Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven 2/2018 - KVJS

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Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven 2/2018 - KVJS
2/2018

Jugend

Pflegeeltern eröffnen
neue Perspektiven
Seite 24

KVJS                     Soziales                   Integration
Verbandsdirektor a. D.   Deutscher Fürsorgetag      Mit vereinten
Roland Klinger im        und Messe                  Kräften zum neuen
Interview                Pflege Plus in Stuttgart   Arbeitsplatz
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Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven 2/2018 - KVJS
Impressum

                   KVJS aktuell
                   April 2018
                   Herausgeber:
                   Kommunalverband für Jugend und Soziales
                   Baden-Württemberg
                   Öffentlichkeitsarbeit
                   Lindenspürstraße 39
                   70176 Stuttgart
                   www.kvjs.de

                   Verantwortlich:
                   Heide Trautwein

                   Redaktion:
                   Monika Kleusch

                   Mit Beiträgen von:
                   Gabriele Addow (add)
                   Julia Holzwarth (hol)
                   Monika Kleusch (mok)

                   Titelfoto:
                   © Uschi Hering/Fotolia

                   Layout:
                   Waltraud Gross

                   Bestellungen und Adressänderungen:
                   Petra Wagner
                   Telefon 0711 6375-208
                   Petra.Wagner@kvjs.de

                   Druck:
                   Texdat-Service gGmbH, Weinheim

                                                Redaktioneller Hinweis:
                                                Wir bitten um Verständnis, dass aus
                                                Gründen der Lesbarkeit auf eine durch-
                                                gängige Nennung der weiblichen und
                                                männlichen Bezeichnungen verzichtet
                                                wird. Selbstverständlich beziehen sich
                                                die Texte in gleicher Weise auf Frauen
                                                und Männer.
2   KVJS aktuell
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KVJS

                          Inhaltsverzeichnis

KVJS              4   Verbandsdirektor a. D. Prof. Roland Klinger im Interview
                  6   Kristin Schwarz folgt als Verbandsdirektorin auf Roland Klinger
                  7   Viel Bewegung im Kulturpark: Angebote locken Besucher nach Rappertshofen

SOZIALES          8   Fachvorträge auf der Messe Stuttgart
                 10   Neue Untersuchungen in der GPV-Dokumentation
                 11   Medizinisch-Pädagogischer Dienst des KVJS erneut zertifiziert worden
                 12   Landkreis Göppingen schreibt Teilhabeplan fort

INTEGRATION      14   Mit vereinten Kräften zu neuem Arbeitsplatz
                 15   Inklusionsfirma NintegrA übernimmt „Das Kaufhaus“
                 16   Gelebte Inklusion bei IKEA Freiburg
                 18   Erneute Auszeichnung nach zehn Jahren
                 20   Neue Gabelstapler warnen mit Lichtsignal

JUGEND           22   Wenn Worte fehlen sprechen Bilder
                 24   Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven
FORSCHUNG        27   Positive Resonanz beim Fachtag zum Forschungsvorhaben KiTa-Planung

FORTBILDUNG      28   Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe
                 30   Damoklesschwert Fachkräftemangel

NEU ERSCHIENEN   31   Beim KVJS erschienen

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KVJS

„Die wichtigste Aufgabe ist gelungen“
Verbandsdirektor a. D. Prof. Roland Klinger im Interview

Ende März ist Roland Klinger in den Ruhestand getreten. Er steuerte über 13 Jahre die
Geschicke des KVJS. Davor leitete Roland Klinger über vier Jahre den Landeswohlfahrts-
verband Württemberg-Hohenzollern.

Herr Klinger, wenn Sie zurückblicken: Haben
Sie erreicht, was Sie sich damals für den Ver-
band vorgenommen haben?

Ich habe vieles, aber nicht alles erreicht. Die wich-
tigste Aufgabe ist aber gelungen – nämlich unter
dem Dach des KVJS die beiden zu fusionierenden
Landeswohlfahrtsverbände Baden und Württem-
berg-Hohenzollern zu einem landeseinheitlichen
Verband zusammenzuführen. Er hat als Kompe-
tenz- und Dienstleistungszentrum in der Zwi-
schenzeit das Vertrauen und die Akzeptanz der 44
Stadt- und Landkreise als Pflichtmitglieder. Das
freut mich sehr.

Welche besonderen Herausforderungen galt es
zu meistern?

Die Sorge war am Anfang, dass sich der KVJS nicht       Verbandsdirektor Prof. Roland Klinger tritt in den Ruhestand.     Foto: KVJS
aus seiner LWV-Rolle befreien und deshalb kein
modernes Dienstleistungsangebot entwickeln
kann. Das Gegenteil ist aber mit einer multidiszi-
plinär aufgestellten und hochmotivierten Beleg-         stattung in der Jugendhilfe, Pflege und Einglie-
schaft eingetreten, wofür ich den Mitarbeitern          derungshilfe und der Fortbildungsangebote zu
und Mitarbeiterinnen sehr herzlich danke.               gestalten und einen neuen Bereich der anwen-
                                                        dungsbezogenen Forschung für die Praxis zu
Was waren für Sie die Meilensteine während              schaffen. Wichtig war auch die Eingliederung der
Ihrer Zeit beim KVJS?                                   LWV.Eingliederungshilfe GmbH mit 1.400 Mitar-
                                                        beitern für 1.600 Menschen mit Behinderung in
Die Meilensteine waren das Dienstleistungs-             den KVJS.
angebot für alle Kreise in Baden-Württemberg
umfassend und in guter Qualität im Bereich der          Der KVJS hat sich unter Ihrer Leitung als qua-
Beratung und Unterstützung, der Planung, des            lifizierter Fortbildungsanbieter in der Praxis
Vergütungsrechts, der landesweiten Berichter-           einen Namen gemacht. Was braucht es, damit

4   KVJS aktuell                                                                                                 2/2018
Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven 2/2018 - KVJS
KVJS

der Verband diese starke Position künftig nicht        statt für behinderte Menschen durch das „Budget
nur behalten, sondern weiter ausbauen kann?            für Arbeit“ erleichtert werden.

Die KVJS-Fortbildung hat jährlich circa 16.000 Teil-   Die demografische Entwicklung lässt die Zahl der
nehmer. Sie erwarten, dass aktuelle Themen und         Pflegebedürftigen stetig ansteigen, während Pfle-
veränderte Rahmenbedingungen rasch, fachlich           gefachkräfte fehlen. Gleichzeitig wird die Pflege
fundiert, qualitativ hochwertig und zielgruppeno-      immer teurer, auch weil das Pflegepersonal besser
rientiert in die Programme einfließen. Theorie und     bezahlt werden muss. Die Sozialhilfe wird bei den
Praxis sollen gut miteinander verknüpft werden.        Pflegekosten immer mehr zum Ausfallbürgen wer-
Gleichzeitig besteht der Anspruch neue Medien          den, wenn nicht bald die gesetzliche Pflegeteilver-
einzubeziehen – also „E-Learning“- oder „Blended-      sicherung in eine Pflegevollversicherung umge-
Learning“-Konzepte zu gewährleisten. Das ist der       wandelt wird.
Dauerauftrag für eine erfolgreiche Fortbildung.
                                                       In der Jugendhilfe wird der weitere Ausbau der
Wo steht die Forschung heute?                          Kinderbetreuungsangebote im Mittelpunkt ste-
                                                       hen, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen.
Die KVJS-Forschung ist anwenderorientiert und          Daneben muss der Kinder- und Jugendschutz wei-
geschieht im Dialog mit der Praxis. Daher greift sie   ter ausgebaut und qualifiziert werden.
aktuelle Fragen und Problemlagen auf. Seit 2011
wurden sechs Forschungsvorhaben abgeschlos-            Bestimmt haben Sie schon persönliche Pläne
sen, fünf weitere Projekte befinden sich aktuell in    für die Zukunft geschmiedet?
der Transferphase hinein in die Praxis der 44 Stadt-
und Landkreise und in das landesweite KVJS-Fort-       Ich werde die neue Freiheit zusammen mit meiner
bildungsangebot. Weitere vier Projekte werden          Familie genießen und freue mich, dass ich nicht
derzeit durchgeführt in der Kindertagesbetreu-         mehr täglich fremdbestimmt bin. Aber ich werde
ung, der Schulsozialarbeit, der Eingliederungshilfe    daneben die eine oder andere ehrenamtliche
für behinderte Menschen. Dadurch werden effizi-        Tätigkeit im sozialen Aufgabenfeld wahrnehmen
ente Lösungsansätze zur praktikablen und finan-        und mich im Übrigen auf neue Lebensperspekti-
zierbaren Gestaltung kommunaler Sozialaufgaben         ven einlassen.
geschaffen.                                                            Das Interview führte Gabriele Addow

Was glauben Sie: Was sind für den KVJS die
großen Themen der kommenden Jahre?

