Substrataufbereitung Zur Verbesserung des Abbaus faserreicher Biomasse - Biogas Forum Bayern
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FACHINFORMATION Zur Verbesserung des Abbaus faserreicher Biomasse Substrataufbereitung www.biogas-forum-bayern.de/bfb8 Biogas Forum Bayern, Verfasser: Rainer Kissel, Günter Henkelmann, Jakob Seidel, Dr. Konrad Koch Veronika Dollhofer, Dr. Michael Lebuhn Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft Technische Universität München
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung Foren der ALB Bayern e.V. ALB-Arbeitsblätter, ALB-Beratungsblätter, Foren der ALB Bayern e.V.: ALB-Infobriefe, ALB-Leitfäden und Fachin- formationen werden in den Foren der Ar- ► Bau Forum (BF), beitsgemeinschaft Landtechnik und Land- Leitung: Jochen Simon, LfL-ILT wirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. ausgearbeitet. ► Biogas Forum Bayern (BFB), Leitung: Dr. Martin Müller, ALB Die Foren, denen Fachleute der jeweiligen Sachgebiete angehören, sind Expertenaus- ► Landtechnik Forum (LF), schüsse zum Informationsaustausch und Leitung: Dr. Markus Demmel, LfL-ILT zur Wissensvermittlung in die landwirt- schaftliche Praxis. Förderer Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Impressum Herausgeber Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB), Vöttinger Straße 36, 85354 Freising Telefon: 08161 / 71-3460 Telefax: 08161 / 71-5307 E-Mail: info@alb-bayern.de Internet: www.alb-bayern.de 1. Auflage 2019 © ALB Alle Rechte vorbehalten Bildquelle Titelfoto R. Kissel (LfL)
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung .................................................................................................................... 5 2. Physikalische Verfahren .............................................................................................. 5 2.1 Zerschneiden (Schneidmühle/Schredder) ........................................................ 5 2.2 Zerreißen und Zerfasern .................................................................................. 6 2.2.1 Zermahlen................................................................................................ 6 2.2.2 Querstromzerspanung ............................................................................. 7 2.2.3 Rotierende Zahnscheiben ........................................................................ 7 2.2.4 Extrusion .................................................................................................. 9 2.3 Elektrokinetische-Desintegration .................................................................... 10 2.4 Ultraschall-Desintegration .............................................................................. 11 2.5 Hydrodynamische Kavitation .......................................................................... 12 2.6 Thermische Behandlung ................................................................................ 12 2.6.1 Dampfexplosion (steam explosion) ........................................................ 12 2.6.2 Druckunterstützte thermische Aufbereitung ........................................... 13 3. Chemische Verfahren ............................................................................................... 14 3.1 Alkalische Vorbehandlung .............................................................................. 14 3.2 Säurevorbehandlung ...................................................................................... 15 3.3 Oxidative Vorbehandlung ............................................................................... 16 4. Biologische Verfahren............................................................................................... 17 4.1 Einsatz von Bakterienkulturen ........................................................................ 17 4.2 Vorbehandlung mit Pilzen .............................................................................. 18 4.3 Enzymeinsatz ................................................................................................. 19 5. Fazit .......................................................................................................................... 20 Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 21 3
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 1. Einleitung Diese Fachinformation beschreibt unter- brücken verknüpft sind, hat die Cellulose schiedliche Techniken zur Aufbereitung von eine sehr stabile, „kristalline“ Struktur. Da Substraten, die hohe Anteile an Lignocellu- diese Ketten aus D-Glucose (Zucker) aufge- lose enthalten. Lignocellulose besteht im baut sind, ist es von großem Vorteil für die Wesentlichen aus Lignin, Cellulose und He- Biogaserzeugung, wenn man diese Zucker micellulose, die quervernetzt sind und die verfügbar machen kann. pflanzlichen Strukturen flexibel und wider- standsfähig machen (Abb. 1). Lignocellulo- se stabilisiert die Zellwand der Pflanze und schützt sie vor enzymatischem bzw. mikro- biellem Abbau. Abb. 2: Chemische Struktur einer Cellobioseein- heit der kristallinen Cellulose Gelingt es, durch die Substrataufbereitung den Verbund zwischen den einzelnen Be- standteilen der Lignocellulose aufzulösen, kann die biologische Zersetzung deutlich beschleunigt und gegebenenfalls auch die absolute Methanausbeute erhöht werden. Die dafür zur Verfügung stehenden Verfah- ren lassen sich in drei Kategorien untertei- Abb. 1: Aufbau der Lignocellulose pflanzlicher Zel- len: physikalisch, chemisch und biologisch. len (Quelle: I. Kinker LfL-AQU) Auch kombinierte Verfahren sind möglich. Weiterhin können verfahrenstechnische Va- rianten wie mehrstufige oder mehrphasige Cellulose ist neben Hemicellulose und Lig- Anlagenkonfigurationen, z. B. durch Vor- nin ein wichtiger Bestandteil der pflanzli- schaltung eines „Hydrolysefermenters“ (s. chen Zellwand. Mit etwa 50 % Massenanteil hierzu die Fachinformation des Biogas Fo- ist sie der Hauptbestandteil pflanzlicher Zell- rum Bayern „Empfehlungen zu Verfahren wände und damit die häufigste organische der Hydrolyse in der Praxis“) oder einfach Verbindung und auch das häufigste Poly- zur Verlängerung der Verweilzeit zur Ver- saccharid (Vielfachzucker) in Pflanzen über- besserung der Substrataufbereitung dienen. haupt. Die molekulare Struktur der Cellulose Solche großtechnischen Konzepte sind besteht aus Beta-(1,4)-glykosidisch verbun- nicht Gegenstand der vorliegenden Fachin- denen D-Glukoseeinheiten mit der sog. Cel- formation; hierzu findet sich mehr bei [1] lobiose als kleinstem Monomer (Abb. 2). Bei und [2]. Es besteht auch kein Anspruch, Kettenlängen von einigen hundert bis zu dass die Verfahren, Techniken oder Maß- 15.000 Zuckermolekülen erhält man so un- nahmen in den angesprochenen Kategorien verzweigte, lineare Molekülketten. Da diese in dieser Fachinformation vollständig ge- Ketten durch intramolekulare Wasserstoff- nannt bzw. gelistet sind. 4
