Stadt Frechen Gewerbeflächenkonzept
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Dipl.-Ing. Dominik Geyer Dipl.-Kfm. Claudia Bargmann Mathis Busch, M. Sc. Raumplanung Köln, August 2019 Geschäftsführende Stadt- und Regionalplanung Gesellschafter: Dr. Jansen GmbH Dipl.-Geogr. Ursula Mölders Neumarkt 49 Stadt- und Regionalplanerin SRL 50667 Köln Dipl.-Ing. Dominik Geyer Stadtplaner AK NW, Bauassessor Fon 0221 94072-0 Stadt- und Regionalplaner SRL Fax 0221 94072-18 Gesellschafter/Seniorpartner: info@stadtplanung-dr-jansen.de Dr. Paul G. Jansen www.stadtplanung-dr-jansen.de
Inhaltsverzeichnis 1 Aufgabenstellung 1 1.1 Handlungsanlass und Zielsetzung 1 1.2 Herangehensweise 2 2 Rahmenbedingungen 3 2.1 Lagefaktoren 3 2.2 Infrastruktur in der Stadt Frechen 4 2.3 Wirtschaftsentwicklung 5 3 Ökonomische Kontextindikatoren 6 3.1 Bevölkerungsentwicklung 6 3.2 Arbeitsplatzentwicklung 7 3.3 Wirtschaftliche Zentralität 9 4 Quantitativer Standort- und Flächenbedarf 11 4.1 Berechnungen zum Gewerbe- und Industrieflächenbedarf 11 4.2 Fortschreibung der Katasterflächen Gewerbe und Industrie IT.NRW 11 4.3 GIFPRO Berechnung nach der Methode der Bezirksregierung Köln 12 4.4 Aktuelle Bedarfsberechnung der Bezirksregierung Köln 13 4.5 Tatsächliche Anfragen 14 4.6 Zwischenfazit 14 5 Flächenreserven 15 5.1 Vorbemerkung 15 5.2 Regionalplanerische Potenzialflächen 15 5.3 Flächenreserven auf FNP-Ebene 15 5.4 Bilanzierung Bedarf und Flächenreserven 19 6 Gewerbeflächenprofile 20 6.1 Vorbemerkung 20 6.2 Kategorie A: Standort für technologie- und wissensbasierte Unternehmen sowie Dienstleistung 21 6.3 Kategorie B: Standort für Handwerk, kleine und mittlere Gewerbebetriebe sowie unternehmensbezogene Dienstleistungen 21 6.4 Kategorie C: Standort für mittlere bis große Gewerbebetriebe, großmaßstäbliche Ansiedlungen und ausgewählte Logistikbetriebe 22 7 Strukturkonzept 24 7.1 Vorbemerkung 24 7.2 Positionierung der Stadt Frechen für die Standortkategorie A 24 7.3 Innovationsachse Königsdorf 25 Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept
7.4 Innovationsachse Frechen Zentrum 26 7.5 Standortkategorien B und C: Bestandsicherung, Transformation und Neuentwicklung 28 7.6 Europark 29 7.7 Frechen-Wachtberg 30 7.8 Kurzes Resümee 33 8 Vertiefungsbereich Bonnstraße/Kölner Straße 37 8.1 Keramo-Gelände 37 8.2 Städtebauliche Prämissen 37 8.3 Städtebauliches Konzept 38 In dem nachfolgenden Text verwenden wir eine geschlechtsneutrale Sprache. Bei der konkreten Ansprache von Personen werden sowohl die weiblichen als auch die männlichen Personen genannt, z. B. „Bewohnerinnen und Bewohner“. Sollte aus Versehen oder aus Gründen der besseren Lesbarkeit an einigen Stellen nur die männli- che Form, z. B. „Akteure“ gewählt sein, meinen wir aber immer auch die weiblichen Personen, nämlich die Akteurinnen. Selbstverständlich sind für uns immer Männer und Frauen gleichzeitig, gleichgestellt und chan- cengleich angesprochen. Dieses Gutachten unterliegt dem Urheberrecht. Vervielfältigungen, Weitergabe oder Veröffentlichung des Gutachtens in Teilen oder als Ganzes sind nur nach vorheriger Genehmigung und unter Angabe der Quelle erlaubt, soweit mit dem Auftraggeber nichts anderes vereinbart ist. Alle Fotografien, Pläne und Skizzen, die nicht gesondert gekennzeichnet sind: © Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
1 Aufgabenstellung 1.1 Handlungsanlass und Zielsetzung In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob diese Frechen ist eine wirtschaftlich prosperierende Transformationsräume geeignet sind, neue Wirt- Stadt. Ein ausgeglichenes Spektrum an mittelständi- schaftsprofile zu erschließen und vor allem, welche schen Betrieben in hoher Diversität sowie industriell Wirtschaftsprofile hier marktkonform definiert ausgerichtete Unternehmen sind Basis und zugleich werden können. Motor einer positiven wirtschaftlichen Dynamik. Dabei bindet sich das vorliegende Fachgutachten Der breit gefächerte Branchenmix und die damit auf unterschiedlichen Ebenen in die planerischen einhergehende gegenseitige Ergänzung und Diversi- Perspektiven der Stadt Frechen ein: tät hat für den Wirtschaftsstandort Frechen den entscheidenden Vorteil, dass insbesondere in Zeiten Aktuell wird der Regionalplan für den Regie- wirtschaftlicher Instabilität, wie z. B. der zurücklie- rungsbezirk Köln neu aufgestellt. Es werden genden Finanz- und Wirtschaftskrise, eine breit sämtliche Wirtschaftsflächen (Gewerbe- und aufgestellte, wenig krisenanfällige und damit stabile Industriebereiche GIB und Allgemeine Sied- Unternehmensstruktur vorherrscht. lungsbereiche ASB) auf den Prüfstand gestellt. Nicht entwickelbare Bereiche werden aus der Für die städtische Prosperität ist es in diesem Kon- regionalplanerischen Perspektive herausge- text eminent wichtig, das mit diesem Branchenmix nommen, andere kommen hinzu. Hierfür ist einhergehende wirtschaftliche Niveau zu halten und die wirtschaftliche und flächenspezifische Posi- darüber hinausgehend Entwicklungsspielräume für tionsbestimmung jeder Kommune erforder- neue Unternehmen zu eröffnen. Hierbei spielt die lich. Flächendisposition eine zentrale Rolle: Unterneh- Die aktuelle Neuaufstellung des Flächennut- men wirtschaften auf Flächen, und wenn Flächen zungsplans beinhaltet auch die planerische nicht für Unternehmensansiedlungen oder Weiter- Festlegung von Gewerbe- und Industrieflä- entwicklungen zur Verfügung stehen, wird auch die chen. Das Gewerbeflächenkonzept wird paral- wirtschaftliche Dynamik in der Konsequenz nachlas- lel zur FNP-Neuaufstellung erarbeitet und fügt sen. Neugründungen oder Neuansiedlungen wer- sich in den planerischen Prozess ein, wobei es den nicht stattfinden; Verlagerungen oder die Aus- im Verhältnis zum FNP eine deutlich höhere lagerung von Betriebsteilen in andere Kommunen Detailschärfe zeigt. oder Regionen erfolgen zwangsläufig. Im Rahmen der REload Studie „Zukunft Rhein- Erft-Kreis 2030“ wurden Handlungsmaximen Zentrale Frage im Rahmen des Fachgutachtens zu insbesondere im Kreativ-Sektor für den Rhein- den Gewerbe- und Industrieflächen in der Stadt Erft-Kreis definiert. Frechen ist zunächst, welche Flächenbedarfe für die Parallel zum vorliegenden Fachgutachten wur- Wirtschaft in Zukunft bestehen und ob die vorhan- de die Fragestellung der Förderung von digital- denen Flächenreserven geeignet sind, die Bedarfe affinen Unternehmen in der Stadt Frechen im zu decken. Ziel des Fachbeitrags ist demnach zu- Hinblick auf Machbarkeit und Standortfakto- nächst die Bestimmung des aktuellen Status quo ren durch IW Consult untersucht. der Reserveflächen und die Vorbereitung des plane- Bereits im Vorfeld des vorliegenden Fachgut- rischen Handlungs- und Flächenmobilisierungsbe- achtens hat das Büro ASTOC Architects and darfs aufgrund der erforderlichen Bedarfe. Planners als Grundlage für die Bauleitplanung Darüber hinausgehend unterliegt die Stadt Frechen für den Vertiefungsbereich Bonnstraße/Kölner einem steten strukturellen Wandel. Betriebe verla- Straße eine städtebauliche Rahmenplanung für gern ihre Standorte oder stellen ihre Geschäftstä- das ehemalige Steinzeug-Gelände/Hermann- tigkeit ein, Flächen und Grundstücke werden dispo- Seger-Straße erarbeitet. nibel und erfahren im Rahmen der wirtschaftlich prosperierenden Entwicklung eine neue Nutzung. Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 1
