Städte- und Gemeinderat - SICHERHEIT
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StGB NRW · Kaiserswerther Str. 199-201 · 40474 Düsseldorf PVSt · Deutsche Post AG · „Entgelt bezahlt“ · G 20 167 77. JAHRGANG • MÄRZ SICHERHEIT LANDESGARTENSCHAU 03 ALTERSFREUNDLICHE STADT Städte- und Gemeinderat 2023
S tädte- und Gemeinderat ist die einzige unabhängige und ebenso die meistgelesene Fachzeitschrift für Kommu- nal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen. Sie führt Städte- und Gemeinderat kommunale Wissenschaft und Praxis, Kommunalrecht und Kommunalpolitik zusammen. Die Zeitschrift hat sich als Dis- Die Fachzeitschrift für Kommunal- und kussionsforum für neue Entwicklungen in der kommunalen Landespolitik in Nordrhein-Westfalen Welt einen Namen gemacht. Die 1946 erstmals verlegte Fachzeitschrift Städte- und Gemeinderat ist das offizielle Organ des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-West- falen. Als Spitzenverband kreisangehöriger Städte und Gemeinden repräsentiert dieser rund 9 Mio. Bürger und Bürgerinnen sowie 86 Prozent der Ratsmitglieder in Nord- rhein-Westfalen. Städte- und Gemeinderat enthält monatlich aktuelle Informationen aus den zentralen Interessenge- bieten der Kommunalpolitiker und Verwaltungsbeamten: • Finanzen, Wirtschaft, Soziales, Schule und Kultur • Verwaltungsfragen und Neue Steuerung • Kommunalrecht • Kommunale Wirtschaftsunternehmen • Tourismus und Freizeit Darüber hinaus enthält Städte- und Gemeinderat Sonderseiten, die überregional über Produkte und Neuheiten für den kommuna- len Markt informieren. Der Leser erhält somit einen Überblick über Aktuelles aus den Bereichen: Ich möchte die Zeitschrift Städte- und Gemeinderat (10 Ausgaben) • Bürokommunikation im günstigen Jahresabonnement bestellen. • Umweltschutz • Nutzfahrzeuge im öffentlichen Dienst Q gedruckt (€ 78,- inkl. MwSt. und Versand) • Müll- und Abfallbeseitigung Q elektronisch als Lese-PDF (€ 49,- inkl. MwSt.) • Verkehrswesen • Landschaftspflege Name/ Vorname/Firma • Wohnungswesen, Städtebau • Freizeitanlagen, öffentliche Schwimmbäder Straße • Kommunale Energieversorgung • Kreditwesen Postleitzahl/Ort • Raumplanung • Krankenhausbedarf Telefon/Fax Mit Städte- und Gemeinderat sind Sie E-Mail abonniert auf Branchen-Information. Schicken Sie den ausgefüllten Antwortcoupon an Ich bezahle Q per Bankabbuchung Q gegen Rechnung Frau Hermes, Städte- und Gemeindebund NRW IBAN Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf Wenn es schneller gehen soll, faxen Sie uns den BIC Kreditinstitut unterschriebenen Coupon: Datum/Unterschrift FAX: 02 11/45 87-287 Vertrauens-Garantie: Das Abo können Sie innerhalb von 10 Tagen nach Absendung des Bestell- coupons schriftlich bei Frau Hermes, Städte- und Gemeindebund NRW, Kaiserswerther Straße 199-201, Platzhalter FSC Logo 40474 Düsseldorf, widerrufen. Rechtzeitige Absendung genügt! wird von der Druckerei eingefügt
EDITORIAL Sicherheit ist unser Fundament Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Erst in der Krise lernt er zu schätzen, was er vorher hatte. Aufgefallen ist mir das zuletzt, als ein Kollege vom Auslands- jahr seines Sohnes nach dem Abitur berichtete. In der Zeit als Rucksacktourist in Mittel- und Südamerika hatte der Junge schnell gelernt, dem Rat der Einheimi- schen zu folgen und bestimmte Gegenden tunlichst zu meiden. Nach der Rück- kehr nach Deutschland wurde ihm bewusst: Hier kann er im Regelfall angstfrei über die Straße gehen. In Deutschland leben zu können, betrachtet er inzwischen als Privileg. Bitte entschuldigen Sie, dass ich so weit aushole. Aber gerade in der Sicherheits- debatte ist es hilfreich, mal von außen auf das Land zu schauen. Und festzu- stellen: Trotz der weit verbreiteten Missstimmung ist die Lage so schlecht nicht. Deutschland ist gemessen an der Kriminalstatistik eines der sichersten Länder der Welt. Dafür sorgen nicht zuletzt die bewährten Ordnungspartnerschaften von Polizei und kommunalen Ordnungsdiensten. Umso mehr sollte uns zu denken geben, dass das Sicherheitsgefühl in den ver- gangenen Jahren gelitten hat. Aus mehreren Gründen. Gleich mehrere Krisen haben das Urvertrauen erschüttert. Corona, die Hochwasser-Katastrophe oder der Krieg gegen die Ukraine und seine weitreichenden Folgen. Gleichzeitig re- gistrieren wir eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft. Die Echokammern im Netz bieten Nahrung für Hetze, Verschwörungstheorien und Radikalisierung. Das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen sinkt. Wir sollten uns nichts vormachen: Die wachsende Politikverdrossenheit hat sogar die Kommunalpolitik erfasst. Vor der Corona-Krise vertrauten einer Forsa- Umfrage zufolge rund 50 Prozent ihrem Bürgermeister oder ihrer Bürgermeiste- rin. Anfang 2023 ist der Wert auf 44 Prozent abgestürzt. Verglichen mit dem Bun- deskanzler (33 Prozent) ist das immer noch ein guter Wert. Aber für die Kommu- nalpolitik bleibt es ein sehr beunruhigender Trend. Erst recht, wenn die Zahl der Übergriffe gegen Amts- und Mandatsträger steigt. Nennen wir es beim Namen: Dies sind Angriffe auf das Gemeinwesen und damit auf uns alle. Nur wenn es uns gelingt, das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen zu beleben, kann auch das Sicherheitsempfinden wieder zunehmen. Entscheidend bleibt neben Aufklärung und effektivem Vorgehen gegen Straftäter, dass Demo- kratie vor Ort wieder wirksam werden und gestalten kann. Durch handlungsfähi- ge Städte und Gemeinden. Christof Sommer Hauptgeschäftsführer StGB NRW Städte- und Gemeinderat 3/2023 3
BÜCHER UND MEDIEN INHALT 77. Jahrgang März 2023 Migration, Integration und Teilhabe in integrierten Konzepten der Stadtentwicklung Ein Leitfaden für die kommunale Praxis, hrsg. v. Bundesministerium für Wohnen, Stadtent- wicklung und Bauwesen, DIN A4, 40 S., her- unterzuladen über bmwsb.bund.de unter Ser- vice/Publikationen Integrierte Stadtentwicklungskonzepte (INSEK) können als Binde- glieder zwischen Integrations- und Stadtentwicklungspolitik fun- gieren, indem sie Themen und Handlungsfelder kommunaler Inte- grationspolitik aufgreifen. Der Leitfaden dient als Hilfestellung für 6 Kommunen, um das Themenfeld über das Instrument des INSEK stärker in die Stadtentwicklungspolitik zu verankern. Dabei erhebt der Leitfaden nicht den Anspruch, eine einheitliche Vorgehensweise vorzugeben. Vielmehr zeigt er anhand der verschiedenen Arbeits- schritte Möglichkeiten auf, Aufgaben und Ziele der kommunalen In- tegrationspolitik in INSEK einzubetten - stets unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten. Archäologie in Westfalen- Lippe 2021 Hrsg. v. der LWL-Archäologie für Westfalen und der Altertumskommission für Westfa- len, Band 13, 30 × 21 cm, 320 S., 19,50 Euro, ISBN 978-3-95741-186-0 16 Vom fossilen Sumpfwald bei Hattingen bis EDITORIAL zu einem römischen Marschlager in Haltern 3 Sicherheit ist unser Fundament am See: In 72 Beiträgen informieren 96 Au- von Christof Sommer torinnen und Autoren über die aktuellen Forschungsergebnisse aus Archäologie und Paläontologie und die größten Ausstellungen in SICHERHEIT Westfalen im Jahr 2021. Der Band ist nicht nur für Fachleute interes- 6 Öffentliche Sicherheit als zentrale Aufgabe der Kommunen sant. Er bietet auch interessierten Laien einen guten Einblick in die von Andreas Wohland neuesten Methoden archäologischer Arbeit. 