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 2. Physikalische Verfahren Ziel der physikalischen Aufbereitung ist ein beute wurde für einige Einsatzstoffe wissen- Aufbruch der stabilen Lignocellulosestruktur schaftlich nachgewiesen. Allerdings haben und eine mechanische Oberflächenvergrö- die Verfahren einen hohen Energiever- ßerung der pflanzlichen Strukturen. Beides brauch, der mit dem Feuchtigkeitsgehalt, vermehrt die Angriffsmöglichkeiten für Mik- der anfänglichen Partikellänge und dem roben und durch Aufbrechen der kristallinen Grad der Zerkleinerung bzw. der Intensität Struktur kann auch die Hydrolyse der Cellu- des Aufschlusses ansteigt. Nachfolgend lose beschleunigt werden. Bei der mechani- wird erläutert, welche Aufbereitungsverfah- schen Vorbehandlung entstehen bei Ver- ren sich in der Praxis für unterschiedliche wendung geeigneter Materialien (z.B. Ab- Substrate als geeignet erwiesen haben. Ei- rieb von Chrom oder Nickel in Edelstahl ver- ne zusammenfassende Übersicht findet sich meiden!) keine toxischen Nebenprodukte. in Tab. 1 am Ende dieses Kapitels. Eine Steigerung der realisierbaren Gasaus- 2.1 Zerschneiden (Schneidmühle/Schredder) Zerschnitten werden vorwiegend langfaseri- ge Einsatzstoffe wie Gras oder Mist. Für ei- ne Behandlung stehen verschiedene Tech- niken zur Verfügung. Bei einer Methode wird das zu behandelnde Material durch mehrere Messer auf einer rotierenden Welle zerschnitten, bis die auf- zubereitende Biomasse gesiebt werden kann. Mit dieser Verfahrenstechnik konnte etwa 20 bis 30 mm langes, getrocknetes Heu auf 0,5 mm Faserlänge zerkleinert und hierdurch die Gasausbeute um ca. 10 % ge- steigert werden; auf 2 mm Länge geschnit- tene Sisalfasern lieferten sogar 20 bis 25 % mehr Gas als das 100 mm lange Ausgangs- material [1]. In Untersuchungen an der LfL wurde Mais- bzw. Grassilage auf Partikel- größen von 10 bzw. 4 mm reduziert. Ein an- schließender Batchansatz der aufbereiteten Substrate zeigte in diesem Fall jedoch keine Abb. 3: Rota-Cut (Quelle: Firma Vogelsang GmbH) signifikanten Gasertragssteigerungen [4]. Eine schneidende Wirkung wird auch durch kosität. Somit lässt sich Rührenergie ein- ein Verfahren erzielt, bei dem ein Loch- sparen und die Homogenität der Suspensi- scheibenzerkleinerer (Abb. 3) in die Sub- on verbessern. Die Zerkleinerer sind vglw. stratleitung integriert wird. Die Technik eig- preiswert, verfügen über einen Störstoffab- net sich besonders zur Behandlung langfa- scheider und können relativ einfach in be- seriger Einsatzstoffe und reduziert die Vis- stehende Anlagen integriert werden. 5
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung Sollen Fermenterinhalte behandelt werden, Bypassleitung erforderlich ist. Im Biogasbe- sind große Mengen an Suspension zu reich ist von einem maximalen Durchsatz transportieren. Eine Kombination mit einer von 250 m³ Biomasse auszugehen. Je nach Flüssigfütterung ist deshalb ideal, da aus- Durchflussmenge variieren die elektrischen schließlich die Inputmaterialien behandelt Anschlussleistungen zwischen 2 und werden und keine zusätzliche Pumpe bzw. 18 kW. 2.2 Zerreißen und Zerfasern 2.2.1 Zermahlen (Hammermühle) Zur Zerkleinerung von Körnermais, CCM werden. Die Durchsatzleistungen stationä- und Getreide als Futtermittel werden viel- rer Geräte betragen laut Hersteller zwischen fach Hammermühlen eingesetzt. Mehrere, 12 und 16 t/h und dürften stark von der Art auf einen Rotor montierte Hämmer oder der zu behandelnden Biomasse und den Pendelschläger aus gehärtetem Flachstahl verwendeten Siebeinsätzen abhängen. In mit Kerben an den Enden werden kontinu- Versuchen mit Weizenstroh brachte die Vor- ierlich gegen das Mahlgut geschleudert und behandlung mit einer Hammermühle eine beschleunigen dieses mit enormer Ge- Steigerung der Hydrolyseausbeute von 6 % schwindigkeit in Richtung der Siebkanten. auf 34 % [6]. An der LfL erarbeitete vorläufi- Durch den andauernden Aufprall auf den ge Ergebnisse zeigten Gasertragssteigerun- Hammer und die hohe Geschwindigkeit, mit gen von 10 % bei Grassilage und Rinder- der das Material auf die Siebkante auftrifft, mist, während die Behandlung von Maissila- werden die Pflanzenteile zerkleinert. Ausrei- ge hier keinen Mehrertrag brachte. chend feine Teilchen durchdringen den Siebmantel und werden von dort aus weiter- Hammermühlen können auch zur Behand- befördert. Dies kann durch ein Gebläse o- lung von bereits vergorenem Material ver- der mechanisch erfolgen. Ausschlaggebend wendet werden. Dazu werden sie in die für die Partikelgröße sind das Lochmaß und Substratleitung integriert und behandeln das die Form des Siebkorbes(-mantels), der die flüssige Substrat, das aus dem Fermenter Schlegelwelle und die Pendelschläger kommt und nach der Behandlung diesem umgibt. wieder zugeführt wird. In der Biogasproduktion führen die Reduzie- rung der Partikelgröße und die Vergröße- rung der Oberfläche zu einem beschleunig- ten Abbau und kann damit eine erhöhte Bio- gasproduktivität bewirken. Zudem wird die Neigung zur Bildung von Schwimmschich- ten verringert und die Rühr- und Pumpen- technik entlastet. Die Technik zeichnet sich durch vergleichsweise geringe Anschaf- fungskosten, große Robustheit und weitge- hende Unempfindlichkeit gegenüber Stör- stoffen aus [1; 5]. Bei Anschlussleistungen von 22 bis 100 kW kann diese Vorbehand- lung mit steigender Behandlungsintensität und Dauer allerdings sehr energieaufwändig Abb. 4: Hammermühle (Quelle: Kissel - LfL) 6