1.2 Herangehensweise Die zunächst rein flächenbezogene Betrachtung Zunächst wird im vorliegenden Fachgutachten kurz wird ergänzt um für die Stadt Frechen relevante auf die Standortfaktoren und die sich daraus erge- Wirtschaftsprofile. benden wirtschaftlichen Profile der Stadt Frechen eingegangen. Anhand ökonomischer Kontextindika- Abschließend wird im Rahmen des Strukturkonzepts toren wird die wirtschaftliche Situation der Stadt belegt, welche Wirtschaftsbereiche in der Stadt Frechen ausgewählten Referenzräumen gegenüber- Frechen (noch) unterrepräsentiert sind und über gestellt. Damit kann eine Positionsbestimmung welche (Flächen-) Strategie die möglichen Potenzia- dargestellt werden. le erschlossen werden können. Handlungsleitlinien, differenziert nach Erhalt/Sicherung, Transformation In einem weiteren Schritt wird der zukünftige Be- und Neuausweisung, sind bezogen auf die Einzelflä- darf an Wirtschaftsflächen der Stadt Frechen an- chen dokumentiert. hand unterschiedlicher Berechnungsmethoden ein- gegrenzt. Die Erstellung des Gewerbe- und Industrieflächen- gutachtens zielt im Ergebnis auf die Frage ab, ob die Darauf aufbauend sind die gewerblich-industriellen vorhandenen Flächenpotenziale für die wirtschaftli- Reserveflächen dokumentiert und einer Bewertung che Entwicklung der Stadt Frechen geeignet sind, unterzogen. Die Reserven werden zusammenfüh- welche Anpassungen erforderlich sind, um die zu rend den errechneten Flächenbedarfen in Form erwartende Nachfrage zu decken und welche neuen einer Bilanzierung gegenübergestellt. Daraus ergibt Profile für die Stadt Frechen erschlossen und wo sie sich ein flächenspezifischer Handlungsbedarf. verortet werden können. 2 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
2 Rahmenbedingungen 2.1 Lagefaktoren der Flughafen Frankfurt in 1,5 Stunden erreichbar. Auf europäischer Ebene liegt die Stadt Frechen im Mit der Bundesautobahn A 61 besteht eine direkte Verflechtungsbereich der Regionen Rhein-Ruhr, Verbindung von den Niederlanden und Belgien zum Aachen-Lüttich-Maastricht, Vlaamse Ruit (Belgien) deutschen Autobahnnetz. sowie der niederländischen Randstad. Diese Ver- dichtungsräume bilden den Kernraum der „Euro- Die Stadt Frechen ist dem Rhein-Erft-Kreis zugeord- Rhein-Region“. Hier bestehen die am stärksten net und befindet sich im Regierungsbezirk Köln. messbaren Güter-, Passagier- und Informations- Frechen grenzt westlich an das Kölner Stadtgebiet ströme Zentraleuropas. Die Bevölkerungsdichte und kann so zum Verdichtungsraum Köln-Bonn beträgt das 3,6-fache des EU-Durchschnitts. Der gezählt werden. Die unmittelbaren Nachbarkom- Flughafen Köln/Bonn ist innerhalb einer halben munen sind Bergheim, Pulheim, Kerpen und Hürth. Stunde, der Flughafen Düsseldorf in einer Stunde, In der landesplanerischen Ordnung wird Frechen als Mittelzentrum eingestuft. Abbildung 1: Europäische Einordnung der Stadt Frechen Quelle: Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen Frechen ist eine Stadt des Rheinischen Braunkoh- gehört die Stadt Frechen mit ihren westlichen lereviers im Rhein-Erft-Kreis und grenzt westlich an Stadtteilen zum Naturpark Rheinland, zu dem auch die Stadt Köln. Nach Auslaufen des Braunkohleab- der nicht vom Abbau betroffene Königsdorfer Wald baus und der Rekultivierung der Tagebauflächen gehört. Die Stadt Frechen besteht aus neun Stadt- Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 3
teilen, in denen insgesamt 52.212 Einwohner zu ner bzw. Kölner Straße als Landesstraße 277 weiter Hause sind (IT.NRW, Stand 31.12.2017). Das Stadt- nördlich um die Innenstadt herumgeführt. Südlich gebiet umfasst insgesamt 45,11 km2, die Bevölke- der Kernstadt wird der überörtliche Verkehr über rungsdichte beziffert sich entsprechend auf 1.157 die Bundesstraße 264 geleitet. Zur Verkehrsentlas- Einwohner pro km2. tung der B 55 im Stadtteil Königsdorf wird derzeit eine neue Anschlussstelle zur A 4 gebaut, die west- Mit den Universitäten und Hochschulen in Köln, lich des Stadtteils Königsdorf über die ebenfalls neu Düsseldorf und Bonn gibt es eine breit aufgestellte zu errichtende L 361 erreichbar sein wird. regionale Hochschullandschaft, die als maßgeblich positiver Standortfaktor zu werten ist. Darüber Die Bahnstrecke Köln-Frechen wird aktuell aus- hinaus liegen die Messestandorte Köln und Düssel- schließlich von Güterzügen befahren. Der ehemali- dorf im direkten Einzugsbereich der Stadt Frechen. ge Personenbahnhof Frechen ist aufgehoben; das Bahnhofsgebäude wird heute als Gaststätte ge- Es ist mehr als evident, dass die genannten Lagefak- nutzt. Der Stadtteil Frechen-Königsdorf verfügt über toren sich auf die Nachfrage nach Gewerbe- und einen eigenen Haltepunkt auf der Schnellfahrstre- Industrieflächen niederschlagen. In allen Maßgaben cke Köln-Aachen. Hier halten die S-Bahn-Linien S 13, zur Flächendisposition wird dringend empfohlen, S 19 und S 12 der S-Bahn Köln und bieten somit eine diese Rahmenbedingungen zu berücksichtigen und Direktverbindung u. a. zum Flughafen Köln-Bonn. Im sich diese wirtschaftlich zunutze zu machen. Hinblick auf die Einbindung in das regionale und überregionale ÖPNV-Netz ergibt sich somit im Ver- 2.2 Infrastruktur in der Stadt Frechen gleich der Stadträume eine bessere Erreichbarkeit des Stadtteils Königsdorf als der Frechener Kern-/ Die Lage im Rhein-Erft-Kreis und die Nähe zu der Innenstadt. Zudem sind weitere regionale und über- Stadt Köln sowie eine attraktive Kernstadt begüns- regionale Anbindungen über den Hauptbahnhof tigen die Standortfaktoren der Stadt Frechen. Köln in nur rund 10 km Entfernung erreichbar (rund 16 Minuten Fahrtzeit mit der S-Bahn vom Bahnhof Frechen verfügt auf seinem Stadtgebiet über sieben Königsdorf, ca. 30 Fahrminuten mit dem Pkw aus Grundschulen und drei weiterführende Schulen der Frechener Innenstadt). sowie eine Volkshochschule. Neben diesen Bil- dungseinrichtungen befinden sich in Frechen zu- Die ehemalige Hauptverkehrsachse, die Kölner sätzlich zwei Schulen zur Förderung der emotiona- Straße, ist in der Innenstadt Fußgängerzone, durch len und sozialen Entwicklung sowie eine Förder- die die Linie 7 der Kölner Verkehrsbetriebe fährt. In schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Ent- Frechen-Bachem