Sessionsradar des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken Wintersession 2019
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Inhaltsverzeichnis Editorial: Datenschutz muss zugleich griffig und praktikabel sein 3 Wintersession 2019: Übersicht Finanzplatzgeschäfte 5 Wintersession 2019: Auszug Finanzplatzgeschäfte mit Positionen des VSKB 7 Fokus: Reform der Verrechnungssteuer – es braucht eine einfache und pragmatische Lösung, die unnötige Komplexität vermeidet 10
Editorial: Datenschutz muss zugleich griffig und praktikabel sein D as Datenschutzgesetz ist nach der Behandlung im Nati- onalrat und in der Staatspolitischen Kommission des Ständerates (SPK-S) auf gutem Kurs. Es wurden unnötige ad- für die betroffene Personen nicht erkennbar ist und ein hohes potentielles Risiko besteht, dass sie Opfer von Diskriminie- rung, Missbrauch oder Manipulation werden. ministrative Hürden beseitigt und zugleich die Äquivalenz mit der EU gewahrt. Das ist insofern wichtig, als entscheidende Die Einführung eines Datenschutzberaters in Unternehmen, Abweichungen von den EU-Normen oder widersprüchliche den auch die DSG-VO vorsieht, ist sehr zu begrüssen. Um die Begrifflichkeiten den grenzüberschreitenden Verkehr erschwe- Wirtschaft vor zeitraubenden und wettbewerbsschädlichen ren könnten. Schweizer Unternehmen könnten als Geschäfts- Verfahren zu bewahren, lohnt es sich sogar, die Kompeten- partner abgelehnt oder zu individuellen und teuren Vertrags- zen dieser Institution in Bezug auf die Datenbekanntgabe zu verhandlungen gezwungen werden, denn die stärken, wie dies der Nationalrat vorsieht. Im Gegenzug muss EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSG-VO) setzt weit über ein Unternehmen, welches sich diese Funktion leistet, konse- Europa hinaus einen neuen Datenschutzstandard. Die Geset- quenterweise auch von gewissen Pflichten u.a. gegenüber zesrevision in der Schweiz sollte sich darum pragmatisch an dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauf- der DSG-VO orientieren und damit längerfristig Rechtssicher- tragten (EDÖB) befreit werden. Dies fördert die Schaffung heit und einen einheitlichen Datenschutzraum mit den europä- der Funktion des Datenschutzberaters in Unternehmen und ischen Nachbarn schaffen. Punktuell enthält die nationalrät- entlastet gleichzeitig den EDÖB. liche Vorlage noch praxisfremde Bestimmungen, die der Ständerat korrigieren sollte. Informationspflichten praktikabel und umsetzungsfreundlich ausgestalten Risikobasierte Definition des Profilings Die Informationspflichten rund um die Datenbearbeitung wer- So gibt es beispielsweise Änderungsbedarf im Bereich des den im Entwurf übermässig ausgebaut und sollten vereinfacht Profilings, bei dem durch das Zusammenführen von Daten Per- werden. Ob bei der Informationspflicht bei der Beschaffung sönlichkeitsprofile erstellt werden. Der Gesetzgeber muss hier von Personendaten oder bei der Bekanntgabe von Daten ins Schranken setzen und Sanktionen vorsehen. Doch klar ist Ausland – es wären sehr viele detaillierte Mitteilungen an die auch: Profiling ist aus dem Alltag vieler Unternehmen nicht entsprechende Person oder Unternehmung nötig. Diese spe- mehr wegzudenken und bei der Einhaltung der Datenschutz- zifischen Meldungen führen zu einem unverhältnismässigen bestimmungen inklusive der Zustimmung der Betroffenen un- Aufwand, der die Abläufe unnötigerweise komplizierter und problematisch. Anwendungen auf der Basis von Persönlich- teurer machen. Zudem wird dadurch die notwendige