KIELER KONJUNKTUR-BERICHTE - Weltwirtschaft im Frühjahr 2021

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KIELER KONJUNKTUR-BERICHTE - Weltwirtschaft im Frühjahr 2021
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

KIELER
KONJUNKTUR-
BERICHTE

Weltwirtschaft
im Frühjahr 2021

Abgeschlossen am 18. März 2021
                                   © Angela Husfeld/ IfW Kiel

                                                                   Nr. 75 (2021|Q1)
Klaus-Jürgen Gern, Philipp Hauber,
Stefan Kooths und Ulrich Stolzenburg

                                                                      Forschungszentrum
                                                                Konjunktur und Wachstum
                                                                                   1
KIELER KONJUNKTUR-BERICHTE - Weltwirtschaft im Frühjahr 2021
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      INHALTSVERZEICHNIS

      Weltwirtschaft in der Erholung

      Überblick ............................................................................................................................... 3

            Ausblick: Kräftiger Produktionsanstieg als Folge zunehmender Normalisierung der
            wirtschaftlichen Aktivität................................................................................................ 14
      Die Prognose im Einzelnen.................................................................................................. 16

            Kräftige Expansion in den USA..................................................................................... 16
            China: Expansion wieder auf Vorkrisenpfad ................................................................. 19
            Europäische Union: Erneute Verschärfung der Pandemie unterbricht die Erholung ...... 21
            Auch Japan kämpft mit der zweiten Welle .................................................................... 24
            Impffortschritte begünstigen die Erholung im Vereinigten Königreich............................ 26
            Fortgesetzte Konjunkturerholung in den Schwellenländern .......................................... 27
      Literatur ............................................................................................................................... 34

                                                                                                                                                     2
KIELER KONJUNKTUR-BERICHTE - Weltwirtschaft im Frühjahr 2021
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      WELTWIRTSCHAFT IN DER ERHOLUNG

      Klaus-Jürgen Gern, Philipp Hauber, Stefan Kooths und Ulrich Stolzenburg

      Die Weltwirtschaft erholte sich nach dem kräfti-           Überblick
      gen Anstieg der Produktion im Sommer auch im
      Winterhalbjahr weiter, obwohl die Zahl der Neu-
      infektionen mit dem Coronavirus stark zunahm               Die Erholung der Weltproduktion hat sich
      und die Eindämmungsmaßnahmen in vielen                     trotz eines Wiederanstiegs der Infektions-
      Ländern erneut verschärft wurden. Industrie-               zahlen fortgesetzt. Die weltwirtschaftliche Ak-
      produktion und Welthandel haben sich bereits               tivität erhöhte sich nach dem kräftigen Anstieg
      fast vollständig erholt und scheinen von der               im Sommer im vierten Quartal 2020 weiter, ob-
      zweiten Welle der Pandemie kaum beeinträch-                wohl die Zahl der Neuinfektionen ebenso wie
      tigt zu werden. Die europäische Wirtschaft
                                                                 die der mit Covid-19 in Verbindung gebrachten
      rutschte zwar erneut in die Rezession. Der
                                                                 Toten weltweit stark zunahm und die Eindäm-
      Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produk-
      tion dürfte aber nicht dramatisch sein und von             mungsmaßnahmen in vielen Ländern erneut
      einer kräftigen Erholung im Sommerhalbjahr                 verschärft wurden. Mit einer Rate von rund 2
      abgelöst werden, sofern die Fortschritte bei der           Prozent legte die Weltproduktion im Vorquar-
      Impfkampagne wie erwartet eine durchgrei-                  talsvergleich sogar nochmals recht kräftig zu
      fende Lockerung der Restriktionen ab dem                   und überstieg damit das Vorkrisenniveau wie-
      Frühjahr zulassen. Damit wird sich weltweit der            der leicht (Abbildung 1). Für das Jahr 2020 ins-
      Aufschwung im Verlauf dieses Jahres zuneh-                 gesamt ergibt sich ein Rückgang um 3,3 Pro-
      mend auf bislang noch stark belastete Wirt-                zent. Dies ist zwar der stärkste Einbruch der
      schaftsbereiche wie den Tourismus und das                  Weltwirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg,
      Veranstaltungswesen sowie Regionen ausdeh-                 aber doch deutlich weniger, als zur Jahresmitte
      nen, deren Wirtschaft in besonderem Maß auf
                                                                 oder noch im Herbst erwartet worden war. Trotz
      diese Aktivitäten ausgerichtet ist. Auf der Basis
      von Kaufkraftparitäten dürfte die Weltproduk-              der zweiten Welle der Pandemie dürfte die welt-
      tion im Jahr 2021 um 6,7 Prozent und im Jahr               wirtschaftliche Aktivität auch im ersten Quartal
      2022 um 4,7 Prozent steigen und damit den                  2021 aufwärts gerichtet bleiben. Auch wenn der
      Vorkrisenpfad am Ende des Prognosezeit-                    auf der Basis von Stimmungsindikatoren aus
      raums nur noch leicht unterschreiten. Wir ha-
      ben unsere Prognose vom Dezember für dieses
                                                                 Abbildung 1:
      und das nächste Jahr um jeweils 0,6 Prozent
                                                                 Weltwirtschaftliche Aktivität
      angehoben, hierzu hat nicht zuletzt eine deutli-
      che Verbesserung der Aussichten für die Verei-                      Prozent                                                                                    Index
                                                                   9,0                                                                                                             3,0
      nigten Staaten beigetragen. Der internationale
      Warenhandel dürfte im Durchschnitt dieses                    7,0
                                                                                                                                                                                   2,0
      Jahres um 7,5 Prozent und im kommenden Jahr                  5,0
                                                                                                                                  Bruttoinlandsprodukt
      um 3,7 Prozent zulegen. Trotz des im vergan-
                                                                   3,0                                                                                                             1,0
      genen Jahr verzeichneten Rückgangs um 5,4
      Prozent wird er damit im kommenden Jahr so-                  1,0
                                                                                                                                                                                   0,0
      gar höher ausfallen als vor der Krise erwartet.              -1,0

                                                                   -3,0                                                                                                            -1,0

                                                                   -5,0                    IfW-Indikator (rechte Skala)
                                                                                                                                                                                   -2,0
                                                                   -7,0

                                                                   -9,0                                                                                                            -3,0
                                                                          2007
                                                                                 2008
                                                                                        2009
                                                                                               2010
                                                                                                      2011
                                                                                                             2012
                                                                                                                    2013
                                                                                                                           2014
                                                                                                                                  2015
                                                                                                                                         2016
                                                                                                                                                2017
                                                                                                                                                       2018
                                                                                                                                                              2019
                                                                                                                                                                     2020
                                                                                                                                                                            2021

      Kasten 1: Rohstoffpreise (S.8)
                                                                  Quartalsdaten; saisonbereinigt; Indikator berechnet auf Basis
      Kasten 2: Zu den fiskalischen Auswirkungen der Corona-      von Stimmungsindikatoren aus 42 Ländern; Bruttoinlands-
      Krise (S.12)                                                produkt: preisbereinigt,    Veränderung     gegenüber    dem
                                                                  Vorquartal, 46 Länder, gewichtet nach Kaufkraftparität.
      Kasten 3: Afrika: Ein Einstieg in die Konjunkturbeobach-
      tung (S. 31)                                                Quelle: OECD, Main Economic Indicators; nationale Quellen;
                                                                  Berechnungen des IfW Kiel.

                                                                                                                                                                                          3
KIELER KONJUNKTUR-BERICHTE - Weltwirtschaft im Frühjahr 2021
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      42 Ländern berechnete IfW-Indikator für die          auch im Dezember noch um 85 Prozent unter
      weltwirtschaftliche Aktivität im ersten Quartal      seinem Vorkrisenniveau, ebenso wie die An-
      leicht nachgab, so deutet sein Niveau immer          künfte im internationalen Tourismus (ICAO
      noch auf eine deutliche Expansion der Weltpro-       2021).
      duktion.
      Industrieproduktion und Welthandel haben             Abbildung 2:
      sich insgesamt bereits fast vollständig er-          Welthandel
      holt. Die Warenproduktion hat sich seit Mitte                 2012=100
                                                             140
      vergangenen Jahres ihrem Vorkrisenwert rasch                          Welthandel insgesamt
      angenähert, während die Aktivität in Teilen des                       Industrieländer
                                                                            Entwicklungs-und Schwellenländer
      Dienstleistungssektors in den meisten Ländern
      infolge von Eindämmungsmaßnahmen der Be-               120