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 2.2.2 Querstromzerspanung Bei dieser Verfahrenstechnik wird das Sub- strat durch eine oder zwei großmaschige Ketten, die auf einer senkrecht stehenden Welle montiert sind (s. Abb. 5) stark be- schleunigt und gegen die Wand der Einrich- tung geschleudert. Durch die Wucht des Aufpralls wird das Material zerkleinert und aufgebrochen. Auch diese Technik ist relativ tolerant gegenüber Störstoffen wie Steinen oder Metallteilen, jedoch energieaufwändig. In der Biogastechnik wird es häufig zur Auf- bereitung von Grassilage eingesetzt [1]. Der Durchsatz hängt von der Behandlungsinten- sität und der Art der zu behandelnden Bio- Abb. 5: Querstromzerspaner (Quelle: Firma Me- masse ab. Er beträgt zwischen 2 t/h Wa Recycling GmbH) (Grünschnitt) und 6 t/h (Maissilage) bei ei- ner Anschlussleistung von 75 kW. Bei einer 15 Sekunden dauernde Behandlung von Anschlussleistung von 160 kW können 8 bis Pferdemist zusammen mit GPS, Gras- und 20 t/h behandelt werden. Maissilage im Querstromzerspaner die Me- thanausbeute der Mixtur um knapp 10 % In Sachsen wurde ein Querstromzerspaner [8]. Eine längere Behandlung ergab keinen zur Aufbereitung von GPS und Grassilage Mehrertrag. Die Technologie wurde auch an eingesetzt. Dabei konnte eine Verbesse- der LfL geprüft und erzielte Gasertragsstei- rung der Eintrags- und Rieselfähigkeit fest- gerungen um 7 % bei der Aufbereitung von gestellt werden, jedoch keine Erhöhung der Mais- und Szarvasigrassilage. Die Behand- realisierten Methanausbeute [7]. Einem Be- lung von Rindermist und Grassilage zeigte richt aus Hohenheim zufolge, erhöhte eine hier keinen Effekt [9]. 2.2.3 Rotierende Zahnscheiben Dieses Verfahren besteht aus einer Trom- soweit zerkleinert wurden, dass sie durch mel, in deren Zentrum eine Welle mit hoher den Spalt passen. Dadurch lässt sich die Geschwindigkeit rotiert. Auf der Welle sind Fließfähigkeit der Suspension verbessern mehrere verzahnte Bleche oder auch Mes- und der Leistungsbedarf von Pumpen und ser montiert. Die Trommel ist mit einem Rührwerken wird herabgesetzt. Technische Ring ausgestattet, der das Gegenstück zu Lösungen, die nach diesem Wirkprinzip ar- den verzahnten Blechen bildet. Er kann beiten, werden von unterschiedlichen Her- auch als Stator mit Gegenschneiden ausge- stellern angeboten. Sie kommen mit elektri- führt sein. Wird das Gärsubstrat zugeführt, schen Anschlussleistungen ab 15 kW aus. kann der flüssige Anteil durch den einstell- Es werden Systeme angeboten, mit denen baren schmalen Spalt zwischen Rotor und in Abhängigkeit des TS-Gehalts des Medi- Stator passieren, größere Bestandteile hin- ums in der Stunde 200 bis über 500 m³ be- gegen werden zerrissen oder zerschnitten handelt werden können. und erst dann weiter transportiert, wenn sie 7
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung Abb. 6: Disruptor (Quelle: Firma Vogelsang GmbH) Abb. 7: Homogenisator (Quelle: Firma MICCRA GmbH) Ein ähnliches Wirkprinzip hat ein Verfahren, des Substrats von 10 %. Der Energiebedarf bei dem in einem zylindrischen Gehäuse liegt je nach TS-Gehalt zwischen 3 und eine schräge Scheibe rotiert. Dadurch wird 6 kWh/t [9]. Ein Test dieser Technologie an das Substrat in verschiedene Richtungen der LfL ergab bei einer Behandlung von beschleunigt wodurch Schub und Scherkräf- Rindermist, Mais- und Szarvasigrassilage te entstehen, die das Material intensiv teilweise positive Effekte auf die Gasaus- durchmischen. Feststoffe werden durch die beute. Bei Maissilage betrug die Gaser- Fliehkraft in die Nuten transportiert und von tragssteigerung 6 % und bei Rindermist der Zahngeometrie der Schrägscheibe zer- 11 %. Die Behandlung von Grassilage zeig- kleinert. Der Durchsatz liegt bei 50 m3/h bei te keine signifikant positive Wirkung auf die 8 % TS und bei 20 m3 bei einem TS Gehalt realisierbare Gasausbeute [9]. Abb. 8: Gorator (Quelle: Firma hoelschertechnic- gorator® GmbH & Co.KG) 8
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung Nach dem Prinzip einer Drehkolbenpumpe ten, dass diese nicht vor der Behandlung arbeitet ein Verfahren, bei dem die zu be- abgeschieden werden. Anstelle der her- handelnde Biomasse zerrissen und zer- kömmlichen Drehkolben sind in den soge- hackt wird. Das Zerkleinerungsergebnis ist nannten Hackern ineinandergreifende Mes- gröber als die der beiden oben beschriebe- serscheiben auf die beiden Antriebswellen nen Verfahren. Zur Behandlung von groben montiert. Durch die Scheibenstruktur und Feststoffen wie Kartoffeln, Rüben oder Ge- die Rotationsgeschwindigkeit wird die Bio- müseresten ist es gut geeignet und kommt masse zerkleinert und damit fließfähiger, auch vorwiegend dort zum Einsatz. Langfa- leichter zu pumpen und zu durchmischen. serige Stoffe können die Einrichtung im Ein- Bei Anschlussleistungen zwischen 4 und zelfall unzerkleinert passieren. Im Fall von 30 kW können je nach Ausführung 60 bis störstoffhaltigen Einsatzstoffen ist zu beach- 320 m³/h behandelt werden. Abb. 9: Unihacker (Quelle: Firma Börger GmbH) 2.2.4 Extrusion Das Verfahren der Extrusion kombiniert die flächenvergrößerung) und ändert die ge- thermische und mechanische Substratvor- samte Struktur der Biomasse [11]. Dadurch behandlung. Dabei wird die aufzubereitende wird zusätzliche Organik für den enzymati- Biomasse durch eine oder mehrere Schne- schen und mikrobiellen Angriff verfügbar cken in einer Metallröhre gegen einen Wi- gemacht, was zu einer Steigerung der Me- derstand gedrückt, wodurch hohe Scher- thanausbeute führen kann. kräfte entstehen, die wiederum zu lokalem Temperatur- und Druckanstieg führen [11]. Extruder weisen Anschlussleistungen zwi- Ein Teil der Lignocellulose wird dadurch schen 22 und 110 kW auf und können aufgeschlossen, ein weiterer Aufschluss er- Durchsätze bis zu 9 t/h bewältigen. folgt bei der nachfolgenden Entspannung des Materials, bei dem intrazelluläres Was- Laut Firmenangaben liegt der Stromver- ser verdampft und die Zellwände schädigt. brauch bei 10 bis 25 kWh/t Biomasse. An der sächsischen Landesanstalt für Landwirt- Das Verfahren eignet sich für alle landwirt- schaft wurde der Effekt der Extruderbe- schaftlichen Reststoffe, insbesondere aber handlung auf die Gasausbeute von Mais- für krautiges Material [11]. Es führt zu einer und Grassilage untersucht. Dabei wurden Verringerung der Partikelgröße (Ober- zwei Zerkleinerungsstufen geprüft. Bei 9