In den nächsten Jahren hat die Inklusion und die
Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes Priorität.
Die Eingliederungshilfe für Menschen mit wesent-
licher Behinderung – davon sind heute über
70.000 Menschen im System der Sozialhilfe hier
im Land betroffen – muss neu strukturiert werden.
                                                       INFO

                                                                In der nächsten Ausgabe von „KVJS
Losgelöst von der Wohnform soll mehr Teilhabe
                                                                aktuell“ lesen Sie ein Interview mit
in allen Lebensbereichen ermöglicht werden. Vor
                                                                der neuen Verbandsdirektorin Kristin
allem im Arbeitsleben soll der Einstieg in den all-
                                                                Schwarz
gemeinen Arbeitsmarkt als Alternative zur Werk-

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KVJS

                  Abschied und Neubeginn
                  Kristin Schwarz folgt als Verbandsdirektorin auf Roland Klinger

                  Am 22. März 2018 wurde Verbandsdirektor Prof. Roland Klinger im Tagungszentrum
                  Gültstein feierlich in den Ruhestand verabschiedet und seine Nachfolgerin Kristin
                  Schwarz als neue Verbandsdirektorin vereidigt.

                  Roland Klinger war Gründungsdirektor des 2005 im                    fahrtsverbände Baden und Württemberg-Hohenzol-
                  Zuge der Verwaltungsreform entstandenen KVJS, in                    lern zusammengefasst wurden. Der Verbandsvorsit-
                  dem Teile der seinerzeit aufgelösten Landeswohl-                    zende, Landrat a. D. Karl Röckinger, würdigte Klinger
                                                                                      als landes- und bundesweit anerkannten Sozial-
                                                                                      rechtsexperten. Im Bereich der sozialen Daseins-
                                                                                      vorsorge habe Klinger den Dialog zwischen Wis-
                                                                                      senschaft und Forschung nachhaltig angeregt und
                                                                                      gefördert. Es sei ihm gelungen, den KVJS im Laufe
                                                                                      der Jahre zu einem landesweit anerkannten Dienst-
                                                                                      leistungs- und Kompetenzzentrum für die Stadt-
                                                                                      und Landkreise zu entwickeln.

                                                                                      Klingers Verdienste wurden zudem gewürdigt von
                                                                                      Landrat Joachim Walter – Präsident des Landkreis-
                                                                                      tages Baden-Württemberg, Prof. Dr. Wolf-Dietrich
                                                                                      Hammann – Ministerialdirektor im Ministerium
                                                                                      für Soziales und Integration Baden-Württemberg
                                                                                      sowie von Oberkirchenrat Dieter Kaufmann – für
                                                                                      die Liga der freien Wohlfahrtspflege.

                                                                                      Der Verbandsvorsitzende Karl Röckinger übergab
                                                                                      dem scheidenden Verbandsdirektor seine Entlas-
                                                                                      sungsurkunde. Im Anschluss vereidigte er Kristin
                                                                                      Schwarz als neue Verbandsdirektorin. Die Diplom-
                                                                                      Verwaltungswirtin gilt landesweit als Expertin auf
                                                                                      dem Gebiet des Sozialrechts. Nach beruflichen
                                                                                      Stationen unter anderem beim Landessozialamt
                                                                                      des ehemaligen Landeswohlfahrtsverbandes
                                                                                      Württemberg-Hohenzollern und dem Landrat-
                                                                                      samt Esslingen als Leiterin des Amtes für beson-
                                                                                      dere Hilfen, führte Kristin Schwarz vier Jahre lang
                                                                                      das Referat „Vergütungen, Entgelte, Vertragswe-
                                                                                      sen“ des KVJS. Sie ist die erste Frau, die nun einen
                                                                                      höheren baden-württembergischen Kommunal-
(v.li.:) Verbandsvorsitzender Karl Röckinger, Verbandsdirektorin Kristin Schwarz,     verband im sozialen Bereich leitet.
Verbandsdirektor a. D. Prof. Roland Klinger                         Foto: Holzwarth                                                     mok

                  6   KVJS aktuell                                                                                                   2/2018
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Viel Bewegung im Kulturpark
Immer mehr Angebote locken Besucher nach Rappertshofen

Der Kulturpark Reutlingen-Nord nimmt Fahrt auf. Kulturveranstaltungen, Saisongärten
und das Café erweisen sich als die erhofften Besuchermagneten. Mit Juliane Stöffel hat
der Kulturpark außerdem eine neue Leiterin.

In Rappertshofen entwickelt sich etwas. Auf dem       auch in der Fachwelt große Anerkennung als her-
Gelände der Einrichtung für Menschen mit Behin-       ausragendes Inklusionsprojekt.
derung ist mit dem Kulturpark Reutlingen-Nord                                          Stephan Gokeler
ein Projekt ins Leben gerufen worden, das neue
Wege bei der Erschließung des Sozialraums geht.
Gerade deshalb fühlt sich Juliane Stöffel dort am
richtigen Ort. „Ich bin gerne da, wo etwas Neues
entsteht“, sagt die neue Leiterin des Kulturparks.

Sie hat das Projekt von Anfang an begleitet. Im
Kulturpark sieht Juliane Stöffel „eine große Chance
für Menschen mit Behinderung, Anerkennung
zu bekommen für das, was sie tun und können“.
Gleichzeitig öffnet sich die Einrichtung für Be-
sucher von außen und bietet sinnstiftende             Uli Keuler sorgte für ein volles Haus.         Foto: L.EH
Beschäftigungsmöglichkeiten.

Die Resonanz auf die Angebote bestätigt das Kon-
                                                      INFO

                                                                  Rappertshofen: Neue Heimat beim
zept. Ein Auftritt des Kabarettisten Uli Keuler war
                                                                  KVJS
restlos ausverkauft. Monatlich mindestens eine
Kulturveranstaltung findet im Café statt. Zahlrei-
                                                                  Rappertshofen ist eine von vier
che Parzellen, die zur gemeinschaftlichen Bewirt-
                                                                  Einrichtungen für Menschen mit
schaftung als Saisongärten angeboten werden,
                                                                  Behinderungen der LWV.Eingliede-
sind bereits vermietet. Sehr gefragt sind auch
                                                                  rungshilfe GmbH (L.EH). Seit Beginn
die Räumlichkeiten, die regelmäßig für Taufen,
                                                                  des Jahres 2018 gehört die L.EH als
Geburtstage oder Hochzeiten gebucht werden.
                                                                  Sondervermögen zum KVJS. Für den
                                                                  Zuwachs wurde beim KVJS ein neues
Seit März gibt es einen erweiterten Cafébetrieb
                                                                  Gremium eingerichtet: Der Ausschuss
mit einem Mittagstisch dienstags und donners-
                                                                  für Eingliederungshilfe- und Inte-
tags. Und immer am letzten Sonntag im Monat
                                                                  grationsgesellschaften wird über den
lädt das Café im Kulturpark ab 9:30 Uhr zum erwei-
                                                                  neuen Teilhaushalt 12 für das Sonder-
terten Frühstück. Der einjährige Werkaufenthalt
                                                                  vermögen beschließen. Der Sitz der
von jungen Künstlern im Rahmen eines Kunststi-
                                                                  LWV.Eingliederungshilfe bleibt Tübin-
pendiums setzt zusätzliche Impulse für Menschen
                                                                  gen.
mit Behinderung und deren Verbindung zum
                                                                                                     mok
Sozialraum. Der Kulturpark findet mittlerweile

2/2018                                                                                         KVJS aktuell 7
Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven 2/2018 - KVJS
SOZIALES

                    Expertise im Doppelpack
                    Fachvorträge auf der Messe Stuttgart

                    Der KVJS präsentiert sich mit einem Stand sowie einem Fachforum beim 81. Deutschen
                    Fürsorgetag und lädt im Rahmen der Messe Pflege Plus zu einem Fachgespräch ein.
                    Beide Veranstaltungen finden vom 15. bis 17. Mai parallel in der Messe Stuttgart statt.

