Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm

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Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020
Berichtszeitraum 2017 – 2019
Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
Vorwort									4

1     Der Sozialraum Mitte/Ost							6

2     Das Sozialraumteam								8

3     Zentrale Aufgabengebiete und Leistungen					10

4     Sozialraumbezogene Aufgabengebiete und Leistungen in Mitte/Ost		     12

4.1   Bildungs- und Teilhabeleistungen (BuT) in Mitte/Ost					              12
4.2   Soziale Vergünstigungen in der Erstanlaufstelle					                  13
4.3   Sozialer Dienst für Ältere und präventive Hausbesuche bei Senioren			 13
4.4   Sozialhilfe									14
4.5   Kommunaler Sozialer Dienst (KSD)							16
4.6   Fallunspezifische Projekte in den Jahren 2017 bis 2019				            16
4.7   Sozialarbeit an Schulen								18
4.8   Offene Kinder- und Jugendarbeit							19
4.9   Mobile Jugendarbeit								21

5     Berichte aus dem Sozialraum							24

5.1   Das Forum im Sozialraum								24
5.2   Stadtteilkoordination und Regionale Planungsgruppe,
		    das Bürgerhaus Mitte und das Karlsplatzfest						                     25
5.3   Jugendhilfe-Schwerpunktträger des Sozialraums: Zentrum >guterhirte<		 26
5.4   Die Familienzentren im Sozialraum							28

6     Ausblick									30

      Impressum									31

                                                                                 3
Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
Vorwort

    Zuletzt wurde im Herbst 2017 ein Sozialraumbe-                                  Die Sozialraumteamleiter
    richt Mitte/Ost veröffentlicht. Sozialraumberichte                              Siegfried Sauter und Claudius Faul
    werden alle drei Jahre erstellt. Dieser neue Bericht                            © Stadtarchiv Ulm
    bezieht sich auf die Jahre 2017 bis 2019 und soll
    einen Überblick über die Entwicklungen in diesem
    Zeitraum geben. Dabei ist uns eine hoffentlich
    interessante und gut lesbare Darstellung von           Team, welches durch die Zusammenlegung der
    ausgewählten Arbeitsbereichen und Themen               ehemaligen Abteilungen Ältere, Behinderte und
    wichtiger, als eine umfassende Aufstellung. Der        Integration (ABI) sowie Familie, Kinder und Jugend
    Bericht enthält eine Beschreibung der sozialraum-      (FAM) für den Sozialraum Mitte/Ost entstanden
    bezogenen Aufgabengebiete unseres Teams von            ist. Da saß plötzlich die Mitarbeiterin der Jugend-
    der Offenen Kinder- und Jugendarbeit über die          hilfe neben der des Sozialen Dienstes für Ältere.
    Sozialhilfe und den Kommunalen Sozialen Dienst         Da war der Schulsozialarbeiter im selben Team wie
    bis zur Arbeit mit älteren Menschen. Ergänzend         die Sachbearbeiterin der Eingliederungshilfe. Es
    werden einige wenige, zentrale Aufgabengebiete         ergaben sich spannende, neue Blickwinkel, auch
    beschrieben, in denen sich im Berichtszeitraum         neue, direkte Möglichkeiten eines kollegialen
    besondere Entwicklungen ergeben haben, wie             Von-Einander Lernens, neue Möglichkeiten der
    zum Beispiel die neu eingeführte Onlinebera-           Zusammenarbeit, aber auch Verluste an alten, lieb
    tung der Jugendberatungsstelle. Andere zentrale        gewonnen Kolleginnen und Kollegen und einge-
    Aufgabengebiete bleiben diesmal außen vor, was         spielten Teams. Die Organisation von Vertretung
    nicht bedeutet, dass sie uns weniger wichtig sind.     während Urlaub oder Krankheit hat sich aufgrund
                                                           der nun kleineren Arbeitseinheiten im Sozialraum
    Eine besondere Herausforderung für das Team            erschwert, ab und zu mussten Mitarbeitende
    war das Finden und Zusammenwachsen im Groß-            anderer Sozialräume aushelfen.

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Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
Für die Teamleitung war der Umgang mit der             um sich zu treffen und dort aufzuhalten. Es wird
Größe des Teams und der Komplexität der vielen         auch Alkohol konsumiert und manchmal wird
Aufgabenbereiche eine besondere Herausforde-           im Umfeld mit illegalen Drogen gehandelt. Dies
rung. Da im Zuge der Umsetzung der Sozialraum-         führt dann regelmäßig zu Beschwerden seitens
orientierung im Jahr 2016 nahezu alle zentralen        der angrenzenden Nachbarschaft und den umlie-
Aufgabengebiete des Abteilungen ABI und FAM,           genden Geschäften. Immer wieder kommt es
welche nicht dezentralisiert wurden, dem Sozial-       daraufhin zu Vertreibungen einzelner Personen-
raum Mitte/Ost zugeordnet wurden, entstand             gruppen. Die Stadtgesellschaft hat – jenseits der
ein Team mit anfänglich knapp sechzig Mitarbei-        geltenden Regeln und Gesetze – bislang (noch)
tenden. Heute sind es bereits über achtzig. Und        keine Kriterien gefunden, unter welchen Rahmen-
während die anderen vier Sozialraumteams jeweils       bedingungen sich die Menschen im öffentli-
aus zwölf verschiedenen, sozialräumlich agie-          chen Raum aufhalten können. Wem gehört der
renden Arbeitsbereichen bestanden, waren im            öffentliche Raum? Wer gehört in den öffentlichen
Team Mitte/Ost durch die zentralen Aufgabenge-         Raum? Ein Stück weit stellen auch wir mit diesem
biete (siehe 3.) doppelt so viele verschiedene Auf­­   Sozialraumbericht diese Frage und nehmen Sie mit
ga­benbereiche zu verantworten.                        auf eine Foto-Tour durch „unseren“ Sozialraum.

Der Sozialraum Mitte/Ost ist bestückt mit zahlrei-     Claudius Faul und Siegfried Sauter
chen sehr schönen Plätzen im öffentlichen Raum.
Diese Plätze sind teils bewirtschaftet, teils mit
Spielgeräten oder Grünanlagen ausgestattet. Die
Plätze sind attraktiv für die Bürgerschaft. Natür-
lich haben sie auch enorme Anziehungskraft für
Menschen, die keinen Balkon, keinen Garten, teils
keine Wohnung haben und es sich nicht leisten
können sich in Gaststätten zu treffen. Diese Perso-
nengruppen nutzen gerne den öffentlichen Raum,
                                                                               Vielfältige Nutzung der Donau-
                                                                               wiese: Freizeit, Touristen, Treffpunkt
                                                                               junger Menschen, Radverkehr
                                                                               © Stadtarchiv Ulm

                                                                                                                        5
Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
1 Der Sozialraum Mitte/Ost

