Christliche Patientenvorsorge - Handreichung und Formular - Aktualisierte Neuauflage - Deutsche Bischofskonferenz
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Christliche Patientenvorsorge durch Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung und Behandlungswünsche Handreichung und Formular Aktualisierte Neuauflage
Christliche Patientenvorsorge durch Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung und Behandlungswünsche Handreichung und Formular der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland in Verbindung mit weiteren Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland Aktualisierte Neuauflage
5 Inhalt Geleitwort zur aktualisierten Neuauflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Kapitel 1 Wie können Sie unter den geltenden gesetzlichen Voraussetzungen Vorsorge treffen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1 .1 Wer soll an Ihrer Stelle entscheiden, wenn Sie dazu nicht mehr imstande sind? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1 .2 Was haben Vertrauenspersonen und Ärzte bei Ihrer medizinischen Behandlung zu beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1 .3 Welche rechtlichen Grenzen müssen Sie beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1 .4 Welche Instrumente der Vorsorge sind für Sie am besten geeignet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Kapitel 2 Was ist das Besondere an der Christlichen Patientenvorsorge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2 .1 Der letzten Lebensphase ihre eigene Würde erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2 .2 Fürsorge im Respekt vor der Selbstbestimmung des Anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2 .3 Zur Reichweite von Patientenverfügung und Behandlungswünschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Kapitel 3 Was bestimmen Sie im Formular der Christlichen Patientenvorsorge? . . . . . . . . . . . . . . 17 Formular der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE & Hinweiskarte . . . . . . . . . . 18 3 .1 Benennung einer Vertrauensperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3 .1 .1 Vorsorgevollmachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3 .1 .2 Die Betreuungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3 .2 Bestimmungen für Ihre medizinische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3 .2 .1 Die Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3 .2 .2 Die Behandlungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3 .2 .3 Zur Gültigkeit von Patientenverfügung und Behandlungswünschen . . . . . . . . . . . . . . . 25 3 .2 .4 „Raum für ergänzende Verfügungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3 .3 Unterschriften unter das Formular der Christlichen Patientenvorsorge . . . . . 28 Kapitel 4 Was ist noch wissenswert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4 .1 Wie sorgen Sie dafür, dass Ihre Wünsche bekannt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4 .2 Was ist zu beachten, wenn man bereits eine Christliche Patientenverfügung ausgefüllt hatte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4 .3 Gibt es eine Pflicht, eine Vorsorgeverfügung zu verfassen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4 .4 Wie verhalten sich die Christliche Patientenvorsorge und ein Organspendeausweis zueinander? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4 .5 Was passiert in einer Notfallsituation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4 .6 Was umfassen Behandlung und Pflege am Lebensende? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4 .7 Wann und wie sind künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr geboten? . . . . . . . . . . . . 33 4 .8 Gibt es einen Anspruch auf seelsorgerlichen Beistand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4 .9 Wo kann ich mich beraten lassen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
6 Geleitwort zur aktualisierten Neuauflage D ie wenigsten Menschen schauen ger- ne auf das Ende ihres Lebens und wenn sie es tun, dann oft mit Sorge . Schon im alttestamentlichen Buch Jesus Sirach heißt es: „O Tod, wie bitter bist du, spekte eines christlichen Umgangs mit dem A Ende des irdischen Lebens und erläutert andererseits die wichtigsten juristischen Gesichtspunkte . Christliche Patienten- vorsorge bedeutet dabei nicht, dass sie nur wenn an dich gedenkt ein Mensch.“ (Sir 41,1) von Christen verwendet werden kann . Die Krankheit, Gebrechlichkeit und Abhängig- Christliche Patientenvorsorge weiß keit von der Pflege anderer werfen Fragen sich aber in besonderer Weise dem christli- auf: Werde ich plötzlich oder nach einer lan- chen Glauben verpflichtet und ist daher von gen Leidenszeit sterben? Werden am Ende christlichen Überzeugungen geprägt . Dazu meines Lebens Menschen bei mir sein, die gehört auch eine deutliche Ablehnung der mir beistehen und mir Kraft geben? Werde Tötung auf Verlangen und der ärztlichen Bei- ich zu Hause sterben können oder an einem hilfe zur Selbsttötung . fremden Ort? Werde ich starke Schmerzen Die aktualisierte vierte Auflage der Christ ertragen müssen? Werde ich noch in der Lage lichen Patientenvorsorge, die jetzt sein, selbst zu bestimmen, welche medizini- Änderungen der Rechtslage bis zum Mai schen Behandlungen an mir vorgenommen 2018 berücksichtigt, umfasst insgesamt vier werden und welche nicht? Möglichkeiten für eine selbstbestimmte Es ist nicht einfach, sich mit dem eigenen Vorsorge: Lebensende, der eigenen Sterblichkeit ausei- ► Die Vorsorgevollmachten nanderzusetzen . Und doch ist es sinnvoll, sich den Fragen zu stellen, die sich damit ► Die Betreuungsverfügung verbinden . Mit der vorliegenden Handrei- ► Die Patientenverfügung chung Christliche Patientenvorsorge ► Die Äußerung von Behandlungswünschen . durch Vorsorgevollmachten, Be - treuungsverfügung, Patientenverfü- Diese vier Möglichkeiten der Patientenvor- gung und Behandlungswünsche möch- sorge bringen den Willen eines entschei- ten wir Ihnen eine Hilfestellung anbieten . dungsfähigen Menschen im Vorfeld einer Er- Das Formular und die erläuternde Handrei- krankung oder des Sterbens zum Ausdruck . chung sollen Ihnen helfen, sich mit dem Ster- Zum Tragen kommen sie vor allem dann, ben und den eigenen Wünschen für den Um- wenn Sie als Patient aufgrund einer Erkran- gang mit einer lebensbedrohenden Erkran- kung oder Verletzung nicht mehr in der Lage kung zu befassen – und diese Wünsche ver- sind, selbst zu entscheiden bzw . Ihren aktu- bindlich und wirksam festzuhalten . Auf diese ellen Willen zu äußern . Weise wollen wir Sie darin unterstützen, auch Neu ist gegenüber den vorhergehenden Auf- dann noch, wenn Sie selbst nicht mehr dazu lagen, dass auf vielfach geäußerten Wunsch in der Lage sind, in der Kommunikation zwi- die Möglichkeiten der Vorsorgevollmacht er- schen Ärzteschaft, Pflegekräften, Angehöri- weitert wurden . Deshalb sind jetzt drei ver- gen und Krankenhausseelsorge Ihrem per- schiedene mögliche Vorsorgevollmachten sönlichen Willen Ausdruck zu verleihen . enthalten: Wir wollen Ihnen damit auch helfen, einen ► D ie Vorsorgevollmacht in Gesundheits- Weg zwischen unzumutbarer Lebensverlän- und Aufenthaltsangelegenheiten gerung und nicht verantwortbarer Lebens- verkürzung zu finden . Deshalb berücksich- ► D ie Vorsorgevollmacht zu Totensorge, tigt die Christliche Patientenvorsor- Organspende und Bestattung ge einerseits die theologisch-ethischen
