Nachbarn - Späte Arbeitslosigkeit ein Armutsrisiko - Caritas Aargau
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Aargau – Solothurn – beider Basel Nr. 2 / 2019 Nachbarn SpäteArbeitslosigkeit– einArmutsrisiko Werspätarbeitsloswirdbrauchtviel DurchhaltewillenDennÄlterebleiben bedeutendlängerarbeitslosalsJüngere DamitsteigtfürsiedasArmutsrisiko
Inhalt BildConradinFrei Inhalt 3 Editorial Kurz & bündig 4 News aus dem Caritas-Netz Schwerpunkt 6 Gefangen zwischen Arbeitslosigkeit und Hoffnung Schwerpunkt HansruediMüllersGeschichtehandeltvomwiederkeh- 10 Ältere bleiben länger arbeitslos rendenKampfgegendieArbeitslosigkeitDochfürihn istklar«Aufgebengibtesnicht» Persönlich 12 Wie kann armen Menschen im Alter geholfen werden? Schwerpunkt echs Antworten von Passantinnen und S Passanten Späte Arbeits- Regional 14 Ein Fest für die Freiwilligen losigkeit – ein Caritas Aargau und Caritas Solothurn haben rund 450 Freiwillige eingeladen Armutsrisiko 16 Die Unsichtbaren Beobachtungen aus dem Caritas-Laden Olten Ausgemustert. So fühlen sich viele Men- 18 Mitgenommen – auf Rundgänge schen, die über 50 und arbeitslos sind. Sie zur Armut brauchen ein dickes Fell, viel Geduld und Ältere Arbeitslose sind ein Thema bei Durchhaltewillen, aber auch die richtige Un- den unten_durch-Stadtrundgängen terstützung. Denn in der Schweiz bleiben sie länger arbeitslos als Jüngere. Was das 20 Erreichbar sein für die Menschen Warum Niederschwelligkeit in der konkret bedeutet, macht die Geschichte von Sozialberatung so wichtig ist Hansruedi Müller (54) erlebbar. Er ist Teil- nehmer der Schreibwerkstatt von Caritas Zü- Ich will helfen rich. Auch der Autor des eindrücklichen Port- räts, Urs Weisskopf, kennt das Schicksal der 22 «Ich habe ‹Freiwilligenhilfe› Altersarbeitslosigkeit und nutzt das Caritas- gegoogelt» Angebot. Caritas will mit ihren zahlreichen Angeboten benachteiligten Menschen helfen, 23 Kolumne wieder Fuss zu fassen. Was kann die Politik Zurück auf Feld eins tun, um älteren Arbeitslosen zu helfen und damit das Armutsrisiko zu mindern? Auch diese Fragen stellen wir im Schwerpunkt die- ser «Nachbarn»-Ausgabe. abSeite 2 Nachbarn 2 / 19
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Kennen Sie eine Person, die über 50 Jahre alt ist und Bild: Schatzmann mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat? Gut möglich: 33 000 Menschen in der Schweiz waren 2018 gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft davon betroffen. So auch Hansruedi Müller, der uns in dieser Ausgabe sei- ne Geschichte erzählt. Eine Geschichte von wiederkeh- render Arbeitslosigkeit und Hoffnung. Nicht allen gelingt es, in dieser Situation wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Für Menschen über Domenico Sposato Geschäftsleiter Caritas beider Basel 50 ist es tendenziell schwieriger, eine neue Stelle zu finden. Ältere Personen sind dem Risiko der Langzeit- Fabienne Notter arbeitslosigkeit stärker ausgesetzt als junge, das Risi- Geschäftsleiterin Caritas Aargau und ko für Altersarmut steigt. Caritas Solothurn Was können Politik, Gesellschaft und Arbeitgeber ma- «Nachbarn», das Magazin der regionalen chen, damit späte Arbeitslosigkeit nicht zur Altersar- Caritas-Organisationen, erscheint zweimal mut führt oder dass es gar nicht erst zur Arbeitslosigkeit jährlich: im April und im Oktober. kommt? Was bietet Caritas, um Betroffenen zu helfen? Gesamtauflage: 33 750 Ex. Diesen Fragen gehen wir in dieser Ausgabe nach. Auflage AG, BS/BL, SO: 6200 Ex. Und was können Sie tun? An einem Fest für Freiwilli- Redaktion: ge war ein oft genannter Grund für deren Engagement, Nathalie Philipp, Fabienne Notter, dass es ihnen selbst gut gehe und dass sie ein Stück von Domenico Sposato (regional) Roland Schuler (national) ihrem Glück Menschen geben wollen, die benachteiligt sind. Wollen auch Sie ein Stück von Ihrem Glück wei- Gestaltung, Produktion und Druck: tergeben? Stämpfli AG, Bern Caritas Aargau Helfen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir uns auch www.caritas-aargau.ch weiterhin für betroffene Menschen einsetzen können. CH23 0900 0000 5000 1484 7 Oder werden Sie Teil unserer Freiwilligen-Gemein- Caritas beider Basel schaft, und engagieren Sie sich in einem unserer Pro- www.caritas-beider-basel.ch CH26 0900 0000 4000 4930 9 jekte. Wir freuen uns über Ihre Unterstützung! Caritas Solothurn Viel Spass bei der Lektüre! www.caritas-solothurn.ch CH76 0900 0000 6053 8266 5 Fabienne Notter Domenico Sposato Nachbarn 2 / 19 3
Kurz&bündig Solidaritätsaktion «Eine Million Sterne» BildCaritasAargau Tausende Kerzen leuchten für Solidarität Am 14. Dezember 2019 findet die Caritas- Aktion «Eine Million Sterne» wieder statt. Tausende zünden an über 80 Orten in der Schweiz Kerzen als Zeichen ihrer Soli- darität mit Armutsbetroffenen an. Ma- chen auch Sie mit, und besuchen Sie eines der eindrücklichen Kerzenmeere! In der Schweiz sind 1 240 000 Menschen armutsbetrof- Sozialberatung fen oder armutsgefährdet – Tendenz steigend. Caritas kämpft tagtäglich gegen diesen Umstand und enga- Hilfe zur Selbsthilfe – giert sich politisch und praktisch mit Hilfsangeboten für die benachteiligten Menschen in der Schweiz. auch online Am 14. Dezember 2019 setzt Caritas anlässlich der Aktion «Eine Million Sterne» ein Zeichen der Soli- darität mit Menschen, die am oder unter dem Exis- tenzminimum leben. An über 80 Orten in der Schweiz Caritas Aargau und ihre Kirchlichen werden imposante Kerzenmeere aufgebaut. Kommen Regionalen Sozialdienste veröffentlichen Sie an eine der Veranstaltungen! Machen auch Sie eine mehrsprachige Online-Hilfe. Wer Rat sucht, findet so einfach und BildThomasPlain praktisch Unterstützung. Was kann ich tun, wenn ich Medikamente brauche und sie nicht bezahlen kann? Was kostet die Schule für meine Kinder? Wo finde ich Informationen über das Leben in der Schweiz? Solche und ähnliche Fra- gen wird die Online-Hilfe für den Kanton Aargau ab November 2019 direkt und in einfacher Sprache be- antworten. Caritas Aargau und ihre Kirchlichen Regionalen So- zialdienste haben die wichtigsten Anliegen aus den Ihre Solidarität mit benachteiligten Menschen sicht- Sozialberatungen nach Themen strukturiert und ei- bar, und setzen Sie ein Zeichen für eine faire Schweiz! nen Online-Wegweiser erstellt. Das Angebot wird in Auf wwweinemillionsternech sind alle Veranstaltungs- Deutsch, Spanisch, Portugiesisch, Kroatisch und Ita- orte in Ihrer Nähe und alle weiteren Informationen lienisch umgesetzt und ermöglicht es Ratsuchenden, aufgeführt. sich niederschwellig selbst zu informieren. Daneben besteht die Möglichkeit, eine Beratungsperson zu fin- Auch digital können Sie Ihre Solidarität bekunden: den. Auch für die Vorbereitung von Beratungsgesprä- Verschenken Sie personalisierte Wunschkerzen an chen kann die neue Online-Hilfe sinnvoll eingesetzt ihre Liebsten, und laden Sie sie ein, dasselbe auch zu werden. tun! Es ist ganz leicht, schauen Sie selbst: wwwonline-hilfecaritas-aargauch wwwwunschkerzech 4 Nachbarn 2 / 19
