SOLOTHURNER MEGALITHWEG - SOLOTHURNER MEGALITHWEG

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Solothurner
Megalithweg          Solothurner
                     MEGALITHweg
                     Ein Projekt des Solothurner Steinmuseums
www.steinmuseum.ch   im Wald der Bürgergemeinde Solothurn

                     Steine als Zeugen
                     der Urgeschichte
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Willkommen auf dem Megalithweg
                                               6
                                                             4 + 5

                                                                      3
                                                     7                  2
                                 12
                13         11                 8
                                                                1
                        10
                                                      P
                             9

                                              2 «Steinsetzungen
                                                mit astronomischer
                                                Ausrichtung»

  1 «Rütschelistein»
Sogenannte Rutschsteine gehören in die
Kategorie der «Kindlisteine». Nach der
Legende rutschten Frauen mit Kinder-
wunsch auf diesen Steinen herunter. Dies    Astronomisches Peilsystem
geht nach unserer Annahme auf den           Hier fällt zunächst ein grösserer Block mit
jungsteinzeitlichen Glauben zurück, dass    einem langen Grat und dreieckigem
Steine der Verwandlungsort der Ahnen-       Querschnitt auf (Stein 1). Neben diesem
seelen in neue Kinderseelen sind und dass   Block liegt ein zweiter, kleinerer Block
man durch die Berührung mit dem Stein       (Stein 2) mit ganz ähnlicher Form. Bemer-
eine solche Kinderseele empfangen kann.     kenswert ist, dass die Grate dieser beiden
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Blöcke ziemlich genau einen rechten Win-
                                                              N                                          Grosse nördliche
kel zueinander bilden. Dabei ist es nicht                                                                Mondwende

irgendein rechter Winkel, vielmehr wei-                           4                                            9
                                                                                              12          10       Quartalstage
sen die beiden Grate auf die nördliche                                                         11
                                                                              42°                          35m
bzw. südliche Grosse Mondwende hin.              312°
                                                                      3
                                                                                              63°
                                                        2                           7 8
                                                                              6
Weiter fällt auf, dass die Steine 1, 3 und 4
                                                                  1               132°
auf einer Linie liegen, die ziemlich genau         222°
                                                                                         Grosse südliche
                                                                                         Mondwende
der Nord-Süd-Achse entspricht.

Des Weiteren geht von Stein 1 eine Stein-                                                                               N

reihe aus (Steine 1, 6, 7, 8, 10), die mit                                                                         W          O
                                                                          0              10         20
Azimut 63 Grad ungefähr auf die Quartals-                 5   S
                                                                                                                        S

tage (ungefähre Mitte zwischen Tag-Nacht-
Gleiche und Sommersonnenwende) aus-
gerichtet ist.                                   3 «Schildchrott»
                                               Wir stehen einem gewaltigen erratischen
                                                           Feldbrunnen Weierrain
                                               Block gegenüber,
                                                           Planskizzeder     auf einem Kalkstein-
                                                                      der Steinreihen
                                                           Koordinaten Stein 1: 608562 230785 503
                                                           Messmittel: Peilkompass Suunto KB 14
                                               sockel ruht.Laserdistanzmesser:
                                                             Daneben Leica      liegtDisto ein
                                                                                           D3a  kleinerer
                                                           Aufgenommen: Juli–Okt. 11
                                               Findling, ebenfalls        auf einem Kalkstein­
                                                           Benjamin Fässler

                                               sockel ruhend.

                                               Zusammen erinnern die beiden Steinblö-
                                               cke an Panzer, Hals und Kopf einer über-
                                               dimensionalen Schildkröte. Der kleinere
                                               Stein wird nur dank des grösseren Blockes
                                               in seiner Position gehalten. Es stellt sich
                                               die Frage, ob es ein reiner Zufall war, dass
                                               sich beim Abschmelzen des Gletschers die
                                               beiden Blöcke genau in der Lage befan-
                                               den, dass der grössere den kleineren am
                                               Abkippen nach links hinderte.
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Astronomisches Peilsystem
Auch die Schildchrott scheint in ein astro-
nomisches Peilsystem eingebunden zu
sein, und zwar finden sich von ihr aus ge-
sehen folgende Auffälligkeiten:

  Ein Stein liegt mit Azimut 90 Grad ge-
nau im Osten.