Christliche Patientenvorsorge 7 ► Die Generalvollmacht in den übrigen ► Insbesondere bei komplexen vermögens- Angelegenheiten, die insbesondere eine rechtlichen Angelegenheiten empfiehlt es vermögensrechtliche Bevollmächtigung sich unter Umständen, einen Rechtsbei- ermöglicht und auch über den Tod hinaus stand bzw . einen Notar hinzuzuziehen . gilt . ► Besonders wichtig ist es, über die anste- Die Handreichung zur Christlichen Pa henden Fragen mit der Familie und den tientenvorsorge gliedert sich in vier Ka- Angehörigen ins Gespräch zu kommen . pitel, wobei die grundlegenden Gesichts- Ein Formular kann vieles regeln, aber es punkte in den Kapiteln 1 und 2 konzentriert kann das vertrauensvolle Gespräch und sind . Die Kapitel 3 und 4 bieten Ihnen ergän- den Austausch von Person zu Person nicht zende Hilfen für den Umgang mit dem For- ersetzen . Ihre Vorstellungen und Wün- mular . Sofern Sie bereits das Formular einer sche im Blick auf das Sterben und den Tod älteren Auflage der Christlichen Patien- können Sie darüber hinaus beispielsweise tenvorsorge ausgefüllt haben, empfehlen in einem persönlichen Brief an Ihre Ver- wir Ihnen aus Gründen der Rechtssicherheit, trauensperson festhalten . dieses durch das Formular dieser Neuauflage Auch wenn der Gedanke an den Tod bitter ist: zu ersetzen . So ist gewährleistet, dass Ihre Der christliche Glaube schenkt uns die feste Vollmachten und Verfügungen der aktuellen Hoffnung, dass das Leben in der Gemein- Rechtslage entsprechen . schaft mit Jesus Christus über den Tod hin- Schließlich wollen wir Ihnen einige Empfeh- aus Bestand hat . Die Heilige Schrift macht lungen zur Christlichen Patienten uns eine große Zusage: „Gott wird in ihrer vorsorge ans Herz legen: Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein; ► Machen Sie sich frühzeitig und eingehend und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Gedanken darüber, welche Vertrauens Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod personen Sie als Bevollmächtigte und Be- wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine treuer benennen können . Auch wenn hier Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, für die jeweiligen Bereiche verschiedene ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, Personen benannt werden können, ist es sprach: Seht, ich mache alles neu.“ (Offb in der Anwendung voraussichtlich deut- 21, 3 – 5) lich einfacher, wenn nur eine Person diese In dieser christlichen Hoffnung dürfen wir Aufgaben übernimmt . Menschen es wagen, auch den letzten und oft ► Zögern Sie nicht, beim Ausfüllen des For- besonders beschwerlichen Weg in zuver- mulars eine ärztliche Beratung in An- sichtlichem Vertrauen auf den Erlöser Jesus spruch zu nehmen, auch wenn diese nicht Christus zu gehen . gesetzlich vorgeschrieben ist . Hannover, Bonn, Frankfurt a . M ., im Juli 2018 Landesbischof Reinhard Kardinal Marx Bischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm Vorsitzender der Dr. Karl-Heinz Wiesemann Vorsitzender des Rates der Deutschen Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Evangelischen Kirche in Deutschland Bischofskonferenz Christlicher Kirchen in Deutschland
8 Kapitel 1 »Er hat den Tod für immer verschlungen und GOTT, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen.« Jesaja 25,8a 1 . Wie können Sie unter den geltenden gesetz- lichen Voraussetzungen Vorsorge treffen? Das deutsche Recht bietet verschiedene Mög- Haben Sie eine solche Bestimmung nicht ge- lichkeiten an, mit deren Hilfe Sie für den Fall troffen, wird das Betreuungsgericht eine Per- Ihrer Einwilligungsunfähigkeit im Rahmen son auswählen und zu Ihrem Betreuer bestel- einer schweren oder tödlich verlaufenden len, falls dies erforderlich ist . Diese Person Krankheit Vorsorge treffen können . Sie be- wird Sie dann vertreten . rühren unterschiedliche Fragen: Eine Vertrauensperson können Sie mit fol- genden Instrumenten bestimmen: 1.1 Wer soll an Ihrer Stelle it einer Vorsorgevollmacht bestellen ► m entscheiden, wenn Sie dazu Sie selbst eine Vertrauensperson zu Ih- nicht mehr imstande sind? rem Vertreter (Bevollmächtigten) in den Angelegenheiten, die Sie festlegen . Der Wir empfehlen Ihnen, eine Person Ihres Ver- oder die Bevollmächtigte handelt als Ihr trauens zu bestimmen, die Sie persönlich Beauftragter (Näheres siehe Abschnitt kennt und der Sie die Aufgabe anvertrauen 3.1.1); können, Ihre Wünsche und Interessen zu ver- treten . Ihre Vertrauensperson wird an Ihrer it der Betreuungsverfügung bitten Sie ► m Stelle entscheiden, falls Sie selbst dazu nicht das Betreuungsgericht, eine von Ihnen mehr imstande sind . vorgeschlagene Vertrauensperson zu Ih-
Christliche Patientenvorsorge 9 rem Vertreter (Betreuer) zu bestellen . Ih- sind u . a . Ihre früheren Äußerungen, ethi- rem Vorschlag hat das Gericht Folge zu schen und religiösen Überzeugungen und leisten . Das Gericht bestimmt, für welche Wertvorstellungen heranzuziehen . Im Zwei- Aufgabenkreise der rechtliche Betreuer felsfall werden Vertrauensperson und Ärzte zuständig ist (Näheres siehe Abschnitt davon ausgehen, dass Sie den ärztlich gebo- 3.1.2). tenen Maßnahmen zustimmen würden . 1.3 Welche rechtlichen Grenzen 1.2 Was haben Vertrauenspersonen müssen Sie beachten? und Ärzte bei Ihrer medizinischen Behandlung zu beachten? Sie können keine Anordnung treffen, die ge- gen ein gesetzliches Verbot verstoßen wür- Vertrauenspersonen und Ärzte haben stets de; so können Sie z . B . nicht verlangen, dass Ihren Willen als Patient zu beachten . Sie kön- der Arzt Ihnen ein Medikament verabreicht, nen Ihr Selbstbestimmungsrecht auf ver- das Sie tötet . Eine solche Tötung auf Verlan- schiedene Weise für den Fall vorsorglich gen – auch „aktive Sterbehilfe“ genannt – ist ausüben, dass Sie nicht mehr selbst entschei- die gezielte Tötung eines Menschen . Sie ist in den können: Deutschland gesetzlich verboten und wird ► S o können Sie als einwilligungsfähige, er- strafrechtlich verfolgt . wachsene Person schriftlich eine Patien- Zulässig und angeraten ist dagegen die Gabe tenverfügung verfassen . Mit dieser kön- von Schmerzmitteln oder anderen Medika- nen Sie selbst im Vorhinein in bestimmte menten, wenn sie zur Leidensminderung ärztliche Maßnahmen, die in Zukunft aus medizinisch angezeigt sind und der Patient ärztlicher Sicht erforderlich werden mö- bzw . sein Bevollmächtigter oder Betreuer ih- gen, einwilligen oder diese untersagen rer Verabreichung zustimmt . Eine hochdo- (Näheres siehe Abschnitt 3.2.1); sierte Gabe von Schmerzmitteln etwa stellt ► S ie können konkrete Behandlungswün- die palliative Sedierung dar, mit deren Hilfe sche über Art, Umfang und Dauer sowie unerträgliche Schmerzen in der letzten Le- die Umstände Ihrer Behandlung äußern . bensphase gelindert werden können, indem Diese Behandlungswünsche sind dann das Bewusstsein medikamentös einge - verbindliche Richtschnur für Ihre Ver- schränkt wird . Sie ist unter den genannten trauensperson . Ihre Vertrauensperson Voraussetzungen selbst dann zulässig, wenn hat Ihre Wünsche gegenüber Ärzten und die Medikamente als unbeabsichtigte Neben Pflegepersonal geltend zu machen und wirkung das Leben des Patienten verkürzen durchzusetzen (Näheres siehe Abschnitt sollten (Leidensminderung bzw . „indirekte 3.2.2). Sterbehilfe“) . Sie können sich auch Ihrer Vertrauensperson Als Patient können Sie laut Gesetz verlangen, bzw . den behandelnden Ärzten anvertrauen dass bei einer lebensbedrohlichen Erkran- und ihnen die Aufgabe überantworten, die in kung Maßnahmen unterlassen oder beendet der jeweiligen Situation angemessene Art werden, die zur Erhaltung oder Verlänge- und Weise Ihrer ärztlichen Behandlung fest- rung Ihres Lebens geeignet sind . Ein ent- zulegen . Vertrauensperson und Ärzte haben sprechendes Vorgehen ist als Behandlungs- nach Ihrem mutmaßlichen Willen zu han- verzicht, Behandlungsbegrenzung oder Be- deln, d . h . der Behandlung dann zuzustim- handlungsabbruch rechtlich und ethisch zu- men, wenn Sie es nach Lage der Dinge selbst lässig („Sterben zulassen“ bzw . „passive in dieser Situation auch getan hätten . Dafür Sterbehilfe“) .