Digita- keitsprofilen haben ein enormes Potenzial sowohl für Kunden lisierung von Prozessen in Unternehmen erschwert bzw. be- (zum Beispiel beim Online-Shopping oder zum Schutz vor hindert. Kartenmissbrauch) als auch für die Wirtschaft (Verfeinerung der Zielgruppen). Profiling sollte unter bestimmten Bedingun- Speziell beim Datenfluss ins Ausland kommt hinzu, dass die gen auch ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Schweiz als stark exportorientierte Nation auf schlanke Pro- Person zulässig sein. Das lässt sich am besten mit einem risi- zesse im Aussenhandel angewiesen ist. Viele Waren und Per- kobasierten Ansatz umsetzen, denn nicht jede Art des Profi- sonendaten passieren täglich die Grenze. So ist es nicht prak- lings ist per se mit hohen Risiko verbunden. Hohe Anforderun- tikabel, dass die Datenbekanntgabe ins Ausland stets einer gen müssen aber selbstverständlich gelten, wenn der Zweck ausdrücklichen Einwilligung bedarf. Soweit Zustimmungen 3
überhaupt angebracht sind, sollen diese standardisiert erfol- Die Kantonalbanken setzen sich für ein griffiges und effizien- gen können, was einer ausdrücklichen Einwilligung nahe- tes Datenschutzgesetz ein. Griffig muss es sein, weil dies ein kommt. zentrales Anliegen der Kundinnen und Kunden ist und weil das Datenschutzniveau für den Bankenplatz Schweiz ein Datenbekanntgabe an Dritte nicht unnötig wichtiger Faktor im internationalen Wettbewerb darstellt. Ef- ausweiten fizient muss das Datenschutzgesetz sein, damit die Unterneh- Viele Unternehmen sind bei internen Prozessen, wie beispiels- men im Tagesgeschäft nicht durch unproduktive administra- weise bei der Rechnungsstellung, auf Outsourcing-Partner an- tive Auflagen in ihrem Kerngeschäft behindert werden: gewiesen. Gestützt auf bereits bestehende gesetzliche Grund- nämlich der Kundschaft den bestmöglichen Service unter lagen werden solche Formen der Zusammenarbeit vertraglich Wahrung ihrer Privatsphäre und ihrer Datenhoheit zu bieten detailliert geregelt. Der Datenaustausch zu Verwaltungszwe- cken sollte daher weiterhin ohne grössere Hindernisse mög- lich sein. Deshalb empfiehlt es sich, dass Outsourcing-Partner im datenschutzrechtlichen Sinne nicht als Dritte gelten. Das gleiche soll auch für den Datenaustausch zwischen Gruppen- gesellschaften einer Unternehmensgruppe gelten. Schliesslich sollte das Sanktionssystem des Datenschutzgeset- zes nicht auf natürliche Personen ausgerichtet sein, was die Mitarbeitenden einem unverhältnismässigen Risiko aussetzen würde. Stattdessen sollten sich die Strafbestimmungen primär gegen Unternehmen richten, unter dem Vorbehalt von direkt- vorsätzlichen kriminellen Machenschaften von Mitarbeiten- Hanspeter Hess den. Direktor Verband Schweizerischer Kantonalbanken 4
Wintersession 2019: Übersicht Finanzplatzgeschäfte Dienstag, 3. Dezember 2019 Dienstag, 17. Dezember 2019 Nationalrat Ständerat 19.3416 s Motion WAK-S 17.400 s Parlamentarische Initiative WAK-S Zusatzverhandlungen zum Systemwechsel bei der Wohneigen- institutionellen Abkommen mit der tumsbesteuerung EU 19.4272 s Motion Lombardi Filippo (CVP/TI) Geld- und Zinspolitik am Scheide- Dienstag, 3. Dezember 2019 weg. Der Bundesrat wird gebeten, Ständerat die Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft in der 16.076 s Geschäft des Bundesrates Legislaturplanung 2019-2023 zu Bundesgesetz über die steuerliche antizipieren und Massnahmen Behandlung finanzieller Sanktionen vorzuschlagen Dienstag, 10. Dezember 2019 19.4372 s Motion Noser Ruedi (FDP/ZH) Ständerat Green Finance Produkte. Steuer- strafe beseitigen 19.033 n Geschäft des Bundesrates Einführung des automatischen Mittwoch, 18. Dezember 2019 Informationsaustauschs über Nationalrat Finanzkonten mit weiteren Partnerstaaten ab 2020/2021 19.3043 s Motion Germann Hannes (SVP/SH) Offensive zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz 5
