SportlehrerInnenbildung im fachpraktischen Bezug - Inhaltsanalyse curricularer Vorgaben in Österreich und Deutschland der Sekundarstufe I & II
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Interfakultärer Fachbereich für Sport- und Bewegungswissenschaft / USI Paris Lodron Universität Salzburg „SportlehrerInnenbildung im fachpraktischen Bezug - Inhaltsanalyse curricularer Vorgaben in Österreich und Deutschland der Sekundarstufe I & II“ Diplomarbeit zur Erlangung des Magistragrades eingereicht von Svenja Eschlböck am 19.02.2021 Gutachter: Univ.-Prof. Mag. Dr. Günter Amesberger Betreuerin: Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Verena Oesterhelt
Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet, und die benutzten Quellen beziehungsweise wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Ort, Datum Unterschrift 2
Abstract Das Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, wie die fachpraktische Ausbildung im Sportlehramtsstudium einerseits curricular eingebettet ist und andererseits inhaltlich dargestellt wird. Anhand der theoretischen Auseinandersetzung mit der Entwicklung der LehrerInnenbildung hin zur Professionalisierung der LehrerInnen und deren Bezüge zur SportlehrerInnenbildung werden folgende Forschungsfragen gestellt: „Wie stellen sich formale Strukturen der Modulbeschreibungen fachpraktischer Lehrveranstaltungen im Curriculum dar und wie stellen sich auf inhaltlicher Ebene Zielsetzungen (Lernergebnisse, erworbene Kompetenzen) fachpraktischer Lehrveranstaltungen dar?“ Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde eine qualitative Inhaltsanalyse der Modulhandbücher deutscher und österreichischer Universitäten durchgeführt. Die Ergebnisse der Inhaltsanalyse zeigen, dass formulierte Lernziele meist überblickshaft und generalisierend dargestellt werden. Im Kontext zum theoretischen Hintergrund kann festgehalten werden, dass die Forderungen und Erwartungen zur Professionalisierung der LehrerInnenbildung nur teilweise erfüllt werden können. Die Details werden in folgender Arbeit dargestellt. The aim of this thesis is to find out how the practical training in the teacher training program for physical education is embedded in the curriculum on the one hand and how it is presented in terms of content on the other hand. Based on the theoretical examination of the development of teacher education towards the professionalization of teachers and its relation to physical education, the following research questions are posed: "How are formal structures of module descriptions of subject-specific practical courses presented in the curriculum and how are objectives (learning outcomes, acquired competencies) of subject-specific practical courses presented on the content level?" To answer the research questions, a qualitative content analysis of the module handbooks of German and Austrian universities was conducted. The results of the content analysis show that formulated learning objectives are mostly presented in an overview-like and generalizing way. In the context of the theoretical background, it can be stated that the demands and expectations for the professionalization of teacher education can only be partially fulfilled. The details are presented in the following thesis. 3
Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG ..................................................................................................................... 6 2 THEORETISCHER HINTERGRUND ................................................................................. 9 2.1 LEHREINNENBILDUNG GESTERN, HEUTE, MORGEN ............................................................. 9 2.1.1 PISA, TIMMS UND SPRINT ALS EMPIRISCHE SCHULFORSCHUNG ................................. 11 2.1.2 UMRISS DER ENTWICKLUNG DER LEHRERINNENBILDUNG UND FORSCHUNG .................... 13 2.1.3 ZUR BEDEUTUNG PROFESSIONELLER LEHRERINNEN ...................................................... 15 2.1.4 ZUR BIOGRAFIE VON SPORTLEHRERINNEN - VON DER KINDHEIT BIS ZUM STUDIUM.......... 18 2.1.5 THEORIE UND PRAXIS ALS SPANNUNGSVERHÄLTNIS ...................................................... 20 2.2 DER PRAXISBEGRIFF ...................................................................................................... 22 2.2.1 PRAXIS UND HANDLUNG ................................................................................................ 22 2.2.2 FACHPRAXIS ALS 5. SÄULE IM SPORTSTUDIUM ............................................................... 24 3 FORSCHUNGSFRAGEN ................................................................................................ 28 4 METHODIK ...................................................................................................................... 29 4.1 BESTIMMUNG DES DATENMATERIALS .............................................................................. 29 4.2 VERFAHREN DER ANALYSE ............................................................................................. 30 4.2.1 STRUKTURANALYSE ...................................................................................................... 30 4.2.1.1 Kategorienbildung und -beschreibung ..................................................................... 31 4.2.2 INHALTSANALYSE .......................................................................................................... 35 4.2.2.1 Strukturierung Textmaterial ...................................................................................... 36 4.2.2.2 Kategorienbildung und –beschreibung..................................................................... 37 5 ERGEBNISDARSTELLUNG ........................................................................................... 41 5.1 STRUKTURANALYSE........................................................................................................ 41 5.2 INHALTSANALYSE ........................................................................................................... 45 5.2.1 BADEN-WÜRTTENBERG: KARLSRUHER INSTITUT FÜR TECHNOLOGIE .............................. 46 5.2.2 BAYERN: TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN ............................................................. 47 5.2.3 BERLIN: HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN ................................................................ 48 5.2.4 BRANDENBURG: UNIVERSITÄT POTSDAM ....................................................................... 49 5.2.5 HAMBURG: UNIVERSITÄT HAMBURG .............................................................................. 50 5.2.6 MECKLENBURG-VORPOMMERN: UNIVERSITÄT ROSTOCK................................................ 51 5.2.7 HESSEN: GOETHE UNIVERSITÄT FRANKFURT AM MAIN ................................................... 52 5.2.8 NIEDERSACHSEN: GEORG-AUGUST-UNIVERSITÄT GÖTTINGEN ....................................... 53 5.2.9 NORDRHEIN WESTFALEN: RUHR UNIVERSITÄT BOCHUM ................................................ 54 4
