SOA: Industrialisierung durch und durch

Die Seite wird erstellt Laurin Nolte
 
WEITER LESEN
SOA: Industrialisierung durch und durch
SOA: Industrialisierung durch und durch

                           SOA:
           Industrialisierung durch und durch
 Die Industrialisierung von IT und die Einführung einer SOA wurden jahrelang völlig separat von unterschiedli-
    chen Personen eines Unternehmens behandelt. Dabei besteht zwischen beiden Disziplinen eine existentielle
   Relation: Wenn im Rahmen der Industrialisierung Prozesse verändert werden, müssen Entscheidungen zum
   Umgang mit Modularisierung, Standardisierung, Automatisierung und Wiederverwendung getroffen werden
 sowie eine Fokussierung auf Kernkompetenzen erfolgen. Diese Begriffe haben aber auch für die Umsetzung einer
SOA eine fundamentale Bedeutung. Mit diesem Artikel soll gezeigt werden, wie im Rahmen der Industrialisierung
          eine erfolgreiche SOA entstehen kann und bekannte Stolpersteine umgangen werden können.

Totgesagte leben länger – und wenn nicht         (Scoping) verwendet, um dann konkrete          gung auf die IT-Leistungserstellung“ definie-
als Begriff, dann in jedem Fall als Denkwei-     Hinweise dafür zu erhalten, warum SOA-         ren. Demnach lässt sich Industrialisierung
se. Denn das ist SOA: „Serviceorientierung       Initiativen sich in der Praxis häufig so ex-   durch die im Folgenden beschriebenen vier
ist ein Paradigma, das den Rahmen für un-        trem schwer gestalten lassen. Erreicht wird    sequenziellen Schritte klassifizieren, an de-
ser Handeln vorgibt“ (erster Satz des SOA-       dies durch die Anwendung eines aus dem         ren Ende eine vollständig industrialisierte IT
Manifests, vgl. [Ars09]) und ein Paradigma       Industrialisierungskontext bekannten Or-       steht. Diese Schritte erläutern wir kurz aus
ist nicht weniger als „eine grundlegende         ganisationsmodells für SOA: dem EFQM-          dem Blickwinkel der Geschäftsprozesse und
Denkweise“.                                      Modell (European Foundation for Quality        IT, sodass das Ergebnis einer solchen Indus-
Diese Denkweise fokussiert Dienste und           Management, vgl. z. B. [Mal11], siehe den      trialisierung eine SOA sein kann.
Geschäftsprozesse, die in der Regel keines-      „Kontext“-Bereich in Abbildung 1).
wegs allesamt unter den meist sehr tech-                                                        1. Modularisierung
nisch belegten Begriff Serviceorientierte        Industrialisierung                             Idee dieses Schrittes (siehe Abbildung 2) ist
Architektur (SOA) subsumiert werden kön-         Mit Brenner et al. (vgl. [Bre13]) lässt sich   es, den Geschäftsprozess nicht mehr mo-
nen. Auch eine Cloud hat eine serviceorien-      die Industrialisierung der IT als die „Über-   nolithisch atomar, sondern als Verkettung
tierte Sicht, denn technische Details der Lie-   tragung erfolgreicher Managementkonzepte       bestimmter Teilschritte zu verstehen. Ein
fererbringung spielen für den Nutzer hier        und -methoden aus der industriellen Ferti-     wesentlicher Vorteil ist die Egoless Produc-
keine oder wenigstens eine untergeordnete
Rolle. Auch andere Facetten des Everything
as a Service (XaaS) besitzen eine serviceo-
rientierte Sicht und reihen sich damit her-
vorragend in dieses Paradigma ein. Ob
dieses Phänomen nun als SOA bezeichnet
wird, spielt im täglichen Einsatz kaum eine
Rolle – interessant ist das dahinter liegende
Denkschema, heute und sicher auch noch
weiter in der Zukunft.
In diesem Artikel wollen wir versuchen,
die Essenzen des Paradigmas „Serviceori-
entierung“ herauszuarbeiten. Es wird sich
zeigen, dass diese Essenzen eine große Nähe
zum Konzept der Industrialisierung haben.
Wir wollen darstellen, dass eine SOA als
ein mögliches Ergebnis der Industrialisie-
rung aufgefasst werden kann und sich aus
dieser Sichtweise wertvolle Zusammenhän-
ge für den Erfolg einer SOA ergeben. Wich-
tig ist aber hier schon einmal der Hinweis,
dass es auch eine Industrialisierung ohne
SOA als Ergebnis gibt. Die SOA ist folglich
eine konkrete Zielsetzung von Industriali-
sierung – angewendet auf Geschäftspro-
zesse und die sie unterstützende IT. Dieser
aufgezeigte Zusammenhang wird anschlie-
ßend für eine Reichweiten-Beurteilung            Abb. 1: SOA durch Industrialisierung und ihre Einordnung in das EFQM-Modell.