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung Maissilage bewirkte die Vorbehandlung eine Methanertragssteigerung von 7 bis 14 %, bei der Grassilage sogar 19 bis 26 % mehr Methan im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle [7]. Eine Untersuchung an der LfL zeigte positive Effekte für behandelten Rin- dermist sowie für Mais-, Gras- und Szarva- sigrassilage. Der Methan-Mehrertrag lag zwischen 5 und 8 % [9]. Abb. 10: Extruder (Quelle: Barth, LfL) 2.3 Elektrokinetische Desintegration Bei dieser Verfahrenstechnik wird die vergleichsweise sehr geringen Strombedarf. Gärsuspension einem elektrischen Hoch- Laut den Angaben eines Herstellers benö- spannungsfeld ausgesetzt, während sie tigt eine 500 kW Anlage drei bis vier Modu- durch eine Substratverrohrung gepumpt le. Die elektrische Anschlussleistung beträgt wird. Durch die Polarisierung des durchflie- dann unter 0,2 kW wodurch jährlich Strom- ßenden Mediums werden polare Verbindun- kosten von lediglich 30 € anfallen [10]. Je- gen, z. B. Proteine oder Fettsäuren der doch wird, zum Schutz vor Verstopfungen Lipiddoppelschicht in der Zellmembran aus bzw. Fremdkörperschäden, häufig eine me- der Zellstruktur herausgelöst. Dadurch wer- chanische Zerkleinerungseinheit vorge- den die Zellmembranen durchlässig. Durch schaltet (siehe oben) wodurch der Strombe- osmotische Kräfte platzen die Zellen auf, darf wieder ansteigt. Das System bewältigt und der Zellinhalt mit weiteren Nährstoffen in Abhängigkeit des TS-Gehaltes der Sus- und Spurenelementen sowie organischen pension Durchsätze bis 200 m³/h und kann Verbindungen werden für den enzymati- deshalb relativ einfach in die bestehenden schen und mikrobiellen Abbau verfügbar Substratleitungen integriert werden. gemacht und die Enzymaktivität gesteigert. Gegebenenfalls kann dadurch die realisier- bare Gasausbeute gesteigert werden. An der LfL wurde die Wirksamkeit der Methode untersucht, indem Gärgemischproben aus Kleegras und Rindermist, die an einer Pra- xisanlage vor und nach der Desintegration gezogen wurden, mittels eines Batch-Tests auf deren Gasertrag geprüft wurden. Dabei konnte allerdings keine statistisch signifi- kante Steigerung der Methanausbeute fest- gestellt werden [15]. In der Praxis wurde da- gegen beobachtet, dass durch das Verfah- ren bis zu 5 % Mais eingespart wurden. Gleichzeitig sank der Eigenenergiebedarf um rund 20 %, da deutlich weniger Rührauf- wand betrieben werden musste [36]. Die Besonderheit dieses Verfahrens liegt in dem Abb. 11: BioCrack (Quelle: Firma Vogelsang GmbH) 10
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 2.4 Ultraschall-Desintegration Die Desintegration von Biomasse mittels noch einen kontinuierlichen Betrieb dieser Ultraschall stellt eine der energieeffizientes- Ultraschallsysteme. ten Methoden zum Aufschluss fester Parti- kel in flüssiger Biomasse dar. Dabei erzeu- Deutlich zuverlässiger ist der Einsatz soge- gen leistungsstarke, elektrische Schwing- nannter Rohrreaktoren. Dabei dient das ge- systeme in der Flüssigkeit feinste Kavitati- samte substratführende Edelstahlrohr als onsblasen. Bei der Implosion der Kavitati- resonantes Ultraschallsystem und kann das onsblasen entstehen hohe Temperaturen, Substrat somit ohne hervorstehende Ein- Drücke und Scherkräfte, welche das Sub- bauten optimal beschallen [39]. Die in das strat aufschließen und den Zellinhalt verfüg- Substrat eingebrachte Ultraschallenergie ist bar machen. Durch die Zerstörung der Zell- dabei abhängig von der Anzahl der einge- membran werden intrazelluläre Enzyme frei- setzten Ultraschallmodule. Für beide Ultra- gesetzt, welche die optimale Umsetzung der schall-Verfahrensweisen wurde eine Steige- Biomasse befördern [37]. Neben der Ver- rung der Gasausbeute von bis zu 20% im besserung des biologischen Abbaus wird Labor erzielt [40; 41]. Der Energieaufwand die Viskosität des beschallten Substrats ver- für die Beschallung liegt im großtechnischen ringert. Dies verstetigt nicht nur den Anla- Maßstab bei 5 bis 10 kWh pro m³ behandel- genbetrieb, sondern reduziert darüber hin- ten Substrats. Dies umfasst den Strombe- aus den Bedarf an Rührenergie und das Ri- darf der Ultraschallreaktoren sowie der Ne- siko von Schwimmschichten. benaggregate wie Pumpe und Feststoffzer- kleinerer. Aufgrund einer verbesserten Schallübertra- gung in flüssigen Medien wird ausschließ- Insgesamt bietet sich der Einsatz von Ultra- lich flüssiger Fermenterinhalt beschallt. Da- schallsystemen insbesondere auf Anlagen bei wird das Substrat durch einen Bypass an, bei denen eine Verringerung der Visko- aus dem Hauptfermenter oder Nachgärer sität des Substrats von hoher Bedeutung für entnommen und mit einem Volumenstrom eine optimale Gasausbeute ist. von wenigen m³ pro Stunde durch die Ultra- schallreaktoren gefördert. Anschließend wird das aufgeschlossene Substrat zur wei- teren Vergärung rückgeführt. Die Förderung des Substrats erfolgt i.d.R. durch kompakte Exzenterschneckenpumpen. Zur Vermei- dung von Verstopfungen der Pumpe durch Störstoffe sollte stets ein mechanischer Zer- kleinerer vorgeschaltet werden. Für die Erzeugung von Ultraschall sind ak- tuell Systeme mit zwei Grundprinzipien am Markt verfügbar. Zum einen kann die Ultra- schallenergie durch stabförmige Sonotroden in das Substrat eingebracht werden. Hierbei besteht jedoch insbesondere bei faserhalti- gen Substraten das Risiko von Verstopfun- Abb. 12: Ultraschall-Rohrreaktor zur gen und Ablagerungen [38]. Geeignete au- Beschallung von Biogassubstrat (Quelle: Firma tomatische Spülsysteme ermöglichen den- BANDELIN electronic GmbH & Co. KG) 11
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 2.5 Hydrodynamische Kavitation Der Kavitationseffekt kann auch hydrome- Ablauf. Diese erzeugen ebenfalls Kavitati- chanisch hervorgerufen werden, indem Fer- onsblasen, die den gewünschten Effekt auf mentermaterial mit 8 bis 10 bar Druck durch das zu behandelnde Medium ausüben (Abb. eine Düse gepresst wird (Abb. 13). Durch 14). Je nach Ausführung ist zur Vermeidung die schlagartige Entspannung entstehen von Verstopfungen eine mechanische Zer- Kavitationsblasen, die – wie bei der Ultra- kleinerungseinheit vorzuschalten (z. B. schallbehandlung beschrieben – implodie- Schneidsieb). Anwender sprechen von ho- ren, wodurch große Kräfte auf die Zellen mogenerem Gärsubstrat, reduzierten Rühr- einwirken. Andere Hersteller nutzen die zeiten und höheren Gaserträgen. Von wis- durch hohe Drehzahlen eines Rotors entste- senschaftlicher Seite liegen noch keine In- henden Druckdifferenzen zwischen Zu- und formationen zur Effektivität des Verfahrens vor. Abb. 13: Suprajet (Quelle: Firma greentex-service) Abb. 14 : BioBANG-Kavitator (Quelle: Firma BioBANG) 2.6 Thermische