STIFTUNGSRECHT: DIE STIFTUNGSRECHTSREFORM FINDET IHREN (VORLÄUFIGEN) ABSCHLUSS - UPDATE ZUR MANDANTENINFORMATION AUS DEM FEBRUAR 2021
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Jul i 20 21 STIFTUNGSRECHT: DIE STIFTUNGSRECHTSREFORM FINDET IHREN (VORLÄUFIGEN) ABSCHLUSS – UPDATE ZUR MANDANTENINFORMATION AUS DEM FEBRUAR 2021 Der Gesetzgeber hat nach knapp siebenjähriger Vorbereitungszeit das langersehnte Änderungsgesetz zur Reform des Bundesstiftungszivilrechts (§§ 80 ff. BGB) verabschiedet. In seiner letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode hat der Deutsche Bundestag am 24. Juni 2021 den Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts“ vom 31. März 2021 (BT-Drucks. 19/28173) in Form der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT- Drucks. 19/30938 und 19/31118) angenommen. Durch die Annahme der Ausschussempfehlungen ha- ben sich auf der Zielgeraden noch letzte Gesetzesänderungen ergeben. Am 25. Juni 2021 hat der Bun- desrat seine notwendige Zustimmung zum Gesetzesentwurf in der finalen „Ausschussfassung“ erklärt (BR-Drucks. 569/21). Damit ist der Weg – vorbehaltlich der als sehr wahrscheinlich geltenden Ausferti- gung durch den Bundespräsidenten und einer Verkündung im Bundesgesetzblatt – frei für ein neues Stiftungszivilrecht. Da in das Gesetzesvorhaben kurzfristig – als sach- und fachfremd kritisierte – Ände- rungen des Infektionsschutzrechts integriert wurden, trägt das finale Gesetz nunmehr den Titel „Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes“. I. Update zur Mandanteninformation zum Bundestag eine Stellungnahme abzugeben Stiftungsrecht aus dem Februar 2021 (Art. 76 Abs. 2 S. 1 GG). Die Stellungnahme des Bundesrates vom 26. März 2021 (BR-Drucks. Mit der Mandanteninformation zum „Regie- 143/21) auf Basis einer Beschlussempfehlung rungsentwurf zum Gesetz zur Vereinheitlichung des federführenden Rechtsausschusses und des Stiftungsrechts vom 3. Februar 2021“ ha- der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (BR- ben wir seinerzeit bereits die wichtigsten Ände- Drucks. 143/1/21) führte zu einigen regierungs- rungen dargestellt, die das „neue“ Stiftungszivil- seitigen Änderungen, die Anpassungen des Re- recht im Vergleich zur bisherigen Rechtslage gierungsentwurfs vom 3. Februar 2021 vor Ein- mit sich bringen wird. Diese Mandanteninforma- bringung in den Bundestag notwendig machten. tion dient als „Update“ zur Mandanteninforma- Die letztlich eingebrachte Fassung des Regie- tion aus dem Februar 2021. Zur Vermeidung rungsentwurfs vom 31. März 2021 (BT-Drucks. von Redundanzen beschränken wir uns an die- 19/28173) sah im Vergleich zur vorherigen Fas- ser Stelle darauf, lediglich die relevanten Ände- sung noch eine Anpassung der Formvorschrift rungen darzustellen, die sich im weiteren Ge- des Stiftungsgeschäfts unter Lebenden (§ 81 setzgebungsverfahren noch ergeben haben. Abs. 3 BGB n.F.) vor sowie eine Anpassung der Mitteilungspflichten der Stiftungsbehörden an II. Weiteres Gesetzgebungsverfahren das künftig das Stiftungsregister führende Bun- desamt für Justiz, welchem künftig amtsseitig Im Nachgang zum Regierungsentwurf vom 3. die Vor- und Nachnamen der Vorstandsmitglie- Februar 2021 hat der Bundesrat von seiner der zu melden sind (§§ 10 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. Möglichkeit Gebrauch gemacht, im Vorgriff auf die Einbringung des Regierungsentwurfs in den 1/7
