Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz

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Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
01/2021

Spaziergang statt Gottesdienst

OSTERWEG DER 3 × 3-GEMEINDE | S. 4
Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
W E IH N A C H T E N U N D O S T E R N

                                                                    An jedem Posten gibt es für Kinder und Erwachsene
                                                                    etwas zu entdecken!

    Spaziergang statt Gottesdienst
    BEAT BACHMANN

    Die 3×3-Gemeinde in Hunzenschwil wollte an Weihnachten      Für die zehn Stationen brauchte es weitere Ideen und viel Ma-
    2020 einen Postenlauf anstelle eines Weihnachtsgottes-      terial. Das Ziel war es, einen generationenübergreifenden und
    dienst anbieten. Dann brach die zweite Welle der Pandemie   erlebbaren Weg anzubieten, der jüngere und ältere Menschen
    aus, und das Team hatte Bedenken. «So kamen wir auf den     ansprechen sollte. Dafür wurde eine kindergerechte Weih-
    Gedanken einen Weihnachtsweg mit zehn Stationen auf         nachtsgeschichte mit schönen Bildern ausgesucht. An den
    einem 2.5 Kilometer langen Rundweg in Hunzenschwil an-      Stationen gab es verschiedene Rätsel zu lösen (Sterne schät-
    zubieten», erzählt Jugendpfarrer Eric Zink.                 zen, Weihnachtssongs anhand von Emojis herausfinden usw.),
                                                                und es konnte mit Kreide auf die Strasse gemalt werden. Wei-
    Planung des Weihnachtsweg                                   ter konnten persönliche Wünsche aufgeschrieben und Vertie-
    Vom Entscheid über die Bewilligung der Gemeinde und der     fungstexte gelesen werden. Auf dem Hof eines Ehepaares der
    Landwirte entstand dieser Weg in nur einer Woche. Durch     Gemeinde wurde die Weihnachtskrippe platziert, ein Weih-
    den öffentlichen Charakter konnten viele Menschen über      nachtsbaum und eine Grusswand aufgestellt.
    die Kirche und die Region hinaus die Weihnachtsgeschichte
    ganz neu entdecken. Dass dies gerade in einer schwierigen   Positive Rückmeldungen
    Zeit voller Einschränkungen möglich war, motivierte das     Begeistert erzählt Eric Zink über den regen Betrieb auf dem
    Team, das ambitionierte Projekt zu wagen.                   Weihnachtsweg: «An schönen Tagen konnten wir immer

2    Invista   Nr. 01/2021
Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
A UF D E M W E G E R L E B E N
                                                                                                   Wünsche und Fürbitten konnten an den
                                                                                                   Baum gehängt werden, z. B. für das
                                                                                                   Ende der Pandemie!

                                                                  wieder viele Leute beobachten, die den Weg machten. Es ka-
                                                                  men auch Leute aus der weiteren Region, die den Weg be-
                            Die erste Station des Osterwegs zum   suchten.» Er schätzt, dass es Hunderte gewesen sein müs-
                            Palmsonntag
                                                                  sen, da das Team mehrmals Material nachfüllen musste.
                                                                  Auch die Rückmeldungen an der Grusswand waren aus-
                                                                  schliesslich positiv. Es wurde Stimmen auch von ausserhalb
                                                                  der Gemeinde laut, die sich einen weiteren solchen Weg
                                                                  wünschten.