      hörden und Verhaltensänderungen der Konsu-
      menten zur Vermeidung von Infektionen noch
      erheblich gedrückt ist. Die globale Industriepro-      100
      duktion war im Dezember 2020 um 1,3 Prozent
      höher als im Dezember 2019 unmittelbar vor
      dem Ausbruch der Covid-19-Krise in China. Be-           80
      sonders stark war der Anstieg mit rund 7 Pro-
      zent in China und den übrigen asiatischen
      Schwellenländern sowie in Korea und Taiwan,
                                                              60
      wo der Produktionstrend von vor der Krise ge-             2007    2009    2011    2013    2015     2017       2019
      gen Jahresende zum Teil ebenfalls schon über-         Monatsdaten; preis- und saisonbereinigt.
      schritten wurde. Diese Länder konnten offenbar
                                                            Quelle: CPB, World Trade Monitor; Berechnungen des IfW Kiel.
      von der starken Nachfrage nach Elektronikpro-
      dukten und vielen dort produzierten Konsumgü-
      tern besonders profitieren. Im Euroraum wurde
      das Vorjahresniveau bei der Industrieproduk-         Abbildung 3:
      tion knapp erreicht, während in den Vereinigten      Containerfrachtraten, ausgewählte Strecken
      Staaten und in Japan auch im Dezember ge-
      genüber dem Vorjahr noch deutliche Rück-                      US-Dollar
                                                            10000
      stände blieben. Der weltweite Warenhandel hat
                                                                                       China/Ostasien-Nordeuropa
      sich ebenfalls weitgehend von dem Einbruch im
                                                                                       China/Ostasien-Nordamerika
      Frühjahr erholt und lag im Dezember um 1,3             8000
                                                                                       Nordeuropa-China/Ostasien
      Prozent höher als ein Jahr zuvor (Abbildung 2).
                                                                                       Nordamerika-China/Ostasien
      Zuletzt wurde angesichts eines starken An-
                                                                                       Europa-Nordamerika
                                                             6000
      stiegs der Frachtraten im Containerverkehr viel-
      fach befürchtet, dass der weiteren Expansion
      des Welthandels durch mangelnde Transport-             4000
      kapazitäten enge Grenzen gesetzt sein könn-
      ten. Der Frachtkostenanstieg beschränkte sich
                                                             2000
      bislang aber weitgehend auf die Route von
      China nach Europa und (in abgeschwächter
      Form) von China nach Nordamerika, während                 0
      die Raten auf anderen Routen und für andere
      Fracht nicht ungewöhnlich anzogen (Abbil-
      dung 3). Anders als der Warenhandel hat sich
                                                            Monatsdaten. Nordamerika bezieht sich auf Strecken zur
      das internationale Dienstleistungsgeschäft bis-       Ostküste.
      lang kaum erholt. Vor allem der Reiseverkehr
                                                            Quelle: Freigthos Baltic Index
      steckt weiter tief in der Krise. Der Personenflug-
      verkehr (gemessen in Personenkilometern) lag

                                                                                                                           4
KIELER KONJUNKTUR-BERICHTE - Weltwirtschaft im Frühjahr 2021
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      Die zweite Welle der Pandemie hat vor allem               Abbildung 4:
      in Europa die wirtschaftliche Aktivität deut-             Mobilitätsdaten in ausgewählten Ländern

      lich beeinträchtigt. Die Zahl der Infektionen                 Prozent
      mit dem Coronavirus ist zwar in vielen Ländern
      im Herbst stark gestiegen, häufig über das im                0
      Frühjahr verzeichnete Niveau hinaus. 1 Die Aus-
      wirkungen auf die Produktion waren aber deut-              -20
      lich geringer als in der ersten Phase der Pande-
      mie, zum einen weil in vielen Ländern weniger              -40
      strikte oder gezieltere Eindämmungsmaßnah-
      men ergriffen wurden, zum anderen aber wohl
                                                                 -60                                       Euroraum
      auch weil sich die Wirtschaft besser auf die Si-                                                     UK
      tuation vorbereiten konnte. So blieb das produ-                                                      USA
                                                                 -80                                       Indien
      zierende Gewerbe weitgehend unberührt, und
                                                                                                           Lateinamerika
      erhebliche Rückgänge der Mobilität im Gastge-
                                                                -100
      werbe und im Freizeitbereich, die als Indikator                  1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.1 1.2 1.3
      für die Aktivität in den personennahen Dienst-            Tagesdaten, Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen,
      leistungen herangezogen werden können, be-                Abweichung ggü. gleichem Wochentag im Zeitraum Januar bis
                                                                Februar.
      schränkten sich vor allem auf Europa (Abbil-
                                                                Quelle: Google Covid-19 Mobility Report.
      dung 4). Im Euroraum wurde denn auch im vier-
      ten Quartal 2020 ein Rückgang des Bruttoin-
      landsprodukts um 0,7 Prozent verzeichnet; für         Das Ausmaß der bisher erfolgten Konjunk-
      das erste Quartal 2021 ist mit einer nochmali-        turerholung unterscheidet sich zwischen
      gen Schrumpfung zu rechnen. Im Vereinigten            den Ländern erheblich. Im ersten Halbjahr
      Königreich nahm die gesamtwirtschaftliche Pro-        2020 ist das Bruttoinlandsprodukt nahezu über-
      duktion im vierten Quartal zwar nochmals merk-        all stark gesunken, ab dem Sommer dann häu-
      lich zu, sie dürfte aber zu Jahresbeginn als          fig sehr kräftig zurückgekommen.2 Trotz dieses
      Folge des verordneten strengen Lockdowns              allgemeinen Musters unterscheiden sich die
      spürbar gesunken sein. Die in den Vereinigten         Länder recht deutlich, wenn es darum geht, wie
      Staaten zur Jahreswende erkennbaren Signale           weit die konjunkturelle Erholung am Ende des
      für eine konjunkturelle Schwäche waren dem-           Jahres 2020 bereits gekommen war. Beson-
      gegenüber kurzlebig; so dürfte das Bruttoin-          ders groß war der Rückstand zum Vorkrisenni-
      landsprodukt hier nach dem Anstieg um 1 Pro-          veau unter den fortgeschrittenen Volkswirt-
      zent im vierten Quartal 2020 auch in den ersten       schaften in Europa. Im Euroraum lag das Brut-
      drei Monaten des neuen Jahres weiter merklich         toinlandsprodukt im vierten Quartal um 5 Pro-
      zugenommen haben. Auch in den Schwellen-              zent niedriger als ein Jahr zuvor, im Vereinigten
      ländern hat sich die wirtschaftliche Expansion        Königreich sogar um 7,8 Prozent. Demgegen-
      im Winterhalbjahr zumeist wohl nur verlang-           über war der noch verbliebene Verlust an Pro-
      samt. Im vierten Quartal expandierte die ge-          duktion im Vorjahresvergleich in den Vereinig-
      samtwirtschaftliche Produktion in vielen Län-         ten Staaten und in Japan mit 2,4 Prozent bzw.
      dern sogar sehr kräftig, etwa in Indien, den Phi-     1,3 Prozent deutlich geringer (Abbildung 5). In
      lippinen und in den meisten lateinamerikani-          Taiwan wurde das Vorkrisenniveau sogar er-
      schen Ländern. Auch die Wirtschaft in China,          heblich überschritten. Unter den Schwellenlän-
      wo die Erholung zuvor schon weit fortgeschrit-        dern stechen China und die Türkei mit kräftigen
      ten war, legte mit 2,6 Prozent gegenüber dem          Zuwächsen im Vorjahresvergleich heraus, wäh-
      Vorquartal nochmals kräftig zu.                       rend der Abstand zum Vorkrisenniveau für Me-
                                                            xiko und die Philippinen besonders groß ist.

      1                                                     2
       Die Inzidenz im Zeitablauf ist aufgrund von Verän-     In China, wo die Pandemie ihren Ausgang nahm,
      derungen in der Testintensität allerdings nur be-     beschränkte sich der Rückgang der Produktion auf
      grenzt aussagekräftig.                                das erste Quartal, und die Erholung setzte hier be-
                                                            reits im zweiten Quartal ein.

                                                                                                                                    5
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

       Abbildung 5:                                               Konsumausgaben, sobald es die pandemische
       Bruttoinlandsprodukt in ausgewählten Ländern im            Situation erlaubt, bildet ein Aufwärtsrisiko nicht
       4. Quartal 2020 gegenüber 4. Quartal 2019
                                                                  nur für die Konjunktur im Prognosezeitraum,
             Prozent                                              sondern auch für die Preisentwicklung, da die
        8
        6                                                         Produktionskapazitäten in diesem Fall wohl
        4                                                         schnell ausgeschöpft sein werden. Dies gilt ins-
        2                                                         besondere deshalb, weil sich die Situation in al-
        0                                                         len Ländern ähnlich darstellt und einer Deckung
        -2                                                        des Bedarfs durch Importe daher enge Grenzen
        -4                                                        gesetzt sein dürften.
        -6
        -8
       -10                                                          Abbildung 6:
                  Kanada
                     China
                    Türkei

               Schweden
                 Ägypten

                  Mexiko
               Australien
                 Brasilien
                     Japan
                 Schweiz

              Indonesien

                Südafrika
                  Taiwan

             Ver. Staaten

               Euroraum
             Ver. Königr.
               Phillipinen
                    Indien

