SONDERNUMMER DEZEMBER 2017 - HBKsaar
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1970 1970 Nr.XII Nr.XII S. 33 S. 18 Im Auftrag der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz herausgegeben von Roger Münch, Matthias Winzen und Burkhard Detzler anläss- lich der Ausstellung Schacht und Heim. Eine Zeitschrift für den saar ländischen Bergmann, die vom 8. Dezember 2017 bis 30. Juni 2018 im Deutschen Zeitungsmuseum in Wadgassen zu sehen ist. Das Projektteam der Ausstellung, einer KOOPERATION des Deutschen Zeitungsmuseums und der Hoch- schule der Bildenden Künste Saar: (vordere Reihe, v. l. n. r.) Nikolaj Woroschilow, Anna Makarova, Felix Wilcken, Laura Lücke, Sarah Philippi, Matthias Winzen, Veronika Müller, Roman Conrad; (hintere Reihe, 1969 1963 Erscheinungsjahr v. l. n. r.) Janina Heese, Jana Lepple, Janosch Obenauer, Werner Werle, Burkhard Detzler, Roger Münch, Christian Göbel, Paul Schwarz, Sascha Boßlet; alle Projektbeteiligten siehe Seite 46. Nr.XI Nr.XI Ausgabe S. 31 S. 31 Seite Inhalt Seite Editorial Witze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Im Sommer 1955 veröffentlichten die Saarbergwerke das erste Heft ihrer neuen Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Werkzeitung unter dem Titel Schacht und Heim. Ab 1971 wurde sie unter dem Schacht und Heim – Die Ausstellung Titel Saarberg, Werkzeitschrift des Saarberg-Konzerns bis 2012 weitergeführt. Ein Interview mit Roger Münch. . . . . 4 Heute halten Sie mit diesem Exemplar die einmalige Sondernummer in Händen, „Glückauf“ trifft „Gott grüß die Kunst“ — die in Gestaltung und Inhalt an diese erste Ausgabe erinnern soll. Lektüre für den saarländischen Bereits bei den Vorgesprächen zur Konzeption der gleichnamigen Ausstellung, Bergmann . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 die vom 8. Dezember 2017 bis 30. Juni 2018 im Deutschen Zeitungsmuseum in Ein Rückblick auf Schacht und Heim Wadgassen zu sehen ist, wurde die Idee geboren, keinen klassischen Ausstellungs- im Saarland. . . . . . . . . . . . . . . . . 16 katalog zu veröffentlichen. Stattdessen waren wir uns einig, die begleitende Pub- Witze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 likation in Form einer Zeitschrift produzieren zu lassen und den Besuchern, quasi Arbeitsgerät unter Tage — als Eintrittskarte, zu überreichen. Schmuck über Tage Fotostrecke. . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren ist gewährleistet, dass sich möglichst Und dann gab es eben die Gutzja, es sollte viele Leserinnen und Leser über diese spannende Zeit der Industrie- und Technik- ja nicht geraucht werden, nicht wahr? geschichte, aber auch der Sozial- und Kulturgeschichte unseres Bundeslandes Ein Interview mit Hildegard Hoffmann. 34 informieren können. Die Besucher der Ausstellung haben darüber hinaus die Mög- Mächtige Maschinen und die lichkeit, sich in einer als Arbeiterkneipe gestalteten Lese-Ecke mit den Original- Menschen dahinter ausgaben von Schacht und Heim zu beschäftigen. Ein Interview mit Gregor Zewe. . . . . 37 1963 1965 Man hat keine Ellenbogen benutzt um Für die großzügige Unterstützung unserer Ausstellung möchten wir uns sehr herz- Nr.XI Nr.XII S. 31 S. 26 vorwärts zu kommen, sondern die Füße lich bei allen Sponsoren bedanken. Für die vielfältige Hilfe in Form von Rat und Ein Interview mit Gerhard Thurn. . . . 40 Tat, Leihgaben und Schenkungen danken wir allen Institutionen und Partnern. Be- Mit allen Wettern gewaschen sonderer Dank gebührt der RAG-Stiftung. Ein Bericht über Joseph König . . . . . . 42 Eine große Freude für alle Teilnehmer des HBKsaar-Teams und des DZM-Teams Einen Stollen in der Garage war es, über viele Monate hinweg professionell und kreativ zusammenzuarbeiten. Ein Bericht über Manfred Berwanger. . 44 Die Anstrengungen haben sich gelohnt! Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Horoskop. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Auf den folgenden Seiten verweben wir Damals und Heute, indem wir Beiträge und Fragmente aus alten Originalausgaben der Schacht und Heim in grüner Farbe nachdrucken. In einem kleinen Stempel gleich daneben finden Sie Erscheinungs- jahr, Nummer und Seitenzahl der Originalausgabe. Für diese sinnfällige Gestal- tungsidee danken wir den Grafikern MM, M in Saarbrücken. Das Titelbild stammt von Wolfgang Haut und ist entnommen aus Schacht und Heim, Jahrgang Wir wünschen Ihnen einen anregenden Rundgang durch die Ausstellung und eine 1959, Ausgabe 3, Seite 4. Die Rückseite zeigt das informative Lektüre unserer Schacht und Heim-Sonderausgabe. Glück auf! Bild Hohlstraße Neunkirchen des saarländischen Industriemalers Walter B ernstein (1901–1981). Die Ausstellungsmacher 2 3
2017 SCHACHT UND HEIM DIE AUSSTELLUNG Immer wieder befasst sich DR. ROGER MÜNCH (58) als Direktor des Deutschen Zeitungsmuseums in Wadgassen mit neuen und alten Zeitungen und Zeitschriften. Aktuell ist dies Schacht und Heim, eine saarländische Grubenzeitschrift, die zwischen 1955 und 1971 erschienen ist. In einer Kooperation des Deutschen Zeitungsmuseums mit der Hochschu- le der Bildenden Künste Saar wurde eine Ausstellung gestaltet, die dieser Zeitschrift würdig ist. Über deren Entste- hung und Besonderheiten erzählte er uns in einem Interview. Seit der Eröffnung des Deutschen Zeitungsmuseums im Jahre 2004 haben wir unser Sammlungskonzept um einen Saarland-Schwerpunkt erweitert. Im Laufe der Jahre konn- 1964 ten wir dadurch eine repräsentative Auswahl von Periodika Nr. II S. 23 aufbauen. Immer wieder, vor allem nach dem Ende des Stein- kohlebergbaus im Saarland, erhielten wir auch Zeitungen zu bergmännischen Themen. Im Zuge dieser Sammeltätigkeit kamen auch dreidimensionale Exponate wie Grubenlampen, Helme, Werkzeuge und Bekleidungsstücke ins Museum. Endgültig ausschlaggebend war jedoch die Schenkung der kompletten Jahrgänge der Zeitschrift Schacht und Heim, Werkzeitung der Saarbergwerke, die ab den 1970er Jahren unter dem Titel Saarberg, Werkzeitschrift des Saarberg- Konzerns, weitergeführt wurde. Fein säuberlich gebunden, ohne große Gebrauchsspuren und Fehlseiten und mit Gold- prägung auf den Einbänden stand sie eines Tages in unserer Bibliothek. Bereits beim ersten Durchblättern war mir klar, die nächste Ausstellung heißt Schacht und Heim. Wer hat das Konzept entwickelt? Schon bei den ersten Ideenskizzen zur Ausstellung war es unser Wunsch, bei der Konzeption junge Menschen zu inte- grieren. Da wir hier im Saarland mit der Hochschule der Bil- denden Künste Saar (HBKsaar) eine hervorragende Platt- form haben, um gemeinsam mit Studierenden Projekte zu realisieren, konnten wir rasch eine Arbeitsgruppe bilden und ein Pflichtenheft erstellen. Wer