5.2.10 RHEINLAND-PFALZ: JOHANNES GUTENBERG UNIVERSITÄT MAINZ ................................ 55 5.2.11 SAARLAND: UNIVERSITÄT DES SAARLANDS .................................................................. 56 5.2.12 SACHSEN: UNIVERSITÄT LEIPZIG ................................................................................. 57 5.2.13 SACHSEN-ANHALT: MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT HALLE-WITTENBERG ...................... 58 5.2.14 SCHLESWIG-HOLSTEIN: CHRISTIAN-ALBRECHTS-UNIVERSITÄT ZU KIEL ........................ 59 5.2.15 TIROL: UNIVERSITÄT INNSBRUCK ................................................................................. 60 5.2.16 THÜRINGEN: FRIEDRICH-SCHILLER-UNIVERSITÄT JENA ................................................ 61 6 DISKUSSION UND ZUSAMMENSCHAU DER ERGEBNISSE ...................................... 62 7 DRAUFBLICK UND AUSBLICK ..................................................................................... 68 8 LITERATURVERZEICHNIS ............................................................................................. 71 8.1 ONLINE QUELLEN ........................................................................................................... 74 8.2 ONLINE QUELLEN MODULHANDBÜCHER .......................................................................... 76 9 TABELLENVERZEICHNIS .............................................................................................. 85 ANHANG ............................................................................................................................... 86 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ZUR TABELLARISCHEN STRUKTURANALYSE .................................... 86 5
1 Einleitung Maria Theresia war es, die 1774 mit ihrer Schulreform ein staatliches Schulwesen mit einer sechs-jährigen Schulpflicht eingeführt hat (bmbwf). Die Einführung dieser war Auslöser zur staatlichen Bildungssicherung von Kindern und Jugendlichen, was zugleich mit der Bildung und Ausbildung von Lehrpersonen einhergeht. Seither wird die Schul- und LehrerInnenbildung in Struktur und Inhalt geformt und verändert, wobei beide Disziplinen einander bedingen. Schule, Bildung und Berufsausbildung betrifft und verbindet in Österreich also die gesamte Bevölkerung, weil mit Anstoß von Maria Theresia eben jedem Menschen Schulbildung gewährleistet werden muss. Letzteres trägt auch dazu bei, dass Schule und LehrerInnen(bildung) im Fokus der Gesellschaft stehen und demzufolge häufig mit medialer Kritik belgeitet werden bzw. dieser standhalten müssen, denn selten ist es eine positive. 23.401 Lehrpersonen (Statistik Austria) in Österreich (davon ca. 3.000 neue LehrerInnen) und 176.451 Lehrpersonen (Statistisches Bundesamt) in Deutschland übernahmen in den Schuljahren 2018-2020 Verantwortung für die Bildung der SchülerInnen in Gymnasien und allgemein höher bildenden Schulen im Sinne der Bildungsstandards der einzelnen Fächer bzw. des übergeordneten Bildungsziels. Die universitäre LehrerInnenausbildung bietet dafür die Basis und verspricht den angehenden Lehrpersonen eine fundierte ganzheitliche Ausbildung der gewählten Fächer. Für das Fach Sport und Bewegung konnten 2018/19 162 Abschlüsse in Österreich verzeichnet werden – 162 LehrerInnen (Statistik Austria), welche den aktuellsten Stand der SportlehrerInnenbildung in das Schulsystem einbringen können. 162 neue Chancen auf das Fach Sport und Bewegung aufmerksam zu machen, um der ständigen Stundenkürzungen entgegenzuwirken. Das kann vor allem dadurch gelingen, da das Sportstudium nicht nur von der Wissenschaft, Didaktik und Methodik begleitet wird, sondern aufgrund der Besonderheit der Praxis bzw. des gemeinsamen Bewegens einen einzigartigen Stellenwert hat, der in der Ausbildung von Studierenden Zusätzliches abverlangt und besondere Maßnahmen benötigt. Die Deutsche Vereinigung der Sportwissenschaft schreibt in einem Positionspapier (2020) in diesem Zusammenhang, dass es gilt Studierende in ihrer sport- und bewegungsbezogenen Biografie abzuholen, sie in die Breite und Tiefe von Theorie- wie Praxisfeldern der Sportwissenschaft mitzunehmen und dafür an den Hochschulen eine qualitätsvolle Ausbildung zu sichern; [sic] 6
sportbezogenes Wissen und Können sowie zentrale Vermittlungskompetenzen aufzubauen, um Studierende zu den angestrebten Abschlüssen zu führen und sie zu befähigen, relevante Lern- und Bildungsprozesse im Sport anzuregen, zu begleiten und zu reflektieren (S.1). Aus diesem Papier geht hervor, dass das Tun und Verbindungen der Wissenschaften mit dem Tun bzw. mit der Bewegung und den einhergehenden Erfahrungen notwendig sind, um Kompetenzen und Standards der angehenden Lehrpersonen zu sichern. Miethling (2018) unterstreicht diese Aussage anhand der „big five“ der SportlehrerInnenkompetenz, welche die Sach-, Sozial-, Methoden-, Selbst- und Schul-Sport-Entwicklungskompetenz beinhalten. Demnach gilt es als SportlehrerIn „Wissen und Können“ des „traditionellen Sports“ und „moderner Bewegungskultur“, konstruktive Interaktionen, vielfältige Lehrmethoden, „berufsbiographische Entwicklung“ und „Schule als Lernende Organisation“ angemessen einzusetzen und zu begreifen (S. 33f). Aus beiden Aussagen lässt sich feststellen, dass es vermutlich keine geborenen SportlehrerInnen gibt, sondern dass es sich viel mehr um einen langjährigen und intensiven Ausbildungsprozess handelt, der weit über das Studium hinaus anhält. Der Erwerb der notwendigen Kompetenzen, die sich junge Frauen und Männer im Laufe des Studiums und der Induktionsphase bzw. Referendariat aneignen, bilden das Fundament einer langfristigen Karriere als SportlehrerIn, auf das stetig aufgebaut werden soll, um der sich wandelnden Institution Schule gerecht zu werden (Neuber, 2020, 116). Obwohl die Bildungsstandards und Kompetenzen bereits viel über das notwendige Handwerkszeug von SportlehrerInnen aussagen, hat Bräutigam (2014) versucht diese begreifbarer darzustellen und geht dabei vor allem auf die Person selbst ein und distanziert sich von allgemeinen Aussagen1. „Der gute Sportlehrer ist fachlich kompetent, kann gut vormachen, verständlich erklären und hilfreiche Korrekturen geben. Er pflegt einen verständnisvollen Umgang mit den Schülern, ist gerecht und zuverlässig, zeigt Engagement, sein Unterricht ist abwechslungsreich und motivierend. Er ist sportlich, tritt sicher auf, hat Spaß an seinem Beruf, zeigt Geduld und Humor und kann über sich selbst lachen“. 1 Die dargestellte Textstelle ist bei Bräutigam (2014) nicht gendergemäß dargestellt. Um das Zitat leserlich darzustellen wird hier darauf hingewiesen, dass sich dieses auf Sportlehrpersonen aller Geschlechter bezieht. 7
