Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz

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Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz
Sommerlicher
Wärmeschutz
Klimakomfort im Minergie-Gebäude
                                   1
Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz
Inhalt
Weniger heizen, mehr kühlen                                                          4
Schützen und speichern                                                               6
Sonnenschutz                                                                         8
Steuern und bewirtschaften                                                          10
Varianten des Nachweises                                                            12
Integral geplant                                                                    14
Ein Haus für morgen                                                                 16
Weitere Infos                                                                       18

Impressum
Herausgeber
Minergie Schweiz

Produktion
Konzept und Text: Sandra Aeberhard und
Othmar Humm, Faktor Journalisten AG,
Zürich; Sebastian El Khouli und Binta
Anderegg, Bob Gysin + Partner BGP,
Zürich; Christian Dietrich, Gartenmann
Engineering AG, Basel; Robert Minovsky,
Minergie, Basel
Redaktion: Sandra Aeberhard,
Faktor Journalisten AG, Zürich
Grafik: Christine Sidler,
Faktor Journalisten AG, Zürich
Druck: Birkhäuser + GBC AG, Reinach

Titelbild: EAWAG Forum Chriesbach
Dübendorf, Foto: Roger Frei; Seite 9:                              PERFOR MANCE

Glas Trösch; Seite 11: BE Netz AG,
                                                                          neutral
Griesser AG, Regazzi SA; Seite 15:                                     Drucksache

Dominique Wehrli; Seite 17: Arento AG     No. 01-17-940006 – www.myclimate.org
                                          © myclimate – The Climate Protection Partnership
Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz
Bauen für morgen
Im vergangenen Jahrhundert sind die
Temperaturen in der Deutschschweiz um
1,3 ° Celsius angestiegen. Die Prognosen
zeigen: Diese Entwicklung geht weiter. Als
Folge des Klimawandels werden wir Ge­
bäude künftig weniger heizen, dafür mehr
kühlen müssen. Um auch unter diesen Vor­
zeichen im Sommer und Winter angeneh­
me Innentemperaturen zu haben, bedarf es
einer umsichtigen Planung. Denn was wir
heute bauen, muss auch den klimatischen
Bedingungen in 50 Jahren genügen. Mit
einem optimalen Sonnenschutz, einer
effizienten Wärmeabfuhr sowie einem an­
gepassten Nutzerverhalten lassen sich
auch künftig behagliche Raumtemperaturen
erreichen – möglichst ohne Klimaanlage.
Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz
Weniger heizen, mehr kühlen
                           Deutlich mehr Hitzetage                           Der Heizwärmebedarf sinkt, während der
                                                                             Klimakältebedarf exponentiell ansteigt.
                           Seit Messbeginn vor 155 Jahren ist die            Behagliche Temperaturen in Innenräumen
                           Temperatur in unseren Breitengraden               während Hitzeperioden sind ganz wesent­
                           im Jahresmittel um rund 2 °C angestie­            lich von der Fassadengestaltung und der
                           gen. 2018 war der heisseste je gemesse­           Speicherfähigkeit der Bausubstanz ab­
                           ne Sommer in der Schweiz. Die Auswir­             hängig. Vor allem die Qualität und Grösse,
                           kungen der Klimaerwärmung sind nebst              Ausrichtung und Öffnungsmöglichkeit der
                           trockenen Sommern und schneearmen                 Fenster, möglichst automatische Beschat­
                           Wintern auch eine Zunahme heftiger Nie­           tungssysteme sowie die Nachtauskühlung
                           derschläge und deutlich mehr Hitze­tage           sind von Bedeutung.
                           (Tageshöchsttemperaturen von 30 °C
                           und mehr). Vorausgesetzt, dass welt­
                           weit grosse Anstrengungen zum Klima­              Mit der Planung fängt es an
                           schutz unternommen werden, ist in der
                           Schweiz bis in 40 Jahren mit zusätzlich           Unsere Gebäude haben eine Lebensdau­
                           12 Hitzetagen zu rechnen (Verdopplung).           er von 50 bis 100 Jahren. Was wir heute
                           Weniger optimistische Szenarien gehen             bauen, muss also auch zukünftigen klima­
                           von 22 Hitzetagen aus. Höhere Tempe­              tischen Bedingungen gewachsen sein. Ziel
                           raturen im Winter haben zur Folge, dass           sind behagliche Raumlufttemperaturen
                           der Heizwärmebedarf sinkt. Die Heraus­            möglichst ohne aktive Kühlmassnahmen
                           forderung wird künftig darin bestehen, die        über den gesamten Nutzungszyklus. Ent­
                           sommerliche Überhitzung der Gebäude zu            wurfsparameter wie Gebäudeausrichtung,
                           vermeiden.                                        Fensterflächen und Speicherfähigkeit des
                                                                             Gebäudes sind entscheidend. Ein beweg­
                                                                             licher, gesteuerter, aussenliegender Son­
                           Klimakältebedarf steigt                           nenschutz für transparente Bauteile ver­
                           exponentiell                                      hindert Wärmeeinträge im Sommer, lässt
                                                                             sie aber im Winter zu. Überschüssige Wär­
                           In der von der Hochschule Luzern im Auf­          me kann mittels Nachtauskühlung über
                           trag des Bundesamts für Energie durch­            die Fenster (Freecooling) oder Geocooling
                           geführten Studie «ClimaBau – Planen               über die Bodenheizung effizient abgeführt
                           angesichts des Klimawandels» kommen               werden.
                           die Autoren zum Schluss, dass der Klima­          Ein optimales Konzept zum sommerlichen
                           wandel bedeutende Auswirkungen auf den            Wärmeschutz löst mehrere Zielkonflikte.
                           Energiebedarf und die Behaglichkeit in            Etwa den Widerspruch zwischen der Re­
                           Gebäuden hat. Verglichen wurden die Pe­           duktion des solaren Wärmeeintrags und
                           rioden «1995» (1980 – 2009) und «2060»            der Notwendigkeit einer ausreichenden
                           (2045 – 2074) anhand von vier Beispiel­           Tageslichtversorgung oder jenen zwischen
    Die Studie «Clima­     gebäuden (Altbau standard, Altbau ge­             den erwünschten solaren Gewinnen im
          Bau» zeigt die   schützt, Neubau massiv, Neubau hybrid).           Winter und der Überhitzung im Sommer.
       Entwicklung des
      Heizwärme- res­
         pektive Klima­
      kältebedarfs auf.
                                 Einfluss des Klimawandels – Vergleich der Perioden «1995» und «2060»
         Altbauten bie­
        ten in der Regel                                     Altbauten                        Neubauten
           eine grössere   Reduktion Heizwärmebedarf         ca. 20 %                         ca. 30 %
    Speicher­masse bei     Anstieg Klimakältebedarf          exponentiell, jedoch deutlich    stark, auf ca. 50 % der
     gleichzeitig gerin­                                     geringer als Neubauten           Heizwärme
         gerem Glasan­
    teil in der Fassade    Klimakälteleistung Periode 2060   25 % bis 40 % der Heizleistung   bis zum Doppelten der Heiz­
        (Quelle: HSLU).                                                                       leistung

