Stadt - Land - RÜMSA: Einrichtung von Jugendberufs-agenturen in Flächenlandkreisen und kreisfreien Städten

Die Seite wird erstellt Hugo John
 
WEITER LESEN
Stadt - Land - RÜMSA: Einrichtung von Jugendberufs-agenturen in Flächenlandkreisen und kreisfreien Städten
BWP 4/2020                                                                        AUS FORSCHUNG & PRAXIS                     45

Stadt – Land – RÜMSA: Einrichtung von Jugendberufs-
agenturen in Flächenlandkreisen und kreisfreien Städten

Erfahrungen in Sachsen-Anhalt

               K R I ST I N KÖRNER               In Jugendberufsagenturen arbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
               Dr., Referatsleiterin im Minis-
               terium für Arbeit, Soziales       Jugendamts, des Jobcenters und der Agentur für Arbeit unter einem Dach
               und Integration Sachsen-
               Anhalt, Magdeburg                 zusammen. Sie bieten gemeinsam Rat suchenden jungen Menschen Unter-
               Kristin.Koerner@ms.
               sachsen-anhalt.de                 stützung aus einer Hand an. Erfolgsmodelle sind zumeist in Großstädten zu

               MA RT I N S CH U BERT
                                                 finden. Der Beitrag zeigt auf, wie eine rechtskreisübergreifende Zusammen-
               Referent im Ministerium für       arbeit auch in einem Flächenland erfolgreich etabliert werden kann, und
               Arbeit, Soziales und
               Integration Sachsen-Anhalt,       stellt hierzu Umsetzungsstand und Gelingensbedingungen vor. Wichtig ist,
               Magdeburg
               Martin.Schubert@ms.               dass die Entwicklung der Strukturen regionalisiert erfolgt, d. h. unter Einbin-
               sachsen-anhalt.de
                                                 dung der Institutionen vor Ort und Beachtung der regionalen Besonderheiten.

Hintergrund und Ziele des Landesprogramms
RÜMSA                                                                ins Gegenteil gedreht. Die Angebots-Nachfrage-Relation auf
                                                                     dem Ausbildungsmarkt stieg lt. Statistik der Bundesagentur
Die Jugendberufsagentur Hamburg ist bundesweit Vorbild               für Arbeit von 96,4 im Jahr 2014 auf 118,5 im Jahr 2019
für die Gestaltung eines flächendeckenden Übergangsma-               (vgl. Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des
nagements am Übergang Schule – Beruf (vgl. z. B. Sturm/              Landes Sachsen-Anhalt 2020, S. 18); gute Voraussetzungen
Billon/Busenbender 2017). Ein solches Modell setzt                   für junge Menschen, einen Ausbildungsplatz zu finden. In
eine eher städtische Infrastruktur mit höherer Bevölke-              der Praxis werden jedoch weiterhin Jugendliche nicht ver-
rungsdichte, öffentlichem Nahverkehr und ein gut verteiltes          mittelt oder nehmen an Übergangsangeboten teil. Gleich-
Standortnetz der Leistungsträger voraus. Was aber, wenn              zeitig bleibt eine erhebliche Anzahl von Ausbildungsplätzen
die Voraussetzungen in einem vorwiegend ländlich gepräg-             unbesetzt. Dies verdeutlicht den Bedarf für ein flächen-
ten Bundesland wie Sachsen-Anhalt grundlegend anders                 deckendes regionales Übergangsmanagement und eine
sind: wenn Orte mit dem ÖPNV nur sehr schwer erreichbar              rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit, die allerdings
sind, wenn Agenturbezirke häufig mehrere Landkreise um-              an die wirtschaftlichen, demografischen, geografischen
fassen oder sich die Verantwortung für die Schulen das Land          und institutionellen Realitäten der Landkreise und kreis-
und die Kommunen teilen? Kann unter solchen Rahmenbe-                freien Städte angepasst sein muss.
dingungen das Modell der Jugendberufsagentur überhaupt               Vor diesem Hintergrund wird RÜMSA als regionalisier-
funktionieren? Im Jahr 2014 hat sich Sachsen-Anhalt ent-             tes Arbeitsmarktprogramm umgesetzt. Dies trägt den
schlossen, aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds ein              unterschiedlichen Bedarfen Rechnung und sichert die
Förderprogramm aufzulegen, mit dem regionales Engage-                Gestaltungsteilhabe der Akteure vor Ort. So hat jede der
ment für den Aufbau von Jugendberufsagenturen unter-                 geförderten Gebietskörperschaften mit dem ansässigen
stützt wird. Dieses Programm trägt den Namen Regionales              Jobcenter, der Agentur für Arbeit und dem Schulbereich
Übergangsmanagement in Sachsen-Anhalt, kurz RÜMSA.                   ein Arbeitsbündnis geschaffen, dessen Ziele und Aufgaben
Während die Bevölkerung in den Jahren 2015 bis 2019                  in einer Kooperations- und Zielvereinbarung festgelegt sind.
insgesamt um 40.000 auf knapp 2,2 Millionen Personen                 Durch die Einbindung der Landkreise und kreisfreien Städ-
schrumpfte, wuchsen die zwei größten Städte Sachsen-An-              te ist die Jugendhilfe integriert, durch die Mitwirkung von
halts – Magdeburg und Halle an der Saale – zusammen um               schulfachlichen Referentinnen und Referenten des Landes-
ca. 11.000 Menschen. In allen anderen Landesteilen nahm              schulamtes die Schulen der Region. Ziel der Kooperation
die Bevölkerung teils deutlich ab. Ausbildungsplatzman-              ist eine rechtskreisübergreifende Beratung und Begleitung
gel – eines der größten Arbeitsmarktprobleme der vergan-             aus einer Hand für junge Menschen am Übergang von der
genen zwei Dekaden – hat sich in den letzten drei Jahren             Schule ins Erwerbsleben.

