Sessionsradar des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken Wintersession 2019

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Sessionsradar des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken Wintersession 2019
Sessionsradar
des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken

Wintersession 2019
Sessionsradar des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken Wintersession 2019
Inhaltsverzeichnis

 Editorial:
 Datenschutz muss zugleich griffig und
 praktikabel sein                            3

 Wintersession 2019:
 Übersicht Finanzplatzgeschäfte              5

 Wintersession 2019:
 Auszug Finanzplatzgeschäfte
 mit Positionen des VSKB                     7

 Fokus:
 Reform der Verrechnungssteuer – es braucht
 eine einfache und pragmatische Lösung,
 die unnötige Komplexität vermeidet          10
 
Sessionsradar des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken Wintersession 2019
Editorial:
Datenschutz muss zugleich griffig und
praktikabel sein

D    as Datenschutzgesetz ist nach der Behandlung im Nati-
     onalrat und in der Staatspolitischen Kommission des
Ständerates (SPK-S) auf gutem Kurs. Es wurden unnötige ad-
                                                                 für die betroffene Personen nicht erkennbar ist und ein hohes
                                                                 potentielles Risiko besteht, dass sie Opfer von Diskriminie-
                                                                 rung, Missbrauch oder Manipulation werden.
ministrative Hürden beseitigt und zugleich die Äquivalenz mit
der EU gewahrt. Das ist insofern wichtig, als entscheidende      Die Einführung eines Datenschutzberaters in Unternehmen,
Abweichungen von den EU-Normen oder widersprüchliche             den auch die DSG-VO vorsieht, ist sehr zu begrüssen. Um die
Begrifflichkeiten den grenzüberschreitenden Verkehr erschwe-     Wirtschaft vor zeitraubenden und wettbewerbsschädlichen
ren könnten. Schweizer Unternehmen könnten als Geschäfts-        Verfahren zu bewahren, lohnt es sich sogar, die Kompeten-
partner abgelehnt oder zu individuellen und teuren Vertrags-     zen dieser Institution in Bezug auf die Datenbekanntgabe zu
verhandlungen       gezwungen        werden,     denn     die    stärken, wie dies der Nationalrat vorsieht. Im Gegenzug muss
EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSG-VO) setzt weit über          ein Unternehmen, welches sich diese Funktion leistet, konse-
Europa hinaus einen neuen Datenschutzstandard. Die Geset-        quenterweise auch von gewissen Pflichten u.a. gegenüber
zesrevision in der Schweiz sollte sich darum pragmatisch an      dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauf-
der DSG-VO orientieren und damit längerfristig Rechtssicher-     tragten (EDÖB) befreit werden. Dies fördert die Schaffung
heit und einen einheitlichen Datenschutzraum mit den europä-     der Funktion des Datenschutzberaters in Unternehmen und
ischen Nachbarn schaffen. Punktuell enthält die nationalrät-     entlastet gleichzeitig den EDÖB.
liche Vorlage noch praxisfremde Bestimmungen, die der
Ständerat korrigieren sollte.                                    Informationspflichten praktikabel und
                                                                 umsetzungsfreundlich ausgestalten
Risikobasierte Definition des Profilings                         Die Informationspflichten rund um die Datenbearbeitung wer-
So gibt es beispielsweise Änderungsbedarf im Bereich des         den im Entwurf übermässig ausgebaut und sollten vereinfacht
Profilings, bei dem durch das Zusammenführen von Daten Per-      werden. Ob bei der Informationspflicht bei der Beschaffung
sönlichkeitsprofile erstellt werden. Der Gesetzgeber muss hier   von Personendaten oder bei der Bekanntgabe von Daten ins
Schranken setzen und Sanktionen vorsehen. Doch klar ist          Ausland – es wären sehr viele detaillierte Mitteilungen an die
auch: Profiling ist aus dem Alltag vieler Unternehmen nicht      entsprechende Person oder Unternehmung nötig. Diese spe-
mehr wegzudenken und bei der Einhaltung der Datenschutz-         zifischen Meldungen führen zu einem unverhältnismässigen
bestimmungen inklusive der Zustimmung der Betroffenen un-        Aufwand, der die Abläufe unnötigerweise komplizierter und
problematisch. Anwendungen auf der Basis von Persönlich-         teurer machen. Zudem wird dadurch die notwendige Digita-
keitsprofilen haben ein enormes Potenzial sowohl für Kunden      lisierung von Prozessen in Unternehmen erschwert bzw. be-
(zum Beispiel beim Online-Shopping oder zum Schutz vor           hindert.
Kartenmissbrauch) als auch für die Wirtschaft (Verfeinerung
der Zielgruppen). Profiling sollte unter bestimmten Bedingun-    Speziell beim Datenfluss ins Ausland kommt hinzu, dass die
gen auch ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen         Schweiz als stark exportorientierte Nation auf schlanke Pro-
Person zulässig sein. Das lässt sich am besten mit einem risi-   zesse im Aussenhandel angewiesen ist. Viele Waren und Per-
kobasierten Ansatz umsetzen, denn nicht jede Art des Profi-      sonendaten passieren täglich die Grenze. So ist es nicht prak-
lings ist per se mit hohen Risiko verbunden. Hohe Anforderun-    tikabel, dass die Datenbekanntgabe ins Ausland stets einer
gen müssen aber selbstverständlich gelten, wenn der Zweck        ausdrücklichen Einwilligung bedarf. Soweit Zustimmungen