    Der Sozialraum Mitte/Ost umfasst die Stadt-          Gegenüber den anderen vier Sozialräumen lassen
    teile Stadtmitte, Neustadt – das Viertel rund        sich zwei Besonderheiten feststellen:
    um den Karlsplatz, die Oststadt mit der Frie-        Zum einen steht für die Bewohnerinnen und
    drichsau sowie den Michelsberg und den               Bewohner des Sozialraums eine sehr große Anzahl
    Safranberg.                                          an Angeboten aus den Bereichen Handel, Nahver-
                                                         sorgung, Gesundheitswesen etc. zur Verfügung.
    Die Bevölkerungszahlen sind gegenüber dem            Auch der Großteil der behördlichen und sozi-
    letzten Bericht leicht auf zwischenzeitlich gut      alen Institutionen sowie Beratungseinrichtungen
    24.000 Menschen angestiegen. Besonders in            befinden sich in der Innenstadt. Die Auswahl ist
    der Stadtmitte werden seit vielen Jahren immer       groß, die Wege sind kurz. Allerdings verstehen sich
    wieder Gebäude oder kleinere Quartiere saniert,      die meisten dieser Institutionen nicht exklusiv als
    dort wird vielfach neues Eigentum geschaffen         lokales Angebot für die Bewohnerschaft des Sozi-
    Die Mieten sind deutlich gestiegen. Zuletzt sind     alraums, sondern für alle Ulmerinnen und Ulmer
    einige Bauprojekte realisiert worden, die wegen      und teilweise auch für die Menschen der Region
    der kurzen Wege in der Innenstadt besonders für      Ulm/Neu-Ulm. Der örtliche Bezug im Sozialraum
    ältere Menschen attraktiv sind. Dadurch sind Gent-   ist folglich weniger gegeben. Auch die Vernetzung
    rifizierungsprozesse im Sozialraum zu beobachten.    innerhalb des Sozialraums ist weniger ausgeprägt
    Der Anteil von Menschen in guten und gesicherten     als in anderen Sozialräumen. Aus diesem Grunde
    wirtschaftlichen Verhältnissen ist gestiegen,        beschränkt sich zum Beispiel das Forum im Sozial-
    ebenso der Anteil an Ein- und Zweipersonenhaus-      raum (siehe 4.1.) auf die Neustadt und die Oststadt,
    halten. Menschen unter 18 Jahren – und somit         wo der räumliche Bezug der Kooperationspartner
    auch Familien – sind in Mitte/Ost gegenüber der      des Sozialraumteams stärker ausgeprägt ist.
    Gesamtstadt unterrepräsentiert. Demgegenüber
    ist der Anteil von hochbetagten Menschen beson-      Ähnlich verhält es sich auch mit den Bewohne-
    ders hoch, was insbesondere auch an der großen       rinnen und Bewohnern des Sozialraums. Vor allem
    Anzahl an Seniorenzenten und Pflegeheimen            bei den „Innenstädtlern“ sehen wir eine geringere
    liegt. Der Sozialraum hat im gesamtstädtischen       Sozialraumbindung bzw. Identität als beispiels-
    Vergleich den geringsten Anteil an Menschen mit      weise bei großen Teilen der Bewohnerschaft
    internationalen Wurzeln, allerdings gibt es hier     aus Wiblingen, Söflingen, am Eselsberg oder in
    deutliche Unterschiede in den einzelnen Stadtvier-   Böfingen. In der Ost- und der Neustadt, sowie
    teln. Besonders viele dieser Menschen wohnen in      insbesondere auch am Michels- und Safranberg
    der Neustadt sowie entlang der Karlstraße. Hier      ist dies wiederum deutlich anders. Die Identifizie-
    sind die Wohnungen vergleichsweise günstig.          rung mit dem jeweiligen Quartier ist dort größer.
    Sehr homogene Bevölkerungsgruppen mit wenig          Diese Einschätzung lässt sich weniger mit Zahlen
    Veränderungsdynamik finden sich vor allem am         denn mit den subjektiven Eindrücken der Mitarbei-
    Michels- und am Safranberg.                          tenden des Sozialraumteams belegen.

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Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
über
              80 Jahre      unter
              6,5%          18 Jahre
65–80 Jahre                 11,7%
11,2%

              18–65 Jahre
              70,6%

                                       Großstadtflair am Karlsplatz:
                                       spielende Kinder, Schach- und
                                       Boule-Spieler neben der „Szene“
                                       mit Trinken im öffentlichen Raum
                                       © Stadtarchiv Ulm

                                                                          7
Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
2 Das Sozialraumteam

2016 wurde das Sozialraumteam Mitte-Ost mit           Mitarbeitende gewachsen ist, wurde eine weitere
den Arbeitsfeldern Jugendhilfe, Eingliederungshilfe   100% Stelle als stellvertretende Sozialraumteam-
und Altenhilfe zusammengeführt. Die behördli-         leitung geschaffen. Insgesamt stehen seitdem drei
chen Bereiche kamen im Grünen Hof 5 unter.            Vollzeitstellen Leitung zur Verfügung. Die stell-
                                                      vertretenden Teamleitungen sind Frau Flohr (wird
Die Schulsozialarbeit, die Mobile Jugendarbeit,       nach deren Ausscheiden im Juni 2020 ab Oktober
die Offene Kinder-und Jugendarbeit, der Jugend-       2020 durch Herrn Schatz ersetzt) und Herr Peters.
schutz / Jugendmedienschutz und die Kontakt-          Beide verantworten jeweils eigene Arbeitsbe-
stelle Migration haben ihre Anlaufstellen in dezen-   reiche.
tralen Außenstellen vor Ort im Sozialraum.
                                                      Neben den sozialräumlichen Arbeitsbereichen
Wie im Sozialraumbericht von 2017 erwähnt,            wurden 2016 auch die zentralen Dienste der
war der Platz für die Mitarbeitenden im Grünen        damals neu aufgebauten Abteilung SO organisato-
Hof 5 schon beim Einzug nahezu ausgeschöpft.          risch dem Sozialraumteam Mitte-Ost zugeordnet.
Aufgrund von gesetzlichen Veränderungen und           Über deren Arbeitsfelder wird in den Ausschüssen
steigendem Arbeitsaufkommen wuchs die Zahl der        des Gemeinderats extra berichtet. In diesen zent-
Mitarbeitenden von 2016 mit 30 Mitarbeitenden         ralen Diensten arbeiten ca. 40 Mitarbeitende.
auf 44 Mitarbeitende im Jahr 2019. Deshalb
wurde intensiv nach zusätzlichen Büroräume in der
Innenstadt gesucht. Durch den Auszug der Bürger-
dienste aus dem städtischen Gebäude Sattlergasse
2 ergab sich dort ein geeigneter Standort für eine
Übergangslösung. Die Planung sieht längerfristig
einen Verbleib des Sozialraumteams Mitte-Ost in
der Kornhausgasse 4 vor.

Im August 2019 zog der Bereich Jugendhilfe mit
einer Teamleitung und 11 Mitarbeitenden in die
Sattlergasse 2 um. Dies brachte eine deutliche
Entspannung bezogen auf die Arbeitsgegeben-
heiten. Allerdings wurden damit das Zusammen-
wachsen und die enge vernetzte Kooperation der
verschiedenen Arbeitsfelder wieder erschwert.                                              Preisgekrönte Architektur am
                                                                                           Hans-und-Sophie-Scholl-Platz,
Das Sozialraumteam wird in gemeinsamer Verant-                                             Verkehr, zentraler Treffpunkt,
wortung von Herrn Sauter und Herrn Faul geleitet.                                          Skaten bei „Haring“
Da das Gesamtteam (mit den zentralen Diensten)                                             © Stadtarchiv Ulm
zu Beginn des Jahres 2019 auf 85 hauptamtliche
Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
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Sozialraumbericht Mitte / Ost 2020 - Berichtszeitraum 2017 2019 - Stadt Ulm
3 Zentrale Aufgabengebiete und Leistungen

     Alle zentralen Aufgabengebiete der Abteilung        Über diese Arbeitsfelder der Abteilung Sozi-
     Soziales (außer den Unbegleiteten minderjährigen    ales wird in verschiedenen Gremien regelmäßig
     Flüchtlingen (UMA)) sind seit 2016 dem Sozial-      berichtet. Aus diesem Grund wird in diesem Bericht
     raum Mitte/Ost zugeordnet.                          auf eine vollständige und detaillierte Beschreibung
                                                         verzichtet. Nachfolgend werden aus ausgewählten
     Diese sind:                                         Arbeitsbereichen besondere Entwicklungen in den
                                                         Jahren 2017 bis 2019 kurz aufgeführt.
     •   Beistandschaften, Amtsvormundschaften (BAV)
     •   Unterhaltsvorschusskasse (UVK)                  Die Online Beratung in der Jugendberatungs-
     •   Jugendberatungsstelle der Stadt Ulm (JBS)       stelle der Stadt Ulm. Im März 2019 war es endlich
     •   Jugendhilfe im Strafverfahren (JuHiS)           so weit. Nach einer herausfordernden, arbeitsrei-
     •   Medienpädagogik und Jugendmedienschutz          chen und spannenden Projektphase startete die
     •   Jugendschutz und Jugendarbeitsschutz            Online-Beratung in den Echtbetrieb. Neben der
     •   Kinderschutzstelle (KSS)                        Face-to-Face-Beratung in der Jugendberatungs-
     •   Wohnungslosenhilfe mit der Zahlstelle           stelle im Herzen von Ulm, können nun auch die
         für Nichtsesshafte und Fallmanagement           Ratsuchenden anonym und zeitlich flexibel Bera-
     •   Betreuungsbehörde der Stadt Ulm                 tung erhalten. Nun ist die Digitalisierung auch in
     •   Kontaktstelle Migration (KAM) mit der Sprach-   der Jugendberatungsstelle spürbar.
         kursberatung und -organisation sowie dem
         Internationalen Dolmetscherdienst der Stadt     Die Einzelberatungen finden zwischen dem
         Ulm (IDU)                                       jungen Menschen und dem Berater oder der Bera-
     •   Pflegestützpunkt der Stadt Ulm                  terin statt, die Anfragen werden innerhalb von
     •   Fallmanagement Hilfe zur Pflege                 48 Stunden beantwortet. Der Ratsuchende fühlt
     •   Geschäftsstelle Generationentreff               sich sicher, es ist ein Schutzraum. Die Erfahrung
         Ulm/Neu-Ulm e.V.                                im ersten Jahr zeigt, dass häufig sensible Themen
                                                         – wie Sexualität, Gewalterfahrungen oder selbst-
                                                         gefährdendes Verhalten – angesprochen werden.
                                                         Aspekte wie Scham oder die Angst vor Ablehnung
                                                         rücken wohl in der Online-Beratung in den Hinter-
                                                         grund.