Sportlehrpersonen werden in diesem Kontext nicht nur als LehrerInnen des Faches Sport und Bewegung dargestellt, sondern nehmen die besondere Position von Mentoren und Bezugspersonen ein. Gemeinsam Bewegen verbindet und schafft Vertrauen. Die Freude an der Bewegung und der Spaß bei der Sache sowie das Erweitern des bereits Bekannten werden fokussiert und ermöglicht diesem Fach erneut eine Sonderstellung im Fächerkanon der Schule. In einer Darstellung von Bewegungserzieher bei Größing & Köppe (1993) wird vor allem darauf eingegangen, dass diese zumeist als Vorbilder fungieren und die Möglichkeit haben Kinder und Jugendliche durch ihre „eigenes Handeln“ zu überzeugen, dass „Beweglichkeit und Bewegung mit Wohlfühlen, Gesundfühlen und Lebensqualität zu tun hat“ (S. 11). Die Aussagen des DVS (2020), von Miethling (2018), von Bräutigam (2014) und von Größing & Köppe (1993) weisen in einigen Punkten Analogien auf. Das sportliche Tun und Bewegen als spürbares Momentum am und im Körper steht bei allen Autoren in besonderem Fokus. Eigenerfahrungen in vielfältigen Bewegungsfeldern anzustellen, bildet also den Dreh- und Angelpunkt, um den sich wissenschaftliche Theorien wickeln, wodurch eine besonders große Vernetzung erzeugt werden kann. Im Sportstudium sind diese Kurse, in denen Bewegungserfahrung im Zentrum steht, fest im Curriculum verankert. Es gilt hervorzubringen, wie diese Kurse im Detail dargestellt werden und welche Ziele sie verfolgen. Diesbezüglich wird eine inhaltliche Analyse der Modulbeschreibungen von Lehrveranstaltungen mit fachpraktischem Bezug an österreichischen und deutschen Universitäten angestellt. Durch eine detaillierte Betrachtung können mögliche Lücken oder Unstimmigkeiten der Ausbildungsinhalte festgestellt werden, wodurch eine Schärfung hinsichtlich des Professionalisierungsverfahrens von Lehrpersonen und so die Sicherung der Unterrichtsqualität möglich wird. Im theoretischen Teil wird zum Thema der Analyse systematisch anhand von historischen Entwicklungen und zentralen Forschungsmeinungen und Aktualitäten hingeführt. Im empirischen Teil soll die Methodik Aufschluss über die angestellte Analyse geben, welche dann im Weiteren dargestellt und diskutiert wird. Ein Ausblick schließt die Analyse ab. 8
2 Theoretischer Hintergrund Im Folgenden wird ein theoretischer Rahmen zur Arbeit aufgespannt, der gezielt versucht, verschiedene Aspekte der LehrerInnenbildung sowie der fachpraktischen Lehrveranstaltungen an Hochschulen und Universitäten zu veranschaulichen. Im ersten Teil wird die formale und strukturelle Ebene der LehrerInnenbildung gestern, heute und morgen in Österreich und Deutschland behandelt. Die Auseinandersetzung mit der PädagogInnenbildung NEU sowie der Qualitätsoffensive LehrerInnebildung leiten einen knappen Umriss des Forschungsstandes der Institution Schule sowie der Entwicklung der LehrerInnenbildung an, woran die Debatte der Professionalisierung der LehrerInnen im Speziellen der SportlehrerInnen anschließt. Von der Ausbildung der Lehrpersonen ausgehend wird dann der Fokus auf die Verknüpfung der Theorie und Praxis im Sportstudium angestellt. Davon ausgehend wird der Praxisbegriff im Detail betrachtet, um zuletzt die Fachpraxis als besonderes Merkmal der Sportstudiums aufzuschlüsseln. 2.1 LehreInnenbildung gestern, heute, morgen Die LehrerInnenbildung hat sich zur Aufgabe gemacht, Lehrpersonen mit hohem Kompetenzgrad hervorzubringen. Die Frage, was eine Lehrperson erwerben muss, um als kompetent zu gelten, bleibt vorerst offen (Fend, 2013). In Österreich und Deutschland gelten Hochschulen bzw. Universitäten als jene Bildungsinstitutionen, an denen künftige LehrerInnen ausgebildet werden. Dementsprechend obliegt es diesen, die Inhalte der Ausbildung dementsprechend zu setzen, um die nötigen Kompetenzen sowie eine Weiterentwicklung der Lernenden im Sinne und Auftrag der Institution zu stärken und zu gewährleisten (Krick&Bähr, 2007). 2013 hat das österreichische Bundesministerium Bildung, Wissenschaft, Forschung (bmbwf) einen neuen Reformplan PädagogInnenbildung NEU hinsichtlich der Ausbildung von LehrerInnen entwickelt und verpflichtend in den österreichischen Bildungsinstitutionen eingeführt. Auschlaggebend dafür war das Regierungsübereinkommen 2008, welches sich zum Ziel setzte, ein Studienausbildungskonzept im Sinne der Bologna-Struktur zu entwickeln (Tischler, 2015). In diesem wurde einerseits die Studiendauer und –umfang und andererseits die Studienstruktur festgelegt. Das 4-Säulen-Modell beschreibt im Zuge der Reform 9
die zentrale Grundstruktur der PädagogInnenbildung NEU. Bestehend aus den Bereichen Bildungswissenschaftliche Grundlagen, Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Praxisbezug sollen diese 4-Säulen auf der Curricular-, Modul- und Lehrveranstaltungsebene einen hohen Integrationsgrad aufweisen, um auch inhaltliche Kohärenz zu ermöglichen (Fischer, Schnider&Spiel, o.D.). Beinahe zeitgleich veröffentlichte das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Förderprogramm Qualitätsoffensive LehrerInnenbildung. Das BMBF geht davon aus, dass sich die „Anforderungen an den Lehrberuf“ aufgrund des „gesellschaftlichen Wandels und technologischen Fortschritts“ stark verändert haben und eine Reaktion auf diese Veränderung nötig ist, um die LehrerInnenbildung und in weiterer Folge die Qualität des Unterrichts dem anzupassen. Für diese Modernisierung in der LehrerInnenausbildung stehen in zwei Förderphasen 500 Millionen Euro zur Verfügung. Nicht nur „Qualität und Attraktivität“, sondern auch die 3 Elemente Studium, Referendariat und Lernen im Beruf sollen dadurch fundiert verknüpft werden (BMBF, 2016, S. 2). Ein übergeordnetes Ziel der Qualitätsoffensive LehrerInennbildung und zugleich die Voraussetzung für Hochschulen und Universitäten zur Sicherung der Förderung war die bundesländerübergreifende Anerkennung von Prüfungsleistungen sowie Abschlüssen von Lehramtsstudien und Antritt des Referendariats (ebd. S. 5). Die Maßnahmen sollen ermöglichen, die LehrerInnenausbildung aufzuwerten und „gute LehrerInnen [sic], die sozial kompetent sind, offen für Neues, geduldig zuhören, Leistungen anerkennen, die Fachleute für das Lehren und Lernen sind, fair kritisieren und [sic] Kritik annehmen“ auszubilden (ebd. S. 5). Diese Merkmale können mögliche Kompetenzen sein, die es gilt zu erwerben, um folglich als kompetente Lehrperson betrachtet zu werden. Die Reform PädagogInnenbildung NEU in Österreich und die Qualitätsoffensive in Deutschland liefern einerseits die strukturellen Rahmenbedingungen und andererseits ein praxisnahes Beispiel wie Neuorientierung durchgeführt werden kann. Laut Terhart (1990, S. 246) ist LehrerIn werden und LehrerIn bleiben stetig begleitet von persönlicher sowie institutioneller (Hochschule, Universität, Schule) Weiterentwicklung. Beide Bereiche wurden und werden teilweise von empirischen Forschungen begleitet, wobei speziell im Bereich der Bildungsforschung in Österreich wiederholt auf Defizite hingewiesen wird (Fischer, Schnider&Spiel, o.D.). Es zeigt sich, dass eine Kluft zwischen häufigen Reformen und mangelnder 10