3 S. 3 StiftRG). Des Weiteren griff die Bundes- das Damoklesschwert einer potentiellen Verfas- regierung die Prüfbitte des Bundesrates auf, die sungswidrigkeit, die von gewichtigen Stimmen Möglichkeit des sog. „once only-Prinzips“ zu mit guten Gründen angenommen wird. eruieren. Das „once only-Prinzip“ soll sog. Dop- Nachdem der Regierungsentwurf in der Fas- pelmeldungen zum Stiftungsregister einerseits sung vom 31. März 2021 am 15. April 2021 im und zum Transparenzregister andererseits ver- vereinfachten Verfahren in den Bundestag ein- meiden, die künftig ohne eine entsprechende gebracht und dort sogleich im vereinfachten Gesetzesanpassung nötig würden, was nicht Verfahren in den zuständigen Rechtsausschuss nur den bürokratischen Aufwand für Stiftungen überwiesen worden ist, wurde am 5. Mai 2021 massiv erhöhen würde, sondern auch das Haf- eine öffentliche Anhörung verschiedener Sach- tungsrisiko der anmeldepflichtigen Stiftungsor- verständiger im Rechtsausschuss durchge- gane. führt. Die Sachverständigen wiederholten zent- Darüber hinaus lehnte die Bundesregierung – rale Kritikpunkte, die auch von unserer Seite ar- wie man ihrer Gegenäußerung entnehmen tikuliert worden sind, 1 wobei die Kritikpunkte konnte – alle weiteren Empfehlungen des Bun- über die Ausschussempfehlung und einen kor- desrates, die aus rechtspraktischer Sicht durch- respondierenden Bericht des Rechtsausschus- aus zu begrüßen gewesen wären, ab. Abge- ses (BT-Drucks. 19/30938 und 19/31118) teil- lehnt wurde etwa der Vorschlag des Bundesra- weise noch im Gesetzgebungsverfahren Be- tes, die Einsichtnahme in alle zum Stiftungsre- rücksichtigung finden konnten. Als die praxisre- gister eingereichten Unterlagen – also auch die levantesten Änderungen sind ein angepasstes vollständige Stiftungssatzung in ihrer ursprüng- Inkrafttreten der Reform und eine Änderung in lichen respektive aktuellen Fassung – an die der rechtlichen Behandlung von Umschich- Darlegung eines berechtigten Interesses des tungsgewinnen zu nennen (dazu III.1. und Einsichtnehmenden zu knüpfen, so wie es etwa III.2.). Keine Mehrheit hat leider ein aus rechts- im Falle der Einsichtnahme ins Grundbuch gel- praktischer Sicht sehr zu begrüßender Ände- tendes Recht ist (§ 12 GBO). Zur Wahrung ihrer rungsantrag im Rechtsausschuss (Ausschuss- legitimen Diskretionsinteressen müssen daher drucksache 19(6)231) gefunden, der die Einfüh- Stifter und Dritte, wozu auch die Begünstigten rung eines Klagerechts von Stiftungsbeteiligten (Destinatäre) der Stiftung zählen, ihrerseits angeregt hatte („actio pro fundatione“). Gründe darlegen, weshalb die Öffentlichkeit keine vollständige Einsicht über das Stiftungs- III. Die wichtigsten Änderungen im register nehmen können soll. Ferner lehnte die (Grob-)Überblick Bundesregierung den sinnvollen Vorschlag des 1. Inkrafttreten Bundesrates ab, auch öffentlich-rechtliche Stif- tungen in das Stiftungsregister einzubeziehen, Aus Wissenschaft und Praxis wurde im Reform- zudem versperrte sie sich auch den von Bun- prozess verschiedentlich eingewendet, dass desrat und Großteilen der Wissenschaft geäu- den bereits unter geltendem Recht errichteten ßerten Bedenken, dass das Stiftungsregisterge- Stiftungen eine hinreichende Möglichkeit gege- setz aufgrund der Angliederung an eine Bun- ben werden muss, ihre Satzungen an das desbehörde (Bundesamt für Justiz) verfas- „neue“ Recht anzupassen. Mangels einer hin- sungswidrig sein könnte. Über dem Stiftungsre- reichenden Übergangsvorschrift im „neuen“ gistergesetz schwebt von daher von Beginn an Recht, ist es fraglich, wie die neuen §§ 82 ff. 1 Schwalm, ZEV 2021, 68; Feick/Schwalm, NZG 2021, 525. 2/7
