen Südens und Während es in Österreich nur wenig notwendige Maßnahmen aufgezeigt werden. Berichterstattung zur schwierigen Lage in Zudem geht es um die längerfristigen Folgen Ländern des globalen Südens gibt, wurden und die Kosten der Krisenbewältigung. Viele hierzulande – zumindest zu Beginn der Krise – Frauenorganisationen aus Asien, Afrika und plötzlich Arbeitsfelder ins Licht gerückt, die Lateinamerika fordern eine systemische ansonsten unsichtbar sind, so die (vielfach Umorientierung hin zu einer anderen migrantische) Frauenarbeit in der Pflege, in Ökonomie, in der existenzsichernde Löhne Supermärkten oder im Reinigungsbereich. bezahlt werden, Bildung und menschliche Aufgrund des Rückgangs an wirtschaftlicher Sorge-Arbeit wertgeschätzt und die Aktivität ist plötzlich die Luft in den Städten Ressourcenausplünderung und sauberer; der Lärmpegel geringer; weniger Öl Umweltzerstörung beendet wird. Da derzeit wird verbrannt – der Zusammenhang sehr viel öffentliches Geld in die Hand zwischen unserer „normalen“ Form des genommen werden muss, wird gefordert, Wirtschaftens und der Umweltbelastung bis öffentliche Investitionen so zu tätigen, dass hin zur -zerstörung ist unmittelbar erkennbar. zugleich Weichenstellungen in Richtung Nachhaltigkeit vorgenommen werden. Die Corona-Pandemie hat auch den schon fast totgesagten Staat als zentralen Akteur der Sehr ist jetzt auch darauf zu achten, dass die Gestaltung des gesellschaftlichen Kosten der Krise nicht auf die ärmeren
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Bevölkerungsschichten übergewälzt werden; Es wird daher gefordert, dass bewusst es gilt, für eine faire Lastenverteilung Bedingungen geschaffen werden, die die einzutreten und zu kämpfen. aktive Beteiligung von Frauen in allen Sektoren und Maßnahmen fördern und es Das WIDE-Update gliedert sich in drei ihnen ermöglichen, auch Führungspositionen Abschnitte: Zu Beginn stehen Beiträge, in einzunehmen. Zugleich wird betont, dass denen es um die unmittelbaren Folgen von Frauenorganisationen in ihrer wichtigen Arbeit der Corona-Pandemie und der Maßnahmen zu gestärkt werden müssen – ohne dass dadurch ihrer Eindämmung auf Frauen* in Ländern des jedoch Risiken auf sie abgewälzt werden. Der globalen Südens geht. Im zweiten Teil (ab Zugang zu medizinischer Versorgung muss S.10) geht es um feministische Forderungen gesichert werden und dabei auch betreffend makroökonomische Dienstleistungen zur sexuellen und Zusammenhänge und Finanzierungsfragen, reproduktiven Gesundheit und zum Schutz vor und im dritten Teil (S.15) werden einige geschlechterspezifischer Gewalt bereitgestellt genderspezifische Tools für die praktische werden. Es wird darauf hingewiesen, das Arbeit in der Corona-Krise präsentiert. weibliches Gesundheitspersonal entsprechend geschützt und unterstützt werden müsse, was auch eine angemessene Bezahlung beinhaltet. 1. UNMITTELBARE FOLGEN VON COVID-19 AUF FRAUEN* Die Erhebung von disaggregierten Daten, die Erstellung von Gender-Analysen und die Bereitstellung entsprechender Finanzmittel Mitsprache von Frauen bei der sind Grundlage für eine erfolgreiche Corona-Bekämpfung gefordert Eindämmung von Covid-19, die den jeweiligen Wie so oft zu Krisenzeiten übernehmen Kontexten angemessen ist und potenzielle Frauen und Mädchen auch im Umgang mit der negative Auswirkungen vermeidet. Unter Coronavirus-Pandemie weltweit wichtige Berücksichtigung dieser und anderer Rollen. Sie versorgen Kranke sowie ältere und Forderungen, birgt die Coronavirus-Pandemie pflegebedürftige Angehörige. Sie sind es auch eine Chance, sozioökonomische zumeist, die die Kinder betreuen, sich um die Dynamiken zukünftig geschlechtergerechter Schulbildung kümmern und grundlegend zum zu gestalten. Überleben der Familie beitragen, indem sie Reliefweb (19.3.20201): The COVID-19 Outbreak and etwa den Haushalt erledigen oder (vermehrt) Gender: Key Advocacy Points from Asia and the Pacific Wasser holen. Obwohl Frauen und Mädchen CARE & International Rescue Committee (2020): Global durch die zusätzlichen Aufgaben oft mehrfach Rapid Gender Analysis for COVID-19 belastet sind und sie durch manche CARE (31.3.2020): CARE COVID-19 ADVOCACY POSITION Auswirkungen der Präventionsmaßnahmen PAPER: Ensuring a Covid-19 local-led and gendered erhöhten Risiken ausgesetzt sind, tragen sie response that meets the needs of all people, including zugleich in großem Maße zur Eindämmung those most left behind von Covid-19 bei. So stellen Frauen weltweit Action Aid (30.3.2020): Women lead ActionAid’s ca. 70% der Arbeitskräfte im Gesundheits- response to Covid-19 crisis sowie im sozialen Sektor. Auch sind es oft Frauengruppen, die in den lokalen Gemeinden Informationen zu Schutzmaßnahmen UN Women: Gendergerechte Covid-19 verteilen. Maßnahmen Vor diesem Hintergrund stellen internationale UN Women hat eine eigene Fokus-Website und nationale Organisationen der mit Appellen und Videos von UN- Zivilgesellschaft eine Vielzahl an Forderungen. Führungspersönlichkeiten, Berichten und Sie sollen dazu beitragen, dass es einen lokal Neuigkeiten aus verschiedenen Ländern, geführten und geschlechtsspezifischen geschlechtsspezifischen Daten und Statistiken Umgang mit der Coronavirus-Pandemie gibt, aber auch Policy Briefs und Manuals mit der die Bedürfnisse aller Menschen konkreten Handlungsvorschlägen berücksichtigt, insbesondere die der am zusammengestellt, damit Maßnahmen zur meisten gefährdeten. Hierfür müssen das Bekämpfung von Covid-19 Fachwissen und die Erfahrungen von Frauen geschlechtergerecht konzipiert und umgesetzt wirkungsvoll in alle relevanten werden. Phumzile Mlambo-Ngcuka, Exekutiv- Entscheidungsprozesse einfließen. Direktorin von UN Women betont die prekäre 2