  Ein zweiter Stein weist mit Azimut 45
Grad in Richtung nördliche Grosse Mond-                          4 «Abris»
wende.
                                                               Die untere Felswand rechterhand zeigt
  Eine Gruppe von drei Steinen bildet                          auffällige Felsformen, und zwar im Sinne
eine Linie, die von der Schildchrott aus                       von Felsdächern, die auch als «Abris» oder
gesehen mit Azimut 135 Grad in Richtung                        «Balmen» bezeichnet werden. Unter sol-
südliche Grosse Mondwende orientiert ist.                      chen Abris haben oft die Menschen der
                                                               Altsteinzeit vorübergehend gelebt. Ob
   Die abgebrochene Fläche eines weite-                        dies an dieser Stelle der Fall war, ist nicht
ren Steines bildet von der Schildchrott aus                    bekannt.
gesehen mit Azimut 180 Grad die Süd-
richtung.

  Der grösste Stein einer weiteren Stein-
gruppe könnte mit ca. 244 Grad auf die
Quartalstage hinweisen.

                             Grosse nördliche
                             Mondwende            45°
              Schildchrott
                                                                 5 «Höhle»
                                                90°
                                                               In der oberen Felswand befindet sich eine
                                                Ost
     Quartalstage?
              244°
                                                               kleine Höhle, die ebenfalls ein Beispiel für
                                                               einen Unterschlupf für die Altsteinzeit-
                                                               Menschen darstellen könnte. Auch hier
                                Grosse südliche         135°   sind jedoch keine genaueren Untersu-
                                Mondwende
                                                               chungen gemacht worden.
         N

 W             O
                                       0          20
                               180°
                               Süd
         S
6 «Pyramide»
Der einer Pyramide ähnliche Block stellt
ein weiteres Beispiel eines eindrücklichen
Findlings dar. Die zahlreich in unserer
Region vorkommenden Findlinge oder er-
ratischen Blöcke (meistens Granit, selte-
ner Gneis) wurden alle vor Zehntausen-
den von Jahren mit dem Rhonegletscher
aus den südlichen Walliser Tälern hierher
transportiert.
                                               8 «Chli Matterhorn»
                                             Der Name «Chli Matterhorn» erinnert
                                             neben der Gestalt des Findlings daran,
                                             woher dieser stammt: nämlich aus den
                                             südlichen Walliser Tälern.

                                             Wir erreichen nun bald eine asphaltierte
                                             Strasse, und zwar an der Stelle, an der der
                                             Kalchgrabenweg die Rehhubelstrasse
                                             trifft. Hier zeigt eine Hinweistafel den
                                             Weg zurück zum Parkplatz beim Schloss
  7 «Namenloser                              Waldegg. Wenn wir dem Kalkgrabenweg

    Findling»                                folgen, gelangen wir zum Restaurant
                                             «Pintli». Es befindet sich an der Einmün-
                                             dung des Kalkgrabenwegs in die Ried-
Die Besucher sind eingeladen, einen Na-
                                             holzstrasse – und kann auch von der
men für diesen imposanten Stein zu fin-
                                             Rückseite her betreten werden.
den. Ausserdem wird an die Entdeckerlust
der Besucher appelliert: Finden Sie gera-
de in dieser Gegend weitere eindrückliche
Findlinge und versehen Sie diese mit ori-
ginellen Namen.

                                               9 «Gnappstein»
                                             Dieser Stein könnte in die Kategorie der
                                             so­genannten Gnapp-, Wackel- oder Waag­
                                             steine gehören, die mit wenig Kraft in Be-
wegung gebracht werden können, was bei         Der hintere der grösseren Steine ist ein
diesem Stein allerdings nicht (mehr?) der      neu entdeckter Schalenstein mit vier ein-
Fall ist. Sie sollen als Orakelsteine, Kult-   deutigen und einer wahrscheinlichen
oder Opferplätze verwendet worden sein.        künstlichen Schale.