                                                                                       vielschichtige kreisspezifische und kreisverglei-
                                                                                       chende Standortbestimmungen als Impulse zur
                                                                                       Weiterentwicklung ihrer Hilfepraxis erschließen
                                                                                       können“, fassen Christine Blankenfeld, Referats-
                                                                                       leiterin „Sozialplanung, investive Förderung“ vom
                                                                                       Dezernat Soziales und Dr. Ulrich Bürger von der
                                                                                       Organisationseinheit „Jugendhilfeplanung und
Der KVJS ist Unterstützer des Fürsorgetages und präsentiert sich vor Ort als Dienst-
leistungs- und Kompetenzzentrum.                                                       -berichterstattung“ des Dezernats Jugend – Lan-
                                                                                       desjugendamt zusammen.
                    „Zusammenhalt stärken – Vielfalt gestalten“
                                                                                       Markt der Möglichkeiten
                    … unter diesem Motto werden beim Deutschen
                    Fürsorgetag in Stuttgart aktuelle Fragestellungen                  Darüber hinaus ist der KVJS während der drei
                    und Herausforderungen aus den Bereichen der                        Kongresstage mit einem Stand auf dem „Markt
                    Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behinderten-                     der Möglichkeiten“ vertreten und stellt Aufgaben
                    und Altenhilfe beleuchtet. In den angebotenen                      und Dienstleistungen seiner Dezernate Soziales,
                    Fachforen liegt der Fokus auf Entwicklungen und                    Jugend sowie Integration vor.
                    Auswirkungen sozialer Veränderungen.

                    Sozialplanung konkret
                                                                                       INFO

                                                                                                Deutscher Fürsorgetag im ICS
                                                                                                Congresscenter der Messe Stuttgart
                    Auch der KVJS beteiligt sich am 16. Mai von 16:00
                    bis 18:00 Uhr mit einem Fachforum zum Thema
                                                                                                • Standnummer des KVJS auf dem
                    „Sozialplanung konkret: Landesweite Berichterstat-
                                                                                                  „Markt der Möglichkeiten“: A41
                    tung des KVJS für die Kommunen in Baden-Würt-
                                                                                                • KVJS-Fachvortrag: „Sozialplanung
                    temberg“. Im Mittelpunkt stehen die landeswei-
                                                                                                  konkret: Landesweite Berichterstat-
                    ten Berichterstattungen des KVJS als eine zentrale
                                                                                                  tung des KVJS für die Kommunen in
                    Dienstleistung und Grundlage für die Planungen
                                                                                                  Baden-Württemberg“
                    der Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs.
                                                                                                  am 16.05.2018
                    „Wir stellen in diesem Forum fachplanerische Leit-
                                                                                                  16:00 bis 18:00 Uhr
                    linien und die Berichtsgegenstände aus den Aufga-
                    benbereichen der Kinder- und Jugendhilfe sowie
                                                                                                Mehr Informationen und Online-
                    der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinde-
                                                                                                Anmeldung:
                    rung vor. Ein wichtiger Bestandteil sind dabei die
                                                                                                www.deutscher-fuersorgetag.de
                    KVJS-Transferangebote, mit denen sich die Kreise

                    8   KVJS aktuell                                                                                               2/2018
Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven 2/2018 - KVJS
SOZIALES

Auf der Messe Pflege Plus treffen Fachbesucher auf Unternehmen, Branchenverbände und Experten des Pflegemarkts.
                                                                                                         Foto: Messe Stuttgart

Pflege Plus: Betreute Wohnkonzepte
                                                                 INFO

                                                                            Fachmesse Pflege Plus in der Messe
In der Messe Stuttgart findet parallel zum Deut-
                                                                            Stuttgart
schen Fürsorgetag auch die Messe Pflege Plus
statt. Der KVJS beteiligt sich im Rahmen des
                                                                            • KVJS-Fachveranstaltung: „Betreute
Kongresses mit einer moderierten Veranstaltung
                                                                              Wohnkonzepte im Quartier“
zum Thema „Betreute Wohnkonzepte im Quar-
                                                                              am 16.05.2018
tier“. Ein Fachbeitrag von Ursula Kremer-Preiß
                                                                              10:00 bis 12:30 Uhr
vom Kuratorium Deutsche Altershilfe sowie eine
                                                                              Die Fachveranstaltung findet in den
Podiumsdiskussion mit Praktikern vor Ort zeigen
                                                                              Räumlichkeiten des ICS statt.
Möglichkeiten zur Weiterentwicklung betreuter
Wohnanlagen und alternative Konzepte. Die Ver-
                                                                            Mehr Informationen und Online-
anstaltung findet am 16. Mai von 10:00 bis 12:30
                                                                            Anmeldung:
Uhr statt.
                                                                            www.pflegeplus-kongress.de
                                                hol

2/2018                                                                                                      KVJS aktuell 9
Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven 2/2018 - KVJS
SOZIALES

                     Bewährtes bleibt erhalten – Neues wird erprobt
                     Neue Untersuchungen in der GPV-Dokumentation

                     Die aktuelle Dokumentation Gemeindepsychiatrischer Verbund (GPV) enthält neben
                     bewährten Analysen zusätzlich neue Erhebungen, die die Versorgungssituation und
                     Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen noch umfangreicher abbilden.

                     In der aktuellen GPV-Dokumentation Baden-                            des- und Landesebene“, so Dorothee Haug-von
                     Württemberg ist zum ersten Mal die sogenannte                        Schnakenburg vom Fachbereich „Steuerungsun-
                     „geschlossene Unterbringung“ betrachtet worden.                      terstützung, Sozialplanung“ beim KVJS zur Beson-
                     In dieser Sonderwohnform finden sich auch Perso-                     derheit der Ausgabe.
                     nen, die an einer chronischen psychischen Erkran-
                     kung leiden, in ihrem Bezug zur Realität gestört sind                Die Analyse zeigt, dass die Anzahl der Wohnplätze
                     und ihr Handeln nicht mehr kontrollieren können.                     in Baden-Württemberg stark variiert und nahezu
                                                                                          die Hälfte der Kreise über Möglichkeiten der
                     „Über diese zivilrechtliche Unterbringung nach                       geschlossenen Unterbringung verfügen. Insge-
                     § 1906 Bürgerliches Gesetzbuch ist in der Vergan-                    samt gab es deutlich mehr belegte Plätze in Hei-
                     genheit quantitativ kaum etwas bekannt gewe-                         men der psychiatrischen Pflege als in Heimen der
                     sen, Studien zum Thema haben gefehlt. Die GPV-                       Eingliederungshilfe.
                     Dokumentation hat diese Lücke gefüllt und schafft
                     damit auch eine Grundlage für die Berücksich-                        Die GPV-Dokumentation enthält zusätzlich zwei
                     tigung aktueller Forschungsinteressen auf Bun-                       Sondererhebungen zu Bereichen, die 2015 mit
                                                                                          Inkrafttreten des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes
                                                                                          (PsychKHG) relevant geworden sind und sukzes-
                                                                                          sive in den Kreisen eingerichtet werden mussten:
                                                                                          Die Etablierung von Informations-, Beratungs- und
                                                                                          Beschwerdestellen sowie die Bestellung von Pati-
                                                                                          entenfürsprechern. Die Erhebung zeigt, welche
                                                                                          Kreise bereits aktiv geworden sind und nimmt
                                                                                          strukturelle sowie personelle Aspekte in den Blick.
                                                                                          Die Analyse wurde zudem für die vom Ministerium
                                                                                          für Soziales und Integration vorgenommene Eva-
                                                                                          luation des PsychKHG hinzugezogen.

                                                                                          Die GPV-Dokumentation ist ein Gemeinschaftspro-
                                                                                          jekt von Städtetag, Landkreistag und KVJS. Der
                                                                                          KVJS bietet den Stadt- und Landkreisen Kreistrans-
                                                                                          fers an, bei denen die Daten kreisbezogen inter-
                                                                                          pretiert und vorgestellt werden. Die vollständige
                                                                                          GPV-Dokumentation 2015/16 finden Sie hier:
Das KVJS-Team bereitet schon die nächste Erhebung vor. (V. l.) Dr. Gerrit Grünes,         www.kvjs.de/KVJS-5QTH
Dorothee Haug-von Schnakenburg, Cora Rapp.                                Foto: Kleusch                                                   hol

                     10 KVJS aktuell                                                                                                   2/2018
SOZIALES

Ausgezeichnete Qualität
Medizinisch-Pädagogischer Dienst des KVJS erneut zertifiziert worden

Der Medizinisch-Pädagogische Dienst (MPD) hat erfolgreich nachgewiesen, dass er ein
wirksames System zur Sicherung der Qualität etabliert hat. Sein Qualitätsmanagement
ist im Oktober 2017 extern nach der neuen DIN ISO 9001: 2015 zertifiziert worden.

„Dieser Schritt war notwendig, da die bisher gel-      dere auch wegen der dezentralen Organisations-
tenden Zertifikate nach der alten Norm im Herbst       struktur des MPD von Vorteil, da so der Wissens-
dieses Jahres ihre Gültigkeit verlieren. Für den       transfer wie auch die interne Qualitätssicherung
MPD als Dienstleister für die 44 Stadt- und Land-      aller Arbeitsabläufe sichergestellt wird.
kreise in Baden-Württemberg ist es von zentraler                                                      hol
Bedeutung, dass sich seine Arbeit an modernen
Maßstäben eines Qualitätsmanagements orien-
tiert“, sagt MPD-Leiterin Dr. Birgit Fuchs.