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Lage von Menschen im informellen und unterschiedlicher wirtschaftlicher anderen schlecht bezahlten Sektoren im Auswirkungen, unterschiedlicher globalen Süden, welche zu einem hohen Anteil Pflegebelastung und Häufigkeit von häuslicher Frauen umfassen, die ohne Unterstützung und Gewalt und sexuellem Missbrauch. Schutz den wirtschaftlichen Folgen der Krise UN-Women hat bereits eine Reihe von ausgeliefert sind. Sie bezieht sich stark auf Infographiken zu vorliegenden, nach lessons learned aus dem Ebola-Ausbruch Geschlecht aufgeschlüsselten, Daten (Westafrika) und der Zika-Epidemie zusammengestellt, mit einem Fokus auf (Lateinamerika) in Hinblick auf besondere Health Care Workers (Link siehe unten). Die Risiken und Herausforderungen für Frauen, Publikationen von UN-Women zu Covid-19 welche in der jetzigen Krise jedenfalls werden laufend ergänzt. Berücksichtigung finden sollten. UN-WOMEN (o.J.): In Focus: Gender equality matters in UN-Women stellt auch einen spezifischen COVID-19 response Programm-Vorschlag (März 2020) zu „Gender- UN WOMEN (o.J.): COVID-19: Emerging gender data and responsive prevention and management of the why it matters COVID-19 pandemic: From emergency UN WOMEN (13.4.2020): COVID-19 and gender: What do response to recovery & resilience“ mit einem we know; what do we need to know? Budgetvolumen von 70 Millionen USD über die Laufzeit von einem Jahr vor, welcher gemeinsam von UN Organisationen, UN: Briefing zu Covid-19 und Frauen Regierungen und der Zivilgesellschaft in 20 Ländern umgesetzt werden soll. UN Generalsekretär António Guterres warnt, dass bei schlecht koordinierten Covid-19- UN-Women hat in diesem Zusammenhang Maßnahmen die Gefahr besteht, dass globale fünf kritische Bereiche identifiziert, die für Ungleichheiten weiter vertieft werden, Frauen und Mädchen besonders relevant sind wodurch hart erkämpfte und die in allen umfassenden Reaktionsplänen Entwicklungsfortschritte und berücksichtigt werden müssen: Armutsbekämpfung rückgängig gemacht • Erhöhte Risiken für geschlechtsspezifische werden. In einem Briefing Paper des Gewalt im Rahmen von Maßnahmen zur Generalsekretärs werden die Auswirkungen Bekämpfung von Pandemien. von Covid-19 auf das Leben von Frauen und Mädchen in den gesellschaftlichen Bereichen • Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Wirtschaft, Gesundheit, unbezahlte Auswirkungen auf den Lebensunterhalt Fürsorgearbeit und in Bezug auf gender- der ärmsten Frauen und Mädchen. basierte Gewalt aufgezeigt. Darauf aufbauend • Ungleiche Verteilung von Pflege- und werden drei ineinandergreifende Prioritäten Hausarbeit. vorgestellt, die beim Ergreifen von • Die Stimmen von Frauen und Mädchen, kurzfristigen wie auch langfristigen insbesondere von den am meisten Maßnahmen handlungsweisend sein sollen: vernachlässigten Gruppen, werden für • Frauen sollen gleichberechtigt an allen eine informierte und effektive Diskussionen, Planungsmaßnahmen und Maßnahmenplanung nicht berücksichtigt. Entscheidungen rund um Covid-19 • Politische Reaktionsmechanismen teilhaben enthalten keine geschlechtsspezifischen • Der Wirtschaftszweig der bezahlten und Analysedaten oder unbezahlten Fürsorgearbeit soll neu geschlechtsspezifischen Pläne. verhandelt werden Ein besonderes Anliegen ist es für UN-Women, • Alle sozioökonomischen Auswirkungen geschlechtsspezifischen Analysedaten (Gender von Covid-19 sollen durch eine Data) und Indikatoren zu Covid-19 Genderbrille betrachtet werden. zusammenzutragen und auch selbst Wirtschaftsanreize und -hilfspakete sowie beizusteuern, um so eine gute soziale Unterstützungsmaßnahmen sollen Datengrundlage für Entscheidungen und zu mehr Gleichheit, Chancenvielfalt und Maßnahmen zu liefern. Diese Daten sollen sozialen Absicherung führen. dazu beitragen ein klareres Bild zu erhalten wie sich die Situation entwickelt, einschließ- UN (8.4.2020): UN Secretary-General’s policy brief: The lich unterschiedlicher Infektionsraten, impact of COVID-19 on women 3
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Migrantinnen als Pflegekräfte an der Center for Global Development (2.4.2020): Migrant vordersten Front Health Workers Are on the COVID-19 Frontline. We Need More of Them. Da die Pandemie nach wie vor weitreichende Business & Human Rights Resource Centre (o.J.): COVID- Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt weltweit 19 (Coronavirus) Outbreak: Migrant workers hat, gehören Wanderarbeitnehmer*innen zu denjenigen, die die Hauptlast der Krise tragen. Aufgrund unangemessener Lebens- Fatale Folgen für sexuelle und bedingungen, harter Eindämmungs- reproduktive Gesundheit, maßnahmen, eingeschränktem Zugang zu insbesondere Müttergesundheit Gesundheitsversorgung und Basisdienstleistungen, schlechten UNFPA weist darauf hin, dass in der Arbeitsbedingungen und ausbeuterischen derzeitigen Krise der Zugang zur Arbeitssystemen haben Menschenrechts- medizinischen Versorgung in Bezug auf gruppen davor gewarnt, dass diese sexuelle und reproduktive Gesundheit unverhältnismäßig stark von den bedroht ist. Akut von Risiken betroffen sind Auswirkungen der Pandemie bedroht sind. unter anderem Schwangere und Gebärende sowie Menschen mit HIV. Weltweit ist das Gesundheitssystem auf MigrantInnen angewiesen – vor allem auf Es besteht die Gefahr, dass die weibliches Gesundheitspersonal, welches 70 Müttersterblichkeit in Ländern mit ohnehin Prozent der globalen Arbeitskräfte in diesem unzureichender medizinischer Versorgung Bereich ausmacht. Diese Pandemie hat stark ansteigt; Vergleichsdaten lassen deutlich gemacht, wie wichtig bezahlte und befürchten, dass die Zahl der Frauen, die unbezahlte Pflegearbeit ist und wie die durch nicht oder nicht rechtszeitig behandelte Bewegungsfreiheit von Migrant*innen in Schwangerschafts- oder Geburts- Krisenzeiten flexibler sein kann, als wie die komplikationen sterben, in manchen Gebieten Politik sie vorgibt. Um die Krise zu bewältigen, massiv zunehmen könnte. wurden in den letzten Wochen die Grund dafür sind einerseits Ausgangs- Beschränkungen für im Ausland ausgebildetes beschränkungen, die Frauen den Zugang zu und geborenes Gesundheitspersonal in Vorsorgeuntersuchungen in der Ländern mit hohem Einkommen aufgeweicht. Schwangerschaft und Geburtshilfe Arbeitskräfte wurden aus Übersee in schwer erschweren; manche Frauen haben auch betroffene Länder eingeflogen und die Bedenken, dass sie sich während internen Beschränkungen wurden Untersuchungen oder Geburten in aufgehoben. Gesundheitszentren anstecken könnten. Eine Langfristig werden Länder mit hohem steigende Anzahl von Geburten findet daher in Einkommen bilaterale Abkommen mit den ungeeigneter Umgebung und ohne Herkunftsländern entwickeln müssen, um ausgebildete Geburtshelfer*innen statt. potenzielle Gesundheitsfachkräfte in den in Andererseits werden aktuell Ressourcen für beiden Ländern benötigten Bereichen sexuelle und reproduktive