Steckbrief seltener Krankheitsbilder: Kombinationstherapie von Moclobemid und Duloxetin als Auslöser eines Serotonin-Syndroms

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Steckbrief seltener Krankheitsbilder: Kombinationstherapie von Moclobemid und Duloxetin als Auslöser eines Serotonin-Syndroms
Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
             www.kup.at/
 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Steckbrief seltener
                                                                               Homepage:
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Kombinationstherapie von Moclobemid                              JNeurolNeurochirPsychiatr

und Duloxetin als Auslöser eines                                       Online-Datenbank
                                                                         mit Autoren-
Serotonin-Syndroms
                                                                      und Stichwortsuche
Vanicek T, Spies M, Strnad A
Lanzenberger R, Kasper S
Journal für Neurologie
Neurochirurgie und Psychiatrie
2014; 15 (2), 96-98

                                                                                            Indexed in
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Kombinationstherapie von Moclobemid und
 Duloxetin als Auslöser eines Serotonin-Syndroms
                                           T. Vanicek, M. Spies, A. Strnad, R. Lanzenberger, S. Kasper
                         Aus der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien

 Einleitung                                                              Bandbreite an psychischen und somatischen Effekten, wobei
                                                                          die Wirkung von Serotonin auf die Stimmung und den Schlaf-
Das Serotonin-Syndrom (SS; serotonerges Syndrom) entsteht                 Wach-Rhythmus im ZNS sowie auf die Schmerzverarbeitung
durch eine vermehrte Anhäufung des Neurotransmitters Sero-                im Rückenmark aus psychiatrischer Sicht zentral ist. Weiters
tonin im zentralen Nervensystem (ZNS). Es ist meist die Fol-              spielt Serotonin bei der Regulation des Herz-Kreislauf-Sys-
ge einer Arzneimittelinteraktion verschiedener, das Serotonin             tems, der Blutgerinnung und des Magen-Darm-Traktes sowie
erhöhender Substanzen, insbesondere, wenn Monoaminooxi-                   des Appetits, der Temperatur und des Sexualverhaltens eine
dase- (MAO-) Hemmer mit anderen proserotonergen Psycho-                   wesentliche Rolle [2]. Es wird im menschlichen Körper aus der
pharmaka gleichzeitig eingenommen werden, obwohl ver-                     Aminosäure Tryptophan nach vorangegangener Decarboxy-
schiedenste, andere pharmakologische Substanzen ebenfalls                 lierung und Hydroxylierung synthetisiert. Bisher sind 7 ver-
verursachend wirken können (Tab. 1). Im Zuge eines SS kann                schiedene Serotonin-Rezeptorfamilien (5-HT1–5-HT7) und
es zu kognitiven, neurologischen und/oder autonomen Störun-               mindestens 16 verschiedene Rezeptoren und Transporter iden-
gen in unterschiedlichen Schweregraden kommen (Tab. 2),                   tifiziert worden [3, 4], wobei die Funktionen der Rezeptoren
welche mitunter in milder Form diagnostisch übersehen wer-                unterschiedlich und die Verteilung inhomogen ist [5, 6]. Sero-
den, aber auch in schweren Fällen potenziell lebensbedrohlich             tonerge Neurone des ZNS finden ihren Ursprung in den dorsa-
sein können [1, 2].                                                       len und medialen Raphé-Kernen, welche im Hirnstamm loka-
                                                                          lisiert sind [7, 8], in eine Vielzahl von Gehirnregionen aus-
Serotonin (5-HT) dient als Neurotransmitter im ZNS und als                strahlen und dadurch modulierend auf die unterschiedlichen
Gewebshormon im restlichen Körper und besitzt eine große                  Regulationssysteme wirken. Zusammengefasst wird ein Man-
                                                                          gel an Serotonin primär mit affektiven Erkrankungen, im Spe-
