Besser informiert über Depressionen, manisch-depressives Kranksein - Die mit dem Regenbogen
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Ratgeber für Patientinnen und Patienten Besser informiert über Depressionen, manisch- depressives Kranksein Die mit dem Regenbogen
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Meine Seele zerfliesst in mir Und Elend hat mich erfasst Lautlos schreie ich zu dir Abgründe sind mein Gast Alle Freude von mir wich Das Leben tut so weh Des Schlafes Balsam fliehet mich Müd bin ich, eh ich aufsteh Ich bin nicht ich, ich bin nur Schmerz Ich bin so schuldig und so leer Ich habe Angst, es bricht mein Herz Und weiterleben ist so schwer Ich bin nur Trauer, will nur Tod Ich bin ja allen Last Gott, gib mir bitte Antwort Warum du mich verlassen hast Autorin: Barbara Hochstrasser
«Depressionen, manisch-depressives Kranksein» 5 Depression: Wenn schwere Nebelschwaden aufziehen 9 n Depression ja oder nein? 10 n Die Zeichen einer Depression: Die Krankheit der «-losigkeiten» 12 n Leide ich an einer Depression? 16 n Wie stellt der Arzt die Diagnose? 18 n Kommen Depressionen häufig vor? 19 n Wieso werden wir depressiv? 20 n Verlauf einer Depression 22 Was tun, wenn die Seele traurig wird? 25 n Wie begegne ich einem depressiven Menschen? 26 n Was kann ich selbst tun? 28 n Depression und Familie 30 n Wie beeinflusst die Depression meine Partnerschaft? 33 n Was bedeutet die Depression für den Freundeskreis? 34 n Wie reagiert mein Arbeitgeber? 35 n Die Behandlung der Depression 36 n Die nicht-medikamentöse Behandlung 37 n Die medikamentöse Behandlung 39 n Ablauf der Behandlung der Depression 40 n Die Gefahr des Suizides (Selbsttötung) 43 n Mythen und Fakten rund um den Suizid 45 n Was kann ich bei akuten Suizidgedanken tun? 46
6 Ein Ratgeber von Mepha Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt (manisch-depressives Kranksein) 49 n Zeichen der Manie 50 n Die Betroffenen 51 n Wer erkrankt wie häufig? 52 n Mögliche Ursachen 53 n Der Verlauf 55 n Das soziale Umfeld 56 Anhang 59 n Aktivitäten, die helfen können, Ihren Alltag zu bewältigen 60 Hinweise 63 n Selbsthilfe- und Angehörigengruppen 64 n Links zum Thema 67
9 Depression: Wenn schwere Nebelschwaden aufziehen Oft schleichend, zuerst unbemerkt, wie herbstliches Eindunkeln machen sich Zeichen einer Depression bemerkbar. Stimmungs-, antriebs- und freudlos wird der Alltag. Ängste und Schuldgefühle machen sich breit und beeinträchtigen die Lebensqualität. Diese Zeichen frühzeitig zu erkennen, sie exakt zu deuten und individuelle Hilfe zu bieten, ist von grosser Bedeutung. Wir zeigen einen Weg dazu.
10 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Depression ja oder nein? Depressionen beeinträchtigen das Denken, Fühlen und Ver- halten, den inneren Antrieb sowie das körperliche Wohl- befinden des Menschen. Biologisch betrachtet besteht ein Mangel an Nervenüberträgerstoffen im Gehirn. Die Entwicklung einer Depression kann langsam und un- merklich oder aber ganz plötzlich geschehen. Manchmal geht ihr eine schwere persönliche Belastung voraus, manchmal ist kein ersichtlicher Grund dafür auszumachen. Es gibt leichte bis schwere Ausprägungsgrade, die Dauer einer depressiven Episode reicht von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten.
«Depression: Wenn schwere Nebelschwaden aufziehen» 11 Von der Depression abzugrenzen ist die Traurigkeit. Nach Enttäuschungen, Misserfolgen oder Verlusten sind wir traurig – ein ganz normales Gefühl. Traurigkeit ist zeitlich begrenzt und wir können die Trauer verarbeiten. Die Bewäl- tigung unserer Alltagsaufgaben wird – wenn überhaupt – nur in einem kleinen Ausmass beeinträchtigt. Der Depres- sive hingegen kann seinen Alltag kaum oder gar nicht mehr bewältigen, er ist unfähig Freude zu empfinden, kann sich nicht mehr entscheiden. Er ist in seinen Gedanken und seiner Stimmung nicht ablenkbar. Depression ist kein persönliches Versagen oder eine persön- liche Schwäche, sondern vielmehr eine Krankheit, die den ganzen Menschen betrifft.