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Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz
Behaglichkeit
                                                      Städtebaulicher Kontext
                                                      In Städten werden die Temperaturen im
      Die thermische Behaglichkeit wird indivi­       Sommer vor allem aufgrund der versiegel­
      duell sehr unterschiedlich wahrgenommen.        ten Böden noch stärker ansteigen als in
                                                      ländlichen Gebieten, wodurch Wärmein­
      Als optimal gilt derjenige Zustand, der von
                                                      seln entstehen. Wichtig ist, dass natürliche
      den meisten Benutzern als neutral, das          Kaltluftachsen nicht durch bauliche Riegel,
      heisst, weder zu warm noch zu kalt, emp­        etwa in Form grosser Gebäudevolumen, blo­
      funden wird. Die Norm SIA 180 betrach­          ckiert werden. Auch die Gebäudeumgebung
                                                      soll mithelfen, die Hitzebildung zu reduzie­
      tet Komfortbedingungen als angemessen,          ren. Das heisst: mehr Grün- und Wasserflä­
      wenn mindestens 90 % der Benutzer unter         chen, weniger versiegelte Oberflächen. Auch
      der Voraussetzung einer normalen Tätig­         Dach- und Fassadenbegrünung haben einen
                                                      positiven Effekt auf die Temperaturentwick­
      keit und saisonüblicher Kleidung diese als      lung in Gebäuden.
      behaglich empfindet. Als Richtwerte für
      sommerliche Raumtemperaturen empfiehlt
      der SIA zwischen 22 °C und 26,5 °C.

         Sommerlicher Wärmeschutz im Minergie-Gebäude

                       Aktive Kühlung
                       mit Eigenstrom
                                                                Abführen von Wärme
                                                                (Kamineffekt)

                                   Nachtauskühlung
    Aussenliegender                über Lüftungsgerät
        beweglicher
                                                                         Grösse, Orientierung
     Sonnenschutz:                      Nachtauskühlung                  und Gesamtenergie-
    Minergie-Modul                      durch Querlüftung                durchlass der Fenster
      Sonnenschutz                      (Freecooling)

Festverschattungen                                                       Schmalen oder keinen
                                                      Geringe
    (z.B. Vordächer)                                                     Sturz vorsehen
                                                      interne
                               Nutzbare                                  (bessere Tageslichtnutzung)
                                                      Lasten
                               Speichermasse

                                                                     Kühlung über Erdsonden
                                                                     (Geocooling)

                                                                                                       5
Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz
Schützen und speichern
    Sommerlicher Wärmeschutz muss als                  Grundanforderungen
    disziplinübergreifendes Thema von den
    Architekten geplant werden. Bereits am             Die Norm SIA 180 verlangt, ein Gebäu­
    Anfang sollten grundsätzliche Planungs­            de so zu planen, dass bei Nutzungen
    entscheide gefällt werden, denn Volumet­           mit mässigen internen Wärmelasten, bei
    rie und Orientierung eines Gebäudes, aber          richtiger Bedienung des Sonnenschutzes
    auch die Ausbildung der Fassade (Öff­              und natürlicher Lüftung ein behagliches
    nungsanteil), sind von städtebaulicher Re­         Raumklima ohne aktive Kühlung gewähr­
    levanz. Die vielfältigen Anforderungen und         leistet ist. Dabei gilt es im Grundsatz drei
    Aspekte des nachhaltigen Bauens – und              Punkte zu beachten: Im Vordergrund steht
    dazu gehört der sommerliche Komfort –              die Reduktion externer und interner Wär­
    sollen nicht mittels Technologie nachträg­         melasten. Verbleibende Wärmelasten soll­
    lich erfüllt werden. Vielmehr sind bauliche        ten in Bauteilen zwischengespeichert und
    und technologische Aspekte eng mitein­             anschliessend möglichst effizient abge­
    ander zu verflechten.                              führt werden.

      Aktive Kühlung kann sinnvoll sein
      In naher Zukunft werden sich die saisona­
                                                       Wärmelasten reduzieren,
      len Unterschiede im Angebot an Elektrizität      Speicher nutzen
      vergrössern. Während Winterstrom auf­
      grund der Ausserbetriebnahme von fossilen        Wichtige Stellschrauben sind der solare
      und nuklearen Kraftwerken knapper wird,
      steigt die Verfügbarkeit von Sommerstrom         Wärmeeintrag und die Speicherfähigkeit
      aus Photovoltaikanlagen. Die Nutzung von         von Bauteilen. Ist die Speicherfähigkeit
      im Haus produzierten PV-Strom zur akti­          gering, steigen die Anforderung an den
      ven Kühlung von Wohn- und Arbeitsräumen
      während Hitzeperioden kann sinnvoll sein,        Sonnenschutz. Umgekehrt lassen höhe­
      vor allem weil an diesen Tagen sehr viel Son­    re Raumspeicherfähigkeiten mehr Freiheit
      nenstrom anfällt, der tendenziell zu einem       bei der Gestaltung der Fassade und des
      Überschuss führt.
                                                       Sonnenschutzes zu. Besondere Aufmerk­