Kurz&bündig Organisation Caritas Bern NEWS vor Neuanfang GemeinsamesMiagesseninWeinfelden FeinessenineinerGemeinschaCaritasThurgaubie- tetseitMaizweimalmonatlicheinenMiagstisch für Personen die sich einsam fühlen und/oder ein Aufgrund des Wegfalls verschiedener schmalesBudgethabenFreiwilligekocheneinkosten- Leistungsaufträge richtet sich Caritas loses leckeres -Gänge-Menü Beim gemeinsamen Bern strategisch neu aus. Die Rolle MiagessenwirdgeplaudertundwerdenInfosausge- als Hilfswerk soll gestärkt werden. tauschtAnmeldungenundweitereInformationen wwwcaritas-thurgauch/geko-gemeinsam-kochen Im Jahr 2016 gab der Kanton Bern bekannt, dass er sein Asyl- und Flüchtlingswesen neu organisieren wird. Die entsprechenden Leistungsaufträge wurden KantonBLErgänzungsleistungenfürFamilien öffentlich ausgeschrieben. Die Caritas Bern bereitete Am November wird im Kanton Basel-Land- sich intensiv auf die Ausschreibung vor und nahm an scha über die Initiative «Ergänzungsleistungen für der Ausschreibung teil. Die Eingabe erfolgte schliess- Familien mit geringen Einkommen» abgestimmt ATD Vierte Welt und die Caritas beider Basel setzen sich stark für diese Initiative ein Mit diesem Engagement BildKellenbergerKaminski zeigt die Caritas erneut auf dass familienfreundliche StrukturenindenKantoneneinzentralesElementder Armutspräventionsind wwwcaritas-beider-baselch/aktuelles/news GrosserAnsturmaufdieMietvelosderCaritasLuzern Seit die Velos des Verleihdienstes «nextbike» in be- stimmten Zentralschweizer Städten und Gemeinden fürdieBevölkerungkostenlossindhatsichdieZahl der Ausleihen verzehnfacht Im vergangenen Jahr waren es insgesamt rund Aktuell stehen in der Zentralschweiz an mehr als Standorten über «nextbikes» zur Verfügung – seit Mie lich über eine neu gegründete Stiftung. Leider erhielt September auch in Zug Betrieben wird der prakti- diese keinen Zuschlag. Die verschiedenen Leistungs- scheServicevonderCaritasLuzern verträge der Caritas Bern mit dem Kanton werden wwwnextbikech spätestens auf Ende 2020 ersatzlos auslaufen. Infolgedessen wird Caritas Bern über drei Viertel ih- res Personals die Kündigung aussprechen müssen. Armutaufgezeigt Die betroffenen Mitarbeitenden werden in dieser DieCaritasStGallen-Appenzellhateinenumfassen- schwierigen Situation mit gezielten Massnahmen denFach-undArmutsberichtveröffentlichtDieserer- unterstützt. Daneben befasst sich der Vorstand in- läutert die Situation im Kanton St Gallen gibt einen tensiv mit der Zukunft der Caritas Bern. Verschiede- EinblickindieSozial-undSchuldenberatungundver- ne Angebote wie die Caritas-Märkte, die KulturLegi, mielt interessante Fakten zu Gründen Risiken und das «mit mir» oder die Freiwilligenarbeit bleiben er- Folgen von Armut Der Bericht zeigt zudem welchen halten, die Rolle der Caritas Bern als Hilfswerk soll Einfluss sozialpolitische Entscheide auf die Situation gestärkt werden. vonArmutsbetroffenenhaben wwwcaritas-bernch wwwcaritas-stgallench/armutsbericht Nachbarn 2 / 19 5
Rubrik BildConradinFrei HansruediMüllersLebenverläunichtentlangeiner GeradenAusbeschwerlichenPhasenvonArbeits- losigkeitundgesundheitlichenProblemenfindeter EinLebeninArmutbringtElternandenRandderVerzweifl ung immerwiederkreativAuswegeInderSchreibwerk- undlässtKinderträumeplatzen stavonCaritasZürichtri eraufGleichgesinnte undfindetAblenkung 6 Nachbarn 2 / 19
Schwerpunkt Gefangenzwischen Arbeitslosigkeit undHoffnung Zunehmende Aggressivität und Respektlosigkeit der Fahrgäste machten aus einem einst zuversichtlichen Chauffeur einen stressgeplagten Menschen. Die Folgen: Alkohol, Depressionen und Arbeitslosigkeit. Hansruedi Müllers Geschichte ist eine vom wiederkehrenden Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. TextUrsWeisskopf H ansruedi Müller ist 54 Jahre alt. Nach «Es wurde zur Hölle» langjähriger Anstellung als Buschauffeur Nach der Postlehre fand er eine Anstellung bei den folgten schwierige Jahre der Arbeitslosig- Verkehrsbetrieben Zürich (VBZ) als Buschauffeur. Die keit und der Suche nach einem Wieder- ersten Jahre waren eine tolle Erfahrung, verbunden einstieg. Sein Lebenslauf ist kein leichter. mit Freizeit, wenn andere arbeiteten. Doch die zu- Unterkriegen lässt er sich dennoch nicht: «Es ist wich- nehmende Aggressivität und Rücksichtslosigkeit der tig, die verbleibenden Chancen zu erkennen und sie zu Fahrgäste entlud sich immer mehr auf ihn als Chauf- nutzen», sagt er heute. feur. «Ich war die erste Adresse für Reklamationen Seine Jugend wurde geprägt von einem patriarchalen Va- und Gehässigkeiten. Es wurde zur Hölle.» Mit der Zeit ter, der ihn verbal erniedrigte. Ohne Rücksicht auf die Be- wurde der Alkohol zu seinem Gehilfen bei der Gefühls- verarbeitung. Im Jahr 2011 war Schluss. Er erhielt die Kündigung. Bald darauf entschloss er sich zu einem «Es ist wichtig, die Entzug. verbleibenden Chancen zu Vom Regen in die Traufe erkennen und sie zu nutzen.» Sein erster Kontakt mit der regionalen Arbeitsver- mittlung (RAV) war eine Katastrophe. Eigentlich war dürfnisse war für Hansruedi eine Postlehre vorgesehen. es ihm nicht mehr möglich, als Bus- oder als Lastwa- «Mit der Aussicht auf einen hohen Anfangslohn wehrte genchauffeur zu arbeiten. Die psychische Belastung, ich mich nicht dagegen», gesteht Müller rückblickend. der Stress und der ständige Druck waren zu gross. Das Nachbarn 2 / 19 7