urn:nbn:de:0035-bwp-20445-8
Stadt - Land - RÜMSA: Einrichtung von Jugendberufs-agenturen in Flächenlandkreisen und kreisfreien Städten
46   AUS FORSCHUNG & PRAXIS                                                                             BWP 4/2020

     Programmarchitektur von RÜMSA                                    Umsetzungsmodelle von Jugendberufsagenturen
                                                                      in Sachsen-Anhalt
     Das Landesprogramm unterstützt den Aufbau von Jugend-
     berufsagenturen (JBA) insbesondere durch die Förderung           Erster sichtbarer Erfolg von RÜMSA ist, dass sich alle
     einer an die Kommune angebundenen koordinierenden                14 Kommunen des Landes für den Aufbau und die Versteti-
     Stelle einschließlich der Förderung von Weiterbildungen          gung einer JBA engagieren, 13 davon im Rahmen des Lan-
     für die Beteiligten und Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hi-       desprogramms.
     naus werden regionale Förderbudgets zur Verfügung gestellt,      Zu Beginn von RÜMSA wurden in den Bündnissen sehr un-
     mit denen die Bündnisse Regelinstrumente – insbesondere in       terschiedliche Umsetzungsmodelle und -konzepte entwi-
     den Bereichen betriebsnahe Berufsorientierung und inten-         ckelt und erprobt. Es entstanden solche für eher städtische
     sive Begleitung von Jugendlichen mit Multiproblemlagen –         und andere für ländliche Regionen. Die Bandbreite reichte
     durch regionalspezifische Angebote ergänzen können.              von einer »alle unter einem Dach« Variante über unter-
     Auf Landesebene wird die Umsetzung des Landespro-                schiedliche Kombinationen dezentraler Angebote bis hin zu
     gramms RÜMSA durch eine Steuerungsgruppe begleitet, in           einem rein virtuellen Angebot. Aus dem unterschiedlichen
     der alle relevanten Landesbehörden, die Bundesagentur für        konzeptionellen Herangehen haben sich drei Komponen-
     Arbeit und die kommunalen Spitzenverbände mitwirken.             ten für die Einrichtung von JBAs in Flächenlandkreisen eta-
     So wird für das gesamte Bundesland eine Qualitätssiche-          bliert (vgl. Abb.1).
     rung und -entwicklung im Landesprogramm ermöglicht.              Die meisten Bündnisse arbeiten inzwischen mit einem in
     Die Grundlagen für die Qualitätsentwicklungsprozesse bil-        den Prioritäten variierenden Mix aus gemeinsamer zentra-
     den zum einen ein regelmäßiger Austausch mit den Steue-          ler Anlaufstelle, dezentralen Beratungsangeboten sowie In-
     rungsgremien der regionalen Bündnisse, zum anderen die           formations- und Kommunikationsplattformen in Form von
     Erkenntnisse aus dem jährlichen Umsetzungs-Monitoring            Websites. Einige Bündnisse verzichten entweder auf eine
     durch die Landesnetzwerkstelle. Die Mitglieder der Lan-          zentrale physische Anlaufstelle oder dezentrale Beratungs-
     dessteuerungsgruppe fahren alle zwei Jahre im Rahmen von         angebote, aber mindestens eines von beiden ist ein »Muss«.
     Zielvereinbarungsgesprächen zu jedem regionalen Bündnis,         Die Rückmeldungen von Jugendlichen im Rahmen von re-
     machen sich vor Ort einen unmittelbaren Eindruck, reflek-        gionalen Befragungen und Teilhabeformaten bekräftigen,
     tieren mit den Akteuren den erreichten Umsetzungsstand           dass eine ausschließlich virtuelle Kontaktmöglichkeit nicht