endet die Buslinie 145 der Kölner wicklung. Das Bildungsangebot wird durch eine Verkehrsbetriebe, die Frechen mit Köln-Weiden Musikschule und die Stadtbücherei vervollständigt. verbindet. Ansonsten wird der Busverkehr in Fre- Zurzeit erfolgt zudem die Errichtung einer Fach- chen und zu den Nachbarstädten durch acht Linien hochschule am Bahnhof Frechen. der Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft betrieben. Die- se Linien werden durch ein nächtliches und sonn- Über die Autobahn A 1 und das Autobahnkreuz tägliches Anrufsammeltaxisystem ergänzt. Die Köln-West ist Frechen an den überregionalen Ver- Linien bedienen insbesondere die nicht an die kehr angebunden. Eine weitere Teilanschlussstelle Straßenbahn angeschlossenen Stadtgebiete und (AS Frechen Nord) wurde an der Bonnstraße für die sorgen für eine flächendeckende Mobilität der Be- A 4 errichtet, ist jedoch lediglich einseitig, d. h. für völkerung zwischen der Stadt und dem direkten den Verkehr von und nach Aachen nutzbar. Derzeit Umland. läuft das Planfeststellungsverfahren zum Bau des Vollanschlusses sowie zur Verbreiterung der Bonn- straße. Über die A 1 ist eine direkte Anbindung bis in die Eifel oder das nordwestliche Bergische Land gegeben. Die A 4 ermöglicht zudem eine Verknüp- fung mit Aachen sowie den Niederlanden und Bel- gien. Der Erschließungsverkehr wird von der Düre- 4 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
2.3 Wirtschaftsentwicklung Die Tradition der Stadt Frechen als „Töpferstadt“ reicht bis in das 15. Jahrhundert zurück, als die damaligen Töpfermeister den bis heute bekannten „Bartmannkrug“ aus Frechener Steinzeug schufen. Nachdem die Herstellung von Gebrauchskeramik aus Steinzeug im 18. Jahrhundert ihre überregionale Bedeutung verloren hatte, gewann im 19. Jahrhun- dert mit der industriellen Fertigung von Leitungs- rohren ein weiteres Steinzeugprodukt wirtschaftli- che Bedeutung für die Region. 1852 gründete Hein- rich Eduard Sticker die erste Steinzeugröhrenfabrik in der Breite Straße. Noch heute ist die Herstellung von Kanalrohren ein wichtiger Wirtschaftszweig in Frechen, jedoch mit abnehmender Bedeutung. Bereits im 17. Jahrhundert wurde mit dem Abbau von kleineren Feldern Braunkohle begonnen, der bis zum zweiten Weltkrieg fortgeführt wurde. Nach diesem Zeitpunkt wurde der Abbau im großen Zent- raltagebau bis ca. zum Jahr 2003 fortgesetzt. Nach- dem die Auskohlung abgeschlossen war, wurde die Tagebaufläche rekultiviert und einer neuen Nutzung zugeführt. Das Gelände wird nun sowohl landwirt- schaftlich als auch teilweise als Industriegebiet genutzt. Weitere Teilflächen stehen heute als Nah- erholungsgebiet zur Verfügung. Nachdem Frechen bis in die 1980er Jahre von sei- nen Bodenschätzen, wie beispielsweise Braunkohle, Quarzsand und Ton, abhängig war, vollzog sich in den weiteren Jahren ein Strukturwandel. Der heuti- ge wirtschaftliche Schwerpunkt liegt einerseits beim Handel mit einem breit gefächerten Angebot, ande- rerseits in einem Branchenmix von Unternehmen aus der Automobil-, Möbel- und Papierindustrie, aus Logistik, EDV und Medien. Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 5
3 Ökonomische Kontextindikatoren 3.1 Bevölkerungsentwicklung trachtungszeitraums im Jahr 2018 leichte Einwoh- Die Bevölkerungsentwicklung in der Stadt Frechen nergewinne von 1,6 % generieren. Allen drei Räu- verläuft in den letzten ca. zehn Jahren fast durchge- men gemeinsam ist, dass das Wachstum ab dem hend positiv und kann in diesem Zeitraum ein Plus Jahr 2015 abflacht, in der Stadt Frechen jedoch auf von ca. 5,7 % aufweisen. Der Bevölkerungsanstieg einem hohen Niveau, da hier zwischen den Jahren fiel in dem Zeitraum von 2011 bis 2015 besonders 2005 und 2018 ein Bevölkerungszuwachs von 7,2 % deutlich aus, um in den Folgejahren wieder auf verzeichnet werden kann. einem gemäßigteren Niveau zu verlaufen. Seit dem Jahr 2012 hat die Stadt Frechen ein Bevölkerungs- Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung im regiona- wachstum von ca. 3,7 % zu verzeichnen. Es ist anzu- len Vergleich nehmen, dass diese Entwicklung weiterhin anhalten wird. Heute leben zum letzten durch die Landesda- tenbank veröffentlichten Einwohnerstand zum 31.12.2018 insgesamt 52.473 Menschen in der Stadt Frechen. Der Verdichtungsraum Köln-Bonn gilt als wachsende Bevölkerungsregion, und die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt be- günstigt die Wanderung in das naheliegende Um- land. Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung in der Stadt Frechen Die aktuelle Bevölkerungsprognose des Landesamts Information und Technik basiert auf dem Basisjahr 2018. Bei der Prognoserechnung in der Basisvarian- te geht das Landesamt Information und Technik von einer Bevölkerungszahl von über 58.900 Personen im Jahr 2040 aus, was einem Wachstum von 12,8 % zum Ausgangsjahr 2018 entspricht. Abbildung 4: Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2040 für die Stadt Frechen Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen Hinweis: Die Statistik des Landesamts für Information und Technik (IT.NRW) beruht auf einer Fortschreibung der Bevölkerungszählung aus dem Jahr 1987. Mit dem Zensus im Jahre 2011 wurde der Bevölkerungsstand korrigiert. Wird die Bevölkerungsentwicklung in der Stadt Frechen mit den entsprechenden Zahlen für den Rhein-Erft-Kreis und für das Land NRW verglichen, wird deutlich, dass sich die Stadt Frechen deutlich positiver entwickelt hat als die Referenzräume. Die Werte des Landes NRW haben sich bei einem Ver- gleich zum Ausgangsjahr 2005 leicht negativ verän- dert und liegen ca. 0,7 % unter dem Ausgangswert. Der Rhein-Erft-Kreis weist in den Jahren 2011 bis Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen 2014 leichte Einwohnerverluste aus und kann im Zeitraum ab dem Jahr 2005 bis zum Ende des Be- 6 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