20
SOA: Industrialisierung durch und durch
www.objektspektrum.de

                                                                                                 noch in den Standard passt und was einen
                                                                                                 eigenen Prozessschritt motiviert, kann nur
                                                                                                 mit hervorragender Kenntnis der Materie
                                                                                                 erfolgen. Eine weitere wichtige Kompetenz
                                                                                                 kommt hier allerdings hinzu: die betriebs-
                                                                                                 wirtschaftliche Kompetenz. Ein wichtiger
                                                                                                 Vorteil von Standards sind betriebswirt-
                                                                                                 schaftlich relevante Effizienzsteigerungen
                                                                                                 aufgrund von Synergien zwischen vorher
                                                                                                 disjunkt betrachteten Arbeitsschritten.
                                                                                                 Die Standardisierung reduziert den mögli-
                                                                                                 chen Katalog der während der Modulari-
                                                                                                 sierung identifizierten rohen Service-Kan-
                                                                                                 didaten: Die standardisierten Services sind
                                                                                                 abteilungsübergreifend einsetzbar, unter-
                                                                                                 nehmensweit abgestimmt (wenn auch die
Abb. 2: Modularisierung.                                                                         Standardisierung unternehmensweit er-
                                                                                                 folgte) und haben die nötige Abstraktion.
                                                                                                 Service-Redundanzen (eine der SOA-Tod-
tion (ähnlich zu Egoless Programming, vgl.         Kontext einordnen. Die entlang der Modu-      sünden) müssen über die Standardisierung
[Ada01]). Dadurch werden Prozesse, die             larisierung entstehenden Module kommu-        beseitigt werden.
vorher nur implizit in den Köpfen einzelner        nizieren über Schnittstellen miteinander.
Personen vorhanden waren, explizit. Ein-           Diese sind erste, noch sehr rohe Kandida-     3. Automatisierung und
zelne Mitarbeiter können leichter ersetzt          ten für eine serviceorientierte Sicht. Wie    Wiederverwendung
bzw. entlastet werden, was aus Unterneh-           die einzelnen Module funktionieren, ist se-   Das Bearbeiten von Geschäftsprozessen ist
menssicht als durchaus positiv zu bewer-           kundär. Ohne eine solche Modularisierung      nicht zwangsläufig mit dem Anspruch ei-
ten ist. Die Unternehmensprozesse werden           kann es keine SOA geben, da noch keine        ner Automatisierung (siehe Abbildung 4)
„schulbar“ und sind daher vom Grunde her           Services identifiziert sind.                  verbunden. Vielmehr können die vorheri-
übertragbar.                                                                                     gen Schritte auch völlig ohne elektronische
Für diese saubere Modellierung und ge-             2. Standardisierung                           Unterstützung „papiergestützt“ erfolgen.
genseitige Abgrenzung der Arbeitsprozesse          Sobald einzelne Module explizit definiert     Für eine IT-SOA ist dieser Schritt allerdings
ist zunächst detailliertes Wissen über die         vorliegen, wird in diesem Schritt offen-      existenziell, da hier die IT-Teile der Indus-
Abläufe selbst erforderlich. Die Erfahrung         kundig, dass viele Prozessschritte etwas      trialisierung identifiziert werden. Innerhalb
zeigt, dass sogar viele Personen, die opera-       Gemeinsames haben und daher in ein stan-      einer modularisierten und standardisierten
tiv maximal tief in bestimmte, noch nicht          dardisiertes Modul überführt werden kön-      Prozesslandkarte steht hier also die Frage
modularisierte Arbeitsschritten involviert         nen (siehe Abbildung 3). Die Vielfalt der     nach Automatisierung bzw. Wiederver-
sind, häufig nicht das große Ganze über-           einzelnen Variationen wird dann entweder      wendung an. Wenn bereits die prozesso-
blicken. Der Begriff des „Fachidioten“, der        zugunsten des Standards aufgegeben oder       rale Standardisierung viel Effizienzgewinn
rein vertikal spezialisiert arbeitet, lässt sich   als Entscheidungsalternative im Standard-     ermöglicht, kann unter Zuhilfenahme von
hier einordnen. Der Modularisierer dage-           prozess abgebildet.                           IT noch einmal eine deutliche Effizienzstei-
gen kennt die operative Ebene ebenso gut,          Dieser Schritt benötigt noch mehr Fachkom-    gerung bewerkstelligt werden. Dafür ist al-
kann sie aber darüber hinaus auch in einen         petenz, denn genau diese Abwägung, was        lerdings zwischen Fach- und IT-Abteilung
                                                                                                 im Unternehmen zwingend zu klären, wie
                                                                                                 durch die IT entweder einzelne Prozess-
                                                                                                 schritte völlig ersetzt oder zumindest maß-
                                                                                                 geblich unterstützt werden können.
                                                                                                 Als weitere Kompetenz kommt in diesem
                                                                                                 Industrialisierungsschritt einiges an Grund-
                                                                                                 kenntnissen der IT hinzu: Was ist grund-
                                                                                                 sätzlich mit IT überhaupt möglich? Was
                                                                                                 gibt es als fertiges IT-Produkt? Wie gut
                                                                                                 können fertige Produkte entlang des eige-
                                                                                                 nen Kontextes angepasst werden? Welche
                                                                                                 nachgelagerten technischen Abhängigkei-
                                                                                                 ten werden damit eingegangen oder müssen
                                                                                                 zusätzlich berücksichtigt werden?
                                                                                                 Allerdings ist auch hier das Domänen-
                                                                                                 wissen noch fundamental, da es letztlich
                                                                                                 um die grundsätzliche Frage geht: IT oder
Abb. 3: Standardisierung.                                                                        nicht IT? Diese Entscheidung wird als die

03/2015                                                                                                                                    21
SOA: Industrialisierung durch und durch
SOA: Industrialisierung durch und durch

                                                                                              de aus einer organisatorischen Betrachtung
                                                                                              heraus stellt sich damit häufig die Frage,
                                                                                              was zuerst industrialisiert werden muss: die
                                                                                              IT oder das Business. Prinzipiell sind drei
                                                                                              Wege denkbar:

                                                                                              n   Zuerst Industrialisierung der IT und
                                                                                                  dann der Geschäftsprozesse.
                                                                                              n   Zuerst Industrialisierung der Geschäfts-
                                                                                                  prozesse und dann der IT.
                                                                                              n   Kombination beider Ansätze, um früh
                                                                                                  Nutzen aus den Ergebnissen ziehen zu
                                                                                                  können und früh Feedback über die
                                                                                                  Wirksamkeit der Industrialisierung so-
                                                                                                  wohl für die IT als auch für die Fach-
                                                                                                  lichkeit zu erhalten.