gehörte zur Arbeitsgruppe und was versteht man unter einem Pflichtenheft? Die Arbeitsgruppe bestand anfangs aus ca. 20 Personen. Die beiden Professoren Matthias Winzen (Masterstudiengang Kuratieren /Ausstellungswesen) und Burkhard Detzler (Lehr- gebiet Computergenerierte Gestaltung/Kommunikation im Raum), bildeten zusammen mit ihren Studis das HBKsaar- Team. Von musealer Seite verstärkten weitere sechs Personen als DZM-Team die Arbeitsgruppe. Nach dem ersten Brainstorming im Juni 2016 erhielt ich die Aufgabe, ein Pflichtenheft zu erstellen. Ein Pflichtenheft kann man mit einer Art Wunschzettel vergleichen. Und wie an Weihnachten werden leider nicht immer alle Wünsche er- füllt. Konkret ging es bei unserem Pflichtenheft um die in- haltliche Ausrichtung, die räumliche Verortung und die ge- stalterische Umsetzung der Ausstellung. Wo können wir Wie kam es dazu, diese Ausstellung im Deutschen Zei- unsere Inhalte mit welchen ausstellungstechnischen Mitteln tungsmuseum zu realisieren? umsetzen? Sollen klassische Vitrinen und eine rahmenorien- Am Anfang stand eine Schenkung. Eine Museumsbesucherin tierte Präsentation zum Einsatz kommen, welche Anforde- brachte uns eine Kiste mit alten Zeitungen und Zeitschriften. rungen werden an das typographische Erscheinungsbild ge- Sie wollte sicher sein, dass diese Sammlung aus dem Nach- stellt, dürfen szenographische Inszenierungen aufgebaut lass ihres verstorbenen Mannes in gute Hände kommt. Bei werden und können audio- und audiovisuelle Stationen die der Durchsicht der Kiste realisierten wir, dass es sich vor al- Inhalte multimedial vermitteln? Parallel zur Konzeptent- lem um Publikationen zum Thema ‚Bergbau im Saarland‘ wicklung auf Grundlage des Pflichtenheftes mussten erste handelte. Angebote eingeholt und jeweils in den Finanzierungsplan 4 5
1959 eingearbeitet werden etc. etc. Die gesamten Planungen sind Warum? Nr. I so komplex, dass wir bei großen Ausstellungen mit einem Da muss ich etwas weiter ausholen. Als Museumsmann muss S. 10 Vorlauf von 12 bis 15 Monaten rechnen. Und am Ende steht ich leider viele unserer Exponate in Vitrinen präsentieren, da man in der Ausstellung, freut sich über das Ergebnis und es sich meist um wertvolle Originale handelt. Das bedeutet hofft, dass die Besucher unser „Baby“ genau so lieben wer- aber, dass der Besucher nur die jeweils aufgeschlagene Seite den wie wir als „Eltern“. sehen kann. Das finde ich schade! Bei dieser Ausstellung ha- Was erwartet die Besucher und wie ist die Ausstellung ben wir jedoch den Vorteil, dass wir über Zeitungsdubletten aufgebaut? verfügen, die wir auslegen können. Und zwar in unserer Der Besucher wird unsere Räume nicht wiedererkennen! Wir (Lese-)Kneipe, denn das Thema Bier und Bergbau sollte nicht haben die beiden Etagen mit rund 450 qm Ausstellungsfläche zu kurz kommen. Bei unseren Recherchen sind wir auf einen mächtig verändert. Ausspruch gestoßen: „Eher soll die Welt verderben als vor Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass der Besucher in der Durst ein Bergmann sterben“. So ist es auf einem Kronkor- ersten Etage mit einem Gang durch einen Schacht beginnt ken nachzulesen, der in einer typischen Bergmannskneipe im und danach in einer zeittypisch eingerichteten Wohnküche Ruhrpott hing. Dieser Spruch dürfte wohl auch für die saar- steht. Von dort aus führt der Rundgang durch eine Fotoga- ländischen Bergleute gelten, denn durch den hohen Flüssig- lerie zu den Medienstationen, in denen Interviews mit Zeit- keitsverlust unter Tage mussten die Arbeiter nach der Schicht zeugen angehört werden können. Die sich anschließende viel trinken. Neben Mineralwasser und Limonadengetränken Präsentation „Lektüre für den Bergmann“ zeigt die wichtigs- spielte selbstverständlich das Bier eine große Rolle. Wie gut ten Zeitschriften, Zeitungen und Kalender, die als Grundlage das flüssige Gold das schwarze Gold die Kehle runterspülen für die inhaltliche Ausstellungskonzeption dienten. In einer konnte, war bekannt und es half auch, die verlorenen Nähr- fotografischen Gegenüberstellung von Exponaten aus dem und Mineralstoffe wieder aufzufüllen. Bergbau, die heutzutage zweckentfremdet im öffentlichen Unsere Kneipe am Ende des Rundgangs lädt daher ein zum Raum zu finden sind, endet dieser Rundgang. Ausruhen, zum Plaudern und zum Schmökern in alten Aus- Die zweite Etage ist schwerpunktmäßig als Aktionsfläche gaben der Bergmannszeitschrift Schacht und Heim. Man kann konzipiert worden. Eine multimediale Seilfahrt mit dem För- aber auch eine Runde „flippern“ und alte Schlager aus der derkorb in den Schacht kann ebenso unternommen werden originalen Wurlitzer-Musikbox mitträllern. wie das Eintauchen in eine Virtual Reality Umgebung mittels Gibt es in Ihrer Kneipe auch Bier zu trinken? spezieller Brillen. Um den Teamgeist zu testen steht ein Nein, leider nicht, da wir im Museum keine Gaststättenkon- Escape-Room-Spiel zur Verfügung. Die Teilnehmer müssen zession haben. Schade, aber nicht zu ändern. Ein kleiner einen vorgetäuschten Schacht-Unfall gemeinsam meistern, Trost: Wir haben spezielle Schacht-und-Heim-Bieretiketten um sich zu retten. gestalten lassen, die als limitierte Sammler-Edition im Muse- Zum Erholen lädt unsere Bergmannskneipe ein, in der man umsshop käuflich zu erwerben sind. Kostenlos hingegen sich zum Plaudern und Schmökern treffen kann. Als Anden- können in der Ausstellung eigene Bierdeckel gedruckt wer- ken können auch Bierdeckel gedruckt oder Schnappschüsse den. Es geht ganz einfach, die Anleitung findet man in unse- aus unserer Fotobox mitgenommen werden. rer Bierdeckel-Presse, die sich direkt neben der Kneipe be- Was ist Ihr Lieblingsexponat? findet. Sie können verschiedene Motive auswählen, einfärben, Das ist eine schwierige Frage, da so viele interessante Expo- abdrucken und mit nach Hause nehmen. nate und Installationen in der Ausstellung zu sehen sind. Ihr Schlusssatz lautet? Aber ein szenographisches Element am Ende des Rundgangs Wir, das Schacht-und-Heim-Team, wünschen den Besuchern ist tatsächlich eine meiner Lieblingsecken. Es handelt sich viel Freude, Spaß und Erkenntnisgewinn in unserer Ausstel- hierbei um die Rekonstruktion einer Kneipe. lung. Glück auf! 1956 Nr. II S. 19 6 7