9 Vorbereitungen des Innenministeriums des Landes NRW auf mögliche Krisenlagen Gemeinsam planen für eine von Daniela Lesmeister gesunde Stadt 11 Sicherheit und Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum von Julian Pritsch und Maike Meyer Empfehlungen für die Praxis, hrsg. v. Um- weltbundesamt, DIN A4, 68 S., kostenlos 14 Interkommunaler Ordnungsdienst von Städten und herunterzuladen auf umweltbundesamt.de Gemeinden im Rhein-Sieg-Kreis unter Publikationen von Jens Udelhoven Die Broschüre gibt Empfehlungen, wie Ge- 16 Krisenmanagement und Krisenkommunikation in sundheitsschutz und Gesundheitsförderung Kommunen für die Bevölkerung in der kommunalen Praxis von Julia Gaarz und Anne Kathrin Esser berücksichtigt werden können. Auch die Frage 18 Schutz von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nach den jeweils passenden Kooperationsformen der verschiedenen von Andreas Hemsing Akteure wird aufgegriffen. Zudem wird auf die Situation belasteter Gebiete und die Bedürfnisse vulnerabler Bevölkerungsgruppen ein- gegangen. Neben Praxisbeispielen gibt die Publikation zudem Tipps Titelfoto: Ronald Rampsch - stock.adobe.com zu weiteren Fachveröffentlichungen. 4 Städte- und Gemeinderat 3/2023
NACHRICHTEN Fördermittel für Kulturprojekte in Thema Sicherheit Westfalen-Lippe Die Kulturstiftung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) hat rund 1,84 Millionen Euro Fördermittel an 15 Kulturpro- jekte in und für Westfalen-Lippe vergeben. Darunter sind auch kommunale Projekte. Das Kulturbüro der Stadt Gütersloh erhält 150.000 Euro für das Netzwerkprojekt „OWL live - Die Kulturplatt- form für OstWestfalenLippe“. 35.000 Euro gehen an das Kultur- büro der Stadt Herten für das Kunstprojekt „Eat Art - Buffets am Wasserschloss“. Außerdem unterstützt die LWL-Kulturstiftung das Projekt „Filmsequenzen zu Mia Weinbergs Installation fractured legacy“ der Stadt Werther mit 11.200 Euro. Stärkung der hausärztlichen 9 Versorgung im ländlichen Raum Das Hausarztaktionsprogramm in Nordrhein-Westfalen wird fort- gesetzt. Wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mit- teilte, stehen auch zukünftig rund 2,5 Millionen Euro jährlich für das Programm zur Verfügung. Gefördert werden unter anderem die Niederlassung, Anstellung sowie Weiterbildung von Haus- ärztinnen und Hausärzten in kleineren Kommunen, in denen die hausärztliche Versorgung altersbedingt mittel- oder langfristig gefährdet ist. „Das Hausarztaktionsprogramm ist neben der Land- arztquote und dem Ausbau der Medizinstudienplätze ein wichti- ger Baustein, mit dem die Landesregierung aktiv zur Sicherstel- 20 25 lung der hausärztlichen Versorgung insbesondere im ländlichen Raum beiträgt“, so Laumann. Gewinnerklassen im Malwettbewerb 20 Gewalt gegen kommunale Amts- und Mandats- des Landtages trägerinnen und -träger Beim Malwettbewerb an Grundschulen des Landtages NRW hat von Marc Elxnat die Klasse 4b der Paul-Gerhardt-Schule in Rheine den zweiten 22 Informationssicherheit in Kommunen Platz errungen. Unter dem Wettbewerbsmotto „Was wünscht Ihr von Udo Zaudig Euch für das Jahr 2023?“ hatten sich die Kinder mit bunten Luft- ballons gemalt. Ihr Wunsch: „Spaß für mich - für dich - für uns alle“. Über den dritten Platz konnte sich die Klasse 4a der Katholischen LANDESGARTENSCHAU Grundschule Buisdorf in Sankt Augustin freuen. Sie malten einen 23 Landesgartenschau 2023 in der Stadt Höxter „Wunscherfüllungs-Briefkasten“ und legten gebastelte Umschlä- von Claudia Koch ge mit Wünschen hinein. Ein Sonderpreis ging an die Walklasse 4b der Grundschule Burg Berge in Odenthal für eine besonders aufwändige Bastelarbeit. Die Kinder hatten ihre Hoffnungen und ALTERSFREUNDLICHE STADT Wünsche in kleine Pakete gepackt. 25 Wohnen in der altersfreundlichen Stadt von Julian Rosenbaum Immer mehr Besucherinnen und Besucher im Nationalpark Eifel SERVICE In Nordrhein-Westfalen bleibt der Nationalpark Eifel weiter Anzie- 27 Bücher hungspunkt: Über eine Million Menschen haben 2022 den bisher 28 Europa-News einzigen Nationalpark NRWs besucht. Seit der ersten Untersuchung 29 Gericht in Kürze 2007, bei der 450.000 Gäste gezählt wurden, haben sich die Besu- cherzahlen damit mehr als verdoppelt. Gleichzeitig stieg die Zahl der nachgewiesenen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten im Nationalpark von rund 230 gefährdeten Arten im Gründungsjahr 2004 auf mittlerweile mehr als 2.500 Arten der Roten Listen. NRW-Umweltminister Oliver Krischer lobte den Nationalpark Eifel als Hort der biologischen Viel- falt und wichtigen Motor der wirtschaftlichen Regionalentwicklung. Städte- und Gemeinderat 3/2023 5
SICHERHEIT Bei der Aufrecht- erhaltung der öffentlichen Sicherheit spielt FOTO: ANIMAFLORA PICSSTOCK - STOCK.ADOBE.COM das kommunale Ordnungsamt eine maßgebliche Rolle Öffentliche Sicherheit in Städten und Gemeinden Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit durch die Städte und Gemeinden als örtliche Ordnungsbehörden ist mit ständig wachsenden und wechselnden Herausforderungen verbunden D ie Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit Damit sind die Gemeinden zunächst einmal mit der für die Bürgerinnen und Bürger ist das Fun- Aufgabe betraut, Gefahren für die öffentliche Sicher- dament, auf dem das friedliche Zusammen- heit oder Ordnung abzuwehren1. Mit dieser textlich leben der Menschen in der örtlichen Gemeinschaft knapp gehaltenen Aufgabenzuweisung ist eine enor- erst ermöglicht wird. Da, wo man sich nicht sicher me Fülle von Verantwortlichkeiten verbunden. Jeder fühlt, wird man nicht gerne leben wollen und früher Rechtsverstoß stellt letztlich eine Störung der öffent- oder später woanders sein Glück versuchen. Insofern lichen Sicherheit oder Ordnung dar, so dass das Auf- ist die öffentliche Sicherheit auch ein bedeutender gabenspektrum der örtlichen Ordnungsbehörden alle DER AUTOR Standortfaktor. Ein Problem wird beim Bemühen um Lebensbereiche der Bürgerinnen und Bürger tangiert. öffentliche