Schwerpunkt Einzige, was er hörte, war: «Herr Müller, unsere Auf- Hansruedi Müller hatte sich in eine neue berufliche gabe ist es, Sie so schnell wie möglich wieder in den Perspektive gekämpft. Aus eigener Kraft, mit viel Arbeitsprozess zu integrieren.» Es folgten viele RAV- Willen und richtiger Unterstützung hatte er es mit Besuche, Dutzende Bewerbungen. Und doch wieder knapp 50 Jahren geschafft: Er war in seinem Traum- gegen seinen Willen Anstellungen als Chauffeur. Nach beruf tätig. mehrmaligem Scheitern als Chauffeur konnte er in einem Einsatzprogramm des RAV für das Atelier 93 und Zurück in die Vergangenheit die Aktion «Tischlein deck dich» fahren. Aus eigener Das Jahr 2016 wird Müller nie vergessen. Die Schick- Initiative half er zudem Arbeitslosen bei Bewerbungs- salsschläge häuften sich. Im März starb sein Vater, schreiben am Computer. Diese Arbeit mit Menschen und Hansruedi Müller begann wieder zu trinken. «Mit machte ihm grosse Freude. Doch das RAV verlangte, seinem Tod realisierte ich, dass mir abrupt die Chance dass er wieder Lastwagen fahre. Es war das Gesetz des genommen wurde, ihm zu sagen, was er mir angetan Scheiterns. Denn Müller wollte nicht mehr fahren. hatte», fasst er heute seine Gemütslage zusammen. Im August folgte die Kündigung der Stiftung Altried. Wie- Im März 2013 wurde er im Alter von 48 Jahren ausge- der war er arbeitslos. Wieder stand Müller vor einem steuert. Im Zuge dessen liess er seine Lastwagenlizenz Scherbenhaufen. Die Folgen trafen Müller hart. Noch nicht mehr erneuern. «Das war ein Befreiungsschlag, mehr ärgerte ihn das fehlende Verständnis, sei es von denn so konnte mich niemand mehr zwingen, in die Ämtern oder Bekannten. «Ein Beinbruch ist sichtbar ungeliebten Lastwagen zu steigen, und der Weg wurde und kann rasch geheilt werden. Ein psychischer Zusam- frei für einen Neuanfang», sagt Müller. menbruch ist komplizierter und dauert länger», so seine Erfahrungen. Mit Zuversicht in den Neuanfang Er zog ins Forelhaus in der Stadt Zürich. Dort erhielt Es folgte eine nächste Phase beim RAV. Dieses Mal Müller Unterstützung beim Aufbau eines selbststän- mit positiven Vorzeichen, denn die Beraterin erkann- digen und abstinenten Lebens. Ziel war nicht in erster te seine Bedürfnisse und organisierte einen Einsatz Linie die berufliche Ausrichtung, sondern die Stärkung in einem Blindenheim für Senioren. «Doch als ich von Stabilität, Selbstbewusstsein und Selbstachtung. einen alten Mann pflegte, erlebte ich ein Flashback; «Ich wurde respektiert und verspürte immer mehr den ein Wiedererleben aus meiner Kindheit wurde her- Wunsch, für Menschen mit Beeinträchtigungen zu ar- vorgerufen», beschreibt Müller diesen Augenblick. Es beiten», sagt Müller. Im September 2014 begann er ein folgte eine längere Krankheit, während der er nicht Praktikum in der Stiftung Altried und erhielt im An- voll arbeiten konnte. Die Behördengänge wurden zur schluss eine Festanstellung. Last. Arztzeugnisse, Bewerbungsnachweise, unklare BildConradinFrei SeinZiellässtHansruediMüllernichtausdenAugenErwünschtsichwiederindieBetreuungvonMenschenmitBeeinträchtigungen zurückzukehren 8 Nachbarn 2 / 19
Schwerpunkt Abzüge bei den Versicherungsbeiträgen, jeden DIEBEDINGUNGEN Monat unterschiedlich hohe Auszahlungen, die kräftezehrende Abklärungen nach sich zo- VERBESSERN! gen. Er musste viel Energie in Ämter inves- tieren – Energie, die er eigentlich für sich ge- braucht hätte. Der Gang zum Sozialamt war nicht mehr abzu- RosmarieQuadrantiistBDP- Bildzvg wenden. Müller realisierte: Die Rückkehr in den Nationalrätin ZH und Mit- Arbeitsmarkt wird noch schwieriger werden. gliedderKommissionfürWis- Menschen in seinem Alter haben es besonders senschaBildungundKultur schwer, wieder zu einer Stelle zu kommen. Die sowie der sicherheitspoliti- Altershürde für Arbeitslose alleine kann bereits schenKommission unerbittlich sein; ganz unabhängig von indivi- duellen Schicksalsschlägen. Wieder stellte sich Hansruedi Müller der Heraus- forderung kreativ: Er entschloss sich für verschie- dene Freiwilligenarbeiten und begann, sein Trau- «Aufgeben gibt es nicht.» WiesoistesfürältereArbeitslosesoschwierig imArbeitsmarktwiederFusszufassen? ma und die Depressionen zu verarbeiten, um die DieregionalenArbeitsvermilungsstellensindnichtauf Chancen auf eine erneute Arbeitsstelle zu erhö- ältere Arbeitssuchende spezialisiert Und wir Älteren hen. Ablenkung und Entspannung findet Müller sindteureralsdieJungenFaktistÄlteremüssenlän- in der Schreibwerkstatt von Caritas Zürich. Dort ger suchen Es braucht deutlich mehr Bewerbungen werden Menschen mit schmalem Budget profes- Kommt hinzu dass man eine dicke Haut braucht um sionell dabei unterstützt, Geschichten zu Papier dieAbsagenmitonichtssagenderBegründungzuver- zu bringen und den kreativen Umgang mit ihren dauen eigenen Geschichten zu fördern. «Die Schreib- werkstatt bedeutet mir sehr viel. Es ist ein ideales Umfeld mit Gleichgesinnten und gibt eine will- WaskanndiePolitikfürältereArbeitslosemachen? kommene Struktur», beschreibt Müller den Nut- Die Bedingungen verbessern! Die BDP fordert dass zen des Kursangebots für sich. Sein Ziel, wieder man ü unter bestimmten Bedingungen nicht mehr in der Betreuung von Menschen mit Beeinträchti- ausgesteuert werden kann wie es auch die SKOS vor- gungen zu arbeiten, ist geblieben. Für Hansruedi schlägtDieWiedereingliederungmusswährendderAr- Müller ist klar: «Aufgeben gibt es nicht.» beitslosenzeitunterstütztwerdenFürAltersgutschrien BVGsollteeinEinheitssatzeingeführtwerden Wie kann verhindert werden dass späte Arbeitslosig- keitzuAltersarmutführt? ZUMAUTOR Wenn die Einführung von Ergänzungsleistungen reali- UrsWeisskopfinZürichgeborenabsolvier- siert wird man nicht mehr ausgesteuert werden kann te eine Bankanlehre und arbeitete danach mehr unddieAltersgutschrienfürallegleichsindistschon als Jahre in der Kommunikationsbranche Er viel getan Es braucht in diesen Situationen aber auch kenntdasSchicksalderAltersarbeitslosigkeitaus individuellereLösungenDieMenschenümüssenuns eigener Erfahrung wurde er im Alter von daswertsein ausgesteuertSeitdemarbeiteteralsfreierFo- tograf und Korrespondent wwwtexte-fotosch und ist ebenfalls Teilnehmer in der Schreibwerk- stavonCaritasZürichwwwcaritas-zuerichch/ schreibwerksta Nachbarn 2 / 19 9
Schwerpunkt Älterebleibenlänger arbeitslos Ältere Menschen spielen eine wichtige Rolle im Schweizer Arbeitsmarkt: 20 Prozent der Erwerbstätigen sind in der Schweiz über 55-jährig. Die Probleme für ältere Menschen entstehen, wenn sie arbeitslos werden. Dann fällt es ihnen bedeutend schwerer als Jüngeren, wieder Arbeit zu finden. TextJonathanBenneundPeterNeuenschwanderBernerFachhochschule BFH IllustrationCorinneBromundt D as Positive vorweg: Erfreulicherweise gibt es ge- Prozent aller Erwerbstätigen ausmachen, schaffen es mäss Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) diese nach einem Stellenverlust nur schwer, wieder zu nicht mehr ältere Arbeitslose als jüngere. Doch Arbeit zu kommen. sind ältere Arbeitslose viel stärker von lang dauernder Arbeitslosigkeit betroffen und müssen zunehmend Viel politische Bewegung auch Sozialhilfe beziehen. Obwohl die Schweiz im in- Um dieser unerfreulichen Situation entgegenzuwir- ternationalen Vergleich viele Beschäftigte im Alter von ken, sind einige politische Bestrebungen im Gange. über 50 Jahren aufweist und über 55-Jährige rund 20 Von verschiedenen staatlichen Massnahmen verspricht 10 Nachbarn 2 / 19