Internationale Qualitätsstandards

Die ISO 9001 ist eine international anerkannte
Qualitätsmanagementrichtlinie. Im Fokus ste-
hen neben der Kundenorientierung insbesondere
die kontinuierliche Verbesserung der Arbeit und
Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsys-
tems, welches jährlich extern überprüft wird. Die
erste Zertifizierung des MPD fand bereits im Jahr
2012 statt.

Landesweit einheitliches Vorgehen

Dem Qualitätsmanagement kommt beim MPD
eine besondere Bedeutung zu, da der Fachdienst
für die einheitliche Handhabung und Umsetzung
der Hilfebedarfsfeststellung bei Menschen mit
Behinderung im Bereich Wohnen (HMB-W-Verfah-
ren) verantwortlich ist.
„Die Mitarbeiter wurden fortlaufend geschult, die
Inhalte protokolliert. Im Laufe der Jahre kamen
neue Fragestellungen hinzu, für die dann jeweils
die erforderlichen Abläufe und Inhalte festgelegt
wurden. Damit wird landesweit ein gleichbleibend
hoher Standard in der Bearbeitung der Aufträge         Leiterin Dr. Birgit Fuchs freut sich über die erneute Zertifizierung des MPD.
sichergestellt“, erläutert Fuchs. Dies ist insbeson-                                                                  Foto: Holzwarth

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SOZIALES

Zukunft mit Plan
Landkreis Göppingen schreibt Teilhabeplan fort

Der KVJS hat den Landkreis Göppingen bei der Fortschreibung des Teilhabeplans für
Menschen mit chronischer psychischer Erkrankung und wesentlicher seelischer Behinde-
rung unterstützt. Der Teilhabeplan soll am 4. Mai 2018 im Kreistag verabschiedet
werden.

Erstmals hat der Landkreis Göppingen im Jahr          nen. Damit war es möglich, die Basis für eine ver-
2009 einen Teilhabeplan für Menschen mit              lässliche und aktuelle Sozialplanung zu schaffen“,
chronischer psychischer Erkrankung und wesent-        resümiert Dorothee Haug-von Schnakenburg vom
licher seelischer Behinderung verabschiedet. Ziele    Fachbereich „Steuerungsunterstützung, Sozialpla-
einer Teilhabeplanung sind es, für Verwaltung,        nung“ beim KVJS.
Politik und Leistungserbringer eine fundierte Pla-
nungsgrundlage zu erhalten sowie die Öffentlich-      Fundierte Datenbasis
keit über die Situation von Menschen mit psy-
chischer Erkrankung zu informieren und sie für        Der aktualisierte Teilhabeplan berücksichtigt zum
deren Belange zu sensibilisieren. So soll möglichst   einen neue Rahmenbedingungen im Bereich der
umfängliche gesellschaftliche Teilhabe erreicht       Behindertenhilfe. Dazu zählt beispielsweise das
werden.                                               seit 2017 schrittweise in Kraft tretende Bundes-
                                                      teilhabegesetz (BTHG) zur Stärkung und Selbstbe-
Für den Landkreis Göppingen standen das mög-          stimmung behinderter Menschen. Zum anderen
lichst selbständige Wohnen und Arbeiten für Men-      konnte die Entwicklung der letzten zehn Jahre
schen mit einer psychischen Erkrankung im Fokus.      anhand eines Vergleichs zwischen den quantitati-
Dabei sollten auch wohnortnahe Unterstützungs-        ven Daten des ersten Teilhabeplans und der aktu-
angebote gestärkt werden. Zu diesen zählen unter      ellen Datenlage aufgezeigt und bilanziert werden.
anderem Tagesstätten oder ambulante psychiatri-
sche Versorgungsmöglichkeiten.                        Um alle fachlichen Perspektiven zu berücksichti-
                                                      gen, besuchte das Kreissozialamt gemeinsam mit
Um die Planung an aktuelle Entwicklungen anzu-        dem KVJS sämtliche Einrichtungen und Dienste für
passen und neu zu bewerten, hat der KVJS den          psychisch kranke Menschen im Landkreis Göppin-
Landkreis Göppingen, unter Federführung des           gen. Im Rahmen der Fachgespräche haben sich
Landratsamtes, seit 2016 bei der Fortschreibung       auch Menschen mit Behinderung als Experten in
des Teilhabeplans unterstützt. Am Projekt betei-      eigener Sache beteiligt und Vorschläge in diese
ligt waren zudem Menschen mit Behinderung und         qualitative Analyse eingebracht.
deren Angehörige, die Träger der verschiedenen
Unterstützungsangebote, Fraktionen des Kreistags      Angebote ausbauen
sowie Vertretungen der Städte und Gemeinden.
                                                      Ausgehend von der Analyse der Situation im Land-
„Dank der großen Bereitschaft aller Beteiligten       kreis Göppingen, entwickelten die Projektbetei-
an der neuen Erhebung mitzuwirken, konnte der         ligten konkrete Handlungsempfehlungen zu den
Kreis fundierte Daten und Informationen gewin-        Bereichen „Wohnen“, „Arbeit und Beschäftigung“

12 KVJS aktuell                                                                                   2/2018
SOZIALES

Dorothee Haug-von Schnakenburg vom KVJS stellt bei der abschließenden Arbeitskreissitzung in Göppingen die erarbeiteten Hand-
lungsempfehlungen vor.                                                                                        Foto: Holzwarth

sowie „Vor- und Umfeld der Eingliederungshilfe“.
Daraus ist beispielsweise die Empfehlung entstan-
den, das Angebot zum Wohntraining zu erweitern,
um Menschen mit chronischer psychischer Erkran-
                                                                 INFO

kung gezielt auf den Übergang in das ambulant
                                                                            Der KVJS unterstützt die Sozialpla-
betreute Wohnen vorzubereiten und den Weg in
                                                                            nung der Stadt- und Landkreise bei
die Selbständigkeit zu unterstützen.
                                                                            der Erstellung von Teilhabeplänen
                                                                            für Menschen mit Behinderung und
Weiterer Handlungsbedarf wird unter anderem
                                                                            Kreisseniorenplänen. Je nach Bedarf
auch bei jungen Erwachsenen mit psychischen
                                                                            können komplette Teilhabepläne oder
Erkrankungen gesehen, die aus Altersgründen
                                                                            einzelne Teilbereiche durch den KVJS
aus dem System der Jugendhilfe herausgefallen
                                                                            begleitet werden.
sind und keine alternative Unterstützung anneh-
men wollen. Um zu vermeiden, dass sich während
                                                                            Mehr Informationen zum Angebot des
dieser Zeit der Gesundheitszustand verschlech-
                                                                            KVJS finden Sie im Internet unter
tert und die Erkrankung chronisch wird, empfiehlt
                                                                            www.kvjs.de/soziales/sozialpla-
die Projektgruppe, einen Jugendpsychiatrischen
                                                                            nung-teilhabeplaene
Verbund (JPV) einzurichten, der Wohnangebote
für die schwer zu erreichenden Jugendlichen prüft
                                                                            Ihre Ansprechpartnerin:
und bei Bedarf Wohn- und Betreuungskonzepte
                                                                            Christine Blankenfeld
entwickelt.
                                                                            Telefon 0711 6375-745
                                               hol

2/2018                                                                                                      KVJS aktuell 13
INTEGRATION

Mit vereinten Kräften
KVJS-Integrationsamt und Reha-Träger statten neuen Arbeitsplatz aus

Tevfik Dizman ist ein Kämpfer. Als 2015 eine Tumorerkrankung bei ihm eine Querschnitt-
lähmung verursachte, wollte es so bald wie möglich zurück an die Arbeit im Progress
Werk Oberkirch (PWO). In einer konzertierten Aktion mit dem KVJS-Integrationsamt und
der Deutschen Rentenversicherung schuf PWO einen neuen Arbeitsplatz für ihn.