Sicherheit aber immer bleiben: das Aus- Nicht nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die dem Andreas Wohland einanderfallen von objektiver Sicherheitslage und Schutz bestimmter Individualrechtsgüter dienen, wie ist Beigeordneter für subjektivem Sicherheitsempfinden. zum Beispiel Strafnormen, sondern jeglicher Verstoß Recht, Personal und gegen Rechtsnormen stellt grundsätzlich eine Gefahr Organisation beim Aufgaben der örtlichen Ordnungsbehörden für die öffentliche Sicherheit dar, weil die Regelungs- Städte- und Gemeinde- Das Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW) hoheit und damit die Rechtsordnung des Staates bund NRW normiert insofern in § 3 Abs. 1, dass die Aufgaben der angegriffen wird. So müssen die Ordnungsbehörden örtlichen Ordnungsbehörden durch die Gemeinden einschreiten bei Rechtsverstößen - angefangen vom wahrgenommen werden. Die Aufgaben der Kreisord- einfachen Verstoß gegen Parkverbote über Ruhestö- nungsbehörden nehmen die Kreise und kreisfreien rungen bis hin zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. Städte als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Wei- sung wahr. Dies gilt auch für die ihnen als Sonder- Beispiel Corona-Schutzverordnung Da die Re- ordnungsbehörden übertragenen Aufgaben. gelungstiefe und -breite der Rechtsordnung ständig vgl. § 1 Abs. 1 OBG NRW 6 Städte- und Gemeinderat 3/2023
zunehmen, wächst auch die Aufgabenfülle der Ord- FOTO: KREISSTADT UNNA nungsbehörden. Ein extremes Beispiel hierfür aus der jüngsten Vergangenheit war die Bewältigung der Corona-Pandemie. Die wichtigste Rechtsvor- schrift zur Eindämmung des Coronavirus stellte dabei die Corona-Schutzverordnung dar. Daneben waren noch weitere Verordnungen erlassen worden, die ebenfalls dazu beitragen sollten, das Coronavi- rus einzudämmen und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Allein die Corona-Schutzverordnung ist von Früh- jahr 2020 bis Februar 2023 unzählige Male, zum Teil mehrmals pro Woche, angepasst worden. Die kommunalen Ordnungsbehörden waren damit ge- fordert, von der Maskentragepflicht, der Schließung von Einrichtungen, dem Verbot von Silvesterfeuer- Die Corona-Pandemie verlangte den Städten und Gemeinden viel ab werk, dem Verbot des Zusammentreffens mehrerer FOTO: RONALD RAMPSCH - STOCK.ADOBE.COM Personen in der Öffentlichkeit bis hin zur Einhaltung der Quarantäne alle möglichen zusätzlichen und sich ändernden Kontrollaufgaben wahrzunehmen. Dies konnte von den Kommunen nur geschafft wer- den, weil sie hinsichtlich ihres Personaleinsatzes und der Organisationsstrukturen äußerst flexibel sind und die Mitarbeitenden in den Ordnungsäm- tern über Monate hinweg erhebliche Mehrarbeit geleistet haben. Flexibler Personaleinsatz Diese Flexibilität bei der Disposition der Mitarbeitenden spricht im Übri- gen dafür, keinen separaten Ausbildungsberuf „Kom- munaler Ordnungsdienst“ zu implementieren und diese Ausbildung zur Voraussetzung für den Einsatz im Ordnungsdienst zu machen. Könnten dies große kreisfreie Städte organisatorisch noch darstellen, jekt vorbereitet und kommunale Bedarfe ermittelt. Mitarbeitende des sind gerade die vielen kleineren Kommunen darauf Das alte Gegenargument der fehlenden Frequenzen Ordnungsamtes angewiesen, das Personal grundsätzlich flexibel ist absehbar nicht mehr haltbar. sorgen neben der in verschiedenen Aufgabenbereichen einsetzen zu Polizei für die öffent- liche Sicherheit können. Abgrenzung zu Sonderordnungsbehörden Der Gerade die kleinen kreisangehörigen Gemeinden, Städte- und Gemeindebund NRW (StGB NRW) hat in die nur wenige Mitarbeitende im kommunalen Ord- den letzten Monaten immer wieder Vorstöße abweh- nungsdienst zur Verfügung haben, wären ansonsten ren müssen, den kommunalen Ordnungsbehörden mit dem Personaleinsatz auch in Vertretungsfällen neue Aufgaben zuzuschieben, die eigentlich Sonder- oder bei ad-hoc auftretenden besonderen Lagen, ordnungsangelegenheiten sind. So wurde seitens wie der Corona-Pandemie, überfordert. Dies bedeu- des Landes diskutiert, die Kontrollen der korrekten tet natürlich nicht, dass die im kommunalen Ord- Abrechnung der Corona-Teststellen den kommuna- nungsdienst eingesetzten Mitarbeitenden nicht an- len Ordnungsbehörden aufzuerlegen. In die gleiche gemessen auf ihre Aufgabenerledigung vorbereitet Richtung ging der Vorstoß, die Kontrolle der Ener- und auch modular in verschiedenen Bereichen stetig gieeinsparverordnung den kommunalen Ordnungs- qualifiziert werden. behörden als Aufgabe zuzuweisen. Dies konnte der An dieser Stelle sei noch einmal die alte Forderung der StGB NRW mit Hinweis darauf verhindern, dass kommunalen Spitzenverbände erwähnt, die kommu- diese sonderordnungsbehördlichen Aufgaben ohne nalen Ordnungsämter beziehungsweise -dienste in eine entsprechende Zuständigkeitsverordnung erst den Digitalfunk zu integrieren, damit im Einsatzfall einmal beim Land liegen und damit die Bezirksregie- eine medienbruchfreie Kommunikation mit der Poli- rungen zuständig sind. zei, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst gewähr- Die Zuständigkeitsfragen sind übrigens ein lohnen- leistet ist. Hierzu gibt es seit einigen Monaten eine des Feld für die Aufgabenkritik. So ist es einerseits gemeinsame Arbeitsgruppe mit dem Ministerium sinnvoll, Aufgaben, die vor Ort erledigt werden kön- des Inneren Nordrhein-Westfalen, die ein Modellpro- nen, wegen der Ortsnähe und der Kenntnisse der Städte- und Gemeinderat 3/2023 7
örtlichen Verhältnisse auch vor Ort zu erledigen. FOTO: WOGI - STOCK.ADOBE.COM Handelt es sich aber um Sonderaufgaben, die in ein- zelnen Gemeinden nur sehr selten auftreten, macht es andererseits mehr Sinn, die Aufgaben an wenigen Stellen zu bündeln. Diese Fragen können sich zum Beispiel bei der sehr speziellen Überwachung des Glücksspielrechtes oder des Geldwäschegesetzes stellen. Zusammenarbeit mit der Polizei Neben den kommunalen Ordnungsbehörden ist die Gewähr- leistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in NRW auch Auftrag der Polizei. Sie geht als Strafverfol- gungsbehörde gegen ordnungswidrige und strafbare Handlungen vor und ist im Gefahrenabwehrbereich in der inneren Sicherheit dafür zuständig, rechtswid- rige Handlungen jeder Art zu verhüten oder zu unter- binden. Die Eingriffsbefugnisse ergeben sich aus dem Die kommunalen Feuerwehren sind das Rückgrat bei der örtlichen Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG Gefahrenabwehr NRW). Da sich die Aufgaben der Polizei und der örtlichen Ordnungsbehörden ergänzen und auch teilweise überschneiden, ist eine enge Kooperation sinn- Die Herausforderungen im Bereich voll und seit vielen Jahren in der Praxis gang und