12 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Die Zeichen einer Depression: Die Krankheit der «-losigkeiten» n Stimmung: Ein andauerndes Gefühl von Freudlosigkeit, tiefer Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Hoffnungs- losigkeit, keine Gefühle mehr empfinden können (immer weinen müssen oder nicht mehr weinen können), innere Leere, Entschlussunfähigkeit. Die depressive Stimmung ist oftmals am Morgen am ausgeprägtesten (Morgentief). Sie wird als sehr quälend erlebt: Nur wer selbst eine Depression erlebt hat, kann dies nachfühlen. n Antrieb: Antriebslosigkeit. Den Alltag nur mit Mühe bewältigen können, Verlust der inneren antreibenden Kraft, verminderte Energie, eingeschränkte Arbeits- fähigkeit. n Interesse: Der Verlust von Freude und Interesse an beinahe allen Dingen. n Selbstvertrauen /Selbstwert: Der depressive Mensch fühlt sich wertlos und ist davon überzeugt, dass andere Patienten Hilfe nötiger hätten, dass sein Jammern die Umgebung sicher langweile. n Konzentrations-, Wahrnehmungs- und Merkfähig- keitsstörungen: Die Wahrnehmung der Betroffenen beschränkt sich auf negative Inhalte oder sie neigen dazu, die Dinge negativ zu bewerten. Merkfähigkeits- und Gedächtnisstörungen treten auf, weil alle Lust fehlt, sich mit Inhalten jeglicher Art auseinanderzusetzen («Ich schaffe das alles nicht mehr, ich kann nicht einmal mehr die einfachsten Sachen erledigen»).
«Depression: Wenn schwere Nebelschwaden aufziehen» 13 n Angst- und Schuldgefühle sind häufig. Oftmals ist die Unterscheidung zwischen Depression und Angstkrank- heit schwierig. Im Rahmen der Verbindung von Angst, Verzweiflung und Traurigkeit können auch überwertige Ideen (Wahnideen) entstehen: Der Depressive glaubt zum Beispiel, versagt zu haben, er sei an allem Schuld oder er werde verarmen. Häufig fühlen sich die Betroffe- nen selbst schuld an ihrem Zustand. Andere bezeichnen bestimmte Ereignisse in ihrem Leben als Ursache ihrer Depression, wobei meist Ereignisse genannt werden, mit denen sich die depressiven Menschen selbst entwer- ten oder verurteilen. Dieses Verhalten führt zu einer wei- teren Verschlechterung der depressiven Symptomatik. n Negatives Denken: Immer wiederkehrende negative Gedanken («Ich bin eine Zumutung für meine Familie, ich habe keine Zukunft» etc.) drängen sich auf (Grübeln). Die eigene, einseitige Wahrnehmung und Bewertung der Dinge wird zur Realität, man sieht vieles schwarz – viel schwärzer als es in Wirklichkeit ist. Gedanken oder Absichten betreffend Selbsttötung (Suizid) treten auf. n Psychomotorische Symptome: Bewegung und Haltung sind gehemmt, verlangsamt, die Mimik fehlt, die Gestik wirkt lustlos, schmerzbetont. Andere Depressive wiederum leiden unter einer stark quälenden inneren Angetrieben- heit mit einem ziellosen Bewegungs- und Beschäfti- gungsdrang. n Körperliches Befinden: Eine gesteigerte Selbstbeobach- tung führt oft zu übertrieben anmutenden Befürchtun- gen, krank zu sein. Dies kann zu einer weiteren Isolation der Betroffenen beitragen. Stehen körperliche Symptome ganz im Vordergrund, spricht man von einer maskierten Depression (wenn die Seele schweigt, schreit der Körper). Zu den Symptomen gehören Schlafstörungen, Appetit- losigkeit, sexuelle Lustlosigkeit, Verdauungsstörungen, Druck auf der Brust, Kopfschmerzen, Schwindel etc. n Veränderung der Beziehung zu Ehepartner, Freunden und Angehörigen: Depressive Menschen ziehen sich zurück, es fehlt ihnen die Freude, Kontakte zu pflegen. Die Partnerbeziehung ist durch die anhaltend gedrückte Stimmung, Angst, Schuld, Desinteresse sowie die sexuelle Lustlosigkeit belastet.
14 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Bei Kindern und Jugendlichen kann sich eine Depression als Verhaltens- und Lernstörung bemerkbar machen, bei älteren Menschen können Gedächtnisprobleme im Vordergrund stehen. Nicht selten führen diese Gedächtnisprobleme dann zu einer Verwechslung mit einer Demenz. Die Depression im Alter weist einige Besonderheiten auf: Das Erkennen einer Depression im Alter ist oft schwierig, häufig werden die Zeichen einer Depression fälschlicher- weise als natürliche Folge des Alterungsprozesses gesehen. Zudem gibt es ausgeprägte Schwankungen im Beschwerde- bild. Der Umstand, dass verschiedene Symptome einer Depression auch bei alterstypischen Hirnerkrankungen, wie Alzheimer, Parkinson oder Arterienverkalkung der Hirn- gefässe auftreten können, erschwert zusätzlich das Erken- nen einer Depression bei betagten Menschen. Ältere Patienten leiden oft unter mehreren Krankheiten gleichzeitig und müssen viele Medikamente einnehmen. Diese beiden Umstände können die Entstehung einer De- pression mitbegünstigen. Gleichzeitig sind alte Menschen öfter belastenden Lebensereignissen ausgesetzt als jüngere Patienten, sei es durch den Tod nahestehender Personen oder durch körperliche Erkrankungen. Auch diese Verlust- erlebnisse zählen zu den Auslösern einer depressiven Epi- sode im Alter. Heute bekannte Risikofaktoren für Depressio- nen bei alten Menschen sind wiederholte Depressionen in der Vorgeschichte, eine depressive Persönlichkeitsstruktur, soziale Isolierung und Einsamkeit, mangelnder sozialer Rückhalt und Konflikte mit Freunden und Angehörigen.
