Steuerwegweiser für Erbschaften und Schenkungen - Service Hessen
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Vorwort Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, nach statistischen Untersuchungen Diese Broschüre soll Ihnen einen verfügten die privaten Haushalte in Einblick in die nicht immer ganz ein- Deutschland im Jahr 2015 über ein fache Erbschafts- und Schenkungs- Nettovermögen nach Abzug von besteuerung verschaffen. Die viel- Schulden von insgesamt gut 12,2 Bil- gestaltigen Beispiele sollen Ihnen lionen Euro. dabei helfen, die einzelnen Erläute- Auf jede Person über 25 Jahren ent- rungen auch auf Ihren persönlichen fällt ein Reinvermögen von durch- Fall zu übertragen. schnittlich rund 197.000 Euro. Sollten noch Fragen offen bleiben, Hinter diesen Zahlen verbirgt sich sind die Mitarbeiterinnen und Mitar- ein immenses Erbschaftspotenzial beiter der in Kapitel IV.3 aufgeführ- der gegenwärtigen Seniorengene- ten Finanzämter gerne zu weiteren ration. Diese konnte über Jahrzehnte Auskünften bereit. hinweg Ersparnisse kumulieren, die nicht, wie in früheren Zeiten, durch Krieg und Inflation verloren gingen. Mit freundlichen Grüßen Damit rückt aber auch häufig die Frage in den Vordergrund, wieviel von dem geschenkten oder geerb- Dr. Thomas Schäfer ten Vemögen übrig bleibt, wenn Hessischer Finanzminister der Staat erst einmal über die Erb- schaftsteuer/Schenkungsteuer sein „gesetzlich verbrieftes Miterbe” an- getreten hat. In vielen Fällen ist die Furcht vor einer hohen Steuerlast un- begründet. Denn hohe Freibeträge und niedrige Steuersätze belassen gerade Vermögensübergänge zwi- schen Eltern und Kindern oftmals steuerfrei oder haben nur eine ge- ringe Steuer zur Folge. 2
Einleitung Zur verständlichen Darstellung der Die folgenden Ausführungen be- für die Erbschaft- und Schenkung- rücksichtigen den Stand des Erb- steuer maßgeblichen Vorschriften schaftsteuer- und Schenkungsteuer- sind die Informationen in diesem gesetzes zum 1. Juli 2016 sowie des Wegweiser auf das Wesentliche be- Bewertungsgesetzes zum 1. Januar schränkt und in einer möglichst pra- 2016. xisorientierten Form dargestellt. Zu diesem Zweck • sind die einzelnen Themenberei- Dieser Wegweiser wird Ihnen aufgrund che nach dem in Kapitel I.3 dar- der Komplexität des Erbschaft- und gestellten Schema zur Ermittlung Schenkungsteuerrechts sowie des der Erbschaftsteuer angeordnet Bewertungsrechts nicht alle Fragen und beantworten können; er erhebt da- her auch keinen Anspruch auf Voll- • kann man jeweils am Ende der Kapitel Hinweise auf weiterge- ständigkeit und gibt keine rechtsver- hende Informationsquellen/Fund- bindlichen Informationen. stellen finden. Bezüglich der steuerlichen Aspekte Beim Ausfüllen der Erbschaftsteuer Ihrer persönlichen Erb- und Schen- bzw. Schenkungsteuererklärungsvor- kungsangelegenheiten sollten Sie im drucke hilft Ihnen eine besondere An- Zweifelsfall den Rat eines Steuerbe- leitung, die zusammen mit den Steuer- raters einholen. erklärungsvordrucken zugesandt wird. 3
Inhaltsverzeichnis I. Grundsätzliches zur Erbschaft- und Schenkungsteuer 6 1 Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer 6 – zwei Namen für die gleiche Steuer 2 Wer zahlt Erbschaftsteuer? 6 3 Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer 7 II. Die Bewertung des der Erbschaftsteuer unterliegenden Vermögens 8 1 Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ 8 2 Grundvermögen 9 2.1 Bewertung unbebauter Grundstücke 10 2.2 Bewertung bebauter Grundstücke 10 2.2.1 Vergleichswertverfahren 11 2.2.2 Ertragswertverfahren 11 2.2.3 Sachwertverfahren 13 2.3 Niedrigerer gemeiner Wert 16 3 Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften 17 4 Land- und forstwirtschaftliches Vermögen 19 5 Übriges Vermögen 20 6 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 21 III. Die Ermittlung der Erbschaftsteuer 22 1 Abzug von Nachlassverbindlichkeiten, Schulden und Lasten 22 2 Hinzurechnung der Vorerwerbe 24 3 Steuerbefreiungen 26 3.1 Zugewinnausgleichsfreibetrag für Ehegatten 26 und Lebenspartner 3.2 Hausrat, PKW, Schmuck usw. 28 3.3 Familienheime 29 3.3.1 Schenkung eines Familienheims an den Ehegatten 29 oder Lebenspartner 3.3.2 Vererbung eines Familienheims an den Ehegatten 29 oder Lebenspartner 3.3.3 Vererbung eines Familienheims an Kinder 30 4
3.4 Unentgeltliche Pflege 31 3.5 Vermögensrückfall 31 3.6 Übliche Gelegenheitsgeschenke 31 3.7 Spenden für gemeinnützige oder kirchliche Zwecke, 32 an Parteien und freie Wählervereinigungen 3.8 Begünstigung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- 33 und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften im Wert bis zu 26 Millionen Euro 3.8.1 Wie hoch ist die Begünstigung? 33 3.8.2 Welches Vermögen ist begünstigt? 34 3.8.3 Welches Vermögen ist nicht begünstigt? 35 3.8.4 Unter welchen Voraussetzungen wird die Vergünstigung 36 gewährt und wann wird sie nachträglich rückgängig gemacht? (Verschonungsvoraussetzungen) 3.8.5 Optionsrecht für höheren Verschonungsabschlag 41 3.9 Begünstigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke 41 3.10 Versorgungsfreibetrag für den Ehegatten, Lebenspartner 42 oder für Kinder unter 27 Jahren 4 Steuerklassen, persönliche Freibeträge und Steuersätze 44 4.1 Steuerklassen 44 4.2 Persönliche Freibeträge 45 4.3 Steuersätze 46 5 Beispiel für die Besteuerung eines Erbfalls 47 IV. Weitere Hinweise 49 1 Ermäßigung der Einkommensteuer bei Belastung 49 mit Erbschaftsteuer 2 Pflichten gegenüber dem Finanzamt 50 3 Adressen der Erbschaftsteuerfinanzämter 52 4 Hinweise zur Errichtung von Testamenten 53 Weitere Publikationen des Hessischen Ministeriums der Finanzen 54 Anmerkungen zur Verwendung 55 5