10 «Froschstein»                               Schalensteine sind Felsblöcke, meist Find-
                                               linge, in die halbkugelförmige Vertie­
                                               fungen eingearbeitet wurden. Es gibt
                                               verschiedene Deutungen des Zweckes
                                               solcher Schalensteine. Die wahrschein-
                                               lichste ist, dass sie kultisch-religiösen
                                               Zwecken dienten.

Beim vorderen Teil des Steines, der dem
Kopf eines Frosches oder einer Kröte
gleicht, ist möglicherweise von Men-
schenhand etwas nachgeholfen worden.
Die im hinteren Teil des Steines sichtbare
Öffnung, die als eine «Gebäröffnung» in-
terpretiert werden kann, ist sicher künst-
lich entstanden.
                                               12 «Kleiner
                                                  Steinkreis»
Die Kröte oder der Frosch galt in verschie-
denen Kulturen wegen seines Gestalt-           Neben verschiedenen kleineren und grös-
wandels von der Kaulquappe zum Frosch          seren Steinen findet sich auf der Martins-
oder zur Kröte als Symbol des Lebens und       fluh ein kleiner Steinkreis mit einem de-
als Begleiter und Symbol der alles Leben       zentralen kleinen Mittelstein.
spendenden Erdmutter.
                                               In jüngerer Zeit wurde eine ganze Reihe

11 «Schalenstein»                              ähnlicher Steinkreise in der Schweiz ent-
                                               deckt. Die Bedeutung dieser Steinkreise
                                               ist unklar.
13 «Einsiedelei und                          rechtstehende, an Menhire mahnende

   Verenaschlucht»                           Steine zu sehen, die im 19. Jahrhundert
                                             mit Inschriften versehen und so zu Ge-
                                             denksteinen für berühmte Solothurner
                                             wurden. Sie zeigen uns, dass der Brauch,
                                             grosse Steine als Symbole zu nutzen, auch
                                             beim modernen Menschen noch üblich ist.

                                              Gut zu wissen

                                                Zeitdauer
                                              ca. 4 Stunden inklusive Verweilzeiten an
Hinter der Martinskapelle befindet sich       den Stationen
eine Höhle, von der vermutet wird, dass
sie eine vorchristliche Kultstätte war. Im      Wegmarkierung
Zuge der Bekämpfung vorchristlicher,          Folgen Sie den weissen Richtungszeigern
«heidnischer» Heiligtümer wurden viele        mit den Routenfeldklebern «Solothurner
von ihnen «christianisiert», indem sie mit    Megalithweg», den weissen Rhomben und
Kapellen und Kirchen überbaut wurden.         weissen Pfeilen.
Zudem wurden christliche Legenden ge-
schaffen, um das Ganze glaubwürdiger zu         Route
gestalten – hier die Legende der heiligen     Teilbar in 2 Teilrundwanderwege
Verena. Im Laufe der Verenaschlucht sind      (Stationen 1–8 / Stationen 9–13)
im Bach resp. neben ihm zwei grosse auf-
                                                Verpflegungsmöglichkeiten
                                              Nach der Hälfte des Weges Restaurant Pintli
                                              (weitere Restaurants entlang der Route:
                                              Restaurant Einsiedelei, Restaurant Kreuzen)

                                                Flyer
                                              Dieser Flyer kann im Museum Schloss
                                              Waldegg, im Steinmuseum Solothurn, bei
                                              Solothurn Tourismus und auf unserer Website
                                              www.steinmuseum.ch bezogen werden.

                                                Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln
                                              Ab Hauptbahnhof Solothurn Bus Nr. 4 bis
                                              zur Station St. Niklaus, dann die Strasse
                                              neben der Kirche hinauf und gegen Osten
                                              bis zum Parkplatz, auf der linken Seite des
                                              Schlosses Waldegg ist der Ausgangspunkt
                                              des Megalithwegs.
Weitere komplexe Steinsetzungen
Eine weitere interessante Stelle konnte nicht in den    che Steinsetzung handelt. Solche Steinkreise, die
Megalithweg integriert werden, da sie sich zu weit      nicht immer einen genauen Kreis bilden, wurden
von den Wegen entfernt befindet. Hier findet sich       in ähnlicher Form an verschiedenen Orten der
ein komplexes System von mutmasslichen Steinset-        Schweiz in letzter Zeit neu entdeckt. Die Bedeutung
zungen. Die hervorstechendsten sind:                    dieser kleinen Steinkreise ist nicht bekannt.