3.2 Arbeitsplatzentwicklung Nicht zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftig- In der Stadt Frechen gibt es aktuell 19.457 sozial- ten zählen dagegen Beamtinnen und Beamte, Selb- versicherungspflichtig Beschäftigte. Nach der Defi- ständige und mithelfende Familienmitglieder. nition der Bundesagentur für Arbeit beinhaltet die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten In Frechen sowie im gesamten Rhein-Erft-Kreis alle Arbeitnehmer, die kranken-, renten-, pflegever- zeichnet sich seit Jahren eine positive wirtschaftli- sicherungspflichtig und/oder beitragspflichtig nach che Dynamik ab, wie die nachfolgende Grafik an- dem Recht der Arbeitsförderung sind oder für die hand der Veränderungen der sozialversicherungs- Beitragsanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung pflichtig Beschäftigten für die letzten Jahre zeigt. Im oder nach dem Recht der Arbeitsförderung zu zah- Vergleich zum Ausgangsjahr 2008 konnte in den len sind. Dazu gehören u. a. auch Auszubildende, vergangenen zehn Jahren insgesamt ein Plus von Altersteilzeitbeschäftigte, Praktikanten, Werkstu- 5,9 % bei der Anzahl der sozialversicherungspflichtig denten, behinderte Menschen in anerkannten Beschäftigten erreicht werden. Der vorübergehende Werkstätten oder gleichartigen Einrichtungen und Einbruch der Beschäftigtenzahlen um annähernd Personen, die ein freiwilliges soziales/ökologisches 380 Personen im Jahr 2015 konnte im Folgejahr Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten. wieder ausgeglichen werden. Abbildung 5: Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Stadt Frechen 2008 bis 2018 (Stichtag 30.06.) Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen Die Zahlen der sozialversicherungspflichtig Beschäf- gen, des Verkehrswesens und der Lagerei so- tigten werden im Weiteren nach vier Wirtschaftsbe- wie des Gastgewerbes. reichen betrachtet: Sonstige Dienstleistungen: in dieser Kategorie werden alle Unternehmen subsummiert, die Land- und Forstwirtschaft, Fischerei zu den folgenden Sparten zu rechnen sind: In- Produzierendes Gewerbe: hierzu zählen Un- formation und Kommunikation, Finanz- und ternehmen des Bergbaus und der Gewinnung Versicherungsdienstleister, Grundstücks- und von Steinen und Erden, des Verarbeitenden Wohnungswesen, Freiberufliche, wissenschaft- Gewerbes, der Energie- und Wasserversorgung liche und technische Dienstleister, sonstige sowie der Entsorgung. Ferner wird das Bauge- Unternehmensdienstleister, öffentliche Ver- werbe zu diesem Sektor gerechnet. waltung, Verteidigung und Sozialversicherung, Handel, Gastgewerbe, Verkehr: hierunter Erziehung und Unterricht, Kunst, Unterhaltung fallen alle Unternehmen des Handels, der In- und Erholung, sonstige Dienstleister, private standhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeu- Haushalte mit Hauspersonal und exterritoriale Organisationen und Körperschaften. Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 7
Abbildung 6: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Wirtschaftsbereichen 2008 bis 2018 (Stichtag 30.06.) Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen Bei der Betrachtung der sozialversicherungspflichtig den letzten zehn Jahren rund 4,8 Prozentpunkte Beschäftigten nach Wirtschaftsbereichen ist auffäl- verloren. Die Verluste in diesen beiden Bereichen lig, dass die Beschäftigtenzahlen im Bereich von kommen dem Bereich „Sonstige Dienstleistungen“ Handel, Gastgewerbe und Verkehr, auf den im Jahr zugute, der im Vergleichszeitraum rund 10,9 % 2008 noch über die Hälfte aller Beschäftigten ent- Beschäftigte hinzugewinnen konnte. Der Bereich fielen, heute mit 45,8 % vertreten sind und somit Land- und Forstwirtschaft kommt in der Stadt Fre- einen Rückgang von ca. 6,2 % hinnehmen mussten. chen mit 47 Beschäftigten auf einen Anteil von Auch im Sektor des Produzierenden Gewerbes sind 0,2 % im Jahr 2018, der grafisch nicht darstellbar ist. die Beschäftigungszahlen rückläufig: hier wurden in Abbildung 7: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftsbereichen im regionalen Vergleich 2018 Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen 8 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
Im Vergleich zu den Referenzräumen Rhein-Erft- 3.3 Wirtschaftliche Zentralität Kreis, Regierungsbezirk Köln und Land NRW fällt Allerdings sind es nicht die absoluten Beschäftigten- auf, dass die Stadt Frechen – trotz der deutlichen zahlen, die handlungsorientierte Schlussfolgerun- Rückgänge in den letzten zehn Jahren – anteilmäßig gen erlauben. Erst das Verhältnis der Einwohnerzahl immer noch die meisten sozialversicherungspflich- zu der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäf- tig Beschäftigten in der Kategorie Handel, Gastge- tigten lässt Rückschlüsse auf die eigentliche wirt- werbe, Verkehr hat. Aus diesem Grund ist anzu- schaftliche Prosperität bzw. Wirtschaftszentralität nehmen, dass die Beschäftigtenzahlen auch zukünf- eines Raums zu. tig in diesem Segment weiter rückläufig sein wer- den. Da sich die Beschäftigtenzahlen in dem Bereich Der Stadt Frechen weist mit ca. 329 sozialversiche- „Sonstige Dienstleistungen“ in der Stadt Frechen rungspflichtig Beschäftigten je 1.000 Einwohner in noch auf einem niedrigeren Niveau bewegen als in der zusammengefassten Kategorie „Handel, Gast- den Referenzräumen, sind hier weitere Verschie- gewerbe, Verkehr und Sonstige Dienstleistungen“ bungen zu erwarten. eine vergleichsweise hohe Arbeitsplatzzentralität auf. In diesem Wirtschaftssegment werden selbst die Arbeitsplatzzentralitäten vom Rhein-Erft-Kreis insgesamt, vom Regierungsbezirk Köln und dem Land NRW deutlich übertroffen. Für die Kategorie des Produzierenden Gewerbes dagegen unter- schreitet die Frechener Arbeitsplatzzentralität mit einem Wert von 41 Beschäftigten je 1.000 Einwoh- ner die Werte der Referenzräume deutlich. Abbildung 8: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftsbereichen im regionalen Vergleich 2018 Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 9
Abbildung 9: Pendlersaldo von 2010 bis 2017 in absoluten Zahlen Quelle: IT.NRW, Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen Hinweis: Aufgrund einer Revision der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) sind die Ergebnisse der Pendlerrechnung ab dem Jahr 2013 mit den bisherigen nur bedingt vergleichbar. Diese hohe Arbeitsplatzzentralität schlägt sich bis zum Jahr 2014 auch in durchgehend positiven Pend- lersalden nieder. Da in den Folgejahren die Bevölke- rung der Stadt Frechen durch Wanderungsgewinne stark gewachsen ist, kann vermutet werden, dass sich aufgrund der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt in der Stadt Köln insbesondere junge Familien in der Stadt Frechen den Wunsch nach einem Eigenheim erfüllt haben. Diese zugezo- genen Personen erhöhen die Anzahl der Auspendler entsprechend, da in der Regel der Arbeitsplatz in der „alten“ Heimatstadt beibehalten wird. 10 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