I. Grundsätzliches zur Erbschaft- und Schenkungsteuer 1 Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer – zwei Namen für die gleiche Steuer Erbschaftsteuer und Schenkung- Aus Vereinfachungsgründen wird im steuer sind zwei Begriffe für eine nachfolgenden Text nur der Begriff einheitliche Steuer, die unentgeltli- „Erbschaftsteuer” verwendet. che Zuwendungen betrifft. Wo geregelt? Sie wird weitgehend nach denselben § 3 und § 7 Erbschaftsteuer- und Regeln erhoben – ganz gleich, ob Schenkungsteuergesetz eine Zuwendung unter Leben den (= Schenkung) erfolgt oder ein Abschnitt R E 3.1 und R E 7.1 Erb- schaftsteuer-Richtlinien 2011 Nachlass (im Erbfall) anfällt. 2 Wer zahlt Erbschaftsteuer? Die deutsche Erbschaftsteuer ist als Aus dieser persönlichen Anbindung an sogenannte Erbanfallsteuer ange- den Zuwendungsempfänger heraus ist legt. D. h., nicht der Nachlass oder auch zu verstehen, dass der Fiskus zu- das Geschenk als solches wird be- nächst den Erben oder Beschenkten für steuert, sondern die Zuwendung, die Erbschaftsteuer in Anspruch nimmt die beim Erben oder Beschenkten – im steuerlichen Fachjargon „Steuer- ankommt. schuldner” genannt. Erst wenn es Pro- bleme bei der Zahlung gibt, wendet Dies ist ein wichtiger Aspekt. Denn sich das Finanzamt zusätzlich an den eine Erbanfallsteuer kann immer auf Schenker. die persönlichen Umstände der Zu- wendung eingehen und danach das In den Fällen, in denen der Erbe oder Ausmaß des Steuerzugriffs dosieren. der Beschenkte das erworbene Vermö- Die deutsche Erbschaftsteuer sieht gen gleich weiterschenkt, haftet der beispielsweise vor, das Erbe der hin- neue Eigentümer in Höhe des Werts terbliebenen Ehefrau oder der Kin- der Zuwendung persönlich für die der geringer zu besteuern als den Steuern. Erbanfall eines Neffen, dessen „Be- Wo geregelt? reicherung” qualitativ sehr viel hö- her zu veranschlagen ist und folglich § 20 Erbschaftsteuer- und auch höher besteuert wird. Schenkungsteuergesetz 6
3 Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer Das folgende Schema zeigt Ihnen die einzelnen Schritte zur Berechnung der Erbschaftsteuer bei einem Erbfall auf. Es soll Ihnen gleichzeitig als Orientie- rungshilfe bei den nachfolgenden Erläuterungen dienen. Gesamtwert des Vermögensanfalls (Wertansätze siehe Kapitel II.), ./. Nachlassverbindlichkeiten (siehe Kapitel III.1) = Reinnachlass/Bereicherung – wird nach der Erbquote auf die Erben aufgeteilt Anteil des Erben am Reinnachlass + Vorerwerbe in den letzten 10 Jahren (siehe Kapitel III.2) ./. Steuerbefreiungen (siehe Kapitel III.3) ./. persönliche Freibeträge (siehe Kapitel III.4.2) = steuerpflichtiger Erwerb x Steuersatz je nach Steuerklasse (siehe Kapitel III.4.1 und III.4.3) = Erbschaftsteuer ./. Erbschaftsteuer auf Vorerwerbe (siehe Kapitel III.2) = festzusetzende Erbschaftsteuer Wo geregelt? §§ 10 Absatz 1 und 14 Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitte R E 10.1 – 13 und R E 14.1 – 3 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2011 7
II. Die Bewertung des der Erbschaftsteuer unterliegenden Vermögens 1 Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ Der erste Schritt zur Ermittlung der sönliche Verhältnisse wie z. B. Verfü- Erbschaftsteuer ist, den geerbten gungsbeschränkungen. oder geschenkten Vermögensge- genständen und den ggf. davon ab- Zur Ermittlung des gemeinen Wertes zuziehenden Schulden einen Wert von Grundvermögen, Betriebsvermö- beizumessen. gen und Anteilen an Kapitalgesell- schaften gibt es besondere Bewer- Beim Geldvermögen (z. B. Spargut- tungsverfahren. Diese sind aufgrund haben, Bargeld, Darlehensforderun- der Vorgabe des Bundesverfassungs- gen) ist diese Wertfindung einfach, gerichts zur verkehrswertnahen Be- da es hier einen Nennbetrag oder wertung jedoch notwendigerweise Nennwert in Euro oder in fremder sehr komplex. Sie werden daher in den Währung gibt, die in Euro umgerech- nachfolgenden Kapiteln nur in ihren net werden kann. wesentlichen Grundzügen dargestellt. Sachvermögen (z. B. Grundstücke, Detaillierte Erläuterungen sind auf- Betriebe, Aktien) oder Rechte (z. B. grund des begrenzten Umfangs dieser Nießbrauchs- oder Wohnrechte, Ren- Broschüre leider nicht möglich. tenstammrechte), bei denen es kei- nen solchen direkten Wertbezug gibt, Bei Zweifelsfragen hilft Ihnen das müssen zunächst bewertet werden. für Sie zuständige Erbschaftsteuer- finanzamt (siehe Kapitel IV.3) gerne Bewertungsgrundsatz für alle Ver- weiter. mögensgegenstände ist der ge- meine Wert. Dies ist der Preis, der Wo geregelt? im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirt- § 9 Bewertungsgesetz schaftsgutes bei einer Veräußerung Abschnitte R B 9.1 – 3 Erbschaft- zu erzielen wäre. Man bezeichnet ihn steuer-Richtlinien 2011 daher auch als Verkehrswert. § 12 Erbschaftsteuer- und In den gemeinen Wert fließen alle Schenkungsteuergesetz den Preis eines Wirtschaftsguts be- Abschnitte R E 12.1 – 3 Erbschaft- einflussenden Umstände ein, nicht steuer-Richtlinien 2011 jedoch ungewöhnliche oder per- 8
2 Grundvermögen Zum Grundvermögen gehören insbesondere der Grund und Boden, die Gebäude und das Wohnungs- und Teileigentum, soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder Betriebsvermögen handelt. In der nachfolgenden Tabelle ist dargestellt, welche Bewertungsverfahren es für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens – die Grundstücke – gibt: Grundstücksart Bewertungsverfahren 1. unbebaute Grundstücke Grundstücksfläche x Bodenrichtwert (siehe 2.1) 2. bebaute Grundstücke a) Ein- und Zweifamilienhäuser Vergleichswertverfahren (siehe 2.2.1) oder b) Wohnungs- und Teileigentum Sachwertverfahren, wenn kein Ver- gleichswert vorliegt (siehe 2.2.3) c) Mietwohngrundstücke Ertragswertverfahren (siehe 2.2.2) d) Geschäftsgrundstücke und Ertragswertverfahren (siehe 2.2.2) gemischt genutzte Grundstücke oder Sachwertverfahren, wenn sich keine übliche Miete ermitteln lässt (siehe 2.2.3) Wo geregelt? § 12 Absatz 3 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz §§ 176 ff Bewertungsgesetz Abschnitte R B 176 ff Erbschaft- steuer-Richtlinien 2011 9
2.1 Bewertung unbebauter Grundstücke Der Wert unbebauter Grundstücke Wo geregelt? ergibt sich durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem letzten, § 179 Bewertungsgesetz vor dem Besteuerungszeitpunkt vom Abschnitte R B 179.1 – 3 Erbschaft- zuständigen Gutachterausschuss tur- steuer-Richtlinien 2011 nusmäßig zu ermittelnden Boden- richtwert. Liegt ein solcher nicht vor, ist der Bodenwert aus den Werten ver- gleichbarer Flächen abzuleiten. 2.2 Bewertung bebauter Grundstücke Für die Bewertung bebauter Grund- Wo geregelt? stücke schreibt das Bewertungsge- setz drei verschiedene Bewertungs- § 182 Bewertungsgesetz verfahren vor. Abschnitt R B 182 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2011 Welches dieser Verfahren zur An- wendung kommt, hängt von der Grundstücksart des zu bewertenden Grundstücks ab (siehe Tabelle S. 9 unter Kapitel II.2). 10