Mittwoch, 18. Dezember 2019 Donnerstag, 19. Dezember 2019 Ständerat Nationalrat 17.059 n Geschäft des Bundesrates 16.077 n Geschäft des Bundesrates Datenschutz. Totalrevision und OR. Aktienrecht (Entwurf 1) Änderungen weiterer Erlasse zum Datenschutz (Entwurf 3) 16.077 n Geschäft des Bundesrates OR. Aktienrecht (Entwurf 2; Indirekter Gegenentwurf zur Volksinitiative «Für verantwortungs- volle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt») 6
Wintersession 2019: Auszug Finanzplatzgeschäfte mit Positionen des VSKB 17.400 s Parlamentarische Initiative WAK-S Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung Am Dienstag, 17. Dezember 2019, im Ständerat Worum geht es? dessen bat sie den Bundesrat um eine Stellungnahme, ob er Die parlamentarische Initiative der WAK-S verlangt, dass bei einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung für selbstgenutztem Wohneigentum für den Hauptwohnsitz – je- sinnvoll erachtet und wie eine solche Reform aus seiner Sicht doch nicht für Zweitwohnungen – ein genereller Systemwech- aussehen sollte. Die Beratung des Geschäfts soll in der Kom- sel bei der Wohneigentumsbesteuerung vollzogen und der mission im März 2020 wieder aufgenommen werden. In der Eigenmietwert sowie die Abzüge für die Gewinnungskosten bevorstehenden Session entscheidet der Ständerat nicht über abgeschafft werden. Die Abzüge für Energiesparen, Umwelt- den Inhalt der Initiative, sondern über eine Fristverlängerung. schutz, Denkmalpflege und Rückbau sollen auf Bundesebene generell aufgehoben werden, während die Kantone sie in ihrer Position VSKB Gesetzgebung beibehalten können. Die gesetzlichen Grund- Die Kantonalbanken sind der Meinung, dass sich das heutige lagen sind so anzupassen, dass die Reform unter Berücksichti- System der Wohneigentumsbesteuerung grundsätzlich be- gung eines langfristigen Durchschnittszinssatzes haushaltsneu- währt hat und keine systematischen Probleme bestehen. Es tral wirkt und keine Ungleichheiten zwischen Wohneigentü- führt in der Praxis zu einer weitgehenden Gleichbehandlung mern und Mietern entstehen. von Mietern und Eigentümern und leistet einen Beitrag zur Wohnbau- und Wohneigentumsförderung. Daher besteht aus Stand des Verfahrens Sicht VSKB kein dringlicher Handlungsbedarf für einen System- Die WAK-S hat im April einen Vorentwurf in die Vernehmlas- wechsel. Entscheidet sich der Gesetzgeber trotzdem für einen sung gegeben. Zur Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen stellte sie Systemwechsel, muss das übergeordnete Ziel sein, dass die fünf Varianten zur Diskussion, die beim heutigen Hypothekar- Komplexität des Schweizer Steuersystems soweit möglich redu- zinssatz mehrheitlich zu Mindereinnahmen für Bund und Kan- ziert, im Zuge dessen Rechtssicherheit geschaffen sowie die tone führen würden. Fiskalneutral wären sie erst bei einem Konformität mit wichtigen Verfassungsgrundsätzen (Gleichbe- Hypothekarzinssatz von 3,5%. Die Ergebnisse der Vernehmlas- handlung, Eigentumsförderung) gewahrt wird. Auf keinen Fall sung fielen kontrovers aus. Die WAK-S beauftragte die Verwal- sollte ein neues System eingeführt werden, das aufgrund vieler tung zunächst mit der Abklärung mehrerer umstrittener Fragen Ausnahmeregelungen eine höhere Komplexität aufweist, er- (Schuldzinsen, Zweitliegenschaften, ausserfiskalisch motivierte hebliche Unterschiede zwischen den Kantonen zulässt sowie Abzüge). Am 15. November 2019 trat sie mit 10 zu 3 Stimmen Rechtsunsicherheit und verfassungsmässige Dysfunktionalitäten auf die Vorlage ein, setzte aber die Detailberatung aus. Statt- schafft. 7