1 Steinreihe mit Azimut 62 Grad, was einer Orien-                                                                                 2
                                                             Teilplan:
tierung nach den Quartalstagen (ungefähre Mitte              Ovaler Steinkreis
                                                                                        45°     Grosse nördliche
                                                                                                Mondwende

zwischen Tag-Nacht-Gleiche und Sommersonnen-
wende) entspricht.

                                                                                                                              N

                                                                     Menhir?
                                                 1                                                                      W               O

                                                                                    0                       10m
                                                                                                                              S

                                                                                                                                  3

                                                        4 Vom Doppelstein mit dem Zwischenraum ausge-
                                                        sehen liegt ein kleinerer Block genau auf der Nord-
2 Ovaler Steinkreis, darin dezentral und halb ein-      Süd-Achse. Weiter westlich der Anlage liegen zwei
gegraben ein grosser Stein, möglicherweise ein          grosse Steine ebenfalls auf einer Nord-Süd-Achse.
umgestürzter Menhir (bretonisch: langer Stein).         Ein Stein der Steinreihe und ein ihm benachbarter
Eingeschlossen in den ovalen Kreis ist ein kleinerer,   Stein erwiesen sich als neu entdeckte Schalensteine.
runder Steinkreis mit einem zentralen kleinen Stein.
Der «Menhir» bildet mit dem Zwischenraum eines             Übersichtsplan                     0° Nord      45°                    4
                                                                                                           Grosse nördliche
Doppelsteines eine Linie mit Azimut 45 Grad, die           0° Nord                                         Mondwende

auf die nördliche Grosse Mondwende orientiert ist.
                                                                                                                        62°
                                                                      Ovaler                                            Quartalstage?
                                                                      Steinkreis
                                                                         Teilplan
3 Kleiner Steinkreis aus grösseren Steinen, darin                                                       Kleiner Steinkreis

eingeschlossen ein kleiner Kreis aus kleinen Stei-
                                                                                                        Schalensteine
nen. Die Tatsache, dass die kleinen Steine von ver-
                                                                                                                              N

schiedenem Material sind und solche Steine in der
                                                                                                                        W               O

näheren Umgebung des Steinkreises nicht vorkom-                                0          20
                                                          180° Süd                                                            S