                                                                                                                             3
Sessionsradar des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken Wintersession 2019
überhaupt angebracht sind, sollen diese standardisiert erfol-    Die Kantonalbanken setzen sich für ein griffiges und effizien-
gen können, was einer ausdrücklichen Einwilligung nahe-          tes Datenschutzgesetz ein. Griffig muss es sein, weil dies ein
kommt.                                                           zentrales Anliegen der Kundinnen und Kunden ist und weil
                                                                 das Datenschutzniveau für den Bankenplatz Schweiz ein
Datenbekanntgabe an Dritte nicht unnötig                         wichtiger Faktor im internationalen Wettbewerb darstellt. Ef-
ausweiten                                                        fizient muss das Datenschutzgesetz sein, damit die Unterneh-
Viele Unternehmen sind bei internen Prozessen, wie beispiels-    men im Tagesgeschäft nicht durch unproduktive administra-
weise bei der Rechnungsstellung, auf Outsourcing-Partner an-     tive Auflagen in ihrem Kerngeschäft behindert werden:
gewiesen. Gestützt auf bereits bestehende gesetzliche Grund-     nämlich der Kundschaft den bestmöglichen Service unter
lagen werden solche Formen der Zusammenarbeit vertraglich        Wahrung ihrer Privatsphäre und ihrer Datenhoheit zu bieten
detailliert geregelt. Der Datenaustausch zu Verwaltungszwe-
cken sollte daher weiterhin ohne grössere Hindernisse mög-
lich sein. Deshalb empfiehlt es sich, dass Outsourcing-Partner
im datenschutzrechtlichen Sinne nicht als Dritte gelten. Das
gleiche soll auch für den Datenaustausch zwischen Gruppen-
gesellschaften einer Unternehmensgruppe gelten.

Schliesslich sollte das Sanktionssystem des Datenschutzgeset-
zes nicht auf natürliche Personen ausgerichtet sein, was die
Mitarbeitenden einem unverhältnismässigen Risiko aussetzen
würde. Stattdessen sollten sich die Strafbestimmungen primär
gegen Unternehmen richten, unter dem Vorbehalt von direkt-
vorsätzlichen kriminellen Machenschaften von Mitarbeiten-        Hanspeter Hess
den.                                                             Direktor Verband Schweizerischer Kantonalbanken

4
Wintersession 2019:
Übersicht Finanzplatzgeschäfte

Dienstag, 3. Dezember 2019                       Dienstag, 17. Dezember 2019
Nationalrat                                      Ständerat

19.3416 s   Motion WAK-S                         17.400 s    Parlamentarische Initiative WAK-S
            Zusatzverhandlungen zum                          Systemwechsel bei der Wohneigen-
            institutionellen Abkommen mit der                tumsbesteuerung
            EU
                                                 19.4272 s   Motion Lombardi Filippo (CVP/TI)
                                                             Geld- und Zinspolitik am Scheide-
Dienstag, 3. Dezember 2019
                                                             weg. Der Bundesrat wird gebeten,
Ständerat
                                                             die Herausforderungen für
                                                             Wirtschaft und Gesellschaft in der
16.076 s    Geschäft des Bundesrates
                                                             Legislaturplanung 2019-2023 zu
            Bundesgesetz über die steuerliche
                                                             antizipieren und Massnahmen
            Behandlung finanzieller Sanktionen
                                                             vorzuschlagen