                 Massivdecke                            Akustikdecke                        Akustikdecke

                   Solarer Wärmeeintrag                    Solarer Wärmeeintrag                Solarer Wärmeeintrag
                           100 %                               70 % (– 30 %)                       50 % (– 50%)

                 Unterlagsboden mit Parkett                                                 Doppelboden mit Teppich

              Das Zusammenspiel von aktivier-         Wird eine Akustikdecke einge-      Um ca. 50 % muss der solare
              barer Speichermasse und Sonnen-         baut, muss der solare Wärme-       Wärmeeintrag verringert
              schutz zeigt der Vergleich von drei     eintrag um ca. 30 % reduziert      werden, falls Decke und Boden
              Varianten eines Typraumes. Falls        werden. Dafür eignen sich hoch-    thermisch vom Raum entkop-
              sowohl Decke als auch Boden als         selektive Sonnenschutzgläser       pelt sind.
              Speichermasse verfügbar sind, lässt     und wirksame aussenliegende
              sich eine behagliche Raumtemperatur     bewegliche Sonnenschutzein-
              auch in Hitzeperioden sicherstellen.    richtungen.

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Sommerlicher Wärmeschutz - Klimakomfort im Minergie-Gebäude - MINERGIE Schweiz
samkeit erfordern Nutzungen, bei denen            −− Keine Über-Eck-Verglasungen bei
akustische Massnahmen getroffen wer­              hohem Glasflächenanteil und geringer
den müssen, da die Speichermassen da­             Speichermasse
durch reduziert werden können. Wichtig:           −− Schmaler oder kein Fenstersturz für
Die Reduktion der Wärme­dämmung trägt             eine bessere Tageslichtnutzung bei glei­
nicht zur Verringerung hoher sommerli­            chem Wärmeeintrag
cher Temperaturen bei.                            −− Gute Lichttransmission (τ-Wert oder
Da der Sonnenschutz idealerweise nur              Tvis-Wert)
bei direkter Besonnung geschlossen                −− Die Fassadenkonstruktion (Massiv-
ist, spielt die Verglasung vor allem bei          oder Holzbau) spielt bei einem geringen
Räumen mit niedriger S  ­ peichermasse            Flächenanteil eine untergeordnete Rolle.
und Ausrichtungen mit hohem Diffus­               −− Minimierung der internen Lasten (effizi­
strahlungsanteil eine wichtige Rolle. Für         ente LED-Leuchten und IT-Ausrüstungen,
­Verwaltungsgebäude sind deswegen                 effiziente elektrische Geräte, Energieeti­
 oftmals hochselektive Sonnen-Wärme­              kette beachten)
schutzverglasungen zu empfehlen.

Massnahmen
−− Ausgewogene Glasflächenzahl: Woh­
nungsbau 20 % bis 30 %; Bürobau 30 %
bis 40 %
−− Geringe U- und g-Werte der Fenster
−− Sehr guter, beweglicher Sonnenschutz
−− Optimierte Speichermasse: aktivierbare
Decken und Böden, keine abgehängten
Decken, möglichst rohe Betondecken so­
wie schwere Innenwände
−− Sehr gut gedämmte Gebäudehülle

                         Kennwerte zu zwei typischen Räumen
                     Wohnraum                              Büroraum

                     Massivdecke                            Decke thermisch zu 80 % entkoppelt
                                                            mit Akustikpaneelen

                     Unterlagsboden mit Parkett             Doppelboden mit Installationsraum
                                                                                                 Zwei typische Räume
                                                                                                 mit einer Nettoge­
Schwerpunkt          Speicherfähigkeit                     Minderung solarer Wärmeeintrag        schossfläche von je
                                                                                                 25 m2, identischem
g-Wert Verglasung    50 %                                  27 %                                  aussenliegendem
g-Wert total (mit    10 %                                  7%                                    Rafflamellenstoren
Sonnenschutz)                                                                                    und Westausrichtung.
                                                                                                 Die Glasflächenzahl
Spezifische Wärme­   50 Wh/m2 K                            30 Wh/m2 K                            beträgt für beide Vari­
speicherfähigkeit                                                                                anten 30 %.

                                                                                                                       7
Sonnenschutz
                             Heute wird der Sonnenschutz üblicher­                Verhältnis von Lichttransmission und
                             weise über aussenliegende Lamellen­                  Gesamtenergiedurchlass (Selektivitäts-
                             storen oder Markisen gelöst. Auch bauli­             kennzahl)
                             che Verschattungen wie Balkone können                Eine gute Lichttransmission ist erwünscht,
                             dazu beitragen, solare Lasten zu reduzie­            um Elektrizität für die Beleuchtung zu
                             ren. Solche Lösungen können allerdings               sparen. Der Gesamtenergiedurchlass
                             die Tageslichtverfügbarkeit massgebend               sollte dagegen möglichst tief sein, um in
                             beeinflussen. Bei hohen Verschattungs­               Bürohäusern den sommerlichen Wärme­
                             winkeln sind sie deswegen nicht für alle             schutz sicherzustellen. Im Verhältnis der
                             Nutzungen gleich geeignet und auch die               beiden Grössen zeigt sich eine Qualität
                             Auswirkungen auf den (gewollten) winter­             der Verglasung, wie sie in Bürobauten
                             lichen Wärmeeintrag müssen beachtet                  sinnvoll sein können, z. B. 2,0 (Selektivi­
                             werden. Dasselbe gilt bei der Verwen­                tät). In Wohnbauten ist der winterliche So­
                             dung von Sonnenschutzgläsern. Dar­                   larwärmeeintrag sehr willkommen (hoher
                             aus ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen            g-Wert).
                             Tageslichtnutzung und sommerlichem
                             Wärmeschutz. Architektinnen und Bau­
                             herrschaften sollten deshalb diese Mass­
                             nahmen sorgfältig abwägen.