                                                                  Einen Weg zur Ostergeschichte?
                                                                  Als sich das Team überlegte einen Osterweg zu gestalten, gab
                                                                  dies ein wenig Kopfzerbrechen: Wie können die schweren
                                                                  und tiefen Inhalte der Ostergeschichte auf gute Art und Weise
                                                                  vermittelt werden ohne «allzu fromm» zu wirken? Es sollte
                                                                  ein Weg sein, der besonders für Aussenstehende einladend
                                                                  aber auch weiterführend sein darf. Die Gemeinde plant im
                                                                  Anschluss das «LiFe-Seminar» (einen Glaubenskurs) anzu-
                                                                  bieten für Interessierte. Praktisch war es in der Vorbereitung,
                                                                  den gleichen Weg, die gleichen Standorte der Posten zu nut-
                                                                  zen und viel Material vom Weihnachtsweg übernehmen zu
                                                                  können. Es sollte auf dem Weg wieder eine Erwachsenen-
                                                                  und eine Kinderspur geben. Die Geschichte von Palmsonntag
                                                                  bis Auffahrt wurde mit ausdruckstarken Bildern dargestellt
                                                                  und in einfacher Sprache umgeschrieben.
                                                                  Eric Zink meint zum Ziel des Osterwegs: «Wir versuchen mit
                                                                  der Frage ‹Was ist Ostern?› die Leute abzuholen und mit dem
                                                                  Schlussposten ‹Ostern ist mehr!› nachhaltig zu prägen.» Neu
                                                                  wurden bei diesem Weg interaktive Elemente wie QR-Codes
                                                                  eingebaut, die zu Liedern führen. Auf dem Bauernhof wurde
                                                                  als Highlight eine Besinnungsstation mit einem Holzkreuz
                                                                  aufgestellt. Am Kreuz können die «Wegbesuchenden» Steine
                                                                  in einen Behälter hineinwerfen.
                                                                  Eric Zink ist dankbar für das engagierte Team und die vielen
                                                                  weiteren kreativen Helfenden, die die beiden Projekte ermög-
                                                                  lichten: «Es ist genial, wie uns Gott Leute gezeigt hat, die un-
                                                                  glaublich talentiert und begabt sind, sodass nach dem Weih-
 Der Weg führt vom Dorf ins Heuelmülital hinein.
                                                                  nachtsweg auch der Osterweg richtig schön geworden ist!

                                                                                                               Invista   Nr. 01/2021   3
Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
UN G L A U B L IC H I S A C H E
                                                     AUS AARAU
    Wieso Podcasts so angesagt sind
    BEAT BACHMANN

    Es ist gerade Aufnahme, als ich in den hell erleuchteten Saal     Es geht in den Gesprächen um Glauben, Theologie und Kir-
    der Pauluskirche der EMK Aarau hineinhusche. Anja Isler           che, da die meisten Gäste aus dem kirchlichen Umfeld kom-
    sitzt am Boden zwischen den Stuhlreihen, während ihr Ge-          men. Anja ist es wichtig, dass die Talks inspirieren, den Ho-
    sprächspartner daneben auf einem Stuhl sitzt. «Es war nicht       rizont eröffnen und neue Ansichten aufzeigen. Ganz nach
    ganz ein Gespräch auf Augenhöhe», meint der Gast augen-           ihrem Motto: «Ich glaube, hilf meinem Unglauben». Anja
    zwinkernd nach dem Abschluss des Gesprächs.                       profitiert selber: «Ich habe viel gelernt durch diese Gespräche
                                                                      und wünsche mir, dass sie eine positive Bereicherung sind
    «(Un)glaublichi Sache – der Podcast der EMK, in dem wir           für die Zuhörenden.» Bis jetzt haben sie noch nicht so viele
    uns mit verschiedenen Glaubens- und Lebensthemen aus-             Reaktionen bekommen, aber angehört werden die Sendun-
    einandersetzen. Ganz nach dem Motto: Ich glaube, hilf mei-        gen immer mehr.
    nem Unglauben.»
                                                                      Cedric Bolleter, der für die Aufnahme und das Hochladen
    So lautet der Trailer zum Podcast, mit dem Anja Isler, Domi-      der Podcast zuständig ist, zeigt die Statistik. Insgesamt wur-
    nik Minder und Cedric Bolleter im Frühling 2020 gestartet         den die Podcasts schon über 1000 Mal angeklickt. Auch auf
    haben. Es war die Zeit, in der sich (fast) alles veränderte und   den bekanntesten Podcast-Plattformen ist «Unglaublichi
    sich die jungen Leute überlegt haben, was sie nun überhaupt       Sache» vertreten und wird von den regelmässigen Usern
    noch machen könnten. Anja hört schon länger Podcasts und          abonniert. Die beliebtesten Themen waren bisher die Sen-
    ist überzeugt von diesem Medium: «Du kannst es hören,             dungen zu «Die Liebe» und «Medien, die vierte Gewalt».
    wann immer du willst. Ein ‹Talk-Podcast› à 45 Min. passt
    z. B. super für meine Joggingrunde.» Neue Podcasts sind           Anja bereitet sich intensiv auf die Gespräche vor. Sie schickt
    gerade 2020 «aus dem Boden geschossen» – nun auch immer           den Gästen Fragen und Themen im Vorfeld zu. Trotzdem
    mehr im christlichen Bereich. Es passt gut in die Zeit und        kommt in der Aufnahme eine spontane, lockere und ange-
    das heutige Medienverhalten, dass man selber entscheiden          nehme Stimmung auf. «Bezüglich Gesprächsführung habe
    kann, wann man etwas hören will. Podcasts zu Glaubens-            ich von anderen ‹Podcastern› profitiert und möchte da noch
    themen können auch gemeinsam, z. B. in einer Kleingruppe,         weiter dazulernen.» Und sie ist überrascht, wie gut diese
    angehört und besprochen werden.                                   Aufnahmen immer wieder klappen. «Die Gäste machen es
                                                                      wirklich gut. Wir mussten noch praktisch nichts schneiden
    Auch wenn Anja in der EMK Aarau als Jugendarbeiterin an-          und können meistens die kompletten Live-Aufnahmen
    gestellt ist und der Podcast ein «junges» Medium ist, sind        hochladen.»
    die Themen für alle Altersgruppen ansprechend. Auch die           Das Aarauer Podcast-Team ist unglaublich produktiv. An
    Gäste sind von unterschiedlichem Alter. Nach der Begrüs-          diesem Abend wurde bereits die 32. Folge aufgenommen,
    sung kommt die explizite Erklärung, dass diese Gespräche          und noch ist kein Ende in Sicht.
    keine EMK-Meinung vertreten, sondern persönliche Aussa-
    gen des Gastes und der Moderatorin sind.                          LINK emk-aarau.ch/podcast/