16 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Leide ich an einer Depression? Mit dem von Prof. Dr. J. Margraf an der psychiaterischen Universitätsklinik in Basel entwickelten Kurzfragebogen zur Schnellerkennung einer depressiven Verstimmung kann rasch, einfach und zuverlässig festgestellt werden, ob eine bei Ihnen vorliegende Beeinträchtigung des Befin- dens ein krankhaftes Ausmass haben könnte. Anleitung zum Ausfüllen: Lesen Sie die Fragen sorgfältig durch. Es handelt sich um eine Liste von Problemen und Beschwerden, die jeder von uns kennt. Entscheiden Sie, wie sehr Sie in den letzten sie- ben Tagen durch diese Beschwerden gestört oder bedrängt worden sind. Überlegen Sie bitte nicht erst, welche Antwor- ten den besten Eindruck machen, sondern antworten Sie so, wie es für Sie persönlich zutrifft. Machen Sie hinter jede Frage ein Kreuz (X) in das Kästchen, welches Ihre Situation am besten beschreibt. Beantworten Sie bitte jede Frage! Gewichtung 1. Energielosigkeit oder Verlangsamung in den Bewegungen oder im Denken 2. Schwermut 3. Gefühl, sich für nichts zu interessieren 4. Gefühl der Hoffnungslosigkeit angesichts der Zukunft 5. Gefühl, dass alles sehr anstrengend ist 6. Gefühl, wertlos zu sein Hier bitte nicht ausfüllen!
«Depression: Wenn schwere Nebelschwaden aufziehen» 17 Anleitung zur Auswertung: Sie zählen die Anzahl Kreuze pro Spalte zusammen und multiplizieren sie mit der für die jeweilige Spalte angegebe- nen Gewichtung. Zählen Sie anschliessend die Punkte zu- sammen und vergleichen Sie Ihre Punktzahl mit der unten stehenden Auswertungstabelle: 0 – 3 Punkte: Sie können davon ausgehen, dass Sie nicht an einer Depression leiden. 4 – 6 Punkte: Es liegt möglicherweise eine leichte Depression vor. über 7 Punkte: Es ist sinnvoll, für eine genaue Abklä- rung Ihren Hausarzt aufzusuchen. Ihr Hausarzt kann Sie über eine eventuell notwendige Behandlung am besten in- formieren. Überhaupt Wenig Mittel Stark nicht Es störte mich Es war sehr Ich konnte es nicht sehr unangenehm, kaum aushalten. aber ich konnte es aushalten. 0 1 2 3 0 + + = Gesamt
18 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Wie stellt der Arzt die Diagnose? Die Diagnose beruht auf folgenden Abklärungen: n spontan geschilderte Beschwerden, bisheriger Verlauf, n gezielt erfragte Krankengeschichte, n Tests, n Berücksichtigung ursächlicher Faktoren (Auslöser, Konflikte, weitere Erkrankungen, familiäre Häufung).
«Depression: Wenn schwere Nebelschwaden aufziehen» 19 Kommen Depressionen häufig vor? Depressionen zählen zu den häufigsten Krankheiten überhaupt. Im Durchschnitt leiden drei bis fünf Prozent der Weltbevölkerung an Depressionen (insgesamt etwa 120 – 200 Mio. Menschen). Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe eines Lebens an einer Depression zu erkranken, liegt zwischen 20 und 30%.
20 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Wieso werden wir depressiv? Meistens sind es mehrere Gründe, die zu einer Depression führen. Sie liegen im seelischen, im körperlichen sowie im sozialen Bereich. Bei manchen Menschen besteht eine angeborene oder persönliche Verletzlichkeit, welche die Entwicklung einer Depression begünstigt. Diese persönliche Veranlagung kann vererbt sein oder beruht auf lang andauernden un- günstigen Einflüssen in Familie und Erziehung. Daneben spielen ganz bestimmte Auslöser in Form von überfordernden Lebensereignissen oder überfordernden Lebensumständen eine entscheidende Rolle bei der Entste- hung einer Depression. Zu den überfordernden Lebens- ereignissen zählen: n Verlusterlebnisse (Tod einer nahestehenden Person, Trennung oder Scheidung), n Misserfolge (berufliche Karriere, Prüfung), n Schicksalsschläge, n andauernde Überforderungen (z.B. Krankheiten wie Herzinfarkt, Hirnschlag etc., tiefgreifende Probleme in der Beziehung, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz), n Sinnkrisen. Verschiedene körperliche Erkrankungen können eine De- pression hervorrufen. Auch Veränderungen im Hormon- haushalt (Schilddrüsenfunktionsstörung, Wochenbett, Alter etc.) oder Medikamente und Suchterkrankungen sind als Auslöser von Depressionen zu nennen.