BGB n.F. auf Bestandsstiftungen angewendet wenn der Stifter dies ausdrücklich in der Sat- werden sollen. Für eine vollständige „Harmoni- zung zugelassen hat. Da vor allem viele Be- sierung“ bleibt es bestehenden Stiftungen über- standsstiftungen über keine solche Ermächti- lassen, sich durch selbst initiierte Maßnahmen, gung in der Satzung verfügen, wäre eine gän- insbesondere Satzungsanpassungen, auf die gige Praxis, die übrigens auch gemeinnützig- neue Rechtslage vorzubereiten. keitsrechtlich für unschädlich gehalten wird, ohne Not zurückgedrängt worden. Dementsprechend ist es zu begrüßen, dass die neuen §§ 80 ff. BGB n.F. nunmehr erst ab dem Deshalb ist erfreulich, dass der Gesetzgeber 1. Juli 2023 – anstatt wie bisher geplant zum auf die Kritik nunmehr „in letzter Sekunde“ noch 1. Juli 2022 – in Kraft treten werden. Das Stif- reagiert hat. Während der stark kritisierte § 83c tungsregistergesetz (StiftRG) mit weitreichen- Abs. 3 BGB n.F. ersatzlos gestrichen wird, wird den Anmelde- und Eintragungspflichten für Stif- dem § 83c Abs. 1 BGB n.F. folgender Satz an- tungen soll weiterhin unverändert zum 1. Ja- gefügt: „Zuwächse aus der Umschichtung des nuar 2026 in Kraft treten. Bestandsstiftungen ist Grundstockvermögens können für die Erfüllung anzuraten, sich im Vorgriff auf die „neue“ des Stiftungszwecks verwendet werden, soweit Rechtslage kundig zu machen, ob und inwiefern dies durch die Satzung nicht ausgeschlossen eine Satzungsanpassung erforderlich und wurde und die Erhaltung des Grundstockvermö- zweckdienlich ist. Ein „early adopting“ hat den gens gewährleistet ist“. Vorteil, dass der gesamte Anpassungsvorgang Die nunmehr geplante Regelung erklärt die Ver- frühzeitig mit den Stiftungsaufsichtsbehörden wendung von Umschichtungsgewinnen somit abgestimmt werden kann, die weiterhin für jede ausdrücklich auch ohne ausdrückliche Sat- Satzungsänderung eine Genehmigung erteilen zungsregelung für zulässig. Vielmehr noch: müssen, damit die Änderungssatzung wirksam Nunmehr wird gegenteilig klar gefordert, dass die Stiftungsverfassung ändern kann. der Stifter eine Verwendung per Satzungsrege- lung ausdrücklich ausschließen muss, wenn er 2. Behandlung von Umschichtungsgewinne dem (zwingend) zu er- Umschichtungsergebnissen haltenden Grundstockvermögen zugeführt wis- Die ursprünglich geplante Neuregelung zur Be- sen will. Die Neuregelung geht damit sogar über handlung von Umschichtungsergebnissen die derzeit geltende Rechtslage hinaus. Aus wurde im Reformprozess zu Recht nahezu ein- praktischer Sicht ist das Einlenken des Gesetz- hellig kritisiert. Die erste Reaktion des Reform- gebers zu begrüßen. Die Neuregelung darf al- gesetzgebers hierauf war ein geänderter Norm- lerdings nicht dahingehend missinterpretiert vorschlag, der aber die geltende Rechtslage werden, dass die für die Vermögensverwaltung nicht – wie vom Reformgesetzgeber angedacht und -verwendung zuständigen Stiftungsorgane – beibehalten, sondern aus praktischer Sicht künftig an gar keine Vorgaben des Stifters ge- wesentlich verschlechtert hätte. Bereits