gäbe. Seit 1997 gibt es landesweit die sogenannten der öffentlichen Sicherheit und Ordnungspartnerschaften, bei denen Polizei, Ord- Ordnung werden sich weiter wandeln nungsbehörden, aber auch Verkehrsbetriebe, Ju- gendämter und andere Einrichtungen zusammen- arbeiten, um die objektive und subjektive Sicherheit vor Ort zu stärken. Auch dem Landespräventionsrat, aus dem Sommer 2021 hat die Bedeutung eines funk- in dem der StGB NRW ebenfalls vertreten ist, ist die tionierenden Katastrophenschutzes erneut unter- Zusammenarbeit und Vernetzung der verschiede- strichen. Für das laufende Jahr ist eine Novellierung nen Ordnungsbehörden und weiterer Akteure, wie des BHKG NRW angekündigt. In dieser Neuregelung der Unternehmen der Wohnungswirtschaft, der werden die Fortentwicklungsbedarfe, die sich in den Verkehrsbetriebe und anderer, ein besonderes An- letzten Monaten und Jahren im Bereich des Katastro- liegen. phenschutzes und des Brandschutzes gezeigt haben, zu diskutieren sein. Brand- und Katastrophenschutz Bei der Zustän- digkeit für die öffentliche Sicherheit sind die Kommu- Herausforderungen und Ausblick Die Herausfor- nen auch gefordert, soweit es um Gefahren für Leib derungen im Bereich der Gewährleistung der öffentli- oder Leben der Bürgerinnen und Bürger geht. Hier chen Sicherheit und Ordnung werden sich - wie in der übernehmen die gemeindlichen Feuerwehren den Vergangenheit - ständig weiter wandeln. Kommunen wesentlichen Teil der Gefahrenabwehr und -vorsorge. sind dabei darauf angewiesen, dass sie flexible Lö- Jede Gemeinde hat gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes sungen organisieren können und auch auf einen gro- über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Ka- ßen Kreis der Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler in tastrophenschutz (BHKG NRW) für den Brandschutz den Freiwilligen Feuerwehren zurückgreifen können. und die Hilfeleistung den örtlichen Verhältnissen Der demografische Wandel, der eine enorme Her- entsprechende leistungsfähige Feuerwehren als ge- ausforderung für die gesamte Gesellschaft darstellt, meindliche Einrichtungen vorzuhalten. Sie sind im bedeutet aber auch für die Kommunen im Bereich Katastrophenschutz und bei der Umsetzung der von der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit eine dem für Inneres zuständigen Ministerium ergange- enorme Aufgabe. Im Bereich der öffentlichen Sicher- nen Vorgaben zur landesweiten Hilfe unter Feder- heit ist nämlich - anders als in manchen anderen rein führung des Kreises zur Mitwirkung verpflichtet und internen Verwaltungsbereichen - auch durch den Ein- gemeinsam mit dem Kreis für die Warnung der Be- satz von digitalen Lösungen nur wenig an Effizienz- völkerung verantwortlich. gewinnen zu erzielen. Hier wird es auch in Zukunft Dieser Aufgabenkatalog hat in den letzten Jahren auf erfahrene und kompetente Mitarbeitende in den im öffentlichen Bewusstsein nochmals einen neuen kommunalen Ordnungsämtern und Feuerwehren an- Stellenwert eingenommen. Auch die Flutkatastrophe kommen. ◼ 8 Städte- und Gemeinderat 3/2023
SICHERHEIT Angesichts der durch den Krieg in der Ukraine beförderten Energiekrise wächst die Sorge vor einem großen Stromausfall FOTO: SP - STOCK.ADOBE.COM Bevölkerung im Notfall bestmöglich schützen Für die Sicherheit der Bevölkerung bei Krisen hat das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen eine Koordinierungsgruppe eingerichtet und seine Vorbereitungen für einen Blackout verstärkt B lackout - ein Begriff, bei dem man vor wenigen „NRW hilft der Ukraine“. Im Rahmen der Initiative DIE AUTORIN Monaten eher an Roland Emmerichs Holly- war es uns wichtig, den Menschen in der Ukraine Dr. Daniela Lesmeister wood-Blockbuster dachte. Heute taucht er im- schnellstmöglich, unkompliziert und unbürokra- ist Staatssekretärin mer häufiger in Berichterstattungen, Beiträgen oder tisch Hilfe zukommen zu lassen. Wir sahen uns vor im Ministerium des politischen Diskussionen auf. Im Innenministerium den Herausforderungen, eine Vielzahl an Anfragen, Innern des Landes NRW beschäftigen wir uns schon lange mit diesem aber auch Angeboten aus NRW, zusammenzufüh- NRW Thema - nicht erst seit Kriegsbeginn in der Ukraine. ren. Für uns hat, damals wie auch heute, oberste Priorität, Unsere Koordinierungsgruppe ist einerseits An- die Sicherheit in unserem schönen Bundesland auch sprechpartner für den Bund, andererseits aber auch unter den widrigsten Umständen bestmöglich zu ge- für den landesinternen Austausch zwischen allen Mi- währleisten. Darum mussten wir uns auf denkbare nisterien und der Staatskanzlei verantwortlich. Szenarien einstellen. Neue Arbeitsschwerpunkte Der Krieg dauert an, Koordinierungsgruppe Mit Beginn der Invasion die internationalen Sanktionen verschärfen sich, in der Ukraine wurde das Thema von Tag zu Tag prä- unsere Schwerpunkte ändern sich. Seit Juli 2022 sind senter. Daher richtete der Minister des Innern im nun alle Abteilungen des Ministeriums des Innern März 2022 eine Koordinierungsgruppe unter mei- NRW - nunmehr in meiner neuen Leitungsrolle als ner Leitung ein. Die Arbeitsschwerpunkte liegen von Staatssekretärin - in der Koordinierungsgruppe ver- Beginn an in den Bereichen polizeiliche Gefahren- treten. Darin geht es mittlerweile insbesondere um abwehr, nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr, Cybersi- die möglichen Auswirkungen einer hoffentlich nie cherheit, Verfassungsschutzangelegenheiten und in eintretenden Gas- beziehungsweise Energiemangel- der Koordination der Initiative der Landesregierung lage. Städte- und Gemeinderat 3/2023 9
ter gelungen, über 35 Hilfstransporte in die Ukrai- FOTO: IM NRW / JOCHEN TACK ne zu senden. Wir haben damit dafür gesorgt, dass wöchentlich rund 40 Tonnen Hilfsgüter den Ukrai- nerinnen und Ukrainern zur Verfügung stehen. Dar- unter sind vorranging medizinische Güter, aber auch benötigtes Mobiliar für Klinken, Rettungs- und Feuer- wehrfahrzeuge. Vorbereitung für den Blackout Damit sich die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen im Falle eines Blackouts auf ihre Polizei, ihre Feuerwehr, den Ret- tungsdienst und den Katastrophenschutz verlassen kann, haben wir auch die Vorbereitungen für einen Blackout intensiviert. So haben wir zahlreiche Syste- me und Vorgehensweisen angepasst und für den Fall NRW-Innenminister der Fälle gehärtet. Wachen und Funkstationen sind FOTO: TOBIAS ARHELGER - STOCK.ADOBE.COM Herbert Reul (3. v. links) mit Netzersatzanlagen ausgestattet beziehungs- übergab Ende Novem- weise vorhandene Systeme erweitert worden. Auch ber 2022 mit Land- haben wir dafür gesorgt, dass wir bei einem Ausfall tagspräsident André