aussagekräftiger empirischer Erkenntnisse entstanden ist bzw. ob überhaupt von einer Forschung zur LehrerInnenbildung gesprochen werden kann (Terhart, 2015, S. 17). 2.1.1 PISA, TIMMS und SPRINT als empirische Schulforschung 2008 wurde nicht nur der Grundstein eines neuen LehrerInnenbildungskonzepts gelegt, sondern auch das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) gegründet. Seit 1. Juli 2020 ist diese nun das Institut des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen (IQS) und ist im bmbwf als nachgeordnete Dienststelle verankert. „Das IQS steht für Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung im österreichischen Schulsystem sowie für qualitätsvolle bildungswissenschaftliche Tätigkeiten“ (IQS, das Institut, o.D.). Die wohl bekanntesten Studien, die regelmäßig an österreichischen Schulen durchgeführt werden, sind PISA und TIMMS. Bei der PISA Studie werden die Kompetenzen der SchülerInnen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften am Ende der Pflichtschulzeit erhoben. Österreichische Schulen haben auch 2018 wieder an der Studie teilgenommen. Im Bereich Lesekompetenz und dem Rangplatz 22 schnitten die österreichischen SchülerInnen schlechter als der internationale Mittelwert ab, im Bereich Mathematik, mit dem geteilten Rangplatz von 12-22, besser und im Bereich Naturwissenschaften liegen sie genau im Mittelwert mit einem geteilten Rangplatz von 19-24 von 40 der insgesamt teilgenommen Länder. Diese Ergebnisse haben sich von 2015 bis 2018 nicht signifikant verändert (Suchań, Höller & Wallner-Paschon, 2019, S. 96). Die TIMMS Studie erhebt anders als PISA die mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenz gegen Ende der Grundschule. 2019 nahmen 58 Länder an der Studie teil. Die mathematischen Leistungen der österreichischen SchülerInnen sind im Vergleich sehr gut. Die SchülerInnen von nur 10 anderen Ländern schneiden besser ab, die von nur 5 Ländern haben vergleichbare Werte und die von 42 Ländern schneiden schlechter ab als die österreichischen. Bei den Naturwissenschaften zeigt sich ein deutlich schlechteres Ergebnis. Die SchülerInnen von 17 Ländern haben ein besseres Ergebnis, ähnliche Leistungen erbringen jene von 11 Ländern und schlechtere Ergebnisse liefern SchülerInnen von 29 Ländern (Itzlinger-Bruneforth, 2020, S. 10). 11
Bei beiden Studien kann festgestellt werden, dass die Leistungen der österreichischen SchülerInnen am Ende der Grundschule sowie am Ende der Pflichtschule hauptsächlich im Mittelfeld des internationalen Vergleichs angesiedelt sind. Wobei die Ergebnisse der mathematischen Kompetenz bei beiden Studien noch am besten ausfallen. Das nur mittelmäßige Abschneiden dieser Studien und teilweise noch schlechtere Abschneiden in den Jahren davor hat nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, eine große Diskussion hinsichtlich der Qualität des Unterrichts ausgelöst. Mit der Einführung der Bildungsstandards und einhergehenden Maßnahmen zur Steigerung der Qualität wurde die „Qualitätsdebatte um Schule und Unterricht vom Begriff des Standards bzw. Bildungsstandards“ regelrecht beherrscht (Heymann, 2004, S. 7). Auch für das Fach Sport wurden in Österreich dementsprechende Bildungsstandards eingeführt. Deren Ziel ist es, die Qualitätssicherung zu gewährleisten, aber auch die Effekte und Wirkungen von Sportunterricht „nach innen und außen sichtbar zu machen“ (Amesberger&Stadler, 2014, S. 5). Die Bildungsstandards für das Fach Sport werden aus der Sicht zweier sehr differenzierter Positionen kontrovers diskutiert. Die Befürworter betonen, dass durch die Bildungsstandards der Sportunterricht bzw. Sport sichtbar gemacht wird und dann auch nach außen eine positive Dynamik dargestellt werden kann. Außerdem könne dadurch eher möglich werden, dass die SchülerInnen zu lebenslangem Sporttreiben motiviert werden. Die Gegenseite argumentiert jedoch, dass die Heterogenität der SchülerInnen eine derartige Normierung nicht zulässt und auch schulspezifische Gegebenheiten nicht berücksichtig werden können. Der Doppelauftrag des Sports Erziehung zum Sport und Erziehung durch Sport bildet aber inhaltlich betrachtet die Grundlage eines kompetenzorientierten Sportunterrichts und stehe demnach für die Bildungsstandards im Fach Sport (ebd. S. 7f). Anders als Studien, welche die Kompetenzen von SchülerInnen erheben, wurde bei der SPRINT-Lehrplananalyse ca. 4000 deutsche Lehrplanquellen inhaltlich untersucht und die „programmatischen Grundlagen des Schulsports analysiert“ (Krick, 2007, S. 12). In den Ergebnissen zeigt sich vor allem, dass sich die Reformen bezüglich der Lehrpläne deutlich auf die fachdidaktischen Diskussionen beziehen. Diese sind demnach vermehrt nach Bewegungsfeldern gestaltet, wodurch der Doppelauftrag eines erziehenden Sportunterrichts nochmals bestätigt werden kann 12