                                                         Das Haus des Jugendrechts in Ulm entstand aus
                                                         einer zunehmend enger werdenen Zusammenar-
                                                         beit von Polizei, Staatsanwaltschaft und der Stadt
                                                         Ulm. Nach mehrjähriger Suche nach einer geeig-
                                                         neten Immobilie wurde man 2017 in der Schaff-
                                                         nerstraße 3 fündig. Die Planungen und Umbauar-
                                                         beiten dauerten bis 2020. Im Februar 2019 wurde

10
eine Kooperationsvereinbarung der drei Träger
ratifiziert. Im zukünftigen Haus des Jugendrechts
sollen staatliche Reaktionen auf Straftaten von
Jugendlichen und jungen Erwachsenen beschleu-
nigt, die behördenübergreifende Zusammenarbeit
optimiert und damit die Jugendkriminalität lang-
fristig reduziert werden.

Der Pflegestützpunkt erfreut sich in den vergan-
genen Jahren einer kontinuierlich gestiegenen
Nachfrage nach Beratungsleistungen. Mit einem
entsprechenden Grundsatzbeschluss des Gemein-
derates wurde beim Land ein Ausbauantrag
gestellt, welcher 2019 positiv beschieden wurde.
Dem Pflegestützpunkt stehen seitdem insgesamt
2,5 Vollzeitstellen zur Verfügung.

Der Internationale Dolmetscherdienst der
Stadt Ulm wurde zum Jahresbeginn 2019 von der
Koordinierungsstelle Internationale Stadt organi-
satorisch der Abteilung Soziales und damit dem
Team Mitte/Ost zugeordnet.                          Neue „Eingangspforte“ der
                                                    Stadt am Bahnhofsplatz –
                                                    wo sind die Menschen, die
                                                    sich früher an der Rolltreppe
                                                    getroffen haben?
                                                    © Stadtarchiv Ulm

                                                                                    11
4 Sozialraumbezogene Aufgabengebiete
        und Leistungen in Mitte/Ost

                                                                                      Die Erstanlaufstelle des Sozialraums Mitte/Ost
                                                                                      © Stadtarchiv Ulm

     4.1      Bildungs- und Teilhabe-                        In allen Innenstadtschulen wird ein Mittagstisch
     		       leistungen (BuT) in Mitte/Ost                  angeboten. Gut angenommen wird dieses Angebot
                                                             von BuT-Berechtigten in der Spitalhofschule und
                                                             der Ulrich-von Ensingen Schule.
     Im Sozialraum Mitte/Ost erhalten 396 Kinder und
     Jugendliche in 169 Haushalten bei Bildungs- und         Im Vergleich zum letzten Berichtsjahr 2016 konnte
     Teilhabeleistungen (BuT).                               die Anzahl der bei BuT bekannten Personen und
                                                             die Inanspruchnahme aller BuT Leistungen in
     Vielen jungen Menschen finanziert BuT die Mit-­         Mitte/Ost deutlich gesteigert werden. Ein Beispiel:
     glieds­beiträge bei Sportvereinen, Freizeiten und für   Der Zuwachs der Inanspruchnahme von Schüler-
     Kultur. Insgesamt könnte das Modul Teilhabeleis-        beförderung liegt bei 48 Prozent. Damit wurde
     tung (15,00 € mtl. für Aktivitäten außerhalb der        eine der Forderungen aus dem letzten Armutsbe-
     Schule) aber, wie in den anderen Sozialräumen           richt der Stadt Ulm sehr gut umgesetzt.
     auch, noch von mehr Personen genutzt werden.

12
4.2      Erstanlaufstelle und                          4.3      Sozialer Dienst für Ältere
		       Soziale Vergünstigungen                       		       und präventive Hausbesuche
                                                       		       bei Senioren

Die Erstanlaufstelle des Sozialraums ist Informa-
tions- und Vermittlungsstelle für soziale Anliegen     Aufgrund einer stetigen Zunahme der Fallzahlen
unterschiedlichster Art. Als erster Ansprechpartner    des Sozialen Dienstes für Ältere (SDfÄ) in den
der Bürgerinnen und Bürger übernimmt sie die           letzten Jahren wurde die Personalstärke im Jahr
Weiterleitung an die zuständigen Ansprechper-          2018 aufgestockt. Der Sozialraum Mitte/Ost profi-
sonen (Lotsenfunktion). Hier werden Unterlagen         tierte dabei mit einer viertel Stelle, insgesamt
für die Sachbearbeitung abgegeben bzw. Termine         steht eine komplette Vollzeitstelle zur Verfügung,
Beratungen vereinbart. Die Erstanlaufstelle über-      welche sich auf zwei Mitarbeiterinnen verteilt. Der
nimmt zudem verwaltungsinterne Aufgaben im             Zeitaufwand in der Arbeit mit diesen Menschen
Sozialraum. Darüber hinaus erfolgt in der Erst-        ist enorm, zeitnahe und direkte Erfolge nur durch
anlaufstelle die Sachbearbeitung der Sozialen          Beharrlichkeit und gute Dialoge möglich. Der
Vergünstigungen. Sie ist mit 2,35 Stellen besetzt.     Beziehungsaufbau zu den älteren Menschen ist
                                                       eine Herausforderung in den Situationen, wodie
Die LobbyCard und die KinderBonusCard sind             Betroffenen sich selbst gefährdenIn solchen Kons-
Angebote an alle Ulmer Bürgerinnen und Bürger,         tellationen sind die Beraterinnen mit Mängeln in
die laufende Sozialleistungen beziehen oder über       der Gesundheits- und Alltagsversorgung konfron-
ein geringes Einkommen verfügen. Die LobbyCard         tiert. Manchen älteren Menschen fehlt die Einsicht
berechtigt beispielsweise zum Bezug der Erwachse-      in den vorhandenen Hilfe- und Pflegebedarf. Viel-
nenmonatsfahrkarte im Stadtgebiet Ulm/Neu-Ulm          fach bleibt als letztes Mittel die Anregung einer
zum halben Preis. Sie berechtigt auch zum Einkauf      gesetzlichen Betreuung, um dringend notwen-
in den Tafelläden. Zudem können Eltern bei             dige Unterstützung in die Wege leiten zu können.
Erfüllen der LobbyCard-Kriterien von Kindergar-        Die Arbeit im Sozialen Dienst für Ältere ist stark
tengebühren in Ulm freigestellt werden. Darüber        von funktionierenden Kooperationen abhängig.
hinaus gibt es zahlreiche weitere Vergünstigungen      Die Zusammenarbeit z.B. mit ambulanten Pfle-
in den Bereichen Bildung, Kultur, Gesundheit und       gediensten sowie der Nachbarschaftshilfe klappt
Freizeit.                                              sehr gut. Traditionell besteht auch eine enge und
                                                       vertrauensvolle Zusammenarbeit mit hauswirt-
In 2019 wurden in der Erstanlaufstelle Mitte/Ost       schaftlichen Fachdiensten. Leider sind die Kapa-
insgesamt 1.328 LobbyCards und KinderBonus-            zitäten der wenigen Dienste in diesem Bereich in
Cards ausgegeben. Dies entspricht einem Anteil         Ulm bergrenzt. Oft ist es schwierig in einem ange-
aller in den Sozialräumen ausgegebener Karten          messenen Zeitrahmen Unterstützungsleistungen
von 15 Prozent.                                        für die älteren Menschen zu installieren. Eine
                                                       besonders fruchtbare Zusammenarbeit besteht mit
In der Erstanlaufstelle wird auch der Landesfami-      der Quartierssozialarbeit am Karlsplatz.
lienpass ausgestellt. Anträge auf die Befreiung von
Rundfunkgebühren sowie Elterngeldanträge sind          Ebenfalls eine sehr enge Zusammenarbeit besteht
hier erhältlich. Darüber hinaus informiert die Erst-   mit dem Pflegestützpunkt der Stadt Ulm und dem
anlaufstelle über weitere Angebote wie z.B. die        Fallmanagement Hilfe zur Pflege. Besonders dann,
Kulturloge.                                            wenn Hilfemöglichkeiten abseits der gängigen –
                                                       häufig institutionellen – Unterstützungsleistungen
                                                       in Betracht kommen, kann das Ressourcenma-
                                                       nagement z.B. durch die Initiierungen von ehren-
                                                       amtlicher Hilfe innerhalb des jeweiligen Wohn-
                                                       quartiers zu sinnvollen Lösungen beitragen.