                                                                    3 Varianten des Sonnenschutzes, Kennwerte
                             Situation                    1,7 m hohes Fenster mit aus­     Vordach vor breitem, raum­-   Schmales, raumhohes Fenster
                                                          senliegendem beweglichem         hohem Fenster mit aussen-     mit umlaufender heller Laibung
                                                          Sonnenschutz                     lie­gendem Sonnenschutz       (ohne aussenlie­gendem
                                                                                                                         Sonnen­schutz)
                                                                   Tageslichtnutzung              1,5 m
                                                            besser            schlechter                                        0,4 m

                                                                                                                                          2,5 m
                                                                                                                 2,5 m
                                                                                                          5m
                                                                                                                                 1m

                             Bauliche Verschattung         keine                             1,5 m                        0,4 m

          Prinzipien des
    Sonnen­schutzes für
 einen westorientierten      Lichttransmission Tvis       70 %                             70 %                          52 %
Raum mit unterschied­        Verglasung
  lichen Glasqualitäten      g-Wert Verglasung            50 %                             50 %                          26 %
  und Glasanteilen. Die
    spezifische Wärme­       Verhältnis Tvis und g-Wert   1,4                              1,4                           2,0
       speicherfähigkeit     Glasanteil                   30 %                             50 %                          30 %
    beträgt für alle Vari­
     anten 50 Wh/m2 K.       g-Wert total                 10 %                             10 %                          26 %

8
Auswahlkriterien                              Kleine g-Werte vermindern die passive
                                              Sonnenenergienutzung, auch zu Zeiten, in
Bei der Wahl des Sonnenschutzsystems          denen Solarwärme sehr willkommen ist.
müssen weitere Aspekte beachtet werden:       Für Wohnbauten sollte deshalb der sola­
−− Erforderliche Windwiderstandsklasse in     re Wärmegewinn entsprechend hoch ge­
Abhängigkeit der Windregion, Geländeka­       wichtet werden. Bei diesen Bauten lässt
tegorie und Einbauhöhe                        sich der sommerliche Wärmeschutz typi-
−− Erfordernisse eines zusätzlichen Blend­    scherweise mit anderen Massnahmen, vor
schutzes                                      allem mit einem äusseren beweglichen
−− Sichtbezug nach aussen                     Sonnenschutz und mit viel Speichermasse
−− Möglicher Vandalismus                      realisieren.
−− Vermeidung von Schlagschattenbildung       Bei der Bestellung von Sonnenschutz­
                                              verglasungen spielt mitunter der b-Fak­
                                              tor eine Rolle, das Verhältnis der g-Werte
Licht ja, Wärme nein                          einer Sonnenschutzverglasung und einer
                                              Verglasung ohne Sonnenschutzbeschich­
Sonnenschutzgläser bieten eine Filter­        tung (auf einen g-Wert von 80 % nor­
funktion: Die selektive Beschichtung re­      miert).
flektiert langwellige Infrarotstrahlung       Beispiel: g-Wert Sonnenschutz 24 %;
überwiegend und lässt kurzwellige, sicht­     g-Wert ohne Sonnenschutz 80 %,
bare Strahlen zum grossen Teil passieren.     b-Faktor demnach 0,3.
Der Wärmeeintrag in den Raum reduziert
sich dadurch, ohne dass die Tageslicht­
versorgung stark vermindert wird. Die
meisten Hersteller von Sonnenschutzver­
glasungen differenzieren die Beschich­
tungen, indem sie das äusserste der drei
Gläser auf der inneren Oberfläche gegen
Solareintrag beschichten, die beiden in­
neren Gläser auf der äusseren Oberfläche
mit einer Wärmeschutzschicht ausrüsten.
Sonnenschutzverglasungen sollten also
eine möglichst hohe Lichttransmission
und einen geringen Gesamtenergiedurch­
lassgrad aufweisen. Das Verhältnis der
beiden Grössen wird in der Fachwelt als         Reflexion
Selektivitätskennzahl (S) bezeichnet            Sonnenenergie                  Durchlass
                                                                               Tageslicht
(S = τ/g). Falls die Verglasung zum Son­        Selektive
nenschutz beiträgt, sollte die Selektivi­       Beschichtung

tätskennzahl möglichst gross sein. Zu           Wärmedämm-                     Wärme-
beachten ist, dass τ-Wert und g-Wert in         beschichtung                   reflexion    Aufbau eines
ihrer Grösse nicht linear korrelieren.                                                      Sonnenschutzglases.

      Sonnenschutzverglasungen: typische Kennwerte und Grössenbeispiele*
                               Hohe Werte          Niedrige Werte       High Performance
Lichttransmission τ            66 %                17 %                 52 %
Gesamtenergiedurchlassgrad g   39 %                13 %                 26 %
Selektivitätskennzahl          1,7                 1,3                  2
* Diese typischen Kennwerte beziehen sich auf 3-fach-Sonnen-Wärme-Schutz-Veglasungen.