                 Thailand

                                                                    Überschussersparnis (in % des BIP)
                                                                                                                    Japan
                                                                         Prozent                                    USA
                                                                                                                    Euroraum
      Quelle: OECD Main Economic Indicators, nationale Quellen.      8
                                                                     7
                                                                     6
      Shutdowns, Verbraucherzurückhaltung und
                                                                     5
      staatliche Stützungsprogramme haben die
                                                                     4
      Ersparnis der privaten Haushalte anschwel-
                                                                     3
      len lassen. Im Verlauf der Krise ist der private
                                                                     2
      Verbrauch zeitweise stark gesunken, und er hat
                                                                     1
      sich bis zuletzt noch nicht vollständig erholt.
                                                                     0
      Nach wie vor sind Ausgaben für bestimmte Ver-
                                                                    -1
      wendungen nur eingeschränkt möglich, etwa                             1      2          3   4   1      2          3   4
      aufgrund von noch oder wieder bestehenden                                        2019                      2020
      Infektionsschutzmaßnahmen der Politik, oder
                                                                      Jahresdaten, kalender- und saisonbereinigt. Kumulierte
      sie werden gemieden, um das Risiko einer An-                    Abweichung der Ersparnis von hypothetischen Werten auf
                                                                      der Basis der durchschnittlichen Sparquote in den Jahren
      steckung zu verringern. Gleichzeitig wurden in                  2016–2019.
      den meisten Ländern umfangreiche staatliche                     Quellen: Eurostat, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen;
                                                                      Cabinet Office Japan; Bureau of Economic Analysis
      Stützungsprogramme beschlossen, welche die                      Personal Income and Outlays; OECD.
      Einkommen stabilisiert, in den Vereinigten
      Staaten für manche Personengruppen sogar
      erhöht haben. In der Folge ist die Ersparnis der
                                                                  Die Investitionen erwiesen sich als überra-
      privaten Haushalte in den fortgeschrittenen
                                                                  schend robust. Nach einem drastischen Rück-
      Volkswirtschaften stark gestiegen. Näherungs-
                                                                  gang im Zuge der Covid-19 Krise im Frühjahr
      weise lässt sich die so zurückgestaute Kaufkraft
                                                                  haben sich die weltweiten Investitionen im zwei-
      berechnen als Differenz zwischen der tatsächli-
                                                                  ten Halbjahr kräftig erholt. Auf der Basis von 46
      chen Ersparnis und der Ersparnis, die sich bei
                                                                  fortgeschrittenen      Volkswirtschaften     und
      einer im Vergleich zu 2019 unveränderten
                                                                  Schwellenländern lagen sie im vierten Quartal
      Sparquote ergeben hätte. Im Verhältnis zum
                                                                  2020 in etwa wieder auf ihrem Vorkrisentrend
      Bruttoinlandsprodukt belief sie sich Ende 2020
                                                                  (Abbildung 7). Auch die Auftragseingänge im
      auf eine Größenordnung von 4 Prozent im Eu-
                                                                  Maschinenbau haben sich gut erholt. Ein Wer-
      roraum, mehr als 6 Prozent im Vereinigten Kö-
                                                                  mutstropfen aus deutscher Sicht ist, dass vor
      nigreich und in Japan sowie 7 Prozent in den
                                                                  allem aufgrund einer noch eher verhaltenen
      Vereinigten Staaten (Abbildung 6). Die Progno-
                                                                  Entwicklung bei den europäischen Nachbarn
      sen für die weitere konjunkturelle Entwicklung
                                                                  die Investitionsdynamik bei einer Gewichtung
      beinhalten in der Regel einen nur geringfügigen
                                                                  mit deutschen Exportanteilen noch nicht voll-
      Abbau dieser zusätzlichen Ersparnis durch
                                                                  ständig zum Vorkrisenniveau aufgeschlossen
      nachholenden Konsum. Eine deutlich raschere
                                                                  hat.
      Verwendung der aufgestauten Kaufkraft für

                                                                                                                                  6
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

       Abbildung 7:                                                                                             Lohnersatzleistungen verzögert werden könn-
       Globale Investitionstätigkeit                                                                            ten. So wird derzeit damit gerechnet, dass der
                                                                                                                Luftverkehr noch über mehrere Jahre geringere
       10%
                                                                                                                Kapazitäten benötigen wird als vor der Krise.
                                                                                                                Auch hat Covid-19 wohl den Trend zu einer Ver-
        5%                                                                                                      lagerung von Umsätzen vom traditionellen Ein-
                                                                                                                zelhandel hin zu internetbasiertem Handel ver-
        0%                                                                                                      stärkt, mit entsprechenden Auswirkungen auf
                                                                                                                die Beschäftigung.

        -5%                                                                                                     Die Inflation hat angezogen, eine Zielüber-
                                                               PPP gewichtet                                    schreitung zeichnet sich aber bisher nicht
                                                               exportgewichtet                                  ab. Der Verbraucherpreisanstieg hat sich zu
       -10%
                                                               USD gewichtet                                    Beginn des Jahres 2021 deutlich verstärkt. Die
                                                                                                                Inflationsrate in den großen fortgeschrittenen
       -15%                                                                                                     Volkswirtschaften insgesamt erhöhte sich von
              2007
                     2008
                            2009
                                   2010
                                          2011
                                                 2012
                                                        2013
                                                               2014
                                                                      2015
                                                                             2016
                                                                                    2017
                                                                                           2018
                                                                                                  2019
                                                                                                         2020

                                                                                                                0,6 auf 1,1 Prozent (Abbildung 8). Maßgeblich
        Quartalsdaten; saisonbereinigt; Index basierend auf Daten zu                                            waren hierfür zum einen gestiegene Energie-
        Bruttoanlageinvestitionen in 46 Ländern, Veränderung
        gegenüber dem Vorjahreswert.                                                                            preise. Der Ölpreis zog im Zuge der konjunktu-
                                                                                                                rellen Erholung und weiterhin stark gekürzter
        Quelle: Refinitiv Eikon Datastream; nationale Quellen;
        Berechnungen des IfW Kiel.                                                                              Produktionsmengen der OPEC deutlich an und
                                                                                                                war zuletzt mit knapp 70 Dollar wieder etwa so
                                                                                                                hoch wie vor der Krise. Mit einem weiteren
      Die Arbeitslosigkeit ist zumeist nur recht                                                                nachhaltigen Anstieg ist aber nicht zu rechen
      moderat gestiegen, dürfte aber über längere                                                               (Kasten 1). Zu höheren Preisen in der Produk-
      Zeit erhöht bleiben. Vor allem in Europa wurde                                                            tion haben zuletzt auch starke Anstiege bei In-
      ein starker Anstieg der Arbeitslosigkeit im Zuge                                                          dustrierohstoffen und Knappheiten bei einzel-
      des Corona-bedingten Wirtschaftseinbruchs im                                                              nen Vorprodukten, etwa bei Halbleitern, beige-
      Frühjahr 2020 durch den massiven Einsatz von                                                              tragen. So hat sich auch die Kernrate der Infla-
      Kurzarbeit bzw. staatlich finanzierter Beurlau-                                                           tion erhöht. Gleichwohl ist die Inflationsentwick-
      bung verhindert. Während die geleisteten Ar-                                                               Abbildung 8:
      beitsstunden im Euroraum im ersten Halbjahr                                                                Verbraucherpreise in den fortgeschrittenen Volks-
      um 17 Prozent sanken, erhöhte sich die Arbeits-                                                            wirtschaften
      losigkeit lediglich von 7,2 Prozent im Februar                                                               4,0   Prozent                 Verbraucherpreise insgesamt
      auf 8,7 Prozent im August. Im Zuge der Erho-                                                                 3,5                           Kernindex
      lung der Produktion im Sommer ging sie bis No-                                                               3,0
      vember auf 8,1 Prozent zurück, wo sie seither                                                                2,5
      verharrt. Demgegenüber schoss die Arbeitslo-                                                                 2,0
      senquote in den Vereinigten Staaten im März                                                                  1,5
      und April 2020 auf einen Höchststand von 14,7                                                                1,0
      Prozent. Sie verringerte sich danach zwar wie-
                                                                                                                   0,5
      der rasch, lag aber bis zuletzt mit 6,7 Prozent
                                                                                                                   0,0
      deutlich höher als vor der Krise, als mit 3,8 Pro-
                                                                                                                  -0,5
      zent die niedrigste Arbeitslosenquote seit 60
                                                                                                                  -1,0
      Jahren verzeichnet worden war. Sowohl im Eu-                                                                    2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
      roraum als auch in den Vereinigten Staaten ist
                                                                                                                 Monatsdaten; Veränderung gegenüber dem Vorjahr der Ver-
      im Zuge der Krise die Beschäftigungsquote                                                                  braucherpreise in den Vereinigten Staaten, im Euroraum, in
      deutlich gesunken. Eine Herausforderung für                                                                Japan und im Vereinigten Königreich, gewichtet mit dem Brutto-
                                                                                                                 inlandsprodukt zu Preisen und Wechselkursen von 2019; Kern-
      den Arbeitsmarkt sind längerfristige Verände-                                                              index: Verbraucherpreise ohne Energie und Nahrungsmittel.
      rungen der Produktionsstruktur, die Anpassun-                                                              Quelle: OECD, Main Economic Indicators; Berechnungen des
      gen bei der Beschäftigung erfordern und die
      durch die derzeitige Politik großzügiger