                                                                                              Auch wenn die ersten beiden Ansätze eine
Abb. 4: Automatisierung.                                                                      einfachere Umsetzung versprechen, haben
                                                                                              sie signifikante Nachteile:
Schnittmenge von Gewünschtem (aus der          Firma erbracht werden muss oder besser
Domänensicht) und Machbarem (aus der           „as a service“ von externen Leistungser-       n   Wird mit der IT begonnen, entsteht eine
IT-Sicht) verstanden. Auch die Transition      bringern eingekauft werden sollte. Diese           Industrialisierungsinsel, die bisher nicht
selbst hin zum IT-gestützten Vorgehen ge-      Frage liegt nicht mehr im Fokus einer In-          durch IT abgedeckte Prozesse ignoriert
schieht mit maximalem Domänenwissen.           dustrialisierung mit SOA-Hintergrund.              und unter Umständen sogar an Bedar-
Da die IT während dieses Schritts meist        Hier könnte allerdings der Bereich der un-         fen und Trends des Business vorbei mo-
noch inhouse angesiedelt ist und sehr kurze    ternehmensübergreifenden SOA beginnen,             delliert wird.
Dienstwege zwischen Fachseite und IT-Seite     da für unternehmensübergreifende Service-      n   Der Beginn mit den Geschäftsprozes-
existieren, ist auch die Fachkompetenz in      Standards durchaus die Frage relevant ist,         sen spiegelt ein altes Werteverständnis
der IT in diesen Unternehmen extrem gut        ob die Service-Erbringung nicht von exter-         der IT wider, die nur als Unterstützung
ausgeprägt.                                    nen Partnern hinzugekauft werden sollte, da        des Business aufgefasst wird. Allerdings
Auch dieser Schritt reduziert den möglichen    der Service-Betrieb nicht zur eigenen Kern-        ist heute die IT immer häufiger das
Katalog der während der Standardisierung       kompetenz gehört (siehe Abbildung 5). Die          Business selbst (z. B. mobile Payment).
geschärften IT-Service-Kandidaten weiter:      zunehmende Öffnung von Wertschöpfungs-             Außerdem bleiben IT-interne Industria-
Diejenigen Module, die als IT-basiert einge-   ketten großer Infrastrukturen wie Amazon           lisierungsmöglichkeiten ohne direkten
stuft werden, sind eine solide Ausgangslage    oder Dropbox mittels expliziter Schnittstel-       Business-Bezug (z. B. Backup) initial
für eine IT-SOA.                               len zu Teilschritten motiviert dies weiter         unberücksichtigt.
                                               (vgl. z. B. [Cloe14], [Kal14]).                n   Spätestens neue organisatorische An-
4. Kernkompetenz-Fokussierung                                                                     sätze, in denen die Trennung zwischen
Der letzte Schritt der Industrialisierung      Industrialisierungsreihenfolge                     Fachseite und IT (agile Softwareent-
ist eigentlich die Frage, ob ein bestimmter    Die beschriebene Industrialisierung bezieht        wicklung) und auch die Trennung
Arbeitsschritt überhaupt durch die eigene      sich auf ein gesamtes Unternehmen. Gera-           zwischen Entwicklung und Betrieb
                                                                                                  (DevOps) sukzessive beseitigt werden,
                                                                                                  können die Fragestellung nach einer
                                                                                                  klaren Reihenfolge nicht beantworten.

                                                                                              Die Frage nach der Reihenfolge „IT vs.
                                                                                              Fachseite“ ist für die Industrialisierung also
                                                                                              heute nicht mehr angemessen. Industriali-
                                                                                              sierung sollte viel agiler und allumfassen-
                                                                                              der durchgeführt werden. Die Reihenfolge
                                                                                              „Industrialisierung vor SOA“ dagegen ist
                                                                                              immer noch fundamental.

                                                                                              Industrialisierungskontext
                                                                                              Die reine Industrialisierung bezieht die ge-
                                                                                              samte Organisation inklusive ihrer Schnitt-
                                                                                              stellen nach außen ein und wird seit jeher
                                                                                              ganzheitlich verstanden. Die bekannte „ra-
Abb. 5: Kernkompetenz-Fokussierung.                                                           dikale“ Industrialisierung der Automobil-