Dienstag, 10. Dezember 2019                      19.4372 s   Motion Noser Ruedi (FDP/ZH)
Ständerat                                                    Green Finance Produkte. Steuer-
                                                             strafe beseitigen
19.033 n    Geschäft des Bundesrates
            Einführung des automatischen
                                                 Mittwoch, 18. Dezember 2019
            Informationsaustauschs über
                                                 Nationalrat
            Finanzkonten mit weiteren
            Partnerstaaten ab 2020/2021
                                                 19.3043 s   Motion Germann Hannes (SVP/SH)
                                                             Offensive zur Stärkung des
                                                             Wirtschaftsstandorts Schweiz

                                                                                                  5
Mittwoch, 18. Dezember 2019                       Donnerstag, 19. Dezember 2019
Ständerat                                         Nationalrat

17.059 n   Geschäft des Bundesrates               16.077 n   Geschäft des Bundesrates
           Datenschutz. Totalrevision und                    OR. Aktienrecht (Entwurf 1)
           Änderungen weiterer Erlasse zum
           Datenschutz (Entwurf 3)

16.077 n   Geschäft des Bundesrates
           OR. Aktienrecht (Entwurf 2;
           Indirekter Gegenentwurf zur
           Volksinitiative «Für verantwortungs-
           volle Unternehmen – zum Schutz von
           Mensch und Umwelt»)

6
Wintersession 2019:
Auszug Finanzplatzgeschäfte mit Positionen des VSKB

17.400 s Parlamentarische Initiative WAK-S
		Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung

		       Am Dienstag, 17. Dezember 2019, im Ständerat

Worum geht es?                                                    dessen bat sie den Bundesrat um eine Stellungnahme, ob er
Die parlamentarische Initiative der WAK-S verlangt, dass bei      einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung für
selbstgenutztem Wohneigentum für den Hauptwohnsitz – je-          sinnvoll erachtet und wie eine solche Reform aus seiner Sicht
doch nicht für Zweitwohnungen – ein genereller Systemwech-        aussehen sollte. Die Beratung des Geschäfts soll in der Kom-
sel bei der Wohneigentumsbesteuerung vollzogen und der            mission im März 2020 wieder aufgenommen werden. In der
Eigenmietwert sowie die Abzüge für die Gewinnungskosten           bevorstehenden Session entscheidet der Ständerat nicht über
abgeschafft werden. Die Abzüge für Energiesparen, Umwelt-         den Inhalt der Initiative, sondern über eine Fristverlängerung.
schutz, Denkmalpflege und Rückbau sollen auf Bundesebene
generell aufgehoben werden, während die Kantone sie in ihrer      Position VSKB
Gesetzgebung beibehalten können. Die gesetzlichen Grund-          Die Kantonalbanken sind der Meinung, dass sich das heutige
lagen sind so anzupassen, dass die Reform unter Berücksichti-     System der Wohneigentumsbesteuerung grundsätzlich be-
gung eines langfristigen Durchschnittszinssatzes haushaltsneu-    währt hat und keine systematischen Probleme bestehen. Es
tral wirkt und keine Ungleichheiten zwischen Wohneigentü-         führt in der Praxis zu einer weitgehenden Gleichbehandlung
mern und Mietern entstehen.                                       von Mietern und Eigentümern und leistet einen Beitrag zur
                                                                  Wohnbau- und Wohneigentumsförderung. Daher besteht aus
Stand des Verfahrens                                              Sicht VSKB kein dringlicher Handlungsbedarf für einen System-
Die WAK-S hat im April einen Vorentwurf in die Vernehmlas-        wechsel. Entscheidet sich der Gesetzgeber trotzdem für einen
sung gegeben. Zur Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen stellte sie    Systemwechsel, muss das übergeordnete Ziel sein, dass die
fünf Varianten zur Diskussion, die beim heutigen Hypothekar-      Komplexität des Schweizer Steuersystems soweit möglich redu-
zinssatz mehrheitlich zu Mindereinnahmen für Bund und Kan-        ziert, im Zuge dessen Rechtssicherheit geschaffen sowie die
tone führen würden. Fiskalneutral wären sie erst bei einem        Konformität mit wichtigen Verfassungsgrundsätzen (Gleichbe-
Hypothekarzinssatz von 3,5%. Die Ergebnisse der Vernehmlas-       handlung, Eigentumsförderung) gewahrt wird. Auf keinen Fall
sung fielen kontrovers aus. Die WAK-S beauftragte die Verwal-     sollte ein neues System eingeführt werden, das aufgrund vieler
tung zunächst mit der Abklärung mehrerer umstrittener Fragen      Ausnahmeregelungen eine höhere Komplexität aufweist, er-
(Schuldzinsen, Zweitliegenschaften, ausserfiskalisch motivierte   hebliche Unterschiede zwischen den Kantonen zulässt sowie
Abzüge). Am 15. November 2019 trat sie mit 10 zu 3 Stimmen        Rechtsunsicherheit und verfassungsmässige Dysfunktionalitäten
auf die Vorlage ein, setzte aber die Detailberatung aus. Statt-   schafft.