                                                                                                                                                                                  7
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

         Kasten 1:
         Zu Entwicklung an den Rohstoffmärkten

          Der Einbruch der Weltwirtschaft im Zuge der
          Corona-Pandemie führte im Frühjahr 2020 auch zu              Abbildung K1-1:
          einem drastischen Rückgang der Nachfrage nach                Rohstoffpreise
          Rohstoffen. Besonders die Rohölpreise sanken am                    2015=100                                     US-Dollar
          Weltmarkt im März und April stark. Seit dem Früh-            250                                                           140
          sommer erholten sich die Ölnotierungen aber zügig;                                                     Rohstoffpreise
                                                                                                                 ohne Energie
          Anfang März lagen sie mit rund 70 US-Dollar für ein                                                                        120
          Fass der Sorte Brent sogar etwas höher als vor der           200                                       Ölpreis (rechte
          Krise (Abbildung K1-1). Die Preise für Industrieroh-                                                   Skala)
                                                                                                                                     100
          stoffe und agrarische Rohstoffe gingen vor einem
                                                                       150
          Jahr vergleichsweise wenig zurück und sind seit                                                                            80
          dem Frühsommer stark aufwärtsgerichtet. Sie ha-
          ben inzwischen ein Niveau erreicht, wie es zuletzt                                                                         60
                                                                       100
          im Jahr 2012 verzeichnet wurden, dass das Ende
          des großen Booms der 2000er Jahre an den Roh-                                                                              40
          stoffmärkten markiert.                                        50
              Die als Folge des beispiellos scharfen Rück-                                                                           20
          gangs des Ölverbrauchs um in der Spitze über 20
          Prozent im Frühjahr 2020 vorherrschende Situation              0                                                           0
          eines massiven Überangebots am Weltmarkt für                    2012        2014         2016        2018       2020
          Rohöl hatte nicht lange Bestand. Die OPEC und an-
          dere Ölexportländer unter Führung Russlands                  Monatsdaten; Rohstoffpreise: HWWI-Index auf US-Dollarbasis;
                                                                       Ölpreis: Spotpreis Sorte Brent, letzter Wert 1. November.
          (OPEC+) einigten sich auf eine ebenfalls drastische
                                                                       Quelle: International Petroleum Exchange via Thomson Financial
          Kürzung der Förderung. Zusammen mit einem deut-              Datastream; HWWI, Rohstoffpreisindex.
          lichen Rückgang der Produktion in den Vereinigten
          Staaten und Kanada, wo insbesondere die Aktivität in der nichtkonventionellen Förderung (Fracking-Öl)
          stark zurückgefahren wurde, sank die Rohölproduktion im Frühjahr um 8 Prozent. Während der globale
          Ölverbrauch im Verlauf des Jahres 2020 wieder deutlich zunahm, erhöhte sich die Produktion kaum, so
          dass am Ölmarkt seit dem dritten Quartal ein Defizit besteht und die – im längerfristigen Vergleich freilich
          immer noch hohen – Lagerbestände zunehmend abgebaut werden (Abbildung K1-2).
              Im Januar 2021 reagierte Saudi-Arabien auf durch die zweite Welle der Corona-Pandemie
          verschlechterte Aussichten für die Ölnachfrage mit der Entscheidung, seine Förderung für drei Monate
          einseitig um zusätzliche 1 Mill. Barrel täglich (mehr als 1 Prozent der Weltproduktion) zu reduzieren. Das
          Land signalisierte damit die Entschlossenheit, proaktiv einen neuerlichen Angebotsüberhang zu
                                                                     vermeiden. Auf dem jüngsten OPEC+ Treffen
       Abbildung K1-2:
       Ölmarktbilanz 2016-2021                                       Anfang         März        wurde         beschlossen,          die
                                                                     gegenwärtigen Förderquoten trotz der weiterhin
               mb/d          Lagerveränderung              mb/d      expandierenden Weltwirtschaft im Wesentlichen
        10,0                                                     105
                             Produktion                              vorerst       beizubehalten,           und       Saudi-Arabien
                             Verbrauch                               verlängerte seine Sonderkürzung zunächst bis Mai.
          8,0
                                                                 100    Die Nachfrage nach Rohöl ist immer noch weit
          6,0                                                        von  ihrem Vorkrisenstand entfernt. Die Internatio-
                                                                     nale Energieagentur rechnet damit, dass im laufen-
                                                                 95  den Jahr lediglich 60 Prozent des im vergangenen
          4,0
                                                                     Jahr verzeichneten Rückgangs wieder aufgeholt
          2,0
                                                                 90  wird. Vor allem der Verbrauch im Verkehr, insbeson-
                                                                     dere in der Luftfahrt, wird noch lange deutlich verrin-
          0,0                                                        gert sein. Die Politik der strikten Förderbeschrän-
                                                                 85  kung hat den Ölpreis in den vergangenen Wochen
         -2,0
                                                                     gleichwohl deutlich steigen lassen. Dieser Trend
         -4,0                                                    80
                                                                     könnte sich fortsetzen, sollte die OPEC+ noch län-
              2016    2017       2018    2019     2020     2021      gere Zeit mit einer Erhöhung der Quoten warten,
                                                                     insbesondere dann, wenn die weltwirtschaftliche Er-
        Quartalsdaten, Mill. Barrel pro Tag, Lagerveränderung        holung im Frühsommer, wie erwartet, deutlich an
        berechnet als Differenz von Produktion und Verbrauch. Erstes
        Quartal: Prognose des IfW Kiel.                              Fahrt gewinnt. Wir rechnen jedoch damit, dass die
        Quelle: International Energy Agency, Monthly Oil Market      Angebotspolitik des Kartells dann allmählich gelo-
        Report; OPEC Monthly Oil Market Report.                      ckert werden wird. Zum einen besteht bei den meis-
                                                                     ten Produzentenländern der Druck Einnahmen zu

                                                                                                                                           8
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

          generieren, um die Staatshaushalte zu finanzieren. Zum anderen könnte bei deutlich höheren Preisen die
          zusätzliche Nachfrage durch Mehrproduktion außerhalb der OPEC+ gedeckt werden und es zu weiteren
          Marktanteilsverlusten des Kartells kommen. So ist die Zahl der Bohranlagen zur Erschließung von Fra-
          cking-Öl in den Vereinigten Staaten zwar noch um die Hälfte niedriger als vor der Krise, sie steigt inzwi-
          schen aber wieder deutlich.
             Während der Rohölpreis vor allem angebotsseitig gestützt wird, ist der Preisanstieg an den Märkten für
          Industrierohstoffe vor allem auf eine kräftige Nachfrage zurückzuführen. Die globale Industrieproduktion
          hat sich bis zum Jahresende weitgehend erholt; gleichzeitig wird in einigen großen Ländern die rohstoffin-
          tensive Bauwirtschaft durch Konjunkturprogramme gefördert. Bei vielen Industrierohstoffen ist auch län-
          gerfristig mit einer weiter steigenden Nachfrage zu rechnen, da sie bei dem Umbau der Energiewirtschaft,
          der in mehr und mehr Ländern Fahrt aufnimmt und dem geplanten Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor
          im Transportwesen eine wichtige Rolle spielen. So wird von einigen Beobachtern bereits ein neuer Roh-
          stoffsuperzyklus gesehen, bei dem die Preise etwa für Kupfer, Nickel und Lithium nachhaltig stark steigen.

      lung nach wie vor nicht alarmierend. Die Inflati-           Zinsen im vergangenen Jahr fast überall deut-
      onsraten sind immer noch niedriger als von den              lich gesenkt worden, zum Teil auf historische
      Notenbanken mittelfristig angestrebt, zum Teil –            Tiefstände. Außerdem wurden auch hier viel-
      wie in Japan – sogar sehr deutlich. Die US-                 fach Staatsanleihen in erheblichem Umfang
      Zentralbank hält außerdem auch ein Über-                    aufgekauft, um die Finanzierung der Defizite im
      schreiten des Inflationsziels von 2 Prozent (ge-            Staatshaushalt abzusichern. In den vergange-
      messen am Konsumdeflator) für angemessen,                   nen Monaten wurden die Zinsen nur vereinzelt
      soweit damit lediglich eine Phase zu niedriger              noch weiter gesenkt (Abbildung 9). In manchen
      Inflation – wie sie im vergangenen Jahr ver-                Ländern wurden sie auch schon wieder ange-
      zeichnet wurde – ausgeglichen wird. Der An-                 hoben, besonders deutlich in der Türkei, wo der
      stieg der Kernrate wird schließlich auch                    Produktionseinbruch auf gesamtwirtschaftlicher
      dadurch relativiert, dass er vor allem aus dem              Ebene bereits wettgemacht ist und sich die No-
      Euroraum herrührt, wo Sondereffekte wie das                 tenbank nun darauf konzentriert, den Wechsel-
      Auslaufen der befristeten Mehrwertsteuersen-                kurs der türkischen Lira zu stützen, und in Ar-
      kung in Deutschland zu Buche schlagen.                      gentinien, das einen unerwartet starken Anstieg
                                                                  der Inflation verzeichnete. Alles in allem sind die
      Die Geldpolitik hat sich für eine noch län-
      gere Zeit auf einen sehr expansiven Kurs                    Abbildung 9:
      festgelegt. Die Notenbanken in den fortge-                  Geldpolitik in Schwellenländern
      schrittenen Volkswirtschaften haben ihre im
                                                                    15
      Frühjahr als Reaktion auf die Corona-Krise ein-                                     Diffusionsindex
      geführten expansiven Maßnahmen zumeist
                                                                    10
      nochmals ausgeweitet oder die Erwartungen für
      den Zeitpunkt einer Straffung nach hinten ver-                 5
                                                                                                    Restriktivere Geldpolitik