22
SOA: Industrialisierung durch und durch
www.objektspektrum.de
 schwerpunkt

Tipp 4: Abnahmetests sollten immer
                                                                                                                fert bereits das SOA-Manifest selbst (vgl.
grün sein – Zero Bug Policy.                             Iteration knapp wird. Das führt zu einem beziehen. Testwerkzeuge sind hierzu nicht
                                                                                                                [Ars09]):
Auch wenn das Release noch ein paar Wochen               gefährlichen Trugschluss: Wenn es akzep- in der Lage. Aus unserer Sicht ist ein voll-
entfernt sein mag, ist es sehr wichtig, Testfälle        tabel ist, manuelle Tests im Notfall wegzu- ständig automatisierter UAT auch in der
                                                                                                                Prinzip 1: „Respektiere die Sozial- und
nicht länger als notwendig fehlschlagen zu lassen        lassen, sind sie scheinbar nicht wichtig.              agilen Welt nicht seriös durchführbar – aus-
                                                                                                                              Machtstruktur der Organisa-
– auch wenn man die vermutliche Ursache kennt.              Auch in der agilen Welt ist es der Zweck genommen automatisierte Smoke-Tests, die
                                                                                                                              tion.“
Ein fehlschlagender Testfall kann durchaus               von Tests, Fehler in der Software zu finden. die Vollständigkeit der Funktionalität ober-
                                                                                                                Prinzip 2: „Erkenne an, dass SOA letzt-
Probleme verdecken, die erst nach Behebung der           Wenn automatisierte Tests dazu nur flächlich prüfen. Gelegentlich werden auto-
offensichtlichen Ursache zu Tage treten. Ziel des                                                                             lich Veränderung auf vielen
                                                         bedingt in der Lage sind, gibt es lediglich matisierte GUI-Tests (Graphical-User-
Teams muss es sein, die Testfälle auch während                                                                                Ebenen bedeutet.“
                                                         eine Alternative: manuelles beziehungs- Interface) als UAT bezeichnet. Diese Tests
der Entwicklung grün zu halten. Grün bezieht sich                                                               Prinzip 11: „Services und deren Ausgestal-
                                                         weise exploratives Testen, bei dem die sind funktionale Tests unter Einbeziehung
hier auf die Signalfarben, die traditionell in Build-                                                                         tung sollten sich anhand der
                                                         Tester ihre Kreativität und Spontanität ein- einer Oberfläche und können zum Beispiel
Umgebungen eingesetzt werden.                                                                                                 Art und Weise, wie sie wirklich
                                                         setzen, um Fehler zu finden. Ein wesent- im Regressionstest einen wertvollen Beitrag
                                                                                                                              genutzt werden, entwickeln.“
                                                         licher Nutzen manueller Tests – besonders leisten. Sie sind aber kein Ersatz für die
                                                         bei neuen Features – ist die kontextbezoge- Einbeziehung des Menschen als Tester.
                                                                                                                Hier sind nur die Prinzipien des SOA-
                                                         ne Perspektive auf die zu prüfende
                                                                                                                Manifests genannt, die bereits in ihrer For-
gehensweise, wenn die Erweiterung durch                  Funktionalität. Denn im Gegensatz zu
                                                                                                                mulierung auf die komplexe Struktur von
Umpriorisierung doch nicht stattfindet und               automatisierte Tests kennt der manuelle
                                                                                                                        Tipp 6: Zeitnaher
                                                                                                                Organisationen         eingehen. UAT. Doch bereits
die Tests weiterhin manuell durchgeführt                 Tester deren aktuellen Kontext.                                Während derlassen UAT in eine
                                                                                                                                                    der klassischen
                                                                                                                diese Fragmente                            hohe Nähe
werden müssen.                                              Wenn es Kunde und Budget zulassen,                          Projektwelt eine aufkommen,
                                                                                                                                            abgeschlossene da  Phase
                                                                                                                zum EFQM-Modell                                   neben
  Aus unserer Erfahrung lohnt sich eine                  planen wir am Ende einer Iteration für alle                    darstellt, bietet es sich in agilen Projekten
Abb. 6: Prinzipien des SOA-Manifests (stark vereinfacht).                                                       dem   mit  SOA      zu   erbringenden        Geschäfts-
sprechende, nachvollziehbare Zuordnung                   Entwickler einen Tag ein, dessen Fokus auf                     an, unmittelbar nach dem Abschluss einer
                                                                                                                wert auch die Prozesse und die Organisa-
von Anforderungen (User-Storys) und                      manueller Testdurchführung liegt. Ziel die-                    Funktionalität Nutzer-Feedback einzuho-
                                                                                                                tionsstruktur selbst angesprochen werden.
Akzeptanztests. Wird eine Anforderung                    ses Tages ist es, die Software zerbrechen zu                   len. Will der Entwickler in Folge des
                                                                                                                Grundsätzlich lassen sich alle Prinzipien des
verändert oder erweitert, fließt der Auf- lassen. Gelingt es, den Code durch Benut-                                     Feedbacks Änderungen vornehmen, ist
                                                                                                                SOA-Manifests auf die Aspekte des EFQM-
wand für eine notwendige Anpassung zereingaben oder Datenkonstellationen zu                                             seine Arbeit effektiver als nach einem
herstellung durch Henry Ford hatte daher diese Operationalisierung der der Industri- Modells beziehen. Um dies zu verdeutlichen,
bestehender Akzeptanztests mit in die zerbrechen, wird für die Situation, die dazu                                      UAT-Feedback mehreren Wochen.
nicht nur Auswirkungen auf die Prozesse in alisierung impliziten Ganzheitlichkeit pro- haben wir in Tabelle 1 eine Zuordnung zwi-
Schätzung ein. Gibt es außerhalb des geführt hat, ein automatisierter Test
Form eines radikalen Taylorismus, sondern fitieren kann.                                                        schen den Prinzipien des SOA-Manifests und
Entwicklungsteams Interessenten für die geschrieben. Anschließend wird der Man-
– durch einen hohen Standardisierungsgrad                                                                       den Aspekten des EFQM-Frameworks vor-
Akzeptanztest-Kriterien, erhalten diese gel nachvollziehbar behoben und mit dem                                    Ein Fokus des UAT liegt auf der Instal-
bis hin zur Arbeitsmonotonie – auch auf die                                                                     genommen. Abbildung 6 zeigt die Prinzipien
wertvolles Feedback zu den Auswirkungen automatisierten Test dafür gesorgt, dass die lierbarkeit der Software. Diese lässt sich
einzelnen Mitarbeiter und die Arbeitsergeb- SOA-Kontext                                                         des SOA-Manifests in vereinfachter Form.
der Änderung. Können Anforderungen und so gewonnene höhere Robustheit erhalten                                  leicht in Kombination mit der oben
nisse (Ford: „Sie können jede Farbe haben, Es wurde immer wieder darauf hingewie- Die einfache Zuordnung in Tabelle 1 soll
Akzeptanztests einander nicht zugeordnet bleibt.                                                                beschriebenen automatisierten Prüfung auf
solange es schwarz ist“).                                sen, dass die Einführung einer SOA in ei- aufzeigen, wie naheliegend es ist, für die
werden, kommt das böse Erwachen bei der                                                                         Vollständigkeit anwenden: Wenn dieser
Um diese Ganzheitlichkeit systematisch zu nem Unternehmen nur in den seltensten der Industrialisierung innewohnende For-
Entwicklung: Die Änderungen dauern fünf Plädoyer für Nicht-                                                     Smoke-Test erfolgreich war, ließ sich die
erreichen, können Unternehmensmodelle Fällen eine technische Herausforderung derung nach Ganzheitlichkeit dasselbe Mo-
Minuten, das Anpassen der fehlgeschlage- Automatisierung                                                        Software offenbar erfolgreich installieren.
verwendet werden, wie sie z. B. aus dem ist (vgl. [Lem13]). Das würde nämlich dell auch für eine SOA zu verwenden. Da
nen alten Akzeptanztests zwei Tage.                      Wenn die geforderte Funktionalität imple-                 Ziel des UAT ist es, die Benutzbarkeit einer
Bereich des Total-Quality-Management ebenfalls dem Paradigma-Gedanken (siehe die SOA selbst nur den servicerelevanten
                                                         mentiert wurde, also sämtliche automati- Software zu prüfen. Aus eigener Erfahrung
(TQM) gebräuchlich sind (vgl. [Mal11]). oben) widersprechen, der als grundsätzli- Teilausschnitt und insbesondere auch die
Manuelle Tests                                           sierte Tests durchgeführt und um eventuell wissen wir, dass für einen erfolgreichen UAT
Ein gerade in Europa weit verbreitetes Mo- ches Denkmuster alles in einer Organisa- technische Umsetzung betrachtet, kann die
Manuelle Tests sind auch in agilen Pro- notwendige manuelle Tests der neuen in allen Teststufen gewissenhaft gearbeitet
dell ist das der EFQM. Auf der obersten tion in Betracht zieht. So ist es nur folge- ganzheitliche Industrialisierung als Ergeb-
jekten wichtig. Sie schließen die Lücke zwi- Features ergänzt wurden, schließt sich eine werden muss. Für Entwickler gibt nichts
Ebene kennt es die drei wesentlichen Säu- richtig, dass die SOA wie ein Paradigma nis eine SOA sein (wenn SOA ohne techni-
schen automatisierten Tests und aufwändig weitere manuelle Stufe an.                                            Schlimmeres als einen UAT, der von den
len:                                                     ebenfalls alle relevanten Strukturen in ei- sche Umsetzung verstanden wird) oder als
oder gar nicht automatisiert prüfbaren                      Der User-Acceptance-Test (UAT) dient Testern oder vom Kunden nach wenigen
                                                         nem Unternehmen beleuchten muss. Diese ideale Vorarbeit (wenn SOA inklusive der
Anforderungen. Dabei können manuelle dazu, eine Software unter realen Bedingun- Minuten abgebrochen wird, weil viele offen-
n    Organisationen                                      sind deutlich komplexer als die Einteilung technischen Umsetzung verstanden wird)
Tests zeitaufwändig und fehleranfällig sein. gen zu testen und zu prüfen, ob eine sichtliche Fehler in den vorherigen Teststufen
n    Prozesse                                            in IT und Fachseite. Einige Hinweise für genutzt werden. Die sich daraus ergebende
Auch in der agilen Welt neigen Projekt- Software effizient und effektiv genutzt wer- nicht entdeckt wurden und der Software
n    Ergebnisse                                          diese Forderung nach Ganzheitlichkeit lie- Kernhypothese lautet:
teams dazu, manuelle Tests zu vernachläs- den kann. Software, die für Endanwender mangelnde Qualität bescheinigt wird.
sigen, wenn die Zeit am Ende einer gedacht ist, muss bei dieser Testart vom
Die Industrialisierung berührt allerdings
                                                         Benutzer selbst geprüft werden. Dazu ist es Last und Performance-Tests
nicht nur diese Hauptsäulen, sondern auch
                                                         notwendig, den fachlichen Kontext der zu Die Teststufe Last- und Performance-Tests
       Tipp 5:
die sechs         Pair-Testing
              weiteren    Kontexteim UAT. (siehe Abbil-
                                                         prüfenden Software zu kennen und einzu- dient im Wesentlichen dazu, drei nicht-
dung User-Acceptance-Tests
       1). Der Punkt „Politik     sollten
                                        unddabei nie
                                              Strategie“
umfasstdurch   diebeispielsweise
            hier   Softwareentwickler      durchge- As-
                                       so wichtige
pekte führt
         wiewerden.  UAT mittels Pair-Testing
               Arbeitsschutz,        Betriebsrat hat und
       sich dagegen
Datenschutz.       Einebewährt.    Hier führt ein die
                           Industrialisierung,             OBJEKTspektrum ist eine Fachpublikation des Verlags:
       Benutzer ignoriert,
diese Punkte      den UAT durch,
                               hat der
                                    guteEntwickler
                                            Chancen zu     SIGS DATACOM GmbH · Lindlaustraße 2c · 53842 Troisdorf
       sitzt daneben und bekommt direkt wert-
scheitern.                                                 Tel.: 0 22 41 / 23 41-100 · Fax: 0 22 41 / 23 41-199
       volles Feedback zurliefert
Das EFQM-Modell              Benutzbarkeit
                                      damitseiner
                                               eine gute   E-mail: info@sigs-datacom.de
       Arbeit. Im Idealfall ist dieser Tester der
Kontextliste, die bei einer Industrialisie-                www.objektspektrum.de
       Kunde selbst oder ein Mitarbeiter mit tie-
rung berücksichtigt werden muss. Im Fol-                   www.sigs.de/publications/aboservice.htm
       fem fachlichen Wissen, aber keinen weite-
genden wird aufgezeigt, wie die SOA durch
       ren Kenntnissen über den Quellcode.