17.059 n Geschäft des Bundesrates Datenschutzgesetz. Totalrevision und Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz (Entwurf 3) Am Mittwoch, 18. Dezember 2019, im Ständerat Worum geht es? Mitarbeitenden der Banken auch in Zukunft unter Bedingun- Mit der Vorlage soll der Datenschutz in der Schweiz moder- gen der Digitalisierung Rechtssicherheit bei der Bearbeitung nisiert und an die Entwicklungen in der EU (Datenschutz- von Daten haben. Gleichzeitig muss man aber sehr genau Grundverordnung) angepasst werden, auch im Hinblick auf darauf achten, dass kein unnötiger «Swiss finish» und keine die Anerkennung der Äquivalenz und einen reibungslosen regulatorischen Leerläufe produziert werden. Die Kantonal- Datenaustausch mit den EU-Ländern. Zu den Neuerungen ge- banken begrüssen grundsätzlich die vom Nationalrat gutge- hören Pflichten bei der Datenbearbeitung (Transparenzvor- heissene Vorlage, empfehlen aber in einigen Punkten schriften), schärfere strafrechtliche Sanktionen und eine stär- wichtige Korrekturen (siehe auch Editorial kere Regulierung des «Profiling». [S. 3]): Stand des Verfahrens • Definition Profiling: Unterscheidung von «normalem» Pro- Der Nationalrat nahm die Vorlage in der Herbstsession 2019 filing und solchem mit «hohem Risiko» mit 98 zu 68 Stimmen bei 27 Enthaltungen an und nahm di- • Kompetenzen des Datenschutzberaters stärken verse Anpassungen zur Sicherstellung der Äquivalenz und ei- • Informationspflichten praktikabel und wirtschaftsfreund- nes administrativ tragbaren Gesetzes vor. Die Mitteparteien lich ausgestalten unterstützten den Entwurf, die SVP lehnte ihn ab. Links-Grün • Datenbekanntgabe an Dritte nicht unnötig ausweiten (ins- enthielt sich grossmehrheitlich der Stimme. Nun hat die Staats- bes. nicht auf Outsourcing- und Konzernverhältnisse) politische Kommission des Ständerats (SPK-S) die Beratung • Sanktionsregime: Sanktionen primär auf Unternehmen aufgenommen und das Eintreten einstimmig beschlossen. Am ausrichten und mittelfristig auf Verwaltungssanktionen 18. November 2019 hat die SPK-S ihre Detailberatung abge- umstellen schlossen und die Vorlage an den Ständerat überwiesen. Position VSKB Eine Modernisierung des Datenschutzgesetzes ist sinnvoll, auch mit Blick auf die grenzüberschreitende Tätigkeit der Un- ternehmen in Europa. Wir brauchen einen modernisierten Da- tenschutz für die nötige Äquivalenz mit der EU und damit die 8
19.3043 s Motion Germann Hannes (SVP/SH) Offensive zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz Am Mittwoch, 18. Dezember 2019, im Nationalrat Worum geht es? Position VSKB Mit der Motion wird der Bundesrat aufgefordert, ein Revitali- Der VSKB begrüsst das Anliegen der Motion. Die administra- sierungsprogramm zu verabschieden mit dem Ziel, die staat- tiven und kostenmässigen Belastungen der Unternehmen lichen Rahmenbedingungen zu optimieren, die Regulierungs- durch Regulierungen hat in den letzten Jahren kontinuierlich kosten zu senken, die Standortattraktivität zu verbessern und zugenommen. Die Regulierungsflut stellt für die Unternehmen die Arbeitsplätze zu erhalten. Dabei ist das Gewicht auf eine in