                                                                                                                               7
17.059 n Geschäft des Bundesrates
		Datenschutzgesetz. Totalrevision und Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz
		(Entwurf 3)

		                Am Mittwoch, 18. Dezember 2019, im Ständerat

Worum geht es?                                                    Mitarbeitenden der Banken auch in Zukunft unter Bedingun-
Mit der Vorlage soll der Datenschutz in der Schweiz moder-        gen der Digitalisierung Rechtssicherheit bei der Bearbeitung
nisiert und an die Entwicklungen in der EU (Datenschutz-          von Daten haben. Gleichzeitig muss man aber sehr genau
Grundverordnung) angepasst werden, auch im Hinblick auf           darauf achten, dass kein unnötiger «Swiss finish» und keine
die Anerkennung der Äquivalenz und einen reibungslosen            regulatorischen Leerläufe produziert werden. Die Kantonal-
Datenaustausch mit den EU-Ländern. Zu den Neuerungen ge-          banken begrüssen grundsätzlich die vom Nationalrat gutge-
hören Pflichten bei der Datenbearbeitung (Transparenzvor-         heissene Vorlage, empfehlen aber in einigen Punkten
schriften), schärfere strafrechtliche Sanktionen und eine stär-   wichtige      Korrekturen      (siehe     auch      Editorial
kere Regulierung des «Profiling».                                 [S. 3]):

Stand des Verfahrens                                              •   Definition Profiling: Unterscheidung von «normalem» Pro-
Der Nationalrat nahm die Vorlage in der Herbstsession 2019            filing und solchem mit «hohem Risiko»
mit 98 zu 68 Stimmen bei 27 Enthaltungen an und nahm di-          •   Kompetenzen des Datenschutzberaters stärken
verse Anpassungen zur Sicherstellung der Äquivalenz und ei-       •   Informationspflichten praktikabel und wirtschaftsfreund-
nes administrativ tragbaren Gesetzes vor. Die Mitteparteien           lich ausgestalten
unterstützten den Entwurf, die SVP lehnte ihn ab. Links-Grün      •   Datenbekanntgabe an Dritte nicht unnötig ausweiten (ins-
enthielt sich grossmehrheitlich der Stimme. Nun hat die Staats-       bes. nicht auf Outsourcing- und Konzernverhältnisse)
politische Kommission des Ständerats (SPK-S) die Beratung         •   Sanktionsregime: Sanktionen primär auf Unternehmen
aufgenommen und das Eintreten einstimmig beschlossen. Am              ausrichten und mittelfristig auf Verwaltungssanktionen
18. November 2019 hat die SPK-S ihre Detailberatung abge-             umstellen
schlossen und die Vorlage an den Ständerat überwiesen.