403/2015
  / 2 01 3                                                                                                                                                          23
SOA: Industrialisierung durch und durch
SOA: Industrialisierung durch und durch

 Prinzipien	
  des	
  SOA-­‐Manifests	
                                                    Aspekte	
  des	
  EFQM-­‐Frameworks	
                       schneidende oder zueinander inkompatible
                                                                                                                                                       Daten anboten.
 Respektiere	
  die	
  Sozial-­‐	
  und	
  Machtstruktur	
  der	
                          Mitarbeiter,	
  mitarbeiterbezogene	
  
                                                                                                                                                       Wenn ein Unternehmen zwei Systeme be-
 Organisation.	
                                                                           Ergebnisse,	
  Politik	
  und	
  Strategie,	
  
                                                                                           Partnerschaft	
  und	
  Ressourcen.	
  
                                                                                                                                                       sitzt, die Master von Kunden- und Per-
                                                                                                                                                       sonendaten sind, und beide Systeme diese
 Erkenne	
  an,	
  dass	
  SOA	
  letztlich	
  Veränderung	
  auf	
  vielen	
              Führung,	
  Politik	
  und	
  Strategie,	
                  Daten über Services anbieten, sind diese
 Ebenen	
  bedeutet.	
                                                                     Mitarbeiter,	
  Prozesse,	
  alle	
  
                                                                                                                                                       Dienste für potenzielle Service-Nutzer ohne
                                                                                           Ergebnisaspekte.	
  
                                                                                                                                                       klare Regelungen schwer einsetzbar. Es
 Der	
  Bereich,	
  in	
  dem	
  SOA	
  eingeführt	
  wird,	
  kann	
                                                                                  muss geklärt sein, welches System die ak-
                                                                                           Politik	
  und	
  Strategie,	
  Partnerschaft	
  und	
  
 unterschiedlich	
  ausfallen.	
  Halte	
  die	
  Aufwände	
  in	
  einem	
  
                                                                                           Ressourcen,	
  alle	
  Ergebnisaspekte.	
                   tuellen Daten hält und in welchem System
 überschaubaren	
  und	
  sinnvollen	
  Rahmen.	
  
                                                                                                                                                       Änderungen an Kundendaten durchgeführt
 Produkte	
  und	
  Standards	
  allein	
  werden	
  weder	
  SOA	
  liefern,	
            Politik	
  und	
  Strategie,	
  Prozesse,	
  alle	
         werden müssen. Es gibt eine Reihe weiterer
 noch	
  das	
  serviceorientierte	
  Paradigma	
  umsetzen.	
                             Ergebnisaspekte.	
                                          typischer Beispiele für die fehlende Har-
 SOA	
  kann	
  mit	
  unterschiedlichen	
  Technologien	
  und	
                          Politik	
  und	
  Strategie,	
  Partnerschaft	
  und	
      monisierung, beispielsweise Adressdaten,
 Standards	
  umgesetzt	
  werden.	
                                                       Ressourcen	
                                                Kontoverbindungen, Kommunikationsver-
 Etabliere	
  einheitliche	
  Unternehmensstandards	
  und	
  	