von Telefonleitungen weiter untereinander kommu- Kuper (4. v. rechts) ein Feuerwehrfahrzeug nizieren können. mit Drehleiter an die Insgesamt haben wir für die Themen Treibstoffversor- Ukrainehilfe Delbrück gung zur Gewährleistung der Mobilität, Kommunika- tion und IT zur Erfüllung polizeilicher Kernaufgaben, Notstromertüchtigung der Liegenschaften sowie insbesondere für die Gewährleistung der Einsatzfä- higkeit des Personals umfangreiche Konzepte entwi- Die NRW-Polizei ist auf drohende Versorgungsengpässe und Stromausfälle gut vorbereitet ckelt. Dazu zählt beispielsweise das Beschaffen von mobilen Tanks sowie Satellitentelefonen, aber auch Gleichzeitig laufen natürlich die Hilfsmaßnahmen der das zentrale Bevorraten von haltbaren Lebensmitteln. Initiative „NRW hilft der Ukraine“ unter Schirmherr- Ich kann Ihnen versichern, dass die Blaulichtfamilie schaft von Ministerpräsident Henrik Wüst weiter. So weiterhin alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um ist es uns in enger Zusammenarbeit mit den Uniklini- auch in extremen Zeiten für die Sicherheit der Men- ken Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Müns- schen in NRW zu sorgen. ◼ Hennefer Ordnungsamt jetzt mit Bodycams I n der Stadt Hennef haben die Mitarbeitenden des Ordnungs- zunehmend respektloses und aggressives Verhalten gegenüber dienstes bei ihren Einsätzen nun Bodycams dabei. Zusammen Ordnungskräften. Angriffe auf unsere Ordnungs-, Einsatz- oder mit den Mitarbeiterinnen des Stadtordnungsdienstes (Foto Rettungskräfte sind ein absolutes No-Go.“ ◼ rechts) stellten Bürgermeister Mario Dahm (Mitte), der 1. Bei- geordnete Michael Walter (2. v. links) und Ordnungsamtsleiter Jochen Breuer (links) die Bodycams vor. Die kleinen technischen Helfer sollen die Sicherheit der Ordnungskräfte verbessern und mittels Ton- und Bildaufzeichnung eine deeskalierende Wir- kung erzielen. „Wir sind überzeugt, dass die Bodycams helfen, den Streifendienst sicherer zu machen. Die Möglichkeit, Über- griffe zur Not per Knopfdruck aufzeichnen und dokumentieren zu können, wirkt abschreckend. Bodycams können kritische Situationen, die zu eskalieren drohen, entschärfen“, erhofft FOTO: STADT HENNEF sich Ordnungsamtsleiter Breuer. Auch Bürgermeister Dahm ist überzeugt, dass mithilfe der Bodycams die Sicherheit der Mit- arbeitenden weiter verbessert werden kann. „Es liegt in unserer Verantwortung, die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen im Einsatz bestmöglich zu schützen, gerade im Hinblick auf ein 10 Städte- und Gemeinderat 3/2023
SICHERHEIT Viele Menschen - vor allem Frauen - FOTO: PHOTOGRAPHEE.EU - STOCK.ADOBE.COM fühlen sich nachts unsicher und sogar bedroht Wirksame Kriminalprävention Julian Pritsch ist Geschäftsführer des Landespräventionsrats auf kommunaler Ebene NRW beim Ministe- rium der Justiz des Landes NRW Zur Steigerung der Sicherheit und des Sicherheitsempfindens sollten Städte und Gemeinden mit staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren und der Bürgerschaft zusammenarbeiten I m Jahr 2021 wurden insgesamt 1.201.472 Straftaten ab 16 Jahren - rund 38.000 davon aus 89 zufällig in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik Nord- ausgewählten nordrhein-westfälischen Kommunen rhein-Westfalen erfasst. Rund ein Viertel aller Fäl- - unter anderem zu ihren Erfahrungen mit Krimina- le nimmt dabei die sogenannte Straßenkriminalität lität, ihrem Anzeigeverhalten, ihrem Sicherheitsge- im öffentlichen Raum ein, also Straftaten, die aus- fühl und ihren Einstellungen gegenüber sowie ihrer schließlich oder überwiegend auf öffentlichen Stra- Bewertung der Polizei und der polizeilichen Arbeit DIE AUTOREN ßen, Wegen oder Plätzen, einschließlich öffentlicher befragt. In Nordrhein-Westfalen wurden darüber hi- Verkehrsmittel, begangen werden. naus vertiefende Fragen zum Thema Sicherheit und In einem Sonderfragenmodul der vom Bundeskri- dem „Raumbezogenen Sicherheitsgefühl“ gestellt, minalamt bundesweit durchgeführten und über zu denen bereits ein umfassender Forschungsbericht den europäischen Sicherheitsfond kofinanzierten veröffentlich worden ist. Bevölkerungsbefragung „Sicherheit und Krimina- Im Rahmen der Studie wurde unterschieden zwi- lität in Deutschland“ (SKiD) wurde in Nordrhein- schen dem Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum in Westfalen insbesondere das Sicherheitsgefühl im der Wohngegend der Bürgerinnen und Bürger sowie öffentlichen Raum betrachtet. Die Studie wurde dem Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum ihres von der Kriminalistisch-Kriminologischen For- Wohnortes, also der Stadt oder Gemeinde, in der sie schungsstelle des Landeskriminalamtes Nordrhein- leben. Dabei wurden insbesondere öffentliche Stra- Westfalen begleitet. ßen, Wege und Plätze, die Innenstadt beziehungswei- se der Ortskern, Parkanlagen und Bahnhöfe betrach- Dr. Maike Meyer ist Sicherheitsgefühl in NRW In der ersten Erhe- tet. Die Ergebnisse zeigen: Tagsüber fühlen sich die Leiterin der Kriminalis- bungswelle im Herbst/Winter 2020 wurden bun- Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen im tisch-Kriminologischen desweit mehr als 120.000 Bürgerinnen und Bürger öffentlichen Raum überwiegend sicher, nachts hin- Forschungsstelle des Landeskriminalamtes NRW Städte- und Gemeinderat 3/2023 11
SICHERHEIT gegen, ausgenommen von der eigenen Institutionelle Verankerung Für eine nachhaltig Wohngegend, überwiegend unsicher angelegte Kriminalprävention ist die institutionelle ionell · rechtsstaatlich (siehe Abbildung unten). Verankerung des Präventionsgremiums in der Kom- profess bürgerorientiert · Weitere Analysen legen nahe, dass ins- mune mit hauptamtlicher Geschäftsführung sowie besondere Personen, die sich persönlich ausreichenden finanziellen Ressourcen notwendige als vulnerabel wahrnehmen und das Voraussetzung. Der Geschäftsführung obliegen ins- Risiko, Opfer von Straftaten zu werden besondere die Organisation der laufenden Geschäfte als hoch einschätzen, ein vergleichswei- und die Öffentlichkeitsarbeit, wie Pressearbeit und se geringeres Sicherheitsgefühl äußern. Internetseite, des Gremiums. Zudem zeigt sich, dass die Wahrneh- Sicherheit und Krim inal ität in Deutschland 202 0 zum Thema mung von Unordnung als sogenannte Prävention als Chefsache Um der Bedeutung der Nordrhein-Westfalen Erste Ergebnisse für der Woh ngegend“ Incivilities - insbesondere von Müll und kommunalen Kriminalprävention Ausdruck zu ver- hen Rau m und in „Sicherheit im öffentlic Abfall auf den Straßen - einen negati- leihen, sollte dem Präventionsgremium eine Person ven Einfluss auf das Sicherheitsgefühl hoher Repräsentanz, zum Beispiel Bürgermeisterin