2017 „Glückauf“ bekannt, daher wird sie auch in Zukunft unter einem neuen Arbeitgeber die Pflicht erfüllen, wie sie es bisher gewohnt war, zu Ehre des deutschen Namens […] Möge ein neuer ‚Bergmannsfreund‘ die Tradition des Blattes weiterführen.“³ In der Völkerbundzeit von 1920 bis 1935 waren die Stein- kohlegruben des Saargebietes französisches Eigentum und trifft standen unter der Verwaltung der Administration des Mines „Gott grüß domaniales françaises de la Sarre. In dieser Zeit erschien kei- ne Werkzeitschrift. Eine weitere Lektüre, nicht nur für die Bergleute, erschien ab 1910 in Wiebelskirchen unter dem Titel Nach der Schicht – Zeitschrift zur Unterhaltung und Belehrung für das Volk. Nach Unterlagen des Landesarchivs Saarbrücken soll das die Kunst“* Blatt bereits im 19. Jahrhundert bestanden haben, die ersten erhaltenen Ausgaben stammen aus dem 6. Jahrgang 1910 und beginnen mit dem Novemberheft. Rechnet man die Jahrgän- ge zurück, müsste die erste Nummer jedoch erst im Jahre 1905 erschienen sein. In späteren Ausgaben ist dann auch der Vermerk zu finden „Gegründet im Jahre 1905 und herausge- geben von Migr. [Monsignore] Dechant Joh. Schütz und wei- Lektüre für tergeführt von Gerhard Schütz.“ den saarländischen Ab dem Jahrgang 1919 änderte sich der Untertitel in Illus Bergmann trierte Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung für das Volk. Noch kurz vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde der Titel 1932 wiederum gering- „Glückauf dem altehrwürdigen Bergmannsstande! Glückauf fügig geändert und lautete nun Illustrierte Zeitschrift zur Un- den deutschen Berggenossen all! Glückauf aber ganz beson- terhaltung und Belehrung für das Volk. An der inhaltlichen ders dem Saarbrücker Kohlenbergmanne!“ Ausrichtung hatte sich jedoch im Laufe der Jahrzehnte nichts Mit diesen Worten begrüßte Der Bergmannsfreund in sei- wesentliches geändert, das Blatt blieb eine katholische Fami- ner Gründungsausgabe am 1. Juli 1870 seine ersten Leser. lienzeitschrift. Während des Dritten Reichs und vor allem Doch bereits nach drei Nummern musste das Wochenblatt seit Beginn des Zweiten Weltkrieges stellte sich das Blatt in sein Erscheinen einstellen. Mit dem Ausbruch des Deutsch- den Dienst der Nazi-Propaganda. Um das Jahr 1940 erschien Französischen Krieges war Saarbrücken zum Kriegsgebiet zusätzlich eine vierseitige Beilage, die aus druckhistorischer geworden. Über ein Jahr später konnte ein neuer Anlauf ge- Sicht zu erwähnen ist, da sie im Rotationstiefdruck herge- nommen werden. Ab dem 7. Juli 1871 erschien das Wochen- stellt wurde. Dadurch konnten vor allem Fotos in einer recht blatt zur Unterhaltung und Belehrung für Bergleute, so der guten Qualität reproduziert werden. Die letzten erhaltenen Untertitel des Blattes, wieder regelmäßig.¹ Ausgaben der Zeitschrift Nach der Schicht im Landesarchiv Das Preußische Handelsministerium, zuständig für die Saarbrücken datieren auf den Jahrgang 1956. saarländischen Staatsgruben, hatte die Genehmigung für eine vierseitige Zeitschrift, die wöchentlich erscheinen sollte, er- Eine weitere christlich geprägte Publikation, die von 1920 bis teilt. Als Drucker und Verleger firmierten die „Gebrüder 1935 erschien, nannte sich Der Saar-Bergknappe – Organ Hofer in Saarbrücken (Expedition der Saarbrücker Zei- des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter für das Saar tung)“. Daher war es nicht verwunderlich, dass bereits am wirtschaftsgebiet. Im Zeitungskopf der jeden Samstag er- 21. Juni 1870 eine erste öffentliche Bekanntgabe in Form ei- scheinenden Ausgabe findet sich die zentrale Botschaft der ner Pränumeration in der Saarbrücker Zeitung Nr. 141 er- Publikation: „Für wirtschaftliche und geistige Hebung des schienen war. Die Zustellung konnte entweder durch die Bergarbeiterstandes“. Schriftleiter bis 1933 war der Politiker, Post erfolgen oder der Bergmannsfreund sollte durch „be- Gewerkschafter und Publizist Peter Kiefer. sondere zuverlässige Personen im Laufe des Freitagsnach- Von 1949 bis 1960 nahm man in Saarbrücken einen neuen mittag den Abonnenten in’s Haus getragen“ werden. Anlauf und ließ die Zeitschrift Der Saarbergknappe – Organ der Gewerkschaft Christlicher Saarbergleute erscheinen, die Etwas kleiner als unser heutiges DIN A4-Format konnte das ihren Namen nochmals ab 1960 leicht änderte. Endgültig Blatt, je nach Zustellungsart, zu 3 resp. 4 Silbergroschen pro stellte Der Bergknappe – Zeitung christlicher Bergarbeiter Quartal bezogen werden. Zu dieser Zeit betrug das durch- Deutschlands sein Erscheinen im Jahre 1966 ein. schnittliche Jahresgehalt eines saarländischen Bergmannes 950 Mark. Für 4 Silbergroschen konnte etwa ein halbes Dut- Drei weitere Publikationen, die sich in den 1930er Jahren de- zend Eier oder ein Liter Bier gekauft werden.² zidiert an Bergleute richteten, sind noch in wenigen Exemp- laren im Landesarchiv Saarbrücken und im Stadtarchiv Saar- Das Ende des Ersten Weltkrieges markierte auch eine Zäsur brücken zu finden. Es handelt sich um einige Hefte der in in der Geschichte des saarländischen Bergbaus. Nach der Saarbrücken erschienenen Zeitschrift Der deutsche Kumpel Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages trat Preu- aus dem Jahre 1934 sowie das im gleichen Jahr nachzuwei- ßen seine Rechte an den Saargruben an Frankreich ab. sende Publikationsorgan des Einheitsverbandes der Bergar- Mit der Ausgabe 28 vom 4. Juli 1919 stellte Der Berg- beiter des Saargebietes mit dem Haupttitel Der Grubenar- Holzschnitt auf dem mannsfreund sein Erscheinen ein und verabschiedete sich beiter. Ebenfalls in Saarbrücken erschien von 1933 bis 1935 Deckblatt des Jahresregisters der Zeitschrift Nach der Schicht, von seinen Lesern: „Der Bergmann, und insbesondere unse- Die Saar-Bergarbeiter-Zeitung – Organ des Verbandes deut- Jahrgang 32/1936 re schwarze Schar an der schönen Saar ist als pflichtgetreu scher Bergbauindustriearbeiter für das Saargebiet. 8 9
Gegenüber diesen wenigen erhaltenen Ausgaben findet man in den Archiven und Bibliotheken ein großes Konvo- lut der Zeitschrift Der Saarbergmann. Nach der Rückgliederung des Saarge- biets zum Deutschen Reich erschien sie ab dem 1. März 1935 als Werkzei- tung der Saargrubenverwaltung. Diese neue Zeitschrift wurde bei der Gebrü- der Hofer AG in Saarbrücken gedruckt, jeden zweiten Samstag kostenlos an alle Werksangehörige verteilt und er- schien in drei unterschiedlichen Regio nal-Ausgaben: Ausgabe Mitte für die Bereiche Dudweiler, Sulzbach, Göttel- born, Ausgabe Ost für Reden, Heinitz, Neunkirchen, Frankenholz und Aus- gabe West für Ensdorf, Luisenthal, Fürs tenhausen sowie für die Berghaupt verwaltung und die Saarknappschaft. Ab dem vierten Jahrgang 1938 änderte sich das typographische Erscheinungs- bild. Mit einer neu gestalteten Titelsei- te und mit einem dreispaltigen Text wollte Der Saarbergmann moderner und lesefreundlicher wirken. Inhalt- lich begann, wie bei fast allen Drucker- erzeugnissen der NS-Zeit, die Mobil- 1955 Der Bergmannsfreund. Zeitung zur Unterhaltung und Belehrung Nach der Schicht, Ausgabe 52/1936 machung und Propaganda. Nr. I für Bergleute, Ausgabe vom 3. Januar 1879 S. 3 Nach dem Ende des Zweiten Weltkrie- ges änderten sich wieder die Besitzver- hältnisse bei den Saargruben. Nach der amerikanischen Militärverwaltung Der Saar-Bergknappe – Organ des Gewerkvereins christlicher Der Saarbergmann, Werkzeitung der Saargrubenverwaltung, Gruppe Ost, Bergarbeiter für das Saarwirtschaftsgebiet, Ausgabe 1. März 1935 Ausgabe 20. Januar 1937 wurde ab dem 10. Juli 1945 die Saar- gruben-AG unter Sequester gestellt. Ab 1. Januar 1948 erhielt die „Régie des Mines de la Sarre“ sämtliche Abbau- rechte für die saarländischen Gruben und sechs Jahre später wurde das Un- ternehmen Saarbergwerke gegründet. Bereits seit dem 15. Januar 1947 hatte man mit der Herausgabe einer Lehr- lings-/Werkzeitung namens Der junge Bergmann der Saargruben begonnen, um die Tradition einer regelmäßig er- scheinenden Publikation fortzusetzen. Neben den Zeitungen und Zeitschrif- ten erschienen seit 1873 die Saarbrü- cker Bergmannskalender.