                                                                          ziellen mit der Depression, in Verbindung gebracht. Serotonin
 Tabelle 1: Pharmaka, welche ein Serotonin-Syndrom auslö-
 sen können. Nach [1].
                                                                          spielt allerdings bei unterschiedlichen psychiatrischen Erkran-
                                                                          kungen (u. a. Angsterkrankungen, Schizophrenie, Zwangs-
 Serotonin-Wiederaufnahmehemmer: Sertralin, Fluoxetin, Fluvox-            erkrankungen, Bulimie) eine Schlüsselrolle.
 amin, Paroxetin, Citalopram
 Tri- und tetrazyklische Antidepressiva: Trazodon, Nefazodon,
 Buspiron, Clomipramin, Venlaflaxin                                        Symptomatik und Diagnostik
 MAO-Hemmer: Phenelzin, Moclobemid, Clorgilin, Isocarboxazid
 Antiepileptika: Valproinsäure                                            Das Serotonin-Syndrom wurde erstmals im Zuge eines Fall-
 Analgetika: Meperidin, Fentanyl, Tramadol, Pentazocin                    berichts in den späten 1950er-Jahren beschrieben und von
 Antiemetika: Ondansetron, Granisetron, Metoclopramid                     Harvey Sternberg 1991 erstmalig als Syndrom definiert [9].
 Antimigränemedikation: Sumatriptan                                       Die von ihm beschriebenen Kriterien werden seitdem großteils
 Bariatrische Medikation: Sibutramin                                      zur Diagnosestellung herangezogen. Klinisch kann es im Rah-
 Antibiotika: Linezolid, Ritonavir                                        men des SS zu einer Veränderung des psychisch-kognitiven
 Drogen: Methylenedioxymethamphetamin (MDMA, Ecstasy),                    Zustandsbildes (Agitiertheit, Hyperaktivität, Ruhelosigkeit,
 Lysergsäurediethylamid (LSD), 5-Methoxydiisopropyltryptamin              Ängstlichkeit, Lethargie, Orientierungslosigkeit, Delirium,
 („Foxy Methoxy“), syrische Steppenraute                                  Auftreten von Halluzinationen bis hin zum somnolenten und
 Stimmungsstabilisatoren: Lithium                                         komatösen Zustandsbild), zu einer neuromuskulären Hyper-
 Diätetische Mittel und Kräuter: Tryptophan, Hypericum perfora-           aktivität (Rigidität, Hyperreflexie, erhöhte Muskeltonizität,
 tum, Ginseng
                                                                          Zähneknirschen, klonische Symptome, Ataxie und Tremor)
                                                                          und zu autonom-somatischen Störungen (inkludiert erweiter-
 Tabelle 2: Serotonin-Syndrom-bezogene, psychisch-kogni-                  te und nichtreaktive Pupillen, Tachykardie, Tachypnoe, Hy-
 tive, neuromuskuläre und autonome Symptomatik                            per- oder Hypotonie, Fieber, Diarrhö, erhöhte Verdauungsak-
                                                                          tivität, Bauchschmerzen und unspezifisches Schwitzen) kom-
 Psychisch-kognitive Störungen: Agitiertheit, Hyperaktivität, Ruhe-
 losigkeit, Ängstlichkeit, Lethargie, Orientierungslosigkeit, Delirium,   men, welche als klinische Triade die Symptomatik des SS zu-
 Auftreten von Halluzinationen bis hin zum somnolenten und koma-          sammenfassen.
 tösen Zustandsbild
 Neuromuskuläre Störungen: Rigidität, Hyperreflexie, erhöhte              Das SS manifestiert sich üblicherweise nach erstmaliger
 Muskeltonizität, Zähneknirschen, klonische Symptome, Ataxie und
 Tremor                                                                   Gabe, Erhöhung oder zusätzlicher Gabe einer proserotoner-
 Autonome Störungen: erweiterte und nichtreaktive Pupillen,               gen Substanz innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen. Mil-
 Tachykardie, Tachypnoe, Hyper- oder Hypotonie, Fieber, Diarrhö,          de Verlaufsformen des SS werden leicht übersehen, da > 85 %
 vermehrtes Auftreten von Verdauungsaktivität, Bauchschmerzen             der Ärzte für Allgemeinmedizin nur wenig Wissen über diag-
 und unspezifisches Schwitzen
                                                                          nostische Kriterien haben [10], Symptome als nicht pharma-