Gesundheit in die auszubilden. Pandemieresponse abgezogen. Die Krise bietet eine einzigartige Gelegenheit, Eine Gruppe von 12 NGOs in Uganda hat Investitionen im Gesundheits- und kürzlich darauf hingewiesen, dass die Pflegesektor zu priorisieren. Kurzsichtige Weltbank 15 Millionen US-Dollar aus dem Politiken, die keine Umverteilung unbezahlter Budget für die Unterstützung von Pflegearbeit zwischen Frauen und Männern, Maßnahmen in den Bereichen reproduktive zwischen Familien und Staat in Angriff Gesundheit, Müttergesundheit und nehmen, sind nicht länger eine tragfähige Kindergesundheit in Covid-19 Bekämpfung oder nachhaltige Option. Wenn das Ziel ist, umgeleitet hat und gefordert, die Ressourcen aus dieser Krise mit einer gleichberechtigten weiterhin für die Sicherstellung der Gesellschaft herauszukommen, müssen medizinischen Versorgung von Frauen und Frauen (auch Migrantinnen) in die Kindern sowie Menschen mit HIV/AIDS im Neugestaltung der Arbeitswelt nach Covid-19 Rahmen der Covid-19-Response bereitstehen vollkommen einbezogen werden. müssen. Menschen mit HIV/AIDs sind akut ILO (7.4.2020): Women health workers: Working betroffen, weil die Mittel für die Finanzierung relentlessly in hospitals and at home 4
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise antiretroviraler Therapien nicht mehr Auf was sollten Organisationen achten? Die gesichert sind. besonderen Bedürfnisse von Frauen und HEALTH GAP (14.4.2020): Open Letter from Civil Society Mädchen mit Behinderungen sollten to the World Bank regarding the COVID-19 response in differenziert analysiert und Daten nach Uganda Geschlecht und Behinderung disaggregiert UNFPA: COVID-19: A Gender Lens. Protection sexual and gesammelt werden. Die Einbeziehung von reproductive health and rights, and promoting gender Frauen mit Behinderung in allen Phasen und in equality. March 2020 allen Entscheidungsprozessen ist essenziell. UNFPA (26.3.2020): Women, girls, health workers must European Disability Forum (2020): Message from Ana not be overlooked in global COVID-19 response Peláez Narváez: Women with Disabilities and COVID-19 World Economic Forum (2.4.2020): The COVID-19 Women Enabled International (2020): Statement on pandemic could have huge knock-on effects on women's Rights at the Intersection of Gender and Disability during health, says the UN COVID-19 Wo sind die Frauen und Mädchen mit Ausgangssperren: Repression gegen Behinderung? Arme Die durch das Coronavirus verursachte Krise Das geforderte Abstand-Halten (social veranlasste die Behörden in vielen Ländern distancing) kann unter Bedingungen extremer dazu, drastische Maßnahmen zur Armut in Ballungsräumen kaum funktionieren. Durchsetzung der Zwangsisolation zu Auf dem indischen Subkontinent (aber auch in ergreifen. Es ist von entscheidender Südostasien und in vielen afrikanischen Bedeutung dafür zu sorgen, dass die Rechte Ländern, auch in Lateinamerika ist es für arme von Menschen aus marginalisierten Gruppen – Menschen unmöglich, die ganze Zeit zuhause deren Existenzgrundlage am stärksten zu bleiben; es ist zu heiß unter Blechdächern, betroffen ist und deren Gesundheits- der Raum ist zu beengt. Es fehlt an Geld und bedürfnisse oft übersehen werden – oberste Nahrungsmitteln. Konflikte und Gewalt gegen Priorität haben. Frauen und Kinder können sehr leicht eskalieren. Die Rechte am Schnittpunkt von Geschlecht und Behinderung werden häufig Es ist auch unmöglich, erkrankte Personen im vernachlässigt. Ana Peláez Narváez, Haushalt zu isolieren, wenn das Haus aus Vizepräsidentin des European Disability einem Raum besteht, in dem eine ganze Forum, zeigte sich enttäuscht, dass der einzige Familie lebt und es an sauberem Wasser und Hinweis, den UN Women auf Behinderung Sanitäranlagen für die Hygiene zum Schutz vor gibt, die Betreuerinnen betrifft. Deren Rolle der Virus-Übertragung fehlt. bei der Bewältigung dieser Krise ist Unter solchen Bedingungen werden entscheidend, aber wo sind die 19,2% der Ausgangssperren zur Repression gegen arme weiblichen Gesamtbevölkerung – Frauen und Menschen. In verschiedenen Ländern werden Mädchen mit Behinderungen? Menschen von der Polizei schikaniert, Das Zuhause mag für die meisten ein sicherer geschlagen und getötet. Ort sein, aber für viele Frauen, Mädchen, Politische Konflikte verschärfen sich und nichtbinäre und geschlechtsunkonforme werden dazu genutzt, bestimmte Gruppen Menschen mit Behinderungen ist ihr Zuhause zum Sündenbock zu machen oder politische ein Ort der Angst. Geschlechtsspezifische Gegner*innen zu inhaftieren. Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen muss in dieser Krise gezielt bekämpft und (WIDE; siehe auch Beitrag von Arundhati Roy unten) verhindert werden. Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung Lockdown in Indien geschlechtsspezifischer Gewalt sind wesentliche Dienste. Staaten müssen Einen Einblick in die Realität des „lockdown“ in insbesondere sicherstellen, dass Frauen und Indien gibt die Schriftstellerin Arundhati Roy. Mädchen mit Behinderungen Zugang zu Die Ausgangssperre für mehr als eine Milliarde Einkommen, Bildung sowie Maßnahmen des Menschen, die vom indischen Premier der sozialen Schutzes ohne Diskriminierung hindunationalistischen BJP-Partei, Narendra haben, um einen angemessenen Modi, ohne jede Vorwarnung oder Lebensstandard zu gewährleisten. Vorbereitung vier Stunden nach ihrer 5
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Ankündigung am 24. März um Mitternacht in 2018 publizierte die ILO (International Labor Kraft trat, hat großes Chaos gestiftet. Organisation) auf Basis ihrer Daten die geschätzte Zahl an weltweit informell Während sich die Reichen und die Beschäftigten: 61% aller Arbeitenden, 2 Mittelschicht in ihren „gated colonies" Milliarden Menschen, sind informell einschlossen, wie Roy schreibt, wurden die beschäftigt. Die NGO WIEGO argumentiert, migrantischen Arbeiter*innen von den damit auch diese Menschen zu Hause bleiben Städten „ausgespuckt“. Millionen armer können, müssen von Regierungen Wanderarbeiter*innen versuchten in den Maßnahmen für ihre soziale Sicherheit gesetzt folgenden Tagen, ihre oft hunderte Kilometer werden. entfernten Heimatdörfer zu erreichen, zu Fuß wegen fehlendem Transport, was nicht alle Der Fokus von finanziellen schaffen. Unterstützungsmaßnahmen muss auf den Ärmsten und