„Bei mir kann es nicht schnell genug gehen“, sagt        Dafür galt es bauliche Hindernisse zu identifizie-
Tevfik Dizman. Bereits in der Klinik schmiedete er       ren und mögliche Barrieren aus dem Weg zu räu-
Pläne für seine Rückkehr in den Beruf. Dafür setzte      men. Jetzt war der Technische Beratungsdienst
er alle Hebel in Bewegung. Sein erster Ansprech-         (TBD) des KVJS-Integrationsamtes gefragt. „Wir
partner: Die Deutsche Rentenversicherung (DRV)           hatten eine große Begehung der Wege quer durch
als Reha-Träger. Die holte dann das KVJS-Integra­        PWO mit 17 Leuten“, erinnert sich Stephanie Paul,
tionsamt mit ins Boot.                                   die als Personalreferentin die Rückkehr von Tevfik
                                                         Dizman tatkräftig unterstützte. Ebenfalls mit
Tefik Dizman hat 1987 bei PWO, einem Automobil-          dabei: Das betriebliche Integrationsteam, die
zulieferer, der bekannt für Hightech-Metallteile und     Deutsche Rentenversicherung, das KVJS-Integrati-
Leichtbaukomponenten ist, seine Ausbildung zum           onsamt, Tevfik Dizmans Vorgesetzter und natürlich
Werkzeugmechaniker begonnen. Zuletzt arbeitet            er selbst.
er als hoch qualifizierter Einrichter für verschiedene
Pressen im Oberkircher Werk.                             Der TBD machte unter anderem folgende Vor-
                                                         schläge: Gehwegabsenkungen auf den Wegen, die
Als der Mechaniker erkrankt, ist PWO von Anfang          Tevfik Dizman benutzen muss, Erweiterung der
an daran gelegen, ihn in dieser schweren Zeit            Gehwegmarkierungen und Einsatz eines Rundum-
zu unterstützen. Auch als klar wird, dass er nicht       spiegels in der Pressehalle, um den Staplerverkehr
mehr an seinen alten Arbeitsplatz, an dem er             besser einsehen zu können. Für den Mechaniker
stehen und gehen musste, würde zurückkehren              selbst empfahl der TBD-Fachmann einen Aufricht-
können. „Ich musste mir nicht eine Minute Gedan-         rollstuhl mit Antriebsunterstützung am Arbeits-
ken machen, ob mein Arbeitgeber mich wieder              platz, denn für Besprechungen an Produktions-
nimmt“, lobt der Mechaniker.                             pressen und Produktionswerkzeugen ist oft eine
                                                         stehende Körperhaltung nötig. Der Büroarbeits-
Arbeitgeber, Rentenversicherung und KVJS-Inte­           platz sollte mit einem elektromotorisch höhenver-
grationsamts schlossen sich zusammen, um Tevfik          stellbaren Schreibtisch und einer PC-Ausstattung
Dizman eine neue berufliche Perspektive zu eröff-        mit der erforderlichen Software ausgerüstet wer-
nen. PWO konnte sich für ihn eine neue Tätig-            den.
keit als technischer Prozessbetreuer vorstellen. Er
sollte seine langjährige Erfahrung bei der Einfüh-       Bei einem neu geschaffenen Arbeitsplatz für einen
rung neuer Produktionsprozesse einbringen und            schwerbehinderten Mitarbeiter bezuschusst das
die Schichtführer unterstützen. Zudem waren              KVJS-Integrationsamt die übliche Arbeitsplatzaus-
administrative Tätigkeiten am PC in der Überle-          stattung, der Reha-Träger, hier die DRV, die behin-
gung.                                                    derungsbedingt nötigen Geräte und Anpassungen.
                                                         Beide Organisationen arbeiteten Hand in Hand. Und

14 KVJS aktuell                                                                                       2/2018
INTEGRATION

            PWO unternahm alles, um seinem erfahrenen Mitar-                 weit: Tevfik Dizman konnte seine neue Arbeit
            beiter den Weg zurück ins Arbeitsleben zu ebnen.                 aufnehmen.“ Wenn ich am Wochenende Schmer-
                                                                             zen habe, sind die am Montag weg“, sagt er. „Die
            Eigentlich hätte Tevfik Dizman dann auch gleich                  Firma ist meine Medizin.“ Fünf Stunden pro Tag ist
            wieder loslegen können, wäre da nicht das Prob-                  er wieder im Einsatz. Endlich. „Nun kann er sein
            lem mit seinem Auto gewesen: Die DRV bezahlt                     Wissen weitergeben“, freut sich Personalreferentin
            zwar die behinderungsgerechte Anpassung des                      Paul. „Wir sind superfroh, dass wir ihn wiederha-
            Privatwagens, doch ein passender Wagen musste                    ben.“
            erst noch gefunden werden. Endlich war es so                                                                     mok

            Inklusives Einkaufen in Bad Cannstatt
            Inklusionsfirma NintegrA übernimmt „Das Kaufhaus“

            „Gut für alle“ lautet der Werbespruch des neuen Sozialkaufhauses in Stuttgart-Bad
            Cannstatt. Dort findet man Neues und Gebrauchtes für den kleinen Geldbeutel.

            Kurz nach der Eröffnung waren bereits die ers-                   „Mit unserer Förderung werden sechs beson-
            ten blauen Einkaufstüten mit der Aufschrift „Das                 ders betroffene schwerbehinderte Menschen hier
            Kaufhaus“ in der Kreuznacher Straße zu sehen. Die                einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz
            Kundschaft hatte schon auf die (Wieder)Eröffnung                 finden“, erklärte Ralf Schmid vom KVJS-Integra-
            gewartet. Das ehemalige Sozialkaufhaus wagte                     tionsamt bei der Eröffnung. NintegrA ist mit rund
            einen Neustart mit einem neuen Konzept: Nicht                    180 Mitarbeitern eines der größten Inklusionsun-
            nur gebrauchte Ware ist im Sortiment, sondern                    ternehmen Baden-Württembergs. Über 80 Mitar-
            auch neuwertige aus Ausschüssen, Aktionsware                     beiter sind schwerbehindert. Träger ist das Sozial-
            oder Restposten. Und Neustart als Inklusionsun-                  unternehmen Neue Arbeit.
            ternehmen mit behinderten Beschäftigten.                                                                        mok

Ralf Schmid, KVJS-Integrationsamt (li.) und Ralf Ehring, Sozialunternehmen   Der Verkaufsraum erstrahlt in neuem Glanz.          Fotos: Neue Arbeit
Neue Arbeit.

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INTEGRATION

v. li.: Guido Bertram (Verwaltungschef ), Heike Leucht (Personalchefin), Christopher Diener (Einrichtungshauschef ), Christina Brücher
(Teamleiterin Personal), Karl-Friedrich Ernst (Leiter KVJS-Integrationsamt, im Hintergrund), Mathias Schmid-Oschwald (Integrations-
fachdienst Freiburg), Thomas Zimmermann (Betreuer Caritas WfbM-Außengruppe).                                   Foto: Oliver Stege, IKEA

Serie Ausgezeichnet!

Engagement für Vielfalt
Gelebte Inklusion im Schmuckkästchen

IKEA in Freiburg ist eine der kleinsten deutschen Filialen des schwedischen Möbelkon-
zerns. Interner Spitzname: „Unser Schmuckkästchen“. Aber als sozial engagiertes Unter-
nehmen kommt es ganz groß raus.

Terry Jungbauer schwingt sich auf die knallrote                      dertenvertretung neue, passgenaue Lösungen für
Kehrmaschine. Jungbauer, burschikoser Kurz-                          Mitarbeiter findet, die sich behinderungsbedingt
haarschnitt, wache Augen, breites Lächeln, thront                    mit ihrer Aufgabe schwer tun“, erklärt Dezernent
oben auf dem neuen Arbeitsgerät: „Ich bin echt                       Karl-Friedrich Ernst, Leiter des KVJS-Integrations-
froh, dass ihr die Maschine gefördert habt“, sagt                    amtes. Dabei kann IKEA Freiburg auf die Unter-
sie. „Danke für die Unterstützung!“ Die Frau mit                     stützung des KVJS-Integrationsamtes und des von
dem Händchen für´s Praktische ist eine von 17                        ihm beauftragten Integrationsfachdienstes zählen.
Beschäftigten mit Behinderung. Macht eine Be-
schäftigungsquote von 6,37 Prozent.                                  Eine Kundenberaterin mit Hörbehinderung hatte
                                                                     beispielsweise Probleme, bei dem üblichen
„Es ist vorbildlich, wie das Unternehmen gemein-                     Geräuschpegel im Möbelhaus ihre Kunden richtig
sam mit seinem Betriebsrat und der Schwerbehin-                      zu verstehen. Für sie wurde eine Beratungskoje

16 KVJS aktuell                                                                                                                2/2018
INTEGRATION

geschaffen, die so gut ankam, dass solche Kojen         Das Gesamtpaket aus guter Kooperation nach
nun auch für Kollegen ohne Hörprobleme verwen-          innen und außen und das vielfältige Arbeitsan-
det werden.                                             gebot für Menschen mit Behinderungen war so
                                                        überzeugend, dass IKEA Freiburg nun vom KVJS
Auch Terry Jungbauer weiß sich gut aufgehoben.          als einer von fünf beispielhaft behindertenfreund-
Die gelernte Schreinerin hat eine seelische Behin-      lichen Arbeitgebern ausgezeichnet wurde. Im
derung. Ursprünglich gehörte sie zu dem Team,           Februar überreichte Dezernent Karl-Friedrich Ernst
das die Ausstellung in den Verkaufsräumen zur           die Ehrungsurkunde – ein kleines Juwel für das
Präsentation der Möbel bei IKEA baut. Dann wurde        Schmuckkästchen.
diese Aufgabe an einen Dienstleister vergeben.                                                         mok
Die Handwerkerin probierte sich in verschiedenen
Bereichen des Hauses aus, bis sie bei der Haus-
technik-Gruppe eine Arbeit fand, die zu ihr passt
und bei der sie sich wohl fühlt: „Ich habe erlebt,
dass man aufeinander Rücksicht nimmt“, lobt sie
Arbeitgeber und Kollegen.