und dementsprechend auch eine deutliche Weiterentwicklung mit Blick auf Qualitätssicherung und Qualitätsoptimierung sichtbar wird (ebd. S.13). Hinsichtlich der drei besprochenen Studien kann die Vermutung erstellt werden, dass der Kompetenzerwerb von SchülerInnen von den Inhalten des Lehrplans einerseits und vor allem von der Lehrperson andererseits abhängig ist. Es kann also festgestellt werden, dass SchülerInnen die Institution Schule, Lehrperson bzw. die Ausbildung von Lehrpersonen und Institution Hochschule und Universität in Bezug auf den Outcome einander bedingen. Diesbezüglich ist es notwendig darzulegen, unter welchen Merkmalen LehrerInnen ausgebildet wurden und werden. 2.1.2 Umriss der Entwicklung der LehrerInnenbildung und Forschung Obwohl die Reformen der LehrerInnenbildung in Österreich und Deutschland seit vielen Jahren stark in den täglichen Fokus rücken, erfährt die empirische Forschung im Hochschul- und universitären System kaum einen Aufschwung. Vor allem in den 1980er Jahren herrschte eine hohe LehrerInnenarbeitslosigkeit und Stelleneinbußen an Universitäten und Forschungseinrichtungen wurden durchgeführt. Das hatte zur Folge, dass die LehrerInennbildung in den Hintergrund der Forschung verschwand. Auch wenn einige Prozesse der Umstrukturierung der LehrerInnenbildung aufgrund von Leistungsvergleichungen von SchülerInnnenergebnissen bei diversen Studien angekurbelt wurden, fanden diese ohne feste empirische Forschungsergebnisse statt (Terhart, 2015, S. 17). In den Jahren vor 1980 wurde erhofft, von dem konservativ reformfeindlichen Lehrpersonal durch zahlreiche Neuanstellungen von einer neuen liberal ausgebildeten Lehrerschafft wegzukommen. Terhart (2015) schreibt diesbezüglich, dass: diese Hoffnungen sich nicht - zumindest nicht auf breiter Front - erfüllten: Pädagogisch konservative Abiturientinnen und Abiturienten mit dem Wunsch, Lehrer zu werden, erwarben während des Studiums eher liberale Einstellungen, um nach Eintritt in die Berufstätigkeit wieder zu pädagogisch-konservativeren Einstellungen zurückzukehren. (S.19) Daraus resultierte in den 1990er Jahren mit der einhergehenden Aufmerksamkeit auf die Sozialwissenschaft, eine berufsbiographisch fokussierte Forschung des Lehrberufs. Diese wandte sich von der Untersuchung der lediglich ersten Berufsjahre ab und rückte „auch unter genderbezogenen Fragestellungen“ (Terhart, 2015, S. 20) die gesamte Berufsbiographie in den Mittelpunkt. Gegenstand der Forschung waren 13
die unterschiedlichen Berufsabschnitte, Lehrfächer oder auch Lehrämter in Bezug auf verschiedene Schultypen. Mit der Einführung der Lehrstandards in den 2000er Jahren und den daraus folgenden Kompetenzbegriffen wurden vor allem Untersuchungen zu den Fragen „wieweit, von wem, welches dieser Ziele bzw. welche Kompetenzfelder unter welchen äußeren Bedingungen erreicht werden“ (ebd. S. 20) angestellt (Terhart, 2015, S. 20). Seit jeher wird versucht, die Standards und Leitbilder, welche gute Lehrpersonen ausmachen, zu schärfen und stetig an den Zeitgeist anzupassen. Um die Entwicklung der Fragestellungen hinsichtlich des LehrerInnenbildes anzutreiben und einzubetten, wurden in Universitäten sogenannten Educational Schools oder Schools of Education eingeführt (Fend, 2013, S. 22). Standards und Formulierungen der Kompetenzen stellen also die Zielsetzungen der LehrerInnenbildung dar. Die Überprüfung dieser würde flächendeckende Längsschnittstudien anhand verschiedener Kompetenztestungen verlangen. Studierende müssten also mit Einstieg und Abschluss des Studiums an einer derartigen Studie teilnehmen, um die Erreichbarkeit der vorhergegangen Zielsetzungen überprüfen zu können. Rode (2020) hat im Fach Sportpraxis der Universitären SportlehrerInnenausbildung „anhand einer Studie [sic] versucht einen praxeologisch- subjektivierungstheoretischen Ansatz zur Erforschung von SportlehrerInnenbildung zu entwickeln und zum empirischen Verständnis der hochschulischen Praxis der SportlehreInnenbildung [sic] beizutragen“ (S. 451). Er versuchte damit eine Verschiebung der Perspektive in Bezug auf bewehrte Forschungsmethoden der Didaktik, Pädagogik und Bildungswissenschaften zu implizieren. Im Detail wurde hierfür ein Praxiskurs der ästhetischen Sportarten herangezogen. Sein Vorhaben bezog sich darauf „unmittelbare praktische Auseinandersetzungen [sic] durch reflexive Perspektivierung im Horizont der Vermittlung“ (ebd. S. 451) als zukünftige Lehrpersonen zu koppeln. Dafür wurden „methodische Verfahren und Vorgehensweisen konstruiert und an den wissenschaftlichen Diskurs rückgekoppelt“ (ebd. S. 451). Die Methode betrachtet weder die Lehrhandlungen der Lehrperson noch werden theoriebasiert didaktische Schema oder Lernleistungen untersucht. „Der Blick [sic] wird auf Interaktionsmuster und –ordnungen“ gerichtet (ebd. S. 458). Dieser Versuch soll also eine neue Möglichkeit der SportlehrerInnenausbildung zeigen und dadurch anregen, wie diese Forschungsmethodik möglicherweise in der gegenwärtigen Ausbildungsstruktur Einklang finden kann. 14
Die gewonnene Orientierung zur Entwicklung und Forschung der LehrerInnenbildung und der vorhergegangenen Reformen öffnet die Frage, nach welchen Standards LehrerInnenbildung also ausgerichtet ist und wie sich diese im Verlauf der Ausbildung entwickelt. 2.1.3 Zur Bedeutung professioneller LehrerInnen Zunächst gilt es den Begriff der Profession abzubilden, um in weiterer Folge das Berufsbild und die Profession der Lehrperson fassbar zu machen. Lundgreen (1999a) schreibt dazu, dass „Professionen“ Berufsgruppen bezeichnen, die sich aufgrund von speziellen Alleinstellungsmerkmalen von anderen Berufsgruppen abzeichnen. In diesem Sinnen meint dann die „Professionalisierung“ das Erarbeiten und Ausprägen dieser Merkmale (S. 20). Blömeke (2001, S. 133) arbeitet in ihrem Beitrag heraus, welche Professionen also der Lehrberuf beinhaltet. Dabei geht sie davon aus, dass LehrerInnen Professionalisierung zum einen aus einer „Sozialisierung in Wissenschaft“ (ebd. S. 133), welche an der Universität erfolgt, besteht und zum anderen aus einer „Sozialisierung in Praxis“ (ebd. S. 133), die erst nach dem Studium während des Referendariats bzw. der Induktionsphase ausreift. Das Besondere an der Ausbildung zur Lehrperson bzw. der Profession ist die Zweiteilung der Wissenschaft in das Fach- und Berufswissen (ebd. S. 133). Das Berufswissen beinhaltet folglich Themen der Didaktik, Pädagogik und Methodik und im Fach Sport auch die Fachpraxis, die ebenso den Fächern Kunst und Musik als besonderes Charakteristikum zugeschrieben werden kann. Die Studienstruktur verlangt während des Studiums zielgerichtete Praxisphasen, welche in Schulen durchgeführt werden. In dieser Schulpraxis sollen Studierende ihr erworbenes Wissen hinsichtlich ihres Faches und ihres zukünftigen Berufes anwenden. Die Aufgabe der Praxisphasen liegt darin, die Differenzen zwischen Theorie und Praxis aufzuzeigen und dann auch zu reflektieren (ebd. S. 137). Nicht nur vollkommene Praxisstunden sollen dabei im Fokus stehen, sondern ein möglichst antagonistisches Angebot fordert auf, lösungsorientiert zu reflektieren, und eignet sich dadurch bestmöglich, weitere Handlungsmöglichkeiten zu erschließen. In der LehrerInnenbildung ist es also von großer Wichtigkeit, dass „Wissen, Können und Reflexion, [sic] als die drei Dimensionen von Professionalität, [sic] sich gegenseitig helfen und (. . . .) parallel in der Ausbildung auftauchen“ (Reinhardt, 2009, S. 27). Das erworbene wissenschaftliche und praktische 15