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Steckbrief seltener Krankheitsbilder

kologisch bedingt verkennen oder diese nicht als krankheits-     störungen gekommen war, wurde die Schlafmedikation mit
assoziiert einstufen.                                            Prothipendyl von anfangs 120 mg auf 160 mg gesteigert, so-
                                                                 wie zusätzlich mit Zolpidem 20 mg augmentiert. Weiters wur-
Die Diagnose des SS basiert auf der vorliegenden klinischen      de wegen chronischen Schmerzen im Rahmen einer Poly-
Symptomatik, interpretiert auf Grundlage der Patienten- und      neuropathie und als anxiolytische Augmentationstherapie mit
Pharmakaanamnese. Zur diagnostischen Verifizierung stehen        einer Etablierung von Pregabalin 150 mg [13, 14] unter Bei-
keine Labor- oder Bildgebungsmethoden zur Verfügung [1].         behaltung der antidepressiven Einstellung auf Tranylcypro-
Differenzialdiagnostisch können eine anticholinerge Intoxika-    min 40 mg begonnen. Aufgrund von Schwindel und fehlender
tion, eine maligne Hyperthermie und ein malignes Neurolepti-     Wirksamkeit wurde die psychopharmakologische Einstellung
ka-Syndrom klinisch, aufgrund teilweiser pathophysiognomi-       mit Pregabalin nach einigen Tagen abgebrochen. Es erfolgte
scher Symptome, von einem SS differenziert werden. Zusätz-       nunmehr eine langsame Dosissteigerung von Tranylcypromin
lich erfordert eine mittlere bis schwere Erkrankungsmanifes-     auf 60 mg, wobei es auch unter dieser erhöhten Dosierung zu
tation eine neurologische und radiologische Abklärung, damit     keinem adäquaten antidepressiven Effekt kam.
kein akut aufgetretenes ZNS-Geschehen oder eine schwere In-
fektion übersehen wird.                                          Unter dem Aspekt der eingeschränkten Kombinierbarkeit
                                                                 von Tranylcypromin, einem irreversiblen MAO-Hemmer,
 Therapeutische Intervention                                    mit Antidepressiva anderer Wirkklassen wurde eine langsa-
                                                                 me Umstellung von dem irreversiblen MAO-Hemmer Tra-
Die Behandlung eines SS erfordert ein abruptes Absetzen jeg-     nylcypromin auf den reversiblen MAO-Hemmer Moclobe-
licher potenziell verantwortlicher Pharmaka, Einsetzen von       mid durchgeführt, ein Vorgehen, das auch in der Literatur für
supportiven Maßnahmen wie Flüssigkeitszufuhr, kardiovas-         die Gruppe der SSRIs [15] beschrieben wird. Nach Aufdosie-
kuläre Überwachung, sowie, falls erforderlich, die Einleitung    rung von Moclobemid in einen Zielbereich von 900 mg wurde
einer zentralen Muskelrelaxation mit gleichzeitiger Intuba-      wegen nur eingeschränkten Therapieansprechens Clomipra-
tion, damit einem möglichen Nierenversagen infolge einer         min 25 mg intravenös als Kurzinfusion in 250 ml NaCl 0,9 %
Rhabdomyolyse vorgebeugt wird. Um dem akuten Verlauf             verabreicht. Unter dieser Therapie kam es zum Auftreten von
eines SS entgegenzuwirken, ist ein schnelles und der Situation   vermehrtem Schwitzen und Verdauungsbeschwerden (Abdo-
entsprechendes medizinisches Handeln mit einer Gabe von          minalschmerzen), weswegen von einer weiteren intravenö-
Tranquilizern, Blutdrucksenkern und bei schweren Verlaufs-       sen Gabe abgesehen und aufgrund der ausgeprägten depressi-
formen von Serotoninantagonisten indiziert [11].                 ven Symptome die intravenöse Gabe von Clomipramin in ei-
                                                                 nem zeitlichen Abstand von 5 Tagen durch die orale Gabe von
 Fallbericht                                                    Duloxetin 30 mg ersetzt wurde.