                                                                                                                  9
Steuern und bewirtschaften
     Dem Verhalten von Bewohnerinnen und           sung. Ein gängiger Ansatz ist das Geo­
     Nutzer kommt im sommerlichen Wärme­           cooling, bei dem «Erdkälte» zur Senkung
     schutz eine grosse Bedeutung zu. In           der Raumtemperatur dient. Grundwas­
     Wohn­gebäuden erfolgt das «Wärme­             ser kann ebenfalls als Kältequelle ge­
     management» in der Regel von Hand             nutzt werden, ist vor dem Hintergrund ei­
     – so­zusagen gemäss dem «gesunden             ner möglichen Grundwassererwärmung
     Menschenverstand». In Büro- und Ge­           aber mit Vorsicht zu beurteilen. Ist eine
     werbebauten sowie im Gesundheitsbe­           Erdsondenheizung vorhanden, dient die
     reich sind automatisierte Systeme sinn­       Rückführung der Wärme ins Erdreich der
     voll. Häufig sind diese Funktionen mit        Regeneration. Der Wärmeentzug erfolgt
     der Gebäudeautomation kombiniert. Das         meist über die Fussbodenheizregister
     Minergie-Modul Sonnenschutz ist die op­       oder über eine Vorkonditionierung der Zu­
     timale Lösung für Wohn-, Büro- und Ge­        luft. In beiden Fällen muss die Gefahr ei­
     werbebauten.                                  ner Kondensatbildung und im Falle einer
                                                   Fussbodenkühlung auch die Eignung des
                                                   Bodenbelags berücksichtigt werden. Die
     Wärme abführen                                effektive Kühlleistung ist deswegen meist
                                                   begrenzt. Auch die durch PV unterstütz­
     Wenn möglich, sollten Wärmelasten na­         te Kühlung ist eine Möglichkeit, das som­
     türlich, z. B. über eine Fensterlüftung,      merliche Raumklima zu verbessern.
     abgeführt werden (Freecooling). Insbe­
     sondere eine Nachtlüftung kann zur Ver­
     besserung des sommerlichen Innenraum­         Einfach statt kompliziert
     klimas beitragen – Voraussetzung sind
     entsprechende Raumspeichermassen und          Systeme mit wenig Steuerungstechnik
     eine günstige Geometrie der Fensteröff­       sind komplexeren Lösungen stets vorzu­
     nung. Hohe Fensteröffnungen sind bei          ziehen. Mit geringerer Komplexität min­
     gleicher Öffnungsfläche deutlich effekti­     dert sich die Wahrscheinlichkeit von feh­
     ver als flache.                               lerbehafteter Planung und Bedienung.
     Die Grenzen der natürlichen Fenster-          Zudem sind sie günstiger in der Erstellung
     nachtlüftung werden aber vor allem im         und verbrauchen oft weniger Energie im
     städtischen Umfeld sichtbar: Lärm, Luft­      Betrieb.
     qualität und innerstädtische Sommer­
     temperaturen können den Nutzen einer
     natürlichen Kühlung über die Fenster teils    Massnahmen
     erheblich einschränken oder gar aus­
     schliessen. Ähnlich ist die Situation, wenn   Neben einem aussenliegenden beweg­
     aus Gründen der Sicherheit nur einge­         lichen Sonnenschutz, wenn möglich
     schränkte Möglichkeiten vorhanden sind,       tages­lichtabhängig gesteuert (im Büro­
     Fenster oder Teile der Fassade zu öffnen.     bau schon weit verbreitet) und mit hoher
     Idealerweise wird darauf mit einer Reduk­     Windwiderstandsklasse, sind folgende
     tion der solaren Einträge durch bauliche      nutzungsspezifische Massnahmen zur
     Massnahmen reagiert.                          Nachtauskühlung möglich:
     Effiziente und ressourcenschonende            −− Querlüftung ermöglichen
     technische Lösungen können einen Bei­         −− Dreh-Kipp-Flügel einplanen, allenfalls
     trag zum thermischen Komfort leisten.         mit motorischem Antrieb
     Die kontrollierte Lüftung allein ist bei      −− Kamineffekt nutzen: Treppenhäuser
     verhältnismässig geringen Luftvolumen­        mit steuerbaren Oberlichtern respektive
     strömen ohne zusätzliche Massnahmen           Rauch- und Wärmeabzug (RWA) ausstat­
     allerdings meist keine ausreichende Lö­       ten. Wenn möglich in Verbindung mit ein­

10
bruchssicheren Nachströmungsöffnungen        Präsenszeit nachts während Nachtaus­
                          in der Fassade und brandfallgesteuerten      kühlungsphase.
                          Türen zum Treppenhaus im EG.                 Massnahmen: höherer Technisierungs­
                          −− Nutzung von Atrien oder Innenhöfen        grad, Übersteuerung der Gebäudeauto­
                          −− Nachtkühlung über die Lüftungsanlage      mation durch Nutzer muss möglich sein
                          mit Bypass-Funktion, wenn Nachtausküh­       für hohe Nutzerzufriedenheit, effektive
                          lung über Fenster nicht möglich ist (Si­     Nachtauskühlung mit hohen Luftwech­
                          cherheit, Lärm, Insekten, Zugerscheinun­     selraten notwendig – manuell, automati­
                          gen in Schlafräumen).                        siert, allenfalls wassergeführte Systeme
                          −− Betriebliche Instruktionen und Optimie­   wie thermoaktive Bauteilsysteme (TABS)
                          rungen (richtig lüften, richtige Bedienung   für höheren Wirkungsgrad. Die Wirkung
                          des Sonnenschutzes, richtige Steuerung       dieser Massnahme bedingte eine ausrei­
                          der Lüftung)                                 chende Speicherfähigkeit. Konflikte mit
                                                                       Sicherheitsaspekten wie Einbruchschutz
                                                                       und Gewitter beachten. Das Minergie-
                          Nutzungsabhängige Lösungen                   Modul Sonnenschutz Business ist für ge­
                                                                       werbliche Nutzungen optimiert.
                          Wohnungsbau
                          Ausgangslage: Lange Abwesenheit tags­        Alters- und Pflegezentren
                          über und meist kein gesteuerter Sonnen­      Ausgangslage: Lange Präsenszeit tags­
                          schutz, geringe interne Wärmelasten,         über und nachts, teilweise hohe interne
                          lange Präsenzzeiten nachts (während          Lasten, sensible Nutzer in Bezug auf Be­
                          möglicher Nachtauskühlung).                  haglichkeit, meist Gebäudesteuerung vor­
                          Massnahmen: Nachtlüftung über Kipp­          handen, Präsenzzeit des Personals rund
                          fenster oder Lüftungsanlage; Wärmeent­       um die Uhr.
                          zug über Register der Bodenheizung und       Massnahmen: Übersteuerung der Gebäu­
                          Erdsonde, einfache Bedienung anstre­         deautomation durch leitendes Personal
                          ben. Das Minergie-Modul Sonnenschutz         muss möglich sein für hohe Nutzerzu­
  Links: Strom von der    Home bietet eine Gesamtlösung für den        friedenheit, effektive Nachtauskühlung
eigenen PV-Anlage für
                          Wohnungsbau, eingeschlossen die Regu­        mechanisch oder manuell, dabei sind
   die Kühlung nutzen.
                          lierung.                                     Konflikte mit Sicherheitsaspekten wie
 Mitte: Nach ­Minergie                                                 Gewitter zu beachten (Kippflügel). Eine
         zertifiziertes
                          Büro- und Gewerbebauten                      Schulung der Mitarbeitenden ist sehr
Sonnenschutz-Modul.
                          Ausgangslage: Lange Präsenszeit tags­        wichtig!
  Rechts: Das Nutzer­     über, grosse interne Lasten, meist Ge­
   verhalten trägt viel
                          bäudesteuerung vorhanden, geringe
    zum guten Raum­­-
            klima bei.