Armen liegen, aber auch die Nach einer Woche „lockdown“ waren inkludieren, die gerade noch ihr Auskommen Versorgungsketten unterbrochen und es kam finden wie informell Beschäftigte oder prekär zu Medikamentenengpässen. Die Ernte auf Beschäftigte. den Feldern konnte nicht eingebracht werden. Gesundheitssysteme, die so schlecht Mit Blick auf die sozialen Sicherheitssysteme ausgestattet sind, dass jedes Jahr fast eine warnt WIEGO davor, Steuerentlastungen auf Million Kleinkinder wegen Unterernährung Arbeitsgeberseite mit der Krise zu und vermeidbaren Krankheiten sterben, rechtfertigen und langfristig dadurch können einer Pandemie wie Covid-19 nicht Versicherungssysteme pleite gehen zu lassen. standhalten. Es muss soziale Sicherheitspakete in der Krise geben, die allen ermöglichen, Gesundheits- Noch habe der Run auf die Spitäler nicht und Hygienemaßnahmen zu setzten, sich nicht eingesetzt, so Roy, noch weiß man nicht, was (weiter) zu verschulden, einen sicheren genau passieren wird. Viele Menschen werden Schlafplatz zu haben, notwendige tägliche wahrscheinlich still und leise zu Hause Ausgaben tätigen zu können und die sterben, auch an anderen Krankheiten, die Betreuung und Pflege Anvertrauter sicher zu bereits jetzt nicht (mehr) behandelt werden. stellen. Roy, Arundhati (3.4.2020): ‘The pandemic is a portal’ WIEGO schreibt: „Regierungen müssen die verletzlichsten ihrer Bürger*innen durch Besser auf die Pandemie vorbereitet als der Einkommenssicherheit und bezahlten Staat ist der indische Bundesstaat Kerala – seit Krankenstand sowie mit Essen und Seife zum langem links regiert -, wo das Händewaschen schützen. Und sie müssen das Gesundheitssystem besser ausgestattet ist. Es jetzt tun – denn wenn nicht, werden wurden früher Präventions- und Arbeiter*innen, in ihrer Verzweiflung ihre Eindämmungsmaßnahmen ergriffen, klar Familien zu ernähren, um Einkommen zu kommuniziert und soziale Folgen finden auf die Straßen zurückkehren und dass berücksichtigt. bedeutet ein Risiko für alle.“ Kurian, Oommen C (21.4.2020): How the Indian state of WIEGO – Women in Informal Employment Globalizing & Kerala flattened the coronavirus curve Organizing (23.3.2020): Pandemic: Informal Workers Urgently Need Income Replacement & More Protections Informeller Sektor: Soziale Sicherheit dringlicher denn je Frauen am Land: In der Krise sind Durch Regeln wie Distanzhalten und nicht alle gleich Bewegungseinschränkungen verlieren viele Das südafrikanische Frauennetzwerk Rural informell Beschäftigte ihre Existenzgrundlage. Women’s Assembly (RWA) hat in Südafrika Es ist klar, dass es sich hier für über Befragungen mit ihren Zielgruppen einen Tagelöhner*innen und Menschen in prekären “Realitätscheck” erarbeitet, was die “Covid- Beschäftigungsverhältnissen um eine 19-Maßnahmen” für informelle Gebiete mit Überlebensfrage handelt und dass sich die schlechten und bedrängten Situation besonders für Frauen verschärfen Wohnverhältnissen bedeuten; was für kann, die oft die Hauptverantwortung für die entlegenen ländliche Regionen; was für die Versorgung und Betreuung anderer tragen. Frauen am Land? 6
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Betreffend das Gesundheitssystem: Es gibt Newsletter vom 10.4.2020 informiert das kaum Ausrüstung zum Testen, es fehlt an „Center for National Ressource Governance“ Schutzkleidung und Personal, gute (CNRG) über die Folgen von Ausgangssperren Dienstleistungen sind privatisiert und für die und wirtschaftlichem „shutdown“ für in den meisten unerschwinglich. Minenregionen lebenden Frauen in Zimbabwe. Betreffend die Frauen: Ihre Belastung im häuslichen Bereich nimmt zu, häusliche Frauen, die in den Minensiedlungen leben, Gewalt gegen sie ebenfalls; das Pflegesystem haben kein fließendes Wasser und müssen die (das vor allem von Frauen getragen wird) Ausgangssperre missachten, um Wasser zu kollabiert – es baut auf die informelle oft holen oder Nahrungsmittel zu besorgen, was unbezahlte Arbeit der Frauen auf und war schwierig ist, weil die informellen Märkte schon vor Covid-19 überbelastet; eine große geschlossen sind. Schwangere Frauen erhalten Zahl an Frauen arbeitet als Hausangestellte derzeit keine gesundheitliche Betreuung, weil und wurde entlassen. es keinen Transport gibt, und weil auch das Gesundheitspersonal seine Aktivitäten Betreffend Small Farmers: Vor allem Frauen einschränkt, aus Angst, selbst mit dem Virus betreiben kleinsten Anbau für den Verkauf; angesteckt zu werden. aber durch die Bewegungseinschränkungen können sie lokal nicht verkaufen, hingegen Die ungenügende Ausstattung des haben große Händler*innen mehr Freiheiten. Gesundheitsbediensteten mit Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln bedeutet, dass die Betreffend Verschuldung der Haushalte: Diese Spitäler selbst zu Epizentren der nimmt weiter zu. Virenausbreitung werden könnten. RWA fordert neue „Imaginations“, die auf Frauen mit Behinderungen haben keinen Solidarität statt auf Marktorientierung Zugang mehr zu Physio-Therapien, und auch basieren; die Bedürfnisse der Menschen sollen sie stehen wegen des lockdown ohne vorangestellt werden, vor allem die der Erwerbsmöglichkeiten da. ausgegrenzten. RWA fordert auch regionale Zusammenarbeit der Regierungen und die Frauen, die mit HIV leben und für die die Einbeziehung der lokalen antiretrovirale Behandlung zur Stabilisierung zivilgesellschaftlichen Organisationen in der ihres Immunsystems gerade jetzt sehr wichtig Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der ist, müssen teilweise lange Fußwege auf sich Armen. nehmen, um zu Gesundheitszentren zu gelangen und ihre Medikamente zu erhalten. Auf Grund der Geschichte des Landes zeigt Sie müssen dabei an Polizeibarrieren vorbei sich RWA besorgt wegen dem Einsatz des und sind gezwungen, sich zu outen, um Militärs. passieren zu können. Rural Women’s Assembly (3.4.2020): Rural Women’s Assembly Update on COVID 19: Build People’s to Frauen, die zum Einkaufen oder aus People’s Solidarity Erwerbsgründen Ausgangssperren umgehen, können unter Druck geraten und zu sexuellen Gefallen gezwungen werden. Die Zimbabwe: existenzbedrohliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit führt Situationen für Frauen auch dazu, dass Frauen, die häusliche Gewalt erleben, keine Anzeige erstatten oder Schutz Frauen sind in Zimbabwe weitgehend in die finden können. Selbstversorgung und den informellen Sektor abgedrängt und arbeiten unter prekärsten CNRG plädiert für die Zusammenarbeit Bedingungen für das Überleben ihrer Familien. zwischen Staat und Zivilgesellschaft bei der Sie sind bereits durch den Klimawandel Pandemie-Bekämpfung, um den Druck auf schwer belastet und werden durch Frauen möglichst zu verringern. Naturkatastrophen von Personen abhängig, CNRG (17.4.2020): WOMEN HARD HIT BY COVID-19 die Nahrungsmittelhilfe verteilen. Es ist dokumentiert, dass sich Frauen in diesem Kontext prostituieren (müssen), um an Frauen fordern Zugang zu Wasser und Nahrungsmittelhilfen zu kommen. Die Hygiene Vergabe von Nahrungsmittelhilfe ist in Frauen von Somkhele in der südafrikanischen Zimbabwe auch stark politisiert. In ihrem Provinz KwaZulu-Natal kämpfen seit Jahren für 7