4 Quantitativer Standort- und Flächenbedarf 4.1 Berechnungen zum Gewerbe- und tipliziert. Die im Hinblick auf den bauleitplanerisch Industrieflächenbedarf erforderlichen Umfang von Siedlungsflächen ermit- Verschiedene Methoden werden aktuell eingesetzt, telten Bedarfe können für die regionalplanerische anhand derer die jeweilige Bedarfslage einer Ge- Festlegung von Siedlungsraum um einen Planungs- bietskörperschaft für Gewerbe- und Industrieflä- bzw. Flexibilitätszuschlag von bis zu 20 % erhöht chen für die Zukunft berechnet wird. Allein im Be- werden“ (vgl. Landesentwicklungsplan Nordrhein- reich der GIFPRO Methode (Gewerbe- und Indus- Westfalen, S. 31). Nachdem die hierfür erforderli- trieflächenprognose) ist eine Vielzahl an Versionen chen Daten des Siedlungsflächenmonitorings erst in der Anwendung. Zu nennen sind insbesondere im Jahr 2021 umfassend vorliegen werden, wird zur die sogenannte ILS-Version, das „Regionsmodell“, Ermittlung des zukünftigen gewerblichen Flächen- ein durch die Bezirksregierung Arnsberg weiterent- bedarfs in der Stadt Frechen auf aktuell valide Be- wickeltes Modell, sowie die Berechnungsmethode rechnungsmethoden und Trendfortschreibungen des ISB Aachen („Methode Vallée“). Weitere Modi- zurückgegriffen. Damit soll die künftige Bedarfslage fikationen der GIFPRO-Methode erfolgten durch die in einem realistischen Korridor abgebildet werden. Landesplanung NRW, die Regionalplanungsbehörde Münster sowie das Deutsche Institut für Urbanistik Angewandt werden folgende Methoden: mit einer trendbasierten, standortspezifischen Vari- ante „TBS-GIFPRO“. Die Varianten unterscheiden Der erste Berechnungsansatz stützt sich auf sich durch unterschiedliche räumliche Bezugsgrö- Werte, die auf Grundlage der Industrie- und ßen, unterschiedliche Eingangsgrößen (statisch ver- Gewerbeflächen-Belegung der letzten zehn sus dynamisch), nach Raumtyp oder Wirtschafts- Jahre ermittelt wurden. Die jahresbezogenen gruppen differenzierten Quoten (Neuansiedlungs- Steigerungsraten werden fortgeschrieben quote, Verlagerungsquote) und durch die jeweils (extrapoliert) und bis zum Prognosehorizont verwendeten Flächenkennziffern. aufaddiert. Grundlage ist die Fortschreibung der Katasterflächen der Landesdatenbank. Darüber hinaus gibt es jenseits der GIFPRO-Berech- Berechnung auf Basis der durch die Regional- nungsmethode zur Bedarfsermittlung noch trend- planungsbehörde vorgelegte GIFPRO Methode basierte Fortschreibungen vergangener Entwicklun- anhand der Arbeitsmarktdaten der Landesda- gen, z. B. auf Basis der Realnutzungskartierungen tenbank der jeweiligen Gebietskörperschaft, der Katasterflä- chen des Landesamts Information und Technik 4.2 Fortschreibung der Katasterflächen sowie der Daten aus dem durch die Bezirksregie- Gewerbe und Industrie IT.NRW rungen geführten Siedlungsflächenmonitoring. Die in der Landesdatenbank dokumentierten Katas- terflächen sind rückwärtig bis zum Jahr 1994 ver- Alle genannten Methoden haben ihre jeweilige fügbar. Basis für die Berechnung sind die Flächen- Rechtfertigung und auch Begründung; gleichwohl angaben zu Gebäude- und Freiflächen Gewerbe und zeitigen sie jeweils sehr unterschiedliche Ergebnis- Industrie sowie die Betriebsflächen abzüglich des se. Abbaulandes. In der Zeitreihe ist erkennbar, dass die Flächenzahl für diese Nutzungen in der Stadt Künftig ist vorgesehen, entsprechend der Maßga- Frechen tendenziell abnimmt. Dies liegt daran, dass ben des Landesentwicklungsplans (LEP) zu berech- in einer dichten Stadt wie Frechen mit einem hohen nen. Der LEP führt dazu aus: „Der Bedarf an neuen Maß an Nutzungskonkurrenz häufig Flächen aus der Wirtschaftsflächen ergibt sich aus den Ergebnissen gewerblich-industriellen Perspektive herausgenom- des Siedlungsflächenmonitorings (…). Dazu wird (…) men, d. h. planerisch umgewidmet werden. Damit die durchschnittliche jährliche Inanspruchnahme würden sich negative Bedarfszahlen ergeben, die in der letzten (mindestens zwei) Monitoring-Perioden dieser Form nicht realistisch sind. Methodisch wur- mit der Zahl der Jahre des Planungszeitraums mul- Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 11
den demnach diejenigen jährlichen Flächendiffe- branchenzugeordneten Arbeitslosen – eine empiri- renzen, die im negativen Bereich liegen, nivelliert sche Flächenkennziffer je Verdichtungsraum ermit- und nur die positiven Entwicklungen fortgeschrie- telt. Diese liegt für die Stadt Frechen bei 256 m2. ben. Damit lässt sich annäherungsweise die Flä- chenbelegung durch Gewerbe und Industrie in der Im Ergebnis ergibt sich für die Berechnung ein Flä- Stadt Frechen nachhalten. Im Ergebnis ergibt sich chenbedarf bis zum Jahr 2035 von 77 ha, einschließ- auf dieser Grundlage ein Flächenbedarf bis zum Jahr lich des Planungszuschlags von 20 %. 2035 von 21 ha; zuzüglich der Erschließung mit 30 % Im Jahr 2014 hatte die Bezirksregierung Köln eine und eines Planungszuschlags von 20 % ergibt sich Flächenbedarfsberechnung für die Stadt Frechen ein Gesamtbedarf von 33 ha. bereits vorgenommen. Hochgerechnet auf das Jahr Abbildung 10: Flächenbedarfe 2040 ergibt sich aus dieser Berechnung ein Bedarf von 56 ha. Fortschreibung der Flächenentwicklung 21 ha Die bloße Bedarfszahl ist allerdings nur bedingt der Vergangenheit bis 2040 aussagekräftig für die konkrete Flächenplanung in der Stadt Frechen. Insoweit sollte eine Bedarfsab- Zzgl. Erschließung 30 % 6 ha schätzung zumindest differenziert nach Gewerbe und Industrie vorgenommen werden. Hintergrund Summe 27 ha ist, dass in der Regel Industriebetriebe einen deut- lich höheren Flächenbedarf von Einzelflächen haben Zzgl. Planungszuschlag 20 % 5 ha als Gewerbebetriebe. Auch ist aufgrund des Emissi- onsverhaltens ein bestimmtes Flächenprofil erfor- Gesamtsumme Bedarf bis derlich. Sollte sich im Ergebnis herausstellen, dass in 33 ha 2040 der Summe der Flächen zwar ausreichend Potenzial zur Verfügung steht, dieses Potenzial sich aber aus- schließlich auf gewerblich orientierte Klein- und 4.3 GIFPRO Berechnung nach der Methode der Kleinstflächen aufaddiert und auf der anderen Seite Bezirksregierung Köln vorwiegend großflächige Nachfrager auf dem Aufbauend auf der Zahl der sozialversicherungs- Grundstücksmarkt auftreten, wird erkennbar sein, pflichtig Beschäftigten wird der zukünftige Wirt- dass die vorhandenen Potenziale nicht den Nach- schaftsflächenbedarf ermittelt. Hierbei gehen die fragestrukturen entsprechen – auch wenn die nu- Beschäftigtenzahlen im verarbeitenden Gewerbe merische Flächengröße im Einklang mit dem Bedarf und Baugewerbe zu 100 %, im Handel zu 50 %, in stehen sollte. den Bereichen Verkehr und Nachrichten zu 40 % Konkrete Daten zu Beschäftigten, differenziert nach und in den übrigen Dienstleistungen zu 10 % ein. Gewerbe- und Industriearbeitsplätzen, liegen in Auf empirische Untersuchungen und Analysen ge- Frechen nicht vor. Auch eine Auswertung der in der stützt werden in dem Modell zusätzlich Quoten Stadt Frechen gemäß Bauleitplanung festgesetzten angesetzt, die abbilden, welcher Anteil der Gewer- bzw. dargestellten Baugebietskategorien GE und GI beflächen pro gewerbeflächenbeanspruchendem ist wenig hilfreich, da vielfach Betriebe, die als In- Beschäftigten hiervon für einen Verlagerungsbedarf dustriebetriebe zu werten sind, innerhalb von Ge- bzw. für einen Neuansiedlungsbedarf benötigt wird. werbegebieten liegen und umgekehrt. Es wird von einem durchschnittlichen Neuansied- lungsbedarf von 0,3 % und einem Verlagerungsbe- Insoweit wird die differenzierte Bedarfsermittlung darf von 0,7 % pro Jahr ausgegangen. Die Reaktivie- für Gewerbe- und Industrieflächen hilfsweise abge- rung der durch Verlagerung freigesetzten Flächen schätzt über die Anzahl der Beschäftigten. Dabei wird mit 0,25 % vom Verlagerungsbedarf abgezo- werden die nach Wirtschaftszweigen typischer- gen. Für den Regierungsbezirk Köln wurde darüber weise der jeweiligen Betriebsart (GE oder GI) zuzu- hinaus – basierend auf der faktischen Inanspruch- ordnenden Beschäftigten ermittelt und mit den für nahme von Siedlungsflächen sowie der Zahl aller Frechen relevanten Flächenzahlen je sozialversiche- Erwerbstätigen im Regierungsbezirk inklusive der rungspflichtig Beschäftigten multipliziert. 12 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