Handlungswissen begleitet Lehrpersonen dann in einen stark biographisch beeinflussten Werdegang, der weit über das Referendariat bzw. die Induktionsphase hinausgeht und so das Bild einer „geborenen LehrerInnenpersönlichkeit“ (Blömeke, 2009, S. 547) entstehen lässt. (Lüsebrink, 2017). Dass das ein lebenslanger von wissenschaftlicher Reflexivität begleiteter Prozess ist, erweist sich zu Beginn der Ausbildung noch nicht (Blömeke, 2002). Laut Reh (2004) ist die Erfassung der „Professionalität durch Reflexivität“ in der (Sport)lehrerInnenausbildung als leitendes Element zur Erreichung der geforderten Bildungsstandards zu verstehen. Vor allem in der SportlehrerInnenausbildung ermöglicht diese das Spannungsfeld der theoriebasierten wissenschaftlichen und der praxisorientierten Themenbereiche aufrecht zu erhalten. Das Verhältnis beider zueinander und die aktive Reflexion verhindert die „Gefahr, dass sich implizite Vorstellungen zu blindem Können festigen, während theoretisches Wissen an Trägheit zunimmt“ (Kirchhoff, 2013). Es gilt den Gehalt beider Disziplinen stetig voranzutreiben, weshalb die Reflexivität in der universitären SportlehrerInnenbildung als bewusster Stimulus im fachpraktischen Feld eingesetzt werden muss. Damit Reflexion entstehen kann, muss körperliche Betätigung stattfinden. Im (Fach) Sport dient der menschliche Körper als Fundament jeglicher Art von Bewegung. Erst mit der Vertiefung der am eigenen Körper spürbaren Veränderungen entwickeln sich Neue und unbekannte Horizonte. In Bezug auf Bewegungen mit dem eignen Körper schreibt Klinge (2019), dass für viele Befragte „das Fach selber zu beherrschen, körperlich, physisch und sportmotorisch in der Lage zu sein, Bewegungsfertigkeiten und -fähigkeiten zu demonstrieren (. . . ), um das eigene Können (und Besser-Sein) unter Beweis stellen zu können“ (S.244) bedeutet, kompetent und professionell zu sein. Diese Aussage zeigt konkret, dass diese nicht auf reflexiver Auseinandersetzung mit professioneller LehrerInnenkompetenz, sondern auf implizierte Muster vorhergegangener Erfahrungen basiert. Derartige Erfahrungen oder Gewohnheiten werden dann auch nicht bezweifelt, solange das Handeln unter diesen Strukturen ohne Störungen gut funktioniert. Sportstudierende sehen sich bereits vor dem Beginn der Ausbildung als „besonders gute Sportler und Könner“ (ebd. S. 247) im Fach Sport. Beide Aussagen, bewirken ein einseitiges Bild des Sports, in dem die verschiedenen Formen bzw. Inhalte in den Fokus geraten. Alkemeyer (2017) betont in diesem Zusammenhang eine andere Sichtweise auf 16
Sport, in der Vermittlungspraktiken, in denen „die Potenziale und verschiedenen Möglichkeitsräume des Körpers Ausgangspunkt“ einer Bewegungshandlung sind und insofern „Situationspotenziale“ neue „Spielräume“ für Entdecker öffnen (S. 247). Diese Potenziale spielen in dem Sinne eine wichtige Rolle in der SportlehrerInnenausbildung und -profession, als sie als wichtiger Zusatz zu den bereits verankerten Bestandteilen der Wissenschaft, Didaktik und Praxis sind. Kaum ein anderes Fach ermöglicht in derart vielfältiger Weise bekanntes zu hinterfragen, dieses am eigenen Laib zu spüren und daraus neue Lösungswege zu entdecken. Um eine ganzheitliche Professionalisierung von Sportlehrkräften im Sinne eines Reflexionsprozesses in der Sache zu garantieren, empfiehlt Klinge (2019) diese neuen Spielräume in der universitären Ausbildung zu implizieren (S. 251). Das Fach Sport würde demnach von verschiedenen Aspekten des Bewegungshandelns beleuchtet werden und lege so einen wichtigen Beitrag zur Mehrperspektivität bei. Diesbezüglich schreibt auch die DVS (2020) zur LehrerInnenprofessionalisierung im Sport in einem Positionspapier zum Thema „Die Lehrer/innenbildung im Sport stärken!“, dass an Hochschulen sowie sportwissenschaftlichen Einrichtungen für eine qualitätsvolle Ausbildung „eingestanden werden muss“ (S. 3). Damit sind alle Phasen der LehrerInnenbildung einbezogen, wobei die Reflexionsanteile dieser ein wichtiger Bestandteil für den „Aufbau professioneller Kompetenzen für den Sportlehrer/innen- Beruf“ (S. 3) ist. Wie bereits besprochen und auch aus dem Positionspapier ersichtlich, ist die Entwicklung zur professionellen Lehrperson ein Werdegang, der noch lange nach dem Studium und dem Referendariat bzw. der Induktionsphase andauert. Das Fach Sport enthält zudem den sportpraktischen Zusatz, dem bereits zum Eintritt des Studiums bei der Ergänzungsprüfung ein hoher Stellenwert zugesprochen wird. Insofern kann man davon ausgehen, dass angehende SportstudentInnen bereits vor der universitären Ausbildung den Sport als wesentlichen Bestandteil ihres Lebens in den persönlichen Fokus stellen. Der Bezug dazu entwickelt sich aus individuellen Verbindungen und persönlichen Erlebnissen, die in Form einer sportlichen Biografie letztendlich als Prägung am Individuum haften. Daraus entstehen Persönlichkeiten mit verschiedenen Ausgangslagen und Motivationen, welche sie zur Ausbildung zur Sportlehrkraft antreiben, entwickeln und begleiten. 17
2.1.4 Zur Biografie von SportlehrerInnen - von der Kindheit bis zum Studium Sportunterricht, der als SchülerIn erlebt wird, kann die Handlungen als Lehrkraft beeinflussen (Neuber, 2020, S. 121). Sehr treffend formuliert Patry (2014) in diesem Zusammenhang: „Teachers teach as they are thought and not as they are taught to teach“ (S. 32). Dieses Zitat beschreibt, dass Erfahrungen im LehrerIn- SchülerIn oder TainerIn-SportlerIn Verhältnis künftige SportlehrerInnen mehr steuern, als es die Inhalte der Ausbildung machen werden und können. Ob dieses möglicherweise Wahres beinhaltet, bedarf es eines kurzen Draufblicks auf die Entwicklung des Individuums in Beziehung zum Sport. Schon in der Kindheit werden typische Leitbilder von Sport verinnerlicht, welche auch und vor allem (sport)persönlichkeitsentwickelnd sind. Daraus ergeben sich spezifische habituelle Muster, die für das Verständnis von Sport und Bewegung prägend sind (Neuber, 2020, S. 122). Kinder und Jugendlichen werden von ihrem Umfeld und Milieu täglich auf vielfältige Art konfrontiert. Kindergarten, Schule, Freizeit und Peer-Groups nehmen dabei meist zeitlich betrachten einen größeren Teil in Anspruch als Eltern und Familie. Der Grundstein der Interessensbildung wird trotzdem hauptsächlich von den Eltern gelegt und dann in den erwähnten Gruppen zumeist weitergeführt. So ist nach wie vor der Sport eine der beliebtesten Freizeitgestaltungen, der vor allem im frühen Jugendalter in Bezug auf Peer-Group eine wichtige Rolle im Leben einnimmt. Trotz der mittlerweile vielen Angebote und Möglichkeiten des Sportreibens, bildet der Sportverein nach wie vor die beste Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche (Miethling, 2018, S. 37). In Sportvereinen werden SportlerInnen meist schon früh an spezielle Verfahren oder Muster der ausführenden Sportart herangeführt, welche unbewusst eingeprägt werden. Diese werden dann meist unreflektiert übernommen und als TrainerIn fortgesetzt. Volkmann (2008) hat aus einer Studie drei berufsbiografische Typen erarbeitet, die Miethling (2018, S. 37-38) wie folgt beschreibt: 1) „Der kontrastive Typus“, der aufgrund seiner Erfahrung „auf eine stark leistungssportlich ausgerichtete Vermittlung setzt“. 2) „Der integrative Typus“, der seine „breitensportliche Vereinserfahrung“ als sehr wertvoll erlebt hat, transferiert sein „freudvolles Sporttreiben in ein Konzept für gelingenden Sportunterricht“. 18