4     Invista   Nr. 01/2021
Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
Anja Isler und Cedric Bolleter
                                                                        bei einer Aufnahme

                                                                                                               ig) aus dem
                                                                                               ast (unvollständ
                                                                          lenswer te Podc
                                                          Weitere empfeh
                                                                         uchen»
                                                          christlichen «K

                                                                                                                              .li/podcast /
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                                                                               Gespräch                               r Ref. Kt. Zürich:
                                                           Dino & Stego im                      dc ast & Videos de
                                                                                m it Blog s, Po
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                                                                                           h – Ei n At la s der Christenhei
                                                                                 s Fleisc                                                e
                                                             Das Wor t und da                                           t-und-fleisch.d
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                                                                                un
                                                              Thorsten Dietz                                  deobeitr äge):
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                                                              Mediathek
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    Invist a – So
                  nder seiten
    und der Ge                von «K irche
                 meindeEnt                 und Welt»
    Er scheint 2             wick lung EM
                 × jähr lich              K Schweiz

   Redaktor: Be
                   at Bachman
                                 n, Sigmar Fr
                                              ie dr ich
    Redaktion:
   Ev angelis ch
                 -metho dist
   GemeindeE                 ische Kirche
               nt wicklung
  Badeners tr
               as se 69, Po
  80 21 Zürich              st fach 13 28
                1,
 beat .b achm Tel. 04 4 29 9 30 87
               ann@ emk-sc
 LINK emk- youn               hw eiz.ch
                g.ch
 Bildnachwe
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 Seite 2– 3: EM Bachmann
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Seite 6–7: Sa Bolleter, Aarau
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Seite 8: Mich h Strehler
               a Kunkler
                                                                                                                          Invista   Nr. 01/2021     5
Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
W IR IN N E R S C H W Y Z E R S IN D E C H T

    Sarah Strehler, eine facettenreiche junge
    Frau, neu für die EMK unterwegs
    BEAT BACHMANN