Neben den bei IKEA angestellten Mitarbeitern mit
Behinderungen gibt es zusätzlich Außenarbeits-
plätze der Werkstatt für behinderte Menschen
(WfbM) der Freiburger Caritas. Ihre sieben Mit-
arbeiter und bis zu sechs Springer reinigen und
falten die großen gelben Einkaufstaschen und
sorgen dafür, dass den Kunden genug davon zur
Verfügung stehen. Sie packen beim Möbelaufbau
mit an, wobei gleich getestet wird, ob die berühm-
ten IKEA-Bauanleitungen auch wirklich verständ-
lich sind.
                                                        Terry Jungbauer mag ihre neue Kehrma-   Frische Taschen für die Kundschaft.
                                                        schine.
Die Caritas-Truppe ist auch zuständig für die
„Schrabbelware“: Restposten und leicht beschä-
digte Stücke, die in einem Sonderbereich zu redu-
zierten Preisen angeboten werden. Die WfbM-Kolle-
gen sind voll integriert und ein selbstverständlicher
Teil der sozialen Unternehmenskultur in Freiburg.
Stolz tragen sie ähnliche blaue Shirts wie die IKEA-
Beschäftigten, nur mit dem Caritas-Logo.

Personalchefin Heike Leucht bringt es auf den
Punkt, wenn sie sagt: „Die Kunden bekommen es
mit, dass wir ein diverses Team aus 30 Nationen
und Menschen mit und ohne Behinderung sind –
und das ist auch gut so.“ Leucht weiß, dass sie sich
im Zweifel auf die Hilfsbereitschaft ihrer Mitarbei-
ter verlassen kann.                                     Alles im Griff auf dem Außengelände.                              Fotos: Kleusch

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INTEGRATION

Erneute Auszeichnung nach zehn Jahren
Nachhaltig behindertenfreundlich

Seit ihrer Auszeichnung als „beispielhaft behindertenfreundliche Arbeitgeber“ haben
drei von fünf Preisträgern an ihrer sozialen Unternehmenskultur festgehalten und in
vorbildlicher Weise Menschen mit Behinderungen beschäftigt. Sie wurden nun mit dem
Nachhaltigkeitspreis des KVJS geehrt.

v.li.: Armin Elbl, Bürgermeister Wernau; Firmeninhaber Jürgen Prakesch, sein Geschäftsführer Axel Egerer; Reinhard Hackl, Kreisbehin-
dertenbeauftragter Böblingen; Roland Bernhard, Landrat Böblingen; Prof. Roland Klinger, Verbandsdirektor, Sylvia Knöpfle, Firmenin-
haber Arno Knöpfle.                                                                                                   Foto: Kleusch

„Sie beweisen, dass eine soziale Unternehmens-                       arbeiter zu beschäftigen. Davon kommen 12.228
kultur auch ein Erfolgsfaktor sein kann“, würdigte                   Unternehmen ihrer Pflicht nicht oder nur unzu-
Senator e. h. Prof. Roland Klinger als Verbands-                     reichend nach. Allen Preisträgern ist gemeinsam,
direktor des KVJS am 1. Februar 2018 die neuen                       dass sie mehr Menschen mit Handicap beschäf-
alten Preisträger. In Baden-Württemberg gibt es                      tigen, als gesetzlich vorgeschrieben und dass sie
21.858 Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplät-                      jungen Menschen als Praktikanten eine Chance
zen, die verpflichtet sind schwerbehinderte Mit-                     geben.

18 KVJS aktuell                                                                                                               2/2018
INTEGRATION

Das Landratsamt Böblingen                              Das Unternehmen beschäftigt über 60 Mitarbei-
                                                       ter an fünf Standorten. Vier von ihnen haben einen
                                                       Schwerbehindertenausweis. Das entspricht einer
                                                       vorbildlichen Beschäftigungsquote von 6,4 Prozent.
                                                       Das Unternehmen ermöglicht immer wieder jungen
                                                       Menschen als Praktikanten die Arbeitswelt kennen
                                                       zu lernen. Dazu zählen auch Schüler mit geistiger
                                                       Behinderung oder sozialen Auffälligkeiten.

                                                       Das Unternehmen pflegt eine sehr gute und enge
                                                       Zusammenarbeit mit dem Integrationsfachdienst,
                                                       dem KVJS-Integrationsamt und dem Technischen
                                                       Beratungsdienst. Mit deren fachlicher Unterstüt-
Ein Qualitätsmerkmal bei der Beschäftigung von         zung sind die Arbeitsplätze der Menschen mit
Menschen mit Behinderungen ist die gute Zusam-         Behinderungen auch langfristig gesichert.
menarbeit des Landratsamtes mit dem Integra-
tionsfachdienst (IFD), der im Auftrag des KVJS         Knöpfle Design aus Titisee-Neustadt
arbeitet. Das Landratsamt Böblingen bietet mit
Beteiligung des IFD seit 2015 im strukturierten Stil
Praktikumsplätze für Schüler an. Daraus ergaben
sich vier neue Stellen für wesentlich behinderte
Menschen.

In jüngster Zeit wurden drei Arbeitsplätze für
blinde und sehbehinderte Mitarbeiter den tech-
nischen Neuerungen angepasst. Insgesamt liegt
die Beschäftigungsquote von schwerbehinderten
Menschen bei 6,45 Prozent. Das ist höher als vor
zehn Jahren, als sie bei gut 5,82 Prozent lag.
                                                       Die Firma ist ein Spezialist für Fahrzeuglackierung
Die Jürgen Prakesch Zerspanungstechnik                 und Beschriftung, Sonder- und Industrielackie-
GmbH aus Wernau                                        rung und Karosseriearbeiten. Als Kleinunterneh-
                                                       men mit sieben Mitarbeitern müsste die Firma
                                                       keine schwerbehinderten Menschen beschäftigen
                                                       und doch sind es drei – seit vielen Jahren.

                                                       Als bei einem von ihnen die gesundheitlichen Ein-
                                                       schränkungen zunahmen, wurde in Zusammenar-
                                                       beit mit dem KVJS-Integrationsamt eigens für ihn
                                                       das Geschäftsfeld der Fahrzeugaufbereitung neu
                                                       geschaffen. Die Firma stellt als sozial engagiertes
                                                       Unternehmen auch immer wieder Praktikums-
                                                       plätze für benachteiligte Jugendliche bereit.
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INTEGRATION

Bei Rotlicht stehen
Neue Gabelstapler warnen mit Lichtsignal

In der riesigen Lagerhalle der Mannheimer Inklusionsfirma ad laborem stapeln sich
rund 16.000 verschiedene Ersatzteile teils bis zur Decke. Gabelstapler kurven umher wie
emsige Ameisen. Jetzt sind mit finanzieller Unterstützung des KVJS vier neue hinzuge-
kommen, die mit einem roten Signallicht hörbehinderte Mitarbeiter auf sich aufmerk-
sam machen.

Ad laborem ist ein Inklusionsunternehmen des
Mannheimer Caritasverbandes. Der Verpackungs-
und Logistikdienstleister bietet Lagerung, Kom-
missionierung, Verpackung und Just-in-Time-Ver-
sand für das global aufgestellte Großunternehmen
Daimler wie für mittelständische Unternehmen
aus der Region an. Von seinen 80 Mitarbeitern
sind 35 schwerbehindert, von ihnen wiederum hat
die Hälfte eine Hörbehinderung. Das kurze Hupen,
mit denen sich die Staplerfahrer üblicherweise
den Weg frei machen, können sie nicht wahrneh-
men. Die Lösung dieses Arbeitssicherheits-Pro-
blems: Gabelstapler mit Lichtsignal.

Viele hörbehinderte Mitarbeiter

Betriebsleiter Klaus Litwinschuh gerät fast ins
Schwärmen über die neuen Stapler: „Das sind
ganz tolle Geräte.“ Ergonomische, individuell
einstellbare Sitze, leichte Lenkung per Joystick,
geringerer Stromverbrauch und höhere Leistungs-
fähigkeit zeichnen die neuen Stapler aus. Die
eingebaute Temporegulierung sorgt dafür, dass
ein vollbeladener Gabelstapler nicht etwa bei zu
hohem Tempo in der Kurve umkippt. Und natür-
lich die Safety Light-Scheinwerfer, die sowohl
vorwärts wie rückwärts einen roten Fleck auf den
Boden projizieren. Ein bewegliches Haltesignal
sozusagen.