2.2.1 Vergleichswertverfahren Im Vergleichswertverfahren wird lich unter Berücksichtigung der Kauf- der Wert eines Grundstücks in der preise fortgeschrieben. Weise ermittelt, dass Kaufpreise von anderen Grundstücken herange- Daher werden bei der Bewertung zogen werden, die mit dem zu be- derartiger Objekte anstelle direkter wertenden Grundstück hinsichtlich Vergleichspreise die von den Gut- der wertbeeinflussenden Merkmale achtern ermittelten Vergleichsfakto- (z. B. Größe, Baujahr, Lage, Ausstat- ren für die Wohnflächen herangezo- tung) hinreichend übereinstimmen. gen. Grundlage hierfür sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen mit- Die in Hessen flächendeckend ermit- geteilten Vergleichspreise. telten Vergleichsfaktoren beinhalten regelmäßig auch den Bodenwert, In Hessen liegen Vergleichsfaktoren sodass dafür kein zusätzlicher Ansatz der Gutachterausschüsse für die Be- erfolgt. wertung von Ein- und Zweifamilien- häusern (freistehend oder als Rei- Wo geregelt? hen- /Doppelhäuser) und für Eigen- tumswohnungen vor. § 183 Bewertungsgesetz Diese Vergleichsfaktoren werden Abschnitt R B 183 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2011 von den Gutachterausschüssen jähr- 2.2.2 Ertragswertverfahren Im Ertragswertverfahren werden der Der Bodenwert ist der Wert des Bodenwert und der Ertragswert des unbebauten Grundstücks (siehe Gebäudes zunächst getrennt ermit- Kapitel II.2.1). telt und dann zum Ertragswert des Grundstücks addiert. Der Bodenwert als solcher stellt die Wertuntergrenze dar, die nicht unterschritten werden darf. 11
Der Grundbesitzwert, der auch den Wert der sonstigen baulichen Anlagen auf dem Grundstück (z. B. Außenanlagen) umfasst, ergibt sich wie folgt: Grund und Boden Gebäude Rohertrag (Jahresmiete bzw. übliche Miete) ./. Bewirtschaftungskosten = Reinertrag des Grundstücks ./. Bodenwertverzinsung (Bodenwert x Liegenschaftszinssatz) = Gebäudereinertrag (mindestens 0 Euro) Bodenrichtwert x x Grundstücksfläche Vervielfältiger = = Bodenwert Gebäudeertragswert t t Ertragswert / Grundbesitzwert Wo geregelt? §§ 184 – 188 Bewertungsgesetz Abschnitte R B 184 – R B 188 Erb- schaftsteuer-Richtlinien 2011 12
2.2.3 Sachwertverfahren Auch im Sachwertverfahren werden Der Grundbesitzwert ergibt sich an- der Bodenwert und der Sachwert hand des folgenden Schemas. des Gebäudes zunächst getrennt Dieser umfasst grundsätzlich auch ermittelt und dann zum vorläufigen den Wert der sonstigen baulichen Sachwert des Grundstücks addiert, Anlagen auf dem Grundstück (z. B. welcher anschließend mit einer Außenanlagen). Wertzahl zum Sachwert des Grund- stücks multipliziert wird. Nur in Ausnahmefällen mit beson- Mit der Wertzahl, die von den örtli- ders werthaltigen Außenanlagen, chen Gutachterausschüssen ermittelt wie z. B. einem größeren Swimming- wird, sollen die unterschiedlichen pool, und sonstigen Anlagen werden regionalen Wertverhältnisse berück- hierfür gesonderte Wertansätze nach sichtigt werden. den gewöhnlichen Herstellungskos- ten berücksichtigt. Der Bodenwert ist der Wert des unbebauten Grundstücks (siehe Kapitel II.2.1). Grund und Boden Gebäude Regelherstellungskosten x Brutto-Grundfläche = Bodenrichtwert Gebäuderegelherstellungswert x ./. Grundstücksfläche Alterswertminderung = = Bodenwert Gebäudesachwert t t Vorläufiger Sachwert x Wertzahl = Sachwert / Grundbesitzwert 13
Beispiel für die Bewertung eines Einfamilienhauses im Sachwertverfahren: Vererbung eines Einfamilienhauses am 10. Januar 2017, gute Lage, Baujahr 1976, Grundstücksfläche 700 m², aktueller Bodenrichtwert 100 Euro, Bruttogrundflä- che 435 m² (= Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen incl. Keller- und Dachgeschoss), mittlerer Ausstattungsstandard, unterkellert, Dachgeschoss nicht ausgebaut. Da der örtliche Gutachterausschuss keine Vergleichspreise oder Vergleichsfak- toren für freistehende Einfamilienhäuser ermittelt hat, erfolgt die Bewertung im Sachwertverfahren. Wo geregelt? §§ 189 – 191 ff. Bewertungsgesetz, Anlagen 22 und 24 bis 25 BewG Abschnitte R B 189 – R B 191 Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 14
Wertermittlung: Grund und Boden Gebäude Regelherstellungskosten (Kostenstand 2010) 695 € x Brutto-Grundfläche 435 m² = Bodenrichtwert Gebäuderegelherstellungswert 100 € 302.325 € x ./. Grundstücksfläche Alterswertminderung 700 m² Gesamtnutzungsdauer 70 Jahre Jahr der Bewertung 2017 – Baujahr 1976 = Gebäudealter bei Bewertung 41 Jahre Alterswertabschlag (max. 60 %) 58,57 % (41/70*100) von 302.325 € = 177.072 € = = Bodenwert Gebäudesachwert 70.000 € 125.253 € t t Vorläufiger Sachwert 195.253 € x Wertzahl (bei vorläufigem Sachwert bis 200.000 € und Bodenrichtwert bis 100 €) 0,9 = Sachwert / Grundbesitzwert 175.727 € 15
2.3 Niedrigerer gemeiner Wert Kann der Erwerber nachweisen, dass Auch ein im gewöhnlichen Geschäfts- der gemeine Wert des Grundstücks verkehr innerhalb eines Jahres vor niedriger ist als der nach den oben oder nach dem Bewertungsstichtag dargestellten typisierten Verfahren zustande gekommener Kaufpreis ermittelte Wert, ist der niedrigere über das zu bewertende Grundstück gemeine Wert anzusetzen. kann als Nachweis dienen. Der Nachweis ist regelmäßig durch Ein außerhalb dieses Zeitraums im ein Gutachten des örtlich zuständi- gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu- gen Gutachterausschusses oder ei- stande gekommener Kaufpreis kann nes Sachverständigen für die Bewer- als Nachweis dienen, wenn die maß- tung von Grundstücken zu führen, das geblichen Verhältnisse gegenüber unter Anwendung der auf Grund des den Verhältnissen zum Bewertungs- § 199 Abs. 1 des Baugesetzbuchs er- stichtag unverändert geblieben sind. lassenen Vorschriften erstellt wurde Das Gutachten ist nicht bindend, Wo geregelt? sondern unterliegt der freien Be- § 198 Bewertungsgesetz weiswürdigung durch das Finanzamt und kann bei Mängeln zurückgewie- Abschnitt R B 198 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2011 sen werden. 16