«Depression: Wenn schwere Nebelschwaden aufziehen» 21 In vielen Fällen geht der Depression ein Verlusterlebnis oder ein anderes Ereignis voraus. Dann bezeichnet man die Depression als reaktive Depression. Lassen sich keine klaren Auslöser nennen, spricht man von einer endogenen Depression. Die Weltgesundheitsorganisation macht die folgenden Punkte für die Häufung von Depressionen verantwortlich: n Zerfall der Familienstrukturen n Vereinsamung in der Masse n Erreichen eines höheren Lebensalters n die genauere Diagnostik n Medikamentenmissbrauch n Suchtverhalten n Verlust weltanschaulicher und religiöser Normen Wichtig: Eine Depression ist kein Ausdruck persönlicher Schwäche oder eigener Fehler. Die Symptome, die der depressive Mensch spürt, sind Ausdruck einer Krankheit und sagen nichts über seine Grundpersönlichkeit aus.
22 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Verlauf einer Depression Es sind sowohl eine allmähliche Entwicklung als auch ein akuter Ausbruch einer Depression möglich. Die depres- sive Störung kann einmalig auftreten, häufiger sind jedoch mehr malige Phasen nach kürzeren oder längeren depres- sionsfreien Zeiträumen. Chronische Depressionen, bei denen langfristig keine Besserung eintritt, sind selten. Möglich ist auch ein Wechsel zwischen depressiven und manischen Phasen, die sogenannte manisch-depressive Krankheit (sie wird in dieser Broschüre weiter hinten genauer beschrieben). Selten kann eine Depression nach einigen Wochen wieder von alleine zurückgehen. Häufiger hält sie Monate bis Jahre an, und dauert im Durchschnitt ohne Behandlung vier bis sechs Monate. Körperliche Krankheiten können den Ver- lauf von Depressionen mitbeeinflussen. So spielt gerade im Alter die abnehmende Funktion des Gehirns, zum Beispiel infolge einer ungenügenden Versorgung mit Sauerstoff, eine erschwerende Rolle. Eine gute Behandlung kann die Beschwerden bei einer depressiven Episode deutlich lindern und ihre Dauer stark verkürzen.
25 Was tun, wenn die Seele traurig wird? Depressionen sind in jedem Fall ernst zu nehmen. Zuwendung, Unterstützung und Geduld sind ebenso wichtig wie das Beachten der eigenen körperlichen und psychi- schen Grenzen. Geschick und Einfühlungsvermögen helfen und sind die Basis in der Partnerschaft, im Kontakt mit der Familie, Freunden und dem Arbeitgeber. Depressionen lassen sich gut behandeln. Eine rechtzeitig begonnene und sorgfältig durchgeführte Therapie zeigt Lösungen auf.
26 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Wie begegne ich einem depressiven Menschen? Depressive Menschen haben häufig den Eindruck, völlig alleine und isoliert zu sein. Es lohnt sich, wenn bei der Be- handlung das mitmenschliche Umfeld der Patientinnen und Patienten, also Lebenspartner, Familie, enge Freunde, miteinbezogen werden können, denn Angehörige möchten in der Regel helfen, wissen aber nicht wie. Das Vorgehen ist mit dem Betroffenen offen und für ihn verständlich zu besprechen. Mögliche Überforderungen müssen beachtet werden. n Depression ist eine ernste Krankheit und keine Frage des Willens Depressionen können behandelt werden und sind heil- bar. Doch Druckversuche, Appelle an den Willen wie «Reiss Dich zusammen! Lass Dich nicht gehen! Tu es mir zuliebe! Denke positiv!» oder gar Vorwürfe schaden einem depressiven Menschen. Alleine der Krankheit muss die Schuld am Geschehen gegeben werden, nicht dem Betroffenen – vergleichbar mit einer Blutdrucksen- kung, die ja auch keine Willensfrage ist. Gut gemeinte Ratschläge, «Moralpredigten» und Aufmunterungsver- suche drängen den Depressiven nur immer tiefer in die von ihm empfundene Auswegslosigkeit hinein. n Zuwendung, Unterstützung, Geduld Zeigen Sie, dass Sie helfen wollen, haben Sie Geduld und Zeit zum Zuhören, seien Sie verständnisvoll und aufmerk- sam. Vermeiden Sie aber Mitleid und zu langes Anhören von Klagen. Verzichten Sie wenn möglich auf Ratschläge, insbesondere solche, die rasche Lösungen versprechen. Ablenkungsversuche können die Situation verschlimmern, der depressive Mensch fühlt sich nicht ernst genommen und ist enttäuscht. n Entscheidungen vermeiden oder treffen Entscheidungen fallen Depressiven schwer, manchmal können sie auch gar nichts mehr entscheiden. Da sie vieles verzerrt sehen, sind sie oft zu sachlichen Entschlüssen nicht fähig. Es gilt deshalb zu vermeiden, dass folgen- schwere Entscheidungen wie zum Beispiel Künden der Arbeitsstelle, Trennen der Partnerschaft, Verkauf des Hauses etc. getroffen werden.