     und verhandeln eine Anschlusszielvereinbarung. Diese Ge-         funktioniert. Die Jugendlichen möchten und brauchen ei-
     spräche sind in der Regel sehr intensiv und konzentrieren        nen persönlichen Zugang. Dies ist eine der wichtigen Er-
     sich darauf, partnerschaftlich Verbesserungspotenziale he-       kenntnisse der letzten beiden Jahre.
     rauszuarbeiten. Die Landessteuerungsgruppe unterstützt           So gibt es in einer kreisfreien Stadt mit ländlich geprägtem
     die regionalen Bündnisse zudem in solchen Fragen, die nicht      Umfeld die Variante einer JBA an einem zentralen Ort und
     in regionaler Zuständigkeit liegen (z. B. die Verbesserung der   »unter einem Dach«. Im Gebäude der Agentur für Arbeit sit-
     Rahmenbedingungen für den rechtskreisübergreifenden Da-          zen die Mitarbeitenden aller drei Rechtskreise Tür an Tür.
     tenaustausch oder die Begleitung von Rechtsentwicklungs-         Der Bereich der JBA ist direkt vom Haupteingang zugäng-
     prozessen, aktuell u. a. für die Zielgruppe der Care Leaver).    lich. Es wurde darauf Wert gelegt, dass Flure und Räume so
     Die Landesnetzwerkstelle sorgt für die landesübergreifende       jugendgerecht wie möglich gestaltet sind, ohne jedoch den
     Öffentlichkeitsarbeit, die Bereitstellung fachlicher Experti-    offiziellen Charakter zu verlieren.
     se zu spezifischen Fragen und die Organisation eines struk-      In einem anderen Landkreis mit sehr geringer Bevölke-
     turierten interkommunalen Austauschs. Sie erfüllt damit          rungsdichte wurde ein primär virtueller Zugang zu den
     die »Scharnierfunktion« zwischen der Landessteuerungs-           jungen Menschen gewählt. Der persönliche Austausch wird
     gruppe und den regionalen Bündnissen.                            dann über eine intensive Fallarbeit ermöglicht. So kommen
     Der Erfolg des Programms ist ergänzend zum jährlichen            die Beteiligten in engem Turnus zu Abstimmungen zusam-
     Monitoring im Auftrag der EU-Verwaltungsbehörde im Jahr          men. Für die Bedienung der Fläche fahren die Mitarbeiten-
     2019 durch die Ramboll Management Consulting GmbH                den zu persönlichen Gesprächen zu den Jugendlichen. Je
     extern evaluiert worden (vgl. Nestlinger/Henkel/Neu-             nach Fallkonstellation sind die betreffenden Rechtskreise
     reiter 2019).                                                    vertreten. Für dieses Bündnis ist und war von Beginn an ein
     Der Beitrag konzentriert sich im Weiteren auf die Darstel-       gemeinsames IT-System von großer Bedeutung.
     lung der Erkenntnisse aus dem Qualitätsentwicklungspro-          Egal welcher Mix der Komponenten von den Akteuren er-
     zess auf Landesebene. Auf der Basis der Einschätzung des         probt und institutionalisiert wird: Der Erfolg einer JBA be-
     Umsetzungsstands werden Gelingensbedingungen bei der             misst sich daran, ob Jugendliche sie gut finden können und
     Implementierung und perspektivisch bei der Verstetigung          finden wollen. Im besten Fall spielt es für sie keine Rolle,
     der JBA näher beleuchtet.                                        welcher Rechtskreis für ihr Anliegen zuständig ist.
BWP 4/2020                                                                   AUS FORSCHUNG & PRAXIS                      47