3 Betriebsvermögen und Anteile an Kapital- gesellschaften Anteile an börsennotierten Unter- Für nicht an der Börse gehandelte nehmen werden für Zwecke der Erb- Anteile an Kapitalgesellschaften schaftsteuer mit dem für sie notierten und für das Betriebsvermögen von niedrigsten Börsenkurs am Tag der Einzelunternehmen und Personen- Steuerentstehung angesetzt. Liegt gesellschaften ist der gemeine Wert für diesen Tag kein Kurswert vor, ist in erster Linie aus Verkäufen unter der letzte innerhalb von 30 Tagen für fremden Dritten abzuleiten, die we- diese Anteile notierte Kurs anzuset- niger als ein Jahr vor dem Tag der zen. Steuerentstehung zurückliegen. Beispiel: Der Erblasser hinterlässt ein Einzelunternehmen, das er vor einem halben Jahr für 500.000 Euro erworben hatte. Bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer ist der frühere Kaufpreis von 500.000 Euro als gemeiner Wert des Betriebs anzusetzen. Liegt ein solcher zeitnaher Kaufpreis Anstelle der betriebswirtschaftli- nicht vor, ist der gemeine Wert unter chen Ertragswertverfahren kann der Berücksichtigung der Ertragsaus- gemeine Wert auch in einem ver- sichten des Betriebs oder anhand einfachten Ertragswertverfahren er- einer anderen im gewöhnlichen Ge- mittelt werden, wenn dies nicht zu schäftsverkehr für nichtsteuerliche offensichtlich unzutreffenden Werten Zwecke üblichen Methode zu ermit- führt. teln. Zu diesen Methoden gehören die in In diesem Verfahren wird der zukünf- der betriebswirtschaftlichen Unter- tig nachhaltig erzielbare Jahreser- nehmensbewertung gängigen Ver- trag des Unternehmens mit einem fahren (z. B. Ertragswertverfahren, gesetzlich geregelten Kapitalisie- Vergleichswertverfahren, Multiplika- rungsfaktor multipliziert. torenverfahren). Der Erwerber kann den gemeinen Das nachfolgende Beispiel verdeut- Wert durch ein methodisch nicht zu licht die Grundstrukturen dieses Ver- beanstandendes Gutachten auf der fahrens. Basis dieser Verfahren erklären. 17
Beispiel: A überträgt zum 1. Januar 2017 eine 100-prozentige Beteiligung an der A-GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn S. Die Betriebsergebnisse nach Steuern der letzten drei Jahre betragen, 2014: Gewinn 200.000 Euro, 2015: Gewinn 170.000 Euro, 2016: Verlust 50.000 Euro und beinhalten auch ein angemessenes Geschäftsführergehalt. a) Ermittlung des zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrags 2014 2015 2016 Betriebsergebnis nach Steuern 200.000 € 170.000 € - 50.000 € + Aufwand Körperschaft- und 125.732 € 72.857 € 0€ Gewerbesteuer, Solidaritätszuschlag – Ertrag Körperschaftsteuer und Solida- 0€ 0€ - 13.188 € ritätszuschlag aus Verlustrücktrag = bereinigtes Betriebsergebnis 325.732 € 242.857 € - 63.188 € – Abzug zur Abgeltung des künftigen 97.720 € 72.857 € 0€ Ertragssteueraufwands (30 Prozent) = verbleibendes Betriebsergebnis 228.012 € 170.000 € - 63.188 € Summe der Betriebsergebnisse 2014 bis 2016 334.824 € dividiert durch 3 Jahre = zukünftig nachhaltig erzielbarer Jahresertrag 111.608 € b) Ermittlung des Ertragswertes der Beteiligung Jahresertrag 111.608 € x gesetzlicher Kapitalisierungsfaktor 13,75 = Ertragswert und gemeiner Wert des GmbH-Anteils 1.534.610 € 18
Ist der so ermittelte Wert geringer als Wo geregelt? der Substanzwert des Betriebs, wird der Substanzwert angesetzt. § 12 Absatz 1 und 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Substanzwert ist die Summe der ge- meinen Werte aller Einzelwirtschafts- Abschnitte R E 12.1 und 3 Erbschaft- steuer-Richtlinien 2011 güter und sonstigen Aktiva des Betriebs abzüglich der Schulden und §§ 11, 109, 199 – 203 Bewertungs- sonstigen Abzüge. gesetz Abschnitte R B 11.1 – 6, Bei einer Ableitung des gemeinen R B 109.1 – 2 und Wertes aus zeitnahen Verkäufen R B 199.1 bis R B 203 Erbschaft- oder aus Börsenkursen spielt der steuer-Richtlinien 2011 Substanzwert hingegen keine Rolle. 4 Land- und forstwirtschaftliches Vermögen Zur wirtschaftlichen Einheit des land- Für die Bewertung des Wirtschafts- und forstwirtschaftlichen Vermögens teils gibt es ein spezielles Bewer- – dem sogenannten Betrieb der Land- tungsverfahren, das wegen seines und Forstwirtschaft – gehören der Umfangs in dieser Broschüre jedoch Wirtschaftsteil (Betriebsflächen, Be- nicht dargestellt wird. triebsmittel usw.), die Betriebswoh- Für die Betriebswohnungen und den nungen (z. B. für Arbeitnehmer) und Wohnteil gelten die Vorschriften für der Wohnteil (Gebäude für Wohn- die Bewertung von Wohngrund- zwecke der Familie des Inhabers und stücken des Grundvermögens (siehe der Altenteiler). Kapitel II.2). 19
5 Übriges Vermögen Nicht unter die Kapitel II.2, II.3 und II.4 fallende Vermögensgegenstände sind mit folgenden Wertansätzen vom Todestag oder dem Tag der Schenkung erbschaftsteuerlich zu erfassen: Nennwert bei normal verzinsten Kapitalforderungen, Spar- guthaben etc. (Zinssatz zwischen 3 und 9%) abgezinster Gegenwartswert bei zinslosen oder niedrig verzinsten (unter 3%) Kapitalforderungen mit einer längeren Laufzeit (z. B. zinslose Darlehen an nahe Verwandte) aufgezinster Gegenwartswert bei hoch verzinsten (über 9%) Kapitalforde- rungen mit einer längeren Laufzeit. Zur Berechnung des Gegenwartswertes gibt es spezielle Tabellen. Rückkaufswert bei Ansprüchen aus noch nicht fälligen Lebens-, Kapital- oder Rentenversicherungen Kapitalwert bei lebenslänglichen Nutzungen und Leis- tungen wie Renten, Wohnrechten und Nieß- brauchsrechten Wo geregelt? § 12 Erbschaftsteuer- und Schen- kungsteuergesetz §§ 11 – 16 Bewertungsgesetz Abschnitte R B 12.1 bis R B 13 Erb- schaftsteuer-Richtlinien 2011 20
6 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Bestimmte für die Ermittlung und weit sie auf mehrere Personen ent- Festsetzung der Erbschaftsteuer fallen (siehe Kapitel II.5 und III.1). erforderliche Besteuerungsgrund- Die Feststellung erfolgt hierbei in lagen werden in einem separaten der Regel durch das Finanzamt, von Verfahren – der sogenannten geson- dessen Bezirk die Verwaltung des derten Feststellung – ermittelt. Vermögens ausgeht. Gesondert festzustellen sind: Das zuständige Finanzamt fordert • die Grundbesitzwerte für Grundver- eine entsprechende Feststellungs- mögen und land- und forstwirtschaft- erklärung beim Steuerpflichtigen an, liches Vermögen (siehe Kapitel II.2 und II.4); wenn dies für die Erbschaftsteuer- festsetzung von Bedeutung ist. Die Feststellung erfolgt durch das Lage-Finanzamt. Der gesondert festgestellte Wert ist • der Wert des Betriebsvermögens einer innerhalb eines Jahres nach- oder eines Anteils daran und der ge- folgenden Feststellung für dieselbe meine Wert von nicht börsennotier- wirtschaftliche Einheit zu Grunde zu ten Anteilen an Kapitalgesellschaften (siehe Kapitel II.3); legen, wenn sich seitdem die Ver- hältnisse nicht wesentlich geändert Die Feststellung erfolgt hierbei durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich haben (Basiswertregelung). die Geschäftsleitung des Betriebs Der Erwerber kann jedoch eine vom befindet (Betriebsfinanzamt). früheren Wert abweichende Feststel- • die Werte anderer Vermögensge- lung durch Abgabe einer Feststel- genstände und von Schulden, so- lungserklärung beantragen. Beispiel: A erbt am 20. Januar 2017 das Einfamilienhaus seiner Mutter und schenkt am 1. Juni 2017 den hälftigen Anteil des fortan vermieteten Hauses seiner Ehefrau. Der anlässlich der Erbschaft auf den Besteuerungszeitpunkt 20. Januar 2017 ge- sondert festgestellte Grundbesitzwert für das Einfamilienhaus kann auch bei der Besteuerung der Schenkung vom 1. Juni 2017 zu Grunde gelegt werden, wenn seither keine wesentlichen Veränderungen eingetreten sind (z. B. wertsteigernde Renovierung). Zum Ansatz kommt die Hälfte des Grundbesitzwertes. Wo geregelt? §§ 151 und 152 Bewertungsgesetz Abschnitt R B 151 und 152 Erb- schaftsteuer-Richtlinien 2011 21