      schoben. So wurde das Volumen des Anleihe-
      kaufprogramms im Euroraum und im Vereinig-                     0
      ten Königreich erhöht und die Laufzeit verlän-
                                                                    -5
      gert. In den Vereinigten Staaten wurden für die
      kommenden Monate monatliche Wertpapier-
                                                                   -10
      käufe durch die Notenbank im Volumen von
      120 Mrd. US-Dollar angekündigt. Zudem lässt                  -15
                                                                                              Expansivere Geldpolitik
      die neue Interpretation des Inflationsziels er-
      warten, dass das Zinsniveau noch längere Zeit
      extrem niedrig bleiben wird, auch wenn der                  Monatsdaten. Der Diffusionsindex entspricht der Anzahl der
                                                                  Zentralbanken, die in einem gegebenen Monat die Zinsen
      Preisauftrieb allmählich weiter zunimmt (Ta-                erhöhten minus der Anzahl der Zentralbanken, die in einem
      belle 1). In den Schwellenländern sind die                  gegebenen Monat die Zinsen senkten. Enthaltene
                                                                  Schwellenländer: Argentinien, Brasilien, Chile, China,
                                                                  Indonesien, Indien, Kolumbien, Mexiko, Malaysia, Peru,
                                                                  Philippinen, Russland, Südafrika, Thailand, Türkei.

                                                                  Quelle: Bank of International Settlements (BIS); Berechnungen
                                                                  des IfW Kiel.

                                                                                                                                  9
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          Tabelle 1:
          Rahmendaten für die Konjunkturprognose 2020-2022
                                                  2020                                   2021                          2022
                                               I       II     III    IV      I      II          III   IV   I
                                                                                                         III   IV II
          Leitzins
            Vereinigte Staaten               1,50 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00
            Japan                           -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10 -0,10
            Euroraum                         0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00
          Wechselkurse
            US-Dollar/Euro                   1,10 1,10 1,17 1,19 1,21 1,21 1,21 1,21 1,21 1,21 1,21 1,21
                    Yen/US-Dollar           109,0 107,5 106,1 104,5 105,4 108,0 108,0 108,0 108,0 108,0 108,0 108,0
          Ölpreis (Brent) in US-Dollar       50,4 29,3 43,0 44,3 62,0 69,2 69,6 69,9 70,3 70,6 71,0 71,3
          HWWI-Index für Industrierohstoffe 119,1 112,7 139,4 152,8 181,3 184,9 186,8 188,6 189,6 190,5 191,5 192,4
          Leitzins am Quartalsende: Vereinigte Staaten: Untergrenze des Zielbandes für die Fed Funds Rate; Japan: Tagesgeldzins;
          Euroraum: Hauptrefinanzierungssatz.
          Quelle: HWWI, Rohstoffpreisindex; IMF, International Financial Statistics; Federal Reserve Bank, Intended Federal Funds
          Rate; EZB, Monatsbericht; grau hinterlegt: Prognose des IfW.

      finanziellen Rahmenbedingungen in den                                 Unternehmen und zusätzliche Transfers an die
      Schwellenländern aber derzeit recht günstig,                          Haushalte, um Produktion und Nachfrage zu
      wozu auch ein effektiv abgewerteter US-Dollar                         stimulieren. Im kommenden Jahr dürften die fis-
      beiträgt.                                                             kalischen Kriseninterventionsmaßnahmen bei
                                                                            dann voraussichtlich kräftiger Konjunktur zwar
      Die Finanzpolitik zögert mit der Konsolidie-
                                                                            auslaufen, mit Maßnahmen für eine darüberhin-
      rung. In dem Bemühen, die wirtschaftlichen
                                                                            ausgehende Stärkung der Staatshaushalte mit
      Folgen der zur Bekämpfung der Pandemie er-
                                                                            dem Ziel einer Verringerung der aufgelaufenen
      griffenen Maßnahmen zu mildern, haben die
                                                                            Schuldenlast ist aber noch nicht zu rechnen.
      Regierungen Mehrausgaben und Steuerstun-
      dungen beschlossen, die zusammen mit kon-                             An den Finanzmärkten waren zuletzt Anzei-
      junkturbedingten Einnahmeausfällen die Fehl-                          chen einer Konsolidierung erkennbar. Im
      beträge im Staatshaushalt im vergangenen                              Vertrauen auf die stark expansive Wirtschafts-
      Jahr enorm erhöht haben (Abbildung 10). Welt-                         politik haben sich die internationalen Finanz-
      weit ist es im Zuge der Krise zu einem drasti-                        märkte im vergangenen Jahr recht stabil ge-
      schen Anstieg der Staatsverschuldung gekom-                           zeigt. Anfängliche Spannungen, sichtbar etwa
      men (Kasten 2). Auch im laufenden Jahr wer-                           an einer starken Ausweitung der Risikoprämien
      den umfangreiche fiskalische Stützungspro-                            auf Anleihen geringerer Bonität, einem ausge-
      gramme wirksam. So wurde in den Vereinigten                           prägten Abzug von Portfolioinvestitionen aus
      Staaten ein weiteres Paket mit budgetwirksa-                          den Schwellenländern und deutlichen Wechsel-
      men Maßnahmen in einem Umfang von 1900                                kursveränderungen, lösten sich rasch im Zuge
      Mrd. US-Dollar (9,3 Prozent in Relation zum                           der massiven Lockerung der Geldpolitik in den
      Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2020) be-                             fortgeschrittenen Volkswirtschaften und der sta-
      schlossen, um den restriktiven Effekt zu kom-                         bilisierenden Finanzpolitik. So erholten sich
      pensieren, der aus dem Auslaufen des ersten                           auch die Aktienkurse im Verlauf des Jahres
      Programms resultiert. Im Euroraum wurden die                          2020 wieder und erklommen insbesondere in
      Wirtschaftshilfen in vielen Ländern vor dem Hin-                      den Vereinigten Staaten und in Asien vielfach
      tergrund der zweiten Welle der Pandemie noch-                         historische oder langjährige Höchststände (Ab-
      mals aufgestockt, und das 2020 beschlossene                           bildung 11). Zuletzt verlor der Aufschwung an
      EU-Programm „Next Generation EU“ dürfte im                            den Börsen aber an Fahrt. Gleichzeitig haben
      Verlauf des Prognosezeitraums allmählich wirk-                        sich die Renditen auf US-Staatsanleihen spür-
      sam werden.3 Die japanische Regierung setzt                           bar erhöht. Neben höheren Inflationserwartun-
      ebenfalls auf weitere Kreditgarantien für                             gen beginnen Investoren bei der Bewertung

      3Der größere Teil der Mittel, die insgesamt eine Grö-                 dukts haben, dürfte freilich erst nach 2022 veraus-
      ßenordnung von 2,3 Prozent des Bruttoinlandspro-                      gabt werden (Boysen-Hogrefe et al. 2021, Kasten 1)

                                                                                                                                    10
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      von Aktien und Anleihen inzwischen wohl damit                      Abbildung 11:
      einzupreisen, dass die Liquiditätszufuhr ab dem                    Aktienkurse in großen fortgeschrittenen Volkswirt-
                                                                         schaften und China
      kommenden Jahr gedrosselt werden könnte
      und die Notenbankzinsen nicht auf Dauer auf                         160
                                                                                Index (2018 = 100)
                                                                                                  S&P 500           Eurostoxx 50
      dem derzeitigen extrem niedrigen Niveau blei-                                             Nikkei 225          SSE 50
                                                                          150
      ben werden.
                                                                          140
       Abbildung 10:
                                                                          130
       Staatliche Finanzierungssalden in großen fortge-
       schrittenen Volkswirtschaften                                      120
                   Vereinigte Staaten                   Japan
             Prozent                          Prozent                     110
        0                                 0
                                                                          100
       -5                                -5

      -10                               -10                                90

      -15                               -15                                80

      -20                               -20                                70
             2018     2020     2022            2018      2020    2022

                      Euroraum                Vereinigtes Königreich
         0                               0                               Wochendaten. Letzter Wert: 15. März 2021

        -5                               -5                              Quelle: Thomson Reuters Datastream.