                                                                                                                  11
Varianten des Nachweises
                           Für den Nachweis des sommerlichen Wär­                Speichermasse des Gebäudes über ei­
                           meschutzes gilt die Norm SIA 180 «Wär­                nen besseren Sonnenschutz oder eine
                           meschutz, Feuchteschutz und Raumklima                 reduzierte Glasflächenzahl ausgeglichen
                           in Gebäuden», subsidiär auch die Nor­                 werden kann. Die Variante 2 nach Miner­
                           men SIA 382/1, SIA 342 und SIA 416 so­                gie beurteilt auch – wie Variante 3 – den
                           wie die Merkblätter SIA 2024 und 2028.                Komfort (interne Lasten, Nachtausküh­
                           Eine Minergie-Zertifizierung bedingt einen            lung etc.), insbesondere Raumtemperatu­
                           Nachweis, der in wesentlichen Punkten                 ren über 26,5 °C während weniger als 100
                           von der SIA-Norm abweicht. Im Unter­                  Stunden. Der Nachweis erfolgt anhand
                           schied zum SIA-Nachweis setzt Minergie                des Hilfstools SoWS, das kostenfrei auf
                           bei allen drei Varianten standortbezoge­              www.minergie.ch  Zertifizieren verfüg­
                           ne Vorgaben. Wie die SIA-Norm 180 bie­                bar ist. Die «Anwendungshilfe zu den Ge­
                           tet der Minergie-Nachweis drei Varianten              bäudestandards» bietet eine Anleitung für
                           an, wobei überwiegend die Variante 1 mit              das Hilfstool SoWS. Das Nachweisverfah­
                           der «Globalbeurteilung von Standardfäl­               ren eignet sich auch als Planungstool.
                           len» ausreichend ist; dies gilt vor allem für         Die Variante 3 des Nachweises bedingt
                           Wohngebäude.                                          eine thermische Gebäudesimulation. Er­
                           Die Variante 2 basiert auf einem raum­                forderlich ist diese Variante, falls eine ak­
                           weisen Systemnachweis, in dem die we­                 tive Kühlung mittels einer Kältemaschi­
                           sentlichen Stellschrauben – Glasfläche,               ne vorgesehen ist, sowie für Spezialfälle.
                           Wärmespeicherfähigkeit und Sonnen­                    Die Simulation muss nachweisen, dass
                           schutz – justiert werden. In Analogie zur             Raumtemperaturen über 26,5 °C während
                           SIA-180-Verfahren 3 erlaubt die Minergie-             längstens 100 Stunden pro Jahr wirksam
                           Variante 2 eine Optimierung des Gesamt­               sind. Die Norm SIA 180 lässt teilweise
                           systems «Haus» über die Gewerke hin­                  Übertemperaturen während bis zu 400
                           weg, indem beispielsweise eine geringe                Stunden zu.

                                     Drei Varianten des Nachweises für die baulichen Grundanforderungen
                                                                                                 Verbesserung der
                                   Standort,             Konzept der baulichen
                                                                                              baulichen Massnahmen
                                  Klimastation               Massnahmen
                                                                                              oder höheres Verfahren

                                                                                 Freie Wahl

                                                        Freie Wahl
                                      Variante 1                         Variante 2                    Variante 3

                               Anforderungen an:                  Anforderungen an:                    Simulation
                               – Befensterung: keine              – Wärmespeicherfähigkeit
                                 Oblichter                        – Ausrichtung Fenster
                               – Sonnenschutz                     – Glasflächenzahl,
                               – Nachtauskühlung                    Sonnenschutz,
                               – Interne Wärmelasten                Verschattung
      Für den Nachweis         – Max. Glasflächenzahl             – Max. gtot
      des sommerlichen
 Wärme­schutzes bietet
  ­Minergie drei Varian­
 ten an. Die Variante 1
«Globalbeurteilung von                  Ende                              Erfüllt?
                                                             ja                               nein
Standardfällen» ist bei
    den meisten Bauten
           ausreichend.