Das KVJS-Integrationsamt unterstützte die
Anschaffung der vier neuen Gabelstapler und
                                                    v.li.: Geschäftsführer Volker Hemmerich, Frank Gesche vom KVJS-Integrationsamt
eines Flurförderfahrzeugs mit einer großzügigen
                                                    und Betriebsleiter Klaus Litwinschuh bewundern das Lichtsignal. Fotos: Kleusch

20 KVJS aktuell                                                                                            2/2018
INTEGRATION

finanziellen Zuwendung aus dem Bundesförder-
programm für Inklusionsfirmen „Alle Im Betrieb“.
Dazu der ehrenamtliche Geschäftsführer Volker
Hemmerich: „Der KVJS ist seit dem ersten Tag ein
verlässlicher Partner für uns.“ Immerhin wurden
zugleich drei neue Arbeitsplätze für Menschen mit
Behinderungen geschaffen. Denn bei ad laborem
gibt es viel zu tun.

Systempartner von Daimler

„Wir sind Systempartner von Daimler“, erklärt Klaus
Litwinschuh. Damit ist das Mannheimer Inklusions-
unternehmen eng in die Organisation des Stutt-
garter Autobauers eingebunden. Es lastet ad labo-
rem zu 70 Prozent mit seinen Aufträgen aus. Als
                                                        Auch Großteile wie Autotüren müssen verpackt werden.
offizielles Außenlager für Ersatzteile wird hier täg-
lich die Ladung von 20 bis 30 LKW umgeschlagen.

Die LKW bringen Teile, die kontrolliert, kommissio-
                                                        INFO

niert, konfektioniert und verpackt werden müssen.
                                                                  Förderprogramm Alle im Betrieb
Vorbereitete, fertig verpackte Lieferungen wer-
den eingeladen und zum nächsten Global Logistic
                                                                  Im Rahmen des Bundesprogramms
Center gebracht. Von dort werden die Teile an die
                                                                  „Alle im Betrieb“ können Leistungen
Autowerkstätten geliefert.
                                                                  für den Aufbau, die Erweiterung,
                                                                  Modernisierung und Ausstattung von
Streng nach Plan
                                                                  Integrationsfirmen beantragt wer-
                                                                  den. Dazu zählen zum Beispiel eine
Zu jedem Artikel gibt es einen Arbeitsplan mit
                                                                  betriebswirtschaftliche Beratung sowie
Vorgaben zur Verpackung. Die Spannbreite reicht
                                                                  Zuschüsse bei besonderem Aufwand
von Schrauben und anderen Kleinteilen über mit-
                                                                  und bei außergewöhnlichen Belastun-
telgroße Teile bis hin zu sperrigen Großteilen wie
                                                                  gen für den Arbeitgeber. Vorausset-
Autotüren oder Windabweisern für LKW. Kleinteile
                                                                  zung dafür ist, dass neue Arbeits- oder
können abgewogen werden: „Wir haben eine rech-
                                                                  Ausbildungsplätze für Menschen mit
nende Wage, so dass der Mitarbeiter nicht mitzäh-
                                                                  Behinderungen geschaffen werden.
len muss“, erklärt Klaus Litwinschuh. Gewicht und
Anzahl der Teile wie zum Beispiel Schrauben wer-
                                                                  Dem KVJS-Integrationsamt stehen aus
den bei der Wage einprogrammiert und schon muss
                                                                  dem Programm knapp 20 Millionen
nur noch der Verpackungsbehälter befüllt werden,
                                                                  Euro zur Verfügung. Was gefördert
bis die Waage die richtige Anzahl signalisiert.
                                                                  werden kann und was dabei zu beach-
                                                                  ten ist, steht in den neuen Richtlinien
Dank der ausgefeilten Logistik des Inklusionsun-
                                                                  des Integrationsamtes. Im Internet zu
ternehmens greifen am Ende alle Hände so inein-
                                                                  finden unter: www.kvjs.de/KVJS-TJ95
ander, dass jede Ladung pünktlich und wohlver-
                                                                  (Infomaterial in rechter Randspalte).
packt ihre Reise zum Kunden antreten kann.
                                              mok

2/2018                                                                                            KVJS aktuell 21
JUGEND

Wenn Worte fehlen sprechen Bilder
Grundschulkinder profitieren in Nürtingen von kreativer Schulsozialarbeit

Verhaltensauffällige Kinder sind auch in der Grundschule keine Seltenheit mehr. Fehl-
entwicklungen frühzeitig entgegenzusteuern, hat sich die Braikeschule in Nürtingen
auf die Fahnen geschrieben. Dort profitieren die Kinder von einer besonders kreativen
Methode: Kunsttherapeutische Elemente ergänzen die klassische Schulsozialarbeit.

Ihr Domizil ist nicht im Schulgebäude, sondern        Noch lebhaft in Erinnerung hat Anita Gremmel-
befindet sich auf der grünen Wiese. Dort auf dem      spacher in diesem Zusammenhang einen Vorfall,
Schulgelände steht ein ehemaliger Zirkuswagen,        bei dem ein Junge auf dem Schulhof einen Mit-
der Anita Gremmelspacher gleichzeitig als Kinder-     schüler mit der Schere attackierte – geballte Wut,
büro und Malatelier dient. Seit Januar 2015 ist die   die sich über Monate hinweg angestaut hatte. „Er
Kunsttherapeutin und Fachberaterin für Traumato-      hat anschließend bei mir eine Stunde lang zehn
logie und Traumpädagogik als Schulsozialarbeite-      Kilogramm Ton bearbeitet. Kein Gespräch wäre in
rin an der Braike-Grundschule in Nürtingen tätig.     der Lage gewesen, diese enorme destruktive Ener-
                                                      gie auf solch eine konstruktive Art zu entladen“.
Die Schulintegrierte Kunsttherapie ist ein vernetz-
tes Angebot, an dem verschiedene Fachdiszipli-        Frühzeitig zu intervenieren, bevor sich Verhalten-
nen und Akteure beteiligt sind. Sie orientiert sich   sauffälligkeiten manifestieren und dabei auf die
am Konzept der klassischen Schulsozialarbeit mit      Stärken des einzelnen Kindes zu setzen, ist ein
ihren vier Kernaufgaben – sozialpädagogische
Einzelhilfe und Gruppenarbeit, Gemeinwesen-
arbeit sowie Offene Angebote – und bereichert
diese um kunsttherapeutische Methoden, Kompe-
tenzen und Sichtweisen. Beim Malen oder Model-
                                                      INFO

                                                               Die Stadt Nürtingen hat als eine
lieren mit Ton oder Gips entwickeln Schüler die
                                                               der ersten Kommunen im Land alle
Fähigkeit, eigene Ideen und Vorstellungen durch
                                                               Schulen mit Fachkräften der Schul-
bestimmte Materialien, Formen und Farben darzu-
                                                               sozialarbeit ausgestattet und damit
stellen und Gefühle bildhaft auszudrücken.
                                                               den Ausbau der Jugendhilfe an den
                                                               Bildungseinrichtungen entscheidend
Gute Ergänzung
                                                               vorangetrieben. Vom 24. April bis zum
                                                               4. Mai 2017 war im Bürgersaal des
Kunsttherapie und Schulsozialarbeit ergänzen sich
                                                               Rathauses eine interaktive Ausstellung
hervorragend: „Beide Fachbereiche arbeiten als
                                                               zu sehen, die das breite Tätigkeitsspek-
Tandem Hand in Hand“, betont Anita Gremmelspa-
                                                               trum der Schulsozialarbeit abbildet.
cher. Gerade in Krisensituationen, etwa bei sich
                                                               Begleitet wurde die Ausstellung von
selbstverletzenden und traumatisierten Kindern,
                                                               verschiedenen Vorträgen. Mit von der
stößt Schulsozialarbeit oftmals an ihre Handlungs-
                                                               Partie war Anita Gremmelspacher, die
grenzen. Hier kann Kunsttherapie direkt ansetzen
                                                               zum Thema „Resilienz – Die inneren
und damit auch der Schulsozialarbeit den Raum
                                                               Stärken von Kindern und wie man sie
zur Organisation und Vermittlung weitergehender
                                                               weckt!“ referierte.
Hilfen öffnen.

22 KVJS aktuell                                                                                    2/2018
JUGEND

„Muss“ für die Schulsozialarbeit an der Braike-
schule. Das kunsttherapeutische Präventionspro-
gramm zieht sich über die gesamte Grundschul-
zeit und ist mit einzelnen festen Bausteinen in der
jeweiligen Klasse verankert. Es wird in Zusammen-
arbeit mit dem Grundschulteam der Schulsozialar-
beit Nürtingen, der Kunsttherapie und den Lehr-
kräften durchgeführt.