Behandlung Die thermische Behandlung von Biomasse cker freigesetzt. Durch das Aufbrechen der bei Temperaturen zwischen 150 °C und stabilen Lignocellulosestruktur lässt sich die 180 °C führt dazu, dass sich - verstärkt Gasausbeute steigern. Ab ca. 160°C nimmt durch zusätzlichen Überdruck - Teile der aber die Gefahr der Hemmstoffbildung zu Lignocellulose zu lösen beginnen. Wenn was zu einem Rückgang der Ausbeute füh- Wasser vorhanden ist, wird ein Teil der He- ren kann [16]. micellulose hydrolysiert, und es werden Zu- 2.6.1 Dampfexplosion (steam explosion) Zusätzlich zur gewöhnlichen Dampfbehand- ren gebracht, wodurch die geordnete Zell- lung wird bei dem Verfahren der Dampfex- struktur zerstört wird. Durch diesen Prozess plosion durch eine schnelle Druckentlastung wird ein großer Teil der Hemicellulose ge- mit anschließender rascher Abkühlung die löst und so für hydrolytische Mikroorganis- Flüssigkeit in der Biomasse zum Explodie- men leichter zugänglich [5; 16]. 12
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung Die Dampfexplosion ist eine Methode zur zur Bildung toxischer Substanzen im Gärge- Aufbereitung landwirtschaftlicher Reststoffe, misch führen kann. Eine dadurch hervorge- da sie im Vergleich zu mechanischen Ver- rufene Beeinträchtigung der Methanbildung fahren etwa 70 % weniger Energie zur Er- kann durch die Zugabe von verdünnten reichung eines vergleichbaren Zerkleine- Säuren (z.B. H2SO4; Gefahrstoff!) verhindert rungsgrads benötigt [12]. Die erforderliche werden [17]. Außerdem kann sich die me- Behandlungsdauer steigt mit dem Wasser- thanbildende Biozönose an eine gewisse gehalt der aufzubereitenden Biomasse. Zu Konzentration von Hemmstoffen anpassen beachten ist, dass diese Verfahrenstechnik [16]. 2.6.2 Druckunterstützte thermische Aufbereitung Bei diesem Verfahren dringt 180 – 220 °C Wert von 4 bis 7 eingehalten wird [5; 16]. heißes Wasser in die Lignocellulosestruktur Die Behandlung wird als besonders geeig- ein, wodurch Teile der Hemicellulose und net für Maisstroh beschrieben, ist jedoch des Lignins herausgelöst und für die Hydro- aufgrund des hohen Wasserbedarfs, des lyse verfügbar gemacht werden. Um das dafür erforderlichen Drucks und der hohen Wasser flüssig zu halten, muss das Verfah- Temperaturen vergleichsweise aufwändig ren unter Druck durchgeführt werden. Auch [1]. Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens hier können die hohen Temperaturen zur muss deshalb betriebsindividuell kritisch ge- Bildung von Hemmstoffen führen, die auf- prüft werden. grund der eingesetzten Wassermengen aber in geringeren Konzentrationen vorlie- Eine Übersicht und qualitative Bewertung gen als bei der Dampfbehandlung. Die Bil- der gängigen physikalischen Verfahren zur dung der Hemmstoffe scheint auch unter- Substrataufbereitung in der Biogastechnik bunden werden zu können, wenn ein pH- gibt die untenstehende Tabelle. Verfahren/ Beschleu- Hemm- Stör- War- Strom- Wäme- Substrate, für die eine Steige- Aggregat nigung stoff- stoffan- tungs- bedarf bedarf rung der Methanausbeute nach der Hydro- bildung fällig- bedarf Behandlung nachgewiesen wur- lyse keit de Schneidmühle/ ja nein ja mittel mittel null Maissilage Schredder Hammermühle ja nein nein mittel hoch null Stroh, Grassilage, Rindermist Querstrom- ja nein nein gering hoch null Mais- u. Grassilage, Mixtur von zerspaner Mist/Mais/ GPS/Grassilage Rotierende n.n.* nein ja mittel gering null Rindermist, Mais- und Zahnscheiben Szarvasigrassilage Kavitation n.n.* nein nein gering mittel null Belebtschlamm in Abwasserreini- gungsanlagen Elektrokinetik ja nein nein gering gering null Mischschlamm Druckunterstütz- ja bedingt nein gering hoch hoch Maisstroh, te thermische Energiepflanzen (allgemein) Aufbereitung Extrusion ja nein ja mittel hoch null Mais-, Gras,- und Szarvasigras- silage, Rindermist * nicht nachgewiesen Tab. 1 : Eigenschaften unterschiedlicher physikalischer Methoden zur Aufbereitung von Biomasse 13
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 3. Chemische Verfahren Nach einer chemischen Hydrolyse und lungen. Die Vorbehandlung mittels Basen Spaltung kann ein hoher Anteil an biolo- oder Säuren wird in der Praxis noch selten gisch abbaubaren Zuckern aus der Cellulo- eingesetzt. Chemische Vorbehandlungen se verfügbar gemacht werden [18]. Typi- könnten jedoch für die Biogaserzeugung sche chemische Vorbehandlungen sind al- künftig eine gewisse Rolle spielen [17]. kalische, saure und oxidative Vorbehand- 3.1 Alkalische Vorbehandlung Für eine alkalische Vorbehandlung werden fand man in verschiedenen Untersuchungen verdünnte Lösungen von Natriumhydroxid höhere Gaserträge als ohne Behandlung (NaOH) und Löschkalk (Calciumhydroxid, [18]. Kalilauge (KOH) hat eine ähnliche Wir- Ca(OH)2) aber auch z.B. Kaliumhydroxid kung wie Natronlauge (NaOH). Da sie aber (KOH) oder Ammoniak (NH3) verwendet viel teurer ist, ist schon aus wirtschaftlichen [19]. Gründen ein größerer Einsatz fraglich. Vor- behandlungen mit Ammoniak (NH3) wurden Die alkalische Behandlung kann u. a. die ebenfalls intensiv geprüft, da diese Chemi- Lignin-Kohlenhydrat-Bindungen spalten. kalie wenig kostet und nicht korrosiv ist. Sie Dies führt zu einem Aufquellen der gesam- hatte im Versuch eine geringere toxische ten Struktur der Biomasse [20]. Mikroorga- Wirkung und konnte zudem rückgewonnen nismen und Enzyme können das Substrat werden [19]. Jedoch ist der Aufschluss mit dann leichter abbauen [18]. Die Vorbehand- Ammoniak gegenüber der Natronlauge we- lung mit alkalischen Chemikalien hat den niger intensiv, und eine hohe Ammoniak- Vorteil, dass die Senkung des pH-Werts konzentration kann den Mikroorganismen vermieden wird [18]. Bei stark holzigen Lig- im Fermenter schaden. nocelluloseverbindungen im Substrat ist die Vorbehandlung mit Basen wohl besser ge- Allgemein ist die Wirksamkeit der basischen eignet als die saure Vorbehandlung. Die Chemikalien vom Substrat, vom Ligninge- Hydrolyse läuft zwar bereits ohne zusätzli- halt und von den Behandlungsbedingungen che Temperaturerhöhung ab, allerdings abhängig [17]. Sie sind besser geeignet für kann eine höhere Temperatur den Auf- Substrate mit geringerem Ligningehalt [19] schluss verbessern [18]. und daher effektiver bei landwirtschaftlichen Rückständen, die einen niedrigeren Lignin- Aus mehreren Studien folgern Zheng et al. gehalt aufweisen [17]. Der Vorteil der alkali- [20], dass die alkalische Vorbehandlung mit schen gegenüber einer Vorbehandlung mit Natronlauge (NaOH) für Stroh wirtschaftlich Säuren ist, dass die basischen Verbindun- und machbar ist. So wurde z.B. Weizen- gen im Fermenter die während der initialen stroh über 5 Tage bei 37 °C mit 4 % NaOH Acidogenese (Versäuerungsphase) gebilde- vorbehandelt, was zu einer Zunahme der ten Säuren zumindest teilweise neutralisie- Methanausbeute um 112 % führte [20]. Eine ren. Eine Anhebung des pH-Werts in den Vorbehandlung von Maisstroh mit 6 % Neutralbereich kann die Methanogenese NaOH erzielte im Vergleich zu unbehandel- sogar beschleunigen. tem Maisstroh eine um 48 % höhere Bio- gasausbeute. Auch bei Gras als Substrat 14