Schwerpunkt man sich einen positiven Effekt für die Reintegration von älteren Kommentar Arbeitslosen. Zum einen wird erwartet, dass der sogenannte In- ländervorrang die Situation entschärft. Er verpflichtet Arbeitge- ber, bei der Personalsuche in bestimmten Berufsgruppen zuerst Armutsrisiko die beim RAV gemeldeten Dossiers zu prüfen. Zum anderen sieht ein Vorschlag der Sozialpartner Arbeitgeberverband und minimieren TravailSuisse vor, dass die Pensionskassenbeiträge im Laufe der Erwerbstätigkeit nur noch einmal angehoben werden, und zwar mit 45 Jahren von 9 auf 14 Prozent. Damit möchte man allfällige Für ältere Arbeitslose ist es nicht Nachteile für ältere Arbeitnehmende ausräumen, bei denen ak- einfach, den Anschluss an die tuell ab 55 Jahren die höchsten Pensionskassenbeiträge anfallen. Arbeitswelt wiederzufinden. Hier bietet die Caritas mit der Sozialbe- Wider die Aussteuerung ratung eine erste Anlaufstelle. In Weitere Vorstösse zielen darauf ab, dass ältere Arbeitslose nicht einigen Regionen führt sie auch ent- mehr in die Abhängigkeit der Sozialhilfe geraten. So fordert die sprechende Arbeitsintegrationspro- Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) etwa, dass gramme. Eine flexible, durchlässige langjährig erwerbstätige Personen bei einem Stellenverlust ab Einsatzplatzgestaltung gestattet einem Alter von 57 Jahren Ergänzungsleistungen erhalten sol- eine spezifische Förderung. In Coa- len. So könnte die Aussteuerung aus der Arbeitslosenversiche- chings werden individuelle Zielset- rung verhindert werden. In eine ähnliche Richtung zielt die vom zungen erarbeitet. So ermöglicht es Bundesrat vorgeschlagene Überbrückungsrente für ausgesteu- die Caritas speziell älteren Arbeits- erte Arbeitslose ab 60 Jahren. Gerade diese beiden letzten Vor- losen, ihr Potenzial auszuschöpfen. schläge werden jedoch teilweise auch kritisch gesehen. Es wird Es werden auch Anreize geschaf- befürchtet, sie könnten Anreize dafür setzen, dass sich Unter- fen für Bewerbungen in anderen nehmen schneller von älteren Mitarbeitenden trennen, weil der Berufsfeldern. Arbeitslose können Staat unterstützend eingreift. neue Berufserfahrungen machen und sich allenfalls neue Rahmen- Wie wieder Arbeit finden? fristen für die Arbeitslosenversiche- Wie können Betroffene selbst ihre Chancen auf dem Arbeits- rung erwerben. markt erhöhen? In der Forschung finden sich folgende Fakto- ren: ein positives Selbstbild, bei dem die eigenen Ressourcen Ältere Arbeitslose tragen ein grosses und Kompetenzen im Fokus stehen, realistische Ziele für eine Armutsrisiko. Ohne Erwerb werden nächste Anstellung, Flexibilität hinsichtlich Arbeitsort und keine Beiträge an die Pensionskasse Lohn sowie die Auffrischung und Erweiterung von Fachwissen, einbezahlt, es entstehen Beitragslü- Methoden und Sprachkenntnissen. Es zeigt sich auch, dass die cken. Ein neues Bundesgesetz, das Beratung von älteren Stellensuchenden spezifisches Know-how zurzeit in Vernehmlassung ist, soll erfordert. Die bildungs-, berufs- und lebensbiografischen Hin- hier Abhilfe schaffen und die soziale tergründe der arbeitslosen Person gilt es zu berücksichtigen. Sicherheit von älteren Arbeitslosen Dadurch wird das Kompetenzprofil geschärft. Dies ermöglicht gezielt verbessern – ein wichtiger eine gezielte und erfolgreiche Bewerbung. Schritt. Daneben braucht es aber auch neue Beschäftigungsmodelle und damit eine sinnvolle Alltagsge- ZUDENAUTOREN staltung. Hier sind Ideen gefragt und Unternehmen, die entsprechende Arbeitsplätze schaffen. Die Caritas Bildzvg Bildzvg ProfDr setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, ProfDr Peter dass ältere Arbeitslose wieder im Er- Jonathan Neuen- werbsleben Fuss fassen können und Benne schwander ihr Armutsrisiko minimiert wird. ProfDrJonathanBenneist ProfDrPeterNeuenschwander LeiterdesInstitutsAlterander istProjektleiterundDozentam DavidJund BernerFachhochschule BFH DepartementSozialeArbeitder LeiterBildunginder BernerFachhochschule BFH beruflichenIntegration CaritasLuzern Nachbarn 2 / 19 11
Persönlich Louisa JahregehtindieKlasseundwohntin BernSiefindetdassMenschendenenesgutgeht armeMenschenunterstützensolltendamitsiesich wichtigeDingewieEssenundSchuhekaufenkönnen 12 Nachbarn 2 / 19
Persönlich «Wie kann armen Menschen im Alter geholfen werden?» Viele Menschen in der Schweiz sind im Alter armutsgefährdet. Die Gründe dafür sind beispielsweise niedriges Einkommen oder geringe bis gar keine berufliche Vorsorge. Wer spät arbeitslos wird, trägt ein höheres Risiko, im Alter unter die Armutsgrenze zu geraten. Wir fragten Passantinnen und Passanten, wie älteren Menschen, die armutsbetroffen oder -gefährdet sind, geholfen werden kann. Delia Unternährer, Sam Lehmann, Bilderzvg Immobilienbewirtschafterin, Schüler, Chur Luzern Ich denke, es ist wichtig, dass den Armen Menschen im Alter hilft älteren Menschen, die finanziell man am meisten, wenn man ihnen nicht so gut dastehen, geholfen Zeit, Aufmerksamkeit und die nö- wird. Zum Beispiel mit Spen- tige Unterstützung im Alltag schenkt. Gute Gespräche den und speziellen Angeboten durch Institutionen an der frischen Luft oder in der warmen Stube sind die wie die Caritas. Es sollte Orte geben, wo sie andere beste Ablenkung und lassen die Schmerzen und Sor- Menschen treffen können. Sie sollen auf jeden Fall gen vergessen. Von diesem Austausch zwischen Jung nicht im Stich gelassen werden und jede nötige Hilfe und Alt profitieren und lernen beide Seiten. bekommen. Emine Özyürek, Ueli Kölliker, pensionierte Produktions- Amtsgerichtspräsident, mitarbeiterin, Dulliken Solothurn Arme ältere Menschen können es Ich sehe da drei Ansätze. Erstens sich oft nicht leisten, etwas zu un- ist es wichtig, dass jeder für sich ternehmen. Deshalb fände ich Ver- nach Möglichkeit Vorsorge trifft, günstigungen für Billetts im öffentlichen Verkehr