III. Die Ermittlung der Erbschaftsteuer Nachdem für das geerbte oder geschenkte Vermögen die Wertansätze fest- gestellt wurden, schließen sich weitere Schritte für die Ermittlung der Erb- schaftsteuer an: 1 Abzug von Nachlassverbindlichkeiten, Schulden und Lasten Der Besteuerung unterliegt nur der so- • Kosten eines Rechtsstreits um den genannte „Nettovermögenszuwachs“. Nachlass wird ein pauschaler Betrag von 10.300 Daher sind die Schulden des Erblassers Euro ohne Nachweis abgezogen. und die Kosten aus dem Erbfall vom Gesamtwert des Vermögens abzu- Nur bei höheren Aufwendungen lohnt ziehen. Hierzu gehören auch die Ver- sich ein Einzelnachweis der Erbfall- pflichtungen, die durch den Erbfall kosten. Kosten für die Nachlassver- selbst entstanden sind, wie etwa Ver- waltung sind nicht abzugsfähig. bindlichkeiten aus Vermächtnissen oder Übernimmt der Beschenkte Schul- geltend gemachten Pflichtteilen. den und Lasten des Schenkers, sind diese ebenfalls vom Wert des ge- Für Erbfallkosten wie schenkten Vermögens abzuziehen. • Kosten für die Bestattung des Erb- lassers, Ist das Vermögen durch ein Nutzungs- recht zugunsten des Schenkers oder ei- • Kosten für ein angemessenes Grab- nes Dritten belastet (z. B. Nießbrauchs- denkmal, vorbehalt), ist der Wert dieses Rechtes • Kosten für die übliche Grabpflege, (Wertermittlung siehe Kapitel II.5) als • Kosten der Nachlassregelung (wie Verbindlichkeit abzuziehen, soweit das z. B. für die Erteilung des Erbscheins, Recht nicht bereits bei der Bewertung Umschreibungen im Grundbuch), den Grundstückswert gemindert hat. 22
Beispiel: Ein Sohn erbt von seinem Vater ein Aktienpaket im Wert von 1.000.000 Euro und ein Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 250.000 Euro. Aufgrund testamentarischer Verfügung des Erblassers muss der Sohn an seine Schwester ein Vermächtnis von 500.000 Euro auszahlen und sämtliche Erbfallkosten (ins- gesamt 8.000 Euro) übernehmen. Daneben lasten auf dem Grundstück im Todeszeitpunkt noch Schulden aus ei- ner Hypothek in Höhe von 70.000 Euro. Der zu versteuernde Nachlass des Sohnes berechnet sich wie folgt: Aktienpaket 1.000.000 Euro Einfamilienhaus + 250.000 Euro Gesamtwert des Vermögens 1.250.000 Euro Hypothek - 70.000 Euro Vermächtnis Schwester - 500.000 Euro Erbfallkosten-Pauschale - 10.300 Euro Reinnachlass/Bereicherung 669.700 Euro Bitte beachten: Schulden und Lasten sind nur abzugs- zu Wohnzwecken vermietete Grund- fähig, soweit sie in wirtschaftlichem stücke (siehe Kapitel III.3.9). Zusammenhang mit Vermögen ste- hen, das der Erbschaftsteuer unter- Für die steuerfreie Übertragung eines liegt. Schulden, die z. B. auf ein nach Familienheims (siehe Kapitel III.3.3) einem Doppelbesteuerungsabkom- bedeutet dies: men steuerfreies Auslandsvermögen • Ist die Übertragung in vollem Um- entfallen, sind demnach nicht abzugs- fang steuerfrei (an Ehegatten oder fähig. Objekte bis 200 m² Wohnfläche an Schulden und Lasten, die mit teilweise Kinder), sind die damit in wirtschaft- steuerbefreitem Vermögen in Zusam- lichem Zusammenhang stehenden menhang stehen, sind nur mit dem Schulden in voller Höhe nicht ab- Betrag abzugsfähig, der dem steu- zugsfähig. erpflichtigen Anteil des Vermögens entspricht. Dies gilt z. B. für begüns- • Ist die Übertragung eines Familien- tigtes Betriebsvermögen, Anteile an heims an Kinder zum Teil steuerfrei Kapitalgesellschaften und land- und (bei Objekten mit mehr als 200 m² forstwirtschaftliche Betriebe (siehe Wohnfläche), sind die damit in wirt- Kapitel III.3.8) und für begünstigte schaftlichem Zusammenhang stehen- 23
den Schulden anteilig nicht abzugs- tigt wurden, sind diese nicht geson- fähig. dert abzugsfähig (z.B. Verbindlichkei- ten des geerbten Betriebs). Fallen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nachträglich weg, sind die Schulden in voller Höhe mit ihrem Wo geregelt? Betrag zum Zeitpunkt der Steuerent- § 10 Absätze 3 bis 9 Erbschaftsteuer- stehung abziehbar. und Schenkungsteuergesetz Abschnitt R E 10.1 – 12 Erbschaft- Soweit Schulden bereits bei der Be- steuer-Richtlinien 2011 wertung des Vermögens berücksich- 2 Hinzurechnung der Vorerwerbe Eine Erbschaft oder Schenkung wird Die auf die frühere Schenkung entfal- mit früheren Schenkungen innerhalb lende (tatsächliche oder fiktiv ermit- der letzten 10 Jahre von derselben telte) Steuer zieht das Finanzamt von Person zu einem Gesamterwerb zu- der Steuer für den Gesamterwerb ab. sammengerechnet. Die Anrechnung erfolgt maximal bis Die früheren Erwerbe werden dabei jeweils mit ihrem früheren Wert dem zu der Höhe der Steuer, die sich für Letzterwerb hinzugerechnet. Wert- den aktuellen Erwerb ohne die Hin- veränderungen in der Zwischenzeit zurechnung der Vorerwerbe ergibt. oder neue Bewertungsregeln spie- len keine Rolle. 24
Beispiel: Ein Vater hatte seinem Sohn im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Am 1. Februar 2017 stirbt der Vater und hinterlässt dem Sohn ein Geldvermögen und Aktien im Wert von 200.000 Euro. a) Besteuerung der Schenkung im Jahr 2008 Wert des Einfamilienhauses (Grundbesitzwert) 300.000 € – persönlicher Freibetrag Kind 205.000 Euro 205.000 € = steuerpflichtiger Erwerb 95.000 € x Steuersatz 11% lt. Steuerklasse I = Erbschaftsteuer 10.450 € b) Besteuerung des Erbfalls im Jahr 2017 Nachlass Geldvermögen und Aktien 200.000 € + Vorerwerb Einfamilienhaus (Grundbesitzwert) 300.000 € = Gesamterwerb 500.000 € – persönlicher Freibetrag Kind 400.000 Euro 400.000 € = steuerpflichtiger Erwerb 100.000 € x Steuersatz 11% lt. Steuerklasse I = Erbschaftsteuer Gesamterwerb 11.000 € Anrechnung der Steuer aus Vorerwerb entweder: fiktive Steuer auf Vorerwerb: Wert Vorerwerb 300.000 € – aktueller persönlicher Freibetrag 400.000 € = steuerpflichtig 0€ = fiktive Steuer auf Vorerwerb 0€ oder: die tatsächliche Steuer aus Vorerwerb 10.450 € – 10.450 € verbleibende Erbschaftsteuer auf Gesamterwerb 550 € Anrechnungsuntergrenze: Die nach der Anrechnung verbleibende Erbschaftsteuer (550 Euro) unterschrei- tet nicht die Steuer, die sich für den letzten Erwerb (200.000 Euro) ohne Hin- zurechnung des Vorerwerbs ergeben würde (hier Null Euro wegen des hohen persönlichen Freibetrags). 25