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise ihr Recht auf Wasser. Doch dieser Kampf ist Gesundheitssysteme, Informationsmangel. hart und bislang wenig erfolgreich. Menschen Beispiele aus verschiedenen afrikanischen in Somkhele, einer Minenregion, stehen in der Ländern werden geschildert. Eindämmung von Covid-19 dementsprechend Die African Development Bank (AfDB) hat 3 erschwerten Bedingungen entgegen, da einer Mrd. US $ zur Bekämpfung der Corona-Krise grundlegenden Maßnahme zum Schutz vor mobilisiert. WoMin bezweifelt, dass das Geld Ansteckung, nämlich der gründlichen Hygiene, gewöhnlichen Afrikaner*innen zugutekommt, nicht gerecht nachgekommen werden kann. wenn es keinen signifikanten Druck aus der Die Community hat in den letzten Jahren Zivilgesellschaft gibt. mehrere Wassernotstände erlitten und steht Auch in Afrika beweisen viele aus der mit dem Corona-Virus einer noch größeren Mittelschicht Solidarität und spenden Herausforderung hinsichtlich der Nahrung, Schutzkleidung, Wasser, Geld, etc. Wasserbeschaffung bevor. und arbeiten ehrenamtlich. Das ist besonders Der exzessive Gebrauch des Flusswassers wichtig, da es im großen informellen Sektor durch die Kohlebergbauindustrie und mit Hunderten Millionen Beschäftigten keine darauffolgende Dürren führten zum Versicherung, Ersparnisse oder sonstige vollständigen Austrocknen des Gewässers. soziale Hilfe gibt. Frauen von Somkhele fordern die Regierung Als Conclusio stellt WoMin einen vorläufigen nun auf, Wasserversorgung zu gewährleisten, 10-Punkte Aktionsplan für Regierungen und um den Maßnahmen gegen die Ausbreitung kontinentale Gremien vor, darunter: leicht des Virus adäquat nachkommen zu können. zugängliche Information, gratis Tests und Groundwork (2020): The Water Crisis in a Time of the Behandlung, Not-Wasserversorgung und vor COVID-19 Crisis - Women of Somkhele and civil society allem Anerkennung und finanzielle groups call on government to uphold promises and to Wertschätzung der Sorge-Arbeit der Frauen*, provide water, in the time of the COVID-19 threat Schutzmaßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen*, Einbindung der Frauen*initiativen in die Notmaßnahmen während der Covid 19- Ökofeministische Perspektive auf die Pandemie. Covid-19-Krise WoMin - African Women Unite Against Destructive Die afrikanische Organisation WoMin, die Resource Extraction (8.4.2020): COVID-19 Crisis upon Frauen* im Kampf gegen den Extraktivismus Crisis in Africa: an Ecofeminist Perspective (extrem ausbeuterischer Bergbau) und dessen negativen Folgen unterstützt, beschreibt die Auswirkungen der Corona-Krise in Afrika, die Backlash durch Corona-Pandemie dort auf zahlreiche andere Krisen wie In ihrem Artikel „The Coronavirus Is a Disaster Erderwärmung, Umweltzerstörung, Armut, for Feminism“ zeigt Helen Luis auf, wie Landgrabbing, Hunger, Gewalt gegen Frauen* Männer und Frauen von der Covid-19 und bewaffnete Konflikte trifft. Am Pandemie unterschiedlich betroffen sind. schlimmsten wirkt sich die neue Krise, wie Frauen sind zwar von der physischen überall, auf die Ärmsten und Schwächsten aus. Krankheit die durch Covid-19 ausgelöst Frühere Epidemien haben gezeigt, dass werden kann, weniger stark betroffen, die Frauen* den Löwinnenanteil der negativen ökonomischen und sozialen Auswirkungen Konsequenzen tragen, u.a. zusätzliche treffen Frauen jedoch viel stärker. unbezahlte Arbeit und einen Anstieg an Darauf weisen auch Studien über die häuslicher und sexueller Gewalt. In Afrika ist Langzeitfolgen von Ebola-, Zika-, eine enorme Anzahl von Frauen* von Schweinegrippe- und Vogelgrippeausbrüchen häuslicher Gewalt betroffen. hin. So zeigt eine Forschung zu Ausgangsbeschränkungen, in vielen Ländern Langzeiteffekten der Ebola-Krise auf strikt gehandhabt, sperren sie mit ihren Geschlechtergerechtigkeit in Westafrika, dass Peinigern ein und schneiden sie von ihren zwar so gut wie alle Menschen in Westafrika unterstützenden Netzwerken ab. Einkommenseinbußen hinnehmen mussten, Die Ausgangsbeschränkungen bedrohen die Männer jedoch schneller wieder auf das Lebensgrundlagen der Armen. Dazu kommen Niveau vor dem Ausbruch kamen. ungenügender Zugang zu sauberem Wasser Wenn außerhäusliche Care-Arbeit ausfällt, und Sanitäranlagen, schlecht funktionierende führt das geringere Einkommen und 8
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Teilzeitarbeit dazu, dass Frauen viel häufiger Der indische Jurist Nafees Ahmad plädiert in ihren Job zurückschrauben, um wieder die seinem Artikel für die Wahrung des Rechts auf Care-Arbeit zu übernehmen. Das Gesundheit von gewaltsam vertriebenen Lebenseinkommen, auf das Frauen dadurch Menschen, deren Verankerung er in diversen verzichten kann sich danach auch langfristig menschenrechtlichen Dokumenten verortet. nicht mehr erholen. Er kritisiert die Instrumentalisierung von Covid-Bekämpfungsmaßnahmen zur weiteren Häusliche Gewalt und Müttersterblichkeit Zurückdrängung der Rechte von RAMS durch nehmen zu, weil medizinisches Personal und Staaten wie Ungarn, Bosnien oder Südafrika. Material für die jeweilige Epidemie gebraucht werden. In Sierra Leone, das zu den am Positiv hebt er Portugal hervor, das allen stärksten von Ebola betroffenen Ländern Flüchtlingen, Asylwerber*innen und gehörte, war die Anzahl der Frauen, die durch Migrant*innen in laufenden Verfahren rund Geburtskomplikationen starben, letztlich um die Aufenthaltserlaubnis provisorische höher als jene, die durch Ebola verstorben Bürger*innenrechte