Anamnese                                                         Unter der Kombinationstherapie von Moclobemid 900 mg
Bei einer 71 Jahre alten Patientin besteht eine seit 2001 be-    und Duloxetin 30 mg kam es in weiterer Folge zu einer deut-
kannte, rezidivierende depressive Störung (ICD-10: F33.2),       lichen Verschlechterung des psychopathologischen Status und
weswegen sie in den letzten Jahren mehrmalig stationär an der    des Allgemeinzustandes. Die Patientin zeigte Tremor, Ataxie,
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klini-    Rigidität und einen erhöhten Muskeltonus am ganzen Körper,
sche Abteilung für Biologische Psychiatrie, aufgenommen          primär an den unteren Extremitäten akzentuiert, sowie eine
war [12]. Bei der Aufnahme Ende August 2013 berichtete die       hypertensive Entgleisung bis zu einem maximalen Blutdruck
Patientin über eine zunehmende Verschlechterung der Stim-        von 185/115 mmHg und einer Herzfrequenz von 90/Min. und
mungslage bei ausgeprägter negativer Befindlichkeit, eine        vermehrtem Schwitzen. Allerdings kam es bei der Patientin
deutliche Reduktion des Antriebs mit Morgenpessimum,             zu keinem Auftreten einer erhöhten Temperatur oder zu un-
Anhedonie, also auch über ein herabgesetztes Aufmerksam-         spezifischen Abdominalsymptomen. Psychopathologisch war
keits- und Konzentrationsvermögen innerhalb der letzten Wo-      die Patientin bewusstseinsgetrübt, örtlich, zeitlich und situa-
chen bis Monate. Es würden Gedanken des Lebensüberdrus-          tiv desorientiert sowie agitiert und ängstlich. Weiters zeigte
ses bestehen, jedoch keine konkreten Suizidgedanken oder         die Patientin Wortfindungsschwierigkeiten und der Ductus
-pläne. Zusätzlich litt die Patientin im Rahmen einer Poly-      war inkohärent, jedoch kam es weder zu einer Hyperaktivi-
neuropathie bereits seit Jahren an diffusen Schmerzen im         tät noch zu Halluzinationen jeglicher Art. In Zusammenschau
Bereich der oberen und unteren Extremitäten. Die Patientin       der erhobenen Befunde (unauffälliges CCT, unauffälliges Cor/
war zum Zeitpunkt der Aufnahme mit Tranylcypromin 40 mg,         Pulmo, keine Auslenkung der Infektparameter) und nach Aus-
Lorazepam 2,5 mg, Prothipendyl 120 mg und Rivastigmin            schluss der wesentlichen Differenzialdiagnosen wie einer an-
TTS 9,5 mg/24 h psychopharmakologisch eingestellt. Bei der       ticholinergen Intoxikation, einer malignen Hyperthermie und
letzten stationären Aufnahme wurde bei der Patientin im Zuge     einem malignen Neuroleptika-Syndrom war hier die Diagno-
einer ausführlichen Diagnostik eine Alzheimer-Demenz im          se eines Serotonin-Syndroms hinsichtlich der zu diesem Zeit-
Frühstadium diagnostiziert.                                      punkt verabreichten Medikation als am Wahrscheinlichsten
                                                                 anzusehen. Eine Unterbringung nach dem Unterbringungsge-
Verlauf, Diagnostik und Therapie                                 setz war trotz des deliranten Zustandsbildes und der ausge-
Zu Beginn der stationären Aufnahme erfolgte eine anxiolyti-      prägten kognitiven, neurologischen und somatischen Symp-
sche und schlafanstoßende Therapie mit Lorazepam in einer        tome aufgrund fehlender Selbst- oder Fremdgefährdung nicht
maximalen Dosierung von 3,75 mg. Da es innerhalb der ers-        erforderlich. Nach abruptem Absetzen von Moclobemid und
ten Tage an der Station zu ausgeprägten Ein- und Durchschlaf-    Duloxetin und engmaschigem kardio-respiratorischem Moni-

                                                                                       J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2014; 15 (2)   97
Steckbrief seltener Krankheitsbilder