⁴ Von der ers- ten Ausgabe ist leider kein Exemplar erhalten geblieben, aber anlässlich des 100. Jubiläums hatte man einen Arti- kel aus dem Kalender des Jahres 1932 reproduziert. Die Bedeutung des Ka- lenders fasste Traudl Brenner in der letzten Ausgabe im Jahre 2012 folgen- dermaßen zusammen: „Von 1873 an […] konnte man sich da- rauf verlassen: Ende Dezember war er da und half beim Einstieg in das kom- mende Jahr. Er informierte über Neue- rungen im Bergbau – an der Saar und anderswo. Über Personalien. Führte ein in regionale und weltweite Geschich- te, vermittelte Kunstverständnis, gab 10 11
Hundert Jahre. 1873–1973. Hundert Jahre. 1873–1973. Schacht und Heim. Werkzeitung der Saarbergwerke, Letzte Ausgabe der Beilage Der junge Bergmann der Saargruben, Saarbrücker Bergmannskalender, Saarbrücker Bergmannskalender, Erste Ausgabe vom 1. Juli 1955 Ausgabe Dezember 1955 Titelblatt Innenseite Saarberg, Werkzeitschrift des Saarberg-Konzerns, Bergmannskalender (vormals Saarbrücker Bergmannskalender), Ratschläge zu Hausbau, Tierhaltung, legen, eine auch nach außen hin sicht- vielfältig: Bergmannsleben und Berg- Ausgabe 1/2 1971 Letzte Ausgabe 2012 Kindererziehung. Er hielt auch – zumin- bare Gemeinschaft zu bilden, den Ent- mannsfeierabend, Gesundheitspflege, dest in den ersten Jahrzehnten, vor der schluß gefaßt haben, eine Betriebs Sport, Bergmännische Kultur, Kunst Zeit der heute üblichen Illustrierten und zeitschrift zu gründen. Was für diese für den Bergbau, Heimat an der Saar, Ratgeber – Tipps parat für die Hausfrau. Betriebe zutrifft, gilt um so mehr für Gedichte und Erzählungen, Sprüche für Die kleinen grauen Zellen wurden mit das bedeutendste Unternehmen im den Bergmann, Bergmännischer Hu- Hilfe von Rätseln – ganz schön schwe- Saarland, das mehr als 60 000 Bergleu- mor, Rätsel, Schach, Preisausschreiben ren oft – auf Zack gebracht. Und zur ten, Angestellten und Ingenieuren Ar- sowie Die Bergmannsfrau. Unterhaltung gab’s Geschichten, Schnur- beit und Brot gibt.“⁶ ren, auch ganze Seiten mit Witzen.“⁵ Die Leser der neuen Zeitschrift beteilig- Inhaltlich umfasste Schacht und Heim ten sich gleich zu Erscheinungsbeginn Doch zurück zu den Zeitungen und ein sehr weites Spektrum. Die Themen sehr intensiv und lieferten eigene Texte, Zeitschriften. Ab 1955 erschien Schacht zu den Bereichen ‚Arbeit‘ waren in fol- Fotos und Anregungen. Nach einigen und Heim, die Werkzeitung der Saar- gende Rubriken zusammengefasst: Monaten fasste die Redaktion nochmals bergwerke, die ab 1971 unter dem Titel Saargruben, sonstige Betriebe der Saar- die wichtigsten Ziele der Zeitschrift zu- Saarberg, Werkzeitschrift des Saarberg- bergwerke, Wirtschaftsleben, Bergbau- sammen: Konzerns, bis 2012 weitergeführt wurde. technik, Werkzeitung intern, Unfall- „Wenn die Werkzeitung jedoch Be- Im Geleitwort der ersten Ausgabe wur- verhütung und Rettungswesen, Natur rechtigung haben soll, darf sie weder ein de die Zielsetzung der neuen Zeitschrift und Technik, Bergbauliche Nachrich- Werbeorgan der Betriebsleitung noch von Pierre Couture, dem Generaldirek- ten, Verwaltungsfragen und Verbesse- ein ‚Beschwerde-Sammelbuch‘ von un- tor der Saarbergwerke, klar formuliert: rungsvorschläge, Der junge Bergmann, ten sein. […] Die Werkzeitung ist keine „Ohne auf die der Vergangenheit Ehre dem Bergmann sowie die sozialen Fachzeitschrift oder eine der vielen Il- angehörenden Werkzeitungen zurück- Einrichtungen der Saarbergwerke. lustrierten, auch kein billiges Roman- kommen zu wollen, steht es fest, daß Die Rubriken für den Bereich ‚Frei- heft oder Verbandsblatt für Kleintier- viele Unternehmen, die Wert darauf zeit und Familie‘ waren ebenfalls sehr züchter oder Kleingärtner. Sie ersetzt 1956 Nr. II S. 19 12 13
keine Gewerkschafts- oder Tageszei- Werner Medrow im Editorial der Januar- * Eine Grußformel der Buchdrucker, Schrift 1956 tung. Eine der ersten Aufgaben müßte Ausgabe: setzer und anderer „Jünger der Schwarzen Nr.VIII Kunst“. es sein, den Belegschaftsmitgliedern „Liebe Leser! Diese Ausgabe unserer S. 25 1 Zur Geschichte des Bergmannsfreundes vgl. eine ausreichende, verständliche Ori- Werkzeitschrift trägt einen anderen Na- Ludwig Bruch: Vor 100 Jahren gegründet: entierung über den Betrieb zu geben. men: SAARBERG. Der neue Titel ist „Der Bergmannsfreund“. Ein Zeitungskapitel aus der Geschichte des preußischen Saar Die Werkzeitung soll alle ansprechen eine Kurzform von Saarbergwerke, Saar- bergbaus, in: Saarbrücker Bergmannskalen- und wird die Möglichkeit bieten, uns bergbau und Saarberg-Konzern. […] Un- der 1970, S. 68–83. Joachim Heinz: Älteste Schaffende zu Wort kommen zu lassen. sere Werkzeitschrift ist ein Informations- deutsche Werkzeitschrift feiert 125-jähriges Jubiläum. Streifzüge durch eine wechselvolle Sie stellt den Kontakt zwischen Betrieb organ für alle Gesellschaften, die zu uns Geschichte der Werkzeitschrift, in: Berg- und Belegschaft her.“⁷ gehören. Die Belegschaftsziffer des ge- mannskalender 1996, S. 37–55. samten Konzerns liegt nach den neuesten 2 Vgl. Werner Kern: Zur Geschichte der Fried- richsthaler Glashütten, in: Friedrichsthal Mit der Einführung von Schacht und Stand bei mehr als 32000 Beschäftigten. Bildstock Maybach. Bilder und Dokumente Heim begannen auch Überlegungen, Davon gehören fast 21000 zu den Gru- zur Geschichte der Stadt, Heimat- und die bereits seit 1947 erschienene Zeit- benbetrieben unter und über Tage, rund Verkehrsv erein Friedrichsthal-Bildstock 1975. S. 70f. schrift Der junge Bergmann der Saar- 2700 zu den Veredlungsbetrieben und 3 Zitiert nach Joachim Heinz: Älteste deutsche gruben in die neue Werkzeitschrift zu 3300 zu anderen Betrieben. Etwa 5000 Werkzeitschrift feiert 125-jähriges Jubiläum. integrieren. Folgerichtig verabschiede- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Streifzüge durch eine wechselvolle Geschich- te sich die Redaktion im Januarheft den Tochtergesellschaften der Saarberg- te der Werkzeitschrift, in: Bergmannskalen- der 1996, S. 42. 