der Bevölkerung ausübt. Hingegen beziehungsweise Bürgermeister, vorstehen. Ent- führen eine attraktive baulich-räum- scheidend ist, dass so die Unterstützung nach innen liche Gestaltung von Wohngegenden und außen kommuniziert und gelebt wird. sowie die Wahrnehmung eines engen sozialen Zusammenhalts und aus- Vernetzung verschiedener Akteure Die wirk- Ein Forschungsbericht geprägter informeller Sozialkontrolle in der same Prävention von Kriminalität kann nur ge- liefert erste Ergebnisse Nachbarschaft und damit die sogenannte kollektive meinschaftlich unter Einbeziehung staatlicher und für NRW zum Thema Wirksamkeit zu einem gesteigerten Sicherheitsemp- nichtstaatlicher Akteure gelingen. Es bedarf der „Sicherheit im öffent- finden. Fachexpertise verschiedener Ressorts einer Kom- lichen Raum und in der munalverwaltung unter Berücksichtigung von lokal- Wohngegend“ Kommunale Kriminalprävention Zur Steige- spezifischen Entstehungsprozessen devianten bezie- rung der Sicherheit und des Sicherheitsempfindens hungsweise delinquenten Verhaltens. der Bürgerinnen und Bürger sollte ein auf lokale Dies umfasst zum Beispiel die Strafverfolgungsbe- Gegebenheiten einer Kommune angepasstes Prä- hörden und das Ordnungsamt, jedoch genauso die Nach einer Befragung ventionsgremium installiert werden, weil Krimi- Jugendämter und die Schulen sowie zur Förderung des Landeskriminalamtes nalität dort entgegengewirkt werden muss, wo sie der sogenannten städtebaulichen Kriminalpräven- NRW fühlen sich Menschen im öffentlichen geschieht. Ein auf Dauer angelegtes Präventions- tion das Bauamt. Ferner sollten (Sport-)Vereine, die Raum tagsüber deutlich gremium baut dabei auf die nachstehenden Säulen Kirchen, Integrationsräte, Seniorenvertretungen sicherer als nachts auf. und weitere Akteure mit einbezogen werden, um so Wohngegend 3,9 96,1 (n=13.362) öffentliche Straßen, Wege und Plätze 3,9 96,1 (n=13.346) tagsüber Innenstadt 5,7 94,3 (n=13.332) Parkanlagen 16,6 83,4 (n=13.289) Bahnhof 27,7 72,3 (n=13.186) Wohngegend 34,1 65,9 (n=13.354) öffentliche Straßen, Wege und Plätze 54,1 45,9 (n=13.242) SCHAUBILD: LANDESKRIMINALAMT NRW nachts Innenstadt 54,8 45,2 (n=13.274) Parkanlagen 74,3 25,7 (n=13.274) Bahnhof 73,1 26,9 (n=13.217) 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Prozent eher/sehr unsicher eher/sehr sicher 12 Städte- und Gemeinderat 3/2023
potenziellen Risikofaktoren von Kriminalität unter Müll und Abfall FOTO: ROIBU - STOCK.ADOBE.COM Einbeziehung der Zivilgesellschaft entgegenwirken auf den Straßen zu können. wirken sich negativ auf das Sicherheitsge- Bürgerschaftliches Engagement Neben den ge- fühl aus nannten Institutionen sollten auch engagierte Per- sonen der Bürgerschaft mit in die Kommunale Krimi- nalprävention einbezogen und fest in die Strukturen verankert werden. Dies ist insbesondere für die Ent- wicklung von Nachbarschaften und die Vermittlung von Normen in der Öffentlichkeit förderlich. polizei.nrw/artikel/ Sicherheitsanalyse Ausgangspunkt einer bedarfs- sicherheit-und-krimi- gerechten Präventionsarbeit ist eine Sicherheitsana- und -ökonomische Daten umfasst. Zudem ist eine tur- nalitaet-in-deutsch- lyse, die offizielle Informationen der Polizeilichen Kri- nusmäßige Bürgerbefragung zum Sicherheitsgefühl land minalstatistik sowie kommunale soziodemografische integraler Bestandteil der Sicherheitsanalyse. ◼ Präsidium diskutiert mit Ministerin Josefine Paul I ntensive Diskussionen über die aktuellen Herausforderungen bei der Aufnahme von Geflüchteten auf der Präsidiums- sitzung des Städte- und Gemeindebundes NRW (StGB NRW) in Kamen: Zu Gast war dort wenige Tage vor dem Flüchtlingsgip- fel in Berlin Josefine Paul (kleines Foto 2 v. links), NRW-Ministerin für Flucht und Inte- gration. Eine Stunde lang nutzten die Mit- glieder des Präsidiums parteiübergreifend die Gelegenheit, im direkten Austausch die Erwartungen der Kommunen an das Land vorzutragen. In vielen Städten und Gemeinden seien die Grenzen des Leistbaren überschritten, die für eine dauerhafte Bundesfinanzierung Kräfte der Beschäftigten gingen angesichts im Sinne einer Integrationspauschale ein- der hohen Dauerbelastung zur Neige. Mehr- setzen. Der Aufforderung, eine Zahl als fach wurde die Kritik laut, das Land habe Zielgröße für die zu schaffenden Unter- FOTOS (2): STADT KAMEN die Kommunen bisher nicht ausreichend bringungskapazitäten in NRW zu nennen, entlastet und agiere bei der Suche nach kam Paul allerdings nicht nach. geeigneten Unterkünften zu umständlich. Mehrere Präsidiumsmitglieder warnten Bereits im vergangenen Herbst hatten die vor einer gesellschaftlichen Zerreißrobe, Städte und Gemeinden das Land aufgefor- sollten die Kommunen bei der Unter- dert, sich beim Ausbau der Kapazitäten am bringung nicht deutlich stärker entlas- Niveau von 2015/2016 zu orientieren und tet werden. Die Lage erfordere erheblich die Verabredung, auch weiterhin einen in- kurzfristig 80.000 Plätze aufzubauen. Bis- schnelleres und weitsichtiges Handeln tensiven und regelmäßigen Austausch zu her wurden lediglich 31.000 Plätze in Lan- von Bund und Land. Die Kommunen ver- pflegen. So sei das Land aus erster Hand deseinrichtungen geschaffen. suchten bereits, für den nächsten Winter darüber informiert, was den Städten und Ministerin Paul räumte ein, man komme vorzusorgen und vor die Lage zu kommen. Gemeinden auf den Nägeln brennt. Zu- in der Sache nicht so schnell voran wie er- Das Land halte sich hingegen mit Abstim- dem bedankten sich Ruthemeyer und wünscht, arbeite aber unter Hochdruck mungsfragen von Behörden und Minis- Hauptgeschäftsführer Christof Sommer daran, die Situation zu verbessern. Ihr sei terien auf. Sämtliche staatliche Ebenen (rechts) bei Gastgeberin Elke Kappen bewusst, dass die Kommunen immense müssten deutlich flexibler und pragma- (links), Vizepräsidentin und Bürgermeis- Belastungen zu stemmen hätten. Diese tischer handeln. terin der Stadt Kamen, für die Einladung seien nicht dauerhaft zu leisten. Daher StGB NRW-Präsident Dr. Eckhard Ruthe- in die Hansestadt am Rande des Ruhrge- werde sie sich auch beim Gipfel in Berlin meyer (2. v. rechts) begrüßte abschließend biets. ◼ Städte- und Gemeinderat 3/2023 13