gewährt und somit den sind. Die Todesfälle durch gleichberechtigen Zugang zum Geburtskomplikationen wurden jedoch als Gesundheitssystem. gegeben hingenommen und bekamen keine Dies ist auch eine zentrale Forderung von Aufmerksamkeit. Nafees Ahmad: Alle RAMS sollten während Die Autorin ruft dazu auf, dass nicht nur die der Covid-19 Pandemie als Maßnahmen, die gegen Covid-19 Staatsbürger*innen behandelt werden und unternommen werden, gendersensibel sein gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen muss, sondern auch die begleitende und Dienstleistungen erhalten, wie dem nachfolgende Forschung. Gesundheitssystem inklusive mentaler Lewis, Helen (19.3.2020): The Coronavirus Is a Disaster Gesundheitsdienstleistungen, ökonomischer for Feminism Unterstützung, Wasser- und Energieversorgung. Für Frauen und Mädchen sind besonders zentral auch der Zugang zu Flüchtlinge haben ein Recht auf Gewaltschutzeinrichtungen, sexueller und Gesundheit! reproduktiver Gesundheit und ökonomischer Absicherung. 70,8 Millionen Menschen weltweit sind von gewaltsamer Vertreibung betroffen und leben UNHCR (2019): Forced Displacement in 2018. Global als sogenannte Flüchtlinge, Asylwerber*innen, Trends Migrant*innen und staatenlose Menschen Ahmad, Nafees (5.4.2020): Refugee Rights and Health: (RAMS; Abkürzung für refugees, asylum- The Impact of COVID-19 on Refugee Camps seekers, migrants and stateless persons) unter besonders prekären Verhältnissen. Österreich: Kritik an Einreisesperre Wo nach Gender getrennte Daten vorliegen, und Lagern liegt der durchschnittliche Frauenanteil an den gewaltsam vertriebenen Menschen bei ca. Die Asylkoordination kritisiert die vom 50%. In Afrika ist er mit 57% am höchsten. Der Innenministeriums verhängte de-facto- Anteil an Kindern unter 18 Jahren ist Einreisesperre für Asylwerber*innen als besonders hoch und liegt laut UNHRC bei 52%. rechtswidrig. Von Flüchtlingen wird derzeit ein Gesundheitsattest verlangt, damit sie die Diese Bevölkerungsgruppen sind von der Grenze passieren und einen Asylantrag stellen Covid-19-Pandemie besonders betroffen und können. in ihrer Gesundheit und in ihren Menschenrechten gefährdet. Überfüllte Gleich zu Beginn der Corona-Krise hat die Flüchtlingscamps und Aufenthaltszentren Asylkoordination, gemeinsam mit 200 erlauben keine Social Distancing Maßnahmen, kirchlichen und zivilgesellschaftlichen die hygienischen Bedingungen sind Organisationen aus Österreich und ganz katastrophal – Seifen sind Mangelware, Europa, Spitzenpolitiker*innen der EU und sauberes Wasser fehlt häufig - und die den griechischen Regierungschef zur gesundheitliche Versorgung bereits vor der sofortigen Evakuierung der Flüchtlingslager Krise mehr als unzureichend bis gar nicht und Hotspots auf den griechischen Inseln vorhanden. aufgefordert. 9
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Die Initiative „Gesundheit für alle! Lager Die derzeitige Entschleunigung schließen!“ fordert vor dem Hintergrund der wirtschaftlicher Aktivitäten zur Bekämpfung Covid-19-Ansteckungsgefahr auch in der Virus-Ausbreitung zeigt, dass ein Österreich die Auflösung von Umsteuern Richtung Umweltschutz und Massenunterkünften für Flüchtlinge. sozialer Sicherheit möglich ist, und sie plädiert Asylkoordination (21.4.2020): Verbot von Asylanträgen eindringlich dafür, diesen kritischen Moment an der Grenze rechtswidrig für einen Richtungswechsel zu nutzen. Initiative „Gesundheit für Alle! – Lager schließen!“ (April Anumo, Felogene (17.3.2020): Unchecked Corporate 2020): GESUNDHEIT FÜR ALLE! Power paved the way for covid-19 and globally women are at the Frontlines Flüchtlinge mit Behinderungen und Covid-19-Maßnahmen UN: Multilateralismus und Chance auf ein neues Wirtschaftssystem Nujeen Mustafa ist aus Syrien geflüchtet und engagiert sich als Fürsprecherin für die Rechte António Guterres, der Generalsekretär der von Menschen mit Behinderungen. Vereinten Nationen, fordert dazu auf, dass im Eindrücklich beschreibt sie in einen Artikel, Zuge der Eindämmung des Coronavirus und was es bedeutet als Mensch im Rollstuhl keine der sozioökonomischen Folgen innovativ und Möglichkeit zu haben sich die Hände zu gemeinschaftlich gehandelt wird. Vor allem waschen oder die Toilette zu benutzen, weil vulnerable Regionen und Communities die sanitären Einrichtungen im müssen besondere Unterstützung erhalten. Flüchtlingscamp auf Lesbos nicht Um auf soziale und ökonomische behindertengerecht gestaltet sind. Auswirkungen reagieren zu können, drängt die UN auf eine koordinierte multilaterale Die Covid-19 Pandemie trifft somit geflüchtete Herangehensweise. Es werden mehrere Menschen mit Behinderungen umso härter. Ansätze vorgestellt, die eine Finanzierung Nujeen Mustafa fordert Regierungen und dieser Pläne ermöglichen. NGOs auf, die Rechte von Menschen mit Der UN-Generalsekretär appelliert außerdem Behinderungen zu wahren: dazu, dass Covid-19 eine Chance auf ein neues Handwaschstationen, Hygieneanlagen, Tests global-gemeinschaftliches Wirtschaftssystem und Behandlungen sollten für alle zugänglich darstellt, das wesentlich besser für Krisen sein; bei der Erarbeitung von Maßnahmen gewappnet ist als das bisherige System. “Let gegen Covid-19 sollten Menschen mit us remember that we are only as strong as the Behinderungen miteinbezogen werden und weakest health system in our interconnected Informationen zur Prävention von Covid-19 world.“ und dem Zugang zu Tests und Behandlung sollten für Menschen mit den UN / Guterres: (31.3.2020): "The recovery from the unterschiedlichsten Behinderungen – COVID-19 crisis must lead to a different economy" körperlichen wie auch intellektuellen – zugänglich gemacht werden. Drohende Entwicklungskrise Mustafa, Nujeen (10.4.2020): COVID-19 doesn’t discriminate against refugees with disabilities. Neither Besonders in den Ländern des Südlichen should our response Afrikas drohen, aufgrund Ressourcenmangels, dramatische Folgen durch den Corona-Virus. Das Southern African People’s Solidarity Network (SAPSN) fordert deshalb die 2. MAKROÖKONOMIE: Regierungen der Länder der Südafrikanischen PARADIGMENWECHSEL GEFORDERT Entwicklungsgemeinschaft (SADC) auf, rasch zu handeln, um schwerwiegende Folgen möglichst abzuwenden. Frauen fordern systemische Änderungen Problematisch ist vor allem die Ausstattung des öffentlichen Gesundheitssystems, Felogene Anumo, panafrikanische Feministin insbesondere in ruralen Gebieten. Der Mangel und beim internationalen Frauennetzwerk an Krankenhausbetten, medizinischem AWID engagiert, weist auf die Zusammen- Personal und Ausrüstung ist überall zu hänge zwischen Unternehmensmacht, vermerken. Sparmaßnahmen im Ausbeutung und Naturzerstörung hin. 10