gut noch bevor er alt ist. Dazu bräuchte es – als Hilfe zur oder auch Ermässigungen für Museums- oder Thea- Selbsthilfe – neutrale und unabhängige Beratung. terbesuche. Ausserdem sind viele einsam. Deshalb Zweitens könnte man vielleicht Patenschaften für wären auch Freiwilligeneinsätze für ältere Menschen ältere Menschen ins Leben rufen. Drittens fände ich sinnvoll. Besonders wenn Krankheit oder Schwäche es wichtig, die erste Säule auszubauen, da das jetzige dazukommen, bräuchten viele mehr Betreuung. System stark auf eigenem Wohlstand beruht. Chris Wojtaniec, Aline Amstutz, Business Analytiker, Zürich Schülerin, Boltigen Meine Mutter in Polen verlor ihren Es sollte mehr berufliche Mög- Job im Alter von 56 Jahren. Anstel- lichkeiten für ältere Menschen ge- le von Arbeitslosengeld stellt die ben. Dadurch könnten sie länger Regierung Firmen, die Arbeits- selbstständig leben und wären plätze für ältere Menschen anbieten, Geld zur Verfü- auch weniger alleine. Zudem sollte es Wohnungen gung. So fand sie einen neuen Job, den sie bis zu ihrer oder Häuser geben, wo ältere Menschen günstig le- Pensionierung ausüben kann. Und ihr Vorgesetzter ben und sich wohlfühlen können. Reiche Leute soll- ist glücklich, eine gute Mitarbeiterin zu einem redu- ten den Ärmeren Geld spenden, um sie zu unterstüt- zierten Gehalt zu haben. Aus meiner Sicht eine Win- zen. Vielleicht könnten auch Kinder die älteren Leute win-Situation. besuchen und mit ihnen etwas unternehmen. Nachbarn 2 / 19 13
Caritas Aargau – Caritas Solothurn Bilder: Nathalie Philipp Stolze Femmes-Tische-Moderatorinnen mit Projektleiterin Nicole Winkler (ganz links) Ein Fest für die Freiwilligen Insgesamt rund 450 Freiwillige sind bei Caritas Aargau und Caritas Solothurn in über 25 Projekten engagiert. Jede und jeder von ihnen lebt aktiv Solidarität. Zum Dank gab es im Frühling ein gemeinsames Fest. Caritas ist eine Freiwilligenorganisation! Text: Nathalie Philipp S ie engagieren sich als CoPilotinnen und Co- wichtig, dass Standards und Prinzipien die ehrenamt- Piloten in der Begleitung von Flüchtlingen, liche Arbeit auf eine solide Basis stellen und dass auch als Sprachcoaches im Projekt «Mit Deutsch die Freiwilligen selbst von ihrem Einsatz profitieren. unterwegs», als Gotti oder Götti im Paten- schaftsprojekt «mit mir», als Wegbeglei- Wichtige Prinzipien der Freiwilligenarbeit ter/in von Menschen in schwierigen Situationen, als Einer der Grundsätze ist, dass alle Freiwilligen eine Treffpunktbetreuer, administrative Unterstützerin professionelle Ansprechperson zur Seite haben, die und in vielen Projekten mehr. sie in die Arbeit einführt und sie im Einsatz begleitet. Die Anerkennung der Leistung ist wichtig. Daher er- «Wer sind diese Freiwilligen, die sich bei uns einset- halten die Freiwilligen ein kompetentes Feedback in zen, was ist ihre spezielle DNA?», fragte Emil Inauen, Form von persönlichen Standort- oder Auswertungs- Koordinator der Freiwilligenarbeit bei Caritas Aargau gesprächen. Wer es wünscht, erhält ergänzend eine und Caritas Solothurn in seiner Rede. Die Antwort hat- Einsatzbestätigung. Um die Entwicklung der Freiwil- te er selbst mitgebracht: Es sind Menschen verschiede- ligen zu fördern, werden diese jährlich zu einer Wei- nen Alters, vom Jugendlichen bis zur 86-jährigen Frau. terbildung eingeladen. Ein weiterer wichtiger Grund- Sie sind frisch dabei oder schon seit bis zu 23 Jahren satz ist, dass der Einsatz im Jahresdurchschnitt auf im Einsatz. Sie zeigen ein enormes Engagement für einen Zeitrahmen von sechs Stunden pro Woche be- Caritas. Allein im Jahr 2018 leisteten Freiwillige ins- schränkt sein soll. Dies soll sicherstellen, dass nie- gesamt fast 20 000 Stunden bzw. 500 Arbeitswochen mand in seinem Engagement zu sehr belastet wird. ehrenamtliche Arbeit. Keine Frage, die Freiwilligen Die Freiwilligen sollen und dürfen sich ausserdem bei tragen wesentlich dazu bei, dass die beiden Hilfswerke Problemen oder Fragen rasch bei ihren jeweiligen An- ihren Auftrag erfüllen können. Caritas ist es deshalb sprechpersonen melden. 14 Nachbarn 2 / 19
Caritas Aargau – Caritas Solothurn Zusammen feiern Beim Anlass selbst ging es jedoch in erster Linie ums Geniessen. Rund 60 Gäste aus dem ganzen Einzugs- gebiet der Kantone Aargau und Solothurn waren nach Aarau in den Hof der Pfarrei St. Peter und Paul gekom- men, wo sie herzlich willkommen geheissen wurden. Sechs Mitarbeitende in Ausbildung hatten den Abend als gemeinsames Projekt vorbereitet. Sie verwöhnten die Gäste mit einem reichhaltigen Apéro und einem bunten Programm mit Livemusik und tamilischen Tanzvorführungen. Auch die Projektleitenden fanden es schön, mit ihren Freiwilligen einen entspannten Abend verbringen zu können. Feedback erwünscht Auch kritische Anregungen und Feedbacks der Frei- willigen sind gewünscht und willkommen. «Was wür- den Sie an der Freiwilligenarbeit verbessern?», hiess es deshalb auf einem Fragebogen, der anonym abgegeben werden konnte. Diese Umfrage kann zwar nicht als re- präsentativ gelten, doch das Ergebnis war eindeutig: «Alles ist gut so» und «Macht weiter so». Ihr auch, lie- be Freiwillige! Vielen Dank! «Ich weiss, dass ich persönlich einiges profitiere. Ich hoffe, das gilt auch für mein Tandem.» Projektleiterinnen mit Freiwilligen. Oben: Projekt Co-Pilot Caritas Solothurn mit Annette Lüthi (rechts); Mitte: «Projekt Mit Deutsch Aus dem Feedbackformular einer Freiwilligen unterwegs» mit Irene Krause (links); unten: ein rundum gelungener Abend für die Freiwilligen Machen Sie mit! Bei Caritas Aargau engagieren Sie sich … Bei Caritas Solothurn engagieren Sie sich … … als Co-Pilot/in in der Begleitung von Flüchtlingen … als Co-Pilot/in in der Begleitung von Flüchtlingen und Migrant/innen und Migrant/innen … als Götti/Gotti im Patenschaftsprojekt «mit mir» … als Götti/Gotti im Patenschaftsprojekt «mit mir» … als Sprachcoach bei «Mit Deutsch unterwegs» … in der administrativen Unterstützung … als Wegbegleiter/in von Menschen in schwierigen … als Mitarbeiter/in im Caritas-Markt und Caritas- Lebenssituationen Secondhand-Laden in Olten … in der administrativen Unterstützung … beim Event «Eine Million Sterne» … als Mitarbeiter/in in den Caritas-Secondhand-Läden … als Mitbetreuer/in im Treffpunkt Olten … beim Event «Eine Million Sterne» … als Treffpunktbetreuer/in, u. a. bei den Projekten Weitere Infos finden Sie hier: «Femmes-Tische» oder «Frauenpause» www.caritas-solothurn.ch/freiwilligenarbeit … in kleinen, regionalen Projekten der kirchlichen regionalen Sozialdienste Weitere Infos und Projekte finden Sie hier: www.caritas-aargau.ch/freiwillige Nachbarn 2 / 19 15