nach bunden sind, wenn der Stifter die Verwendung heute geltendem Recht können Stiftungen et- von Umschichtungsgewinnen zur Zweckförde- waige Gewinne, die sie durch Umschichtung ih- rung nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. res Grundstockvermögens erwirtschaften, in Wie bei sämtlicher übriger Stiftungstätigkeit der Regel auch ohne eine derartige Satzungs- auch, bleiben die Stiftungsorgane auch vermö- regelung zur Zweckverfolgung einsetzen. Sol- gensrechtlich selbstredend an den Stifterwillen che Umschichtungsgewinne fallen also gerade (§ 83 Abs. 1, Abs. 2 BGB n.F.) gebunden, wes- nicht automatisch wieder in das Grundstockver- halb der vom Stifter vorgegebene „Gesamtrah- mögen, das einem weitreichenden Vermögens- men“ stets beachtlich bleibt. erhaltungsgrundsatz unterliegt. Der Gesetzge- ber Umschichtungsgewinne nur noch dann für die Zweckverfolgung eingesetzt wissen wollen, 3/7
3. Form des Stiftungsgeschäfts unter Die Erleichterung in der finalen Gesetzesfas- Lebenden sung ist im Vergleich zu den bisherigen Ent- wurfsfassungen darin zu erblicken, dass eine Im „neuen“ Recht soll ausdrücklich klargestellt „Umwidmung“ nicht erst dann für zulässig er- werden, dass das Stiftungsgeschäft unter Le- klärt wird, wenn die Zweckverfolgung der notlei- benden an keine strengere Form als die einfa- denden Stiftung „endgültig unmöglich“ gewor- che Schriftform (§§ 126, 126a BGB) gebunden den ist, sondern nunmehr bereits dann zulässig ist. Dieses einfache Schriftformerfordernis gilt sein soll, wenn eine Stiftung „keine ausreichen- unabhängig davon, ob der Stifter der Stiftung im den Mittel für die nachhaltige Erfüllung des Stif- Rahmen des Ausstattungsversprechens Ver- tungszwecks hat und solche Mittel in absehba- mögensgegenstände verspricht, hinsichtlich rer Zeit auch nicht erwerben kann“. derer Übertragung es außerhalb der Stiftungs- errichtung einer notariellen Beurkundung be- Kann eine Ewigkeitsstiftung also nachweisen, dürfte. Insbesondere kann ein Stifter zukünftig dass sie im Sinne des Gesetzes – untechnisch damit rechtssicher der Stiftung – ohne das Stif- gesprochen – „mittellos“ ist und auch kein Kapi- tungsgeschäft beim Notar beurkunden zu las- talfluss von außen zu erwarten ist, so würde sie sen – beispielsweise Grundbesitz oder GmbH- künftig durch eine „Umwidmung“ auch ihr Anteile übertragen. Nach dem aus der Geset- Grundstockvermögen zur Zweckerfüllung bei zesbegründung klar hervortretenden Willen des Vorliegen der weiteren Umwidmungsvorausset- Gesetzgebers gelten die strengeren Formvor- zungen einsetzen dürfen. Notleidende Stiftun- schriften der § 311b Abs. 1 S. 1 BGB und § 15 gen müssen daher nicht mehr aufgelöst bzw. Abs. 4 S. 1 GmbHG nicht, auch nicht in entspre- aufgehoben werden, sondern können als (Voll- chender Anwendung. Dasselbe gilt für solche )Verbrauchsstiftung weiter ihrer Stiftungstätig- Fälle, in denen der Stifter sein „gesamtes Ver- keit nachgehen. Es handelt sich bei der „Um- mögen“ (mehr ca. 85-90 % des Gesamtvermö- widmung“ also um eine Art „milderes Mittel“ im gens) auf eine Stiftung lebzeitig übertragen Vergleich zur Beendigung der bereits existen- möchte (§ 311b Abs. 3 BGB). Der Vollständig- ten, aber nach dem Gründungsrecht nur noch keit halber ist zu erwähnen, dass das vermö- eingeschränkt „existenzfähigen“ Stiftung. gensartunabhängige einfache Schriftformerfor- Misslich