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Gesundheitssystem in den vergangenen Warum die WHO eine feministische Jahrzehnten, führten dazu, dass Care-Arbeit ökonomische Brille braucht heute nahezu ausschließlich von Frauen zu In einem Beitrag in der medizinischen Hause ausgeführt wird – auf ihre Schultern Fachzeitschrift „The Lancet“ argumentieren fällt die Last der Versorgung der Corona- die Autorinnen, warum es der WHO gut täte, Erkrankten. post-Corona eine feministische Das SAPSN-Netzwerk fordert somit wirtschaftspolitische Perspektive Ressourcen für den Wiederaufbau eines einzunehmen: weil Gesundheit und Wirtschaft öffentlichen Gesundheitssystems und für eng zusammenhängen. Aus einer Investitionen in lebensnotwendige Sektoren, intersektionalen feministischen Perspektive um den Auswirkungen der Corona-Pandemie werden Machtverhältnisse und der damit entgegenhalten zu können. verbundene unterschiedliche Zugang von Menschen zu Ressourcen aufgrund ihres Außerdem wird verlangt, dass für die Geschlechts und anderen sozialen Kategorien Bevölkerung medizinische Ausrüstung wie Alter, Schichtzugehörigkeit oder ein bereitgestellt, Menschen, die ihrer Lohnarbeit bestimmter Minderheitenstatus thematisiert – aufgrund von Ausgangssperren nicht diese Analysen gilt es auf den nachgehen können, finanziell zu unterstützt, Gesundheitssektor anzuwenden. sowie die regionale Lebensmittelversorgung gesichert wird. Laut WHO fehlen bis 2030 18 Millionen SAPSN (2020): COVID-19 pandemic: Statement by the Mitarbeiter*innen im Gesundheitspersonal, Southern African People’s Solidarity Network (SAPSN), vor allem in Schwellen- und Entwicklungs- As Southern Africa faces a socioeconomic catastrophe ländern. 70 Prozent der Arbeitskräfte sind we must break with capitalist globalisation and weiblich, und es gibt im Gesundheitsbereich neoliberalism genderspezifische Diskriminierungen, die aus feministischer Perspektive benannt und verändert werden müssen. Die meiste Verschränkte Krisen und Kämpfe Gesundheitsarbeit wird von Frauen geleistet, Die Corona-Krise zeigt wie die Klimakrise aber Entscheidungen liegen überwiegend bei ähnlich deutlich, dass nicht alle Menschen im Männern. Soziale reproduktive Arbeit ist selben Ausmaß von Zusammenbrüchen des systematisch unterbewertet. Systems betroffen sind. Der budgetäre Spielraum, den Entwicklungs- Frauen haben es in Notsituationen global länder haben, um ins Gesundheitssystem zu betrachtet besonders (unterschiedlich) investieren, wird weitgehend von den schwer: Sie sind strukturellen Politikempfehlungen und den Bedingungen, Mehrfachdiskriminierungen ausgesetzt, die mit der Gewährung von Krediten durch die übernehmen aber als systemerhaltende Care- internationalen Finanzinstitutionen Arbeiterinnen zusätzliche Lasten, um einhergehen, bestimmt. staatliche Defizite aufgrund von Der Internationale Währungsfonds (IWF), die Austeritätspolitiken auszugleichen, bei Weltbank, die G7 und die G20 machen sich gleichzeitigen drohenden langfristigen alle für Geschlechtergleichstellung stark. Doch negativen Auswirkungen. keine dieser Institutionen hat ihre Rhetorik zu Insofern ist der Kampf gegen die Krisen auch Gender-Gerechtigkeit in Bezug auf die Folgen ein dezidierter feministischer Kampf, um die ihrer Austeritätspolitiken hinsichtlich gesellschaftliche Stellung der Frauen(arbeit) Gleichstellung oder der Bereitstellung von und der Abwehr von konservativen Gesundheitsdienstleistungen angewandt. backlashes. Die wichtigsten Gründungsmitglieder von IWF Women´s International League for Peace and Freedom und Weltbank und stimmenstärksten Staaten (o.J.): COVID-19: What has COVID-19 Taught Us about in diesen Institutionen sind G7 und G20- Neoliberalism? Staaten, darunter Länder wie Kanada, Singano, Mwanahamisi (2020): Nicht aus dem Norden Schweden, Austrialien und UK, die für eine Die Lösung der Klimakrise muss von feministischen gender-fokussierte Entwicklungszusammen- Kämpfen im globalen Süden ausgehen. In: Südlink, S. 32 arbeit eintreten. Zugleich finanzieren sie IWF und Weltbank, deren Politikempfehlungen und Konditionen den budgetären Spielraum 11
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise für die Ausstattung von Gesundheitssystemen Niedrigverdiener*innen in Form von und fairen Löhnen einengen. Nahrungsmittelhilfen, Zugang zu Gesundheit Herten-Crabb, Asha & Sara E. Davies (28.3.2020): Why und günstigem Transport. WHO needs a feminist economic agenda Asian Peoples’ Movement on Debt and Development (18.3.2020): Tax & Fiscal Justice: Our Revenues for Our Rights! An Open Letter to Policy-Makers in Light of the Globale Solidarität durch Covid19 Health Crisis (Wissens)Austausch In einem Online-Teach-in, organisiert von der NGO-Vorschlag an die G-20 zur Bewegung The Rising Majority, diskutieren Mobilisierung von Ressourcen Angela Davis, Naomi Klein, Thenjiwe McHarris, Cindy Wiesner, Maurice Mitchell und Loan Entscheidungen der Länder, die in der Gruppe Tran über den globalen Kapitalismus, der der 20 wichtigsten Industrie- und entlang der intersektionalen Linien, Gender Schwellenländer vertreten sind, werden spezifische, soziale, ökonomische und ausschlaggebend dafür sein, wie die mit der ethnische Ungleichheiten im Kampf gegen Corona-Pandemie einhergehende globale Covid-19 drastisch zum Vorschein bringt. Gesundheits- und Weltwirtschaftskrise bewältigt werden kann. Nach eingehender Analyse kommen die Diskutant*innen zu Maßnahmen, die es Die indische NGO Madhyam publizierte im braucht: Vermögensumverteilung, März ein Briefing-Paper, in dem der G-20 Besteuerung von Großkonzernen, Rechte von Maßnahmen im Bereich der internationalen Care-Arbeiter*innen und Arbeiter*innen im Finanz- und Handelspolitik vorgeschlagen Allgemeinen stärken, digitale Kommunikation werden, um der Krise koordiniert zu begegnen abseits Social Media ermöglichen und rufen zu und effektiv international globalem (Wissens)Austausch und globaler zusammenzuarbeiten. Das Paper bietet