10 Kapitel 1 Besondere ethische Probleme können sich 1.4 Welche Instrumente ergeben, wenn der Sterbeprozess oder das der Vorsorge sind für Sie Endstadium einer tödlich verlaufenden am besten geeignet? Krankheit noch nicht begonnen haben und Es ist nicht unbedingt notwendig, alle For- eine lebenserhaltende medizinische Maß- mularteile der Christlichen Patienten- nahme nicht durchgeführt oder beendet vorsorge (also Vorsorgevollmachten, Be- wird, weil der Patient seine Einwilligung in treuungsverfügung, Patientenverfügung und die medizinische Maßnahme nicht erteilt Behandlungswünsche) auszufüllen . Es liegt oder widerrufen hat (Näheres siehe Ab - in Ihrer Entscheidung, ob Sie nur ein Formu- schnitt 2.3). larteil verwenden oder alle Teile miteinander Davon grundlegend zu unterscheiden ist die kombinieren wollen . Aus unserer Sicht sind Beihilfe zur Selbsttötung, die auch „assistier- folgende Möglichkeiten sinnvoll und emp - ter Suizid“ genannt wird . Darunter versteht fehlenswert: man die Unterstützung eines Menschen bei ► V orsorgevollmachten mit Betreuungs- der Durchführung seiner Selbsttötung . Dies verfügung: Wir empfehlen, Ihre Vertrau- kann durch die Beschaffung tödlich wirken- ensperson in einer Vorsorgevollmacht der Medikamente erfolgen oder auch durch zum Bevollmächtigten zu ernennen . Dies die Anleitung zu ihrer Handhabung . Sie ist bringt Ihr Selbstbestimmungsrecht und nicht nur auf die unmittelbare Sterbephase die in der jeweiligen Situation gebotene beschränkt, sondern findet oft schon nach Fürsorge gleichermaßen zur Geltung . der Diagnose einer schweren Erkrankung, Denn eine Vertrauensperson, mit der Sie der Prognose eines belastenden Krankheits- sich ausführlich ausgetauscht haben und bildes, nicht selten auch aufgrund von Ein- die Ihre Wünsche kennt, ist am ehesten in samkeit in fortgeschrittenem Alter oder psy- der Lage, in den heute kaum vorhersehba- chischer Probleme statt . Aus ethischer Sicht ren Situationen in Ihrem Sinne eine gute ist die Beihilfe zur Selbsttötung abzulehnen . Entscheidung für Sie zu treffen . Es ist Sie steht allerdings nur in den in § 217 StGB sinnvoll, Ihre Vertrauensperson zusätz- geregelten Fallgestaltungen unter Strafan- lich mittels einer Betreuungsverfügung drohung . Demnach ist die von sogenannten als Betreuer vorzuschlagen . So stellen Sie Sterbehilfe-Vereinen oder auch einzelnen sicher, dass Ihre Vertrauensperson stets Personen geschäftsmäßig, d . h . auf Wieder- in allen Angelegenheiten für Sie handeln holung angelegte Hilfe zur Selbsttötung in kann . Deutschland mittlerweile strafbar . Auch die Unterstützung des assistierten Suizids einer ► B etreuungsverfügung allein: Statt Ihre Person, die die Hilfe einer im Ausland (z . B . Vertrauensperson zu bevollmächtigen, der Schweiz) ansässigen Sterbehilfe-Organi- können Sie sie auch mit einer Betreuungs- sation in Anspruch nimmt, ist grundsätzlich verfügung als Betreuer vorschlagen . Sie verboten . kann dann allerdings erst für Sie handeln, wenn das Gericht sie zum Betreuer be- stellt . ► V orsorgevollmachten und / oder Betreu- ungsverfügung verbunden mit Patien- tenverfügung oder Behandlungswün- schen: Zusätzlich zur Bevollmächtigung einer Person Ihres Vertrauens oder zum Vorschlag eines Betreuers können Sie
Christliche Patientenvorsorge 11 über Ihre künftige Behandlung vorab ► P atientenverfügung und Behandlungs- durch eine Patientenverfügung entschei- wünsche allein: Wenn Sie keiner Ihnen den oder Behandlungswünsche festlegen . bekannten Person die Verantwortung für Dadurch wird gewährleistet, dass im Falle weitere Entscheidungen in Ihrem Krank- Ihrer Entscheidungsunfähigkeit eine Per- heitsfall in Form einer Vorsorgevollmacht son Ihres Vertrauens zusammen mit dem bzw . Betreuungsverfügung übertragen behandelnden Arzt Ihre Patientenverfü- möchten oder niemand bereit oder in der gung und Ihre Behandlungswünsche prüft Lage ist, diese Aufgabe zu übernehmen, und ihnen Geltung verschafft . Sollten die- dann ist es sinnvoll, zumindest eine se Festlegungen nicht auf die aktuelle Be- Patientenverfügung oder Ihre Wünsche handlungs- und Lebenssituation zutref- für die künftige Behandlung zu verfassen . fen, kann Ihre Vertrauensperson die er- So wird dafür Sorge getragen, dass im forderlichen Entscheidungen über Ihre Ernstfall nach Ihren Vorstellungen gehan- ärztliche Behandlung in Ihrem Sinne tref- delt wird, selbst wenn der behandelnde fen . Arzt und gegebenenfalls ein vom Betreu- ungsgericht eingesetzter Betreuer Sie und Ihre Vorstellungen nicht persönlich ken- nen . In Situationen, die diese Erklärun- gen nicht abdecken, muss Ihr mutmaßli- cher Wille ermittelt werden . » Aus Gottes Hand empfing ich mein Leben, unter Gottes Hand gestalte ich mein Leben, in Gottes Hand gebe ich es zurück.« Augustinus
12 Kapitel 2 2 . Was ist das Besondere an der christlichen Patientenvorsorge ? 2.1 Der letzten Lebensphase Nachbarschaft und Welt geschieht, Entschei- ihre eigene Würde erhalten dungen treffen zu dürfen, Zeit zum Durch- denken und Klären von Fragen zu haben, Ab- Die fortschreitende Ausweitung der medizi- schied zu nehmen von den uns lieben und nischen Möglichkeiten wirft zunehmend wichtigen Menschen und den eigenen Tod Fragen auf, die sich früher so nicht gestellt annehmen zu lernen . Dies ist häufig ein haben: Ist die Ausschöpfung aller Möglich- schwieriger Prozess . Das Sich-Einlassen auf keiten zur Lebenserhaltung in jeder Lebens- das Sterben kann durch starke Schmerzen, phase gleichermaßen geboten? Oder sollen quälende körperliche Symptome, aber auch wir darauf verzichten, wenn die beabsichtig- durch Medikamente und deren Nebenwir- te Lebensverlängerung zu einer belastenden kungen erschwert werden . Schmerztherapie, Sterbeverlängerung zu führen droht oder Palliativmedizin, Hospizarbeit, pflegerische bereits geführt hat? Was ist besser: in der Maßnahmen, mitmenschliche und geistliche vertrauten Umgebung zu sterben, auch wenn Begleitung sollen die Voraussetzung schaf- dadurch nicht alle technisch-medizinischen fen, auch die letzte Lebensstrecke in Würde Möglichkeiten jederzeit verfügbar sind und leben zu können . eine Lebensverkürzung die Folge sein kann, oder auf der Intensivstation so lange wie Wir können über unser eigenes Leben nicht möglich zu leben? grenzenlos verfügen . Genauso wenig haben wir das Recht, über den Wert eines anderen Solche Fragen lassen sich nicht immer gene- menschlichen Lebens zu entscheiden . Jeder rell beantworten . Dies mahnt auch zur Vor- Mensch hat seine Würde, seinen Wert und sicht, im Einzelfall nur eine einzige Hand- sein Lebensrecht von Gott her . Er ist darum lungsweise als christlich geboten anzusehen . ungleich