Die Mitarbeitenden des interkommu- FOTO: JENS UDELHOVEN / STADT LOHMAR nalen Ordnungs- dienstes sind an Wochenenden und vor gesetzlichen Feiertagen unterwegs Ordnungsdienst sorgt für größeres Sicherheitsgefühl Die Kommunen Eitorf, Lohmar, Much, Neunkirchen-Seelscheid, Ruppichteroth, Sankt Augustin und Windeck haben sich unter Federführung Lohmars zu einem interkommunalen Ordnungsdienst zusammengeschlossen DER AUTOR I m Jahr 2016 ist die Kreispolizeibehörde Siegburg auf beteiligten Kommunen entsprechend ihrer Einwoh- Jens Udelhoven ist die Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises zugegangen nerzahl anteilig getragen. Die Einzelheiten wurden in Mitarbeiter im Haupt- und hat darum gebeten, dass Ruhestörungseinsät- einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung und hierzu amt der Stadt Lohmar ze in den Abend- und Nachtstunden - zur Entlastung gesondert aufgeführten Eckpunkten geregelt. Nach der Polizei - von den Ordnungsbehörden übernom- den Ratsbeschlüssen in allen beteiligten Städten und men werden. Diese wurden in der Vergangenheit Gemeinden im Oktober 2018 wurde der gemeinsame durch die Polizei wahrgenommen, obwohl nur eine Ordnungsdienst verabschiedet. subsidiäre Zuständigkeit gegeben war. Einsatz bei Ruhestörungen Die Kommunen konn- Kommunale Kooperation Die öffentliche Sicher- ten mit dem Landrat und der Kreispolizeibehörde eine heit und Ordnung innerhalb einer Kommune beein- verträgliche Lösung entwickeln. Die Ein- flusst die Lebensqualität in einer Stadt oder Gemeinde satzzeiten für die Ruhestörungseinsätze nicht unwesentlich. Die Tatsache, dass die Verschie- sind auf das Wochenende und die Zeit bung der Aufgaben an Gemeinden landesweit vollzo- vor gesetzlichen Feiertagen gen wurde, stellt alle Kommunen vor große Heraus- begrenzt. Sie erfol- forderungen. gen in den Näch- Nachdem unter den Ordnungsämtern im Rhein-Sieg- ten von Freitag Kreis in einem gemeinsamen Arbeitskreis mit der auf Samstag und Kreispolizeibehörde Siegburg keine Einigung über von Samstag auf eine kreisweite Organisation erzielt werden konnte, Sonntag sowie vor hat die Stadt Lohmar im Jahr 2018 vorgeschlagen, gesetzlichen Feierta- dass zumindest die „Berggemeinden“ des Kreises un- gen jeweils von 22 ter Federführung der Stadt Lohmar eine Zusammen- bis 4 Uhr. Hierfür arbeit anbieten könnten. So haben sich die Kommu- wurden drei Voll- nen Eitorf, Lohmar, Much, Neunkirchen-Seelscheid, zeitäquivalente Ruppichteroth, Sankt Augustin und Windeck zu einer vereinbart - eine interkommunalen Lösung zusammengefunden. Vollzeitkraft und Die Federführung für das Personal und die Organi- vier Teilzeitkräfte. sation liegt bei der Stadt Lohmar. Die Kosten für die Am 17. April 2019 Beschäftigten und die Ausrüstung werden von den hat der interkom- 14 Städte- und Gemeinderat 3/2023
SICHERHEIT munale Ordnungsdienst seine Tätigkeit aufgenom- men. Nach entsprechender Schulung der Mitarbei- tenden wurde der aktive Streifendienst am 19. Juli 2019 in Zusammenarbeit mit der Polizei gestartet. Die eingesetzten Ordnungsdienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter tragen Uniformen mit der Aufschrift „Ordnungsamt“, haben Vollzugsrechte und sind in Doppelstreifen unterwegs. Neben der Abarbeitung von Ruhestörungseinsätzen werden auch neuralgische Punkte und besonders auffällige Örtlichkeiten in den Kommunen bestreift. Die Bestreifung richtet sich dabei nach dem Einsatz- anfall innerhalb des jeweiligen Dienstzeitraumes. Das bedeutet: Je geringer die Anzahl der Ruhestö- FOTO: MORICH rungseinsätze ist, desto häufiger werden neuralgi- sche Punkte innerhalb der jeweiligen Kommunen bestreift. Die Anteile richten sich ebenfalls nach dem Verrechnungsschlüssel der Kommunen. Die Ordnungsamtsmitarbeitenden nahmen im Juli 2019 im Beisein des damaligen Bürgermeisters Horst Krybus Erhöhtes Sicherheitsgefühl Durch die Verbesse- aus Lohmar und seiner Amtskolleginnen und -kollegen rung der Präsenz im öffentlichen Raum soll sich ein Nicole Sander aus Neunkirchen-Seelscheid, Mario Loskill erhöhtes Sicherheitsgefühl der Bevölkerung entwi- aus Ruppichteroth und Alexandra Gauß aus Windeck, ckeln. Gerade in den Nachtstunden soll die geltende Kämmerer Christopher Salaske aus Much, Alt-Bürgermeis- allgemeine Nachtruhe durch den Einsatz des Ord- ter Dr. Rüdiger Storch aus Eitorf sowie Ordnungsamtslei- nungsdienstes möglichst gesichert sein. Vorrangiges ter Jörg Maurer ihre Arbeit auf (v. rechts) Ziel ist die Reduzierung und Vermeidung von Ruhe- FOTO: FAHRUN störungen innerhalb der teilnehmenden Kommunen Zusammenarbeit mit der Polizei Der interkommu- der interkommunalen Zusammenarbeit. nale Ordnungsdienst funktioniert auch deshalb so gut, „Bisher hat sich der Ordnungsaußendienstdienst weil die Zusammenarbeit mit der Leitstelle der Polizei bewährt und der Aufwand gelohnt“, betont Bürger- in Siegburg und den Außenstellen etwa in Sankt Au- meisterin Claudia Wieja aus Lohmar. gustin sich gut entwickelt hat. So erfolgt zwischen den Bürgermeisterin Claudia Wieja aus Lohmar zieht „Aus der Bevölkerung und jeweiligen Dienststellen der Polizei und der Ordnungs- nach fast vier Jahren von den teilnehmenden behörde regelmäßig ein auf die örtlichen Gegebenhei- Ordnungsaußendienst eine Kommunen gibt es vie- ten angepasster Informationsaustausch, der - wenn er- positive Bilanz le positive Rückmel- forderlich - auch zu Vollzugshilfen durch die Polizei oder dungen. Die Präsenz zu Amtshilfen durch den Ordnungsdienst führen kann. schafft Bürgernähe Nach jedem Einsatz-Wochenende beziehungsweise und vermittelt Si- nach jeder Einsatz-Schicht vor einem gesetzlichen cherheit.“ Feiertag erhalten die beteiligten Kommunen Ein- satzberichte des Ordnungsdienstes, um gegebenen- falls gegen die jeweiligen Störerinnen und Störer Ordnungswidrigkeits- oder Bußgeldverfahren einleiten zu können. Darüber hinaus erhalten die teilnehmenden Kommunen jährlich einen Tätigkeitsbericht mit detaillierten Einsatzstatistiken. Aus diesem Be- richt wird nicht nur die Entwicklung innerhalb des Jahres aufgezeigt, sondern auch die Sinnhaftig- keit des Verrechnungsschlüssels dargestellt, der allen beteiligten Kommunen zur Verfügung gestellt wird. Die zugrunde gelegten Verrechnungsbeträge ergeben sich aus den jährlich aktualisierten Ausarbeitungen Das Einsatzgebiet erstreckt sich auf die beziehungsweise Darlegungen der Kommunalen Kommunen Eitorf, Lohmar, Much, Neun- Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement kirchen-Seelscheid, Ruppichteroth, Sankt (KGSt), in denen jedoch die administrativen Aufwen- Augustin und Windeck (grün) dungen und Dienstleistungen etwa durch die Quer- schnittsämter, wie Haupt- und Personalamt oder Käm- KARTE: STADT LOHMAR merei, keine realitätsnahe Berücksichtigung finden. ◼ Städte- und Gemeinderat 3/2023 15