       -10                              -10
                                                                        gramme unter einen „Buy American“-Vorbehalt
       -15                              -15
                                                                        gestellt werden, um zu verhindern, dass anre-
       -20                              -20                             gende Wirkungen auf Produktion und Beschäf-
              2018     2020      2022          2018     2020    2022
                                                                        tigung im Inland durch zusätzliche Importe ge-
       Jahresdaten; in Relation zum Bruttoinlandsprodukt; Vereinigte
       Staaten: Bund.
                                                                        mindert werden. Es bleibt auch abzuwarten, wie
                                                                        die US-Regierung damit umgeht, dass die in
       Quelle: OECD, Economic Outlook; Eurostat; grau hinterlegt:
       Prognose des IfW-Kiel.                                           dem Anfang 2020 geschlossenen Phase-1-Ab-
                                                                        kommen zwischen den Vereinigten Staaten und
      Die Handelsrisiken haben sich mit dem Re-                         China von chinesischer Seite zugesagten Im-
      gierungswechsel in den Vereinigten Staaten                        porte aus den Vereinigten Staaten bislang nur
      und dem Abschluss wichtiger internationa-                         zu weniger als zwei Drittel realisiert wurden
      ler Abkommen zwar verringert, aber Span-                          (Brown 2021). Die EU hat Anfang dieses Jahres
      nungen bleiben. Das handelspolitische Klima                       ein umfassendes Investitionsabkommen ge-
      hatte sich in den vergangenen Jahren vor allem                    schlossen, das signifikante Verbesserungen für
      durch den verstärkten Einsatz von Strafzöllen                     EU-Unternehmen hinsichtlich des Marktzu-
      durch die US-Regierung unter Präsident Trump                      gangs und fairerer Wettbewerbsbedingungen in
      sowie durch die Unsicherheit im Zusammen-                         China beinhaltet (Bickenbach und Liu 2021). Es
      hang mit dem Brexit stark verschlechtert. Die                     könnte zu einem Meilenstein auf dem Weg zu
      wirtschaftspolitischen Ziele der neuen Regie-                     einem globalen Investitionsabkommen werden,
      rung Biden unterscheiden sich in handelspoliti-                   sofern China seine Verpflichtungen so umsetzt,
      schen Fragen zwar nicht grundlegend, es wird                      dass tatsächlich Reziprozität in den Beziehun-
      aber offenbar ein stärker kooperativer Ansatz-                    gen hergestellt wird (Langhammer 2021). Es ist
      verfolgt. Als ein erster Beleg kann die Ausset-                   freilich nicht sicher, dass das Abkommen tat-
      zung der im Zusammenhang mit dem Boeing-                          sächlich rasch ratifiziert wird, da noch eine
      Airbus-Streit zwischen den Vereinigten Staaten                    Reihe von Fragen offen oder Formulierungen
      und der EU verhängten Strafzölle gewertet wer-                    nicht hinreichend konkret sind und die Verein-
      den. Ein wichtiges Indiz für den zukünftigen                      barungen zu Arbeits- und Umweltstandards e-
      Kurs der Vereinigten Staaten in der Handelspo-                    her schwach ausfielen. Das in letzter Sekunde
      litik dürfte sein, inwieweit die im Zusammen-                     zustande gekommene Handelsabkommen zwi-
      hang mit Covid-19 aufgelegten Konjunkturpro-                      schen der EU und dem Vereinigten Königreich

                                                                                                                                   11
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

         Kasten 2:
         Zu den fiskalischen Auswirkungen der Corona-Krise

         Weltweit wurden im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft
         und der Einkommen der privaten Haushalte sowie zur Stärkung des Gesundheitssystems ergriffen, durch
         die die staatlichen Haushalte stark belastet werden. Sie werden vom IMF (2021) auf 14 Billionen US-Dollar
         (entsprechend 16 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts vor der Krise) beziffert. Diese Zahlen bezie-
         hen sich zwar vielfach auf Ankündigungen und enthalten Rahmen für Ausgaben und staatliche Kreditga-
         rantien, so dass sie nur zum Teil tatsächlich budgetwirksam werden. Doch zeigen die Zahlen klar die aus-
         gesprochen expansive Ausrichtung der Fiskalpolitik an. Zusammen mit den durch den Konjunktureinbruch
         bedingten Mindereinnahmen haben die Maßnahmen sowohl in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften als
         auch in den Schwellenländern zu einem drastischen Anstieg der staatlichen Haushaltsdefizite geführt (Ab-
         bildung K2-1).
            In der Folge hat sich auch der öffentliche Schuldenstand in Relation zur Wirtschaftsleistung überall stark
         erhöht (Abbildung K2-2). Hierzu beigetragen hat neben dem Anstieg der Staatsausgaben und dem Ein-
         bruch bei den Einnahmen auch der ausgeprägte Rückgang des im Nenner dieser Relation geführten Brut-
         toinlandsprodukts, der in den meisten Ländern zu verzeichnen war. Im Gegenzug wirkt in diesem und im
         nächsten Jahr im Zuge der wirtschaftlichen Erholung eine hohe Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts –
         verglichen mit dem Zinssatz auf die Staatschulden – auf einen Rückgang des Schuldenstands in Relation
         zum Bruttoinlandsprodukt hin. Das Defizit in den Staatshaushalten bleibt aber hoch, und die Schulden-
         quote dürfte vielerorts sogar weiter steigen.

       Abbildung K2-1:                                                                                                                                                                  Abbildung K2-2:
       Gesamtstaatlicher Finanzierungssaldo                                                                                                                                             Bruttoschulden in Relation zum BIP
             Prozent                                                                                                                                               2019                                                                                                                                                                          2019
                                                                                                                                                                                              Prozent
        5                                                                                                                                                          2020                                                                                                                                                                          2022
                                                                                                                                                                                        300

        0                                                                                                                                                                               250

        -5
                                                                                                                                                                                        200

       -10
                                                                                                                                                                                        150

       -15
                                                                                                                                                                                        100

       -20
                                                                                                                                                                                        50

       -25
                                                                                                                                                                                          0
                                                        Japan

                                                                            Indien
                                                                                     Fortg. VW

                                                                                                                                           Euroraum
              Kanada
                       USA

                                         Ver. Königr.

                                                                                                 China

                                                                                                                Schwellenländer
                                                                                                                                  Türkei

                                                                                                                                                      Indonesien
                             Brasilien

                                                                Südafrika

                                                                                                         Welt

                                                                                                                                                                    Mexiko
                                                                                                                                                                             Südkorea

                                                                                                                                                                                               Japan

                                                                                                                                                                                                                                                                               Indien
                                                                                                                                                                                                             Fortg. VW
                                                                                                                                                                                                                         Kanada

                                                                                                                                                                                                                                                             Euroraum

                                                                                                                                                                                                                                                                                        Ägypten
                                                                                                                                                                                                       USA

                                                                                                                                                                                                                                  Ver. Königr.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                              China
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Schwellenl.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Türkei
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Indonesien
                                                                                                                                                                                                                                                 Brasilien

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Südafrika

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Mexiko
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Südkorea
                                                                                                                                                                                                                                                                        Welt

        Quelle: IMF World Economic Outlook Database, IMF Fiscal                                                                                                                          Quelle: IMF World Economic Outlook Database, Prognose
        Monitor Update, Prognosen des IfW Kiel.                                                                                                                                          des IfW Kiel.

            Nachdem die globale Staatsverschuldung bereits im Zuge der globalen Finanzkrise stark angeschwol-
         len ist, führt der erneute Schub im Zusammenhang mit der Coronakrise dazu, dass die Schuldenquote auf
         Rekordniveau steigt. Lediglich am Ende des zweiten Weltkriegs waren die fortgeschrittenen Volkswirt-
         schaften in vergleichbarer Größenordnung verschuldet (Abbildung K2-3). Während die Staatsverschul-
         dung in der Nachkriegszeit in Relation zum Bruttoinlandsprodukt rasch zurückgeführt wurde, zeichnet sich
         allerdings gegenwärtig kein spürbarer Rückgang ab.
            Ein Grund dafür, dass die hohe Staatsverschuldung gegenwärtig in vielen Ländern nicht als drängendes
         Problem empfunden wird und auch viele Analysten vor allem davor warnen, zu früh die fiskalische Unter-
         stützung für die Konjunktur zu verringern (IMF 2021, OECD 2021), ist das extrem niedrige Zinsniveau. Die
         Renditen auf Staatsanleihen sind weltweit in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Trend stark gefallen.
         Im Ergebnis ist die Schuldenlast (Zinszahlungen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) trotz des Anstiegs
         der Schulden eher gesunken (Abbildung K2-4). Die Anleihezinsen werden allerdings nicht zuletzt durch
         die umfangreichen Käufe der Notenbanken niedrig gehalten. Das Risiko besteht, dass die massive Liqui-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              12
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

        Abbildung K2-3:
        Historische Entwicklung der Staatsverschuldung (Bruttoschulden in % des BIP)

                                                                                                                     Globale       Corona-
                                    1.Weltkrieg             2.Weltkrieg
         140 Prozent                                                                                              Finanzkrise        Krise

         120
                                                                          Fortgeschrittene
                                                                          Volkswirtsschaften
         100

          80

          60

          40

          20
                                                                          Schwellenländer

           0
            1880     1890    1900     1910    1920     1930     1940      1950    1960      1970   1980    1990     2000    2010     2020
         Quelle: IMF Fiscal Monitor, October 2020. Die Länderaggregate basieren auf einem konstanten Länderkreis von 25 bzw. 27 Ländern,
         gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt auf Basis von Kaufkraftparitäten.