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung ACHTUNG! Siehe hierzu auch die Fachinformationen des Biogas Forum Bayern: Natronlauge, Kalilauge, Löschkalk und Branntkalk können bei Kontakt mit der Hinweise zum sicheren Umgang mit Ge- Haut und den Augen zu schweren Rei- fahrstoffen zungen und Verätzungen führen! Bei al- Teil 1: Rechtliche Grundlagen, Kenn- len alkalischen Chemikalien handelt es zeichnung, Gefährdungsbeurteilung sich um Gefahrstoffe, die mit entspre- Teil 2: Praxishilfe für die Umsetzung der chender Vorsicht zu handhaben sind! TRGS 529 3.2 Säurevorbehandlung Bei einer sauren Vorbehandlung wird die ken ist auch, dass eine zusätzlicher Neutra- Biomasse typischerweise mit verdünnter lisation der Säuren vor der Fermentation Säure (z.B. Schwefelsäure, H2SO4, oder nötig ist [21]. Schwefeldioxid, SO2) und möglicherweise mit Dampf mit ca. 150 – 180 °C behandelt. Das schwer hydrolysierbare Lignin kann nur Bei diesem Prozess werden die Glucose- mit sehr starken, konzentrierten und oxidie- (1,4)-Bindungen (Abb. 2) gelöst, und die renden Säuren, wie z.B. Schwefelsäure o- Cellulose wird teilweise in Zucker umwan- der Salpetersäure gelöst werden. Untersu- delt. Hemicellulosen, die aus Monosacchari- chungen von Ahmad et al. [19] ergaben ei- den wie z.B. Mannose, Glukose, Xylose und ne höhere Löslichkeit von Lignin in Zei- Arabinose aufgebaut sind, werden ebenfalls tungspapier unter Verwendung von Salpe- aufgeschlossen. Sie sind sogar reaktiver als tersäure (HNO3). Konzentrierte Säuren sind die langen Cellulose-Moleküle. Mit einer allerdings toxisch, korrosiv und gefährlich Säurevorbehandlung sind daher hohe Zu- und erfordern besondere Schutzmaßnah- ckerausbeuten bei der Hydrolyse möglich men. Bei ihrer Verwendung benötigt man [17; 16]. Für eine maximale Ausbeute an Reaktoren mit besonders korrosionsbestän- Zuckern ohne die Bildung von Inhibitoren digen Materialien, die Bildung von Inhibito- müssen die Bedingungen (Temperatur, Be- ren ist möglich, und die so vorbehandelten handlungszeit, Säurekonzentration) bei der Substrate müssen aufwändig neutralisiert Behandlung dem eingesetzten Einsatzstoff werden, bevor sie im Fermenter enzyma- entsprechend optimiert werden [17]. Bei der tisch oder mikrobiell abgebaut werden kön- Säurebehandlung von Hemicellulosen und nen [21]. Die Kosten dafür sind viel höher ligninhaltigen Strukturen können auch hem- als bei anderen, z.B. physikalischen Vorbe- mende Nebenprodukte (Inhibitoren) wie z.B. handlungsmethoden, weshalb diese Art der Furfural und insbesondere Vanillin gebildet chemischen Vorbehandlung nur sehr selten werden. Bestimmte, für den Prozess rele- durchgeführt wird. H2SO4 wird am häufigs- vante Mikroorganismen können diese Ne- ten verwendet, weil es eine kostengünstige, benprodukte nur begrenzt tolerieren. Wird sehr reaktive und leicht verfügbare Säure ein kritischer Wert erreicht, haben diese ist. Stoffe eine hemmende Wirkung. Zu beden- 15
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung ACHTUNG! Siehe hierzu auch die Fachinformationen des Biogas Forum Bayern: Bei Säuren handelt es sich um Gefahren- stoffe. Es sind unbedingt entsprechende Hinweise zum sicheren Umgang mit Ge- Vorsichtsmaßnahmen bei der Handha- fahrstoffen bung dieser Stoffe zu treffen! Teil 1: Rechtliche Grundlagen, Kenn- zeichnung, Gefährdungsbeurteilung Teil 2: Praxishilfe für die Umsetzung der TRGS 529 3.3 Oxidative Vorbehandlung Bei der oxidativen Vorbehandlung werden dem H2O2 und der Biomasse etwa 1:4 be- oxidierende Verbindungen wie z.B. Ozon tragen. Die Behandlung mit 4 % H2O2 bei (O3) oder Wasserstoffperoxid (H2O2) einge- thermophilen Bedingungen (etwa ab 50 °C) setzt. Ozon kann durch Hochspannung di- führte zu einem besseren anaeroben Abbau rekt erzeugt oder als Gas eingeleitet wer- von Sonnenblumenstängeln und folglich zu den. Ziel ist es, die Hemicellulose und Lig- einem Anstieg der Methanproduktion von nin oxidativ zu spalten um die Abbaupro- 33 % [18]. Hendriks und Zeeman [16] ge- dukte und die Cellulose für die Mikroorga- ben ein pH-Maximum von 11,5 für H2O2 an. nismen und Enzyme besser zugänglich zu Unter einem pH-Wert von 10,0 findet keine machen [16]. Diese Behandlung wird jedoch Delignifizierung mehr statt. Bei einem pH- aus Kostengründen nur sehr selten einge- Wert > von 12,5 wurde auch keine Wirkung setzt. Auch besteht die Gefahr der Bildung des H2O2 auf den enzymatischen Abbau von oxidierten Carbonsäuren und Peroxi- festgestellt [16]. Der Hauptvorteil dieser Me- den, die auch als Inhibitoren wirken können. thode ist, dass bei der richtigen Konzentrati- on von H2O2 anscheinend nur geringe Men- Wasserstoffperoxid in Konzentration von gen an Hemmstoffen entstehen. Zudem ent- 30 % in wässriger Lösung ist einfacher ver- stehen keine chemischen Rückstände, da fügbar als Ozon [20]. H2O2 hat eine ähnliche sich Wasserstoffsuperoxid vollständig ab- Wirkung wie eine alkalische Vorbehandlung baut [18]. Bei zu hohen Konzentrationen, bei lignocellulosehaltigen Einsatzstoffen [1]. können jedoch Oxidationsprodukte entste- Für einen wirksamen Abbau des Lignins hen, die eine toxische Wirkung haben und muss hierbei ein enger pH-Bereich von 10 insbesondere anaerobe Mikroorganismen bis 12 eingehalten werden. Für einen guten hemmen können. Auch sollte beachtet wer- Ligninabbau sollte das Verhältnis zwischen den, dass durch die oxidative Vorbehand- lung gegebenenfalls ein Teil des vorhande- nen Biogaspotentials vernichtet wird. 16