3) „Der komplementäre Typus“, der verschiedenen „Gelegenheitsstrukturen“ zum Sporttreiben nutzt und diese Methode auch in einem Sportunterricht, der „Leistungs-/Wettbewerbs- und Spaßmotive situationsabhängig mischt [sic]“ bevorzugt. Der erworbene sportliche Habitus kann schon vor dem Studium den persönlichen LehrerInnentypus prägen. „Im Sportstudium werden diese sportbiografischen Erfahrungen häufig fortgesetzt, nicht zuletzt in fachpraktischen Lehrveranstaltungen oft sogar noch verstärkt“ (Neuber, 2020, S, 122). Es zeichnet sich sozusagen eine gewisse Einstellung zum Sport und Sportreiben und der Umsetzung in der Schule ab wobei an dieser Stelle auf das Zitat von Patry verwiesen werden kann. Angehende LehrerInnen beginnen ihr Studium folglich mit einem bestehenden Konzept Sport, wobei im Studium „dann ein fachspezifischer Habitus ausgebildet bzw. gestärkt, der im Wesentlichen dem erworbenen Habitus (als Sportler) [sic] zu entsprechen scheint“ (Ernst, 2017, S. 148) und die Ausbildung als Verstärkung der bis dato erworbenen Vorlieben und Interessen, wodurch „der Übergang vom Sportler zum Sportstudierenden [sic] sich problemlos vollzieht“ (ebd. S. 148). Neuber et al. (2014, S. 64) stellen dahingehend fest, dass angehende Lehrpersonen des Faches Sport im Gegensatz zu Studierenden andere Fächer bereits ein „konstruktives Unterrichtskonzept“ besitzen und zugleich „stärker schülerInnenorientiert“ und „lehrerInnenzentriert“ sind. Der Grund für diese Annahmen könnte, wie im Vorhergehenden angemerkt, bereits gemachte Erfahrungen als ÜbungsleiterIn oder TrainerIn in der eigenen Sportart sein (Neuber, 2020, S. 122). Zusammenfassend betrachtet sind SportlehrerInnen professionell ausgebildete TrainerInnen im wissenschaftlichen, fachdidaktischen, pädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Bereich für die „Vermittlung von Bewegung, Spiel und Sport“ im theoretischen und fachpraktischen Bezug (ebd. S. 125). Angehende Sportstudierende treten ihr Studium mit heterogener sportspezifischer Vorerfahrung und Einstellung an. Dabei stellt die Sportpraxis einen wesentlichen Aspekt in ihrem Habitus dar. Um die besprochene Reflexion hinsichtlich der Bewegungshandlungen im Spiegel der Fachwissenschaften kompetent reflektieren zu können, bedarf es einer intensiven Auseinandersetzung mit der Fachtheorie. Der Bezug der Theorie und Praxis zueinander und die gleichnamigen Module der Ausbildung bedingen die Profession der LehrerInnen, worauf im Folgenden eingegangen werden soll. 19
2.1.5 Theorie und Praxis als Spannungsverhältnis Damit ersichtlich werden kann, warum und vor allem wie Theorie und Praxis einander bedingen, soll vorerst darauf eingegangen werden, was deren wortgeschichtliche Bedeutung aussagt. Größing und Köppe (1993, S.18) haben dazu in ihrem Beitrag Einblick gegeben. Das Wort Theorie lässt sich aus dem griechischen „theoros“ ableiten und meint „Zuschauer“ und ist zudem mit dem Begriff des Theaters verwandt. In diesem Sinne stellt die Praxis also den „Theater-Schauplatz“ dar. Demzufolge wird also die Praxis als Schauplatz von Abläufen und Handlungen abgebildet, welcher von der Theorie als Zuseherin beobachtet wird. Daraus entsteht in weiterer Folge ein „Überblicken“ und „Überdenken der Praxis“. Dabei handelt es sich um das Reflektieren, was in vorhergegangen Kapiteln bereits als wesentliches Instrument zur Professionalisierung manifestiert wurde. Synonym dazu kann das Wort „nachdenken“ verwendet werden, wodurch reflektieren als „über eine Frage/ Problem nachdenken“ (Dudenredaktion, 2010, S. 753) verstanden werden kann. Die Theorie als „System wissenschaftlicher begründeter Aussagen zur Erklärung bestimmter Tatsachen oder Erscheinungen und der ihnen zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten“ (ebd. S. 927) wird laut Größing & Köppe (1993, S. 18) also zur „reflektierten Praxis“, welche dabei unterstützt, die Praxis „zu verstehen, begreifen, reflektieren und sie dadurch auch weiter[sic]zuentwickeln“. Zusammenfassend erschließt sich, dass beim Studium des Faches Sport, es sich nicht nur um den wissenschaftlichen Erwerb geht, sondern auch um den der sportpraktischen Handlungsfelder. „Theorie und Praxis können demnach als tragende Säulen ausgewiesen werden“ (Kuhlmann, 2003, S. 45). Hier wird sehr deutlich, dass die Ausbildung zur Sportlehrperson bzw. das Studienfach Sportwissenschaft das besondere Merkmal besitzt, die Vielfalt und Abwechslung der Praxis mit einer eher starren Theorie zu verknüpfen und so die AbsolventInnen für das tatsächlich Unterrichten zu stärken. Theorien bilden aus praxeologischer Sicht das Fundament, welches der Praxis ermöglicht, sich zu verändern und situationsadäquat anzupassen. So sollen Sportstudierende aus der Verbindung von Theorie und Praxis in den speziellen Kursen erkennen lernen, wie die Wissenschaft unterstützend für Lösungsansätze bei Problemen der Praxis helfen kann (Kuhlmann, 2003). Darüber hinaus ist die „Theorie [sic] ein Angebot zur Erklärung bzw. zum besseren Verstehen von Problemen der Praxis“. Die Verbindung beider ermöglicht Studierenden „Sport zu können, kennen und vermitteln zu können“ (ebd. S. 53). Ähnliche Strukturen sind 20