                                                                • die Kombination von Unterstützungsmaßnahmen im
                                                                  Sinne einer Förderkette gelingt und
                                                                • eine gute technische Infrastruktur vorhanden ist.

                                                                Die Einführung von gemeinsamen Fallbesprechungen ist
                                                                dort besonders gut gelungen, wo sie durch Hospitationen
                                                                vorbereitet und durch Fortbildungen/Supervisionen beglei-
                                                                tet wird.
                                                                Die thematischen Fachgruppen haben sich als gemeinsa-
                                                                me Arbeitsform in allen RÜMSA-Bündnissen durchgesetzt.
                                                                Thematische Fachgruppen sind temporäre Arbeitsformate,
                                                                in denen konkrete Aufgabenstellungen bearbeitet werden,
                                                                in der Regel moderiert durch die koordinierende Stelle. Je
                                                                nach Art der Aufgabe setzen sie sich aus Mitarbeitenden ver-
                                                                schiedener Rechtskreise, aus Vertreterinnen und Vertretern
                                                                aus Schulen, der Wirtschaft und ggf. aus weiteren Institutio-
                                                                nen zusammen. In den thematischen Fachgruppen sind z. B.
                                                                die Konzepte und Ausschreibungen für die JBA-Webseiten
                                                                erarbeitet und Qualitätskriterien für regionale Berufsorien-
                                                                tierungsmaßnahmen entwickelt worden. Ist die Aufgabe er-
                                                                ledigt, wird auch die Fachgruppe aufgelöst. Fachgruppen
                                                                stärken in besonders wirkungsvoller Weise das gemeinsa-
                                                                me Tun, schaffen Erfolgserlebnisse und sichern eine hohe
                                                                Akzeptanz der Ergebnisse.
Gelingensbedingungen für die Etablierung einer                  Im Rahmen von regionalen Projekten wird die gemeinsame
rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit                        Maßnahmenplanung gefördert. Die Vertreterinnen und
                                                                Vertreter der RÜMSA-Bündnisse konnten Angebote ins Le-
Abbildung 1 zeigt im äußeren Rahmen, welche Komponen-           ben rufen, die in der Form in den Regelinstrumenten nicht
ten im »Back-Office« einer JBA zum Gelingen beigetragen         verfügbar waren, und gleichzeitig Anregungen für deren
haben.                                                          Weiterentwicklung geben. Als vorteilhaft erwies sich die
Sowohl für die Errichtung als auch für die Pflege und Wei-      Notwendigkeit der Kofinanzierung. Dies stärkte die Einbin-
terentwicklung einer JBA ist eine koordinierende Stelle         dung der Leistungsträger und deren Motivation zur Unter-
erforderlich. Denn das Angebot erreicht niemals einen Zu-       stützung der Projektumsetzung. Gemeinsam mit Schulen
stand, der konserviert werden kann. Die Rahmenbedingun-         erarbeitete Berufsorientierungsprojekte hatten in vielen
gen ändern sich ständig. Personal geht und kommt, Geset-        RÜMSA-Bündnissen zur Folge, dass der allgemeinbildende
ze ändern sich und die Arbeitsmarktkonjunktur wechselt          Bereich stärker an die Gestaltung des Übergangsgeschehens
ihre Vorzeichen. Daher muss von Anfang an in die JBA eine       heranrückte.
koordinierende Stelle eingebaut werden. Diese überprüft
Routinen, übt neue ein, entwickelt den analogen und digi-       Erfolgsfaktor: gemeinsame Ziele
talen Auftritt nach außen weiter, geht erneut auf Schulen zu,
ermittelt neue Bedarfe für die Begleitung junger Menschen       Die finanzielle Förderung unterstützt die Entwicklung der
und vieles mehr.                                                Rahmenbedingungen einer JBA. Eine wirklich lebendige
Die gemeinsame Fallarbeit ist eine zentrale Voraussetzung,      Zusammenarbeit kann jedoch nur von innen heraus entste-
damit Jugendliche im Verständnis des »One-Stop-Govern-          hen. Zwei Erfolgsfaktoren hierfür sind in der bundesweiten
ment« aus einer Hand beraten und rechtskreisübergreifend        Diskussion bislang nicht ausreichend sichtbar geworden:
wirksame Förderketten abgestimmt werden können. Fast            Zielqualität und gegenseitiges Verstehen sind nach den Er-
80 Prozent der RÜMSA-Bündnisse nutzen dieses Format.            fahrungen in Sachsen-Anhalt die beiden Faktoren, die für
Nach Aussage der Mitarbeitenden ist die Fallsteuerung und       die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der rechtskreisüber-
-besprechung dann erfolgreich, wenn                             greifenden Kooperation bestimmend sind.
• die Arbeitsweise der anderen Rechtskreise verständlich        Die RÜMSA-Bündnisse arbeiten mit Zielvereinbarungen,
   gemacht wurde,                                               die alle Partner unterzeichnen. Ziele können nur dann die
• positive Erlebnisse durch gemeinsame Fallbearbeitung          Entwicklung entsprechend voranbringen, wenn sie SMART
   geschaffen wurden,                                           sind, d. h. spezifisch, machbar, attraktiv, realistisch und
48   AUS FORSCHUNG & PRAXIS                                                                                           BWP 4/2020