          ditätsausweitung durch die großen Zentralbanken schließlich doch zu einem nachhaltigen deutlichen An-,
          stieg der Inflation führt. Dies erhöht zwar für sich genommen die Schuldentragfähigkeit zunächst weiter.
          Doch müssten die Zentralbanken die Geldpolitik empfindlich straffen, um einen Verlust an Glaubwürdigkeit
          zu vermeiden und ihre Stabilitätsziele nicht zu gefährden. Sollten die Realzinsen dabei deutlich steigen,
          könnte dies viele öffentliche Haushalte in eine schwierige Lage bringen. Die Finanzpolitik scheint daher
          gut beraten nicht zu lange damit zu warten, mit der Haushaltskonsolidierung zu beginnen, damit die Schul-
          denstände möglichst bald auf ein Niveau sinken, das auch in einem weniger günstigen (Real-) Zinsumfeld
                                                                             tragbar ist. Zudem ist unklar, wie sich die in-
       Abbildung K2-4:                                                       flationsneutralen Realzinsen in den kom-
       Zinszahlungen auf Staatsschulden (Gesamtstaat) in Relation            menden Jahren entwickeln werden. Es
       zum BIP                                                               spricht zwar einiges dafür, dass die Realzin-
                                          Fortgeschrittene Volkswirtschaften sen noch längere Zeit niedrig bleiben
           Prozent
                                          Schwellenländer                    (Blanchard et al., 2020), doch bietet die de-
       4,0
                                                                             mografische Entwicklung in den fortgeschrit-
                                                                             tenen Volkswirtschaften auch Anlass, mit ei-
                                                                             ner Trendumkehr zu rechnen (Goodhart und
       3,5                                                                   Pradhan 2020).
                                                                                 Ein weiteres Risiko für die Staatshaus-
                                                                             halte besteht darin, dass es im Gefolge der
       3,0                                                                   Krise notwendig werden könnte, private
                                                                             Schulden in die öffentliche Hand zu überfüh-
                                                                             ren, um eine Krise im Finanzsektor zu ver-
       2,5                                                                   meiden. Die Qualität der Unternehmensver-
                                                                             schuldung hatte sich bereits vor Corona ver-
                                                                             schlechtert; der Anteil der von den Ratinga-
       2,0
                                                                             genturen als spekulativ bewerteten Unter-
                                                                             nehmensschulden (Schulden von Unterneh-
       1,5
                                                                             men, die ein entsprechend niedriges interna-
                                                                             tionales Kredit-Rating aufweisen) an den
                                                                             Gesamtschulden belief sich 2019 in den Ver-
       1,0                                                                   einigten Staaten und in China auf fast 50
            2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019                Prozent, in Italien und im Vereinigten König-
         Quelle: IMF World Economic Outlook Database.
                                                                             reich lag er sogar darüber (IMF 2019).

                                                                                                                                             13
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      hat zwar vermieden, dass das handelspoliti-           kommenden Jahr dafür höher ausfallen. Das
      sche Regime zwischen den beiden Wirtschafts-          konjunkturelle Profil bliebe aber unverändert,
      räumen auf WTO-Minimalniveau zurückgefal-             sofern es gelingt die Produktionskapazitäten
      len wäre, lässt aber ebenfalls viele Fragen offen     aufrecht zu erhalten und ein ausreichender
      (Felbermayr 2021). Vieles, was durch den Bin-         Impfschutz durch neue Varianten des Virus, die
      nenmarkt geregelt war, ist in dem Abkommen            im Zuge von Mutationen laufend entstehen,
      nicht oder nur teilweise abgedeckt, etwa große        nicht in Frage gestellt wird.
      Teile der privaten und öffentlichen Dienstleis-
                                                            Die Weltproduktion dürfte im Jahr 2021 um
      tungen, Energiethemen, die Anerkennung von
                                                            6,7 Prozent und im Jahr 2022 um 4,7 Prozent
      Berufsqualifikationen und von Marktzulassun-
                                                            steigen, und den Vorkrisenpfad am Ende
      gen oder Standards etwa für Finanzdienstleis-
                                                            des Prognosezeitraums nur noch leicht un-
      tungen oder den Datenschutz. Dies dürfte auch
                                                            terschreiten. Nach dem Rückgang der globa-
      auf den Güterhandel ausstrahlen. Fraglich ist
                                                            len Produktion (gemessen auf Basis von Kauf-
      auch, wie dauerhaft die gefundene Regelung
                                                            kraftparitäten) um 3,3 Prozent, rechnen wir mit
      für den Handel zwischen Nordirland, Irland und
                                                            kräftigen Zuwächsen um 6,7 bzw. 4,7 Prozent
      Großbritannien sein kann. Insgesamt bleibt die
                                                            in diesem und im nächsten Jahr (auf der Basis
      Unsicherheit für Unternehmen hoch.
                                                            von Marktwechselkursen ergeben sich Verän-
                                                            derungsraten von 6,4 Prozent bzw. 4,5 Prozent,
      Ausblick: Kräftiger Produktionsan-                    Tabelle 2). Wir haben unsere Prognose vom
      stieg als Folge zunehmender Nor-                      Dezember für dieses und das nächste Jahr um
      malisierung der wirtschaftlichen                      jeweils 0,6 Prozent angehoben. Damit steigt die
      Aktivität                                             weltwirtschaftliche Aktivität in beiden Jahren vo-
                                                            raussichtlich deutlich stärker als im mittelfristi-
      Die Erholung der Weltwirtschaft wird im Ver-          gen Trend. Der Abstand zum Niveau der Welt-
      lauf des Jahres 2021 im Zuge verringerter In-         produktion, das wir vor der Krise erwartet hat-
      fektionsrisiken an Fahrt gewinnen. Nach wie           ten, verringert sich rasch und wird im kommen-
      vor sind Teile der Wirtschaft durch Vorsichts-        den Jahr nur noch 2 Prozent betragen. Der in-
      maßnahmen zur Infektionsvermeidung stark              ternationale Warenhandel dürfte im Durch-
      behindert. Mit fortschreitender Durchimpfung          schnitt dieses Jahres um 7,5 Prozent und im
      der Bevölkerung, zunächst vor allem der beson-        kommenden Jahr um 3,7 Prozent zulegen.
      ders vulnerablen Gruppen, wächst die Aussicht         Trotz des im vergangenen Jahr verzeichneten
      auf eine vollständige Normalisierung der wirt-        Rückgangs um 5,4 Prozent wird er damit sogar
      schaftlichen Aktivität. In der Folge dürften bis-     höher ausfallen als vor der Krise erwartet.
      lang noch stark gehemmte Wirtschaftsbereiche          In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften
      wie Tourismus und Veranstaltungswesen zu-             steigt die Produktion im Prognosezeitraum
      nehmend Fahrt aufnehmen und sich der Auf-             sehr kräftig. Die gesamtwirtschaftliche Produk-
      schwung auf Regionen ausdehnen, deren Wirt-           tion dürfte im laufenden Jahr insgesamt mit 5,5
      schaft in besonderem Maß auf diese Aktivitäten        Prozent sehr kräftig zulegen und auch im kom-
      ausgerichtet ist. In dieser Prognose wird damit       menden Jahr mit einer Rate von 4,1 Prozent
      gerechnet, dass dieser Prozess bereits im             noch deutlich rascher expandieren als im mittel-
      Sommerhalbjahr 2021 bedeutende Fortschritte           fristigen Trend (Tabelle 3). Unter den großen
      macht. Angesichts der aktuellen Entwicklung           Wirtschaftsräumen dürfte die Zuwachsrate in
      der Infektionszahlen könnte sich diese Erwar-         den Vereinigten Staaten mit 6,6 Prozent in die-
      tung als zu optimistisch erweisen. Sollte die für     sem und 4,1 Prozent im nächsten Jahr am
      eine Normalisierung erforderliche Entspannung         höchsten sein, was nicht zuletzt auf die enor-
      der Infektionslage länger auf sich warten lassen      men fiskalischen Impulse zurückzuführen ist.
      als unterstellt, würde sich der damit verbundene      Aber auch in der EU und in Japan ist für 2021
      kräftige Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Ak-       mit Zuwächsen von über bzw. knapp vier Pro-
      tivität zeitlich weiter nach hinten verschieben. In   zent und für 2022 mit Expansionsraten zu rech-
      der Folge würde die Zuwachsrate der Weltpro-          nen, die deutlich über dem Wachstum des
      duktion in diesem Jahr geringer, im

                                                                                                                  14
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      Tabelle 2:
      Bruttoinlandsprodukt und Verbraucherpreise in der Welt 2020-2022
                                                  Gewicht       Bruttoinlandsprodukt                    Verbraucherpreise
                                                               2020       2021     2022             2020      2021        2022
      Weltwirtschaft                                  100       -3,3        6,7      4,7             3,3        3,4        3,6
      darunter
      Fortgeschrittene Länder                        44,5       -4,8        5,3      3,9             0,8         2,0       1,9
      China                                          18,7        2,1        9,7      5,8             2,5         0,9       2,3
      Lateinamerika                                    6,5      -7,1        5,0      3,4             8,2         9,4       6,9
      Indien                                           7,7      -7,0       11,9      8,0             6,6         3,7       4,8
      Ostasiatische Schwellenländer                    5,0      -4,5        6,4      5,7             1,1         2,6       2,8
      Russland                                         3,1      -3,1        2,8      2,5             3,6         4,7       4,0
      Afrika                                           2,9      -1,8        3,6      4,2             9,8         7,9       7,6