Position VSKB
Eine Modernisierung des Datenschutzgesetzes ist sinnvoll,
auch mit Blick auf die grenzüberschreitende Tätigkeit der Un-
ternehmen in Europa. Wir brauchen einen modernisierten Da-
tenschutz für die nötige Äquivalenz mit der EU und damit die

8
19.3043 s Motion Germann Hannes (SVP/SH)
		Offensive zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz

		        Am Mittwoch, 18. Dezember 2019, im Nationalrat

Worum geht es?                                                   Position VSKB
Mit der Motion wird der Bundesrat aufgefordert, ein Revitali-    Der VSKB begrüsst das Anliegen der Motion. Die administra-
sierungsprogramm zu verabschieden mit dem Ziel, die staat-       tiven und kostenmässigen Belastungen der Unternehmen
lichen Rahmenbedingungen zu optimieren, die Regulierungs-        durch Regulierungen hat in den letzten Jahren kontinuierlich
kosten zu senken, die Standortattraktivität zu verbessern und    zugenommen. Die Regulierungsflut stellt für die Unternehmen
die Arbeitsplätze zu erhalten. Dabei ist das Gewicht auf eine    in der Schweiz, namentlich auch für inlandorientierte Banken,
Reduktion der bürokratischen und regulatorischen Belastung       eine enorme Belastung dar, führt zu Wettbewerbsverzerrun-
der Unternehmen sowie eine Diversifizierung der Absatz-          gen und beeinträchtigt massgebend die Attraktivität des
märkte mittels Intensivierung der handelspolitischen Aktivitä-   Schweizer Wirtschaftsstandorts. Diese Belastung wirkt sich
ten zu legen. Zudem soll eine Entlastung der privaten Haus-      auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten aus, welche
halte den Inlandkonsum ankurbeln.                                die Kosten der Regulierung schlussendlich zu berappen ha-
                                                                 ben. Der VSKB unterstützt insofern ausdrücklich wirkungsvolle
Stand des Verfahrens                                             Massnahmen zur regulatorischen Entlastung und zur Vermei-
Der Ständerat hat in der Sommersession 2019 die Motion an-       dung unnötiger Bürokratie.
genommen. Gemäss Motionär ist es nach einem Jahrzehnt,
in dem die Regulierungsschraube massiv angezogen wurde,
der richtige Zeitpunkt gekommen, um dieses Revitalisierungs-
projekt zugunsten der Schweizer Wirtschaft und der hiesigen
Arbeitsplätze zu lancieren. Auch die WAK-N beantragt ihrem
Rat oppositionslos die Motion anzunehmen.

                                                                                                                            9
Fokus:
Reform der Verrechnungssteuer – es braucht eine
einfache und pragmatische Lösung, die unnötige
Komplexität vermeidet
Von Christoph Besson