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 4. Biologische Verfahren Von den verschiedenen Methoden zum baut werden und deshalb regelmäßig bei Substrataufschluss ist die biologische Vor- Bedarf zugesetzt werden müssen (siehe behandlung noch am wenigsten untersucht, hierzu auch die Fachinformation in vielen Bereichen besteht noch For- „Marktübersicht Zusatz- und Hilfsstoffe in schungsbedarf. Mit zunehmendem Ver- Biogasanlagen“). ständnis der Bedürfnisse der Mikroorganis- men und der Mechanismen steigen aber die Bei der biologischen Vorbehandlung mit Möglichkeiten, geeignete Mikroben oder Mikroorganismen werden lebende Bakterien Konsortien ökonomisch und ökologisch vor- oder Pilze eingesetzt, die lignocellulolytisch teilhaft zum Lignocelluloseabbau einzuset- wirksame Enzyme bilden. Diese greifen die zen. Der prinzipielle Vorteil der biologischen chemische Struktur der Lignocellulose an, Aufbereitung liegt darin, dass die „kleinen Pilze mit ihren Hyphen auch physikalisch, Akteure“ einen Teil der Substrate zu ihrer sie verändern die Lignin-Struktur und ver- Vermehrung und Enzymproduktion verwen- bessern die Löslichkeit u.a. von Cellulose, den, und dass keine oder kaum Hilfsstoffe Hemicellulose und Lignin. Durch den Auf- für einen dauerhaften Substratabbau zuge- bruch der Ligninschicht entsteht eine größe- setzt werden müssen. Bei der Behandlung re Angriffsfläche für die im Biogasprozess mit Enzymen aus industrieller Produktion aktiven Mikroorganismen, und der Zugang ist das anders, da diese nur eine bestimmte zu den energiereichen Verbindungen wird Zeit lang wirksam sind, im Prozess abge- erleichtert. 4.1 Einsatz von Bakterienkulturen Eine Vielzahl von Bakterien ist in der Lage, terielle Abbau von Lignin ist allerdings bis- Lignocellulose oder deren Bestandteile Cel- her noch kaum untersucht und wegen der lulose und Hemicellulose enzymatisch auf- Gefahr der Bildung inhibierender Verbin- zuspalten. Dabei gelten Cellulose und He- dungen auch nicht unbedingt erwünscht. micellulose als leichter abbaubar und kön- Um eine möglichst effektive mikrobielle nen von vielen verschiedenen Bakterien ab- Vorbehandlung zu erzielen, ist ein Einsatz gebaut werden (z. B. Cellulomonas fimi und von mikrobiellen Konsortien mit Spezialis- Thermomonospora fusca; [22]). Einige Bak- ten für die einzelnen Aufschlussschritte am teriengruppen (z. B. viele Clostridien) besit- erfolgversprechendsten. zen neben frei sekretierten Enzymen spezi- alisierte Multienzymkomplexe (Cellu- An der LfL wurde ein Voraufschluss von losome), in denen neben synergistisch wir- Gras- und Maissilage mit bakteriellen Kul- kenden Cellulasen und Hemicellulasen eine turen (z.B. Clostridium thermocellum, C. Cellulose-Binde-Domäne integriert ist, um stercorarium, Mischungen mit diesen und die Substrate direkt zu attackieren. verschiedene Anreicherungskonsortien) u.a. im einstufig thermophilen sowie meso- Der Abbau von Lignin ist zwar die Domäne philen Betrieb in Batch- und Durchflussan- der aeroben Weißfäulepilze, es ist aber be- sätzen untersucht [23]. Für Maissilage wur- kannt, dass auch manche Bakterien Peroxi- de wohl wegen der a priori hohen Abbauef- dasen, Laccasen und β-Etherasen bilden fizienz nur ein geringfügig gesteigerter Me- können und somit das enzymatische Poten- thanertrag erreicht, bei Grassilage war tial für den Ligninabbau aufweisen. Der bak- wohl wegen intensivierten Proteinabbaus 17
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung eine verstärkte NH3 (Ammoniak) -Toxizität als schwierig, da sie sich in der vorhande- zu beobachten. Das bedeutet aber nicht, nen Biozönose schlecht behaupten kann dass die Kulturen wirkungslos waren: die und rasch ausgeschwemmt wird [24]. Bei starke Säureproduktion nach der Inokulation zweistufigem Betrieb mit mikrobiellem Vo- zeigte, dass Hydrolyse und Acidogenese raufschluss sollte diese Problematik redu- intensiviert waren. Die angeimpften Orga- ziert sein. In einem separaten, speziell zum nismen starben aber wohl wegen nicht pas- Voraufschluss und entsprechend den Be- sender Umwelt- bzw. Prozessbedingungen dürfnissen der eingesetzten Mikroorganis- schnell ab. men gestalteten Prozess ist die Chance we- Generell erweist sich die Etablierung einer sentlich größer, dass sich die Konsortien prozessfremden Kultur zur Bioaugmentation etablieren und vermehren. in einem funktionierenden Biogasprozess 4.2 Vorbehandlung mit Pilzen Pilze gehören zu den effektivsten Verwer- allerdings im Labor- oder Technikums- tern lignocellulosereicher Biomasse (LCB) Maßstab durchgeführt. Unserer Kenntnis in der belebten Umwelt. Der aktuelle Kennt- nach werden aktuell noch keine lignocellulo- nisstand zu diesem Thema ist in Bomble et lytischen Pilze zur Substratvorbehandlung al. [25] sehr schön zusammengestellt. Die in großtechnischen Biogasanlagen einge- Fähigkeit aerober und anaerober Pilze, be- setzt. trächtliche Mengen an lignocellulolytischen Enzymen zu produzieren und Fasern auch Bei einem Einsatz aerober Pilze zum LCB- mechanisch aufzuschließen, macht sie zu Aufschluss ist allerdings zu bedenken, dass potentiellen Kandidaten für die Vorbehand- diese das Substrat bei Verfügbarkeit von O2 lung von LCB. Durch den spezifischen Zu- (Sauerstoff) zwar sehr schnell und effizient satz solcher Pilze und damit der Nutzung aufschließen, aber auch einen Teil der orga- ihrer z.T. speziellen Abbaustrategien, die nischen Substanz unter Freisetzung von höchst synergistisch zu denen der Bakterien CO2 veratmen. Dabei kann relativ viel pilzli- arbeiten können, kann ein besserer Auf- che Biomasse anwachsen. Wenn dies nicht schluss und eine gesteigerte Methanpro- vermieden wird, entstehen a priori Verluste, duktion aus solchen schwerverdaulichen die in anaeroben Prozessen nicht anfallen. Substraten erzielt werden. Weiterhin können beim LCB-Abbau für den Methanbildungsprozess toxische Verbin- Zu den lignocellulolytischen Pilzen zählen dungen entstehen. Besonders wenn die Lig- Vertreter der Ascomycota, der Basidiomyco- ninfraktion enzymatisch angegriffen wird, ta, inklusive der Weißfäule- und Braunfäu- entstehen phenolische Verbindungen, die lepilze, sowie Vertreter der Neocallimastigo- wie z.B. Vanillin [30] bekanntermaßen ein mycota, der anaeroben Pilze. Das lignocel- hohes Hemmpotential haben [31]. lulolytische Potenzial dieser Pilzgruppen wurde beispielsweise zur Vorbehandlung Ein Einsatz anaerober Pilze wird aktuell un- von Bioabfall unter aeroben [26] und zur tersucht. Vor einem Einsatz in der Praxis Vorbehandlung von Maissilage und Rohr- muss allerdings noch ihre bislang schwieri- kolben sowie Heu unter anaeroben Bedin- ge Kultivierung vereinfacht werden. Die For- gungen [27; 28] untersucht. Pilze ließen schung läuft intensiv, es bedarf aber sicher sich auch zum weiteren Aufschluss abge- noch einiger Jahre Entwicklung vor substan- presster Gärrestfasern aus Biogasanlagen tiellen Erfolgsmeldungen. [29] nutzen. Die genannten Studien wurden 18