1956 von dieser Publikation. Neben Gruppe bzw. des Saarberg-Konzerns tä- 4 Zur Geschichte der Bergmannskalender vgl. dem Abdruck der letzten Ausgabe des tig. […] Wie Sie wissen, haben die Saar- N. N.: Seit 1873 – Kalender mit Tradition, in: ‚Jungen Bergmanns‘ kündigten die Re- bergwerke in der letzten Zeit mehrere Bergmannskalender 1973, S. 39–45. Joachim Heinz: 125 Jahre Saarbrücker Bergmannska- dakteure an, dass „einige Seiten der Unternehmen erworben, die nicht mit lender. Zeitzeuge der wechselvollen Ge- Werkzeitung […] immer so gestaltet dem Bergbau verwandt sind, aber – so schichte des Saarbergbaus und seiner Region, sein [sollen], daß sie den jungen Berg- glauben wir – eines Tages mit zu den ge- in: Bergmannskalender 1998, S. 5–22. Delf Slotta: 130 Jahre Bergmannskalender. Seit mann besonders ansprechen oder gar winnbringenden Bereichen gehören wer- 1873 Zeitzeuge und Botschafter des saarlän- aus seinem eigenen Erleben berichten.“⁸ den. Die Erschließung neuer Aktivitäten dischen und deutschen Bergbaus, in: Berg- war auch ein Anlaß, unseren Werkzeit- mannskalender 2003, S. 18–42. Delf Slotta: 135 Jahre Bergmannskalender. Seit 1873 Zeit- Dieses Versprechen wurde auch mit schriften-Titel zu modernisieren.“⁹ zeuge und Botschafter des saarländischen und dem Abdruck einer typographisch ge- deutschen Bergbaus, in: Bergmannskalender stalteten Jugendseite eingelöst. In den Mit dem Ende des Steinkohlebergbaus 2008, S. 24–39. Traudl Brenner: Bergmanns- kalender im Wandel der Zeit. Eine der ältes- darauffolgenden Jahrgängen ver- im Saarland im Jahre 2012 stellte auch ten Firmenpublikationen der Welt erscheint schmolzen diese jugendorientierten die Werkzeitschrift ihr Erscheinen ein. zum letzten Mal, in: Bergmannskalender Inhalte jedoch mit neuen Rubriken Umso mehr freuen wir uns, dass wir an- 2012, S. 7–72. 5 Brenner, a. a. O., S. 7. und mit weiteren aktuellen Themen lässlich der Ausstellung Schacht und 6 Pierre Couture: Geleitwort des Generaldirek- entwickelte sich Schacht und Heim im Heim. Eine Zeitschrift für den saarlän- tors, in: Schacht und Heim, 1. Jg, Heft 1, Juli Laufe der Jahre ständig weiter. Die dischen Bergmann, die vom 8. Dezem- 1955, S. 3. nächste große Veränderung fand im 7 H. Stillemunkes: Stimme zu unserer Werkzei- ber 2017 bis 30. Juni 2018 im Deutschen tung, in: Schacht und Heim, 2. Jg, Heft 1, Ja- Jahre 1971 mit einem gestalterischen Zeitungsmuseum in Wadgassen zu se- nuar 1956, S. 16. und inhaltlichen Relaunch statt. hen ist, die vorliegende Sondernummer 8 Ein Baustein mehr!, in: Schacht und Heim, herausgeben dürfen. 2. Jg, Heft 1, Januar 1956, S. 17. 9 Werner Medrow: Liebe Leser!, in: Saarberg, Zur damit einhergehenden Namens Werkzeitschrift des Saarberg-Konzerns, Aus- änderung äußerte sich der Redakteur Text: Roger Münch gabe 1/2 1971. S. 2. 1961 Nr.V S. 14 14 15
2017 das soziale Leben im Saarland über Tage nachhaltig positiv Die riesigen Abraumhalden mitten in der ansonsten sanft prägte, nach dem Ende des Saarbergbaus nutzen? hügeligen Saarlandschaft erschienen so lange als hinnehmbar EIN RÜCKBLICK AUF Die Vielschichtigkeit der persönlichen Erinnerungen wur- oder gar positiv, wie jeder mit ihnen allgemeine Betriebsam- de in den Gesprächen mit manchen der „Ehemaligen“ davon keit und Aufschwung verbinden konnte. Während des Nie- ergänzt, wie sie den größeren Zusammenhang sahen, das dergangs des saarländischen Bergbaus verwandelten sie sich heißt die Sorte Widersprüche, die jede großindustrielle Nut- mehr und mehr in düster aufragende, unübersehbare Mene- SCHACHT UND HEIM IM zung einer ganzen Landschaft aufwirft. Wirtschaftlich und tekel, die zu begrünen man sich beeilte oder mit Kunstpro- gesellschaftlich diente die saarländische Kohle dem Aufbau jekten zu verschönern suchte. von Wohlstand und friedlichem Miteinander. Technisch war der Kohleabbau dagegen tatsächlich ein großflächiger Abbau EINE GROSSARTIGE ZEITSCHRIFT SAARLAND E rkenntnisse von landschaftlicher und unterirdischer Natur. Das weitver- Schacht und Heim ist gewissermaßen das glanzvolle Zentral Fragen und zweigte, in Teilen heute nicht mehr bekannte Netzwerk der Schächte, Streben und Abraumhallen unterhöhlt das Saar- organ der Hochphase des saarländischen Bergbaus in den 1950er und 1960er Jahren. Hier wurde auf ebenso anspruchs- land und erzwingt bis heute die Leerstandbewirtschaftung volle wie leicht zugängliche Weise eine ganze Welt entfaltet. durch Abpumpen des eindringenden Wassers. Im Falle der Arbeit erschien hier als nicht nur zweckhaft, gar als entfrem- Flutung drohen polychlorierte Byphenyle aus den Hydrau- einer det und funktional, sondern auch als Lebenssinn stiftend, als Wer das Saarland verstehen möchte, muss die Ge- likölen der unter Tage zurückgelassenen Maschinen das etwas, an dessen konkreter Ausgestaltung und Verbesserung schichte des saarländischen Bergbaus verstehen. Da- Grundwasser großflächig zu vergiften. Nach vielen einzel- sich jeder beteiligen konnte und mit dem er sich identifizie- bei hilft weniger die Technikgeschichte der Kohleförde- rung. Diese ist vielfach kompetent dokumentiert¹ und im Arbeitsgruppe nen Bergschäden an Häusern kam es 2008 durch einen groß- flächigen Grubeneinsturz zu einem starken Gebirgsschlag ren konnte. Regelmäßig wurden die von den Grubenleitun- gen angenommenen „Verbesserungsvorschläge“ der Ange- Wesentlichen auserzählt. Offener ist die Geschichte der kulturellen Bedeutung des Bergbaus geblieben. Die kul- turelle Geschichte des Saarbergbaus handelt davon, der H BKsaar mit einer Stärke von 4,5 auf der Richterskala. Das eigene Zu- hause, das zu bauen der Bergbau vielen ermöglicht hatte, wurde für einige von den Folgen eben jenes Bergbaus beschä- stellten mit Namen und ausgezahlter Prämie veröffentlicht. wie die Bergleute persönlich und seelisch mit der har- digt oder zerstört. Auch solche großen, gesamtge- 1959 ten Arbeit in Schacht und Strebe umgegangen sind. Wie INTERESSANTE WIDERSPRÜCHE sellschaftlichen Widersprüche bestimmen mit, Nr. V formte der Bergbau das Leben der Menschen – bei der Als die studentische Arbeitsgruppe der HBKsaar im Früh- als was der Bergbau im kulturellen Gedächt- S. 18 Arbeit unter Tage, im Alltag zuhause? Welche soziale jahr 2016 die Aufgabe übernahm, eine Ausstellung über die nis des Saarlandes erscheint. Kompetenz jedes einzelnen Bergmanns war notwendig, Bergmannszeitschrift Schacht und Heim (erschienen 1955 bis damit alle