ist nach wie vor, dass der Gesetzgeber dernis auch auf die Fälle der Zusammenführung lediglich eine „Umwidmungseinbahnstraße“ (Zusammenlegung und Zulegung) von mehre- vorsieht. Eine mit einem festen Zeitplan verse- ren Stiftungen erstreckt wird (§ 86d S. 2 BGB hene (Voll-)Verbrauchsstiftung kann demnach n.F.). Diese Vorgänge sind an die umwand- nicht in umgekehrter Weise in eine Ewigkeits- lungsrechtlichen Vorgänge des UmwG ange- stiftung umgewidmet werden. Dies gilt unab- legt, nach dem Willen des Gesetzgebers aber hängig davon, ob die Verbrauchsstiftung derart weniger formstreng durchführbar. prosperiert, dass sie auch als Idealstiftung in der Lage wäre, ihre Zwecke dauerhaft und 4. Erleichterung einer „Umwidmung“ nachhaltig zu erfüllen. Vielmehr ist auch eine Mit § 85 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. beabsichtigt der solche prosperierende (Voll-)Verbrauchsstif- Gesetzgeber sog. „Umwidmungen“ von einer tung künftig – trotz vehementer Kritik aus Wis- Idealstiftung (Ewigkeitsstiftung) in eine senschaft und Praxis – nach dem Willen des (Voll-)Verbrauchsstiftung zu erleichtern. Dahin- Gesetzgebers zwingend bei Erreichen eines für ter steckt das Ansinnen des Gesetzgebers, sie nach dem Verbrauchsplan vorgesehenen dass wirtschaftlich „in Not geratene“ Stiftungen „Endzeitpunktes“ von den Stiftungsorganen auf- unter erleichterten Bedingungen einerseits in ih- zulösen, anderenfalls subsidiär von der Stif- rem Bestand erhalten bleiben können, anderer- tungsaufsichtsbehörde hoheitlich aufzuheben. seits für die Zweckerfüllung „ausnahmsweise“ In diesen Fällen müsste also eine etwa gewollte ihren Vermögensstamm einsetzen dürfen. Ewigkeitsstiftung formal neu gegründet werden. 4/7
5. Prinzip der „Errichtungssatzung“; 2023 bleibt das derzeit geltende Stiftungszivil- Einheitlichkeit des Stiftungsgeschäfts recht vollumfänglich anwendbar. Nach Inkraft- treten des neuen Stiftungszivilrechts wird es si- Die finale Gesetzesfassung nimmt – so der Ein- cherlich einige Zeit benötigen, bis das neue druck – Abkehr vom umstrittenen „Prinzip der Recht in Bezug auf die Bestandsstiftungen „har- Errichtungssatzung“. Dies ist formaljuristisch monisiert“ ist. Bestandsstiftungen sollten – wie korrekt, darf aber nicht darüber hinwegtäu- erwähnt – im Vorgriff auf die neue Rechtslage schen, dass die initiale „Ursprungssatzung“ des prüfen, wie sich sie bestmöglich auf den neuen Stifters nach der Gesamtkonzeption des Geset- Rechtszustand vorbereiten können. Stiftungs- zes weiterhin von herausragender Bedeutung willigen Personen („Stiftern der Zukunft“) ist an- sein wird. Nur in der „Ursprungssatzung“ kann zuraten, sich mit beiden rechtlichen Rahmenbe- der Stifter beispielsweise Erleichterungen für dingungen auseinanderzusetzen, um eine be- organschaftliche Satzungsänderungen vorse- lastbare Entscheidung über den Zeitpunkt der hen (§ 85 Abs. 4 BGB n.F.) oder festlegen, ob Stiftungserrichtung zu treffen. In manchen Fäl- er eine sog. „Hybridstiftung“ (Teilverbrauchsstif- len kann es vorteilhaft sein, etwaige Stiftungs- tung) errichten will. vorhaben vorzuziehen. Des Weiteren bestätigt das Gesetz durch die Wird ein Stiftungsvorhaben unter der „alten“ Streichung des Wortes „Errichtungssatzung“ Rechtslage vorgezogen, so sollten die Auswir- und eine Ersetzung durch die Worte „im Stif- kungen im neuen Recht (Stichwort: Anwendung