In diesem Beispiel bewirkt die Hin- sönlichen Freibetrag i.H.v. 400.000 € zurechnung der Vorerwerbe, dass übersteigenden Teil des Vermögens die frühere Schenkung im Jahr 2008, (100.000 €). welche den persönlichen Freibetrag überstieg, durch die ab 2009 gelten- den höheren persönlichen Freibe- träge nachträglich begünstigt wird. Wo geregelt? § 14 Erbschaftsteuer- und Der Sohn zahlt letztlich insgesamt Schenkungsteuergesetz 11.000 € Erbschaftsteuer (10.450 € + Abschnitt R E 14.1 und 3 Erbschaft- 550 €); dies entspricht dem Steuer- steuer-Richtlinien 2011 satz von 11 Prozent auf den den per- 3 Steuerbefreiungen Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz sieht unter anderem folgen- de Steuerbefreiungen vor: 3.1 Zugewinnausgleichsfreibetrag für Ehegatten und Lebenspartner Die meisten Ehegatten leben im ge- 2. Der Zugewinn zum Vermögen ei- setzlichen Güterstand der Zugewinn- nes Ehegatten (z. B. Ersparnisse gemeinschaft. aus Arbeitseinkommen) fällt nur einem Ehegatten und nicht bei- Dies bedeutet zivilrechtlich: den Eheleuten gemeinschaftlich 1. Die Vermögen der Eheleute sind zu. während der Ehe getrennt. 26
3. Ein ungleicher Zugewinn während Das Erbrecht gewährt dem überle- der Ehe wird ausgeglichen, wenn benden Ehegatten zum Ausgleich die Zugewinngemeinschaft endet des Zugewinns im Normalfall eine (durch Tod oder Scheidung). Der pauschale Erhöhung seines Erbteils Zugewinnausgleich erfolgt grund- um ein Viertel gegenüber den übri- sätzlich in Höhe der hälftigen Dif- gen Erben. ferenz. Das Steuerrecht folgt dieser pauscha- Das Erbschaftsteuerrecht geht nun len Abgeltung des Zugewinns nicht. davon aus, dass der während der Es fordert vielmehr die detaillierte Er- Ehe erwirtschaftete Vermögenszu- mittlung einer sogenannten „fiktiven gewinn eigentlich beiden Ehegatten Ausgleichsforderung”, als ob nicht der gemeinsam gehört. Der Ausgleichs- Tod, sondern eine Scheidung die Zu- empfänger übernimmt demzufolge gewinngemeinschaft beendet hätte. nur, was ihm sowieso zusteht. Diese „fiktive Ausgleichsforderung” ist die Berechnungsgrundlage für Im Scheidungsfall bleibt deshalb der den Zugewinnausgleichsfreibetrag. gezahlte Zugewinnausgleich (Eini- gung durch Ehepartner oder Festle- Die „fiktive Ausgleichsforderung” gung durch Gericht) in voller Höhe errechnet sich durch Gegenüberstel- steuerfrei. lung des Anfangs- und des Endver- mögens der Eheleute, ggf. korrigiert Im Todesfall eines Ehepartners ist die um Vermögenszugänge aus angefal- Rechtslage komplizierter: lenen Erbschaften. Das Berechnungsschema (vereinfacht): Ehemann Ehefrau Endvermögen im Todeszeitpunkt 450.000 Euro 115.000 Euro abzüglich Anfangsvermögen bei Eheschließung 50.000 Euro 30.000 Euro abzüglich Erbschaft von den Eltern 35.000 Euro Zugewinn 400.000 Euro 50.000 Euro Die Ehefrau hat beim Tod des Ehemanns eine fiktive Ausgleichsforderung/Frei- betrag von 175.000 Euro (400.000 Euro ./. 50.000 Euro = 350.000 Euro x ½). 27
Soweit die Theorie; in der Praxis tre- zum Anfangs- und Endvermögen ge- ten häufig Probleme auf, weil etwa hörenden Vermögensgegenstände. die Trennung der Vermögen Schwie- rigkeiten bereitet (Wem gehört das Die Ausführungen gelten auch für ein- Silber?) oder das Anfangsvermögen getragene Lebenspartner. (nach vielleicht 40 Jahren) kaum re- konstruierbar ist. Wo geregelt? Sie sollten soweit möglich auf vor- §§ 1363 ff. Bürgerliches Gesetzbuch handene Unterlagen zurückgreifen § 5 Erbschaftsteuer- und Schenkung- – etwa auf Kaufbelege, Urkunden etc. steuergesetz Sollten keine Belege oder andere Er- kenntnisquellen mehr vorhanden sein, Abschnitte R E 5.1 – 2 Erbschaft- steuer-Richtlinien 2011 genügt eine sorgfältige Schätzung der 3.2 Hausrat, PKW, Schmuck usw. Hausrat ist beim Erwerb durch Perso- 12.000 Euro steuerfrei an Personen nen der Steuerklasse I bis zu einem der Steuerklasse I übertragen werden. Wert von 41.000 Euro steuerfrei. Zum Die Befreiung erstreckt sich nicht auf Hausrat gehören beispielsweise die Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, gesamte Wohnungseinrichtung, Wäsche Edelmetalle, Edelsteine und Perlen und Kleidungsstücke. sowie Gegenstände, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, Beim gemeinsamen Hausrat von Grundvermögen oder Betriebsver- Ehegatten geht man davon aus, dass mögen gehören. die Hälfte des Hausrats dem über- lebenden Ehegatten im Normalfall Bei Personen der Steuerklassen II ohnehin schon gehört. Diese Hälfte und III beträgt der Freibetrag für wird von der Erbschaftsteuer über- Hausrat und andere bewegliche Ge- haupt nicht berührt. genstände zusammen 12.000 Euro. Neben dem Hausrat können andere Wo geregelt? bewegliche Gegenstände wie zum Bei- § 13 Absatz 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- spiel private PKW, Schmuck, Musikinst- und Schenkungsteuergesetz rumente etc. bis zu einem Wert von 28
3.3 Familienheime 3.3.1 Schenkung eines Familienheims an den Ehegatten oder Lebenspartner Schenkt jemand seinem Ehegatten Dies gilt auch, wenn jemand seinen oder eingetragenen Lebenspartner Ehegatten oder eingetragenen Lebens das Eigentum oder Miteigentum an partner von eingegangenen Verpflich- einem zu eigenen Wohnzwecken ge- tungen im Zusammenhang mit der nutzten Familienheim (z.B. Einfamilien- Anschaffung oder Herstellung des haus oder Eigentumswohnung) im In- Familienheims freistellt (z. B. Ablösung land oder in Staaten der Europäischen eines Hypothekenkredits) oder wenn Union (EU) oder des Europäischen ein Ehegatte oder eingetragener Le- Wirtschaftsraums (EWR), erhebt der benspartner nachträglichen Herstel- Fiskus keine Schenkungsteuer. lungs- oder Erhaltungsaufwand trägt. Beispiel: A. erbt von seinem Vater ein Einfamilienhaus, in das er mit seiner Familie ein- zieht. A. schenkt seiner Ehefrau den hälftigen Anteil an dem Anwesen. Die Schenkung ist steuerfrei. Wo geregelt? § 13 Absatz 1 Nr. 4a Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitt R E 13.3 Erbschaftsteuer- Richtlinien 2011 3.3.2 Vererbung eines Familienheims an den Ehegatten oder Lebenspartner Erbt ein Ehegatte oder eingetra- nem Tod eine Wohnung zu eigenen gener Lebenspartner vom anderen Wohnzwecken nutzte, bleibt der Ehegatten oder Lebenspartner ein Wert dieser Wohnung steuerfrei, bebautes Grundstück (z. B. Einfami- wenn sie der überlebende Ehegatte lienhaus, Eigentumswohnung) im oder Lebenspartner unverzüglich zu Inland oder in einem EU/EWR-Staat seinen eigenen Wohnzwecken nut- zen will. oder einen Miteigentumsanteil da- ran, in dem der Erblasser bis zu sei- 29