                                                                             »Sprachen« der beteiligten Organisationen den Prozess be-
                                                                             einflussen können. Die Mehrzahl der Beteiligten hat jedoch
                                                                             erkannt, wie sehr sich die Investition in »Übersetzungen«
                                                                             von organisationsbezogenen Sichtweisen und die bewusste
                                                                             Einnahme der Perspektive der jeweils anderen Seite lohnt.

                                                                             Konzepte zur nachhaltigen Verstetigung
                                                                             sind gefragt

                                                                             Die Erfahrung von RÜMSA zeigt: Das Verständnis für die
                                                                             Arbeitsweise der jeweils Anderen und die Bereitschaft von-
                                                                             einander zu lernen konnten dort entstehen, wo es gelungen
                                                                             ist, die Akteure in ein produktives und zielgeleitetes Mit-
                                                                             einander-Tun zu bringen. Vertrauen und Intensität in der
                                                                             Zusammenarbeit werden durch kurze Wege über den Flur,
                                                                             gegenseitige Hospitationen und gute Fortbildungen ge-
                                                                             stärkt. Gemeinsame Fallbesprechungen und Projekte gehö-
                                                                             ren daher in Sachsen-Anhalt ebenso wie eine thematische
                                                                             Fachgruppenarbeit zu den wirksamsten Basiszutaten einer
     terminiert. SMART bedeutet vor allem, dass die Akteure                  gelungenen rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit.
     die Ziele attraktiv finden, dass sie sie teilen und dass ihre           Nach fünf Programmjahren stehen die RÜMSA-Bündnisse
     Umsetzung realistisch geplant ist – wie das folgende Beispiel           aktuell vor der Aufgabe, die aufgebauten Strukturen und
     verdeutlicht.                                                           gemeinsamen Arbeitsformen über den Zeitraum der Förde-
     Die Entwicklung und Vereinbarung von gemeinsamen                        rung hinaus zu sichern. Hierzu gehören die Einigung über
     SMARTen Zielen ist auch nach mehrjährigem »Üben« im-                    eine langfristige Finanzierung unter Kostenbeteiligung aller
     mer wieder eine Herausforderung. Voraussetzung dafür                    Partner, die Etablierung eines in sich schlüssigen Systems
     ist ein ausgeprägtes gegenseitiges Verständnis. Dies zu er-             der Kundensteuerung und die Überführung erfolgreicher
     reichen, ist ein von den handelnden Personen abhängiger                 Modellansätze z. B. in der Begleitung von Jugendlichen mit
     Prozess. Er setzt auf Leitungs- und Umsetzungsebene Men-                Multiproblemlagen in eine Regelfinanzierung. Diese The-
     schen voraus, die                                                       men gilt es in der verbleibenden Programmlaufzeit bis Mitte