men, lässt vermuten, dass es sich um eine künstli-
Was sind Megalithe?                         primitiven Völkern oder Naturvölkern,
                                            weil wir annehmen, dass deren Denken
Das Thema des Rundwegs sind Megalithe,      dem unserer Vorfahren ähnlich ist. Zwei-
also grosse Steine, und zwar in einem       tens durch das Studium alter Mythen, je-
weit gefassten Sinn. Die Wälder um Solo-    ner Geschichten, die vom Ursprung der
thurn beherbergen zahllose Findlinge        Welt und ihrer Teile und vom Platz des
oder erratische Blöcke, die vom Rhone-      Menschen in dieser Welt berichten. Und
gletscher im Laufe der letzten Eiszeiten    drittens tragen manchmal auch archäolo-
aus den Walliser Alpen hierher transpor-    gische Funde einen Beitrag zum Ver-
tiert wurden. Sie bestehen meistens aus     ständnis von Religion und Kult unserer
Granit und bilden Fremdlinge in unserer     Vorfahren bei.
von Jurakalk geprägten Landschaft. Unter
diesen Findlingen gibt es nun besonders     Merkmale des
auffallende Steine: Einerseits solche mit   «archaischen Denkens»
besonders imposanter Gestalt («Natur-       Das «primitive» oder «archaische» Denken
denkmäler») und andererseits Exemplare,     zeichnet sich unter anderem durch vier
die mutmasslich von Menschen der Vor-       Merkmale aus. Erstens ist es ganzheitlich-
zeit für kultisch-religiöse Zwecke und/     analog: Der Mensch fühlt sich eingebun-
oder für astronomische Beobachtungen        den in seine Umwelt, die Gruppe ist wich-
genutzt worden sind («Kulturdenkmäler»).    tiger als das Individuum, das Wir-Gefühl
                                            ist stärker als das Ich-Gefühl. Er fühlt sich
Vor allem im Mittelmeergebiet und ent-      auch eingebunden in die übrige Umwelt,
lang der atlantischen Küste haben Men-      verbunden und eng verwandt mit Pflan-
schen der Jungsteinzeit und der Bronze-     zen und Tieren. Das analoge Denken be-
zeit aus grossen Steinen eindrückliche      ruht auf Ähnlichkeiten: Wie der Mensch
Bauwerke mit kultischen und astronomi-      sind auch Pflanzen und Tiere, ja die ganze
schen Bezügen errichtet, die unter dem      Natur, inklusive der Himmelserscheinun-
Begriff «Megalithkultur» bekannt sind.      gen wie Sonne und Mond, belebt und be-
Wenn auch die Dimensionen der Steine        seelt. Auch kennt er keine klare Trennung
und Steinanordnungen in der Schweiz im      zwischen heilig und weltlich, denn alles
Vergleich etwa zu solchen in England und    ist mehr oder weniger heilig, insbesonde-
Frankreich viel bescheidener sind, darf     re die Natur. Aus der Überzeugung der
doch auch bei uns von einer «Megalith-      tiefen Verbundenheit mit allem resultiert
kultur» gesprochen werden.                  auch das magische Denken, nämlich die
                                            Vorstellung, dass man mit dem Denken
Denken und Weltanschauung                   und dem Willen auf die Umwelt Einfluss
unserer prähistorischen Vorfahren           nehmen kann.
Auch wenn wir nie Genaues über das
Denken, die Weltanschauung und die Re-      Ein zweites Merkmal des archaischen
ligion unserer Vorfahren wissen können,     Denkens besteht darin, dass es sehr stark
besteht doch die Möglichkeit, gewisse       an das Konkrete, an das mit den Sinnes­
Vorstellungen darüber zu gewinnen. Ers-     organen Erfahrbare, gebunden ist. Die
tens durch den Vergleich mit sogenannt      Menschen zeichnen sich denn auch durch
eine ausserordentlich genaue Beobach-          leben, und diese kennen sie sehr genau.
tungsgabe aus und sie haben dadurch            Auch hat die Sprache für sie nicht die
grosses Wissen über die Natur gesam-           Funktion, die Welt in Begriffen zu be-
melt. Wahrnehmung und Denken sind auf          schreiben und zu analysieren, sondern sie
praktisches Handeln gerichtet, auf das         ist vor allem da zur Übermittlung von In-
Leben und auf den Alltag, auf das Hier         formationen zum Zweck des Zusammen-
und Jetzt.                                     lebens.