Dies gilt auch, wenn der Erblasser aus Selbstnutzung aus zwingenden Grün- zwingenden Gründen an einer Selbst- den (z.B. Umzug ins Pflegeheim) nicht nutzung gehindert war (z.B. Unterbrin- mehr möglich ist. gung in einem Pflegeheim). Die Steuerbefreiung entfällt aber Wo geregelt? mit Wirkung für die Vergangenheit, § 13 Absatz 1 Nr. 4b Erbschaft- wenn der Erbe dieses Familienheim steuer- und Schenkungsteuergesetz innerhalb von zehn Jahren nach dem Abschnitt R E 13.4 Absatz 1 – 5 Erwerb nicht mehr zu eigenen Wohn- Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 zwecken nutzt, es sei denn, dass die 3.3.3 Vererbung eines Familienheims an Kinder Die Steuerfreiheit in Kapitel III.3.3.2 oder die Kinder verstorbener Kinder, gilt unter den dort genannten Vor- soweit die Wohnfläche der Wohnung aussetzungen auch für die Übertra- 200 Quadratmeter nicht übersteigt. gung eines Familienheims an Kinder Beispiel: Vererbung eines Einfamilienhauses mit 240 m² Wohnfläche im Wert von 300.000 Euro an ein Kind. Unter den o.g. Voraussetzungen bleibt ein anteiliger Grundbesitzwert in Höhe von 250.000 Euro (300.000 *200/240) steuerfrei. Wo geregelt? § 13 Absatz 1 Nr. 4c Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitt 13.4 Absatz 7 Erbschaft- steuer-Richtlinien 2011 30
3.4 Unentgeltliche Pflege Bis zu 20.000 Euro sind bei Personen lichen Gründen zur Pflege verpflichtet steuerfrei, die den Erblasser unent- waren (z. B. Ehegatten, Kinder). geltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt, bei sich aufgenom- men oder sonst unterhalten haben, Wo geregelt? soweit die Zuwendung als angemes- § 13 Absatz 1 Nr. 9 Erbschaft- senes Entgelt hierfür anzusehen ist. steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitt R E 13.5 Erbschaftsteuer- Die Steuerbefreiung gilt nicht bei Per- Richtlinien 2011 sonen, die schon aus verwandtschaft- 3.5 Vermögensrückfall Fallen Vermögensgegenstände ver- storbener Kinder, die ihnen von den Wo geregelt? Eltern oder Großeltern ursprünglich § 13 Absatz 1 Nr. 10 Erbschaft- einmal geschenkt wurden, wieder an steuer- und Schenkungsteuergesetz diese zurück, ist dieser Rückfall erb- Abschnitt R E 13.6 Erbschaftsteuer- schaftsteuerfrei. Richtlinien 2011 3.6 Übliche Gelegenheitsgeschenke Übliche Gelegenheitsgeschenke sind steuerfrei. Nicht hierzu zählen wert- Wo geregelt? volle Geschenke wie Schmuck, Wert- § 13 Absatz 1 Nr. 14 Erbschaft- papiere oder Pkws, die als frühzeitige steuer- und Schenkungsteuergesetz Vermögensübertragung gedacht sind. 31
3.7 Spenden für gemeinnützige oder kirchliche Zwecke, an Parteien und freie Wählervereinigungen Hierunter fallen unter anderem: Erblasser oder Schenker errichtet • Zuwendungen an Institutionen, die hat, gemeinnützige, mildtätige oder kirch- • Zuwendungen für kirchliche/ge- iche Zwecke verfolgen und entspre- meinnützige Zwecke, sofern eine chend steuerlich anerkannt sind, gemeinnützige Verwendung gesi- • Spenden an politische Parteien im chert ist (z. B. Geldgeschenk an den Sinne des § 2 des Parteiengesetzes, örtlichen Pfarrer mit der Auflage, das Geld dem kirchlichen Kinder- • Vereine ohne Parteicharakter (freie garten zukommen zu lassen). Wählervereinigungen), wenn der Vereinszweck ausschließlich auf Diese Zuwendungen (Erbschaften oder die Teilnahme an der politischen Schenkungen) für gemeinnützige oder Willensbildung durch eigene Wahl- kirchliche Zwecke sowie die Zuwen- vorschläge zu Wahlen auf Bundes-, dungen an Parteien und freie Wäh- Landes- oder Kommunalebene ab- lergemeinschaften sind von der Erb- zielt und der Verein entweder bei schaft-/Schenkungsteuer befreit. der jeweils letzten Wahl wenigs- tens ein Mandat errungen hat oder der zuständigen Wahlbehörde Wo geregelt? angezeigt hat, mit eigenen Wahl- vorschlägen an der nächsten Wahl § 13 Absatz 1 Nr. 16 bis 18 Erbschaft- teilnehmen zu wollen, steuer- und Schenkungsteuergesetz Abschnitte R E 13.8 und R E 13.10 • Vermögensübertragungen auf eine Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 gemeinnützige Stiftung, die der 32
3.8 Begünstigung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften im Wert bis zu 26 Millionen Euro Die Generationennachfolge in den len an Kapitalgesellschaften nicht mit Unternehmen und die Erhaltung dem Grundgesetz vereinbar sind. der Arbeitsplätze im geerbten oder Der Gesetzgeber hat daraufhin die geschenkten Betrieb soll durch die gesetzlichen Regelungen mit Wir- Erhebung der Erbschaftsteuer nicht kung vom 1. Juli 2016 angepasst. erschwert oder gefährdet werden. Für Betriebsvermögen, Anteile an Die nachfolgenden Ausführungen Kapitalgesellschaften und Betriebe der stellen nur die Grundzüge einer sehr Land- und Forstwirtschaft gibt es da komplizierten Rechtsmaterie dar. Bei her weitreichende Steuerbefreiungen. Zweifelsfragen sollten Sie den Rat ei- nes steuerlichen Beraters einholen. Das Bundesverfassungsgericht hatte Dies gilt insbesondere für Fälle, in mit Urteil vom 17. Dezember 2014 denen das zuvor genannte Vermö- – 1 BvL 21/12 – entschieden, dass gen mehr als 26 Millionen Euro wert Teile der bisherigen gesetzlichen ist oder bei denen im Gesellschafts- Regelungen zur Begünstigung von vertrag bestimmte für Familienunter- Betriebsvermögen, Betrieben der nehmen typische Beschränkungen Land- und Forstwirtschaft und Antei- geregelt sind. 3.8.1 Wie hoch ist die Begünstigung? Vom gemeinen Wert des begünstig- spricht 15 Prozent eines Unterneh- ten Vermögens bleiben 85 Prozent menswertes von 3 Millionen Euro) steuerfrei (Verschonungsabschlag). ist der Abzugsbetrag daher vollstän- Lediglich 15 Prozent fließen nach dig abgeschmolzen (450.000 Euro Kürzung um einen Abzugsbetrag in – 150.000 Euro = 300.000 Euro x 50 Höhe von 150.000 Euro in den steu- Prozent = 150.000 Euro, um die der erpflichtigen Erwerb ein. Abzugsbetrag von 150.000 Euro ab- geschmolzen wird). Dieser Abzugsbetrag ist gleitend ausgestaltet und reduziert sich um 50 Prozent des Betrages, um den der steuerpflichtige Anteil (= 15 Prozent) Wo geregelt? den Betrag von 150.000 Euro über- steigt. §§ 13a Absätze 1 und 2 Erbschaftsteuer- und Schenkung- Bei einem steuerpflichtigen Anteil steuergesetz in Höhe von 450.000 Euro (dies ent- 33