mehr, als er von sich selbst weiß . Letztlich muss die Entscheidung aus der kon- Kein Mensch kann genau wissen, was er für kreten Lage des sterbenden Menschen her- andere bedeutet . Im Glauben an den Gott des aus, von seinen Bedürfnissen her und in Lebens wissen wir, dass jeder Mensch mit Übereinstimmung mit seinen Wünschen und seinem Leben – wie immer es beschaffen ist Vorstellungen getroffen werden . – unentbehrlich und wertvoll ist . Wir nennen die hier angebotene Handrei- chung eine Christliche Patientenvor- 2.2 Fürsorge im Respekt vor der sorge, weil sie sich von den Überzeugungen Selbstbestimmung des Anderen des christlichen Glaubens leiten lässt . Das Die ethische und rechtliche Grundlage aller Leben ist uns von Gott gegeben . Er befähigt Vorsorgeverfügungen ist das Selbstbestim- uns dazu, es in allen seinen Phasen verant- mungsrecht . Der Wille des Patienten ist die wortlich zu gestalten . Dazu gehört, sowohl Grundlage jeder Behandlung . Für die Durch- für das tätige Leben als auch für das Sterben führung oder Unterlassung einer Behand- Vorsorge zu treffen . lung ist entscheidend, ob der Patient den Bis zuletzt soll ein Leben als lebenswert und ärztlich vorgeschlagenen Diagnose- und sinnvoll erfahren werden . Dazu gehört: teil- Therapiemaßnahmen nach einer angemesse- haben zu können an dem, was in Familie, nen Aufklärung zustimmt .
Christliche Patientenvorsorge 13 »Gott erschuf den Menschen, um jemanden zu haben, dem er seine Liebe erweisen könne.« Irenäus von Lyon Selbstbestimmung kann jedoch nicht ge- tig, ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen dacht werden, ohne die Abhängigkeit von Arzt und Patient aufzubauen . der eigenen Leiblichkeit, von der Fürsorge anderer Menschen und von Gottes Wirken zu Selbstbestimmung des Patienten und Für- erkennen und zu bejahen . Selbstbestimmung sorge für den Patienten sind miteinander zu darf nicht als völlige Unabhängigkeit miss- verbinden und aufeinander zu beziehen . verstanden werden . Sie gewinnt nur in sozi- Selbstbestimmung ist auf Fürsorge angewie- alen Kontexten Gestalt, d . h . der Mensch ist sen . Ebenso gehört es zu recht verstandener und bleibt eingebunden in die mitmenschli- Fürsorge, die Selbstbestimmung eines Pati- che Gemeinschaft und ist auf sie angewiesen . enten zu achten und ihr so weit wie möglich Die Gesellschaft hat ihrerseits eine Für Folge zu leisten . Fürsorge muss daher immer sorgepflicht gegenüber ihren Mitgliedern . die körperbezogenen, psychologischen, so- Hieraus ergibt sich die Pflicht des Staates zialen und spirituellen Wünsche und Vorstel- zum Schutz des Lebens seiner Bürger . In lungen des Patienten einbeziehen . „Fürsorge diesen Zusammenhang gehört auch die im Respekt vor der Freiheit des Anderen“, Pflicht des Arztes, das Beste für den Patien- ein Leitmotiv der Hospizbewegung, trifft ten zu wollen . Für eine sorgsame und ange- auch auf die Anwendung von Vorsorgeverfü- messene medizinische Betreuung ist es wich- gungen zu .
14 Kapitel 2 » Bewahre uns Gott, behüte uns Gott, sei mit uns auf unseren Wegen. Sei Quelle und Brot in Wüstennot, sei um uns mit deinem Segen.« Eugen Eckert 2.3 Zur Reichweite von der Reichweite, nimmt aber keine weiteren Patientenverfügung und Einschränkungen vor . Das heißt, dass die Behandlungswünschen Bestimmungen der Vorsorgeverfügungen sowohl Krankheiten betreffen können, die voraussichtlich in kurzer Zeit zum Tode Der Begriff der Reichweite bezieht sich im führen (z . B . Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vorliegenden Zusammenhang auf die Frage, Organversagen, fortgeschrittene Krebs ob die Behandlungswünsche oder Verfügun- erkrankung), als auch solche, bei denen die gen eines Patienten uneingeschränkt Gel- Sterbephase – medizinisch betrachtet – noch tung beanspruchen können oder ob sie – und weit entfernt ist (z . B . die unfallbedingte wenn ja, welchen – Einschränkungen unter- Querschnittslähmung, anhaltende schwere worfen sind . Diese Frage spielte bereits eine Schmerzzustände, das sogenannte Wach Rolle bei der Klarstellung, dass die Tötung koma, Demenz) . auf Verlangen schon wegen ihres gesetzli- chen Verbotes nicht vom Patienten verfügt Nach dem Gesetz kommt Patientenverfügun- werden kann (Näheres siehe Abschnitt 1.3). gen und Behandlungswünschen (sofern sie Das Gesetz teilt diese spezielle Begrenzung nicht gegen ein gesetzliches Verbot versto-
Christliche Patientenvorsorge 15 ßen) immer bindende Wirkung zu – unab- akuten Ursache stirbt . Eine ethische hängig von Art oder Stadium der Erkran- Pflicht dieses Patienten, eine auftretende kung . Zur Diskussion stand jedoch die Forde- akute Zweiterkrankung behandeln zu las- rung, die Reichweite auf bestimmte Stadien sen und auf diese Weise der Anwendung einer Erkrankung zu begrenzen, nämlich auf „außergewöhnlicher Mittel“ zuzustim- das Endstadium tödlich verlaufender Krank- men, kann schwerlich geltend gemacht heiten und auf den Sterbeprozess selbst . Die werden . Eine Basisbetreuung, zu der u . a . Frage nach Reichweite und Reichweitenbe- menschenwürdige Unterbringung, Zu- grenzung geriet in den Jahren der öffentli- wendung, Körperpflege, Lindern von chen Debatte über eine gesetzliche Regelung Schmerzen, Atemnot und Übelkeit sowie von Patientenverfügungen zu einem Haupt- das Stillen (der Gefühle) von Hunger und streitpunkt − auch unter Christen . Durst gehören, ist jedoch aufrechtzuer- Aus heutiger Sicht kann – unbeschadet der halten . Vielfalt individueller Urteilsbildung zur d) A uch der Umgang mit Demenzerkrankun- Reichweitenbegrenzung – zwischen den gen ist mit einer Reihe ethischer Frage- Kirchen folgender Konsens festgehalten stellungen von der Achtung der Patien- werden: tenautonomie bis hin zum Behandlungs- a) Das Gesetz sieht keine Reichweiten abbruch verbunden . Demenzerkrankun- begrenzung vor . Der Diskussionsbeitrag gen beruhen auf dem Verlust von Nerven- der Kirchen sollte sich deshalb auf die zellen des Gehirns und führen zur Beein- ethische Frage konzentrieren, ob man die trächtigung des Gedächtnisses, des bestehenden rechtlichen Möglichkeiten Denkens und Urteilens . Demenz lässt sich in Anspruch nimmt oder aus guten Grün- einteilen in leichte, mittlere, schwere und den darauf verzichtet . terminale Stadien . b) Die Krankheitszustände und -diagnosen Nicht wenige Menschen halten den sind gerade zum Lebensende hin von sehr Zustand der Demenz für unvereinbar mit komplexer Natur . Entsprechend geht es ihrer Würde und wollen für den Fall des im Blick auf sie um besonders schwierige Erreichens eines derartigen Zustandes und höchst individuelle Entscheidungen . den Abbruch lebenserhaltender Maßnah- Um unter diesen schwierigen