Caritas Solothurn Die Unsichtbaren Astrid Bonsaver ist Bereichsleiterin Verkauf bei Caritas Aargau und Caritas Solothurn. Sie kennt den Caritas-Laden in Olten und viele der Menschen, die hier im Caritas- Markt und im -Secondhand-Laden einkaufen – die meisten, weil sie auf ihr knappes Budget achten müssen. Ihre nachdenklichen Beobachtungen. Text: Astrid Bonsaver Bild: zvg Astrid Bonsaver (rechts) im Gespräch J emand sagte einmal zu Schulbildung und hatten gut be- «Wir hatten Glück in unserem Le- mir, im Alter wirst du zahlte Arbeitsstellen. Das ist schön, ben und möchten auf diese Weise unsichtbar. Vielleicht hat und sie haben es sich verdient. Tat- anderen Menschen, die nicht so viel diese Aussage etwas Wah- sächlich engagieren sich einige zu- Glück hatten, etwas zurückgeben.» res. Doch sicher nicht in friedene Seniorinnen und Senioren Diese anderen Menschen, die nicht jedem Fall. Da gibt es eine Gruppe bei uns als Freiwillige. Kürzlich so viel Glück in ihrem Leben gehabt von Seniorinnen und Senioren, de- fragte jemand an unserem Freiwil- haben, gibt es leider auch. Diejeni- nen es gut geht. Sie können zufrie- ligenfest, weshalb die Freiwilligen gen, die sich nach einem Schick- den auf ihr Leben zurückschauen. denn freiwillig arbeiten. Die am salsschlag oder einer Krankheit Sie hatten Glück, genossen eine gute häufigsten genannte Antwort war: nicht mehr aufrappeln konnten, 16 Nachbarn 2 / 19
Caritas Solothurn diejenigen, die ihre Stelle verloren Caritas-Secondhand-Laden Aarau) ständigkeit versuchte. Die 70-jäh- und keine Perspektiven mehr vor findet bei uns im Caritas-Laden Ol- rige Rentnerin, die ihre Lebensmit- Augen hatten. Diejenigen, die sich ten eine Beratung zu Budgetfragen tel bei uns einkauft, oder der Herr gegen ihr Schicksal wehrten, Hilfe statt. Von vielen älteren Menschen im Anzug, der regelmässig in den suchten und keine bekamen. Die- wird dieses Angebot gut genutzt. Laden kommt und erzählt, dass jenigen, die resigniert haben und Es scheint, dass es einen Bedarf er keine Arbeit mehr findet. Sein unsichtbar geworden sind. gibt. gepflegtes Auftreten, sagt er, das jahrelang zu seinem Beruf gehörte, Um all diese Menschen geht es hier, wolle er sich nicht nehmen lassen. besonders um die älteren. Die meis- «Sein gepflegtes Auf- ten wollen nicht einmal mehr etwas treten, das jahrelang Mir ist wichtig, dass diese Men- über ihre Geschichte erzählen. Sie schen wahrgenommen werden. winkten ab, als ich sie darum bat. zu seinem Beruf gehör- Wenn wir in manchen Momenten Sie möchten nicht alles wieder auf- te, wolle er sich nicht zu einem Begegnungszentrum rollen. Sie haben gelernt, mit wenig werden, wo auch ein persönliches auszukommen. Sich nichts leisten nehmen lassen.» Gespräch entstehen kann, dann zu können, nicht dazuzugehören, machen wir unsere Arbeit richtig. nicht gesehen zu werden. Nicht Täglich beobachte ich also, dass äl- Dann werden manche Lebensge- mehr vernetzt zu sein. tere, armutsbetroffene Menschen schichten hinter den Gesichtern in unsere Läden kommen. Es ist unserer Kundinnen und Kunden Menschen ein Stück weit aus dieser der 54-Jährige, der es nach dem stückweise erkennbar. Dann sind engen und oft isolierten Situation Jobverlust eine Weile mit Selbtst- sie nicht mehr unsichtbar. zu helfen, ist eine der Aufgaben der Caritas. Im Caritas-Markt können Armutsbetroffene zu sehr güns- tigen Preisen Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs Zwei aufmüpfige Rentner kommen zum Jubiläum kaufen. In den Secondhand-Läden Vom 14. bis 16. November 2019 feiert der Caritas-Laden Olten mit mehreren verkauft Caritas gute, saubere, in- Aktionen sein 10-Jahr-Jubiläum. Ein besonderes Highlight: Am Abend vom takte Secondhand-Mode für das 14. November tritt das Kabarettistenduo Strohmann-Kauz im Laden auf. kleine Budget – übrigens auch an Als aufmüpfige Rentner haben sie ihren ganz eigenen Blick auf schwierige Menschen, die einfach Mode mögen Themen. Der lebensfrohe Ruedi und der griesgrämige Heinz geniessen ihre oder mit ihrem Einkauf die Caritas Narrenfreiheit und bringen die Zuschauer herzhaft zum Lachen. An den unterstützen möchten. Jubiläumstagen werden den Kundinnen und Kunden diverse Sonderrabatte, ein Glücksrad und Verpflegung angeboten. Alle Neugierigen und Interessier- In unseren Läden können arbeits- ten sind herzlich eingeladen! lose Personen einen Einsatz im Rahmen einer arbeitsmarktlichen Aktuelle Informationen unter: www.caritas-solothurn.ch/aktuell Massnahme (AMM) machen, um ihre Chancen auf dem Arbeits- Bild: Strohmann-Kauz markt zu erhöhen. Hier fällt mir besonders auf, dass die Älteren von ihnen kaum mehr Aussichten haben, wieder im Arbeitsmarkt einzusteigen. Ich denke, es gibt da viele Vorurteile. Unsere digitali- sierte Welt überfordert sie nicht, sie haben hier nur eine Bildungslücke. Ich würde mir wünschen, dass älte- re Menschen wieder mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten und ihnen eine Nachbildung ermöglicht wird. Ein weiteres Angebot: Jeweils am ersten Montag im Monat (und «Strohmann-Kauz» kommen in den Caritas-Laden Olten. am ersten Mittwoch im Monat im Nachbarn 2 / 19 17
Caritas Aargau – Caritas Solothurn Mitgenommen – auf Rundgänge zur Armut Im Sommer fanden in vielen Ortschaften im Aargau und in Solothurn unten_durch-Stadt- rundgänge statt. Auch ältere Arbeitslose sind darin ein Thema. Einige Eindrücke und Fragen an Sozialarbeiterin Isabella Hossli, die den Anlass in Frick moderierte. Text: Nathalie Philipp «Sie reden über Armut, wie ich höre. Hallo miteinan- Bild: Nathalie Philipp der. Ist nicht so meine Art, reinzuplatzen … doch Sie sehen so interessiert aus, darum erzähle ich Ihnen von mir …» Mit diesen Worten beginnt Frau Meier ihre Erzählung. Sie ist eine der Figuren bei unten_durch, eine 57-jährige Ausgesteuerte, die eben am Gemein- dehausplatz 1 in Frick, beim örtlichen Sozialdienst, einen Brief eingeworfen hat. Es ist eine der Szenen, bei denen es unter den Zuschauern zunehmend still wird, wenn sie beginnt, von ihrem ganz normalen Le- ben zu erzählen. Sie berichtet von ihrem Job als Ver- Eine der Figuren bei unten_durch ist eine 57-jährige Arbeitslose. käuferin, von ihrer Karriere als Teamleiterin. Dann