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 27 Vorerst sollen nur in jenen Bereichen des Alltags, die sich als lebensnotwendig erweisen, Entschlüsse gefasst und konsequent umgesetzt werden: Dies betrifft z.B. die Er- nährung, Arztbesuche, Tabletteneinnahme, Bewegung oder Körperpflege. n Suizidgedanken ernst nehmen Gedanken hinsichtlich Selbsttötung (Suizidgedanken) gehören häufig mit zu einer Depression. Offenes An- sprechen löst keinen Suizid aus, vielmehr führt es beim Betroffenen zu einer Entlastung. Je konkreter die Vorstel- lungen und/oder Vorbereitungshandlungen in Erschei- nung treten und je stärker der Rückzug, die Isolation und die Zeichen zunehmender Verzweiflung und Auswegslo- sigkeit sind, desto grösser ist auch das Risiko der Selbst- tötung. Treten Suizidgedanken in Erscheinung, ist unbe- dingt fachliche Hilfe zu holen. n Urlaub oder fremde Umgebung sind keine Lösung Ablenkungsversuche durch Urlaub oder eine fremde Umgebung sind eher eine Belastung und keine Lösung. Ziel ist es, dass die Betroffenen ihren Alltag wieder bewäl- tigen können. Der gebesserte Zustand ist Voraussetzung für neue Perspektiven (Kuren/Ferien). Ansonsten kommt es zu verstärkter Vereinsamung mit «Grübeln» und mög- licherweise auch Suizidgedanken. n Eigene körperliche und psychische Grenzen beachten Nicht ein übereifriger Einsatz, sondern das Einteilen der Kräfte – ein langer Atem – sind gefragt. Vorausset- zung dafür ist ein vorsichtiger Umgang mit den eigenen Reserven: soziale Kontakte aufrecht erhalten, Zeit zum Auftanken beachten, eigene Überforderungen erkennen sowie fremde Hilfe annehmen (Selbsthilfegruppen, Hausarzt, Psychotherapeuten).
28 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Was kann ich selbst tun? Trotz Verzweiflung und Antriebsarmut sollen sich auch depressive Menschen selbst gewisse Leitplanken im Um- gang mit der Krankheit geben. Es ist wichtig, dass Sie Ihren Tagesablauf strukturieren, was nichts anderes heisst, als den Tag vorauszuplanen und einen klaren Stundenplan zu erstellen. Dabei gilt es, an vertrauten Alltagsaktivitäten (Aufstehen, Körperhygiene, Spaziergang, Einkaufen, Zeitung lesen, Haushalt) bewusst festzuhalten und diese zeitlich genau zu fixieren. Die mit dem festgelegten Tagesablauf verbundenen Ziele sollen überschaubar, konkret, angenehm und zu bewältigen sein. Selbst noch so kleine Fortschritte bei der Bewältigung des Tagesablaufs verhelfen dazu, auch in der depressiven Phase Erfolgserlebnisse zu verspüren. Das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins nimmt ab. In der depressiven Phase sollten Sie keine wichtigen Entscheidungen, wie z.B. solche hinsichtlich Ihrer Partnerschaft treffen. Die Leistungsfähigkeit ist während einer Depression einge- schränkt. Dies führt zu Rückschritten in verschiedenen Bereichen. Sie gehören mit dazu und sind nicht auf Ihr per- sönliches Versagen, sondern auf die Krankheit Depression zurückzuführen. Das Auftauchen aus der Depression erfolgt schrittweise. Körperliche Betätigung und gesunde Ernährung sind wichtig. Auch noch so kleine körperliche Aktivitäten, wie wir sie in gesundem Zustand tagtäglich unbemerkt aus- führen, sind für das Wohlbefinden depressiv erkrankter Menschen von Bedeutung, da sie trüben Gedanken entge- genwirken. Es gilt, die Aktivitäten dem aktuellen Zustand anzupassen und überschaubar zu planen: Spaziergänge soll- ten nicht zu lange dauern, Velofahrten den aktuellen Kräf- ten angepasst werden. Das tägliche Duschen kann eine Herausforderung sein und sollte nicht als selbstverständlich betrachtet werden.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 29 Auch wenn es Ihnen an Appetit mangelt, nichts mehr richtig zu schmecken scheint und Sie überhaupt keine Lust auf irgendwelche Nahrungsmittel verspüren, sollten Sie auf eine regelmässige, gesunde und ausgewogene Ernährung achten. Versuchen Sie, sich zur Einnahme von kleinen Mahl- zeiten, verteilt über den Tag, zu motivieren. Auf Alkohol sollten Sie verzichten. Dies zum einen wegen der Wechsel- wirkung mit den Medikamenten, welche die Psyche beein- flussen, zum anderen, weil die depressive Stimmungslage nach einer anfänglichen Erleichterung eher noch vertieft wird. Sorgen können nicht ertränkt werden. Trinken verne- belt vielmehr den Blick auf wirksame Hilfen, die beispiels- weise aus dem persönlichen Umfeld erfolgen. Versuchen Sie, das für Sie wichtige Umfeld (Angehörige/ Freunde/Nachbarn etc.) über Ihre Erkrankung zu infor- mieren. Beziehen Sie nächste Bezugspersonen in Ihre Tages- planung mit ein. Schaffen Sie durch Ihr Umfeld ein Klima, das Sie davon abhält, sich zurückzuziehen. Freunde und Nachbarn helfen gerne, sind aber meist auf Ihren ersten Schritt angewiesen. Nehmen Sie regelmässig Ihre Medikamente ein. Sprechen Sie bei Zweifeln an der Notwendigkeit dieser Medikamente möglichst früh mit Ihrem Hausarzt. Bauen Sie Sicherheiten ein, damit Sie Ihre Arzt- und anderen Therapietermine nicht vergessen.