Bedingun- men . Allerdings wird bei diesem Wunsch gen zu einer moralisch überzeugenden oft nicht oder zu wenig bedacht, dass Urteilsbildung gelangen zu können, müs- auch bei weitgehendem Zerfall der bishe- sen allgemeine Regelungen und Ratschlä- rigen intellektuellen Fähigkeiten eine ge daher immer auch auf den konkreten Gefühlsebene vorhanden bleibt, auf der Einzelfall angewendet werden . der Kranke emotional erreicht und mit ihm kommuniziert werden kann . Auch c) Ein besonders schwieriges Thema ist das kann man bei Demenzerkrankten viele sogenannte Wachkoma (auch „andauern- von Zufriedenheit gekennzeichnete glück- der vegetativer Status“ genannt) . Aus- liche Erlebnisse und Zeiten feststellen . gangspunkt für die ethische Bewertung ist Beobachtungen gehen einerseits dahin, die Feststellung: Menschen im soge- dass Menschen im Zustand der Demenz nannten Wachkoma sind keine Ster- einen natürlichen Lebenswillen zeigen benden (Näheres siehe Abschnitt 3.2.4) . und nicht sterben wollen . Ein Wachkoma kann sich bei entspre- chender Betreuung über Jahre hinziehen, Andererseits ist Demenz eine bislang bis der Patient vielleicht an einer anderen, unheilbare, chronisch fortschreitende,
16 Kapitel 2 letztlich zum Tod führende Erkrankung . Verständnis ist erst in der Terminalphase Jeder Mensch muss also für sich die Frage der Demenz, wenn eine Situation gegeben beantworten, ob er überhaupt und in ist, in der der Tod in absehbarer Zeit ein- welchem Zustand der Demenz er eine tritt bzw . eine akute Zweiterkrankung Therapie begrenzen oder auf sie ver hinzukommt, eine Änderung des Thera- zichten will . pieziels angebracht, sodass an die Stelle von Lebensverlängerung und Lebens Ethisches Konfliktpotential entsteht ins- erhaltung Beschwerden lindernde (palli- besondere dann, wenn der vorausverfüg- ativ-medizinische) und pflegerische Maß- te Wille im Gegensatz zu aktuellen nahmen treten . Es handelt sich hierbei Willensäußerungen des Patienten steht . nicht um eine aktive Herbeiführung Da der Verzicht auf lebenserhaltende des Todes, sondern um ein Zulassen des Maßnahmen sicher zum Tod führt, wird Todes in dem Sinne, dass dem Tod nichts man bei einer derartigen Unsicherheit mehr entgegengesetzt und auf „außer über den aktuellen Willen des Patienten gewöhnliche Mittel“ verzichtet wird . Eine im Zweifel zugunsten des Lebens ent- Basisbetreuung ist selbstverständlich auf- scheiden . rechtzuerhalten . Diese Vorgehensweise Des Weiteren stellt sich die Frage der (oder eine andere vom Patienten favori- Sterbehilfe . Sterbende Demenzkranke sierte) sollte im Formular im „Raum für unterscheiden sich im Blick auf Schmer- ergänzende Verfügungen“ festgehalten zen und quälende Beschwerden nicht von werden . anderen Sterbenden . Nach christlichem »Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.« Psalm 23,4
Christliche Patientenvorsorge 17 3 . Was bestimmen Sie im Formular der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE? Wir wollen Ihnen an dieser Stelle wei- Dafür bietet Ihnen das vorliegende tere hilfreiche Informationen anbie- Formular der Christlichen Pa ten . Diese Informationen stellen eini- tientenvorsorge verschiedene ge Begriffe ausführlicher dar und ver- Möglichkeiten, die Sie nach Ihren Be- suchen Fragen zu beantworten, die dürfnissen kombinieren können: sich bei der Lektüre der Handrei- ► Sie können in einer Vorsorgevoll- chung oder beim Ausfüllen des For- macht einen Bevollmächtigten er- mulars ergeben können . nennen: Wenn Sie die verschiedenen Teile des hier an- • für Gesundheits- und Aufent- haltsangelegenheiten (siehe gebotenen Formulars ausfüllen wollen, emp- Formular Teil A, I.) fehlen wir Ihnen, sich ärztlich beraten zu lassen, wenngleich es gesetzlich nicht vorge- • für die Totensorge, Bestattung schrieben ist . Wir raten Ihnen dazu, weil und Organspende (siehe Formu- Patientenverfügungen und Behandlungs- lar Teil A, II.) wünsche nur umgesetzt werden können, wenn sie so konkret verfasst sind, dass sie auf • und in einer Generalvollmacht in den übrigen Angelegenheiten die später möglicherweise eintretende Situ- (siehe Formular Teil A, III.). ation zutreffen . Dies ist besonders wichtig, falls Sie erwägen, eigene Ergänzungen für in- ► Sie können in einer Betreuungsver- dividuelle Krankheitssituationen im Feld fügung dem Betreuungsgericht ei- „Raum für ergänzende Verfügungen“ vorzu- nen Betreuer vorschlagen (siehe nehmen . Eine fachkundige Beratung kann Formular Teil A, IV.). hier helfen, Widersprüche zwischen einzel- ► S ie können eine Patientenverfü- nen Festlegungen zu vermeiden und die not- gung verfassen und Behandlungs- wendige Genauigkeit zu erreichen . wünsche formulieren (siehe For- Auch in den anderen Angelegenheiten emp- mular Teil B, I.). fehlen wir Ihnen, sich rechtlich beraten zu lassen (Näheres siehe Abschnitt 4. 9) . In den Vorsorgevollmachten und der Betreu- ungsverfügung benennen Sie eine Person, Welche Vorsorge können Sie treffen? die für Sie spricht und handelt, in der Patien- Wie Sie bereits wissen, können Sie mit dem tenverfügung und in den Behandlungswün- Formular der Christlichen Patienten- schen legen Sie konkret fest, welche medizi- vorsorge so umfassend wie möglich Vor- nische Behandlung Sie wünschen oder aus- sorge für die Zeit treffen, in der Sie selbst schließen möchten . nicht mehr über medizinische Maßnahmen, Ihren Aufenthalt oder sonstige Angelegen- heiten entscheiden können . Bitte lesen Sie weiter auf der Seite 19
18 Kapitel 3 Ihre Formulare Es gibt zwei Formulare zur Sie können beide Formulare auch Christlichen Patientenvor– online ausfüllen, müssen sie aller- sorge: Eines ist für Ihre per- dings in jedem Fall ausdrucken sönlichen Unterlagen, das an- und persönlich mit Kugelschrei- dere ist für Ihre Vertrauensper- ber unterschreiben. son. Sie finden beide Formulare Sie können beide Formulare zu- als PDF-Datei auf der Website. sätzlich auch von Ihrer Vertrau- Sie können die Formulare ausdru- ensperson unterschreiben lassen. cken und die Teile mit Kugel- Dies ist jedoch gesetzlich nicht schreiber ausfüllen, die für Sie vorgeschrieben. gelten sollen. Bitte vergessen Sie Die Hinweiskarte auf die nicht Ihre Unterschrift. Für den Christliche Patientenvor– Fall, dass Sie eine Vertrauensper- sorge steht ebenfalls als PDF- son benannt haben, füllen Sie Datei auf der Website. Sie können auch das Zweitexemplar wie Ihr sie ausdrucken, ausfüllen und zu persönliches Formular aus. Un- Ihren Ausweispapieren nehmen. terschreiben Sie auch dieses und geben Sie es Ihrer Vertrauensper- son zur Aufbewahrung. Hinweiskarte auf die Christliche Patientenvorsorge ... ... steht zum Download auf der Website zur Verfügung.