erzählt sie, wie mit 50 die Probleme anfingen: «Ein Zahnarzt verletzte mir bei einer Behandlung einen «Ich möchte wieder mein Nerv. Die Nervenschmerzen und die Medikamente wa- eigenes Geld verdienen. ren danach so stark, dass ich mich bei der Arbeit nicht mehr richtig konzentrieren konnte. Dazu kam eine Aber wer will mich noch?» Knie-Operation. Nach der Reha ging ich wieder arbeiten. Aber ich war nie mehr dieselbe wie vorher.» Trotz tägli- löse diese auf, indem ich die Gruppe auffordere, zur chen Nerven- und Knieschmerzen arbeitete sie weiter – nächsten Station weiterzugehen. Unterwegs wird oft ihre Mitmenschen sollten nichts davon mitbekommen. heftig diskutiert. Diese Sequenz geht vor allem den äl- teren Teilnehmenden sehr nah. Nach dem Rundgang «Ich riss mich sehr zusammen, aber es nützte nichts. werden einige Fragen zum Thema gestellt. Eines Tages brach ich zusammen und musste in die Klinik – Diagnose Burn-out.» Und danach der Ein- Welche? schnitt: «Die Wochen in der Therapie haben mir gut Unter anderem interessieren sie aktuelle Zahlen und geholfen – doch kaum hatte ich keinen Kündigungs- Erfahrungen aus der Praxis. Ich stelle zum Beispiel schutz mehr, erhielt ich den blauen Brief.» fest, dass die Zahl unserer Beratungen von arbeitslo- Sie erzählt von der Arbeitslosenkasse und der Aussteu- sen Personen in der Altersgruppe zwischen 50 und 60 erung, vom Aufbrauchen des Ersparten und schliesslich sukzessive zugenommen hat, von 14 Prozent im Jahr vom Gang zum Sozialamt. Am Schluss sagt sie: «Nun 2009 auf 21 Prozent im Jahr 2018. Viele Personen dieser bin ich eben ein Sozialfall, zu nichts mehr nütze.» Altersgruppe kommen, weil sie kurz vor der Aussteu- erung stehen. Das heisst, dass sie in naher Zukunft Isabella Hossli, Sie leiten einige Anlässe. kein Arbeitslosentaggeld mehr ausbezahlt erhalten. Wie sind die Reaktionen auf die Szene Sie stehen ohne Einkommen da. Sie haben Existenz- mit der älteren, ausgesteuerten Frau? ängste, wissen nicht, wie ihre Zukunft aussehen wird. Nachdem die Frau die Gruppe verlässt, herrscht für Sie möchten wissen, was sie noch tun könnten, um zu gefühlte Minuten eine betroffene Schweigsamkeit. Ich verhindern, dass sie in die Sozialhilfe fallen. 18 Nachbarn 2 / 19
Caritas Aargau – Caritas Solothurn Bild: Palma Fiacco Isabella Hossli (rechts) mit Schauspieler in einer Szene von unten_durch Kann Caritas in dieser Situation helfen? Im Stück tritt auch ein Wirtschaftslobbyist auf: Helfen in dem Sinne, dass sie eine Erwerbsarbeit fin- «Wer nicht untergehen will, muss sich bewegen, den, können wir nicht. Was vorher während ca. zwei Einsatz zeigen, Biss … was immer.» Das würde Jahren die Arbeitslosenkasse und das RAV mit ihnen den Betroffenen wohl niemand so sagen, oder? zusammen nicht geschafft haben, können wir nicht Nein, natürlich nicht. Dies wäre ein Hohn. Aber Resig- aufheben. In einem ersten Schritt informieren wir nation bringt finanziell wie auch emotional nichts. Das über die Möglichkeiten der Zukunft. Was bedeutet Problem der älteren Arbeitslosen ist vielschichtig und es, Sozialhilfe zu beziehen? Was sind die Konsequen- liegt meiner Meinung nach nicht nur beim Individuum zen, wenn man Vermögen hat, die Sozialhilfe aber als selbst, sondern auch in der Wirtschaft und in der Ge- Vermögensfreibetrag nur CHF 4000.– erlaubt? Wel- sellschaft als Ganzem. che Rolle spielt da ein Eigenheim, das Freizügigkeits- konto usw.? Was könnten politische Lösungen sein? Es gibt aktuell Vorstösse, die Ergänzungsleistungen statt Es sind Fragen, die den Betroffenen ans Lebendige ge- Sozialhilfe für ältere Arbeitslose vorschlagen. Ich bin da hen, die grosse Ängste auslösen können. Und trotzdem persönlich etwas im Zwiespalt. Einerseits begrüsse ich ist es besser, der Realität in die Augen zu schauen, als es sehr, dass Menschen zum Beispiel über 55 Jahren dann sich mit diffusen Vorstellungen der Zukunft zu quä- nicht mehr ausgesteuert werden könnten, da für sie an- len – und in der Folge viel zu spät Hilfe anzufordern. sonsten unweigerlich eine Phase des gesellschaftlichen Im nächsten Schritt geht es darum, zu erkennen, was Abstiegs erfolgt – verbunden mit dem Verzehr des Ver- möglich ist, zum Beispiel mittels Budgetoptimierun- mögens aus der 2. und 3. Säule. So würden sie weiterhin gen. Weiter eruieren wir Möglichkeiten für sinnvolle vom RAV vermittelt und blieben im System. Andererseits Tätigkeiten; sei es in der Freiwilligenarbeit, der Be- müsste es auch Arbeitgeber geben, die bereit sind, ältere such von Kursen oder das Lernen von etwas Neuem. Arbeitsuchende anzustellen. Ausserdem geht es nicht Ziel ist es, besser mit der neuen Situation umgehen zu nur ums Geld: Der persönliche Wert der Arbeit ist nicht können. zu unterschätzen. Daher wünschte ich mir auch, dass es schwieriger wäre, älteren Arbeitnehmern zu kündigen. Caritas Aargau Caritas beider Basel Caritas Solothurn www.caritas-aargau.ch www.caritas-beider-basel.ch www.caritas-solothurn.ch CH23 0900 0000 5000 1484 7 CH26 0900 0000 4000 4930 9 CH76 0900 0000 6053 8266 5 Nachbarn 2 / 19 19
Caritas beider Basel Erreichbar sein für die Menschen Warum Niederschwelligkeit in der Sozialberatung so wichtig ist. Text: Domenico Sposato Bild: Daniel Kellenberger Auf Augenhöhe Probleme besprechen 20 Nachbarn 2 / 19
Caritas beider Basel Ein Fall aus der Praxis ratung von grosser Wichtigkeit, denn Ratsuchende mit Eine Mutter von sechs Kindern kommt mit ihren Sor- mehreren Problemen wissen oft nicht, an wen sie sich gen in die Sozialberatungsstelle der Caritas beider Ba- wenden sollen. sel. Sie erzählt, dass die Firma, in der ihr Mann über 20 Jahre tätig war, schliessen musste und ihr Mann Für die Frau aus dem Beispiel waren darüber hinaus seither arbeitslos ist. Die Arbeitssuche gestaltet sich die zeitliche und die örtliche Erreichbarkeit der sehr schwierig, da ihr Mann nur über geringe Quali- Beratungsstelle von grosser Bedeutung. Als sechsfache fikationen verfügt. Ab und zu ein temporärer Einsatz Mutter ist die Frau darauf angewiesen, ihre Zeit für zwei, drei Wochen und dann wieder lange gar keine optimal einzuteilen. Dank der zentralen Lage und der Arbeit mehr. Die Familie muss von der Sozialhilfe ganz Möglichkeit täglich – auch ohne Voranmeldung – eine oder teilweise unterstützt werden. Da die betreuungs- Beratung in Anspruch zu nehmen, war es der Frau intensiven Jahre der Kinder vorbei sind, will die wiss- überhaupt