                                                                                                             13
Die präventiven Hausbesuche trafen in den Sozial-     4.4     Sozialhilfe
     räumen – Modell Eselsberg – von Beginn an auf
     sehr viel Zustimmung sowohl seitens der Öffent-
     lichkeit, der Kooperationspartner und seitens der     Die sechs Mitarbeitenden in dem Bereich Leis-
     älteren Bürgerschaft. Immer wieder sind dabei         tungsgewährung nach dem Sozialhilfegesetz-
     unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger           buch Zwölf (SGB XII) bearbeitetet zum Stichtag
     im Rahmen der Hausbesuche überrascht, welche          31.12.2019 insgesamt 704 Sozialhilfefälle. In
     Möglichkeiten doch jeweils geboten sind. Im ein       Relation entspricht dies mit 19 Prozent exakt
     oder anderen Fall findet auch konkrete Hilfestel-     dem Bevölkerungsanteil des Sozialraums an der
     lung statt, z.B. durch Vermittlung zu anderen Bera-   Gesamtbevölkerung Ulms.
     tungseinrichtungen oder Hilfsdiensten oder auch
     durch Unterstützung beim Stellen eines Pflege-        Große Veränderungen und Herausforderungen
     gradantrags.                                          insbesondere für das Fallmanagement Eingliede-
                                                           rungshilfe stellt die dritte – ab 2020 geltende –
     Spannend sind die Informationen über den Sozi-        Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes dar. Mit
     alraum, die die Beraterinnen von ihren Haus-          dieser wird die Eingliederungshilfe in das SGB IX
     besuchen mitbringen. Die allermeisten älteren         überführt, in welchem die Rehabilitation und Teil-
     Menschen fühlen sich im Sozialraum sehr wohl.         habe für Menschen mit Behinderungen geregelt
     Sie genießen es, dass in der Stadtmitte und damit     sind.
     für die meisten Bewohner alle denkbaren Anlauf-
     stellen und Institutionen fußläufig oder mindes-      Das Fallmanagement ist zuständig für die umfas-
     tens mit kurzen Wegen erreichbar sind – ange-         sende Beratung sowie Bedarfsermittlung und
     fangen von Einkaufsmöglichkeiten über Ärzte bis       Hilfeplanung für Menschen mit psychischer, geis-
     hin zu Ämtern und anderen.                            tiger, körperlicher oder Mehrfachbehinderung.
                                                           Um die gesteigerten Anforderungen ab 2020
                                                           bewältigen zu können wurde bereits im Lauf des
                                                           Jahres 2019 der Personalbestand im Fallmanage-
                                                           ment auf 1,6 Vollzeitstellen erhöht. Vor allem die
                                                           neuen Abläufe und Instrumente für die Bedarfs-
                                                           ermittlung, welche bereits 2019 zunächst probe-
                                                           weise im Einsatz waren, ziehen einen deutlichen
                                                           Mehraufwand nach sich. Auch die Anzahl der Fälle
                                                           im Fallmanagement Eingliederungshilfe haben
                                                           sich aufgrund der umzusetzenden Gesetzesän-
                                                           derungen im Sozialraum stark erhöht. Wurden in
                                                           den Jahren 2017 und 2018 jeweils etwas mehr wie
                                                           50 Fälle pro Jahr bearbeitet hat sich zum Ende des
                                                           Jahres 2019 die Fallzahl mit insgesamt 100 nahezu
                                                           verdoppelt.

14
Fallbeispiel
 Selbstbestimmtes Leben ermöglichen

Der alleinlebende Rentner Herr E., 54 Jahre, hat         Das Fallmanagement schlägt einen weiteren
sich nach einer Beratung beim Sozialverband VdK          Termin vor, bei dem auch eine Mitarbeiterin
entschlossen, aufgrund seiner stark fortschrei-          der Sozialstation anwesend ist und zusätzliche
ten­den Multiplen Sklerose Eingliederungshilfe zu        Auskunft geben kann. Vor allem sein Umfeld
beantragen. Herr E. bekommt mit den Antragsun-           wird nun genauer angesehen: Deutlich wird, dass
terlagen einen Terminvorschlag zur Bedarfsermitt-        die kaum barrierefreie Wohnung die täglichen
lung. Im ausführlichen Dialog mit dem Fallmanage-        Verrichtungen erschwert, aber die Hilfe des Pfle-
ment soll es hier um seine Wünsche, seine Ziele          gedienstes und die wöchentlichen Besuche seines
und individuellen Bedarfe gehen sowie darum, wie         Freundes Erleichterungen für ihn bringen.
sich seine aktuelle Lebenssituation darstellt und
wie er in Zukunft leben will.                            Nach Auswertung der ermittelten Bedarfe wird
                                                         gemeinsam mit Herrn E. nach den passenden Leis-
Da Herr E. je nach Tagesform nur eingeschränkt           tungen in notwendigem Umfang gesucht, welche
mobil ist, bittet er um ein Gespräch in seiner           die aktuellen Voraussetzungen gut ergänzen und
Wohnung. Ein langjähriger Freund soll als Vertrau-       ihm weiter ein selbstbestimmtes und eigenstän-
ensperson dabei sein. Zunächst werden mit Herrn          diges Leben sowie soziale Teilhabe ermöglichen.
E. bedeutende Lebensbereiche (wie z.B. Mobilität,
Selbstversorgung oder Interpersonelle Interak-
tionen und Beziehungen) besprochen: Er erzählt,
wie er seinen Alltag bewältigt und wo er zuneh-
mend Einschränkungen spürt. Dabei berichtet Herr
E., dass ihn bereits seit zwei Jahren ein Pflegedienst
zweimal wöchentlich unterstützt.

                                                                                                             15
4.5      Kommunaler Sozialer Dienst                    • Zuschuss zum Ferienprogramm „Sommerra-
     		       (KSD)                                           batz“ (Schulsozialarbeit, offene Kinder- und
                                                              Jugendarbeit SO/MO)

     Im KSD Mitte-Ost arbeiten 4 Sozialpädagogen mit        • „Starke Mädchen“ (Zentrum>guterhirteguterhirteguterhirte< in den Räumen des
     bedürftige Familien oder Kinder können danach
                                                              Kinder- und Familienzentrums Schaffnerstraße
     Hilfen besser annehmen. In Mitte/Ost stehen
                                                              oder bei Hausbesuchen konkrete Hilfe ange-
     hierfür jährlich 12 000.- € zur Verfügung.
                                                              boten. Ohne dieses zusätzliche Angebot hätten
                                                              wir diese Familien nicht erreichen bzw. nicht
     Das fallunspezifisches Angebot „Kinder am Karls-
                                                              hinreichend unterstützen können.
     platz“ wurde dankenswerterweise in der Zwischen-
     zeit von Ulms Kleinen Spatzen e.V. übernommen
                                                            • „Starke Jungs“ (Zentrum>guterhirteguterhirteguterhirte
Fallbeispiel
Systemsprenger: Der Fall Jasmin*