3.8.2 Welches Vermögen ist begünstigungsfähig? Begünstigungsfähig sind – eines Anteils eines persönlich • der inländische Wirtschaftsteil des haftenden Gesellschafters einer land- und forstwirtschaftlichen Ver- Kommanditgesellschaft auf Ak- mögens und selbst bewirtschaftete tien Grundstücke sowie entsprechendes oder Vermögen, das einer Betriebsstätte – eines Anteils hieran. in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR dient. • Anteile an einer Kapitalgesell- schaft mit Sitz im Inland oder in Stückländereien sind nicht begüns- einem anderen Staat der EU oder tigt. Dies sind einzelne land- und des EWR, an der der Erblasser forstwirtschaftlich genutzte Flä- oder Schenker zu mehr als 25 Pro- chen, die am Bewertungsstichtag zent unmittelbar beteiligt war. nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen Betrieb der Land- Beteiligungen unter 25 Prozent und Forstwirtschaft für mindestens können bei Vorliegen bestimm- 15 Jahre zu dienen bestimmt sind. ter gesellschaftsrechtlicher Verfü- gungsbeschränkungen mit den • inländisches Betriebsvermögen Anteilen weiterer Gesellschafter und entsprechendes Vermögen in zusammengerechnet werden. einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR beim Erwerb – eines ganzen Gewerbebetriebs oder freiberuflichen Vermögens, – eines Teilbetriebs, Wo geregelt? – eines Anteils an einer gewerblich § 13b Erbschaftsteuer- und oder freiberuflich tätigen Personen- Schenkungsteuergesetz gesellschaft, 34
3.8.3 Welches Vermögen ist nicht begünstigungsfähig? Nicht begünstigungsfähig ist das unter - die Überlassung vorrangig dem Ab- 3.8.2 genannte Vermögen, soweit das satz eigener Erzeugnisse oder Pro- Betriebsvermögen des Betriebs oder dukte des Überlassenden dient. der Gesellschaft bzw. das land- und • Anteile an Kapitalgesellschaften bei forstwirtschaftliche Vermögen in Ver- unmittelbarer Beteiligung am Nenn- waltungsvermögen besteht. kapital von 25 Prozent oder weniger, Zum Verwaltungsvemögen gehören Wertpapiere und vergleichbare For- folgende Wirtschaftsgüter: derungen, es sei denn, diese dienen • Dritten zur Nutzung überlassene dem Hauptzweck des Gewerbebe- Grundstücke, Grundstücksteile, grund triebs eines Kredit- oder Finanzdienst- stücksgleiche Rechte und Bauten. leistungsinstituts oder eines Versiche- Hier gibt es jedoch Rückausnahmen rungsunternehmens. mit der Folge, dass kein Verwaltungs- • Wert des Bestands an Zahlungsmit- vermögen vorliegt, z. B. wenn teln, Geschäftsguthaben, Geldforde- – der Erblasser das Grundstück rungen und anderen Forderungen, an eine Personengesellschaft über- soweit er – nach Abzug des gemeinen lassen hatte, an der er als Gesell- Werts der Schulden – 15 Prozent des schafter beteiligt war und der Erbe anzusetzenden Werts des Betriebs- in diese Stellung eintritt oder vermögens des Betriebs oder der Ge- – die Nutzungsüberlassung im Rah- sellschaft übersteigt. men einer unbefristeten Betriebs- • Kunstgegenstände und -sammlun- verpachtung im Ganzen erfolgt gen, Bibliotheken und Archive, Mün- und der Verpächter den Pächter zen, Edelmetalle und Edelsteine, als Erben eingesetzt hat oder Briefmarkensammlungen, Oldtimer, – die Nutzungsüberlassung an ei- Yachten etc., wenn der Handel mit nen Dritten im Rahmen einer auf diesen Gegenständen nicht Haupt- höchstens zehn Jahre befristeten zweck des Gewerbebetriebs ist. Betriebsverpachtung im Ganzen Vom gemeinen Wert der Wirtschafts- erfolgt, weil der Beschenkte den güter des Verwaltungsvermögens Betrieb noch nicht führen kann (z. B. wird zunächst der anteilige gemeine minderjähriges Kind) oder Wert noch verbleibender Schulden – die Überlassung innerhalb eines abgezogen. Der sich ergebende Net- Konzerns erfolgt oder towert des Verwaltungsvermögens – die Überlassung durch eine Gesell- ist begünstigt, soweit er 10 Prozent schaft erfolgt, deren Hauptzweck in des gemeinen Wertes des nicht zum der Vermietung von Wohnungen Verwaltungsvermögen zählenden besteht und dieser einen wirtschaft- Betriebsvermögens nicht übersteigt. lichen Geschäftsbetrieb erfordert Der diese Grenze übersteigende Teil oder ist nicht begünstigungsfähig. 35
Wirtschaftsgüter des Verwaltungsver Die gemeinen Werte der Wirtschafts- mögens, die im Besteuerungszeit- güter des Verwaltungsvermögens punkt (Zeitpunkt des Todes oder der und des „jungen Verwaltungsver- Schenkung) dem Betrieb weniger als mögens“ werden bei Bedarf vom zu- zwei Jahre lang zuzurechnen sind ständigen Betriebsfinanzamt (siehe (sog. „junges Verwaltungsvermö- Kapitel II.6) gesondert festgestellt. gen“), sind generell nicht begünstigt. Wo geregelt? § 13b Absatz 4, 6, 7 und 10 Erb- schaftsteuer- und Schenkungsteuer- gesetz 3.8.4 Unter welchen Voraussetzungen wird die Vergünstigung gewährt und wann wird sie nachträglich rückgängig gemacht? (Verschonungsvoraussetzungen) Verschonungsabschlag und Abzugs- Ausgangslohnsumme ist die durch- betrag hängen von bestimmten Ver- schnittliche Lohnsumme der letzten schonungsvoraussetzungen ab, die vom fünf vor dem Erbfall bzw. der Schen- Betriebsnachfolger zu erfüllen sind. kung endenden Wirtschaftsjahre. Zur Lohnsumme zählen alle Ver- a) Lohnsummenklausel gütungen an Arbeitnehmer in Die Gewährung des 85-prozentigen Form von Geld- oder Sachleistun- Verschonungsabschlags (nicht je- gen wie Löhne, Prämien, Gratifika- doch des gleitenden Abzugsbetrags, tionen, Abfindungen, Provisionen, siehe Kapitel III.3.8.1) setzt voraus, Zulagen und ähnliche Leistungen. dass die Lohnsumme des Betriebs, der ganz oder anteilsmäßig über- Außen vor bleiben Vergütungen geht, in den auf den Übergangs- an Saisonarbeiter sowie an Be- zeitpunkt folgenden fünf Jahren schäftigte, die sich in Mutterschutz insgesamt 400 Prozent der Aus- oder Ausbildung befinden oder gangslohnsumme nicht unterschrei- die Elterngeld oder Krankengeld tet (Mindestlohnsumme). beziehen. 36
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