Christliche Patientenvorsorge 19 3.1 Benennung einer son mit Ihrer Vertretung beauftragen . Die Vertrauensperson Christliche Patientenvorsorge sieht eine Vorsorgevollmacht in Gesundheits- und Aufenthaltsangelegenheiten vor . In Ergän- Es gibt grundsätzlich zwei Möglich- zung zu dieser regt sie zwei weitere Vorsor- keiten, eine Person Ihres Vertrauens gevollmachten an: eine für die Angelegen mit Ihrer Vertretung zu beauftragen, heiten Totensorge, Bestattung und Organ- wenn Sie entscheidungsunfähig wer- spende sowie eine weitere als Generalvoll- den: zum einen als Bevollmächtigten macht in den übrigen Angelegenheiten . durch die Vorsorgevollmachten und zum anderen als Betreuer durch die Es ist sinnvoll und für Ihren Bevollmächtig- Betreuungsverfügung . ten hilfreich, wenn Sie ihm Hinweise und Weisungen zum Gebrauch der Vollmacht ge- ben, z . B . dass diese nur in dem Fall einge- Der Unterschied zwischen diesen beiden setzt werden darf, wenn Sie selbst nicht mehr Vorsorgeverfügungen besteht zum einen da- in der Lage sind, Ihre Angelegenheiten selbst rin, dass ein Betreuer erst durch das Betreu- wahrzunehmen und selbst zu handeln . Diese ungsgericht bestellt werden muss, während können Sie ihm in einem Brief, aber auch eine von Ihnen bevollmächtigte Vertrauens- mündlich mitteilen . Ihr Bevollmächtigter ist person sofort für Sie handeln kann, wenn an diese Weisungen gebunden . dies erforderlich wird . Zum anderen wird ein Betreuer vom Betreuungsgericht kontrolliert, Schwierigkeiten bei der Anwendung der während ein Bevollmächtigter nicht unter Vollmacht entstehen, wenn Sie derartige Be- der Kontrolle eines Gerichtes steht . Aller- dingungen oder Ihre Anweisungen und Wün- dings kann auch der Bevollmächtigte in sche zum Gebrauch der Vollmacht direkt auf einigen besonderen Situationen nicht allein der Vollmacht vermerken . Dies kann dazu entscheiden, sondern muss – wie ein Betreu- führen, dass von Ihrem Bevollmächtigten er – beim zuständigen Betreuungsgericht verlangt wird nachzuweisen, dass die in der eine Genehmigung einholen (Näheres siehe Vollmacht festgelegten Bedingungen tat- Abschnitt 3.1.2) . sächlich eingetreten sind . Enthält die Voll- macht zum Beispiel die ausdrückliche Vorga- be, dass die Vollmacht ausschließlich genutzt 3.1.1 Vorsorgevollmachten werden darf, wenn Sie selbst handlungsunfä- Was ist eine Vorsorgevollmacht? hig sind, muss Ihr Bevollmächtigter dies Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ermög- nachweisen, bevor er Sie vertreten kann . Wir licht es, eine Person Ihres besonderen Ver- empfehlen Ihnen deshalb, Ihre Vorstellun- trauens zu benennen, die in Ihrem Namen gen, Anweisungen und Wünsche mit Ihrer handeln kann, wenn Sie Ihre Angelegenhei- Vertrauensperson zu besprechen und, falls ten nicht mehr selbst wahrnehmen können . Sie dies wünschen, getrennt von der Voll- Eine solche Vollmacht heißt Vorsorgevoll- macht schriftlich festzuhalten . macht . Sie kann mit einer Betreuungsverfü- gung, einer Patientenverfügung und Behand- lungswünschen verbunden werden . Die Vorsorgevollmacht weist Ihren Bevoll- mächtigten als Ihren Vertreter aus . Aus ihr sollte eindeutig hervorgehen, in welchen Aufgabenbereichen Sie Ihre Vertrauensper-
20 Kapitel 3 Bitte beachten Sie: Bitte beachten Sie: Die Christliche Patientenvor- Für bestimmte Rechtsgeschäfte ist sorge sieht als eigenständige Vor- die in der Christlichen Patien- sorgevollmacht lediglich die Vorsor- tenvorsorge vorgesehene General- gevollmacht in Gesundheits- und vollmacht in den übrigen Angelegen- Aufenthaltsangelegenheiten vor . Die heiten nicht ausreichend . So können im Formular enthaltenen weiteren Sie sich durch Ihre Vertrauensperson Vollmachten sind als Ergänzung die- z . B . bei Grundstücksgeschäften, bei ser Vorsorgevollmacht in Gesund- der Aufnahme eines Darlehens, bei heits- und Aufenthaltsangelegenhei- Erbverträgen oder bei der Übertra- ten gestaltet und können gemeinsam gung von Gesellschafteranteilen nur mit dieser erteilt werden . Wollen Sie dann vertreten lassen, wenn Ihre Un- keine Vorsorgevollmacht in Gesund- terschrift notariell beglaubigt oder heits- und Aufenthaltsangelegenhei- die gesamte Vollmacht notariell be- ten erteilen oder Ihre Vorsorgevoll- urkundet wird . In diesen Fällen müs- macht z . B . auf vermögensrechtliche sen Sie sich also an einen Notar wen- Angelegenheiten oder auf Angelegen- den . Bei bestimmten höchstpersönli- heiten der Totensorge beschränken, chen Geschäften können Sie sich sollten Sie das vorliegende Formular überhaupt nicht vertreten lassen, nicht verwenden . diese können nur Sie selbst vorneh- men (z . B . ein Testament oder einen Ehevertrag errichten) . Welche Formvorschriften sind bei Vorsorgevollmachten zu beachten? Wünschen Sie, dass Ihr Bevollmäch- Eine Vorsorgevollmacht in Gesundheitsan- tigter Sie auch in Bankangelegenhei- gelegenheiten muss bestimmten Formvor- ten vertritt, empfehlen wir Ihnen, zu- schriften genügen: Sie ist schriftlich zu ertei- sätzlich zu der Generalvollmacht in len und muss die Befugnis zur Einwilligung den übrigen Angelegenheiten die bzw . Untersagung von ärztlichen Maßnah- vom jeweiligen Bankinstitut zur Ver- men ausdrücklich umfassen, deren Durch- fügung gestellten Formulare zu ver- führung oder Unterlassung Sie in die Gefahr wenden und deren Vorgaben zu be - des Todes oder schwerer, länger dauernder achten, da sie andere Formulare in Gesundheitsschäden bringt oder die zwangs- der Regel nicht akzeptieren . Wir weise durchgeführt werden . empfehlen Ihnen deshalb, rechtzeitig mit Ihrer Bank zu sprechen und sie Entsprechendes gilt für eine Vorsorgevoll- über Ihre Vorsorgevollmacht zu in- macht in Aufenthaltsangelegenheiten . Die formieren . Befugnis zur Unterbringung mit freiheitsent- ziehender Wirkung, zu freiheitsentziehenden Maßnahmen (z . B . durch Bettgitter, Medika- mente und Ähnliches) und zur Verbringung in ein Krankenhaus zur Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme muss ebenfalls schriftlich und ausdrücklich erteilt werden . Die hier angebotene Vorsorgevollmacht der Christlichen Patientenvorsorge er- füllt diese Anforderungen .