12
Globalbeurteilung von                        Minergie für fünf Klimagruppen und vier
Stan­dard­fällen nach Variante 1             Raumtypen maximale Glasflächenzah­
                                             len fest. Die Glasflächenzahl zg ist das
Fünf Bedingungen gelten für den Nach­        Verhältnis der lichtdurchlässigen Glas­
weis nach Minergie-Variante 1:               flächen zur Nettogeschossfläche, also
−− Befensterung: keine Oblichter             zg = Ag/ANGF. Die Glasflächenzahl ist nicht
−− Sonnenschutz: aussenliegende, beweg­      zu verwechseln mit dem Glasanteil, bei
liche Rafflamellenstoren oder Rollläden      dem sich die lichtdurchlässige Glasfläche
mit einem Gesamtenergiedurchlass gtot        auf die entsprechende Fassadenfläche
von maximal 0,1. Die Windfestigkeit muss     bezieht.
mindestens der Windwiderstandklasse          Klimagruppen. A: Tessin; B: Gebiet Gen­
5 nach Norm SIA 342 entsprechen, was         fer- und Neuenburgersee; C: Unterwallis,
eine Windgeschwindigkeit in abgesenkter      Mittelland, Ostschweiz, Zürich; D: Voral­
Stellung von bis zu 75 km/h erlaubt.         pen; E: alpine Standorte.
−− Nachtauskühlung mit Fensterlüftung        Raumtypologie. Räume mit einer oder
muss möglich sein. (Der Einbruchschutz       zwei Fassaden, mit Beton- und Holzde­
ist nicht Gegenstand der Minergie-Zerti­     cken, Unterlagsboden mit unterschiedli­
fizierung.)                                  chem Aufbau, mit mehrheitlich freier re­
−− Die internen Wärmelasten liegen unter     spektive abgedeckter Betondecke und
den Standardwerten nach Merkblatt SIA        äusserer Beschattung durch Balkone.
2024. Für die Nutzung «Wohnen MFH»           Beispiel für ein Gebäude im Mittelland:
beträgt dieser Standardwert 84 Wh/m2 d,      Ein 20 m2 grosser Wohnraum mit bis zu
was bei einer 100 m2 grossen Wohnung         zwei Fassaden und einer über 80 % frei­
einem Wärmeeintrag durch interne Lasten      en Betondecke kann eine Glasfläche von
von 8,4 kWh pro Tag entspricht.              maximal 4,8 m2 aufweisen (Glasflächen­
−− Glasflächenzahl: Je nach Standort und     zahl 0,24). Bei demselben Raum, aber mit
Raumeigenschaften liegt der zulässige        einer Holzdecke und einem 6 cm dicken
Wert zwischen maximal 0,11 und 0,46.         Zementunterlagsboden darf die transpa­
                                             rente Glasfläche 3,6 m2 nicht übersteigen
Der Nachweis mit der Variante 1 ist – wie    (Glasflächenzahl 0,18).
jene der Varianten 2 und 3 – standort­       Die vollständigen Tabellen sowie weitere
abhängig. Um das Klima am Standort           Hinweise finden sich in der Minergie-An­
des Gebäudes zu berücksichtigen, setzt       wendungshilfe, Abschnitt 8.2.1.

                                                 Keine Oberlichter

              Aussenliegender
              beweglicher
              Sonnenschutz                     Nachtauskühlung mit
              mit Rollläden oder             Fensterlüftung ist möglich
              Rafflamellenstoren
              (g-Wert ca. 0,1)

                                         interne Wärmelasten nicht höher als
                                      Standardwerte gemäss Merkblatt SIA 2024

                                                                                           Die fünf Bedingungen
                                                                                           für den Nachweis nach
                                                                                           Minergie-Variante 1.

                                                                                                              13
Integral geplant
              Objekt       Das Ensemble mit drei unterschiedlichen        eine hochwärmegedämmte Gebäudehülle
 Büro und Produktion,      Gebäuden in Oberwinterthur zeichnet sich       und optimale Speichermasse (Decke und
           Winterthur
                           durch ressourcenschonende Konstruk­            Boden) sowie mineralische Oberflächen
       Bauherrschaft       tionsweise, ein innovatives Energiekon­        schaffen optimale bauliche Voraussetzun­
Baltensperger AG und       zept ohne fossile Energiequellen und ei­       gen für komfortable Innenraumtempera­
3-Plan AG, Winterthur
                           nen hohen Vorfabrikationsgrad aus. Das         turen. Für eine effektive Nachtauskühlung
         Architektur       100 Meter lange Produktionsgebäude der         nutzt das Gebäude den Kamineffekt. Mo­
   Bob Gysin Partner       Zimmerei leitet zum Bürogebäude über.          torisch gesteuerte Lüftungsflügel im Be­
 BGP Architekten ETH
     SIA BSA, Zürich       Gestalterisch differenziert, stellt sich ein   reich des Haupteingangs, in der Fassade
                           fünfgeschossiger Büroneubau dazu. Die­         hinter den Holzlamellen und im Treppen­
          Bauingenieur     ser Beton-Skelettbau mit vorgehängten          haus ermöglichen im Sommer und bei Be­
          Wetli Partner,
            Winterthur
                           Glasfaserbetonelementen kann in drei Zo­       darf eine natürliche Nachtauskühlung. Mit
                           nen unterteilt werden: aussteifender mas­      einem manuellen Lüftungsflügel können
          Haustechnik      siver Kern, konzentrische Zirkulationszone     die Nutzenden das Raumklima individuell
     3-Plan, Winterthur
                           mit Kaffeenischen und aussenliegender,         steuern. Zusätzlich wurde ein intelligen­
           Energie und     zonierter Open-Space-Arbeitsbereich.           ter, aussenliegender Sonnenschutz mit
        Nachhaltigkeit                                                    einer optimierten Tageslichtnutzung durch
     3-Plan, Winterthur
                                                                          Lichtlenkung und Reflexion angebracht.
          Sonnenschutz     Bauliche und technische                        Die internen Lasten werden so gering wie
     Griesser AG, Aadorf   Massnahmen                                     möglich gehalten, unter anderem durch
                                                                          optimierte Geräte und LED-Leuchten.
               Baujahr
           2014 – 2017     Der thermische Komfort für die Nutzen­         Eine reversible Luft-Wasser Wärmepum­
                           den war bereits beim Entwurf zentral.          pe sichert Sommer wie Winter angenehme
              Standard
                           Dieser folgt den drei Grundprinzipien, die     Raumtemperaturen. Der Strom zum Hei­
             Minergie-P
            (ZH-414-P)     solare Einstrahlung auf die Fassade zu         zen oder Kühlen wird durch eine Photovol­
                           minimieren, die Masse als Zwischenspei­        taikanlage mit hoher Eigenstromnutzung
                           cher zu nutzen und die überschüssige           erzeugt. Dieses innovative Konzept wurde
                           Wärme effizient abzuführen. Ein ausge­         durch eine gesamtheitliche Planung über
                           wogener Fensterflächenanteil von 38 %,         alle Gewerke möglich.

                                Effiziente Nachtauskühlung                               Optimierte Tageslichtnutzung

Ausreichendes Tages­
licht und ein effektiver
sommerlicher Wärme­
   schutz müssen kein
     Widerspruch sein.