toring kam es innerhalb von wenigen Tagen mit Flüssigkeits-         – Verantwortliche Pharmaka: Serotonin-Wiederaufnah-
substitution von 1500 ml/Tag für 2 Tage und Einsatz eines             mehemmer, tri- und tetrazyklische Antidepressiva,
Betablockers (Inderal 10–20 mg/Tag) für 2 Tage zu einer ra-           MAO-Hemmer, Antiepileptika, Analgetika, opioidhal-
schen Stabilisierung des Allgemeinzustandes der Patientin.            tige Hustenmittel, Antiemetika, Antimigränemedika-
Nachdem die Patientin psychopathologisch bewusstseins-                tion, Antibiotika, missbräuchlich verwendete Substan-
klar, in allen Qualitäten orientiert und im Ductus kohärent           zen, Stimmungsstabilisatoren und diätetische Mittel.
und zum Ziel führend war, erfolgte ein vorsichtiger Therapie-       – Symptomtrias: psychisch-kognitive, neuromuskuläre
beginn einer antidepressiven Medikation mit Amitriptylin              und autonome Störungen.
25 mg abends. Unter Lithiumaugmentation bis 225 mg kam es           – Die Ausprägung des SS kann zwischen mild und poten-
in weiterer Folge zu einer deutlichen Verbesserung sowohl der         ziell letal sein, der Verlauf kann subakut bis akut ver-
Stimmung als auch des Antriebs. Die Patientin konnte schließ-         laufen (innerhalb von Stunden bis wenige Tage) und es
lich mit einer Aufenthaltsdauer von 112 Tagen, nach vollstän-         verlangt nach einer schnellen medizinischen Interven-
digem Abklingen des Serotonin-Syndroms und in deutlich                tion.
gebessertem Zustand mit einer Entlassungsmedikation von             – Das SS ist eine klinisch-anamnestische Diagnose.
Amitriptylin 25 mg, Lithium 225 mg, Zolpidem 20 mg, Lora-           – Therapeutisch müssen umgehend jegliche serotoniner-
zepam 7,5 mg und Rivastigmin TTS 4,5 mg/24 h aus dem sta-             höhende Pharmaka abgesetzt, supportive Maßnahmen
tionären Setting entlassen werden.                                    wie Flüssigkeitszufuhr und kardiovaskuläre Überwa-
                                                                      chung eingeleitet und Tranquilizer, Blutdrucksenker so-
 Zusammenfassung                                                     wie bei schweren Verlaufsformen Serotoninantagonis-
                                                                      ten verabreicht werden.
Das Serotonin-Syndrom stellt einen in unterschiedlicher Aus-
prägung relativ häufig vorkommenden Symptomkomplex dar,
bestehend aus psychisch-kognitiven, neuromuskulären und           Literatur:                                       11. Sporer KA. The serotonin syndrome. Impli-
                                                                                                                   cated drugs, pathophysiology and manage-
autonom-somatischen Störungen in unterschiedlicher Ausprä-        1. Boyer EW, Shannon M. The serotonin syn-
                                                                                                                   ment. Drug Saf 1995; 13: 94–104.
                                                                  drome. N Engl J Med 2005; 352: 1112–20.
gung. Es tritt meist infolge einer Arzneimittelinteraktion von    2. Iqbal MM, Basil MJ, Kaplan J, et al.          12. Kasper S, Bach M, Hausmann A, et al.
verschiedenen serotoninerhöhenden Pharmaka auf, wie dies          Overview of serotonin syndrome. Ann Clin         Therapieresistente Depression. Klinik und
                                                                  Psychiatry 2012; 24: 310–8.                      Behandlungsoptionen. Konsensus-Statement
in dem hier dargestellten Fallbericht unter der Kombinations-                                                      – State of the art 2011. CliniCum neuropsy
                                                                  3. Hoyer D, Hannon JP, Martin GR. Molecular,
therapie von Moclobemid, einem reversiblen MAO-Hemmer,            pharmacological and functional diversity of      Sonderausgabe November 2011.