                                                                                       bindungen, Termine und Dokumente.
 -­‐richtlinien	
  auf	
  der	
  Basis	
  von	
  Industrie-­‐	
  und	
  De-­‐facto-­‐      Führung,	
  Politik	
  und	
  Strategie,	
  Prozesse.	
     Organisationen, die trotz Überschneidun-
 Standards	
  sowie	
  Standards	
  der	
  SOA-­‐Gemeinde.	
                                                                                           gen von Informationsobjekten in verschie-
                                                                                                                                                       denen Systemen eine SOA einführen, haben
 Strebe	
  nach	
  außen	
  Einheitlichkeit	
  an,	
  aber	
  lasse	
  nach	
              Führung,	
  Politik	
  und	
  Strategie,	
  Prozesse,	
  
 innen	
  Vielfalt	
  zu.	
                                                                Mitarbeiter.	
                                              in der Regel noch mehrere Jahre damit zu
                                                                                                                                                       kämpfen, diese Harmonisierung nachzuzie-
 Identifiziere	
  Services	
  durch	
  Zusammenarbeit	
  zwischen	
  
                                                                                                                                                       hen. Der Aufwand für die Reduzierung von
 fachlichen	
  und	
  technischen	
  Interessenvertretern.	
  
                                                                                                                                                       Redundanzen kann dabei durchaus um den
 Maximiere	
  die	
  Anwendbarkeit	
  von	
  Services	
  durch	
                           Führung,	
  Politik	
  und	
  Strategie,	
                  Faktor zwei oder drei höher sein als bei einer
 Berücksichtigung	
  der	
  derzeitigen	
  und	
  zukünftigen	
                            Partnerschaft	
  und	
  Ressourcen,	
  
                                                                                                                                                       Harmonisierung der Daten von Anfang an.
 Anwendungsgebiete.	
                                                                      Prozesse,	
  Mitarbeiter,	
  alle	
  Ergebnisse.	
  
                                                                                                                                                       Entlang des EFQM sind die Schwachstellen
 Stelle	
  sicher,	
  dass	
  Services	
  fachlichen	
  Anforderungen	
  und	
                                                                         offenkundig, da es um mitarbeiterbezoge-
 Zielen	
  dienen.	
                                                                                                                                   ne (z. B. interne Arbeitsergebnisse wie Be-
 Services	
  und	
  deren	
  Ausgestaltung	
  sollten	
  sich	
  anhand	
  der	
           Führung,	
  Politik	
  und	
  Strategie,	
                  arbeitungsvermerke) und kundenbezogene
 Art	
  und	
  Weise,	
  wie	
  sie	
  wirklich	
  genutzt	
  werden,	
                    Partnerschaft	
  und	
  Ressourcen,	
                       Ergebnisse (z. B. Adressdaten) geht: Eine
 entwickeln.	
                                                                             Prozesse,	
  alle	
  Ergebnisse.	
                          saubere Modularisierung hat klare Verant-
 Trenne	
  die	
  verschiedenen	
  Aspekte	
  eines	
  Systems,	
  die	
  sich	
                                                                       wortungsbereiche zur Folge. Überschnei-
 unterschiedlich	
  häufig	
  ändern.	
                                                                                                                dungen gibt es nicht mehr, sondern die Ab-
                                                                                                                                                       grenzung wird durch Schnittstellen explizit.
 Reduziere	
  implizite	
  Abhängigkeiten	
  und	
  publiziere	
  alle	
  
 externen	
  Abhängigkeiten,	
  um	
  Robustheit	
  zu	
  fördern	
  und	
                 Politik	
  und	
  Strategie,	
  Partnerschaft	
  und	
      Die folgende Standardisierung ermöglicht
 die	
  Auswirkungen	
  von	
  Veränderungen	
  zu	
  reduzieren.	
                        Ressourcen,	
  Prozesse,	
  alle	
  Ergebnisse.	
           dann eine einheitliche Nomenklatur einer
                                                                                                                                                       SOA-Kommunikation zwischen allen betei-
 Organisiere	
  jeden	
  Service	
  auf	
  jeder	
  Abstraktionsebene	
  in	
  
 oder	
  anhand	
  einer	
  zusammenhängenden	
  und	
                                                                                                 ligten Kommunikationspartnern.
 überschaubaren	
  Funktionseinheit.	
  
                                                                                                                                                       Stabile Architektur, die SOA unterstützt
 	
  
                                                                                                                                                       Eine Organisation muss über eine stabile
Tabelle 1: Assoziation zwischen SOA-Manifest und EFQM-Modell.                                                                                          IT-Architektur verfügen, die SOA unter-
                                                                                                                                                       stützen kann. Es reicht nach unserer Erfah-
                                                                                                                                                       rung nicht aus, dass jede Anwendung so
      Jeder fehlende Industriali-                                                   geeignet ist, die Fehler bei der Etablie-                          erweitert wird, dass die Nutzung oder das
     sierungsschritt in einem der                                                   rung von SOA zu analysieren, um darauf                             Angebot von SOA-Services grundsätzlich
                                                                                    aufbauend Gegenmaßnahmen abzuleiten.                               möglich ist. Dass Services genutzt werden
       von EFQM aufgezeigten
                                                                                    Konstruktiv formuliert bedeutet dies: Wenn                         können, bedeutet noch nicht, dass sie leicht
     Dimensionen muss zwangs-
                                                                                    einer SOA-Einführung eine ganzheitliche                            benutzbar sind, mit ausreichender Perfor-
  läufig zum Scheitern einer SOA-
                                                                                    Industrialisierung vorangestellt wird, sind                        mance angebunden werden können oder
  Initiative führen, ebenso wie das                                                 viele Risiken ausgeschaltet.                                       dass die zu Grunde liegende IT-Architektur
vollständige Vergessen eines EFQM-                                                                                                                     gar stabil genug ist.
 Aspektes bezüglich der Industriali-                                                Fehlende Harmonisierung der Daten                                  Betrachten wir einmal das folgende Beispiel:
                sierung.                                                            Einer der häufigsten Gründe, warum SOA                             Wie leicht kann es einer Organisation fal-
                                                                                    in der Vergangenheit gescheitert ist, war                          len, eine SOA einzuführen, die in ihrer IT-
Als Beleg dieser Hypothese werden im Fol-                                           die fehlende Harmonisierung der Informa-                           Landschaft folgende Komponenten vereint?
genden einige typische Stolpersteine der                                            tionsobjekte bzw. die Harmonisierung der
Einführung von SOA erläutert und inner-                                             Daten des Unternehmens. Dabei wurden                               n   Ereignisgesteuerte Architektur
halb dieses Modells verortet. Es wird sich                                          von unterschiedlichen Quellen Services                             n   Messaging-Systeme
zeigen, wie gut dieses Modell tatsächlich                                           entwickelt und bereitgestellt, die sich über-                      n   Client-Server-Anwendungen