auch in den Fächern Musik und Kunst bzw. deren Fachpraxis zu finden. Der Anspruch an die Theorie- und Praxisverknüpfung ergibt sich im Wesentlichen aus dem Beschluss der Kulturministerkonferenz Deutschland (2019), in dem die Profile der einzelnen Fächer beschrieben werden. Im Fach Sport sollen die Studierenden nicht nur fachliches Wissen erwerben, sondern sie sollen auch [sic] über ein sport- und bewegungsspezifisches Können in ausgewählten Feldern der Sport- und Bewegungskultur verfügen, das sie in die Lage versetzt, sportliches Bewegen auf angemessenem Niveau auszuführen, anderen in differenzierter Weise mit unterschiedlichen Aufgabenanforderungen zu vermitteln und zu analysieren“ (S. 61). Wobei unklar ist, wie die Verbindung beider tatsächlich aussehen soll (Neuber & Pfitzner, 2017, S. 108). In Anlehnung an das dargestellte Erwerbsprofil der SportlehrerInnenausbildung nimmt ein Positionspapier der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (2019) zum Thema „Theorie und Praxis der Sportarten und Bewegungsfelder“ Bezug. Die wissenschaftlich basierte Vertiefung mit sportlichen Bewegungsfeldern bietet Spielraum, um bekannte Bewegungsmuster aufzubrechen und im Spiegel dieser sich kritisch auseinanderzusetzen. Dafür ist es notwendig die durch Eigenerfahrung entstehenden Lernprobleme zu reflektieren. Die daraus resultierende Situationen sind „für das Verständnis von Sportwissenschaft und Sport im Kontext zukünftiger beruflicher Tätigkeiten unabdingbar“ (S. 2). Als Konsequenz wird deutlich, dass nicht das Eigenkönnen bzw. der Erwerb neuer „Bewegungsfertigkeiten“ den Fokus markiert, sondern der „Vollzug verschiedenartiger Bewegungsformen“ unter Einbezug „unterschiedlicher (personaler) Voraussetzungen, Bedingungen und Ziele“ (ebd. S. 2). Der persönliche Gewinn an sportlicher „Fähigkeiten“ und „Fertigkeiten“ formt, mit der wissenschaftlichen Verknüpfung zur Theorie und der Sicht aus verschiedener Blickwinkel, ein „Instrument der Erkenntnisgewinnung im Bildungsprozess“ (ebd. S. 2). Diese Erkenntnisgewinnung lässt sich dann verstärken, wenn im Laufe der Ausbildung eine möglichst große Vielfalt an Bewegungen und Bewegungsfelder erprobt werden können. Aus den genannten Argumenten wird deutlich, dass das Erleben und Spüren von Bewegung am eigenen Körper das Fundament jeglichen Lernprozesses sind. Dass die Vielfalt an Handlungen hierbei eine bedeutsame Rolle spielt, konnte bereits dargestellt werden. Unklar bleibt jedoch, wie Handlungen und die Praxis bzw. 21
Fachpraxis im Detail in der Ausbildung gestaltet werden. Darauf möchte der folgende Beitrag Bezug nehmen. 2.2 Der Praxisbegriff Zuerst sollen die Begriffe „Praxis“ und „Handlung“ aus philosophischer Perspektive erläutert werden, um einen umfassenderen Blickwinkel auf die Thematik zu erhalten. Im Weiteren wird der Versuch angestellt, den Begriff „Fachpraxis“ im Kontext der Universitären SportlehrerInnenausbildung zu definieren und so als Besonderheit des Sportstudiums und 5. Säule der Ausbildung zu konkretisieren 2.2.1 Praxis und Handlung Birgmeier (2014, S. 75) weist darauf hin, dass der Handlungs- und Praxisbegriff in einigen wissenschaftstheoretischen und philosophischen Texten als sehr ähnlich bzw. auch teilweise ident beschrieben wird. Das ergibt sich aus der Übersetzung des Begriffs „Handlung“ aus dem Griechischen als „praxis“, aus dem Englischen als „action“ und auch dem Lateinischen „actio“. Demzufolge stehen Handeln und Praxis für ein „Verändern eines Zustandes, einer Situation“ (Seiffert, 1992, S. 15). Wenn Menschen folglich handeln, dann tun sie etwas bewusst, um dadurch ihre Ziele oder Wünsche zu erreichen bzw. zu erfüllen. Das geschieht zumeist planmäßig und zielgerichtet, wodurch Bedürfnisse und Sehnsüchte gestillt werden sollen. Handlungen können insbesondere auch in Gedanken erfolgen und betreffen demnach auch die Gefühls- und Emotionsebene, was folglich den größten Unterschied zur Praxis aufzeigt (Birgmeier, 2014, S. 77). Gemäß dem griechischen Ursprung von „praxis“ bedeutet der Begriff „gemeinsames Tun“ (Bedorf, 2015, S.130) und kann auch als „Tat, Beschäftigung, Vorfall, Tatsache, Ausübung, Ereignis, Handlungsweise und auch Handlung“ (Wildfeuer, 2011, S. 1775) ausgelegt werden, was im Detail „das faktische Tätigsein des Menschen, als Vollzug menschlichen Lebens oder als gesamte, reale Lebenstätigkeit des Menschen überhaupt“ (ebd.) meint. Der Praxisbegriff lässt sich weiters in eine Praxis im weiteren Sinn, die auf die Gesamtheit des menschlichen Lebens verweist und in eine Praxis im engeren Sinn, die professionsbezogene bzw. institutionelle Kontexte spiegelt, einteilen (Birgmeier, 2014, S. 82). Die Praxis als Gesamtes besteht aus „Praktiken als Einzelereignissen“. Die „Verkettung der Einzelpraktiken [sic] bildet dann Praxisformen bzw. Praxisformationen“ (Hillebrandt, 22
2014, S. 59). Das würde also bedeuten, dass ein Pass im Handball als Praxisform verstanden werden kann, wobei das Werfen und Fangen die Einzelpraktiken darstellen und die Verkettung dieser zum gewünschten Ziel der Praxisform führt. Die verschiedenen Einzelpraktiken wie das Werfen, Fangen, Laufen, Zielen, Angreifen und Abwehren sowie die Akteure müssen dementsprechend situativ eingesetzt werden, um letztendlich durch das Zusammenspiel und die Verkettung die Praxis Handball als Sportspiel entstehen zu lassen. Hillebrandt (2014) bemerkt dazu, dass „die in den Vollzug der Praxis involvierten Körper und Dinge in spezifischer Weise wirksam“ werden und „diese Wirksamkeit“ sich nur dann „entfaltet, [sic] wenn die einzelnen AkteurInnen [sic] in einer ganz bestimmten Weise assoziiert sind, so dass Praktiken emergieren können“ (S. 60). So ist erkennbar, dass keine Praxisform ohne ihrer zugehörigen Einzelpraktiken möglich ist, was auch in anderen Bereichen wie z.B. in der Medizin und der Institution Univerisität deutlich wird. „Den Körpern kommt hier eine besondere, zentrale Rolle zu, lassen sich doch zwar Praktiken ohne Dinge, nicht aber ohne Körper denken (Sport treiben lässt sich ohne Hilfsmittel, nicht aber ohne bewegte Körper“ (Bedorf, 2015, S. 130). Der Körper ist also in vielen Situationen eingebunden, in denen dieser auch berührt wird im Sinne von Emotionen und Gefühle, die stattfinden. Gemeint damit ist beispielsweise der Jubel bei einem Tor einerseits vom Team und der Einzelpersonen des Teams und andererseits auch vom Publikum, wie auch das Bedauern des Tors des gegnerischen Teams. Die Körper werden nicht nur sichtbar, sondern auch „spürbar als Teil der sich vollziehenden Praxis“ (Hillebrandt, 2014, S. 61). Dieser Aspekt der Praxis wird auch in weniger körperfokussierten Praktiken, wie beim Lesen oder Schreiben, spürbar. „Menschliche Körper sind folglich Teil der Materialität aller Praxis“ (ebd.). Dass Körper bei Bewegungen eine wichtige Rolle spielen und speziell im Sport als HauptakteurInnen fungieren, konnte beispielhaft dargestellt werden. Der bewusste Umgang mit diesem kommt vor allem in der fachpraktischen Ausbildung der SportlehrerInnen stark zur Geltung. Diesbezüglich soll eine Abbildung der Fachpraxis in der SportlhererInnenbildung Aufschluss darüber geben, was diese im Kontext darstellen soll und ausmacht. 23
Sie können auch lesen