Bergleute am Ende einer Schicht wieder heil 1970) im Deutschen Zeitungsmuseum in Wadgassen zu ent- über Tage ankamen? Wie wurden die Bergmannsfami- wickeln, entschieden sich die Studierenden recht bald, den lien auch am helllichten Tag vom Geschehen unter Tage interessanten Widersprüchen zu folgen und so zur kulturel- geprägt? Wie blicken die ehemaligen Grubenbeschäf- len Geschichte des Saarbergbaus zu recherchieren. Das lag tigten heute nach dem langen Ende des Bergbaus auf auch deshalb nahe, weil viele das Bergbauthema aus intensi- diese Ära? ven Familienerzählungen kannten und von Kindesbeinen an erfahren hatten, dass die kohlegeschwärzte Untertagewelt TECHNIK UND KULTUR weder nach Ende einer Schicht noch nach dem wirtschafts- Das ist der Unterschied zwischen der technischen und der politischen Ende des saarländischen Bergbaus aus den Ge- kulturellen Geschichte des Bergbaus im Saarland: Mit den sprächen am Küchentisch verschwand. Einige Studierende Grubenschließungen seit den 1960er Jahren und dem zweiten stammen aus saarländischen Bergmannsfamilien, andere in großen Reduzierungsschub in den 1980er Jahren bis zum der Arbeitsgruppe aus osteuropäischen Bergbauregionen mit endgültigen Abbaustopp 2012 wurde die technische Ent- entsprechenden Erlebnisberichten von Onkel oder Großva- wicklungsgeschichte des Bergbaus im Saarland im Wesentli- ter. Technisch und wirtschaftlich hatte sich das Thema Berg chen nach und nach beendet. Die kulturelle Bedeutungsge- bau im Saarland nach dem Verkauf des defizitären Saarland- schichte jedoch geht weiter und ist aktuell bis heute. bergbaus an die Ruhrkohle AG 1997 für eine symbolische Denn die Kulturgeschichte handelt vom Deuten, Erinnern Mark dem Prinzip nach erledigt. Aber als Resonanzraum des und Bewältigen, von dem, was psychisch „verarbeiten“ ge- sozialen Lebens wirkt die kulturelle Prägung in der Kohle- nannt wird. Stärker als die Technik, die vom effizienten Agie- region fort. Die Studierenden wählten für die kulturge- ren in der Gegenwart und von ihrer Orientierung auf Zukunft schichtliche Recherche zwei hauptsächliche Forschungsfel- bestimmt ist, hat die alltagsweltlich gelebte Kultur mit dem der: die Programmatik und Gestaltung der Zeitschrift Reagieren, dem Nachdenken, dem nachträglichen Verstehen Schacht und Heim sowie die Leitfadeninterviews mit Zeit- zu tun. Um es in einer personalisierenden Metapher zuzuspit- zeugen im Sinne der oral history-Forschung. zen: Die ewig jugendliche Technikkompetenz reißt hoff- In den Erzählungen der befragten Zeitzeugen sind es oft nungsfroh und risikobereit große Projekte auf und ist sich die Gegensätze und thematischen Spannungen, die die Spur stets sicher, mögliche Folgeprobleme ebenso hoffnungsfroh des Unerledigten, also des bis heute Aktuellen, markieren. In in der Zukunft mit dann noch mehr Technikkompetenz lösen den Erinnerungen der ehemaligen Bergleute erscheint die da- zu können. Die erwachsene Kultur dagegen nimmt langsamer, malige Arbeitswelt von Kollegialität und sozialem Zusam- reifer und nachdenklicher wahr, wie die Vergangenheit mit menhalt geprägt, aber zugleich als physisch sehr hart, ge- ungelösten, weiter wirkenden Fragen die Gegenwart beein- sundheitlich belastend und gefährlich. Warum nimmt ein flusst und welchen Umgang oder welche Lösung die aus der Bergmann grobes Werkzeug und schweres Gerät aus einer Vergangenheit offen gebliebenen Probleme heute finden kön- solchen Arbeitswelt mit nach Hause und macht es in seinem nen. Beide Haltungen – kenntnisreiche Technikbegeisterung Wohnzimmer oder Garten zu Schmuck und schöner Erinne- und rückblickende Nachdenklichkeit bis hin zur Melancho- rung (vgl. S. 21ff)? Wie passt die Treue zum langjährigen, lie – prägen oft die Aussagen von ein und derselben Person, durchaus fürsorglichen Arbeitgeber dazu, dass das stille Mit- mitunter sogar innerhalb eines Satzes. So hat es die kuratori- nehmen von Arbeitsgeräten durch den einen oder anderen sche Arbeitsgruppe der der Hochschule der Bildenden Küns- Arbeitnehmer eigentumsrechtlich nie ganz korrekt gewesen te Saar (HBKsaar) in den letzten eineinhalb Jahren bei ihren sein kann? Wozu kann der außerordentliche kollegiale Zu- Interviews und vorbereitenden Gesprächen zu dem Ausstel- sammenhalt der Bergleute, der unter Tage schlichtweg über- lungsprojekt Schacht und Heim vielfach erlebt.² lebensnotwendig war und der bis in die 1980er Jahre auch 16 17
1968 Außerdem wurden Arbeit und Leistung nicht isoliert thema- begehbares Computerspiel. Eine aufwendige 360°-Simulation 1962 IV/ V tisiert, sondern ausführlich in Beziehung gesetzt zu Themen macht in einem hierfür entwickelten „Förderkorb“ die Ein- Nr.XI S. 5 wie Angeln in der Freizeit, Urlaub, Familie, Kindererziehung, fahrt in die Grube nacherlebbar. Schließlich und nicht zuletzt S. 5 Kunst, Historisches, Fotowettbewerbe, Witzseite und Schach ist das Layout der vorliegenden Publikation als Hommage ecke. In einer Zeit, als Fernseher kaum verbreitet und sehr an die Glanzzeiten von Schacht und Heim zu verstehen. wenige Programme zu empfangen waren, wirkten viele Bei- Ausstellung und Publikation sprechen mit ihrer Bandbrei- träge wie Anleitungen zum guten Leben mit einer als sinnvoll te von interaktiven Erlebniselementen bis zu historisch ge- empfunden Arbeit und vielen darüber hinausgehenden Inte- wordenen Originalobjekten alle Publikumsaltersgruppen an ressen. Heute liest sich manches wie ein Bericht aus einer und möchten so eine Bergbauvergangenheit heute zugäng- vergangenen Welt von Zusammenhalt und Kollegialität, als lich machen, die früher einmal direkt oder indirekt den Alltag noch niemand den Angestelltentypus des neoliberal isolierten fast aller saarländischen Bevölkerungsgruppen betraf. Selbstoptimierers vorhersehen konnte. Der Beitrag „Die Ka- meraden stellten ihm den Rohbau hin“ etwa berichtet mit DER GRÖSSERE ZUSAMMENHANG Baustellenfoto und Namen von einem Bergmann, der nach Die kuratorische Arbeitsgruppe begann die eigenartige Mi- einem schweren Unfall an seinem Hausbau zu scheitern schung aus Stolz und Melancholie in den Interviews mit den droht und dem die Kollegen seiner „Partie“ der Grube Ens- „Ehemaligen“ besser zu verstehen, als einige der Befragten dorf in monatelanger Freizeitarbeit tatkräftig über diese Kri- wirtschaftspolitische Hintergründe erklärten. In den 1950er se hinweghelfen: „ein leuchtendes Beispiel“. und 1960er Jahren hatte der saarländische Bergbau noch frag- Hier wie auch in den vielen Berichten über Ausbildung und sozialpartnerschaftlichen Wohlfahrtsstaats mit seinem ganz- los der politisch gewollten Energiebevorratung gedient. Lehrlinge ist mitunter ein erzieherischer Unterton zu