Persönliche Falldarstellung einer schwierigen Fall-     oder KJP vorfinde, wenn ich morgens ins Büro
bearbeitung von Selina Angerer (KSD)                    komme. Meist kommen die Anrufe an solchen
                                                        Tagen dann kurz nach Arbeitsbeginn.
„Frau Richterin, ich schwöre Ihnen, ich gehe in eine
Suchtklinik. Ich mache alles mit, wenn ich nur nicht    Der Ablauf ist immer derselbe: Jasmin wird von der
in eine geschlossene Einrichtung muss.“ Jasmin          Polizei alkoholisiert aufgegriffen, weil sie irgendwo
schaut die Familienrichterin an mit großen blauen       auf öffentlichem Platz randaliert und aus der
Augen. Fünf Minuten zuvor habe ich vor Gericht          Wohngruppe oder von zuhause abgehauen ist.
ihre begangenen Straftaten der letzten Wochen           Bleibt sie mehrere Wochen in einer Wohngruppe,
aufgezählt. Darunter Steinewerfen auf fahrende          dann wird sie aus dieser entlassen, weil sie „den
Autos, ein abgesetzter Notruf, nachts mitten auf        Rahmen sprengt“ und durch ihr Verhaltenin dem
der Fahrbahn sitzend mit Glasflaschen auf Autos         Setting nicht länger tragbar ist.
werfen, Feuerlegen, Diebstahl, Verletzen eines Poli-
zeibeamten durch einen Tritt ins Gesicht, Beschädi-     Tatsächlich sprengt sie jeglichen Rahmen: Sie
gungen von mehreren PKW und einem Motorrad              kostet viel Zeit und Nerven. Ich bin am Rande
bei einem nächtlichen Ausflug. Geschätzter Sach-        meiner Belastungsgrenze, versuche aber hand-
schaden: 12 000 €.                                      lungsfähig zu bleiben. Scherze mit meinen
                                                        Kollegen, dass ich Jasmin noch mit nach Hause
Jasmins Eltern, mit denen ich gemeinsam einen           nehmen muss, wenn ich nicht bald einen Platz in
Antrag auf geschlossene Unterbringung gestellt          einer Wohngruppe finden kann. Ich telefoniere
habe, lassen sich von ihrer Tochter erweichen und       täglich geschlossene Jugendhilfeeinrichtungen ab,
ziehen ihren Antrag zurück. Während den Aufent-         bekomme eine Absage nach der anderen, lasse die
halten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP)       junge Frau auf die Warteliste setzen um zu hören:
wurden unter anderem eine Störung des Sozial-           „Wir sind nicht die richtige Einrichtung, aber Sie
verhaltens und eine posttraumatische Belastungs-        finden sicherlich noch eine, die den Bedürfnissen
störung diagnostiziert. Das 16-jährige Mädchen          des Mädchens gerecht wird.“ Was ist eigentlich
hat bereits sieben Mal die Schule gewechselt, war       die geeignete Einrichtung?, frage ich mich. Was
über kurz oder lang in drei verschiedenen Wohn-         macht Jugendhilfe erfolgreich für Jugendliche wie
gruppen. Zuletzt war sie zuhause bei ihren Eltern       Jasmin, für Grenzgänger, Systemsprenger?
und ist aktuell in einer weiteren Wohngruppe,
in welcher sie als Inobhutnahme aufgenommen             In der engen Arbeit mit Jasmin habe ich begriffen,
wurde. Eine Jugendarreststrafe wurde nach vier          dass es der Wunsch des Mädchens ist, Bezie-
Tagen unterbrochen, da das Mädchen als „latent          hungen einzugehen, die sie gleichzeitig nicht
suizidal“ eingestuft wurde. Bei der Aufnahme in         aushält. Die vielen Beziehungsabbrüche führen zu
der KJP konnte sich das Mädchen „glaubhaft von          Retraumatisierungen und einer großen Hilflosig-
Suizid distanzieren“. Aus der Inobhutnahmestelle        keit des Mädchens, die sich auf das System der
entwich sie.                                            Jugendhilfe, auf das Bildungssystem, Polizei und
                                                        Klinik überträgt und die ich sehr deutlich spüren
Mein Arbeitsalltag dreht sich um Jasmin. Dabei          konnte. „Systemsprenger“ ist keine Diagnose,
scheint das Mädchen mir immer einen Schritt             sondern eine große Herausforderung für die Sozi-
voraus zu sein und lässt mich nur noch reagieren. Ich   alsysteme, auch diese Kinder und Jugendliche in
bin verwundert, wenn ich noch keinen verpassten         die Gesellschaft zu inkludieren und zur Partizipa-
Anruf oder eine E-Mail der Wohngruppe, Polizei          tion zu befähigen.

                                                                                * Name von der Redaktion geändert

                                                                                                                    17
der Jugendlichen reflektiert und Alternativen        4.7      Sozialarbeit an Schulen
       überlegt und besprochen.

     • „Check it out“ (Jugendhilfe Seitz)                   Die Schulsozialarbeit an den Schulen im Sozialraum
       KSD hatte Kontakt zu einigen Jugendlichen,           erfuhr im Berichtszeitraum dank eines ent­spreche-
       die exzessiv kiffen -teils auch wegen Drogen-        nden Beschlusses des Gemeinderates zum Ausbau
       handels straffällig geworden sind, wenig Prob-       der Sozialarbeit an Ulmer Schulen eine deutliche
       lemeinsicht haben. Es wurde versucht zu diesen       Aufwertung. Ganz neu wird vom Jugendhilfe-
       Jugendlichen einen Zugang zu finden, sie für         träger AWO am Keppler- und am Humboldt-Gym­
       ein Gruppenangebot zu gewinnen, in dem das           nasium Schulsozialarbeit mit jeweils einer hal­ben
       Thema Drogen und Sucht thematisiert wird, wo         Stelle angeboten.
       zumindest ein kritischer Austausch über den
       individuellen Konsum und den Risiken möglich         An der Ulrich- von Ensingen- Gemeinschafts-
       ist. Es gelang tatsächlich sieben Jugendliche        schule konnte der Stellenanteil unserer städtischen
       für das Gruppenangebot zu interessieren. Es          Mitarbeiterin im Herbst 2019 auf eine Vollzeitstelle
       wurden freizeitpädagogische Angebote durch-          erhöht werden, um dem dortigen Bedarf gerecht
       geführt (alternative „Kicks“), viel über die aktu-   zu werden. Sehr glücklich sind wir darüber, dass
       ellen Befindlichkeiten und Lebenssituationen         wir seit Frühjahr 2018 ganz neu an der Martin-
       reflektiert (Alltagsprobleme, Schullaufbahn,         Schaffner Grundschule präsent sind. An dieser
       Elternhaus, Clique, Drogen). Jeder einzelne          Schule mit einem hohen Anteil von Kindern aus
       Jugendliche wurde bestärkt seine eigenen Ziele       belasteten Familien kann Schulsozialarbeit in
       umzusetzen.                                          Kooperation mit dem Kollegium der Schule gute
                                                            Wirkung erzielen. An der Spitalhof Gemeinschafts-
     • „Bethlehem 2019“ (Zentrum>guterhirte
4.8      Offene Kinder- und                           Neben dem Offenen Treff, welche an vier Tagen
		       Jugendarbeit                                 in der Woche vom späteren Nachmittag bis in
                                                      die frühen Abendstunden geöffnet hat, gibt es
                                                      verschiedene feste Gruppenangebote. Diese um-
Innerhalb der Offenen Kinder- und Jugendarbeit im     fassen z.B. gemeinsames Basteln, Malen und freies
Sozialraum Mitte/Ost gibt es mit dem Jugendhaus       kreatives Arbeiten. Durch Bewegungsangebote wie
Büchsenstadel und der Begegnungsstätte Chari-         Tanzen, Gruppenspiele und spannende Aktionen
vari zwei Häuser mit unterschiedlicher Konzep-        wird das soziale Verhalten gestärkt. Ebenso finden
tion, die insgesamt von vier festangestellten         in regelmäßigen Abständen themenorientierte Ver-
Kolleginnen und Kollegen betrieben werden. Das        anstaltungen z.B. mit der Drogenberatungsstelle,
Charivari konzentriert sich dabei mehr auf die        Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen und
Arbeit mit und für Kinder sowie der Durchführung      Familienplanung oder Angebote zur beruflichen
zahlreicher pädagogischer Freizeit- und Ferienan-     Orientierung statt.
gebote, die „Büchse“ hingegen versteht sich als
ein klassisches, zentral gelegenes und genutztes      So erfahren zum Beispiel in einem Projekt „Kochen“
Jugendhaus. Immer wieder werden Aktivitäten           Jugendliche in kleinen Gruppen, auf was sie beim
gemeinsam von beiden Häusern durchgeführt,            Einkauf achten können, was eine ausgewogene
teilweise mit anderen Akteuren der Jugendarbeit       Ernährung ist und wie sich günstig leckere Gerichte
im Sozialraum wie der Schulsozialarbeit und der       zubereiten können. Weiter wurde zusammen mit
Mobilen Jugendarbeit, teils mit Kolleginnen und       Jugendlichen der Bau von Hochbeten im Innenhof
Kollegen anderer Ulmer Jugendhäuser. Unterstützt      der Büchse geplant und umgesetzt. Seit November
werden die Mitarbeitenden i.d.R. von FSJ‘ler*innen    2019 läuft ein Fußball-Projekt mit sehr guter Reso-
und Anerkennungspraktikant*Innen.                     nanz. Zusammen mit den Jugendlichen gehen wir
                                                      in die nahe gelegenen Stapelhalle, welche uns jeden
Im Rahmen des 2016 entstandenen Projekts              Freitagabend zur Verfügung steht. Dabei wird beson-
„Bildung im Quartier“ wurde ein Augenmerk             ders auf Gemeinsamkeit und auf einen fairen Um-
darauf gelegt geflüchtete Jugendliche ins Jugend-     gang miteinander geachtet. Mit einem ähnlichen
haus einzugliedern und durch den Kontakt mit          pädagogischen Hintergrund wurde im Jahr 2018
anderen Jugendhausbesuchern zur Integration           ein sehr erfolgreiches Box-Projekt angeboten. Sehr
beizutragen. Zu Beginn kamen die Jugendlichen         gut an kam auch ein Basketball-Workshop in Ko-
nur sporadisch, mit der Zeit nahm das Interesse       operation mit Ratiopharm Ulm. Ratiopharm Ulm
zu bis teilweise bis zu 35 geflüchtete Jugendliche    sponserte dabei eine neue Basketballkorbanlage,
und junge Menschen den Offenen Treff sehr gut         welche seitdem im Hof regelmäßig genutzt wird.
füllten. Nicht alle der Besucher waren dabei aus      Um die Anzahl der weiblichen Besucherinnen
dem Sozialraum Mitte/Ost, sondern auch aus            zu erhöhen, wurde 2019 ein „Mädels Abend“
anderen Stadtteilen Ulm und teilweise auch aus        eingeführt. Es werden Gespräche über für unsere
den benachbarten Landkreisen. Alb-Donau und           Besucherinnen interessante Themen geführt, z.B.
Neu-Ulm. Es gab mehrfach Spannungen zwischen          über Sexualität, Liebeskummer, Selbstwahrneh-
den verschiedenen Besuchergruppen, sowohl             mung und vieles mehr. Einmal monatlich findet die
zwischen Stammbesuchern und Geflüchteten als          sehr beliebte, gemeinsam mit Jugendlichen geplante
auch unter den neuen Besuchergruppen, teils           „Open Stage“ unter einem anderen Motto statt.
entlang deren Nationalität. Durch den regelmä-
ßigen, intensiven Austausch, moderiert von den        Zu guter Letzt ist der Eltern-Kind-Treff ein Ort der
Mitarbeitenden, konnten diese Spannungen gut          Begegnung und der Kommunikation für Eltern mit
ausgeräumt werden. Nachdem mit der Zeit geflüch-      Kindern von Geburt bis zum Kindergarteneintritt.
tete Jugendliche im Büchsenstadel eine deutliche      Spielerische und fördernde Angebote aller Art
Mehrheit stellten, haben die Mitarbeitenden im        werden zusammen mit den Eltern durchgeführt.
Verlauf des Jahres 2019 durch verstärkte Koopera-     Infoveranstaltungen, Kurse oder Workshops – bei-
tion z.B. mit der Schulsozialarbeit an Ulmer Innen-   spielsweise zum Thema frühkindliche Entwicklung
stadtschulen und gezielte Aktionen und Angebote       – runden unsere Angebote in der Elternarbeit ab.
versucht, wieder mehr Kinder und Jugendliche zu
gewinnen, die im Sozialraum leben. Erste Erfolge      Die soziokulturelle Begegnungsstätte Charivari
sind hierbei zu verzeichnen.                          kann seit ihrem 30jährigen Bestehen auf ein viel-