Solidarität auf. keinerlei genderspezifischen Analysen, ist aber informativ für die Frage der internationalen The Rising Majority (6.4.2020): Movement Building in Mittelaufbringung. the Time of the Coronavirus: A Rising Majority Teach-In (Video) Singh, Kavaljit (25.3.2020): Coronavirus: A Seven-Point Action Plan for G20 Philippinen: Steuergerechtigkeit jetzt! Oxfam: Ein Rettungspaket für alle! In Anbetracht der drakonischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie Der Wirtschaftseinbruch im Gefolge der protestiert das auf den Philippinen Corona-Epidemie könnte eine halbe Milliarde beheimatete Asian People´s Movement on Menschen in Armut stürzen, wenn nicht Debt and Development (APMDD) gegen eine gegengesteuert wird. Oxfam fordert die Politik, die Unternehmen Steuerbefreiungen Weltbank, den Internationalen zugesteht, während das Gros der Menschen – Währungsfonds und die G-20 auf, ein darunter die in Niedriglohnsektoren und im wirtschaftliches Rettungspaket „für alle“ zu informellen Sektor arbeitenden Frauen – um schnüren, damit arme Länder soziale ihr Recht auf ein überlebenssicherndes Unterstützung an jene Menschen leisten Einkommen, sauberes Wasser, ausreichende können, die ihre Arbeit bzw. ihre Ernährung und Gesundheit gebracht wird. Einkommensmöglichkeit verloren haben. Auf den Philippinen profitiert vor allem der Besonders wichtig sei die Investition in soziale Bergbausektor von Steuerreduktionen und - Sicherheit durch „cash“ an alle, die es zum befreiungen. APMDD rechnet vor, wie viele Überleben brauchen. Hilfen an Unternehmen Labortests, Spitalsbetten und Schutzmasken müssen in verantwortlicher Weise erfolgen, angeschafft werden könnten, gäbe es nicht unter Priorisierung von kleinen Unternehmen den Entfall diverser Steuereinnahmen. und nur mit Auflagen – bezüglich der Wahrung von Arbeitnehmer*innen-Rechten, der „Es gibt eine Wahl“ – ob diese oder eine Interessen von Bäuer*innen und andere Politik im Interesse der Bevölkerung Steuerzahler*innen – für große Unternehmen, gemacht wird. Gefordert wird die um in Richtung nachhaltiges Wirtschaften zu Unterstützung von Armen, steuern. Straßenverkäufer*innen und 12
WIDE-Update 4/2020 – Gender & Covid-19-Krise Viele reiche Länder – so auch die USA – haben Er fordert weiters u.a., dass Schulden- sehr schnell Milliarden-Pakete aufgelegt, um zahlungen von privaten Schuldner*innen Unternehmen und Arbeiter*innen zu ausgesetzt werden, ohne dass in dieser Zeit unterstützen; den meisten Ländern des Zinsen anfallen; dass Delogierungen gestoppt globalen Südens hingegen fehlt es an und die Versorgung von Haushalten mit Strom Finanzkraft für ähnliche Maßnahmen. Die und Wasser (wo vorhanden) aufrechterhalten UNCTAD hat den weltweiten Bedarf an werden. Arme Menschen sollten durch Hilfspaketen mit 2,5 Billionen (2.500 Mrd.) US- Direktzahlungen unterstützt werden und Dollar beziffert. Mittel in die Verbesserung der Wohnbedingungen, in Ernährung, den Oxfam schlägt vor, dass eine Billion US-Dollar Bildungssektor und kleinbäuerliche, an internationalen Reserven in Form von ökologisch nachhaltige Landwirtschaft und - Sonderziehungsrechten (eine Verarbeitung investiert werden. währungsähnliche Verrechnungseinheit des IWF) geschaffen und Staaten in der Krise zur Die Unterstützung für Unternehmen sollte auf Verfügung gestellt werden sollte. Lohnfortzahlungen und Stützung v.a. von Klein- und Mittelbetrieben zielen. Eine weitere Billion sollte durch sofortige Aussetzung der Schuldenrückzahlungen von Es sei jetzt der Moment, dass Regierungen für Entwicklungsländern im Jahr 2020 und einen Verteilungsgerechtigkeit sorgen, was eine Teilerlass ihrer Schulden aufgebracht werden. progressive Besteuerung von Millionär*innen Dadurch würden sofort Mittel frei, die für das und Milliardär*innen sowie von Gesundheitssystem und Direktzahlungen Firmenkonglomeraten einschließt, die einen ausgegeben werden können. ihrem Vermögen angemessenen Beitrag für die Gesellschaft leisten sollte. Noch nie sei der Eine weitere halbe Billion (500 Mrd.) US-Dollar Handlungsbedarf von Staaten so groß wie jetzt sollte im Rahmen der Entwicklungs- gewesen. zusammenarbeit aufgebracht werden; davon sollten 160 Mrd. in die Gesundheitssysteme UNICEF (8.4.2020): Debt relief for the poorest countries der 85 ärmsten Länder investiert werden. critical in fight against COVID-19. Statement by UNICEF Zudem könnten Krisen-Solidaritätssteuern, Executive Director Henrietta Fore wie z.B. eine Steuer auf außerordentliche UN Human Rights Office of the High Commissioner Profite oder auf die allerhöchsten (15.4.2020): Responses to COVID-19 crisis: UN expert Privatvermögen weitere Ressourcen urges more government spending targeting inequality, mobilisieren. not big business (Text ist in allen UN-Sprachen verfügbar) Oxfam (8.4.2020): HALF A BILLION PEOPLE COULD BE PUSHED INTO POVERTY BY COVID-19 Oxfam (9.4.2020): Dignity not Destitution IWF gewährt Schuldennachlass für 25 ärmste Staaten Auch UN-Forderung: Schuldennachlass Am 13. April kündigte IWF-Direktorin und Ungleichheit reduzieren Kristalina Georgieva einen Erlass der Ratenzahlungen von Schulden der 25 ärmsten UN-Generalsekretär Antonio Guterres Staaten für 2020 an. Ein wichtiger Schritt, forderte Anfang April eine sofortige allerdings handelt es sich um Länder, die nur Aussetzung des Schuldendienstes im Jahr wenige Schulden beim IWF haben, und das 2020 für die ärmsten Länder sowie (Teil-) Volumen, um das es geht, ist gemessen am Schuldenerlass. Er wird mit dieser Forderung globalen Bedarf gering. vielfach unterstützt, von UN- Teilorganisationen ebenso wie von Weltbank- Die Mittel kommen aus einem während der und IWF-Direktor*innen. Ebola-Krise eingerichteten Katastrophenfonds (CCRT) des IWF. Daraus können ersatzweise Auch der unabhängige UN-Experte zu Ratenzahlungen an den IWF geleistet werden, Verschuldung und Menschenrechten, Juan um die Haushalte betroffener Staaten zu Pablo Bohoslavsky, tritt für ein sofortiges entlasten. Aussetzen der Schuldendienste durch die ärmsten Länder und für die Umstrukturierung Mittlerweilen haben wegen der Covid-19-Krise bzw. den Erlass ihrer Schulden ein. über 80 Staaten beim IWF um Kredit angefragt, so viele wie noch nie. Der IWF erklärt sich bereit, seine Reserven zu nutzen, 13
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