D    ie Reform der Verrechnungssteuer ist kein neues Thema.
     Bereits 2012 und 2014 wurden Reformvorschläge lan-
ciert mit dem Ziel, das Verrechnungssteuersystem an die heu-
                                                                  wie bei den vergangenen zwei Vorhaben. Gleichzeitig ist im
                                                                  Rahmen der aktuellen Reform geplant, die Verrechnungs-
                                                                  steuer auf ausländische Zinserträge auszuweiten, um die be-
tigen Gegebenheiten anzupassen und somit die Wettbe-              stehende Besicherungslücke zu schliessen.
werbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes zu stärken. Die
Verrechnungssteuer führt aktuell dazu, dass Schweizer Unter-      Um den berechtigten Bedürfnissen der Wirtschaft und der öf-
nehmen Anleihen in grossem Ausmass im Ausland herausge-           fentlichen Hand Rechnung zu tragen, haben die Inlandban-
ben und an einem ausländischen Börsenplatz kotieren, weil         ken für das aktuelle Reformvorhaben einen einfachen, aber
ausländische Investoren nur zurückhaltend in Zinsanlagen mit      effizienten Vorschlag eingebracht, um ein erneutes Scheitern
Verrechnungssteuerabzug investieren. Entsprechend ist der         der Reform zu vermeiden. Das Konzept der Inlandbanken
Schweizer Fremdkapitalmarkt für Obligationen im Vergleich         sieht vor, dass die Verrechnungssteuer bei inländischen Obli-
zu anderen Finanzplätzen wenig entwickelt, die Finanzie-          gationen gegenüber natürlichen Personen mit Domizil
rungssituation ist für Schweizer Unternehmen aber auch für        Schweiz beibehalten wird. Gegenüber den übrigen Anlegern
die öffentliche Hand insgesamt unattraktiv.                       (juristische Personen mit Domizil Schweiz sowie natürliche
                                                                  und juristische Personen mit Domizil Ausland) entfällt die Ver-
Frühere Reformversuche scheiterten an ihrer                       rechnungssteuer ersatzlos. Erträge aus ausländischen Obliga-
Komplexität                                                       tionen werden neu gegenüber natürlichen Personen mit Do-
Bei den bisherigen Reformbestrebungen hatte die Verwaltung        mizil Schweiz der Verrechnungssteuer unterstellt, wodurch die
jeweils ein komplexes Zahlstellensteuermodell im Sinn, das für    Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer erheblich ausge-
die Banken als designierte Zahlstellen mit enormen Aufwän-        weitet wird. Weiter ist vorgesehen, dass die Erhebung und
den und Kosten verbunden gewesen wäre. Gerade kleinere            Abführung der Verrechnungssteuer auf Obligationenzinsen
Banken, welche vorwiegend im Kreditgeschäft tätig sind und        über eine zentrale Verwahrungsstelle erfolgen kann (z.B. SIX
nicht direkt am Kapitalmarkt partizipieren, hätten die Kosten     SIS AG oder eine andere Marktteilnehmerin). Die Verwah-
und (Haftungs-) Risiken einer Zahlstelle vollumfänglich mittra-   rungsstelle würde so zu einer «kleinen Zahlstelle», welche die
gen müssen, hätten aber von der Reform keinen Nutzen ge-          Abführung der Verrechnungssteuer für die Banken anonym
habt. Entsprechend haben unter anderem die Inlandbanken           vollzieht.
im Rahmen der Vernehmlassung aufgezeigt, dass das Kos-
ten/Nutzen-Verhältnis für die Umsetzung eines komplexen           Durch das Outsourcing der Abwicklung der Verrechnungs-
Zahlstellensteuermodells ungenügend ist. Die Reformvor-           steuer wird eine verhältnismässig kostengünstige und zeit-
schläge der Verwaltung haben sich denn auch politisch als         nahe Umsetzung der Verrechnungssteuerreform möglich, die
nicht umsetzbar erwiesen.                                         den Fremdkapitalmarkt nachhaltig stärkt und gleichzeitig eine
                                                                  Ausweitung der Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer
Der dritte Reformversuch sollte gelingen                          gewährleistet. Der Vorschlag der Inlandbanken befriedigt so-
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) arbeitet gegen-        mit die zentralen Bedürfnisse der Wirtschaft, des Finanzplat-
wärtig am Vernehmlassungsentwurf zum dritten Reformver-           zes wie auch der öffentlichen Hand.
such. Das Hauptziel der Reform – die Steigerung der Wettbe-
werbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes – bleibt identisch