24
SOA: Industrialisierung durch und durch
www.objektspektrum.de

n   Application-Server-Cluster                  Fall der Prozess einer anderen Abteilung         stützen. Die Reihenfolge ist also ein wichti-
n   Multi-Layer-Systeme                         verwendet werden kann. Warum, weiß nie-          ger Erfolgsfaktor.
n   Host-Systeme                                mand mehr so genau.
n   Kakophone Insellösungen mit Kompo-          Auch hier sind die fehlenden Vorbedin-           SOA-Testen in der Praxis
    nentenframeworks, proprietären Spra-        gungen der Industrialisierung für die im         Komplexe Services einer SOA lassen sich
    chen und Kommunikationsstilen wie           EFQM-Modell aufgeführten Entitäten –             häufig schwer testen und die Aussagekraft
    CORBA, .NET, VBA, JEE und RPC               und hier natürlich allen voran der explizite     von Testergebnissen ist stark eingeschränkt.
                                                Bereich der Prozesse – offenkundig.              Neben einigen praktischen Gründen liegt
Das wird nur mit großer Mühe und unter          Interessanterweise wird die Einführung           die Ursache dafür häufig in der Konzepti-
Tränen gelingen.                                einer SOA heute immer noch gern als Ve-          on und dem Entwurf der Services und der
Mit Bezug auf EFQM sind auch hier die           hikel verwendet, um die Harmonisierung           Tests selbst.
Probleme offensichtlich, da die wichtige        von Prozessen voranzutreiben. Ein Busi-
Dimension „Partnerschaft und Ressour-           ness-Prozess wird mit Hilfe von auf dem          n   SOA-Tests werden üblicherweise syn-
cen“ explizit angesprochen wird. Die oben       Reißbrett entworfenen Services umgesetzt.            chron durchgeführt. In der Realität ist
aufgeführten Problembereiche zeigen deut-       Dann wird erwartet, dass die von diesem              eine SOA asynchron ausgelegt. Als Fol-
liches Potenzial für Standardisierung. Selbst   Prozess betroffenen Abteilungen die ent-             ge sind Laufzeitverhalten, Ergebnisse
wenn die Modularisierung noch erfolgreich       sprechenden Services verwenden. Die Er-              oder Antwortzeiten aus den Tests nur
durchgeführt wurde, so weist die Verschie-      folgswahrscheinlichkeit dieses Ansatzes              bedingt mit der Realität vergleichbar.
denartigkeit der Systeme und Technologien       ist unserer Erfahrung nach eher gering,          n   Durch klassische, funktionale Tests
(alias Ressourcen, eventuell auch von Part-     sodass er nicht empfohlen werden kann.               kann nur schwer ermittelt werden, ob
nern) auf den unvollständigen Standardisie-     Die SOA-Umsetzung sollte nach der Indus-             nicht-funktionale Anforderungen – wie
rungsschritt, was dann hin zu signifikanten     trialisierung erfolgen, sie sollte diese nicht       kurze Antwortzeiten oder Durchsatz
Mehrkosten bei der SOA-Einführung führt,        antreiben.                                           im Echtbetrieb – tatsächlich geleistet
ohne dass die SOA-Umsetzung selbst dafür        Das „Gesetz von Conway“ (vgl. [Con])                 werden können. Eine Ursache dafür ist,
schuldig gemacht werden kann.                   beschreibt, dass sich die Kommunikati-               dass das tatsächliche Nutzungsverhal-
Auch wenn eine SOA sicherlich technisch         onsbeziehungen innerhalb einer Organisa-             ten im Test nur ansatzweise simuliert
heterogene Systeme bis zu einem bestimm-        tion (vgl. Entität „Führung“ im EFQM in              werden kann. Werden mit der SOA vie-
ten Grad integrieren kann, so sollte der        Abbildung 1) in der Architektur ihrer IT-            le kleinteilige, miteinander kombinier-
Grundtypus der IT sehr wohl bereits stan-       Landschaft widerspiegeln. Werden diese               bare Services betrieben, fällt die Vor-
dardisiert sein. Aber auch auf der nächsten     Kommunikationsbeziehungen – die unter                hersagbarkeit des Nutzungsverhaltens
Ebene – der Technologieplattform (z. B.         anderem durch Prozesse und Organisatio-              noch schwerer.
.NET vs. JEE) – ist eine unternehmensweite      nen beschrieben werden – vor der Einfüh-         n   Die Anzahl der an der SOA beteilig-
Standardisierung sehr hilfreich bei der Eta-    rung einer SOA nicht harmonisiert, werden            ten IT-Systeme und ihre Netztopologie
blierung einer SOA.                             diese in der Architektur zementiert und be-          spielen ebenso eine Rolle wie die An-
                                                hindern die Flexibilität von Prozessen und           zahl und die Nutzungshäufigkeit der
Harmonisierung von Prozessen                    Organisation eher, als dass sie diese unter-         einzelnen Service-Operationen bezogen
und Organisationen
Ähnlich wie die Daten müssen auch Prozes-
se harmonisiert werden, die mit der SOA
verbessert werden sollen. Prozesse dienen
in der Regel dazu, eine Abteilung bei der
Durchführung ihrer Aufgaben zu unter-                           Literatur & Links
stützen – also müssen genau genommen
Aufbau und Aufgaben der betroffenen Or-         [Ada01] L. Adams, Egoless programming: The path to better code“, TechRepublic, März 2001,
ganisation harmonisiert werden. Geschieht       siehe:
das nicht, wird eine SOA keine Vorteile         http://www.techrepublic.com/article/egoless-programming-the-path-to-better-code/
bringen.                                        [Ars09] Ali Arsanjani et al., SOA-Manifest, 2009, siehe: http://soa-manifest.de/
In großen Organisationen mit vielen Ab-         [BIT] BITKOM, Plattform Industrie 4.0, siehe: http://www.plattform-i40.de/
teilungen werden gleiche Aufgaben gern          [Bre13] W. Brenner et al., Die Zukunft der IT in Unternehmen, in: F. Abolhassan (Hrsg.), Der
auf völlig unterschiedliche Art und Weise       Weg zur modernen IT-Fabrik: Industrialisierung – Automatisierung – Optimierung, Springer
bedient. Wo die eine Abteilung für eine be-     Gabler Verlag, 2013
stimmte Aufgabe einen medienbruchfreien,        [Cloe14] T. Cloer, Leitender, Dropbox bringt for-business-API, in: Computerwoche 2.12.2014
elektronischen Prozess lebt, verwendet eine     [Con] M. Conway, Conway’s Law, siehe: http://www.melconway.com/Home/Conways_Law.html
andere Abteilung einen ähnlichen Prozess        [Kal14] F. Kalenda, Amazon führt API für Cloud Drive ein, in: ZDNet 12.11.2014
mit vielen manuellen Schritten und in einer     [Lem13] P. Lemberger, M. Morel, Managing Complexity of Information Systems, Wiley Online
dritten Abteilung gibt es gar keinen defi-      Library, Januar 2013 (dort „Why has SOA failed so often“, Appendix 3), siehe auch:
nierten Prozess. Hier wird bei jeder Durch-     http://onlinelibrary.wiley.com
führung des Prozesses ad hoc entschieden,       [Mal11] C. Malorny, T. Hummel, Total Quality Management: Tipps für die Einführung, Hanser-
wie zu verfahren ist. Es besteht Konsens        Verlag (4. Aufl.), 2011
in den drei Abteilungen, dass auf keinen