der Schweiz, namentlich auch für inlandorientierte Banken, Reduktion der bürokratischen und regulatorischen Belastung eine enorme Belastung dar, führt zu Wettbewerbsverzerrun- der Unternehmen sowie eine Diversifizierung der Absatz- gen und beeinträchtigt massgebend die Attraktivität des märkte mittels Intensivierung der handelspolitischen Aktivitä- Schweizer Wirtschaftsstandorts. Diese Belastung wirkt sich ten zu legen. Zudem soll eine Entlastung der privaten Haus- auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten aus, welche halte den Inlandkonsum ankurbeln. die Kosten der Regulierung schlussendlich zu berappen ha- ben. Der VSKB unterstützt insofern ausdrücklich wirkungsvolle Stand des Verfahrens Massnahmen zur regulatorischen Entlastung und zur Vermei- Der Ständerat hat in der Sommersession 2019 die Motion an- dung unnötiger Bürokratie. genommen. Gemäss Motionär ist es nach einem Jahrzehnt, in dem die Regulierungsschraube massiv angezogen wurde, der richtige Zeitpunkt gekommen, um dieses Revitalisierungs- projekt zugunsten der Schweizer Wirtschaft und der hiesigen Arbeitsplätze zu lancieren. Auch die WAK-N beantragt ihrem Rat oppositionslos die Motion anzunehmen. 9
Fokus: Reform der Verrechnungssteuer – es braucht eine einfache und pragmatische Lösung, die unnötige Komplexität vermeidet Von Christoph Besson D ie Reform der Verrechnungssteuer ist kein neues Thema. Bereits 2012 und 2014 wurden Reformvorschläge lan- ciert mit dem Ziel, das Verrechnungssteuersystem an die heu- wie bei den vergangenen zwei Vorhaben. Gleichzeitig ist im Rahmen der aktuellen Reform geplant, die Verrechnungs- steuer auf ausländische Zinserträge auszuweiten, um die be- tigen Gegebenheiten anzupassen und somit die Wettbe- stehende Besicherungslücke zu schliessen. werbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes zu stärken. Die Verrechnungssteuer führt aktuell dazu, dass Schweizer Unter- Um den berechtigten Bedürfnissen der Wirtschaft und der öf- nehmen Anleihen in grossem Ausmass im Ausland herausge- fentlichen Hand Rechnung zu tragen, haben die Inlandban- ben und an einem ausländischen Börsenplatz kotieren, weil ken für das aktuelle Reformvorhaben einen einfachen, aber ausländische Investoren nur zurückhaltend in Zinsanlagen mit effizienten Vorschlag eingebracht, um ein erneutes Scheitern Verrechnungssteuerabzug investieren. Entsprechend ist der der Reform zu vermeiden. Das Konzept der Inlandbanken Schweizer Fremdkapitalmarkt für Obligationen im Vergleich sieht vor, dass die Verrechnungssteuer bei inländischen Obli- zu anderen Finanzplätzen wenig entwickelt, die Finanzie- gationen gegenüber natürlichen Personen mit Domizil rungssituation ist für Schweizer Unternehmen aber auch für Schweiz beibehalten wird. Gegenüber den übrigen Anlegern die öffentliche Hand insgesamt unattraktiv. (juristische Personen mit Domizil Schweiz sowie natürliche und juristische Personen mit Domizil Ausland) entfällt die Ver- Frühere Reformversuche scheiterten an ihrer rechnungssteuer ersatzlos. Erträge aus ausländischen Obliga- Komplexität tionen werden neu gegenüber natürlichen Personen mit Do- Bei den bisherigen Reformbestrebungen hatte die Verwaltung mizil Schweiz der Verrechnungssteuer unterstellt, wodurch die jeweils ein komplexes Zahlstellensteuermodell im Sinn, das für Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer erheblich ausge- die Banken als designierte Zahlstellen mit enormen Aufwän- weitet wird. Weiter ist vorgesehen, dass die Erhebung und den und Kosten verbunden gewesen