Zur Ermittlung des Flächenbedarfs, differenziert Der Wirtschaftszweig Verkehr ist durch die Ansied- nach Gewerbe und Industrie, anhand der Beschäf- lung einer Vielzahl von Logistikbetrieben vorwie- tigtenzahlen wird folgender Schlüssel vorausge- gend der industriellen Nutzung zugeordnet. Moder- setzt: ne Logistikbetriebe sind aufgrund ihrer Flächengrö- ße, ihres Emissionsverhaltens und ihres Dreischicht- Anteil Industrie- Anteil Gewerbe- Betriebs im Grundsatz in Industriegebieten unter- arbeitsplätze arbeitsplätze zubringen. Die Nachrichtenübermittlung spielt im Verarbeitendes 50 % 50 % Gewerbe Hinblick auf den Flächenbedarf eine untergeordne- te Rolle. Im Dienstleistungssektor sind 5 % der Ar- Baugewerbe 10 % 90 % beitsplätze dem industriellen Profil zugeordnet. Handel 0% 100 % Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass in Industrie- Verkehr/ 60 % 40 % gebieten ein geringer Anteil unternehmensbezoge- Nachrichten ner Dienstleistungen liegt. Übrige Dienst- 5% 95 % leistungen Unter der Annahme der dargestellten Schlüssel ist davon auszugehen, dass aktuell ca. 64 % der Be- Aufgrund der hohen Bedeutung der industriellen schäftigten eher gewerblichen Nutzungen zugeord- Nutzung in Frechen ist für das verarbeitende Ge- net werden können und ca. 36 % den industriellen. werbe ein ausgeglichener Ansatz gewählt. Das Bau- Unter der Annahme einer äquivalenten Flächen- gewerbe ist wie der Handel, die Instandhaltung und kennziffer ergibt sich damit Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern in der ein Gewerbeflächenbedarf von ca. 36 bis 49 ha Regel in Gewerbegebieten ansässig. Ein entspre- und chender Schwerpunkt wird in dieser Richtung ge- ein Industrieflächenbedarf von ca. 20 bis setzt. 28 ha. Zusammenführend ergibt sich der folgende Flä- chenbedarf: GIFPRO-Berechnung mit Planungszuschlag GIRPRO-Berechnung Hochrechnung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen 23 Jahre Bezirksregierung Köln bis 2040 Insgesamt inkl. 2015 – 2035 Anteil GE Anteil GI 20 % Planungszuschlag 45 ha 56 ha 56 – 77 ha 36 – 49 ha 20 – 28 ha 4.4 Aktuelle Bedarfsberechnung der in der Mischnutzung verankert. Dieser ist allerdings Bezirksregierung Köln nicht näher quantifiziert. Der gewerbliche Anteil Im Januar 2019 hat die Bezirksregierung Köln eine dürfte, vorsichtig geschätzt, zwischen 5 ha und aktuelle Bedarfsberechnung auf Grundlage jüngster 10 ha liegen. Damit würde die aktuelle Bedarfslage statistischer Daten für den endogenen Bedarf der für Gewerbe (einschließlich des Mischgebietsan- Stadt Frechen vorgelegt. Im Ergebnis definiert die teils) zwischen 56 und 61 ha nach aktueller Berech- Bezirksregierung einen Bedarf von 51 ha für Gewer- nung der Bezirksregierung Köln liegen. Gemäß Lan- be- und Industrieflächen. Darüber hinaus ist unter desentwicklungsplan kann situationsabhängig noch der Rubrik Wohnen/Mischnutzung mit der Bedarfs- ein Planungszuschlag von 20 % addiert werden. Im zahl 122 ha ebenfalls hälftig ein gewerblicher Anteil Ergebnis kann insoweit auf Basis der aktuellen Be- Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 13
rechnung der Bezirksregierung Köln von regional- 4.6 Zwischenfazit planerisch darstellbaren Werten zwischen 67 und Im Grundsatz ist darauf hinzuweisen, dass die Be- 73 ha ausgegangen werden. rechnungsmethoden zur Ermittlung des Bedarfs an Gewerbe- und Industrieflächen mit Unsicherheiten 4.5 Tatsächliche Anfragen behaftet sind. Die Gründe liegen in standardisierten Ein weiteres wichtiges Indiz zur tatsächlichen Be- Variablen, wie z. B. Flächenkennziffern, Reaktivie- darfslage sind die konkreten Anfragen nach Grund- rungs-, Verlagerungs- und Neuansiedlungsquoten, die nur annäherungsweise die tatsächlichen Ver- stücken durch gewerblich-industrielle Unterneh- men. Zum Stand November 2018 ist bei der Wirt- hältnisse widerspiegeln können. Aber auch außer- schaftsförderung der Stadt Frechen eine Flächen- ordentliche Ereignisse, wie z. B. der Wegzug oder die Ansiedlung eines oder mehrerer Großunter- größe angefragt zwischen 18,6 ha (Summe der Min- destflächenanfragen) und 21,9 ha (Summe der Ma- nehmen, können nicht prognostiziert und in die ximalflächenanfragen). Insgesamt verteilt sich diese Berechnung eingebunden werden. Flächenzahl auf 50 Anfragen. Der Schwerpunkt der Nachfrage liegt zwischen 1.000 m2 und 5.000 m2, Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass die die Bandbreite reicht dabei von 500 m2 (IT-Firma) Bedarfsberechnungen immer auf Basis vergangener Entwicklungen erfolgen und diese (in jeweils sehr bis 6 ha (Logistik). Von den ca. 20 ha aktuell nachge- fragter Fläche entfallen alleine 2 ha auf Unterneh- unterschiedlicher Methodik) fortschreiben. Aktive men, die im Bereich Digitaltechnik sowie Forschung Stadtentwicklungsstrategien, Profilierungen für bestimmte (z. B. flächenintensive) Nutzungen oder und Entwicklung agieren und entsprechend syner- getischer Strategien innerhalb eines Technologie- nicht realisierte Nachholbedarfe werden mit den parks ihren optimalen Standort finden würden. Berechnungen nicht abgebildet. Insoweit kann jede Berechnung nur eine Momentaufnahme abbilden, Werden die im Zeitraum Januar 2017 bis November die einen Hinweis auf künftige Flächendispositionen 2018 abgelehnten Anfragen betrachtet, ergibt sich, gibt. Eine Überprüfung sollte in regelmäßigen Ab- ständen erfolgen. dass insgesamt 60 Anfragen abgelehnt wurden. Die gesamte nachgefragte Fläche liegt zwischen 138 ha (Summe der Mindestflächenanfragen) und 185 ha Gleichwohl ist davon auszugehen, dass mit dem Querschnitt unterschiedlicher Methoden ein Annä- (Summe der Maximalflächenanfragen). Zu definie- ren ist in diesem Kontext noch die „Ernsthaftigkeit“ herungswert an die tatsächlichen Bedarfszahlen, der Nachfrage, denn vielfach gibt es von Vorhaben- differenziert nach GE und GI, belegt ist. trägern regional weitgreifende „Streuanfragen“. Statistisch lassen sich die Streuanfragen zwar nicht Zusammenfassend kann von einem Bedarf von ca. isolieren; gleichwohl ist ein wichtiges Indiz für den 70 ha ausgegangen werden. Diese Zahl ist durch die tatsächlichen Anfragen ebenfalls belegt. Bedarf nach dem konkreten Standort Frechen, wenn die Anfrage nicht über die Wirtschaftsförde- rung des Kreises (WfG), sondern direkt in Frechen gestellt wurde. Von der genannten Hektarzahl ist ca. die Hälfte in Frechen direkt angefragt worden. 14 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