    Sarah, du kommst aus dem Kanton Schwyz. Bist du also eine       Ich habe gehört, dass du beruflich bisher mit Kleinkindern,
    «echte» (Inner-)Schwyzerin?                                     Tatoos, Kirche & Kunst, Secondhand-Kleidern und Theologie
    Ich bin eine waschechte Innerschwyzerin. Meine Mutter           zu tun gehabt hast. Habe ich etwas vergessen?
    kommt aus dem urchigen Muotathal, mein Vater aus dem            Ich arbeitete auch im Coop Pronto, in der Jugendarbeit, in Klei-
    schönen Altdorf. Aufgewachsen bin ich im Hinterdorf in          derläden, im Altersheim, als Nanny und leitete fünf Jahre eine
    Schwyz. Nebst Syti Domini (ein Schwyzer Original und Län-       Kita. Ich habe eine Ausbildung zur Farb-Stil-Beraterin, Make-up
    dermusikant), Hafenchabis (Delikatesse) und den Schwyzer        Artistin und Stylistin. Dazu habe ich einen Abschluss im Ma-
    Hausbergen («D’Mythe») teile ich auch (meistens) die ur-typi-   nagement von Non-Profit-Unternehmen und ein Wirte-Diplom
    sche Schwyzer Skepsis, den trockenen Humor und den Sinn         der Gastronomieschule Schweiz. Man weiss ja nie …
    für Brauchtum und Tradition. So trage ich zum Beispiel am
    1. August immer eine Tracht.                                    Du hast verschiedene Ausbildungen gemacht und arbeitest
                                                                    in unterschiedlichen, ja fast gegensätzlichen Bereichen. Bist
    Was hast du für eine «christliche Sozialisation» und wie hast   du jemand der «Gegensätze» liebt oder einfach immer wie-
    du Kirche und Glaube dabei erlebt?                              der mal was anderes machen will?
    Aufgewachsen bin ich in der Chrischona Brunnen. An meine        Meine tiefste innere Motivation ist es, in meinem Tun und Sein
    frühe Kindheit in der Gemeinde habe ich schöne Erinnerun-       Sinn zu finden, etwas zu bewirken und einen Unterschied aus-
    gen. Später wurde es dann etwas schwieriger. Ich war rebel-     zumachen. Ich habe über Jahre meine Berufung gesucht. Darin
    lisch, «anders», hatte viele Fragen und eine ziemlich «ausge-   kann man mir durchaus eine gewisse Unstetigkeit vorwerfen.
    prägt tiefe» Lebenssehnsucht. Spannenderweise faszinierte       Ich denke, es hat damit zu tun, dass mich alles, was anders,
    mich der etwas unheimlich anmutende, geheimnisvolle Ka-
    tholizismus meiner Grossmutter mehr als evangelikale Glau-
    benspraktiken. Auch liess ich mich nicht gern mit «klaren»
    Antworten abspeisen. Ich erlebte innerhalb der Kirche früh
    viel Einmischung, Zurechtweisung und Doppelmoral. Aus-
    sagen wie «Liebe den Sünder, aber hasse die Sünde» verletz-
    ten mich tief. Nach dem Unterrichtsabschluss mit 16 Jahren
    verliess ich die Chrischona. Ich wollte nichts mehr mit «die-
    ser moralisierenden, weltfremden und heuchlerischen Kir-
    che» zu tun haben und lebte die folgenden 12 Jahre als soge-
    nannte «Indie-Christin», ohne kirchliche Heimat. Nach
    meiner Bekehrung und Taufe vor vier Jahren besuchte ich
    wieder dieselbe Chrischona, aus der ich damals flüchtete. An
    diesem Ort der Verletzung durfte ich vergeben und Vergebung
    empfangen. Für mich bis heute eine tief berührende Erfah-
    rung und ein Zeichen, dass Kirche komplex ist, nicht eine
    einzige Wirklichkeit wiedergibt, sondern aus ganz vielen
    kleinen, unterschiedlichen Lebenswelten und Glaubensent-
    würfen ent- und besteht.