Symbole schaffen Sinnhaftigkeit                Erste astronomische Kenntnisse
Als Drittes ist das archaische Denken we-      Was die astronomischen Kenntnisse unse-
gen seines analogen Charakters bildhaft-       rer Vorfahren anbelangt, weiss man heu-
symbolisch. Was den Menschen unter             te, dass sie schon erstaunlich weit gedie-
anderem vom Tier unterscheidet, ist die        hen waren. So kannten unsere Ahnen
höhere Symbolisierungsfähigkeit: Er gibt       nicht nur die Haupthimmelsrichtungen
den Dingen um sich herum einen Sinn,           Norden, Süden, Westen, Osten – in vielen
eine Bedeutung, und zwar eine solche,          Gräbern sind die Toten ziemlich genau in
die über die biologischen Bedürfnisse hin-     west-östlicher Richtung bestattet. Son-
ausgeht. Ein Stein ist zum Beispiel nicht      dern sie hatten auch Kenntnisse über die
einfach ein Stein, sondern er hat eine         Sommer- und Wintersonnenwende, über
sym­bolische Bedeutung, einen Sinn. Der        die Mondzyklen und sogar über die Gros-
archaische Mensch sieht auch immer wie-        se Mondwende: Das ist der nördlichste
der Muster und Bilder, etwa in einer Land-     bzw. südlichste Punkt des Mondaufgangs,
schaft, zum Beispiel in einer Bergsilhouet-    den man alle 18,6 Jahre beobachten
te eine menschliche Gestalt oder in den        kann. Man nimmt sogar an, dass die Re-
Sternen am Himmel Gestalten von Tieren         gelmässigkeit von Sonnen- und Mond-
und Menschen, die Sternbilder. Zum sym-        finsternissen bekannt war und dass man
bolischen Denken gehört auch das Den-          diese möglicherweise sogar vorhersagen
ken in Geschichten. Zur Erklärung, warum       konnte. Die Bestimmung der Sonnenwen-
die Welt so und nicht anders ist, sind viele   den hatte einerseits praktische Zwecke zur
Geschichten geschaffen worden, die uns         Bestimmung der Jahreszeiten für die
als Mythen überliefert sind.                   Landwirtschaft und andererseits diente sie
                                               kultischen Zwecken im Rahmen der religi-
Viertens ist für das archaische Denken ty-     ösen Jahreszeitfeiern. Dabei hat es wenig
pisch, dass eine gewisse Logik vorhanden       Sinn, zwischen kultisch-religiösen und as-
ist, dass aber rein abstrakte Argumentatio­    tronomischen Zwecken klar zu trennen,
nen und Begriffe weitgehend fehlen. So         denn wie oben ausgeführt, war der archa-
gibt es «primitive» Völker, die keine abs-     ische Mensch ein religiöser Mensch, das
trakten Begriffe wie etwa «Zeit» oder          heisst, dass praktisch alles auch eine reli-
«Raum» kennen. Die Zeit ist für sie etwas      giöse Bedeutung hatte.
Konkretes, etwa die tägliche Bewegung
der Sonne am Himmel oder der Ablauf ih-        Die Natur als Religion
rer täglichen Arbeiten. Und der Raum ist       Die Religion können wir uns etwa folgen-
für sie konkret die Umgebung, in der sie       dermassen vorstellen. Sie kannte weder
einen abstrakten Gott noch mehrere Göt-       ben, Sterben und Wiedergeburt. Alles Le-
ter im Himmel, sondern das Heilige waren      ben kommt aus der Erde und geht wieder
die Natur und vor allem das Leben. Es war     in sie zurück. Die Erde ist die Grosse Mut-
– gemäss dem konkreten Denken – eine          ter, die alles Leben gibt und wieder nimmt.
ganz konkrete Religion, eine Naturreligi-
on, die sich aus der Beobachtung der Na-      Nun wirkt nichts so leblos, so tot – und
tur ergab. Tag für Tag geht die Sonne auf     gleichsam ewig – wie Stein. So wurde der
und unter, die Jahreszeiten wechseln und      Stein zum Symbol des Todes und gleich-
kommen wieder, die Vegetation, die Tiere      zeitig auch des Lebens, denn beide sind
und die Menschen wachsen, sterben und         untrennbar miteinander verbunden. Der
es kommen immer wieder neue. Die Men-         Stein wurde als Verwandlungsort des To-
schen haben erkannt, dass die Natur in        ten zum Lebendigen angesehen. Die See-
Kreisläufen funktioniert. Der Tod ist nicht   len der Toten gehen in den Stein und wer-
einfach das Ende, das totale Nichts, son-     den dort zu neuem Leben, zu Seelen der
dern er ist der Übergang in neues Leben.      Kinder, verwandelt. Dies könnte der Hin-
Der Tod ist nicht der Gegensatz zum Leben,    tergrund zu einem Steinkult sein, bei dem
sondern er ist Voraussetzung für neues        der Stein nicht als solcher, sondern als
Leben. Er ist kein Schrecken, sondern eine    Symbol des Lebens verehrt wurde, und