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 4.3 Enzymeinsatz Enzyme sind industriell hergestellt und nicht Der Einsatz von spezifisch zusammenge- mehr wie Mikroorganismen lebendig und stellten Enzympräparaten kann also von vermehrungsfähig. Der Sammelbegriff Nutzen sein, wenn bestimmte Prozess- „Enzyme“ beinhaltet ein breites Spektrum schritte suboptimal ablaufen und die Me- an verschiedenen Proteinen wie z.B. Pro- thanausbeute nicht den Erwartungen ent- teasen, Cellulasen, Hemicellulasen, Amyla- spricht. Solche Situationen können bei- sen, Pectinasen, Laccasen oder Peroxi- spielsweise auftreten, wenn dasen. Als biologische Katalysatoren be- schleunigen sie meist sehr spezifisch be- ► die (lignocellulosereiche) Biomasse nicht stimmte stofflichen Reaktionen und Abbau- ausreichend (vor)aufgeschlossen ist, vorgängen oder ermöglichen diese sogar ► das Methanpotential im Gärrest (z.B. in erst. Beispielsweise greifen Hemicellulasen Form unverdauter Fasern) noch erheb- typischerweise keine Cellulose an, und lich ist, selbst bei den cellulosespaltenden Cellula- ► Schwimmschichten in den Gärbehältern sen gibt es große Unterschiede in der Wirk- oder im Gärrestlager nicht mehr abge- samkeit und im Wirksamkeitsbereich. Als baut werden oder Einsatzorte kommen die Einsatzstoffe, die ► die erforderliche Rührenergie infolge ho- Fermenter und der (ggf. abgepresste) Gär- her Viskosität in Fermentern massiv an- rest in Frage. Eine Einführung in die The- steigt. matik findet sich in [32], und in der Fachin- formation „Marktübersicht Zusatz- und Hilfs- In solchen Fällen kann ein Enzymeinsatz stoffe in Biogasanlagen“ des Biogas Forums bei den Substraten, in Fermentern oder Bayern findet sich eine Zusammenstellung (abgepressten) Gärrestfasern sinnvoll, in kommerzieller Hersteller. Brémond et al. [2] Notsituationen sogar die einzige Möglichkeit stellen aktuelle Produkte und Anwendungs- sein. Allerdings ist die biotechnologische berichte auch für landwirtschaftliche Rest- Herstellung solcher Enzympräparate auf- stoffe vor. wändig und entsprechend kostenintensiv [32; 33]. Es muss daher situationsabhängig In einem optimal funktionierenden Fermen- sorgsam abgewogen werden, ob ein Ein- ter produzieren die Mikroorganismen die satz von Enzymen ökonomisch sinnvoll ist erforderlichen Enzyme ständig selbst in und nicht andere Maßnahmen wie beispiels- ausreichender Konzentration. Ein Enzymzu- weise die Veränderung des Fütterungsma- satz bringt hier keine Verbesserung. Enzy- nagements die bessere, weil kostengünsti- me sind nur eine gewisse Zeit aktiv, sie wer- gere Alternative darstellen. den von den Mikroorganismen abgebaut und als Substrate verwertet. Enzympräpara- te müssen dem Prozess daher kontinuier- lich zugeführt werden. 19
Fachinformation - bfb8 - Ausgabe 2019 Substrataufbereitung 5. Fazit Um speziell den Abbau faserreicher Bio- Bildung von Störstoffen und abhängig von masse in Biogasanlagen durch eine Vorbe- der Natur der Chemikalien sind auch schäd- handlung zu steigern, stehen eine Reihe liche Umweltwirkungen nicht auszuschlie- physikalischer, chemischer und biologischer ßen. Dementsprechend ist ihr Einsatz in der Verfahren zur Verfügung. Mehrstufige Anla- Praxis aktuell vernachlässigbar und wird genkonzepte und physikalische Aufschluss- dies wohl auf absehbare Zeit auch bleiben. verfahren sind in der landwirtschaftlichen Praxis bereits weit verbreitet, chemische Bei den biologischen Verfahren wird insbe- und biologische Verfahren weniger oder sondere dem Einsatz lebender Mikroorga- noch gar nicht. nismen oder Mischungen von solchen ein hohes Potential zur Verbesserung des Auf- Für viele landwirtschaftliche Substrate ist schlusses lignocellulosereicher Biomasse eine initiale physikalische Behandlung zur zugeschrieben. Diese Techniken stecken Zerkleinerung der Einsatzstoffe wie z.B. aber, abgesehen von gängigen Arbeits- Häckseln – wenn diese nicht ohnehin Be- schritten wie z.B. der Silierung, mangels so- standteil des Ernteprozesses ist – kaum zu lider Kenntnisse zu den Mikroorganismen umgehen, will man die Einbring-, Förder- und ihren Bedürfnissen noch in den Kinder- und Rührtechnik schonen und prozessbiolo- schuhen. Die Forschung zur mikrobiologi- gische Probleme vermeiden. In der vorlie- schen Substrataufbereitung läuft allerdings genden Fachinformation werden weiterge- intensiv; es können daher bald praxisreife hende Vorbehandlungsmethoden vorge- Anwendungen erwartet werden. stellt. Bei ihrem Einsatz können gegebenen- falls auch Substrate in der Biogasanlage Der Einsatz von Enzymen bzw. Enzymmi- verwertet werden, die ansonsten gemieden schungen aus industrieller Produktion wird würden. bereits vielfach beworben. In bestimmten Notsituationen, wie beispielsweise bei ver- Solche physikalischen Vorbehandlungsver- festigten Schwimmschichten, gibt es hierzu fahren, z.B. der Einsatz einer Hammermüh- aktuell auch kaum sinnvolle Alternativen. le, sind bereits Bestandteil einiger Biogas- Die Produktionskosten der Enzyme sind al- anlagen. Der erforderliche Energieeinsatz lerdings erheblich und ihre Aktivitätszeit ist ist allerdings oft beträchtlich. Weiterhin sind sehr begrenzt. Manche Verfahren könnten Faktoren wie Störstoffanfälligkeit, Wartungs- aber in Kombination mit physikalischer Un- bedarf und Hemmstoffbildung für eine öko- terstützung künftig für den Einsatz bislang nomische Betrachtung zu berücksichtigen. nicht genutzter Reststoffe an Bedeutung ge- Entsprechende Erfahrung aus der Praxis ist winnen. in die vorliegende Fachinformation einge- flossen. Für alle der genannten Verfahren gilt, dass der mit dem Einsatz verbundene Aufwand Die chemische Vorbehandlung ist typischer- dem Nutzen gegenübergestellt und bewer- weise mit dem Einsatz von Gefahrstoffen tet werden sollte – dies nicht nur monetär, verbunden. Die Produktion der Chemikalien sondern auch hinsichtlich ökologischer Ef- ist kostenintensiv, es besteht die Gefahr der fekte. 20
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