5 Flächenreserven 5.1 Vorbemerkung Potenzialflächen Regionalplan Flächenreserven sind alle Flächen, die im Flächen- Fläche Größe (ha) Eignung zur Entwicklung (ha) nutzungsplan als gewerbliche Baufläche (G) oder als RP-Fläche 01 25 21 Gewerbe- oder Industriegebiet (GE/GI) dargestellt RP-Fläche 02 3 3 und nicht genutzt sind. Flächen, die im Regionalplan RP-Fläche 03 2 2 dargestellt, aber (noch) nicht in den Flächennut- zungsplan übernommen wurden, sind demnach keine Flächenreserven in diesem Sinne. Gleichwohl 5.3 Flächenreserven auf FNP-Ebene können sie im Rahmen einer landesplanerischen Auf Ebene des Flächennutzungsplans gibt es eine Anfrage nach § 34 Landesplanungsgesetz in den Reihe von Flächen, die planerisch als gewerbliche Flächennutzungsplan übernommen werden, soweit Bauflächen dargestellt sind. der entsprechende Bedarfsnachweis erbracht wer- den kann. Insoweit sind sie zwar nicht als eigentli- Dabei ist zu unterscheiden zwischen Flächen, die che Flächenreserven, gleichwohl jedoch als Potenzi- tatsächlich eine konkrete Nutzungsperspektive für alflächen zu werten. die gewerblich-industrielle Entwicklung haben, und Flächen, die zwar im Flächennutzungsplan noch 5.2 Regionalplanerische Potenzialflächen dargestellt, aber zwischenzeitlich anderweitig be- Im Regionalplan sind allgemeine Siedlungsbereiche legt sind. Letztere sind nicht mehr als Flächenreser- (ASB) sowie Bereiche für gewerbliche und industri- ve zu werten und aus der regionalplanerischen elle Nutzungen (GIB) zeichnerisch in grauer Farbe Bilanzierung zwischen Bedarf und Reserve heraus- dargestellt. zurechnen. In der Konsequenz sollten diese Flächen im Übrigen auch über ein formales Änderungsver- Abbildung 11: Regionalplanausschnitt Frechen fahren aus der Flächennutzungsplandarstellung herausgenommen werden. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an betriebsge- bundenen Flächen, die zwar der Bedarfsdeckung dienen, gleichwohl aber für bestimmte Betriebe reserviert sind und demnach durch die Stadt Fre- chen nicht an Nachfrager vermittelt werden kön- nen. Vor diesem Hintergrund rechnet die Regional- planungsbehörde betriebsgebundene Flächen ledig- Quelle: Bezirksregierung Köln lich zur Hälfte der Bedarfsdeckung an, d. h. nur die halbe Flächenzahl der betriebsgebundenen Flächen Werden die im FNP dargestellten Gewerbe- und findet Eingang in die regionalplanerische Bilanzie- Industrieflächen mit den regionalplanerischen Dar- rung. stellungen verschnitten, verbleiben im Ergebnis drei Potenzialflächen. Diese weisen eine Gesamtflächen- Insgesamt sind im Flächennutzungsplan der Stadt zahl von ca. 30 ha auf, die noch nicht durch den Frechen acht Flächen mit einer gesamten Flächen- Flächennutzungsplan erfasst sind und die demnach zahl von ca. 19 ha dargestellt. theoretisch in die Entwicklung gehen können. Keine der dargestellten Potenzialflächen ist insgesamt ungeeignet. Alle drei Flächen sind grundsätzlich für eine Entwicklung geeignet. Abzüglich ungeeigneter Teilflächen ergibt sich so ein Flächenpotenzial von 26 ha. Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 15
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Abbildung 12: Reserveflächen Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 17
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Anhand der nachfolgenden tabellarischen Aufstel- lung ist erkennbar, dass von den ca. 19 ha im Flä- chennutzungsplan dargestellten noch „freien“ ge- werblichen Bauflächen ca. 11 ha zu bilanzieren sind. Flächenreserve gemäß Flächennutzungsplan der Stadt Frechen Flächengröße (ha) regionalplanerisch anrechenbar (ha) FNP-Reserve 01 Frechen 1,34 1,34 FNP-Reserve 02 Frechen 0,63 0,63 FNP-Reserve 03 Frechen 0,87 0,87 FNP-Reserve 04 Frechen, betriebsgebundene Reservefläche 5,23 2,62 FNP-Reserve 05 Habbelrath, betriebsgebundene Reservefläche 4,21 2,12 FNP-Reserve 06 Habbelrath, betriebsgebundene Reservefläche 6,08 3,04 FNP-Reserve 07 Habbelrath, betriebsgebundene Reservefläche 0,42 0,21 FNP-Reserve 08 Habbelrath, betriebsgebundene Reservefläche 0,51 0,26 Summe 19,29 11,09 Im Ergebnis ergeben sich auf Basis der regionalpla- Damit wird deutlich, dass die regionalplanerischen nerischen Darstellung ein Flächenpotenzial von ca. Flächenpotenziale in die planerische Perspektive 26 ha und auf Basis der Darstellungen im Flächen- gebracht werden müssen, allein um die endogene nutzungsplan Reserveflächen von ca. 11 ha. Nachfrage, d. h. die Gewerbe- und Industrieflä- chenbedarfe, aus Frechen selbst heraus bedienen 5.4 Bilanzierung Bedarf und Flächenreserven zu können. Darüber hinaus müssen weitere Flächen im Umfang von 18 bis 40 ha identifiziert werden, In der Zusammenführung der Daten stehen der um den Bedarf bis 2040 zu decken. Bedarfslage von 55 bis 77 ha demnach ca. 11 ha an Flächenreserven im Flächennutzungsplan zuzüglich weiterer für eine Entwicklung geeigneter 26 ha Flächenpotenziale aus der regionalplanerischen Darstellung gegenüber. Zusammenfassend ergibt sich das folgende Bild: Gewerbe- und Industrieflächen Flächennutzungsplanreserven 11 ha Bedarf 55 bis 77 ha Delta -44 bis -66 ha Einbeziehung Potenziale Regionalplan 26 ha Delta -18 bis -40 ha Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 19
6 Gewerbeflächenprofile 6.1 Vorbemerkung Maß an Offenheit sollte möglich sein. Versuche in der Vergangenheit, Gewerbeflächen sehr genau zu Ein sehr maßgebliches Defizit der aufgeführten profilieren (z. B. nur für Medienbetriebe oder für Bedarfsberechnungen (und in der darauf aufbauen- auch für Betriebe, die gewisse Umweltstandards den Gegenüberstellung von Bedarf und Flächenpo- erfüllen) haben häufig dazu geführt, dass die Flä- tenzial) liegt in der undifferenzierten und pauscha- chen nicht ausreichend nachgefragt wurden und als len Betrachtung. Fläche wird gleich Fläche gesetzt, erschlossene Flächen ungenutzt blieben. Aus der ohne zu berücksichtigen, dass Gewerbeflächen je Not heraus – denn die Erschließungskosten müssen nach Standort, Lage und Ausstattung des Gewerbe- refinanziert werden – wurden dann häufig die Vor- gebiets für sehr unterschiedliche Zielgruppen ge- gaben geöffnet und der hohe Anspruch vollständig eignet und interessant sind. Zum Beispiel nutzt es aufgegeben. einer Kommune oder Region wenig, wenn das Ge- samtmengengerüst an Flächen rein rechnerisch