Übergangsphase in einen anderen Da-           andererseits zu den Ritualen, nach denen
seinszustand.                                 Frauen mit Kinderwunsch einen bestimm-
                                              ten Stein hinunterrutschten, in der Hoff-
Man nimmt an, dass die Idee von Tod und       nung, eine Kinderseele zu empfangen.
Auferstehung, von Tod und Wiedergeburt
uralt ist – wahrscheinlich Zehntausende       Aus dem ganzheitlichen Denken erwächst
von Jahren alt. Die Idee geht demnach in      ein magisches Denken, das auch typisch
die Altsteinzeit zurück. Damals war der       ist für den primitiven und archaischen
Mond der wichtigste Himmelskörper, er         Menschen. Dieses hat nicht nur die Mög-
war ein Symbol von Werden und Verge-          lichkeit bedeutet, die Natur zu beeinflus-
hen, von Wachsen, Tod und Wiederge-           sen. Vielmehr sah man es als Pflicht der
burt: Er wächst, nimmt zu bis zum Voll-       Menschen an, dafür zu sorgen, dass der
mond, dann nimmt er wieder ab – und bei       Kreislauf von Leben und Tod nicht er-
Neumond sieht man ihn nicht mehr – er         lahmt. So hat man die Steine bearbeitet,
ist gestorben. Nach drei Tagen kommt          indem man Schalen oder Symbole in den
seine Wiedergeburt und der Zyklus fängt       Stein gearbeitet hat – und so die «Scha-
von vorne an – und dies jeden Monat.          lensteine» geschaffen, mit dem Ziel, das
                                              schöpferische Lebensprinzip anzuregen.
Der Stein als Sinnbild                        Auf diese Weise lässt sich ein Teil der
für Leben und Tod                             Schalensteine, jener Steine mit halbkugel-
In der Jungsteinzeit kam es dann zu einer     förmigen Vertiefungen, erklären.
Verschiebung, indem mit der Landwirt-
schaft die Sonne wichtiger wurde und die
Erde im Mittelpunkt stand. Aber immer
noch ging es um das alte Thema, um Le-
Allgemeines zum Megalithweg
Der Solothurner Megalithweg, der sich im              kann in zwei Teilstücke aufgeteilt werden,
Wald der Bürgergemeinde Solothurn be-                 die jeweils beim Schloss Waldegg begin-
findet, führt zu einer Auswahl von 13 Na-             nen und enden. Eine Tafel mit einem «P»
tur- und Kulturdenkmälern. Er wurde von               für Parkplatz nach Station 8 weist darauf
Dr. Benjamin Fässler konzipiert und als               hin, wo der Rundweg abgebrochen wer-
Projekt des Steinmuseums vom Verein der               den kann.
Solothurner Steinfreunde eingerichtet.
Für die Begehung des gesamten Weges                   Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen!
ab dem Parkplatz Schloss Waldegg und
                                                          Die Besucher des Megalithweges
wieder zurück sollte man sich etwa 4
                                                        werden gebeten, Pflanzen, Tiere und
Stunden Zeit nehmen – wobei eine ange-
                                                        die unter Schutz des Kantons stehen-
messene Verweildauer an den einzelnen
                                                        den Findlinge zu schonen.
Stationen einberechnet ist. Der Rundweg

Ein Projekt von
              Das Steinmuseum befindet sich in Mitten der Altstadt. Es bietet Gelegenheit,
              verschiedene Sammlungen, Dokumentationen und Informationen rund um
              den Solothurner Stein zu besichtigen und sich aus handwerklich-technischer,
              aber auch kunsthistorischer Sicht ein umfassendes Bild zu machen.
              www.steinmuseum.ch

Unterstützt durch
                                                                                   Rosmarie und Armin
                                                                                   Däster-Schild Stiftung

                                                                                     Gemeinde
                                                             S O LO THU R N
                                                                                     Feldbrunnen – St.Niklaus

Impressum
Die Vermessungen, auf denen die Pläne beruhen, wurden zwischen Juli 2011
und Februar 2012 mithilfe folgender Messmittel durchgeführt:
Peilkompass Suunto KB-14, Laserdistanzmesser Leica Disto D 3a.

Der Verfasser dankt dem Leiter des Steinmuseums, Herrn Dr. Dieter Bedenig,
für wertvolle Anregungen und vor allem für die Durchführung des Projektes.

Text, Fotos und Pläne: Dr. Benjamin Fässler
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