bemer- heitlichen Menschenbild. „Der Mensch ist das wertvollste Staatliches Handeln, gleichgültig ob unter deutscher oder ken. Nüchtern betrachtet war die Werkzeitung auch stets Me- Gut“ ist eine typische Überschrift, im zugehörigen Beitrag französischer Regierungsmacht, hatte sich seit dem 19. Jahr- dium von Mitteilungen der Arbeitgeber an ihre Angestellten. durchaus ernsthaft begründet. Angesprochen wurde nicht al- hundert für seine Friedens- und Kriegsindustrie stets auf die Der bevormundende Ton von Sicherheitshinweisen wie bei- lein der Bergbaubeschäftigte unter Tage, sondern der Mensch, eigene Kohle gestützt. Die hohen Förderkosten pro Tonne spielweise „Rauchverbot unter und über Tage“ direkt als auch über Tage. Auf fast ikonische Weise vermochten manche waren dem Staat als Aktienbesitzer der Saarbergwerke (ab Aufmacher wird allerdings auf der gegenüberliegenden Seite Ausgaben der Zeitschrift dies in ihrem hauptsächlich schwarz- 1957 Saarland und Bundesrepublik) weniger wichtig als die sofort ausgeglichen durch Fotografien aus dem Wettbewerb: weißen Layout auszudrücken: Bergleute in der dunklen Gru- strategische Verfügung über die Kohle als heimische Energie- „Der Saarbergmann und seine eigene Welt“, den die Zeitschrift be und in der hellen Winterfreizeit beim Skifahren. quelle. Ab den 1980er Jahren aber sollten die saarländischen für die Freizeitfotografen unter den Bergleuten organisierte. Schon der Titel der Werkzeitung der Saarbergwerke AG Gruben wirtschaftlich konkurrenzfähig agieren und mög- Mit Schacht und Heim sollten die lesenden Arbeiter durchaus spielte journalistisch mit der Spanne zwischen Schacht und lichst wenig von staatlicher Subvention gestützt werden. Im angeleitet werden – zu Leistung und Ordnung am Arbeits- Heim und behandelte alle Themen: Arbeit und Privatleben, kalten Licht internationaler Kostenvergleiche erschien der platz, aber auch dazu, sich für die Welt außerhalb der Grube Kollegen und Familie, instrumentelle Zweckhaftigkeit und Saarbergbau defizitär, und das Ansehen des Bergmannsberu- zu interessieren und sich zu bilden. Charakteristisch blieb die musische Freizeit, Akkordarbeit und Sport, Technik und Kul- fes schlug um in etwas Nostalgisches, nicht mehr Zeitgemä- redaktionelle Balance von Bevormundung und Fürsorge. Das tur, Leistungsbilanz und Weihnachtsgedicht, prämierte inner- ßes. Im Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg hatten dahinter stehende, zeittypisch paternalistische Modell des gu- betriebliche Verbesserungsvorschläge und Tipps fürs private Wirtschaftspolitiker und Arbeitgeber – im Saarland nicht zu- ten Chefs mag heute spontan befremden, vermochte aller- Sparen. Statistiken zum Saarbergbau oder zur Wirtschaftsent- letzt durch die Zeitschrift Schacht und Heim – dem einzelnen dings nach dem Zweiten Weltkrieg und den französisch- wicklung in Deutschland wurden wenige Seiten später er- Grubenmitarbeiter Wertschätzung und Respekt für seine deutschen Wechsel- und Mischverwaltungen im Saarland gänzt durch „Naturgedichte des Bergmannsdichters“. persönlich schwere, gesamtwirtschaftlich zentrale Arbeits- sehr großen Gruppen von spezialisierten Arbeitern³ berufli- Die studentische Kuratorengruppe präsentiert in der Aus- leistung vermittelt. Plötzlich war alles anders. Das ließ sich che Orientierung und einen respektablen Platz in der Wie- stellung und in der vorliegenden Publikation die Erinnerun- finanztechnisch völlig logisch, aber lebens- und mentalitäts- deraufbaugesellschaft zu bieten. Die staatlichen Aktienbesit- gen der Zeitzeugen in Gesprächsform als Video bzw. als In- geschichtlich von den Bergleuten überhaupt nicht nachvoll- zer der Saarbergwerke vermittelten in ihrer Werkzeitung terview (vgl. S. 34ff). Beim Eintritt in die Ausstellung ziehen. Einerseits war es offensichtlich sinnlos, die heimische Schacht und Heim durchaus Prinzipien der kapitalistischen durchwandert der Ausstellungsbesucher zuerst eine nach Industrie und Wirtschaft mit einem Rohstoff absichern zu Leistungsgesellschaft, aber ebenso sehr das Leitbild des gebaute, stockfinstere Strebe, eine Passage zurück in eine wollen, den zu gewinnen unwirtschaftlich geworden war. vergangene Zeit. Direkt am Streben- Andererseits gab es weiterhin das komplexe Gebilde eines be- 1962 ausgang lässt – als damaliger Lebens- sonderen sozialen Zusammenhalts, die spezielle Arbeitskul- Nr.VIII mittelpunkt der saarländischen Berg- tur der Bergleute, ohne die der gefährliche und mühsame Ab- Aufgabe, eine Museumsausstellung zu einer grafisch und in- S. 3 mannsfamilie – eine „Küch“ mit bau unvorstellbar riesiger Tonnagemengen von Kohle aus haltlich anspruchsvoll gemachten Fachzeitschrift der 1960er angeschlossener Kleintierhaltung den dem Dunkel des Unterirdischen nie möglich gewesen wäre. Jahre zu entwickeln. Nun hofft sie, mit der Präsentation im Alltag der 1950er Jahre über Tage le- Das komplexe Gebilde der bergmännischen Arbeitskultur lag Deutschen Zeitungsmuseum ein wenig dazu beizutragen, bendig werden. Eine Brücke über die nun am Boden wie ein verlassener Bienenstock mit seinen dass das Saarland seine eigene, oft sprachlose Mentalitätsge- Zeiten schlägt der Damals- Heute- wunderbaren Strukturen, eine Art soziale Plastik, bestau- schichte besser versteht. Vergleich in der Ausstellung und in nenswert schön, intakt, aber ohne weitere Aufgaben. Die der Publikation (vgl. S. 21ff). Ausge- Trauer über das Ende des Bergbaus im Saarland ist heute so Text: Matthias Winzen hend von schwarz-weißen Aufnah- unsichtbar und doch so groß wie das riesige Loch, das all die men von Arbeitsgerät unter Tage in Schächte, Stollen, Streben und Alten Männer unter der Ober- 1 Zu erwähnen sind die zahlreichen Publikationen von Delf Slotta (Überblick Schacht und Heim recherchierte die fläche des Saarlandes zusammengenommen ergeben. Einige über seine jahrzehntelange pulizistische Tätigkeit zum Thema: http://www.delfslotta.de/index.php/publikationen/gesamtverzeichnis) Gruppe die heutige Verwendung der „Ehemalige“ erzählten der Arbeitsgruppe von ihrer Enttäu- und von Gregor Zewe (u. a. Der Kohlebergbau im Saarland in historischen Loren, Abbauhämmer, Abteufkübel, schung, ja kalten Wut über – gut gemeinte – offizielle Bewäl- Ansichten. Dillingen 2011). Beiden Herren sei für die Unterstützung der Förderkörbe und Grubenloks als tigungsveranstaltungen wie etwa die „Beerdigungsfeier“ zum Vorbereitung von Ausstellung und Begleitpublikation herzlich gedankt. 