                                                                                                             19
seitiges Kinder- und Jugendprogramm, bestehend       Innerhalb des verbindlichen Angebots Bildung,
     aus regelmäßigen, wöchentlichen Angeboten,           Betreuung, Erziehung (BBE) besteht eine langjäh-
     unzähligen Einzelaktionen und eine Vielzahl          rige Kooperation mit der Martin-Schaffner Grund-
     an Ferienprogrammen sowie eine langjährige           schule. Hier wird einmal wöchentlich ein Soziales
     Kooperation mit einer im Sozialraum ansässigen       Gruppentraining im Rahmen der verlässlichen
     Grundschule zurückblicken. Hier werden krea-         Ganztagesschule angeboten.
     tive, freizeitpädagogische und medienpädagogi-
     sche Elemente mit dem Ziel einer ganzheitlichen      In den Winterferien, Oster- und Herbstferien und
     Bildung eingesetzt.                                  neuerdings auch in den Weihnachtsferien werden
                                                          „Ferientage“ mit einem wechselnden themati-
     Des Weiteren fanden im Charivari unzählige           schen Motto, zuletzt „Kinderfilmfestival“ und
     Begegnungsfeste, die überregional bekannten          „Eine Reise um den Globus“, angeboten.
     Bluestage, Weltmusikkonzerte, Jugendfilmkultur-
     tage und vieles mehr statt. In letzter Zeit fanden   In unregelmäßigen Abständen werden im Charivari
     beispielsweise das indische Lichterfest sowie        Familiennachmittage veranstaltet. Familien haben
     ägyptische, irische und afrikanische Abende statt.   die Möglichkeiten zu geringen Eintrittspreisen ein
     Hervorzuheben sind auch die vielen unterschiedli-    Kindertheater in angenehmer Café-Atmosphäre
     chen Kooperationspartner sowie die starke Bürger-    mit pädagogischem Nachprogramm zu erleben.
     beteiligung durch verschiedene Vereine und einer     Seit 2019 gibt es das Kinderfest „Tanz Au Mit“,
     großen Anzahl hoch engagierter Ehrenamtlichen,       mit dem das Charivari-Angebot auf die Kleinsten
     die das Charivari seit vielen Jahren unterstützen    ausgeweitet werden konnte.
     und die Arbeit in der Begegnungsstätte wesentlich
     mitprägen. Besonders zu erwähnen sind die vielen
     ehrenamtlichen Mitarbeiter des Ulmer „Blue-
     scircles“, des Ulmer Märchenkreises, des Arbeits-
     kreises Kinder (AKK), des Arbeitskreises Welt-
     musik, von der Deutsch-Finnischen Gesellschaft
     und der Spanische Vereinigung Ulm/Neu-Ulm, mit
     denen zusammen das Team das 30-jährige Jubi-
     läum organisiert und gefeiert haben.

     Während der letzten drei Jahre wurden verschie-
     dene Gruppenangebote für Kinder im Grundschul-                                             Häufiger Arbeitsplatz
     alter unter dem Namen „Pro Kids“ durchgeführt.                                             der Mobilen Jugendarbeit:
     Diese Gruppen sind i.d.R. pädagogisch-thematisch                                           Fußgängerzone in der
     ausgerichtet. Gruppenthemen waren dabei z.B.                                               Hirschstraße
     die Kreativwerkstatt: „Ton, Steine, Scherben“,                                             © Stadt Ulm
     „Eine Reise nach Tibet“, „Experimentierwerkstatt
     Elemente“, „Aus dem Müll machen wir Musik“,
     „Karaoke Sing-Stars“ oder „Mexikanisch Kochen“.

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4.9     Mobile Jugendarbeit                          Selbstverständlich halten sich weit mehr junge
                                                     Menschen im Innenstadtbereich auf als durch
                                                     die MJA erreicht werden. Und die wenigsten sind
Die Mobile Jugendarbeit (MJA) im Sozialraum          als klassische Adressatinnen und Adressaten im
Mitte/ Ost ist ein verlässliches und beständiges     Sinne der Jugendsozialarbeit zu bezeichnen. Oft,
Angebot der Jugendsozialarbeit für Jugendliche       insbesondere freitags und samstags, sind junge
und junge Erwachsene, die ihren Lebensmittel-        Menschen aus dem Umland in der City unterwegs,
punkt in der Innenstadt oder der Ost- und Neustadt   auch hat die Zahl der Touristen – auch junger – im
Ulms haben. Lebensmittelpunkt muss dabei nicht       Innenstadtbereich stark zugenommen. Aus den
zwingend gleichermaßen Wohnort bedeuten.             anderen Sozialräumen kommen ebenfalls viele
Viele der Klientinnen und Klienten haben Wohn-       Jugendliche und junge Erwachsene in die City, um
adressen außerhalb des Sozialraums oder haben        einzukaufen, Kneipen, Restaurants und Clubs zu
keine feste Wohnadresse oder nutzen diese zeit-      besuchen oder ins Kino zu gehen. Der öffentliche
weise oder dauerhaft nicht.                          Raum im Bereich der Fußgängerzonen sowie der
                                                     Innenstadt lädt ein, um zu konsumieren und sich
Ergänzend zu den festen Angeboten wie zum            dort aufzuhalten. Bei dieser Vielzahl an Menschen
Beispiel der Kontaktladen in der Bockgasse oder      ist es nicht immer einfach die richtigen Adres-
den      regelmäßigen    Streetwork-Rundgängen       satinnen und Adressaten für die MJA ausfindig
werden bedarfsorientiert immer wieder Sonder-        zu machen. Dies erschwert es, die „richtigen“
projekte von den beiden Mitarbeitenden ins           Adressaten anzusprechen, um sozialarbeiterische
Leben gerufen. 2017 war dies beispielsweise das      Bedarfe zu erkennen und Unterstützung anzu-
Projekt „Ich glaub mein Hund pfeift“. Hier wurde     bieten.
mit einigen jungen Hundebesitzern ohne festen
Wohnsitz am Thema Umgang mit Hunden im               Diese Situation hängt sicherlich auch mit der
öffentlichen Raum gearbeitet.                        Dynamik zusammen, den die Großbaustelle am