Christliche Patientenvorsorge 21 Wer sollte bevollmächtigt werden? ► A ufgaben des Bevollmächtigten Eine Vorsorgevollmacht hat weitreichende in Gesundheits- und Aufenthalts Bedeutung . Sie sollten diese nur einer Person angelegenheiten erteilen, der Sie besonders vertrauen, denn Der Bevollmächtigte in Gesundheits- und jede Vorsorgevollmacht kann auch miss- Aufenthaltsangelegenheiten soll Ihre braucht werden . Sicherlich wird bei der Aus- Interessen in Gesundheits- und Aufent- wahl eine Rolle spielen, mit wem Sie Ihre haltsangelegenheiten wahrnehmen . Je Vorstellungen am besten besprechen können nachdem, in welchem Maße Sie sich Ih- und wer voraussichtlich auch emotional mit rem Bevollmächtigten anvertrauen oder der eventuell später eintretenden Situation bestimmte Vorgaben machen wollen, umgehen kann . Bei der Auswahl der Person können Sie Ihre Vorsorgevollmacht um Ihres Vertrauens zum Bevollmächtigten eine Patientenverfügung oder Behand- kommen neben Angehörigen (Ehepartner, lungswünsche ergänzen . Kinder, Geschwister) auch langjährige oder In einigen besonderen Situationen kann enge Freunde, vertraute Bekannte oder ins- der Bevollmächtigte nicht allein entschei- besondere bei einer Vorsorgevollmacht in den, sondern muss beim zuständigen Be- Gesundheits- und Aufenthaltsange legen treuungsgericht eine Genehmigung ein- heiten auch ein Arzt Ihres Vertrauens in Be- holen . Dazu gehören die Unterbringung tracht . in einer geschlossenen Einrichtung oder Sie können auch mehrere Personen in der Abteilung oder die Einwilligung in andere, Weise bevollmächtigen, dass jeder einzelne die Freiheit entziehende Maßnahmen wie von ihnen Sie vertreten kann (Einzelvoll- z . B . das Anbringen von Bauchgurten und macht) . Damit können Sie sicherstellen, dass Bettgittern oder die Freiheitsentziehung möglichst jederzeit ein Vertreter erreicht mithilfe von bewusstseinsverändernden werden kann . Dabei ist allerdings zu beden- Medikamenten . ken, dass die Personen im konkreten Fall Das gilt auch für die Einwilligung des Be- verschiedener Meinung sein können und da- vollmächtigten in eine ärztliche Zwangs- durch eventuell die Wahrnehmung Ihrer In- behandlung . Unsere Rechtsordnung er- teressen gefährden . Die Bevollmächtigung laubt ärztliche Zwangsbehandlungen in mehrerer Personen empfiehlt sich deshalb nur sehr engen Grenzen . Eine gerichtli- nur, wenn Sie davon ausgehen können, dass che Genehmigung derartiger Maßnah- diese sich untereinander abstimmen und ei- men ist gesetzlich vorgeschrieben . nigen werden . Ferner muss das Betreuungsgericht im Es kann sinnvoll sein, eine Ersatzperson zu Rahmen Ihrer medizinischen Behandlung benennen für den Fall, dass der oder die Be- angerufen werden, wenn vollmächtigte ausfällt . • Arzt und Bevollmächtigter sich nicht Was ist die Aufgabe über den Patientenwillen einig sind und eines Bevollmächtigten? Der Bevollmächtigte hat die Aufgabe, im • der Patient aufgrund der geplanten ärzt lichen Maßnahme oder aufgrund der Rahmen der ihm erteilten Vollmacht Ihre In- Weigerung des Bevollmächtigten, der teressen wahrzunehmen . Sie sollten deshalb vom Arzt vorgeschlagenen Maßnahme mit ihm über Ihre Vorstellungen reden und, zuzustimmen, in die Gefahr des Todes falls Sie dies wünschen, auch schriftliche oder eines schweren und länger dauern- Hinweise geben . den gesundheitlichen Schadens gerät .