SICHERHEIT Die Mitglieder des Stabs für außergewöhnliche Ereignisse der Stadt Dorsten haben kürzlich mögliche Katastrophen- szenarien trainiert FOTO: STADT DORSTEN Chefsache Krisenmanagement Julia Gaarz ist Berate- rin für Krisenmanage- ment bei der Kommu- und Krisenkommunikation nal Agentur NRW Für den Fall von Großeinsatzlagen, Katastrophen und besonderen Gefahren für die Bevölkerung sollten Städte und Gemeinden sogenannte Stäbe für außergewöhnliche Ereignisse vorhalten U nter dem Titel „Chefsache Krisenmanage- arbeitende in der Kernverwaltung zur Verfügung. ment und -kommunikation“ fand im Oktober Kreise haben im Vergleich dazu rund zehnmal so 2022 die zweite Veranstaltung der Kommunal viele Beschäftigte. Agentur NRW zu diesem Themenbereich statt. Lagen Auch die Zuständigkeiten unterscheiden sich, so DIE AUTORINNEN in der ersten Tagung im Jahr 2021 die Schwerpunk- dass sich einige der in den Empfehlungen genann- te in den Grundlagen des Krisenmanagements, den ten Ämter, wie das Gesundheitsamt, auf der unters- Schnittstellen zum Kreis sowie dem Zusammenspiel ten Verwaltungsebene nicht wiederfinden. Diese von Psychologie und Krisenmanagement, standen umfassende Aufbauorganisation ist jedoch für die im Jahr 2022 speziell die Krisenkommunikation, die Kernaufgaben eines örtlichen SAE, nämlich die Auf- Herausforderungen bei der Implementierung eines rechterhaltung der Handlungsfähigkeit der eigenen Stabes für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) sowie Verwaltung und die Information der Bevölkerung, Erfahrungsberichte im Mittelpunkt. An der Tagung nicht zwingend erforderlich. nahmen rund 95 Teilnehmende aus NRW sowohl vor Dies bestätigte auf der Tagung auch Michael Pieper Ort als auch online teil. Die wichtigsten Erkenntnisse in seiner Funktion als Fachbereichsleiter für Bildung, werden hier zusammengefasst. Kultur, Sport und Ordnungsangelegenheiten und somit Verantwortlicher für den SAE in der Stadt Lü- Implementierung eines Krisenstabes Es gibt dinghausen in seinem Erfahrungsbericht. Er betonte, Anne Kathrin Esser ist zahlreiche Empfehlungen und Veröffentlichungen wie wichtig es im Vorfeld sei, die organisatorischen Produktgruppenlei- zur Aufbau- und Ablauforganisation für Krisenstäbe und personellen Rahmenbedingungen für einen SAE terin für Arbeits- und auf Ebene der Kreise. Diese können jedoch nur rudi- festzulegen. Er appellierte, die Mitarbeitenden samt Brandschutz bei der mentär auf die Ebene der kreisangehörigen Kommu- Stellvertretenden auf ihre mögliche Aufgabe im SAE Kommunal Agentur nen heruntergebrochen werden. Insbesondere die im Rahmen von Schulungen und Übungen vorzube- NRW zur Verfügung stehende Anzahl an Mitarbeitenden reiten. in der Kernverwaltung unterscheidet sich je nach Größe der Kommune. So stehen beispielsweise einer Kommunikation in Krisen Eine Krisenkommu- Kommune mit 8.000 Einwohnenden rund 60 Mit- nikation ist dann erfolgreich, wenn sie vorbereitet, 16 Städte- und Gemeinderat 3/2023
frühzeitig, verlässlich und zielgruppenorientiert ist. FOTO: FEUERWEHR ERFTSTADT Zugleich wird ein gutes Krisenmanagement nur dann auch gut wahrgenommen, wenn die Krisenkommu- nikation funktioniert. Hierfür müssen verschiedene Szenarien vorbereitet und die Rollenverteilung sowie Aufgaben klar definiert werden. Damit dies für alle Mitarbeitenden nachvollziehbar ist, sollte ein auf die Verwaltung passender Leitfaden zur Krisenkommuni- kation erstellt werden. Für eine zielgruppengerechte Krisenkommunikation muss das allgemeine Nutzerverhalten bei der Nach- richtengewinnung beachtet werden, das sich in den letzten Jahren verändert hat. So gewinnen mittler- weile die meisten Erwachsenen ihre Nachrichten aus dem Internet. Hierbei nutzen die über 25-Jährigen pri- mär traditionelle Nachrichtendienste und die 18- bis Bei Katastrophen wie dem Hochwasser im Juli 2021 sind Krisenmanagement und 25-Jährigen soziale Medien. Die verstärkte Nutzung Krisenkommunikation wichtig von sozialen Medien muss bei den Planungen berück- sichtigt werden, da sie sehr zeit- und personalintensiv Da Internet ist. Unterstützen können dabei auch spezielle Moni- und soziale toring-Programme, die Internetseiten, Nachrichten- Netzwerke als dienste und Blogs nach bestimmten Schlüsselwör- Informations- tern durchsuchen. und Kommuni- Zudem gibt es beispielsweise beim Technischen Hilfs- kationsquellen bei Einsätzen werk ein sogenanntes Virtual Operations Support immer wichtiger FOTO: THW / NICOLAS HEFNER Team (VOST), das zur Unterstützung angefordert werden, hat werden kann. Die Mitglieder haben meist einen jour- das Technische nalistischen oder medientechnischen Hintergrund Hilfswerk „Vir- und können aus dem gesamten Bundesgebiet beim tual Operations Monitoring des Internets und der sozialen Medien in Support Teams“ einem Krisenfall unterstützen, indem sie Daten für (VOST) gegrün- die Weiternutzung aufbereiten. det Beispiel Hochwasser 2021 Das Sturmtief „Bernd“ im Juli 2021 führte vor allem im Westen Deutsch- lands zu einer bis dahin unvorstellbaren Flutkatas- Gutes Krisenmanagement wird trophe. Anhand des zeitlichen Verlaufs erfolgte auf der Tagung die Darstellung der Lageentwicklung gut wahrgenommen, wenn die und Auswertung des Unwetterereignisses in der Stadt Erftstadt. Wichtigste Erkenntnis ist das Thema Kommunikation funktioniert Kommunikation. Aufgrund ausgefallener Infrastruk- tur kamen wichtige Informationen zur Entwicklung und Einschätzung der Lage nicht in Erftstadt an. Auch bewältigt werden. Insbesondere für den strukturier- müssen an der ein oder anderen Stelle die Meldewe- ten Einsatz dieser Personen sollten entsprechende ge nochmals überprüft werden. Planungen erarbeitet werden. Die bedeutende Rolle eines SAE für jede Kommu- Unabhängig von der Art der Krise - Naturereignisse, ne wurde nicht nur im Abschlussbericht „Katastro- Flüchtlingsströme, mögliche Strom- und Gasmangel- phenschutz der Zukunft“ durch das Ministerium des lagen oder Bekämpfung der Afrikanischen Schweine- Innern NRW erkannt. Auch in der Auswertung der pest - werden Kommunen immer wieder in besondere Unwetterlage „Bernd“ kam die Verwaltungsführung Lagen versetzt, indem ein SAE die Funktionsfähig- der Stadt Erftstadt zu der Erkenntnis, dass neben keit ihrer Kommune aufrechterhält. Die Kommunal einer geregelten Aufbau- und Ablauforganisation Agentur NRW wird auch zukünftig gemeinsam mit die personelle und materielle Ausstattung des SAE dem Städte- und Gemeindebund NRW die Kommu- verbessert werden kann. Zudem müssen zwingend nen beim Thema Krisenmanagement unterstützen. regelmäßige Schulungen und Übungen stattfinden. So sind auch in diesem Jahr Tagungen zum Thema Letztlich konnte die Katastrophe im Jahr 2021 auch Krisenkommunikation für Pressestellen und die Fort- dank vieler Ehrenamtlicher in den Hilfsorganisatio- führung der Tagungsreihe „Krisenmanagement ist nen, aber auch durch Spontanhelferinnen und -helfer Chefsache“ geplant. ◼ Städte- und Gemeinderat 3/2023 17
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