6    Invista   Nr. 01/2021
Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
Z Ä H UND AU S DAUE RND
  schön, speziell, rein, urtümlich oder echt    Was ist deine Aufgabe bei der Gemein-
  ist, besonders anzieht. Meinen Geist          deentwicklung? Wie hast du den Ein-
  könnte man als Kaleidoskop beschreiben:       stieg erlebt?
  farbig, veränderlich, facettenreich. Dazu     Ich arbeite im Bereich Gemeindeent-
  kommt, dass ich mich stundenlang in et-       wicklung bei EMK young mit. Ich unter-
  was vertiefen kann und es sich für mich       stütze mein Team in den bestehenden
  «richtig anfühlen muss». Mit meiner Taufe     Ressorts (z. B. die Feriencamps) und
  begann ein Prozess des Findens. Nun stu-      entwickle gemeinsam mit ihnen auch
  diere ich seit zwei Jahren Theologie und      neue Bereiche – so z. B. die «Methothek»,
  weiss intrinsisch, dass ich meine Bestim-     eine digitale Bibliothek mit methodisti-
  mung gefunden habe. Dies gibt mir wahn-       schem Schwerpunkt.
  sinnig       viel   Freude   und     lang-    Daneben werde ich bald offiziell als Mit-
  ersehnte, ersuchte Stabilität. Das heisst     glied im Bezirk «Kirche Anders» aufge-
  nicht, dass ich nun alle Antworten habe.      nommen und darf als Delegierte meines
  Im Gegenteil: Auf und neben dem Weg           Bezirks an die Jahreskonferenz im Juni.
  entdecke ich noch viel mehr Fragen. Da        Ich interessiere mich sehr für neue For-
  könnte ich manchmal wahnsinnig wer-           men (oder alte Formen in anderem Ge-
  den. Aber meine Füsse passen auf diesen       wand) von Kirche und Glauben, gerade         ergibt sich, wie ich finde, eine unge-
  eingeschlagenen (Lebens-)Weg, jeder           im künstlerischen, musischen und spi-        heuer faszinierende, bewegende und
  Schritt fühlt sich richtig an. Ich gehe ei-   rituellen Bereich. Der Einstieg ist «dank»   zutiefst jesuanische Mischung. Ich bin
  nem Gefühl der Heimat, des Ankommens          Corona etwas anders abgelaufen als ge-       begeisterte und bekennende Methodis-
  entgegen, und mein Herz ist dabei sehr,       wohnt. Aber das passt ja zu mir …            tin. Es ist eine progressive Tradition, die
  sehr voll.                                                                                 sich im Methodismus widerspiegelt,
                                                Welches Potential siehst du bei der          eine Freude und Neugier am Neuen, und
  Nun bist du bei den Methodisten gelan-        EMK? Was begeistert dich? Was irritiert      Liebe zum Alten.
  det? Wie kommt das? Ich glaube die            dich?                                        Als realistische Idealistin irritiert mich
  EMK kennt in der Innerschweiz kaum            Die Offenheit, sich auf Menschen wie         jedoch, dass ich bereits hörte, «dass
  jemand …                                      mich einzulassen, unseren Wert und           dann schon nicht alles so super sei.»
  Ich habe am Anfang meines Studiums            unsere Stimme für die Gesellschaft           Bei solchen Aussagen halte ich mich
  mit Gott um mein Lebenssteuerrad ge-          auch im kirchlichen Kontext anzuer-          an den Theologen Stollberg, der sagte,
  rungen. Als «Test» reichte ich eine mei-      kennen und uns mit einzubeziehen             er liebe seine Kirche, er fände sie uner-
  ner Ideen zum Thema «Kunst in der             sind, nebst den sozialen Grundsätzen,        träglich, er gebe die Hoffnung nicht auf.
  Kirche» bei einem EMK-Projektwettbe-          für mich die wahren Super-Kräfte der         Ein realistischer Idealismus weiss um
  werb ein. Sollte ich gewinnen, würde          «Methodist/-innen» – ich nenne es            die Menschlichkeit, die Möglichkeit
  ich mein Steuerrad gänzlich Gott über-        gerne die «Metho-Power».                     von   Verletzung,     Niederlage        oder
  geben. Kurz darauf sass ich bereits mit       Der Theologe Alister McGrath sagt: «Der      Schwierigkeiten; er lässt sich aber die
  Matthias Fankhauser von der Gemein-           Anglikanismus verband die protestan-         tiefe Hoffnung und Überzeugung nie-
  deentwicklung beim Kaffee, unter-             tischen Glaubensartikel mit eher katho-      mals nehmen.
  schrieb wenig später «mir nichts, dir         lischer Liturgie, Wesley betonte den le-     Vielleicht ist das auch so etwas schwy-
  nichts» einen Arbeitsvertrag und bin          bendigen Glauben des Herzens». Der           zerisches: wir Innerschwyzer sind
  nun seit Oktober bei der EMK ange-            Methodismus, so glaube ich, birgt also       nämlich echt zäh und ausdauernd in
  stellt. Dabei wusste ich bis zum Start        die Stärken von Pietismus, Katholizis-       unseren Überzeugungen. Und auch
  meines Theologie-Studiums nicht ein-          mus und Protestantismus in sich. Dabei       ganz schön stur .
  mal, was der Methodismus überhaupt            sind gerade unsere sozialen Grundsätze
  ist. In der Zentralschweiz gibt es näm-       aktueller denn je. Gepaart mit diesem
  lich nur in Luzern eine (leider leere)        methodischen, tiefgehenden und struk-
  EMK-Kapelle.                                  turierten Vorgehen in allen Belangen