     • die Institutionskultur der jeweils anderen Rechtskreise               2022 in Verwaltungsvereinbarungen auszugestalten.
        verstehen wollen,                                                    Auch die Erkenntnisse aus dem programmbegleitenden
     • ihre eigenen rechtlichen Grundlagen zwar als Rahmen                   Monitoring (vgl. Landesnetzwerkstelle RÜMSA 2020)
         und handlungsleitend, jedoch nicht als absolut setzen               und der externen Evaluation (vgl. Nestlinger/Henkel/
         und                                                                 Neureiter 2019) haben die Idee des Landesprogramms
     • im gemeinsamen Ringen um Lösungen das Beste aus den                   RÜMSA bestätigt: Regionalisierung wirkt! Die wirtschaftli-
         beteiligten Institutionskulturen stärken wollen.                    chen, geografischen, infrastrukturellen und institutionellen
                                                                             Rahmenbedingungen sind so vielfältig, dass ein einheitli-
     Leider ist auch nach mehreren Jahren der Zusammenarbeit                 ches Vorgehen für den Aufbau von JBAs in der Fläche we-
     festzustellen, dass Bündnisse teilweise noch immer unter-               niger Erfolg versprechend ist. Die Regionalisierung stärkt
     schätzen, wie stark die unterschiedlichen Kulturen und                  zudem die Teilhabe der regionalen Akteure.
                                                                                                                                   s

     LITER ATUR                                                              Nestlinger, J.; Henkel, A. I.; Neureiter, M.: Evaluation des Regionalen
                                                                             Übergangsmanagements (RÜMSA). Abschlussbericht. Hamburg 2019 –
     Landesnetzwerkstelle RÜMSA: Monitoring zum Umsetzungsstand der
                                                                             URL: https://europa.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_
     rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit in Sachsen-Anhalt 2017-
                                                                             Verwaltung/StK/Europa/ESI-Fonds-Neu_2017/Dokumente/Bewertungs
     2019 (RÜMSA Handlungssäule I). »Ausgewählte Ergebnisse«, Magdeburg
                                                                             berichte_2014-2020/Evaluation_RUEMSA_Bericht_27_9_2019-final.pdf
     2020 – URL: https://ruemsa.sachsen-anhalt.de/service/unterlagen
                                                                             (Stand: 09.09.2020)
     arbeitsmaterialien/#c247305 (Stand: 09.09.2020)
                                                                             Sturm, H.; Billon, A.; Busenbender, A.: Niemanden verlieren – alle
     Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes
                                                                             Kompetenzen bündeln. Unterstützungsangebote der Hamburger Jugend-
     Sachsen-Anhalt: Jahresmonitor Berufsbildung Sachsen-Anhalt 2019.
                                                                             berufsagentur am Übergang Schule – Beruf. In: BWP 46 (2017) 3, S. 19–23
     Magdeburg 2020 – URL: https://ms.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Biblio
                                                                             – URL: www.bwp-zeitschrift.de/de/bwp.php/de/bwp/show/8339 (Stand:
     thek/Politik_und_Verwaltung/MS/MS/5_Publikationen/02_07_2020__
                                                                             09.09.2020)
     Jahresmonitor_Berufsbildung2019_Entwurf_V2_-_barrierefrei.pdf (Stand:
     09.09.2020)
Sie können auch lesen