wäre. Gerade kleinere Abführung der Verrechnungssteuer auf Obligationenzinsen Banken, welche vorwiegend im Kreditgeschäft tätig sind und über eine zentrale Verwahrungsstelle erfolgen kann (z.B. SIX nicht direkt am Kapitalmarkt partizipieren, hätten die Kosten SIS AG oder eine andere Marktteilnehmerin). Die Verwah- und (Haftungs-) Risiken einer Zahlstelle vollumfänglich mittra- rungsstelle würde so zu einer «kleinen Zahlstelle», welche die gen müssen, hätten aber von der Reform keinen Nutzen ge- Abführung der Verrechnungssteuer für die Banken anonym habt. Entsprechend haben unter anderem die Inlandbanken vollzieht. im Rahmen der Vernehmlassung aufgezeigt, dass das Kos- ten/Nutzen-Verhältnis für die Umsetzung eines komplexen Durch das Outsourcing der Abwicklung der Verrechnungs- Zahlstellensteuermodells ungenügend ist. Die Reformvor- steuer wird eine verhältnismässig kostengünstige und zeit- schläge der Verwaltung haben sich denn auch politisch als nahe Umsetzung der Verrechnungssteuerreform möglich, die nicht umsetzbar erwiesen. den Fremdkapitalmarkt nachhaltig stärkt und gleichzeitig eine Ausweitung der Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer Der dritte Reformversuch sollte gelingen gewährleistet. Der Vorschlag der Inlandbanken befriedigt so- Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) arbeitet gegen- mit die zentralen Bedürfnisse der Wirtschaft, des Finanzplat- wärtig am Vernehmlassungsentwurf zum dritten Reformver- zes wie auch der öffentlichen Hand. such. Das Hauptziel der Reform – die Steigerung der Wettbe- werbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes – bleibt identisch 10
Eckwerte des Bundesrats erhöhen die Komplexität rechnungssteuer an den Anleger implementieren. Dabei und gefährden Reform aufs Neue bleibt die Frage ungelöst, wie die Banken zu verfahren ha- Der Bundesrat hat am 26. Juni 2019 und 27. September 2019 ben, wenn ein Kunde nicht über die notwendige Liquidität zur seine Eckwerte zur Reform publiziert. Grundsätzlich gehen Belastung der Verrechnungssteuer verfügt. Dies führt bei den die Eckwerte des Bundesrates in die gleiche Richtung wie der Banken zu potenziell grossen, nicht quantifizierbaren Haf- Inlandbankenvorschlag. Auch der Bundesrat sieht eine teil- tungsrisiken. Insgesamt würden mit dem bundesrätlichen Re- weise Befreiung der inländischen Obligationenzinsen, eine formvorschlag die Vorteile der effizienten Outsourcing-Lö- Ausweitung der Verrechnungssteuer auf ausländische Obliga- sung der Inlandbanken hinfällig. In einem Massengeschäft tionen sowie die von den Inlandbanken konzeptionierte Mög- sind komplexe manuelle Abwicklungsprozesse von kleineren lichkeit des Outsourcings vor. Zudem bekräftigt er die zent- Instituten kaum umzusetzen. Sie wären daher nicht mehr in rale Forderung der Inlandbanken, dass die Reform der Lage, ihren Kunden bestimmte Anlagen (z.B. thesaurie- wettbewerbsneutral und einfach in der Umsetzung auszuge- rende Anlagefonds) anzubieten. Zudem wären Schweizer stalten sei. Anleger nach dem Reformvorschlag des Bundesrates besser- gestellt, wenn sie ihre Anlagefonds bei ausländischen Banken Allerdings belädt der Bundesrat die Vorlage – einmal mehr – halten, währenddessen die Schweizer Fondsindustrie höhere mit zu viel Komplexität. So will er eine pauschale Gleichbe- administrative Aufwände zu stemmen hätte. Dies steht im Wi- handlung von direkten Anlagen (Direktinvestition in Obligati- derspruch zu den bundesrätlichen Eckwerten der Einfachheit onen) und indirekten Anlagen (Anlagefonds