22 Kapitel 3 »Der Mensch steht in der Mitte der Schöpfung, zwischen Stoff und Geist, zwischen Zeit und Ewigkeit.« Albert der Große ► V orsorgevollmacht zur Totensorge, nächsten Angehörigen sind in der Reihen Bestattung und Organspende folge ihrer Aufzählung der Ehegatte, dann die volljährigen Kinder und schließlich Der Bevollmächtigte in Angelegenheiten Eltern und Geschwister . der Totensorge, Bestattung und Organ- spende soll Ihre Interessen in diesen An- Ihr Wille ist für Ihre Totensorge und Be- gelegenheiten vertreten und Ihren Willen stattung maßgebend . Er soll von Ihrem umsetzen . Der Bevollmächtigte in Ange- Bevollmächtigten umgesetzt werden . Bitte legenheiten der Totensorge, Bestattung beachten Sie, dass die Beauftragung der und Organspende entscheidet über die Beerdigung durch den von Ihnen in Ange- Gestaltung der Begräbnisfeier, Art und legenheiten der Totensorge Bevollmäch- Ort der Bestattung, über die Gestaltung tigten dazu führt, dass dieser als Vertrags- der Grabstätte, Fragen einer Umbettung partner für die Kosten der Beerdigung haf- sowie Exhumierung . Auch die Frage, ob tet . Er hat zwar einen Anspruch auf Ersatz eine Autopsie stattfinden darf und ob dem der Kosten für eine Ihrer Lebensstellung Körper Organe oder sonstige Gewebe zu angemessene Beerdigung gegen Ihre Er- Transplantationszwecken entnommen ben . Wenn diese das Erbe ausschlagen, werden dürfen, fällt in diesen Bereich . können sich aber Probleme bei der Kos- Wenn Sie nicht regeln, wer für Sie diese tenerstattung ergeben . Wir empfehlen da- Angelegenheiten wahrnehmen soll, sind her, dass Ihr Bevollmächtigter in Abstim- hierfür nicht die Erben, sondern die mung mit Ihren Erben handelt . nächsten Angehörigen zuständig . Die
Christliche Patientenvorsorge 23 Bitte beachten Sie, dass die in der Christ- 3.1.2 Die Betreuungsverfügung lichen Patientenvorsorge enthalte- Was ist eine Betreuungsverfügung? ne Vollmacht zur Organspende davon aus- Sollten Sie eines Tages aufgrund einer psy- geht, dass die von Ihnen in einem Organ- chischen Krankheit oder einer körperlichen, spendeausweis getroffene Entscheidung geistigen oder seelischen Behinderung Ihre der Erklärung Ihres Bevollmächtigten Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht vorgeht . mehr selbst besorgen können und keine Vor- sorgevollmacht ausgestellt haben, wird vom ► V orsorgevollmacht als Generalvoll- Betreuungsgericht für Sie ein Betreuer be- macht in den übrigen Angelegenheiten stellt . Der mit einer Generalvollmacht in den üb- rigen Angelegenheiten betraute Bevoll- Eine Betreuungsverfügung ermöglicht Ihnen, mächtigte soll Ihre Vermögensangelegen- für diesen Fall Ihre Wünsche hinsichtlich der heiten in Ihrem Sinne wahrnehmen . Er Person des Betreuers zu äußern . Das Betreu- soll Sie gerichtlich und außergerichtlich ungsgericht prüft, ob die vorgeschlagene vertreten können . Ihm soll es erlaubt sein, Person als Betreuer geeignet ist . Ist das der Ihre Post entgegenzunehmen und zu öff- Fall, wird es die vorgeschlagene Person zum nen . Betreuer bestellen . Andernfalls wählt das Gericht eine andere geeignete Person aus, Ihr Bevollmächtigter soll grundsätzlich nach Möglichkeit aus Ihrem persönlichen selbst handeln . In den übrigen Angele- und familiären Umfeld . genheiten soll er jedoch die Möglichkeit haben, Untervollmachten zu erteilen . Ins- Eine Betreuungsverfügung bedarf keiner be- besondere in Vermögensangelegenheiten stimmten Form . Aus praktischen Gründen ist dies oft hilfreich . sollte sie aber schriftlich verfasst werden . Mit der Erteilung der Generalvollmacht in Eine Betreuungsverfügung kann jederzeit den übrigen Angelegenheiten ermächti- widerrufen werden . Auch der Widerruf kann gen Sie Ihren Bevollmächtigten auch, in jeder Form erfolgen . Es genügt, dass Ihre Schenkungen aus Ihrem Vermögen vorzu- Willensänderung deutlich zum Ausdruck nehmen . Ein solches Schenkungsrecht ist kommt . grundsätzlich uneingeschränkt und kann Wer sollte Betreuer werden? auch missbraucht werden . Wollen Sie das Für die Auswahl eines Betreuers gilt grund- Schenkungsrecht auf sog . Anstands- sätzlich dasselbe wie für die Auswahl eines schenkungen (z . B . Geburtstagsgeschenke Bevollmächtigten für die Vorsorgevollmach- oder Trinkgeld an Heimpersonal) be- ten . Sie können die Person, die Sie für die schränken, müssen Sie dies auf der Voll- Vorsorgevollmachten bevollmächtigt haben, macht vermerken . zugleich zum Betreuer vorschlagen . Es ist aber auch möglich, eine andere Person als den Bevollmächtigten vorzuschlagen . Au- ßerdem können Sie Personen benennen, die Sie nicht als Betreuer haben möchten . Was ist die Aufgabe eines Betreuers? Der vom Gericht bestellte Betreuer ist ge - setzlicher Vertreter der betreuten Person . Ihm werden vom Gericht bestimmte Aufga- benkreise zugewiesen . Der Betreuer muss
24 Kapitel 3 sich um die Angelegenheiten und Wünsche 3.2 Bestimmungen für der betreuten Person so kümmern, wie es de- Ihre medizinische Behandlung ren Wohl entspricht . In der Betreuungsverfü- gung können Sie dem zukünftigen Betreuer Wenn Sie konkret regeln wollen, was mitteilen, wie Sie sich Ihre Lebensgestaltung im Fall Ihrer Entscheidungsunfähig- wünschen . Je nachdem, in welchem Maße Sie keit im Einzelnen medizinisch getan sich Ihrem Betreuer anvertrauen oder ihm werden soll, können Sie eine Patien- bestimmte Vorgaben machen wollen, kön- tenverfügung ausfüllen und / oder Be- nen Sie Ihre Betreuungsverfügung um eine handlungswünsche niederlegen . Patientenverfügung oder Behandlungswün- sche ergänzen . Sie können auch Ihre Vorsorgevollmachten In einigen besonderen Situationen kann der und / oder Betreuungsverfügung um eine Pa- Betreuer nicht allein entscheiden, sondern tientenverfügung und / oder Behandlungs- muss beim zuständigen Betreuungsgericht wünsche ergänzen . Ihr Bevollmächtigter eine Genehmigung einholen . Dazu gehören oder Betreuer hat dann Ihre Patientenver die Unterbringung in einer geschlossenen fügung bzw . Ihre Wünsche gegenüber Ärzten Einrichtung oder Abteilung oder die Einwil- und Pflegepersonal geltend zu machen und ligung in andere, die Freiheit entziehende durchzusetzen . Alle übrigen Willensbekun- Maßnahmen wie z . B . das Anbringen von dungen sind eine Richtschnur für die Ent- Bauchgurten und Bettgittern oder die Frei- scheidung Ihres Bevollmächtigten oder Be- heitsentziehung mithilfe von bewusstseins- treuers über Ihre Behandlung in der konkre- verändernden Medikamenten . ten Situation . Ihr Bevollmächtigter / Betreuer Das gilt auch für die Einwilligung des Betreu- muss sie bei der Feststellung Ihres mutmaß- ers in eine ärztliche Zwangsbehandlung . Un- lichen Willens beachten . sere Rechtsordnung erlaubt ärztliche Zwangs- behandlungen in nur sehr engen Grenzen . 3.2.1 Die Patientenverfügung Eine gerichtliche Genehmigung derartiger Maßnahmen ist gesetzlich vorgeschrieben . Was ist eine Patientenverfügung? Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Ferner muss das Betreuungsgericht im Rah- Erklärung einer einwilligungsfähigen voll- men Ihrer medizinischen Behandlung ange- jährigen Person für den Fall einer späteren rufen werden, wenn Einwilligungsunfähigkeit . Sie ist eine vor- • Arzt und Betreuer sich nicht über den Pa weggenommene Entscheidung über die Vor- tientenwillen einig sind und nahme oder Nichtvornahme bestimmter Un- tersuchungen, Heilbehandlungen und ärztli- • der Patient aufgrund der geplanten ärztli- cher Eingriffe, die noch nicht unmittelbar chen Maßnahme oder aufgrund der Weige- bevorstehen . Sie soll sicherstellen, dass das rung des Betreuers, der vom Arzt vorge- Selbstbestimmungsrecht des Menschen schlagenen Maßnahme zuzustimmen, in auch dann beachtet wird, wenn er einwilli- die Gefahr des Todes oder eines schweren gungsunfähig geworden ist . und länger dauernden gesundheitlichen Schadens gerät . Ist eine Patientenverfügung rechtlich verbindlich? Die schriftliche Patientenverfügung ver- pflichtet Ihren Arzt, die dort getroffenen Festlegungen zu beachten und Sie entspre- chend zu behandeln oder nicht zu behandeln .
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