tungsgeschäft“ oder „Satzung“ auch das Prinzip der §§ 82a ff. BGB n.F. auf Bestandsstiftungen) der Einheitlichkeit des gesamten Stiftungsge- bereits hinreichend bedacht und – soweit wie schäfts. Ein Stifter erklärt infolgedessen nicht möglich – antizipiert werden, um weitere Anpas- „Stiftungsgeschäft und Satzung“, d.h. nicht zwei sungen nach Inkrafttreten des Gesetzes zu ver- Rechtsgeschäfte, sondern lediglich ein einheit- meiden. liches Rechtsgeschäft, das zwei Bestandteile enthält. Dies gilt ungeachtet davon, dass das Zwei Jahre nach Inkrafttreten des neuen Rechts Stiftungsgeschäft in der Praxis zumeist formal sollen die Neuregelungen seitens des Gesetz- in zwei Urkunden abgefasst wird. Diese nur vor- gebers evaluiert werden. Aufgrund der anhal- dergründig kosmetische Änderung des Geset- tenden Kritik ist es nicht ausgeschlossen, dass zes, die nach unserer Lesart zu einer Stärkung „zeitnah“ weitere Änderungen im Stiftungszivil- des Prinzips der Einheitlichkeit des Stiftungsge- recht erfolgen werden. Eine belastbare Prog- schäfts führt, hat Auswirkungen auf die Frage, nose fällt schwer, zumal zu bedenken ist, dass wie sich etwaige Satzungsmängel auf das ge- auch alle Landesstiftungsgesetze einer Reform samte Stiftungsgeschäft auswirken können. unterzogen werden, sodass sich unter Anwen- Nicht nur deshalb ist es auch künftig dringend dung des „neuen“ Rechts womöglich weitere – anzuraten, eine salvatorische Klausel mit Er- heute noch nicht hinreichend bedachte – Folge- gänzungs- und Ersetzungsfunktion im Stif- fragen aus der sich künftig herausbildenden tungsgeschäft zu verankern. Die (in der Theorie Verwaltungspraxis ergeben werden. grundsätzlich auf Ewigkeit wirkende) Satzungs- Ferner ist darauf hinzuweisen, dass auch wei- gestaltung ist die „Königsdisziplin“ bei der Stif- tere anstehende Gesetzesvorhaben die tungserrichtung; hierauf ist größte Sorgfalt zu Rechtsform Stiftung tangieren. Dazu zählen in legen. etwa eine längst geplante, einstweilen aber ins Stocken geratende größere Reform des Ge- IV. Ausblick meinnützigkeitsrechts oder aber auch eine ge- Das Stiftungsrecht bleibt auch weiterhin im plante und alsbald umgesetzte Reform des Fluss. Für die Übergangszeit bis zum 1. Juli Geldwäschegesetzes (vgl. dazu unsere Man- 5/7
danteninformation zum „Transparenz-Finanzin- bisher bereits bestehende Möglichkeit der Er- formationsgesetz Geldwäsche“ vom 5. Juli richtung einer inländischen Stiftung mit an- 2021). schließendem – zumindest im Hinblick auf die Hinzurechnungsbesteuerung – steuerneutralen Daneben ist das Stiftungsrecht auch abseits Wegzug des Stifters wird durch das ATAD- des Gemeinnützigkeitsrechts traditionell eng Umsetzungsgesetz nicht berührt. mit dem Steuerrecht verknüpft. Beispielsweise spielen Stiftungen eine große Rolle im Falle ei- Dass tatsächlich – wie im Bundestagswahl- nes (steuerlichen) Wegzugs. Durch das ge- kampf von verschiedenen Parteien vorgetragen plante ATAD-Umsetzungsgesetz wird zum – eine Reaktivierung der Vermögenssteuer Re- kommenden Jahreswechsel die Wegzugsbe- alität werden könnte, erscheint äußerst zweifel- steuerung „verschärft“. Das ATAD- haft. Nichtsdestotrotz sollten die politischen Umsetzungsgesetz hat beispielsweise Auswir- Entwicklungen bei anstehenden Entscheidun- kungen auf inländische Stifter, die im Ausland gen für oder gegen eine Stiftungslösung auf- eine unternehmensverbundene