                                                                                                          21
Der Platz vor der Ulrich-von
     Ensingen-Gemeinschaftsschule
                                                        Gruppen weniger aufgesucht. Einerseits haben
     als schön gestalteter und
                                                        sich temporär andere Schwerpunkte gebildet, zum
     belebter neuer Treffpunkt
                                                        Beispiel bei der Wilhelmshöhe, andererseits wurde
     © Stadt Ulm
                                                        dadurch der beschriebene Effekt gefördert, dass
                                                        junge Menschen – auch problembehaftete junge
                                                        Menschen – öffentlichen Raum schlechter nutzen
                                                        können und dort weniger ihren Platz finden und
                                                        deshalb schlechter verortbar und damit schwie-
                                                        riger erreichbar sind. Die Mobile Jugendarbeit sieht
                                                        es dabei auch als deren Aufgabe an, Jugendlichen
     Bahnhof sowie im Eingangsbereich der Fußgän-       und jungen Menschen eine Stimme zu geben
     gerzone ausgelöst hat. Gruppen junger Menschen     und dabei zu unterstützen, dass auch randstän-
     verlieren dadurch „angestammte“Aufenthalts-        digere Gruppen die Möglichkeit haben, öffentli-
     plätze. Im Bereich der Fußgängerzone gab es        chen Raum in einem vertretbaren Miteinander zu
     danach eine Vielzahl an Beschwerden und Polizei-   nutzen und Teil der Gesellschaft zu sein.
     einsätzen. Nur teilweise ging es dabei um junge
     Menschen im Zuständigkeitsbereich der Mobilen
     Jugendarbeit. Um den sicher auch berechtigten
     Interessenslagen des dort ansässigen Handels
     nachzukommen, sowie für Ruhe und Ordnung
                                                                                               Öffentlicher Raum im alten
     zu sorgen, waren Polizei und Ordnungsamt in der
                                                                                               Friedhof
     Folgezeit im oberen Bereich der Fußgängerzone
                                                                                               © Stadtarchiv Ulm
     vermehrt präsent. Als Resultat wurde der Platz
     von den der Mobilen Jugendarbeit bekannten

22
23
5 Berichte aus dem Sozialraum

     5.1      Das Forum im Sozialraum                       Beim ersten Forum stand das Kennenlernen der
                                                            Teilnehmenden sowie der Institutionen, die jeweils
                                                            repräsentiert werden, im Vordergrund. Es wurde
     Im Februar 2019 fand im Bürgerhaus Schaffner-          über Besonderheiten im Sozialraum diskutiert und
     straße das erste „Forum im Sozialraum Mitte/           sich über die verschiedenen Quartiere unterhalten.
     Ost“ statt. Aufgrund des zu Beginn dieses Berichts     Nicht jedem der Anwesenden war zum Beispiel
     beschriebenen Umstands, dass besonders unter           bekannt, dass sich die Neustadt durch die Olgast-
     der Bewohnerschaft der Stadtmitte wenig gelebte        raße, Neutorstraße, Karlsstraße und Frauenstraße
     Stadtteilidentifikation vorhanden ist und die Viel-    mit dem „Zentrum“ des Karlsplatzes abgrenzt. Es
     zahl der in der Stadtmitte ansässigen, sozialen        wurde darüber gesprochen, was im Sozialraum
     Institutionen ihre Dienste für die ganze Stadt bzw.    als gut, und was als eher schlecht empfunden
     Region anbieten und i.d.R. nicht auf die Innen-        wird. Um sich gemeinschaftlich über mögliche
     stadt beschränken hatten wir uns entschieden,          soziale Bedarfe in den verschiedenen Quartieren
     den Fokus des Forums zunächst auf die Neustadt         abzustimmen bzw. neue Bedarfe zu ermitteln,
     und die Oststadt unter Einbezug des Michelsbergs       wurden verschiedene Workshops durchgeführt.
     und des unteren Safranberges zu legen. Auf diese       Die einzelnen Ergebnisse wurden gegen Ende des
     Weise kann die Teilnehmerzahl auf eine machbare        Forums bepunktet und so eine Art Rangliste erstellt.
     Anzahl beschränkt werden, was bei der Teilnahme        Spitzenreiter war dabei die Forderung nach Errich-
     aller in der Stadtmitte ansässigen Institutionen aus   tung eines Quartierstreffs beim Karlsplatz, auf
     dem Sozialbereich unmöglich wäre.                      Rang zwei wurde die Gründung einer Stadtteilzei-
                                                            tung votiert. Dritter Platz war die Gründung eines
     Teilnehmende im Forum sind demzufolge u.a.             konfessionsfreien Besuchsdienstes, welcher vor
     Vertretende der Kirchengemeinde St. Georg und          allem ältere, möglicherweise einsame Menschen,
     der Pauluskirche, der Nachbarschaftshilfe, des         erreichen soll. Auf den weiteren Plätzen war das
     Reha-Vereins, des Paritätischen Sozialdienstes, des    Anliegen, dass im öffentlichen Raum genügend
     DRK und der Caritas, der Seniorenzentren Annas-        Platz und Entfaltungsmöglichkeiten für Jugend-
     tift und Elisa, des Pflegestützpunktes, unseres        liche vorhanden sein müsse und dass ein nieder-
     Schwerpunktträgers >guterhirte
mögliche Formate einer Stadtteilzeitung. Es wurde    dem Anliegen der Kundschaft der angrenzenden
entschieden, dass zunächst eine einseitige Wand-     Kleider- Oase des DRK, die Bedarf sahen, die dort
zeitung namens „Oststadtblättle“ aufgelegt wird.     gekaufte Kleidung ändern lassen zu können. So
Ein Mitarbeiter des Zentrums >guterhirte< berich-    entstand die Idee der Nähstube „Tapferes Schnei-
tete über den Zugang von benachteiligten Jugend-     derlein“, die mit Unterstützung eines gelernten
lichen in Sportvereinen, im Nachgang dazu wurde      Schneiders aus Kamerun und einer Schneiderin
ein Treffen verschiedener Akteure zum Thema          aus Syrien, unterstützt von weiteren Engagierten,
niederschwelliges Sportangebot vereinbart. Die       zum ersten Geburtstag des Tafel-Cafés eröffnet
Quartierssozialarbeiterin vom Karlsplatz berich-     hat. Das Tafel-Café findet einmal wöchentlich in
tete gemeinsam mit einem Kollegen der Mobilen        der von freiwillig Engagierten renovierten Cafe-
Jugendarbeit Mitte/Ost (MoMo) über die aktuelle      teria des Hauses statt, mit dem Ziel, der Tafella-
Situation im öffentlichen Raum.                      denkundschaft etwas Caféhaus-Atmosphäre zu
                                                     vermitteln. Darüber hinaus treffen sich im Haus,
Wie bei jedem Forum bisher war auch wieder Zeit      zum Teil seit vielen Jahren, bürgerschaftliche Grup-
für eine offene Runde, um von Neuigkeiten im         pierungen jeglicher Art und Herkunft.
Sozialraum und von den verschiedenen Akteuren
und Institutionen zu berichten. Um die Akteure       Das Bürgerhaus Mitte ist ein „Multi-Kulti-Haus“ für
gut zu vernetzten und neue Kooperationen zu          die gesamte Bürgerschaft in Mitte/Ost und darüber
kreieren, fand in der dazu verlängerten Pause ein    hinaus. Nicht nur die multifunktionale Nutzung des
reger Austausch statt.                               Hauses setzt einen besonderen Akzent, auch die
                                                     internationale Belegung im Bürgerhaus Mitte prägt
                                                     das Haus. Die Kontaktstelle Migration, die zugehö-
                                                     rige Clearingstelle und der Internationale Dolmet-
5.2     Stadtteilkoordination und                    scherdienst Ulm sind Anziehungspunkt vieler
		      Regionale Planungsgruppe,                    internationaler Besucher*innen. Deutsche und inter-
		      das Bürgerhaus Mitte und                     nationale Gruppen beleben seit mehr als 12 Jahren
		      das Karlsplatzfest                           das Bürgerhaus Haus mit ihrer Anwesenheit und
                                                     Kultur. Die Verantwortlichen und Nutzer des
                                                     Hauses waren immer sehr stolz darauf, dass es mit
Das Bürgerhaus Mitte – mit seiner eher unschein-     der multikulturellen Nutzung nie Probleme gab.
baren Fassade eines Wohnhauses – bietet seinen
Besucher*innen neben den regelmäßigen Ange-          Und so hat uns im August 2019 der rassistische
boten immer wieder ein abwechslungsreiches und       Angriff eines Einzeltäters auf eine afrikanische
international geprägtes Programm.                    Gruppe, welche seit vielen Jahren im Bürgerhaus
                                                     aktiv ist, tief getroffen und erschüttert. Dem Angriff
Die Ausstellung von Hilale Abe Hadi aus Syrien       gingen schon Wochen vorher Drohungen gegen
zum Beispiel gab uns einen Einblick in seine Welt    die internationale Belegung des Hauses voraus.
des abstrakten-gegenständlichen Stils, in dem sich   Der Vorfall hat bei Mitarbeitenden und unter den
vor allem seine Erlebnisse des Syrienkrieges spie-   Raumnutzer*-innen und Besucher*innen Angst
gelten. In Zusammenarbeit mit „NETZ e. V. Bang-      und Unsicherheit verbreitet. Zudem hat er gezeigt,
ladesch entstand die Ausstellung „Bangladesch        dass die tolerante und liberale Grundhaltung des
– andere Perspektiven“. Mit farbintensive Fotogra-   Hauses nicht unangreifbar ist. Gleichzeitig hat der
phien zeigte uns Noor Ahmed Gelal Bangladesch        Angriff eine große Welle an Solidarität und Unter-
von einer traumhaft schönen Seite. Im Rahmen         stützung von Besuchern, der Nachbarschaft bis
der Friedenswochen und der Ulmer Kulturnacht         hin zu unseren Bürgermeistern ausgelöst. Hierfür
unterhielt das Team des Bürgerhaus Mitte sowie       möchten sich die Verantwortlichen ausdrücklich
verschiedene, teils ehrenamtlich agierende Koope-    bedanken. Der Zusammenhalt im Haus hat sich
rationspartner, seine Gäste mit verschiedenen        dadurch nochmals vergrößert und wir hoffen, dass
Aufführungen.                                        langfristig kein Schatten auf die Arbeit im Haus
                                                     geworfen wird.
Das Bürgerhaus Mitte ist aber nicht nur „Veran-
staltungsort“, sondern auch Ermöglichungsort.        Ein Highlight des Aufgabenbereiches Stadtteilko-
Es bietet Raum für die Umsetzung von Ideen           ordination ist die Organisation und Durchführung
und Bedarfen aus der Bürgerschaft, wie z. B.         des Karlsplatzfests. Das Karlsplatzfest findet alle