03/2015                                                                                                                                    25
SOA: Industrialisierung durch und durch
SOA: Industrialisierung durch und durch

     auf die beteiligten Komponenten. Die       größten IT-Wachstumsfelder verwendete                EFQM-Modell hilft, diese Vielschichtigkeit
     Verfügbarkeit dieser Systeme ist unter     Begriff der „Industrie 4.0“ zeigt die Annah-         und Interdependenzen zu verstehen.
     Umständen Schwankungen unterwor-           me, dass die oben formulierten Industriali-          Für eine so aufgesetzte SOA muss die In-
     fen, innerhalb derer die SOA weiterhin     sierungsschritte für die IT schon umgesetzt          dustrialisierung demnach ganzheitlich auf
     funktionieren muss. Dieses Verhalten       sind, um dann neue Bereiche – hier eben              alle relevanten Aspekte einer Organisation
     im Test zu simulieren, ist erfahrungsge-   insbesondere Cyber-Physical-Systems in               einwirken. Dies sind entlang des EFQM-
     mäß sehr aufwändig.                        Form von Smart Factories (vgl. z. B.[BIT])           Modells wenigstens die Organisation, die
n    Die Qualität des Serviceschnitts der       – zu befruchten.                                     Prozesse und alle Ergebnisse.
     beteiligten Services zeigt sich häufig     Ob das Ziel einer solchen Industrialisierung         Wenn diese Industrialisierung ganzheitlich
     erst in der Praxis. Benutzer verwenden     nun SOA heißt oder Industrie 4.0, ist belang-        und zielorientiert für alle diese Dimensi-
     Services nicht nur, wenn sie es müssen,    los – das hinter einer SOA stehende Konzept          onen solide durchgeführt wird, kann eine
     sondern auch, wenn sie es können. Eine     muss nicht revitalisiert werden: Es war im-          SOA erfolgreich werden. Die Industrialisie-
     Service-Operation, die viele Daten lie-    mer und wird immer relevant bleiben.                 rung ist demnach eine hinreichende Vorbe-
     fert, wird unter Umständen hundertmal      Die Schwierigkeit der Umsetzung von SOA              dingung für eine SOA. Erfolgt dies nicht,
     häufiger verwendet, als bei der Kon-       ist dabei ihre Interdisziplinarität: Es ist kei-     ist der Misserfolg häufig vorprogrammiert,
     zeption erwartet. Das System, das die-     ne rein technische Herausforderung, die auf          kann aber keineswegs der SOA-Umsetzung
     sen Service anbietet, wird schnell zum     die IT beschränkt ist – die Umsetzung ist            zugesprochen werden, sondern der unvoll-
     Engpass. Auch dies kann nur schwer im      vielmehr ein die gesamte Organisation ver-           ständigen Berücksichtigung von SOA als
     Test herausgefunden werden.                änderndes Paradigma. Das der Anwendung               „grundlegende, serviceorientierte Denkwei-
                                                im Kontext der Industrialisierung entlehnte          se“ in einem Unternehmen.                ||
Die beschriebenen Probleme adressieren
Bereiche, die erst durch das Industrialisie-
rungskonzept, das dann für die IT mittels
einer SOA realisiert wird, entstehen. Dies
fällt nicht direkt bei der Modularisierung
auf, da diese ja noch primär die Geschäfts-
prozesse adressiert. Aber im Zuge der Stan-                     Die Autoren
dardisierung und Etablierung einer zentra-
len SOA über die folgende Automatisierung
taucht ein neues Arbeitspaket für dieses
neue IT-Artefakt auf: das Testen. Dieses
muss dann ebenso modularisiert und stan-
dardisiert werden. Entlang des EFQM wird
dann nämlich deutlich, dass dieser neue Ar-
tefakt ebenfalls einer Führung bedarf, dass
dort auch wohl-definierte Prozesse (z. B.
für das Deployment und das Staging) not-
wendig sind und dass auch dort bestimm-           || Ramon Anger                                     || Dr. Frank Simon
te Schlüsselergebnisse (z. B. die Einhaltung      (ramon.anger@capgemini.com)                        (frank.simon@bluecarat.de)
                                                  arbeitet als Managing Solution Architect im        leitet bei der BLUECARAT AG den Bereich
von Service Level Agreements (SLAs)) ab-
                                                  Bereich Service Industries bei Capgemini. Er       Business Development und entwickelt neue
lesbar sein sollten.
                                                  beschäftigt sich insbesondere mit neuen Techno-    Technologie und Beratungsansätze. Im BITKOM
                                                  logien, Softwarearchitektur und agilen Methoden.   leitet er den Lenkungsausschuss Software und
Fazit                                             Außerdem arbeitet er aktiv im BITKOM-Arbeits-      ist Leiter der Arbeitskreise Software-Engineering
Die Industrialisierung der IT ist heute ein       kreis Software-Architekturen mit und promoviert    und Software-Architekturen. Außerdem ist er im
                                                  berufsbegleitend an der TU Ilmenau.                Vorstand des German Testing-Boards.
unumkehrbarer Trend. Der für eines der

26
SOA: Industrialisierung durch und durch
Sie können auch lesen