Stiftung/Famili- merksam beobachtet werden. Sollte eine Wie- enstiftung ausländischen Rechts errichten wol- dereinführung der Vermögenssteuer tatsächlich len, in die auch Anteile an Kapitalgesellschaften Realität werden können, so ergeben sich zu- eingebracht werden sollen, an der der Stifter zu sätzliche Argumente, die für eine Stiftungslö- mehr als 1 % beteiligt ist. sung (im Ausland) sprechen könnten. Sofern eine stiftungsgeneigte Person mit dem Indes sollten Stiftungsvorhaben nicht aus rein Gedanken spielt, eine solche Stiftung im Aus- steuerlichen Gründen umgesetzt werden. Viel- land zu errichten, so sollte erwogen werden, ob mehr sind das inländische und ausländische das Vorhaben nicht im Vorgriff auf die Reform Stiftungszivil- und Stiftungsaufsichtsrecht bei ei- steueroptimiert vorgezogen werden kann. Bis- ner Entscheidung mit in den Blick zu nehmen. lang konnten Stifter, die zu einer Auslandsgrün- Ferner bestehen auch weiterhin interessante dung in einem EU- oder EWR-Staat optiert ha- Alternativen, die Stifter bei ihrer Entscheidung ben, von einer unbefristeten Stundungsmög- in Erwägung ziehen sollten. Stiftungskörper- lichkeit profitieren. Diese Möglichkeit soll durch schaften (z.B. eine gGmbH) und Treuhandstif- den neuen § 6 Abs. 5 AStG n.F. wegfallen. Al- tungsmodelle können für viele Stifter eine ernst lerdings ist in diesem Zusammenhang noch zu nehmende, flexiblere und im Ergebnis wo- Vieles unklar, sodass die weitere Diskussion in- möglich gleichwertige Option bieten. Eventuell tensiv beobachtet werden sollte. Unklar ist bei- ergibt sich für Stifter künftig durch eine neue spielsweise, ob der Wegfall der bisherigen Rechtsform, die politisch teilweise stark befür- Stundungsmöglichkeit mit EU-Recht in Einklang wortete „GmbH mit gebundenem Vermögen“, steht. Ferner ist unklar, ob (überhaupt noch gar eine weitere Alternative für ihr Vorhaben. fristgemäß) eine Stundung nach dem derzeitig Die GmbH mit gebundenem Vermögen soll ge- geltenden Recht erreicht werden kann, da das wissermaßen die Vorteile einer Stiftung mit den Gesetz missverständlich formuliert ist. Womög- Vorteilen einer GmbH kombinieren. Ob und in lich ist hier zu erwägen, das Vorhaben in Ko- welcher Form das Vorhaben umgesetzt wird, ist operation mit den zuständigen Finanzbehörden zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch unge- kooperativ abzustimmen und/oder das Vorha- wiss. Für fast alle stiftungswilligen Personen ben ggf. mit einer verbindlichen Auskunft (§ 89 kann indes durch die aufgezeigten Alternativen Abs. 2 AO) steuerlich abzusichern. Die auch eine maßgeschneiderte Lösung gefunden wer- den kann. 6/7
Diese Mandanteninformation beinhaltet lediglich eine unverbindliche Übersicht über das in ihr adressierte Themengebiet. Sie ersetzt keine rechtliche Beratung. Als Ansprechpartner zu dieser Mandanteninformation und zu Ihrer Beratung stehen gerne zur Verfügung: PROF. DR. JOCHEM REICHERT, PROF. DR. STEPHAN SCHERER, PARTNER PARTNER T +49 621 4257-229 T +49 621 4257-214 F +49 621 4257-293 F +49 621 4257-495 Jochem.Reichert@sza.de Stephan.Scherer@sza.de www.sza.de www.sza.de DR. MARTIN FEICK, JULIAN SCHWALM, PARTNER ASSOCIATE T +49 621 4257-221 T +49 621 4257-221 F +49 621 4257-496 F +49 621 4257-496 Martin.Feick@sza.de Julian.Schwalm@sza.de www.sza.de www.sza.de 7/7
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