möglich, die Sozialberatung der Caritas bei- begierige und arbeitswillige Frau nun selbst eine Aus- der Basel aufzusuchen. bildung absolvieren, um Geld verdienen zu können. Sie verfügt bislang jedoch über keine Berufsausbildung Wichtige Aspekte der Niederschwelligkeit und überlegt deshalb, den Pflegehelferinnenkurs des Die Erkenntnisse aus der Sozialforschung zeigen auf, Schweizerischen Roten Kreuzes zu absolvieren. Im dass niederschwellige Sozialberatung eine hohe Quali- Gespräch erfährt die Caritas-Beraterin, dass die So- tät aufweist, wenn die örtliche Erreichbarkeit vorliegt, zialarbeiterin der Behörde dieses Vorhaben aufgrund die Zugänglichkeit jederzeit gewährleistet ist, die The- der nicht vorhandenen Berufserfahrung als zu wenig menvielfalt der Beratung garantiert ist und professio- erfolgversprechend eingestuft hat. nelle Sozialsystem- und Menschenkenntnisse vorhan- den sind. Mit der Caritas-Beraterin kann die Frau nun ihre Situ- ation nochmals in Ruhe besprechen. Besonders wich- Caritas beider Basel ist nahe bei den Menschen tig ist ihr dabei, dass sie bei einer allfälligen Kritik am Der Caritas beider Basel ist es ein grosses Anliegen, staatlichen Sozialsystem keine Sanktionen befürch- dass Menschen in schwierigen Lebenslagen Zugang ten muss. Anhand von verschiedenen Rückfragen zu einer professionellen Beratung erhalten. Die gros- kann die Caritas-Beraterin schliesslich herausfinden, sen Sachkenntnisse der zwei Sozialarbeiterinnen, der dass die Klientin den Pflegehelferinnenkurs als ein- geringe Administrationsaufwand und die gute Zusam- zige machbare Ausbildung einstuft. Wie sich heraus- menarbeit mit externen Stellen verhelfen zu vielen gu- stellt, fällt es der Klientin nicht leicht, ihre eigenen ten Lösungen. Auch die zentrale Lage und die tägliche Überlegungen betreffend Kursinhalt, Schwierigkeits- Erreichbarkeit machen es möglich, dass sich Men- grad und Kursdauer zu artikulieren. Nachdem die schen unkompliziert Rat holen können. Die nieder- Caritas-Beraterin dieses Anliegen und die Umstände schwellige Sozialberatung der Caritas beider Basel ge- in verständlicher Weise festgehalten hat, beantragt niesst deshalb in der Region einen sehr guten Ruf und sie bei der Sozialhilfe die «Kostenübernahme Pflege- erbringt jeden Tag qualitativ hochstehende Leistung. helferinnenkurs». Das darauf folgende Gespräch zwi- schen der Caritas-Beraterin und der Mitarbeiterin der Behörde führt dazu, dass die Sozialhilfe – basierend auf den neuen Erkenntnissen – die Kurskosten über- nimmt. Ein Gespräch hat geholfen Im oben beschriebenen Fall war die Frau – aufgrund der Befürchtung, sich nicht passend auszudrücken oder im schlimmsten Fall sogar etwas «Falsches» zu sagen – nicht in der Lage, der Sozialarbeiterin der Be- Niederschwellige Sozialberatung hörde den Sachverhalt adäquat zu schildern. Die nie- Tage: Montag bis Freitag derschwellige Sozialberatung zeichnet sich unter an- Zeit: 9.00 Uhr bis 11.30 Uhr derem genau dadurch aus, dass Ratsuchende bei der Ort: Lindenberg 20, 4058 Basel Schilderung ihrer Probleme keine negativen Folgen Tel.: 061 691 55 55 oder Sanktionen befürchten müssen. Für die Ratsu- E-Mail: beratung@caritas-beider-basel.ch chenden ist es von enormer Wichtigkeit, dass die Ge- Web: www.caritas-beider-basel.ch/was-wir-tun/ spräche auf Augenhöhe stattfinden können. Zudem ist beratung die Themenoffenheit der niederschwelligen Sozialbe- Nachbarn 2 / 19 21
Ichwillhelfen «Ich habe ‹Freiwilligenhilfe› gegoogelt» Mergim Hasani wollte etwas von seinem Glück zurückgeben und hat «Freiwilligenhilfe» gegoogelt. Er engagierte sich für die Caritas-Solidaritätsaktion «Eine Million Sterne» und erhielt mehr zurück, als er geben konnte. TextThisRutishauser BildJesseNeuhaus STECKBRIEF Mergim Hasani ist der jüngste von vier Brüdern in einer aus dem Kosovo stammenden Familie und kam in Bern zur Welt Heute arbeitet der gelernte Maurer als Kranführer und lebt im Raum Zürich Sport und vegane ErnährungsorgenfürdenAusgleichzurArbeitaufdem Bau Er will sich in diesem Jahr wieder für «Eine Million Sterne»engagieren dazugehören. Noch bin ich nicht am Ziel. Seit ich ve- gan lebe, kann ich mir im Spiegel wieder in die Augen schauen. Meine Augen sind heller geworden. Am Rand kann ich noch ein paar dunkle Schatten ausmachen. Ich habe Vertrauen in diese Augen, dass ich mit ihnen meinen Weg weitergehen kann. Von meinem Glück wollte ich etwas zurückgeben. Im Internet habe ich ‹Freiwilligenhilfe› gegoogelt. Ich bin ein Macher. Ich stiess auf die Angebote von Caritas. An einem Dezembertag schenkte ich meine Zeit der Aktion ‹Eine Million Sterne›. Als ich hinkam, kannte «Viele Leute suchen auf irgendwelchen Plattformen ich niemanden. Am Schluss hatte ich aber das Gefühl, nach einem Begleiter oder einer Begleiterin zum Bei- für einen Moment Teil einer grossen Familie gewesen spiel ans ‹Züri Fäscht›. Wenn das ‹Züri Fäscht› statt- zu sein. Diesen Abend fasse ich heute in einer einfa- findet, ist die ganze Stadt zusammen am Feiern – doch chen Formel zusammen: ‹Ich gehörte dazu, machte, scheinen viele Menschen allein oder gar einsam zu gab und erhielt viel zurück.› Es bleibt auch die Erinne- sein. Vielen von uns geht es so gut, und doch müssen rung, dass ich etwas bewegen konnte – mit den vielen wir Internethilfsmittel zu Hilfe nehmen, um eine dro- Gesprächen mit anderen Freiwilligen.» hende Einsamkeit abzuwenden. Wir leben in einer Ge- sellschaft, in der viele Menschen nur ans Nehmen den- wwweinemillionsternech ken. Doch Geld allein kann es nicht sein. Wir brauchen auch soziale Unternehmen und den Einsatz von allen. Ich hatte Glück. Ich wurde als jüngster von vier Brü- WOLLENSIESICHAUCHFREIWILLIGENGAGIEREN? dern ins gemachte Nest geboren. Bis in meine Jugend AlsFreiwilligeoderFreiwilligerlernenSieMenschenmit war die Familie mein Halt. Diese Zeit war aber nicht anderen Perspektiven kennen Sie helfen im Alltag und nur einfach: Ich wurde gemobbt wegen meinen 100 Ki- machenIntegrationmöglichSiekönnenIhrWissenwei- los. Ich rauchte und trank Kaffee. Beides zu viel. Sport tergebenundNeuesdazulernenMehrInformationenzu – Fitness und Joggen – haben mich aus der Misere he- den Einsätzen finden Sie auf der Website der Caritas- rausgeholt. Heute bin ich auf dem Weg. Als Erwachse- OrganisationinIhrerRegion ner möchte ich in der Welt ankommen und irgendwo 22 Nachbarn 2 / 19
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