                                                                                                                    Invista   Nr. 01/2021   7
Spaziergang statt Gottesdienst 01/2021 - EMK Schweiz
K E INE 0 815 -FA M IL IE
    Familie als Herzensgemeinschaft

                                                                                                      Familie Ku
                                                                                                                  nkler aus G
                                                                                                     ist auch be              asel (EMK
                                                                                                                                        Schlatt)
                                                                                                                 im FamilyC
                                                                                                    LINK emk-yo
                                                                                                                             a mp dabei!
                                                                                                                ung.ch/fam
                                                                                                                             iliycamp

                                                                                 Fotoshooting der Familie Kunkler im Skiurlaub

    BEAT BACHMANN

    Micha, wenn ihr als ganze Familie Kunkler unterwegs seid,          ihren jüngeren Geschwistern (3 und 5 Jahre) spielen und
    ist euer 9-Plätzer-Kleinbus voll besetzt. War es für dich und      am anderen Tag miteinander snowboarden gehen. Das Mit-
    deine Frau Sandra ein bewusster Entscheid, eine grosse             einander ist wichtig, dafür hat die Individualität nicht so
    Familie zu haben?                                                  viel Platz. Alles hat immer Vor- und Nachteile.
    Nein, das hat sich so ergeben und war überhaupt kein vorge-
    fasster Plan! Ich bin sicher kein «0815-Typ» und wollte nicht so   Für euch Eltern stelle ich mir das sehr streng und intensiv
    klassisch «normal-bürgerlich» leben. Wir sind zur Grossfami-       vor. Was sind eure grössten Herausforderungen?
    lie «geworden» mit den Jahren. Es hat sich so entwickelt. Aber     Ja, es läuft immer etwas und du bist immer voll dran. Die
    eigentlich empfinden wir uns gar nicht als so speziell …           Organisation für einen 9-Personen-Haushalt ist ein Riesen-
                                                                       aufwand. Und es ist z. B. sehr schwierig ein Haus oder eine
    Kommst du eigentlich auch aus einer Grossfamilie, oder wo          Wohnung zu finden, weil unsere Gesellschaft nicht einge-
    habt ihr das Zusammenleben mit «Vielen» kennengelernt?             richtet ist für so grosse Familien.
    Ja, als Kleinkind habe ich mit meiner Familie in einem Kin-
    derheim gelebt, in dem meine Eltern gearbeitet haben. Dann         Was ist euch Eltern wichtig im Familienleben? Welche
    haben wir als junges Paar eine Zeit lang mit einer anderen         Werte stehen im Vordergrund?
    Familie in einer WG zusammengelebt. Das war eine span-             Heute leben wir in einer «Ellbogen-Gesellschaft», in der vor
    nende Erfahrung mit vielen Herausforderungen, die dann             allem die Selbstverwirklichung gefragt ist. Da leben wir als
    nach einer gewissen Zeit auch zu Ende ging.                        9-köpfige Familie gegen den Trend, weil bei uns das Mitei-
                                                                       nander und Füreinander wichtig ist. Wir möchten als «Her-
    Solche Erfahrungen im Zusammenleben mit anderen ha-                zensgemeinschaft» zusammenstehen und einander am
    ben euch sicher geprägt. Was gefällt dir heute am Leben            Leben teilnehmen lassen. Das gemeinsame Essen ist uns
    als grosse Familie?                                                wichtig. Uns ist aber auch wichtig, jedes einzelne Kind als
    Es sind innerhalb der Familie viele Konstellationen möglich.       Original anzusehen und dass wir alle voneinander lernen
    So können unsere Ältesten (13 und 15 Jahre) an einem Tag mit       können.

8     Invista   Nr. 01/2021
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