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zwei Jahre statt und ist „der“ Quartierstreff im     5.3      Jugendhilfe-Schwerpunktträger
     Stadtteil Mitte-Ost. Kennzeichen des Karlsplatz-     		       des Sozialraums:
     festes ist das hohe Bürgerschaftliche Engagement     		       Zentrum >guterhirte<
     zahlreicher internationaler Bürger*innen, Grup-
     pierungen und Vereine. Das sollte 2019 besonders
     hervorgehoben werden, denn da wurde das 20.          Das Zentrum >guterhirte< ist im Bereich der
     Karlsplatzfest gefeiert. Ins Leben gerufen wurde     Jugendhilfe Schwerpunktträger für den Sozial-
     das Karlsplatzfest vor 30 Jahren von ehrenamt-       raum Mitte/Ost. Neben den zentralen Angeboten
     lichen Bürgerinnen und Bürgern des Quartiers!        in der stationären und ambulanten Jugendhilfe
     Unter dem Motto „Karlsplatzfest damals und           wurden im Zeitraum 2017 bis 2019 u.a. folgende
     heute“, widmeten wir dieses Fest den damaligen       Angebote durchgeführt:
     Initiatoren*innen und Machern. Eine Ausstellung
     wahrer Schätze aus dem Archiv einer Macherin gab     Die Quartierssozialarbeit am Karlsplatz
     den zahlreichen Gästen einen schönen Einblick in
     und über die vergangenen Karlsplatzfeste.            Der Karlsplatz ist eine grüne Oase im Herzen von
                                                          Ulm Mitte/Ost. Er bietet verschiedene Aufenthalts-
     Viele „alte“ und „neue“ Begegnungen fanden           möglichkeiten, die von den unterschiedlichsten
     statt, zahlreiche Erinnerungen wurden ausge-         Bevölkerungsgruppen genutzt werden.
     tauscht, bis ein Platzregen dem bunten Treiben ein
     jähes Ende setzte. Aber selbst in diesem Moment      Familien mit Kindern auf dem Spielplatz und den
     zeigte sich das Karlsplatzfest von seiner ganz       Grünflächen, Boule-Spieler auf dem Boule-latz,
     besonderen Seite: Alle packten mit an, trotzten      Schachspieler an den Schachplätzen, Menschen,
     dem Regen. Die letzten Akteure tauschten die         die sich beim Pavillon treffen oder an den rings-
     überschwemmte Bühne gegen die Wiese ein und          herum stehenden Bänken, z.T. auch um Alkohol
     eh man sich versah, war aufgeräumt – und die         und Drogen zu konsumieren.
     Sonne kam wieder zum Vorschein.
                                                          In den umliegenden Häusern findet man viele
     Zu den regelmäßigen und langjährigen Unterstüt-      verschiedene Milieus, so z.B. das gutsituierte
     zern des Festes gehören auch die Mitglieder der      Bürgertum, in direkter Nachbarschaft z.B. zu
     Regionale Planungsgruppe Mitte-Ost, eine             Großfamilien mit Migrationshintergrund, die auf
     Plattform für Bürger*innen zum Austausch und         engstem Raum miteinander leben und über wenig
     zur Bearbeitung von stadtteilrelevanten Themen       Deutschkenntnisse verfügen.
     mit Unterstützung der Stadtteilkoordination. Zent-
     rale Themen der RPG Mitte-Ost ist die Bebauung       Diese Vielfalt bereichert das Quartier und den
     im Stadtteil, das Parkraumkonzept sowie aktuelle     Platz, führt aber auch zu Spannungen und Miss-
     soziale und gesellschaftliche Themen. Schwer-        verständnissen im Alltagsleben. Hierbei versucht
     punkt im letzten Jahr war die Erstellung eines       die Quartierssozialarbeit (QSA) unterstützend tätig
     neuen Erscheinungsbildes und in Zusammenarbeit       zu werden, um Missverständnisse und Konflikte
     mit der Stadtteilkoordination und dem Ressour-       ab- und Verständnis für Andere und ein gelin-
     cenmanagement die Vorbereitung der Erstellung        gendes Miteinander aufzubauen.
     eines informativen „Stadtteilblättles“.
                                                          Seit 10/2015 wird die Quartierssozialarbeit vom
     Die Bürgeragentur ZEBRA e.V. ist seit 2003 verant-   Zentrum>guterhirte< mit einer 50% Stelle durch-
     wortlich für das Hausmanagement des Bürger-          geführt. Die Quartierssozialarbeit gliedert sich in 3
     hauses und die Stadtteilkoordination im Sozial-      Bereiche.
     raum.
                                                          • In aufsuchender Tätigkeit auf dem Platz,
                                                            um Ansprechpartnerin für die Älteren, Alleinste-
                                                            henden, Ratsuchenden zu sein, die sich auf dem
                                                            Platz aufhalten. Sie kommt mit vielen Menschen
                                                            dort ins Gespräch und kann daraus resultierende
                                                            Hilfe anbieten. Auch nutzt sie die Möglichkeit,
                                                            um Kinder und deren Eltern anzusprechen und
                                                            Hilfestellung zu geben bei Erziehungsfragen,

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