14
Angemessener Fens­
teranteil, viel Spei­
chermasse und eine
gut gedämmte Hülle
sind optimale Vor­
aussetzungen für
ein behagliches
Raumklima.

                        15
Ein Haus für morgen
               Objekt       Seit Juni 2018 ist das Mehrfamilienhaus      Konstante Raumtemperaturen
      Sonnenpark Plus,      Sonnenpark Plus in Wetzikon bewohnt.
             Wetzikon
                            Das Gebäude mit zehn 4,5- und 5,5-Zim­       Den sommerlichen Wärmeschutz löste
         Bauherrschaft      mer-Wohnungen erfüllt hohe Anforde­          das Planungsteam sowohl mit baulichen
       Arento AG, Hinwil    rungen an die Energieeffizienz und das       als auch technischen Massnahmen. Die
            Architektur     Wohnklima. Das optimal auf den Lauf der      grossen Fenster an der Südfassade wer­
       Arento AG, Hinwil    Sonne abgestimmte Gebäude bildet einen       den bei hohem Sonnenstand im Sommer
                            kompakten Körper und ist südseitig mit       durch die Balkone natürlich beschattet.
           Bauingenieur
      Forster & Linsi AG,   Photovoltaik-Elementen, nordseitig mit       Damit wird vermieden, dass die Räume
               Pfäffikon    einer vorvergrauten Holzschalung einge­      überhitzen. Bei tiefem Sonnenstand im
                            fasst.                                       Winter dient die Sonne als willkomme­
       Gebäudetechnik
        Gasser Energy
                                                                         ner Wärmelieferant. Die Strahlen dringen
            Oberhasli                                                    durch die Fenster, wodurch sich die mas­
                            Lehm als Speicher                            siven Böden aufwärmen können. Die Hei­
          Sonnenschutz
     Griesser AG, Aadorf
                                                                         zung und Kühlung erfolgt über Lehmwän­
                            In Innern des Hauses wurden rund 25          de: Anstelle einer Bodenheizung werden
               Baujahr      Tonnen Lehm verbaut, der als Speicher­       die Räume durch eine Wandheizung auf
           2017 – 2018
                            masse dient. Der Baustoff trägt auch zu      angenehme Raumtemperaturen gebracht.
              Standard      einem ausgeglichenen Feuchtehaushalt         Im Sommer wird kaltes Wasser (Vorlauf
             Minergie-P     bei, was trockener Raumluft während          20 °C, Geocooling über Erdsonde) durch
            (ZH-447-P)
                            Hitze- und Heizperioden entgegenwirkt.       das System geführt. Diese Kühlung kann
                            Grosse Fensteröffnungen schaffen die         die Räume auch bei Aussentemperaturen
                            Verbindung zwischen Innen- und Aus­          über 30 °C konstant bei rund 23 °C hal­
                            senraum. Die Balkone erstrecken sich         ten – bei äusserst geringem Energiever­
                            über die gesamte Länge des Hauses. Das       brauch. Auch bei der Komfortlüftung be­
                            Minergie-P-Gebäude nutzt Regenwasser         steht die Möglichkeit zur Kühlung, da sich
                            und Eigenstrom. Die Photovoltaikanlage       die Frischluft über die Erdsonden leicht
                            auf dem Dach und in der Fassade produ­       kühlen lässt. Nebst dem Kühleffekt ist bei
                            ziert übers Jahr mehr Energie als für Hei­   dieser Variante auch der Feuchtegehalt
                            zung, Warmwasser und Haushaltsstrom          in der Luft angenehmer. Als Massnahme
                            gebraucht wird. Den Bewohnerinnen und        des technischen Wärmeschutzes wurde
                            Bewohnern steht zudem ein Elektroauto        ein KNX-Steuersystem mit Wettersenso­
                            zur Verfügung, das ebenfalls mit Solar­      ren und Fühlern eingebaut. Dieses akti­
                            strom betrieben wird.                        viert automatisch den als Lamellenstoren
                                                                         ausgebildeten Sonnenschutz, sobald die
                                                                         definierte Raumtemperatur erreicht wird.
                                                                         Auch wenn die Bewohner längere Zeit ab­
                                                                         wesend sind, kann dadurch vermieden
                                                                         werden, dass sich die Räume zu stark
                                                                         aufheizen.

16
Die eingezogenen
Balkone erstrecken
sich über die gesamte
Länge der Südfassade
und dienen als natür­
liche Beschattung der
grossen Fenster.

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Weitere Infos
     Minergie Schweiz                              Fachpublikationen
     Minergie ist seit 1998 der Schweizer          Tageslicht – Höchste Lichtqualität im
     Standard für Komfort, Effizienz und           Minergie-Gebäude. Download unter
     Werterhalt. Das Qualitätslabel für Neu­       www.minergie.ch  Publikationen
     bauten und Modernisierungen umfasst
     alle Gebäudekategorien. Die Ziele sind        Kühlen mit PV – optionale Haustechnik
     höchster Wohn- und Arbeitskomfort, tiefer     für das Minergie-Gebäude.
     Wärme- und Stromverbrauch und lang­           Download unter www.minergie.ch 
     fristige Werterhaltung. Im Fokus stehen       Publikationen
     eine hochwertige Gebäudehülle, ein kon­
     trollierter Luftwechsel und eine effiziente   Climabau – Planen angesichts des Klima­
     Versorgung mit erneuerbaren Energien.         wandels. Energiebedarf und Behaglichkeit
                                                   heutiger Wohnbauten bis ins Jahr 2100.
                                                   www.aramis.admin.ch

                                                   Klimaszenarien für die Schweiz
                                                   Download unter www.nccs.admin.ch
                                                    Klimawandel und Auswirkungen 
                                                   Schweizer Klimaszenarien CH2018

                                                   Websites
                                                   www.storen-vsr.ch  Aktuelles 
                                                   Energie und Umwelt  Minergie-Liste der
                                                   zertifizierten Systeme und Anbieter

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