      Nachrichtlich:
      Welthandelsvolumen (Waren)                                        -5,4      7,5       3,7
      Weltwirtschaft (gewichtet gemäß
      Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019                                 -4,0      6,4       4,5   2,4          2,9          2,9
      in US-Dollar)
      Prozent. Gewicht: gemäß Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019 nach Kaufkraftparität. — Bruttoinlandsprodukt, Verbraucher-
      preise: Veränderungen gegenüber dem Vorjahr; Ostasiatische Schwellenländer: Thailand, Malaysia, Indonesien und Phi-
      lippinen; Fortgeschrittene Länder: Die Werte stimmen nicht notwendigerweise mit denen in Tabelle 3 überein, da der Län-
      derkreis hier breiter gefasst ist und ein anderes Konzept bei der Gewichtung verwandt wird.
      Quelle: IMF, International Financial Statistics; OECD, Main Economic Indicators; Berechnungen des IfW Kiel; grau hinter-
      legt: Prognose des IfW Kiel

      Tabelle 3:
      Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise, und Arbeitslosenquote in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften
      2020–2022
                              Gewicht    Bruttoinlandsprodukt       Verbraucherpreise          Arbeitslosenquote
                                             2020     2021      2022     2020      2021     2022        2020     2021    2022
      Europäische Union             36,1      -6,3      4,6       4,3      0,7       1,9      1,9          7,6    7,9      6,8
       Euroraum                     29,3      -6,8      4,8       4,3      0,3       1,7      1,5          7,9    8,3      7,2
       Schweden                      1,0      -3,0      2,9       3,5      0,8       1,2      1,7          8,3    8,0      6,8
       Polen                         2,3      -2,7      2,9       4,5      3,6       3,8      4,2          3,3    3,5      3,2

      Vereinigtes König-
                                     5,7      -9,9      5,6       4,7      0,9       1,8      2,3          4,2    5,3      4,8
      reich
      Schweiz                        1,1      -2,9      3,7       1,9     -0,7       0,1      0,5          5,4    4,8      4,5
      Norwegen                       0,6      -1,3      2,6       2,4      1,3       2,2      2,1          4,5    4,0      3,7

      Vereinigte Staaten            37,4      -3,5      6,6       4,1      1,2       2,8      2,3          8,1    5,4      4,1
      Kanada                         3,3      -5,4      6,0       3,9      0,8       2,0      1,7          9,2    7,5      6,6

      Japan                          9,5      -4,9      3,9       2,2      0,2       1,0      0,8          2,8    2,7      2,5
      Südkorea                       4,0      -0,9      3,2       3,2      0,5       1,2      1,3          4,2    3,8      3,6
      Australien                     2,3      -2,4      5,7       3,3      0,8       1,6      1,7          6,9    6,4      6,1

      Aufgeführte Länder         100,0      -5,1      5,5       4,1      0,9      2,2       2,0       6,8      6,0       5,1
      Prozent. Gewicht gemäß Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019 in US-Dollar. — Bruttoinlandsprodukt: preisbereinigt, Verän-
      derung gegenüber dem Vorjahr. — Verbraucherpreise: Veränderung gegenüber dem Vorjahr, Europäische Union und
      Norwegen: harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI). — Arbeitslosenquote: standardisiert nach dem ILO-Konzept.
      Ländergruppen gewichtet auf der Grundlage der Erwerbspersonenzahl von 2019.
      Quelle: Eurostat, VGR; OECD, Main Economic Indicators; IMF World Economic Outlook Database; Statistics Canada,
      Canadian Economic Account; grau hinterlegt: Prognose des IfW Kiel.

                                                                                                                                  15
KIELER KONJUNKTURBERICHTE NR. 75 (2021|Q1)

      Produktionspotenzials liegen. Die Arbeitslosig-     Spielräume stark verengen, wenn sich die Fi-
      keit verringert sich sukzessive und dürfte im       nanzierungsbedingungen an den Kapitalmärk-
      kommenden Jahr in vielen Ländern nur noch           ten merklich verschlechtern sollten, was vor al-
      wenig höher sein als vor der Krise. Die Inflation   lem in hochverschuldeten Schwellenländern
      auf der Verbraucherebene bleibt zwar voraus-        krisenhafte Anpassungen erforderlich machen
      sichtlich moderat, nimmt aber angesichts der        könnte. Ein Aufwärtsrisiko für die Konjunktur
      zunehmenden Kapazitätsauslastung im Verlauf         ergibt sich aus dem starken Anstieg der Erspar-
      doch spürbar zu.                                    nis der privaten Haushalte in der Krise. Diese
                                                          zurückgestaute Kaufkraft könnte in größerem
      In den Schwellenländern erholt sich die
                                                          Umfang im Prognosezeitraum in Güternach-
      Wirtschaft ebenfalls rasch. Das Bruttoin-
                                                          frage umgesetzt werden als von uns unterstellt.
      landsprodukt in den Schwellenländern legt im
                                                          In diesem Fall könnte die gesamtwirtschaftliche
      laufenden Jahr mit einer Rate von etwa 8 Pro-
                                                          Kapazitätsauslastung rasch so stark steigen,
      zent zu. Zu einem guten Teil erklärt sich diese
                                                          dass es zu einer Inflationsbeschleunigung
      hohe Rate bereits aus dem Überhang, der sich
                                                          kommt, welche das Inflationsziel der Notenban-
      dadurch ergibt, dass die Produktion in vielen
                                                          ken gefährdet. Auch könnte unter diesen Bedin-
      Ländern in der zweiten Jahreshälfte 2020 be-
                                                          gungen der dramatische Anstieg der Zentral-
      reits sehr rasch gestiegen ist. In China hat sich
                                                          bankgeldmenge der vergangenen Jahre
      die gesamtwirtschaftliche Produktion sogar be-
                                                          schließlich inflationswirksam werden und eine
      reits vollständig erholt. Auch für den Prognose-
                                                          rasche Straffung der Geldpolitik notwendig wer-
      zeitraum ist bei weiter fortschreitender Normali-
                                                          den. Da die Staaten allerdings auf niedrige Zin-
      sierung der wirtschaftlichen Aktivität im Inland,
                                                          sen angewiesen sind, um die Last der Verschul-
      der kräftigen Expansion der Nachfrage in den
                                                          dung erträglich zu halten, befänden sich die No-
      fortgeschrittenen Volkswirtschaften und weite-
                                                          tenbanken in einer heiklen Situation, in der sie
      rer wirtschaftspolitischer Anregungen mit kräfti-
                                                          genötigt sein könnten, ihre Politik an fiskali-
      gen Produktionszuwächsen zu rechnen. Für
                                                          schen Notwendigkeiten und nicht an stabilitäts-
      2022 erwarten wir für die Ländergruppe eine
                                                          politischen Erwägungen auszurichten (Fiedler
      gesamtwirtschaftliche Expansion um 5,4 Pro-
                                                          et al. 2020).
      zent.
      Risiken bestehen insbesondere in den fi-
      nanzwirtschaftlichen Folgen der Pandemie.           Die Prognose im Einzelnen
      Die Krise hat einen Teil der Wirtschaft massiv
      belastet. Die meisten Unternehmen wurden
      zwar bislang durch staatliche Zuschüsse und         Kräftige Expansion in den USA
      Kreditprogramme am Leben gehalten. Die Zahl
      der Insolvenzen ist in vielen Ländern im vergan-    Nach dem Einbruch der Konjunktur im Früh-
      genen Jahr sogar gesunken. Gleichwohl dürfte        jahr des vergangenen Jahres expandierte
      bei zahlreichen Unternehmen das Eigenkapital        die US-Wirtschaft in der zweiten Jahres-
      erheblich belastet worden sein, auch wenn –         hälfte kräftig. Die Erholung von der Corona-
      wie im Euroraum – auf gesamtwirtschaftlicher        Krise ist allerdings noch nicht vollständig. Ob-
      Ebene ein ausgeprägter Rückgang der Erspar-         wohl das Bruttoinlandsprodukt im dritten und
      nis im nichtfinanziellen Unternehmenssektor         vierten Quartal des vergangenen Jahres mit
      nicht erkennbar ist. Es bleibt abzuwarten, wie      Raten von 7,5 bzw. 1 Prozent stark zunahm, be-
      sich die Solvenz der Unternehmen entwickelt,        lief sich die Produktionslücke nach Schätzun-
      wenn temporäre Schuldenmoratoria beendet            gen des Congressional Budget Office (CBO) im
      werden (Gern 2021). In der Folge könnte sich        vierten Quartal auf etwa drei Prozent. Im Jah-
      auch das Volumen an notleidenden Krediten           resdurchschnitt schrumpfte die Wirtschaftsleis-
      stark steigen und die Kreditvergabebereitschaft     tung im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent
      der Banken bremsen. In finanzieller Hinsicht hat    (Abbildung 12) und damit noch stärker als wäh-
      bislang der Staat die größte Last der Krise ge-     rend der Großen Rezession im Jahr 2009. Was
      schultert. Die stark gestiegene Staatsverschul-     die Entwicklung der Verwendungskomponen-
      dung birgt das Risiko, dass sich die fiskalischen   ten betrifft, weisen die beiden Episoden

                                                                                                             16
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