Gleichwohl ist es evident, dass Gewerbefläche nicht ausreichend ist, diese Flächen aber nicht nachfra- gleich Gewerbefläche ist und ein Minimum an Profil georientiert das richtige Profil oder die richtigen vordefiniert sein muss. Grundstücksgrößen aufweisen. Zur Einstufung wird für Frechen zwischen drei Nicht allein das Flächenangebot, sondern auch grundsätzlichen Kategorien unterschieden. Diese weitere Kriterien wie das bauliche Umfeld, die Prä- Kategorien nehmen die qualitativen Standortpoten- gung durch andere Betriebe oder die Qualität des ziale hinsichtlich möglicher Nachfragergruppen in öffentlichen Raums spielen eine maßgebliche Rolle den Blick: für die Nachfrage. Über die rein quantitative Heran- gehensweise hinausgehend sollten die jeweils er- Kategorie A forderlichen Qualitäten und Typisierungen der Ge- Standorte für wissensbasierte und technolo- werbestandorte in Form von Aussagen zur künfti- gieorientierte Unternehmen ggf. mit einem gen Gewerbestruktur ermittelt und in ihrer jeweili- Anteil an Forschung und Entwicklung, speziali- gen Größenordnung benannt werden. sierte Kleinproduktion und Dienstleistung Kategorie B Die rein quantitative und „klassische“ Ermittlung Standorte für mittlere und kleinere Gewerbe- des Gewerbeflächenbedarfs ist demnach aufgrund betriebe und Handwerk, ggf. mit einem Anteil der zunehmend diversifizierten Nachfrage nach an (unternehmensbezogener) Dienstleistung spezifischen Standortkriterien für eine langfristige Kategorie C Entwicklungsstrategie nicht ausreichend. Standorte für die gewerblich-industrielle Nut- Die Typisierung/Profilierung sollte darauf abzielen, zung in Verarbeitung und Produktion sowie in Gewerbestandorten - soweit möglich und sinn- Logistik und Konfektionierung voll - ein eindeutiges Bild zu verleihen bzw. hinsicht- lich der Ansiedlung von Unternehmen ähnlichen Wichtige Voraussetzungen für diese Flächenprofilie- Typs eine Schwerpunktsetzung vorzunehmen. Dies rung ist der Konsens zwischen Akteuren sowie die soll im Idealfall dazu führen, jeweils Gewerbeunter- Bereitschaft der Akteure vor Ort, auch in Zeiten nehmen mit ähnlichen Betriebseigenschaften oder geringer Nachfrage an dem Gesamtkonzept festzu- vergleichbarer (städtebaulicher) Ausstrahlung an halten und dies bei den Grundstückszuschnitten einem Standort bzw. Standortbereich zu konzent- und der Auswahl der Unternehmen zugrunde zu rieren. legen. Dies kann allerdings nur möglich sein, wenn sichergestellt ist, dass für alle drei Kategorien aus- Diese Form der Typisierung sollte allerdings auch reichend Fläche im Stadtgebiet zur Disposition ihre Grenzen haben. Es ist in der Regel wenig ziel- steht. führend, die Vergabe von Gewerbeflächen an be- stimmte Betriebstypen zu koppeln – ein gewisses 20 Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
6.2 Kategorie A: Standort für technologie- und derung durch vernetzte Freiraumstrukturen wissensbasierte Unternehmen sowie und ein einfaches Erschließungssystem Dienstleistung Repräsentativer Standort, d. h. attraktiver Dienstleistungsbetriebe im Sinne des Fachgutach- Straßenraum (z. B. mit einheitlicher Bauflucht) tens sind vorwiegend institutionelle Dienstleister in für ein zusammenhängendes städtebauliches der Finanz- und Versicherungsbranche, wissen- Bild mit einem hohen gestalterischen An- schaftlich-technische Dienstleistungen, Forschung spruch im Sinne einer Adressbildung und Entwicklung, unternehmensbezogene Dienst- Ökologische Qualitäten leistungen sowie private und öffentliche Verwal- Räumliche Nähe zum gewachsenen Ort bzw. tung. Publikumsbezogene Dienstleister, wie z. B. integriert in das Stadtgefüge freie Berufe (Ärzte, Architekten, Steuerberater …), Grundstücksgrößen ab 500 m2 sind im vorliegenden Gutachten nicht Gegenstand Bauleitplanerische Gebietskategorie: Mischge- der Betrachtung. biet/Gewerbegebiet (MI/GE) Übereinstimmendes Merkmal der Flächen für diese In Frechen ist die Kategorie A nur wenig an gebün- Nutzungen ist ein hohes Maß an Bau- und Städte- delten Standorten repräsentiert. Allerdings wurde bauqualität. Der Erfolg dieser Projekte wird sicher- in der REload-Studie der Wirtschaftsförderung des gestellt durch eine eindeutige Ausrichtung der Flä- Rhein-Erft-Kreises sowie in der aktuellen Studie chenentwicklung auf diejenigen Zielgruppen, die „Frechen, digital und kreativ“ eindeutig postuliert, genau die durch die Fachhochschule ausgelösten dass hier ein eminentes Entwicklungspotenzial be- Standortfaktoren nachfragen und sie aktiv nutzen. steht. Naheliegende oder benachbarte Mischgebiete sind 6.3 Kategorie B: Standort für Handwerk, kleine nicht als Restriktion zu werten. Vielmehr führt die- und mittlere Gewerbebetriebe sowie ses Nebeneinander zur Funktionsmischung und unternehmensbezogene Dienstleistungen Lebendigkeit des Standorts. Unter Gewerbe wird im vorliegenden Fachbeitrag zunächst das „klassische“ Gewerbe im produzieren- Zusätzlich zur Funktionsmischung ist die Freiraum- den, verarbeitenden Sektor, im Handwerk sowie im gestaltung ein wichtiges Instrument zur Attraktivi- Baugewerbe verstanden. Dazu zählen im Grundsatz tätssteigerung des Standorts und Ausgangspunkt alle Nutzungen, die auf die Unterbringung in Ge- für die Entwicklung der Gewerbequalitäten. werbegebieten angewiesen sind, also aufgrund ihrer Verkehrserzeugung, ihres Flächenbedarfs oder Kriterien ihres Emissionsverhaltens in Gewerbegebieten nach Technologie- und wissensbasierte Tätigkeiten, den §§ 8 BauNVO zulässig sind. Dies kann neben Dienstleistung, ggf. hochspezialisierte Produk- dem produzierenden und verarbeitenden Gewerbe tion technologischer (Klein-) Bauteile auch Nutzungen wie kleinere Logistik, Fuhrunter- Standorteignung aufgrund der örtlichen Gege- nehmen, Verleih von Baumaschinen, größere Cate- benheiten, insbesondere die direkte Nachbar- ringfirmen, (Gebäude-)Reinigungsdienste etc. bein- schaft zu Hochschul- bzw. Forschungs- und halten. Entwicklungseinrichtungen, bzw. an einer schienengebundenen Verbindung zu diesen Jede Kommune muss in der Lage sein, dem einfa- Institutionen, d. h. ausreichendes Potenzial an chen gewerblichen Mittelstand, in der Regel inha- qualifizierten Arbeitskräften bergeführte Betriebe, mit einer gewerblichen bis Bündelung von Kompetenzen und Innovatio- handwerklichen Ausrichtung Flächen in ausreichen- nen zur Förderung des Wissens- und Techno- dem Maß vorhalten zu können. Die städtebauliche logietransfers, der gleichzeitig der Ausbildung Qualität folgt hier weniger gestalterisch hohen eines individuellen Standortprofils dient Ansprüchen, sondern vielmehr einer guten Funktio- Hochwertiges städtebauliches Konzept mit nalität. attraktiv gestaltetem öffentlichen Raum, Glie- Stadt Frechen – Gewerbeflächenkonzept 21
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