30 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Depression und Familie Bei einer Depression können verschiedene Fragen rund um das Thema «Familie» auftauchen: Worunter leidet die Fami- lie am meisten? Welche Möglichkeiten hat die Familie zur Problemlösung bereits ergriffen? Was für (verschiedene) Erklärungsmodelle zur Depression gibt es in der Familie? Wie haben sich die Beziehungen innerhalb der Familie durch die Krankheit verändert (Verständigungsprobleme): Nehmen die Angehörigen ihre eigenen Bedürfnisse noch wahr oder halten sie sich zurück, weil sie befürchten, den depressi- ven Angehörigen noch mehr zu belasten? Gemeinsame Ge- spräche, auch mit einer medizinischen Betreuungsperson, können eine klärende und hilfreiche Wirkung haben. Fordern Sie aktiv solche Gespräche ein! Wie wird in der Familie mit der Angst umgegangen, dass der Depressive sich das Leben nehmen könnte? Familiengesprä- che über dieses schwierige Thema können Entlastung brin- gen. Beziehungen wirken suizidverhütend, wobei ein Suizid nie mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Das Ansprechen von Suizidalität löst keinen Selbsttötungs- versuch aus. Eine geteilte Verantwortung kann aber erleich- tern und hilft dabei, diese schwere Bürde weiter tragen zu können. Auch über die Frage einer allfälligen Klinikein- weisung soll innerhalb der Familie mit Hilfe des Hausarztes gesprochen werden. Eine Einweisung kann notwendig werden, wenn aufgrund des aktuellen Zustandes die Ver- antwortung nicht mehr alleine getragen werden kann oder wenn für einige Zeit, zum Beispiel wegen Suizidgedanken, der Schutz einer Klinik benötigt wird. Eine Klinikeinwei- sung löst zwar das Problem nicht, die Angehörigen erhalten jedoch eine «Verschnaufpause». Anschliessend können sie von den Betreuungspersonen in der Klinik wieder in das Behandlungskonzept miteinbezogen werden.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 33 Wie beeinflusst die Depression meine Partnerschaft? Beziehungsprobleme lösen oft Depressionen aus, gleich- zeitig wird die Umgebung des depressiven Menschen (Lebenspartner, Freunde, Angehörige und Arbeitskollegen) durch sein Leiden und sein damit verbundenes Verhalten stark belastet. Diese Belastung der Umgebung wird häufig zu wenig wahrgenommen. Es müssen also sowohl der Pa- tient wie auch sein Partner oder seine Partnerin «geschützt» werden. Die Verständigung zwischen dem Depressiven und dem Lebenspartner verläuft oft sehr typisch: Von Seiten des Depressiven kommen häufiges Klagen, Selbstabwertungen, negative Äusserungen und Warten auf eine Problemlösung durch andere. Dem steht ein kritisches Verhalten mit häufig negativen Bemerkungen und Vorwürfen sowie oft negativer und zwiespältiger Unterstützung durch den Partner entge- gen. Erleichtern lässt sich die Situation, indem gegenseitige Bedürfnisse und Erwartungen klar und deutlich geäussert und besprochen werden können. Das zu Beginn vorhandene Mitleid und Verständnis für den depressiven Partner führt bei den Angehörigen mit der Zeit zu Erschöpfung und vermehrtem Rückzug. Der Depres- sive wird dadurch noch mehr isoliert, was die Krankheit weiter verstärkt. Eine befriedigende Partnerschaft beeinflusst in der Regel die Intensität und den Verlauf der Depression positiv. Das heisst, sie ist bei diesen Patienten weniger einschnei- dend und verläuft insgesamt günstiger, mit schnellerer Heilung und geringerem Rückfallrisiko. Dies ist nicht er- staunlich, da beim Partner als erstes die so dringend benö- tigte Zuwendung und Hilfe gesucht werden. Die Depression des Lebenspartners ist eine schwierige Belastungssituation. Wie intensiv man sich in solch einer Situation zur Seite ste- hen kann, hängt stark von der Qualität der Partnerschaft ab.