und weitere im und der Wettbewerbsneutralität. Retailbanking verbreitete Anlageprodukte) sicherstellen. Durch den Einbezug der indirekten Anlagen unter das Zahl- Der Vorschlag der Inlandbanken besticht durch stellensteuermodell steigt die Komplexität der Reform enorm, seine Einfachheit und Effizienz was eine effiziente, kostengünstige Umsetzung – wie sie die Die Reformvorschläge der Inlandbanken und des Bundesra- Inlandbanken fordern – in Frage stellt. tes bieten beide finanzpolitische Vorteile und tragen den Be- dürfnissen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand Rech- Kleinere Banken werden benachteiligt und die nung. Erhebliche Unterschiede zwischen den Konzepten Wettbewerbsneutralität gefährdet bestehen allerdings bezüglich der Komplexität und der Kos- Zwar führt der bundesrätliche Reformvorschlag zu einer Ver- ten bei der Umsetzung. Der Vorschlag der Inlandbanken be- besserung der Rahmenbedingungen im Fremdkapitalmarkt sticht insbesondere durch seine Einfachheit. Er ist relativ kos- und zu einer Ausweitung der Sicherungsfunktion der Verrech- tengünstig und rasch umsetzbar. Der Vorschlag des nungssteuer. Durch die undifferenzierte Gleichbehandlung Bundesrates hingegen führt aufgrund der hohen Komplexität von direkten und indirekten Anlagen ist jedoch ein umfassen- in der Umsetzung zu erheblich höheren Kosten, längeren Im- des Outsourcing der Verrechnungssteuerabwicklung durch plementierungsfristen und substantiell höheren Haftungsrisi- die Banken nicht möglich. Denn bei indirekten Anlagen er- ken für die Beteiligten – ohne dass dabei die Sicherungsfunk- folgt oftmals kein Geldfluss an den Anleger, auf welchem die tion der Verrechnungssteuer gegenüber dem Vorschlag der Verrechnungssteuer abgeführt werden kann. Somit müsste Inlandbanken nennenswert erhöht wird. Durch die pauschale jede Schweizer Bank einen separaten manuellen Abrech- Gleichbehandlung von direkten und indirekten Anlagen wird nungs- und Inkassoprozess für die Weiterbelastung der Ver- der Fondsstandort Schweiz zusätzlich mehr benachteiligt als 11
gefördert. Da kleinere Institute aufgrund der Komplexität ge- wisse weitverbreitete Produktkategorien unter Umständen nicht mehr anbieten können, würde der bundesrätliche Re- formvorschlag zu einer Marktverzerrung zulasten mittleren und kleineren Institute führen. Für diese Banken würde die Re- form gar eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen ge- genüber dem «Status Quo» bedeuten. Die Vernehmlassung zur Verrechnungssteuerreform wird im ersten Halbjahr 2020 erwartet. Die Kantonalbanken werden die Vorschläge prüfen und sich weiterhin für eine einfache und pragmatische Lösung einsetzen, damit die Reform nicht zum dritten Mal Schiffbruch erleidet. Christoph Besson, Head Legal Steuern Zürcher Kantonalbank. Er vertritt den VSKB in der Fachkom- mission Steuern der Schweizeri- schen Bankiervereinigung (SBVg). Zudem ist er Mitglied der techni- schen Arbeitsgruppe der ESTV-Ex- pertengruppe «Zukunft der Verrech- nungssteuer».
Rückmeldungen und Auskünfte: Herausgeber: Verband Schweizerischer Kantonalbanken Verband Schweizerischer Kantonalbanken Michele Vono Wallstrasse 8, Postfach Projektleiter Public Affairs CH-4002 Basel, Schweiz Telefon +41 (0)61 206 66 29 Telefon +41 (0)61 206 66 66 E-Mail m.vono@vskb.ch E-Mail vskb@vskb.ch www.kantonalbank.ch Medienanfragen: Verband Schweizerischer Kantonalbanken November 2019 Medienstelle Telefon +41 (0)61 206 66 18 E-Mail medien@vskb.ch 13
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