2 Zur studentischen Arbeitsgruppe gehören: Kim Beck, Roman Conrad, Sven Schmuck oder Denkmal in saarländi- endgültigen Ende des saarländischen Bergbaus in Ensdorf im Ehses, Benedikt Gillenberg, Jana Lepple, Hanna Lutz, Laura Lücke, Veronika schen Vorgärten oder auf Verkehrs Juli 2012. Die ambivalenten Gefühle beziehen sich dabei we- Müller, Sarah Philippi, Michael Ruffing, Leon Sauerwald, Michael Schmitz, inseln. Der anspruchsvollen Fotore- niger auf die übermächtig erscheinenden wirtschaftspoliti- Corinna Schneider, Ralph Schneider, Julia Schulz, Marco Siweris, Artjom Steiz, Stefan Törmer, Felix Wilcken. Die Arbeitsgruppe entstand zunächst daktion von Schacht und Heim ist schen Argumente für das Bergbauende. Viel irritierender sei, in den Masterstudiengängen „Ausstellungswesen/Kuartieren“ und „Muse- in der Ausstellung eine klassische Fo- dass der legendäre soziale Zusammenhalt der Bergleute zwar umspädagogik“ unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Winzen. Bald er- togaleriesituation gewidmet. Auf spie- immer feierlich gelobt werde, aber im heutigen Saarland kei- weiterte sich das Team um Studierende des Studiengangs „Media, Art and lerische Weise können die Ausstel- ne Anknüpfpunkte und keinen konkreten Sinn mehr habe. Design“ unter der Leitung von Prof. Burkhard Detzler. 3 Ende der 1950er Jahre waren über 60.000 Beschäftigte im Bergbau tätig; lungsbesucher den „Escape Room“ Die kuratorische Arbeitsgruppe der Studierenden über- rund 57% aller saarländischen Arbeitsplätze gehörten zur Kohle- oder, da- erkunden, eine Art realdimensionales, nahm frohgemut und unvoreingenommen Anfang 2016 die mit verknüpft, zur Stahlindustrie. 18 19
1966 2017 Arbeitsgerät Nr.VIII S. 31 unter Tage — Schmuck über Tage Während der Recherche zur Ausstellung Schacht und Heim. Bergbaugegenstände kann man 2017 in zahlreichen saar- Eine Zeitschrift für den saarländischen Bergmann im Deut- ländischen Dörfern bewundern. Subtil schmücken sie Orts- schen Zeitungsmuseum in Wadgassen, stellte sich uns die kerne und manchmal sogar Vorgärten. Doch auch das ein zentrale Frage: Wie können wir eine Verbindung zwischen oder andere Restaurant oder gar mancher Supermarkt be- Vergangenheit und Gegenwart knüpfen? dient sich ihrer. Vom Förderwagen, der Lok, der S chrämwalze Die Antwort lag direkt vor unserer Nase. Die Zeitschrift bis hin zum Kreislaufgerät kann man hier so einiges vorfin- Schacht und Heim lebte von ihren wunderbaren Fotografien. den, das einst die Arbeit unter Tage in den saarländischen Kaum ein Artikel kam ohne sie aus. Erst recht nicht das Co- Gruben gewährleistete. Einen kleinen Überblick möchten ver. Die dort gezeigten Objekte kamen uns wohl vertraut vor. wir Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten. Fotos: Stefan Törmer, Text: Corinna Schneider 1965 Nr.VIII S. 31 20 21
1959 2017 Gesteinsstrecken Förderwagen im vortrieb mit E rlebnisbergwerk Förderwagen Velsen 1960 2017 Müde von der Arbeit Kaffeebleche im mit Kaffeeblech Garagenstollen von Manfred Berwanger in Nalbach-Körprich 22 23
1960 2017 Seilscheibe am Seilscheiben in Schacht Frieda, Saarbrücken- Grube Maybach Jägersfreude 1960 2017 Wetterlampen — Wetterlampen im Sinnbild der Gruben Garagenstollen von sicherheit Manfred Berwanger in Nalbach-Körprich 24 25
1961 2017 Berglehrlinge in der Bewetterungslutte im Lehrstätte Camphausen Garagenstollen von bei der Reparatur einer Manfred Berwanger in Kunststoff-Lutte Nalbach-Körprich 1963 2017 Förderwagen in der Förderwagen in Grube Warndt beim F ischbach-Camphausen Laden 26 27
1963 2017 Während der „Glück Auf, Frisch Auf“, Halbschicht im Supermarkt Rewe in Streb I 24 West Heusweiler der Grube Warndt 2017 1963 Schrämwalze vor dem Muss immer im Auge alten Casino der behalten werden: Grube Camphausen der Kohlenstoß 28 29
1966 2017 Seilscheibe auf Seilscheiben in einem Förderturm F ischbach-Camphausen 1969 2017 Besuch bei der Regenerations Bergbau-Forschung geräte im Erlebnis in E ssen-Kray: in der bergwerk Velsen Hauptstelle für das Grubenrettungswesen 30 31
1970 2017 Die Ausbildung Wassertrogsperre im zum Knappen sieht Garagenstollen von auch Unterweisungen Manfred Berwanger in grubensicherheit in Nalbach-Körprich lichen Arbeiten vor, hier Füllen von Wasser trogsperren im Lehr stollen Camphausen 1970 2017 Bergmänner der Kreislaufgerät über Hauptrettungsstelle einer Gemüsebar, der Saarbergwerke Supermarkt Rewe in bei einer Schulung Heusweiler und Übung mit Kreis laufgeräten Träger BG 160A 32 33
2017 1955 I UND DANN Nr. HILDEGARD HOFFMANN war 40 S. 16 Jahre lang bei den Saarbergwer- ken als Redakteurin beschäftigt. Als eine von zwei Mitarbeiter/innen der Werksredaktion prägte ihre Arbeit GAB ES EBEN maßgeblich die Zeitschrift Schacht und Heim. Ihre Neugier und Offenheit inmitten einer männerdominierten Branche verhalfen ihr zu einer denk- würdigen und bewundernswerten DIE Karriere. Ihren Charme und Witz hat sie bis heute behalten, wovon wir uns bei einer Tasse Tee selbst über- 1957 zeugen durften. Nr. II S. 21 Frau Hoffmann, wie sind Sie zu Ih- GUTZJA, rem Job in der Redaktion der Schacht und Heim gekommen? Nun, ich war ein richtiges Kriegskind. 1939 brach der Krieg aus. Ich war hier auf der Handelsschule, als wir evaku- es sollte ja nicht iert wurden. In Thüringen gab es weit und breit keine Handelsschule. Dort sollte meine Mutter eine Lehrstelle für mich suchen. Mein Vater war Polizei- geraucht werden, beamter, er musste hier in Saarbrücken bleiben. Als wir dann aus der Evaku- ierung nach Hause kamen, konnte ich die Handelsschule hier nicht weiter- nicht wahr? machen und da kannte mein Paddi/ Patenonkel jemanden bei den Saarberg- werken, bei der Bergwerksdirektion. Da sagte mein Vater: „Dann gehste ma vorerst dorthin und wenn die Handels- schule wieder aufmacht, dann machste Problem. Sie haben ja schon Produkti- war eben DAS Informationsorgan der da weiter.“ Darauf ich: „Papa, ich will onen auf den Tisch gelegt.“, und daraus Belegschaft über die Ereignisse im Un- bei den Saargruben bleiben.“ –„War- sind 40 Jahre Saarbergwerke geworden. ternehmen. um?“– „Sacht jeder Sie zu mir.“ Wie hoch war denn die Auflage Wer hat sich um die Gestaltung Dort habe ich dann für die Werk- der Werkzeitschrift zu Ihrer Zeit? der Zeitschrift gekümmert? zeitschrift geschrieben. Aus dem Be- Sie ging schon mal an 65.000 Beleg- Den Satz hat die Saarbrücker Zeitung reich der Jugend. Schließlich wurde schaftsmitglieder. Diese mussten die übernommen. Wir haben die Manu- ich mit einem Stückchen Betriebs ersten Ausgaben der Werkzeitschrift skripte gemacht und genau am Rand kenntnis in die Redaktion abgeworben. aber nicht kaufen, sondern konnten sie markiert, wie es gesetzt werden soll. Da meinte Uli Wagner: „Das ist kein einfach beziehen. Die Werkzeitschrift Das ging in die Setzerei und dann 1965 1965 Nr.VII Nr.VII S. 14 S. 15 34 35
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