und Duloxetin, einem selektiven Serotonin- und Noradrena-         5-HT receptors. Pharmacol Biochem Behav          13. Kasper S, Brasser M, Schweizer E, et al.
                                                                  2002; 71: 533–54.                                How well do randomized controlled trial data
lin-Wiederaufnahmehemmer, beschrieben wurde. Die Kombi-           4. Melke J, Westberg L, Nilsson S, et al. A      generalize to ‘real-world’ clinical practice set-
nation von SSRIs und dem irreversiblen MAO-Hemmer Mo-             polymorphism in the serotonin receptor 3A        tings? A comparison of two generalized anxi-
                                                                  (HTR3A) gene and its association with harm       ety disorder studies. Eur Neuropsychophar-
clobemid wurde in der Literatur beschrieben [16] und bei ge-      avoidance in women. Arch Gen Psychiatry          macol 2014; 24: 125–32.
nauer Überwachung als komplikationslos angesehen. Nach-           2003; 60: 1017–23.                               14. Kasper S, Iglesias-Garcia C, Schweizer E,
                                                                  5. Saulin A, Savli M, Lanzenberger R. Seroto-    et al. Pregabalin long-term treatment and as-
dem die Serotonin-Wiederaufnahmehemmung mit der Gabe              nin and molecular neuroimaging in humans         sessment of discontinuation in patients with
von Duloxetin 30 mg als geringer als unter einer Standarddo-      using PET. Amino Acids 2012; 42: 2039–57.        generalized anxiety disorder. Int J Neuro-
sierung von SSRIs einzuschätzen ist, wurde der Versuch ei-        6. Savli M, Bauer A, Mitterhauser M, et al.      psychopharmacol 2014; 17: 685–95.
                                                                  Normative database of the serotonergic sys-      15. Joffe RT, Bakish D. Combined SSRI-moclo-
ner Kombination von Duloxetin und Moclobemid versucht,            tem in healthy subjects using multi-tracer       bemide treatment of psychiatric illness. J Clin
was sich jedoch als ungünstig erwiesen hat. Es sollte daher       PET. Neuroimage 2012; 63: 447–59.                Psychiatry 1994; 55: 24–5.
                                                                  7. Varnas K, Halldin C, Hall H. Autoradio-
die Indikation für die gleichzeitige Gabe von Moclobemid und      graphic distribution of serotonin transporters   16. Jimenez-Genchi A. Immediate switching
                                                                                                                   from moclobemide to duloxetine may induce
Duloxetin eng gestellt und auch der unmittelbare switch von       and receptor subtypes in human brain. Hum
                                                                                                                   serotonin syndrome. J Clin Psychiatry 2006;
                                                                  Brain Mapp 2004; 22: 246–60.
Moclobemid zu Duloxetin sorgfältig überwacht werden [16],         8. Lundberg J, Odano I, Olsson H, et al. Quan-
                                                                                                                   67: 1821–2.
da dies aufgrund unserer Erfahrung mit einem Serotonin-Syn-       tification of 11C-MADAM binding to the sero-     17. Isbister GK, Hackett LP, Dawson AH, et al.
                                                                  tonin transporter in the human brain. J Nucl     Moclobemide poisoning: toxicokinetics and
drom in Verbindung gebracht werden kann und die Folgen für        Med 2005; 46: 1505–15.                           occurrence of serotonin toxicity. Br J Clin
die Patienten fatal sein können [1, 17, 18]. Ein Serotonin-Syn-   9. Sternbach H. The serotonin syndrome. Am       Pharmacol 2003; 56: 441–50.
drom kann sich klinisch in einer milden bis potenziell leta-      J Psychiatry 1991; 148: 705–13.                  18. Gillman PK. A review of serotonin toxicity
                                                                  10. Mackay FJ, Dunn NR, Mann RD. Antide-         data: implications for the mechanisms of anti-
len Form manifestieren und verlangt umgehendes therapeuti-        pressants and the serotonin syndrome in gen-     depressant drug action. Biol Psychiatry 2006;
sches Handeln.                                                    eral practice. Br J Gen Pract 1999; 49: 871–4.   59: 1046–51.

  Factbox: Serotonin-Syndrom (SS)
 – Im Rahmen eines SS kann es zu einem lebensbedrohli-
                                                                  Korrespondenzadresse:
   chen Zustandsbild aufgrund einer erhöhten Anhäufung
                                                                  O. Univ.-Prof. Dr. h. c. mult. Dr. med. Siegfried Kasper
   des Neurotransmitters Serotonin im ZNS kommen.
                                                                  Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
 – Das SS ist meist die Folge einer Arzneimittelinterak-
                                                                  Medizinische Universität Wien
   tion zwischen mehreren serotoninerhöhenden Pharma-
                                                                  A-1090 Wien
   ka, insbesondere wenn MAO-Hemmer mit anderen pro-
                                                                  Währinger Gürtel 18–20
   serotonergen (Psycho-) Pharmaka kombiniert werden.
                                                                  E-mail: sci-biolpsy@meduniwien.ac.at

98   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2014; 15 (2)
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