Klassenlehrer wichtig

Die Grundlagen bilden dabei Beziehungsarbeit,
Gleichberechtigung und Freiwilligkeit. Gewähr-
leistet wird dies durch das aktive Einbeziehen der
jeweiligen Klassenlehrer, die sich aktiv am Präven-
tionsprogramm beteiligen und immer mit einem
selbst ausgearbeiteten Modul dabei sind. „So pro-
fitieren alle Kinder von diesem Programm und der
Kontakt zu uns wird nicht erst aufgebaut, wenn es
um Schwierigkeiten der Kinder geht“, sagt Anita
Gremmelspacher.

Dieses Mal wurde das Präventionsprogramm
außerdem von einer empirischen Forschungsar-
                                                       Anita Gremmelspacher und die Kinder gestalten den Gefühlsstern.   Foto: Addow
beit durch eine Studentin der Hochschule für Wirt-
schaft und Umwelt (HsWU) in Nürtingen begleitet,
die die Wirksamkeit von Kunsttherapie an Schulen
im Fokus hat.
                                                       INFO

                                                                 Zur kunsttherapeutischen Arbeit von
                                                                 Anita Gremmelspacher an der Brai-
Mit dem Thema „Gefühle“ beschäftigten sich im
                                                                 keschule hat der KVJS einen Video-
vergangenen Jahr die Zweitklässler. Über einen
                                                                 clip veröffentlicht. Schauen Sie ihn
Zeitraum von vier Monaten hinweg drückten
                                                                 sich an unter www.youtube.com/
sie ihre Gefühle in Farben aus. So entstand ein
                                                                 watch?v=S9QXPa-GIsU
Gefühlsstern mit 25 Zacken, der exakt der Anzahl
                                                                 Über die Schulsozialarbeit in Baden-
der teilnehmenden Kinder entsprach. Klassen-
                                                                 Württemberg berichtet das neue „KVJS
lehrerin Renate Lechens kann den Stern nun als
                                                                 spezial“. Das Heft zeigt Entwicklungen
Methode in ihrem Unterricht einsetzen. Indem
                                                                 der Jugendsozialarbeit an Schulen auf
jedes Kind einen Knopf dorthin legt, wie es sich
                                                                 und stellt Zahlen und Erfahrungen des
gerade fühlt, etwa traurig, wütend, fröhlich, stolz
                                                                 KVJS-Landesjugendamts vor. Sie kön-
oder eifersüchtig, erfasst die Pädagogin sofort die
                                                                 nen die Broschüre im Internet unter
Stimmung in der Klasse, um dementsprechend gut
                                                                 www.kvjs.de/der-kvjs/service/publi-
gerüstet in den Schulalltag zu starten.
                                                                 kationen, Stichwort „Spezial“, herun-
                                                 add
                                                                 terladen oder als gedruckte Ausgabe
                                                                 bestellen.

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JUGEND

Pflegekinder zu betreuen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe.                               Foto: © Uschi Hering/Fotolia

Familienmitglied auf Zeit
Pflegeeltern eröffnen neue Perspektiven

Wenn Kinder nicht bei ihren Eltern leben können, finden sie als Alternative zur Betreu-
ung im Heim bei Pflegefamilien möglicherweise ein neues Zuhause. Hierzu ein Gespräch
mit Annegret Graul und Eva Rieder. Die beiden Jugendhilfeexpertinnen sind beim KVJS
zuständig für die Pflegekinderhilfe.

Wieviel Pflegefamilien leben denn aktuell in                     Reicht das aus oder werden Pflegeeltern viel-
Baden-Württemberg?                                               mehr händeringend gesucht?

Graul: Im Jahr 2016 waren in Baden-Württemberg                   Graul: Nun, Not herrscht hier vor allem in Ballungs-
etwa 8300 Kinder in Vollzeitpflege untergebracht.                räumen. Zudem ist knapp die Hälfte aller Kinder,
Die Zahl der Pflegefamilien wird statistisch nicht               die in Pflegefamilien untergebracht sind, unter
erfasst. Manche Familien nehmen mehr als ein                     sechs Jahre alt. Für ältere Mädchen und Jungen
Pflegekind auf, andere haben zu bestimmten Zei-                  hingegen stehen Pflegefamilien schon seit Jahr-
ten gerade kein Kind in Obhut.                                   zehnten nicht in ausreichender Anzahl zur Verfü-

24 KVJS aktuell                                                                                                  2/2018
JUGEND

gung. Hinzu kommt, dass Pflegefamilien nicht, wie      Identitätsentwicklung des jungen Menschen. Sie
zum Beispiel manche stationäre Einrichtungen in        ist deshalb auch gesetzlich verpflichtend geregelt.
der Kinder- und Jugendhilfe, über viele Jahre hin-     Pflegekinder stehen zwischen dem Wunsch nach
weg zur Verfügung stehen.                              Geborgenheit, die ihnen, wenn die Herkunfts-
                                                       familie ausfällt, auch eine Pflegefamilie vermit-
Ein Kind zur Pflege bei sich aufzunehmen, ist          teln kann und dem Wunsch, die leiblichen Eltern
eine verantwortungsvolle Aufgabe. Wie werden           zu kennen und mit ihnen Umgang zu haben. Die
potenzielle Pflegeeltern darauf vorbereitet?           Fachkräfte sollen auf eine solche Zusammenar-
                                                       beit hinwirken und alle Beteiligten dabei unter-
Rieder: Die zuständigen Fachkräfte informieren         stützen. Ein wichtiges Thema sind zum Beispiel
und beraten interessierte Pflegeeltern von Anfang      auch Besuchskontakte. Je nach Einschätzung von
an. Meist finden dazu mehrmals pro Jahr Informa-       Pflegeverhältnis und Herkunftseltern sollten sol-
tionsveranstaltungen statt. Da geht es um Themen       che Besuchskontakte von Fachpersonen begleitet
wie rechtliche Rahmenbedingungen, Kriterien für        werden, die dann Kontakte mit Pflegeeltern und
die Eignungsprüfung, Ablauf zur Vermittlung eines      Herkunftseltern auch vor- und nachbereiten kön-
Pflegekindes, Zuständigkeiten und Durchführung         nen.
von Vorbereitungsseminaren.
                                                       Rieder: In bestimmten Abständen finden Hilfeplan-
Graul: Für Bewerber findet anschließend ein qua-       gespräche statt, bei denen alle Beteiligten einbe-
lifizierendes Einführungsseminar statt. Mögliche       zogen sind. Hier werden konkrete Ziele, etwa zur
Inhalte sind etwa die Motivation, ein fremdes          weiteren Entwicklung des Pflegekindes und zur
Kind aufzunehmen, Veränderungen in der Familie         Lebenssituation der Herkunftseltern, besprochen
durch die Aufnahme eines Pflegekindes, Erkennt-        und festgeschrieben. Hier kann den Herkunftsel-
nisse aus der Bindungstheorie und die Bedeutung        tern bei Bedarf auch weitere Unterstützung ange-
der Herkunftsfamilie. Es bietet sich hier auch an,     boten werden.
Erfahrungsberichte von Pflegeeltern einfließen
zu lassen und den Austausch mit bereits tätigen        Was geschieht eigentlich mit Pflegekindern,
Pflegepersonen zu ermöglichen. Ziel ist es, dass       wenn sie volljährig sind?
die potenziellen Pflegeeltern ihre Entscheidung
für oder gegen ein Pflegeverhältnis für sich und       Rieder: Viele Pflegekinder verbleiben auch nach
eventuell auch für ihre Familie gut überlegt treffen   Erreichung der Volljährigkeit in ihren Pflege-
können. Die grundsätzliche Eignung von poten-
ziellen Pflegeeltern wird nach fachlichen Kriterien
von den Pflegekinderdiensten überprüft.
                                                       INFO

                                                                Das KVJS-Landesjugendamt
Nicht nur Pflegemütter und Pflegeväter, auch
                                                                berät die Pflegekinderdienste der
die Herkunftsfamilien brauchen Unterstützung.
                                                                Jugendämter und die Träger der freien
Welche Angebote gibt es?
                                                                Kinder- und Jugendhilfe, entwickelt
                                                                Empfehlungen und organisiert Ver-
Graul: Vollzeitpflege ist als Hilfe zur Erziehung
                                                                anstaltungen zu Themen der Pflege-
in erster Linie auch eine Hilfe zur Stärkung der
                                                                kinderhilfe. Weitere Infos unter
elterlichen Erziehungsverantwortung. Die Zusam-
                                                                www.kvjs.de/jugend/hilfen-zur-
menarbeit von Pflegefamilie und Herkunftsfami-
                                                                erziehung/pflegekinderhilfe/
lie ist eine wesentliche Rahmenbedingung für die

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