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Eckwerte des Bundesrats erhöhen die Komplexität                 rechnungssteuer an den Anleger implementieren. Dabei
und gefährden Reform aufs Neue                                  bleibt die Frage ungelöst, wie die Banken zu verfahren ha-
Der Bundesrat hat am 26. Juni 2019 und 27. September 2019       ben, wenn ein Kunde nicht über die notwendige Liquidität zur
seine Eckwerte zur Reform publiziert. Grundsätzlich gehen       Belastung der Verrechnungssteuer verfügt. Dies führt bei den
die Eckwerte des Bundesrates in die gleiche Richtung wie der    Banken zu potenziell grossen, nicht quantifizierbaren Haf-
Inlandbankenvorschlag. Auch der Bundesrat sieht eine teil-      tungsrisiken. Insgesamt würden mit dem bundesrätlichen Re-
weise Befreiung der inländischen Obligationenzinsen, eine       formvorschlag die Vorteile der effizienten Outsourcing-Lö-
Ausweitung der Verrechnungssteuer auf ausländische Obliga-      sung der Inlandbanken hinfällig. In einem Massengeschäft
tionen sowie die von den Inlandbanken konzeptionierte Mög-      sind komplexe manuelle Abwicklungsprozesse von kleineren
lichkeit des Outsourcings vor. Zudem bekräftigt er die zent-    Instituten kaum umzusetzen. Sie wären daher nicht mehr in
rale Forderung der Inlandbanken, dass die Reform                der Lage, ihren Kunden bestimmte Anlagen (z.B. thesaurie-
wettbewerbsneutral und einfach in der Umsetzung auszuge-        rende Anlagefonds) anzubieten. Zudem wären Schweizer
stalten sei.                                                    Anleger nach dem Reformvorschlag des Bundesrates besser-
                                                                gestellt, wenn sie ihre Anlagefonds bei ausländischen Banken
Allerdings belädt der Bundesrat die Vorlage – einmal mehr –     halten, währenddessen die Schweizer Fondsindustrie höhere
mit zu viel Komplexität. So will er eine pauschale Gleichbe-    administrative Aufwände zu stemmen hätte. Dies steht im Wi-
handlung von direkten Anlagen (Direktinvestition in Obligati-   derspruch zu den bundesrätlichen Eckwerten der Einfachheit
onen) und indirekten Anlagen (Anlagefonds und weitere im        und der Wettbewerbsneutralität.
Retailbanking verbreitete Anlageprodukte) sicherstellen.
Durch den Einbezug der indirekten Anlagen unter das Zahl-       Der Vorschlag der Inlandbanken besticht durch
stellensteuermodell steigt die Komplexität der Reform enorm,    seine Einfachheit und Effizienz
was eine effiziente, kostengünstige Umsetzung – wie sie die     Die Reformvorschläge der Inlandbanken und des Bundesra-
Inlandbanken fordern – in Frage stellt.                         tes bieten beide finanzpolitische Vorteile und tragen den Be-
                                                                dürfnissen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand Rech-
Kleinere Banken werden benachteiligt und die                    nung. Erhebliche Unterschiede zwischen den Konzepten
Wettbewerbsneutralität gefährdet                                bestehen allerdings bezüglich der Komplexität und der Kos-
Zwar führt der bundesrätliche Reformvorschlag zu einer Ver-     ten bei der Umsetzung. Der Vorschlag der Inlandbanken be-
besserung der Rahmenbedingungen im Fremdkapitalmarkt            sticht insbesondere durch seine Einfachheit. Er ist relativ kos-
und zu einer Ausweitung der Sicherungsfunktion der Verrech-     tengünstig und rasch umsetzbar. Der Vorschlag des
nungssteuer. Durch die undifferenzierte Gleichbehandlung        Bundesrates hingegen führt aufgrund der hohen Komplexität
von direkten und indirekten Anlagen ist jedoch ein umfassen-    in der Umsetzung zu erheblich höheren Kosten, längeren Im-
des Outsourcing der Verrechnungssteuerabwicklung durch          plementierungsfristen und substantiell höheren Haftungsrisi-
die Banken nicht möglich. Denn bei indirekten Anlagen er-       ken für die Beteiligten – ohne dass dabei die Sicherungsfunk-
folgt oftmals kein Geldfluss an den Anleger, auf welchem die    tion der Verrechnungssteuer gegenüber dem Vorschlag der
Verrechnungssteuer abgeführt werden kann. Somit müsste          Inlandbanken nennenswert erhöht wird. Durch die pauschale
jede Schweizer Bank einen separaten manuellen Abrech-           Gleichbehandlung von direkten und indirekten Anlagen wird
nungs- und Inkassoprozess für die Weiterbelastung der Ver-      der Fondsstandort Schweiz zusätzlich mehr benachteiligt als

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gefördert. Da kleinere Institute aufgrund der Komplexität ge-
wisse weitverbreitete Produktkategorien unter Umständen
nicht mehr anbieten können, würde der bundesrätliche Re-
formvorschlag zu einer Marktverzerrung zulasten mittleren
und kleineren Institute führen. Für diese Banken würde die Re-
form gar eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen ge-
genüber dem «Status Quo» bedeuten.

Die Vernehmlassung zur Verrechnungssteuerreform wird im
ersten Halbjahr 2020 erwartet. Die Kantonalbanken werden
die Vorschläge prüfen und sich weiterhin für eine einfache
und pragmatische Lösung einsetzen, damit die Reform nicht
zum dritten Mal Schiffbruch erleidet.

                         Christoph Besson, Head Legal
                         Steuern Zürcher Kantonalbank. Er
                         vertritt den VSKB in der Fachkom-
                         mission Steuern der Schweizeri-
                         schen Bankiervereinigung (SBVg).
                         Zudem ist er Mitglied der techni-
                         schen Arbeitsgruppe der ESTV-Ex-
                         pertengruppe «Zukunft der Verrech-
                         nungssteuer».
Rückmeldungen und Auskünfte:             Herausgeber:
Verband Schweizerischer Kantonalbanken   Verband Schweizerischer Kantonalbanken
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Medienstelle
Telefon +41 (0)61 206 66 18
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