34 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Was bedeutet die Depression für den Freundeskreis? Eine gute Unterstützung durch Freunde, Bekannte und Verwandte kann die Symptome der Depression mildern und den Verlauf der Krankheit günstig beeinflussen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Menschen sich lang- fristig einsetzen und sich auch sehr gut abgrenzen können. Es gilt, sowohl die Bedürfnisse des Depressiven als auch die der Freunde und Bekannten zu beachten. Selbsthilfe- gruppen oder die Unterstützung durch entsprechende Fachleute können bei dieser Aufgabe eine ganz wichtige Rolle übernehmen.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 35 Wie reagiert mein Arbeitgeber? Da insbesondere vorübergehend Arbeitsunfähigkeit eintre- ten kann, ist die Angst gross, dass der Betroffene während oder nach einer Depression seinen Arbeitsplatz verlieren könnte. Die Reaktionen der Arbeitgeber fallen ganz ver- schieden aus: Von einem der Situation angepassten Verhal- ten mit dem Schaffen guter Wiedereinstiegsbedingungen über ein geändertes, vielleicht stressreduziertes Pflichten- heft bis hin zur Entlassung ist alles möglich. Generelle Rat- schläge sind kaum möglich, da in jedem einzelnen Fall das jeweilige Verhältnis zur Firma, zum Vorgesetzten, zur wei- teren Umgebung am Arbeitsplatz abgewogen werden muss, bevor eine gute Lösung gefunden werden kann. Der Therapeut wird sich in Gesprächen mit dem Arbeit- geber über den einzuschlagenden Weg ins Bild setzen. Allenfalls wird es nötig sein, sich sozialversicherungsrecht- lich beraten zu lassen. Eventuell muss auch juristischer Beistand hinzugezogen werden.
36 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Die Behandlung der Depression Depressionen sind Krankheiten, die gut behandelt werden können. Bewährt hat sich die Kombination von unterstüt- zenden Gesprächen (Psychotherapie), Massnahmen im sozialen Umfeld wie z.B. am Arbeitsplatz (Soziotherapie) und einer medikamentösen Therapie (Pharmakotherapie). Bei leichtem Schweregrad können stützende Gespräche mit dem Betroffenen, allenfalls seinen Angehörigen, die Festlegung einer Tagesstruktur und z.B. die Anpassung der Arbeitsfähigkeit zur Behandlung ausreichen – eine medi- kamentöse Therapie kann hinzukommen. Bei mittelschweren Depressionen werden zusätzlich zu den Antidepressiva weitere Medikamente z.B. gegen Schlaf- störungen oder quälende Angstzustände eingesetzt. Bei schweren Depressionen schliesslich werden oftmals mehrere Antidepressiva kombiniert; der Zuzug eines Fach- arztes für Psychiatrie und Psychotherapie ist sinnvoll. Ein Spitalaufenthalt kann nötig werden.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 37 Die nicht-medikamentöse Behandlung Grundlage jeder Behandlung einer Depression ist eine auf Vertrauen basierende und tragfähige Beziehung zwischen Patient und Therapeut. Im Rahmen einer psychotherapeu- tischen Unterstützung erfährt der Patient Verständnis und Sicherheit. Die Behandelnden können in der schweren Zeit der Depression als Partner der Betroffenen verstanden werden, die mit ihnen zusammen auf ein sinnvolles Ziel hinarbeiten. Häufig sind für depressive Menschen auch Therapien hilf- reich, die Musik, Tanz, Gesang, aber auch Malen, Basteln usw. mit beinhalten (Ergo-, Bewegungs- und Kunstthera- pie). Daneben kommen für die oft vorhandenen körperli- chen Beschwerden Entspannungsübungen, Massagen und Gymnastik zur Anwendung.
38 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Da ein geregelter Tagesablauf sehr wichtig ist, wird mit dem Patienten geklärt, wie er dies umsetzen kann. Auch die Frage der Arbeitsfähigkeit und die notwendige Vernetzung mit einer unterstützenden Umgebung wird angesprochen. In der Regel werden nächste Angehörige, Freunde und eventuell auch der Arbeitgeber in die Behandlung und Be- treuung miteinbezogen. Die Länge und Häufigkeit der Ge- spräche richtet sich nach den Möglichkeiten des Patienten beziehungsweise dem Schweregrad seiner Erkrankung. An erster Stelle werden depressive Patienten von ihren Hausärzten, eventuell in Zusammenarbeit mit einem Fach- arzt, betreut. Führen die ambulanten Behandlungsmass- nahmen, ergänzt durch Selbsthilfegruppen und psycho- soziale Betreuung, nicht zum Ziel, bestehen Hinweise auf eine akute Selbstgefährdung oder ist die Erkrankung sehr schwer, wird die stationäre Betreuung in einer psychiatri- schen Klinik notwendig.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 39 Die medikamentöse Behandlung Stimmungsaufhellende Medikamente, sogenannte Anti- depressiva, ermöglichen eine erfolgreiche Behandlung von Depressionen. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um mittel- bis schwergradig depressive Episoden handelt. Die Antidepressiva greifen in den biologischen Übermitt- lungsprozess von Informationen zwischen Nervenzellen im Gehirn ein, indem sie auf die im Körper natürlicher- weise vorhandenen Neurotransmitter (Botenstoffe des Ge- hirns) einwirken. Durch die Behandlung mit Antidepressiva wird das Gleichgewicht dieser Botenstoffe wieder herge- stellt und dadurch eine Besserung der depressiven Symp- tome erreicht. Es stehen heute über 20 verschiedene Antidepressiva zur Verfügung, die alle gut wirksam sind, sich aber in den mög- lichen Nebenwirkungen unterscheiden. Je nach vorherr- schenden Symptomen und je nach Schweregrad wird vom Arzt ein bestimmtes Antidepressivum ausgewählt. Antide- pressiva wirken nur bei regelmässiger Einnahme. Sie sind weder Beruhigungsmittel noch Schlafmittel und führen auch nicht zu Gewöhnung und Abhängigkeit. Im Durch- schnitt brauchen Antidepressiva ein bis zwei Wochen, bevor sie eine Linderung der depressiven Beschwerden be- wirken können. Das gestörte Gleichgewicht der Botenstoffe kann also nur schrittweise wieder hergestellt werden. In diesem Sinne können Antidepressiva mit Medikamen- ten gegen zu hohen Blutdruck verglichen werden. Welches Antidepressivum nun bei welchen Patienten am besten wirkt, ist im vornherein nicht klar. Wichtig ist, dass die Antidepressiva in ausreichend hoher Dosierung und genügend lang eingenommen werden, da sie sonst keine Wirkung entfalten können. Wenn der Patient nach vier bis sechs Wochen trotzdem keine spürbare Linderung erfährt, wird der Arzt ein anderes Antidepressivum ver- schreiben. Nach heutiger Meinung sollte die Antidepres- siva-Therapie in der Dosierung, mit der eine optimale Wirkung erzielt wurde, mindestens während eines halben Jahres weitergeführt werden.
40 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Ablauf der Behandlung der Depression Die Depressionsbehandlung lässt sich typischerweise in drei Phasen einteilen: n die Akuttherapie (4 – 6 Wochen) n die Erhaltungstherapie (4 – 6 Monate) (Vorbeugen eines Rückfalls) n die prophylaktische Therapie (über Jahre) (Verhindern der Wiedererkrankung). Die Wochen der Akuttherapie sind oftmals belastend, weil das Medikament seine Wirkung nur schrittweise ent- falten kann, die unerwünschten Begleiterscheinungen hingegen bereits nach Einnahme der ersten Dosis vorhan- den sein können. Eine enge, vertrauensvolle und intensive Zusammenarbeit mit dem Arzt ist deshalb in dieser Phase ganz entscheidend. Meistens verschwinden nämlich die unangenehmen Begleiterscheinungen, wie etwa Tagesschläf- rigkeit, eine störende Mundtrockenheit oder Darmträgheit, innerhalb der ersten Behandlungswoche. Der Arzt kann durch die Dosierung und Auswahl des Medikaments die The- rapie auf den jeweiligen Patienten abstimmen. Es braucht also Geduld, bis eine lindernde Wirkung der Medi- kamente eintreten kann. Die Nebenerscheinungen sollten dem Arzt unbedingt gemeldet werden, damit er eine Ein- schätzung der Situation vornehmen kann. Eine Änderung oder ein Weglassen der Medikamente sollte nicht ohne Rück- sprache mit dem Arzt erfolgen. Ein Stimmungstagebuch während dieses Zeitraums kann helfen, sich erster, wenn auch kleiner Fortschritte besser gewahr zu werden. Mit Hilfe der Aufzeichnungen lässt sich herausfinden, welche Tätigkeiten sich positiv auf die eigene Stimmung auswirken.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 41 In der Phase der Erhaltungstherapie, ab der dritten oder vierten Behandlungswoche, kann das Medikament seine volle Wirkung entfalten. Die Steuerungsvorgänge der Botenstoffe stabilisieren sich. Häufig wird der Schlaf etwas besser, der Patient spürt mehr Energie. Die Tage, an denen es besser geht, häufen sich. Dinge, die vor Kurzem noch unüberwindbar schienen, können nun langsam wie- der angepackt werden. Das Vertrauen in die eigenen Kräfte wächst schrittweise. Damit die Wirkung der medikamen- tösen Behandlung weiter anhält, ist die genaue Einnahme der Medikamente nun besonders wichtig. Eine Planung, wie wieder vermehrt kleine und vor allem überwindbare Aktivitäten in den Alltag eingebaut werden sollen, ist hilf- reich. In einer Liste im Anhang schlagen wir verschiedene Aktivitäten vor. Daraus sollen solche, die jeweils am besten passen, ausgewählt werden.
42 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Nach ungefähr drei Monaten Therapie sind die meisten Depressionen abgeklungen. Der Zustand entspricht wieder dem Niveau vor Ausbruch der Erkrankung. Nach dem heu- tigen Stand des Wissens sollten die Medikamente in der gleichen Dosierung, mit der die Verbesserung erreicht wurde, noch für ein halbes Jahr weiter eingenommen werden. Damit werden gute Bedingungen geschaffen, um einen mög- lichen Rückfall zu verhindern. Fachleute bezeichnen diese Phase der Behandlung als prophylaktische Therapie. Die Zeichen eines möglichen Rückfalls oder entsprechende «Frühwarnsymptome» werden zusammen mit dem Arzt ausführlich diskutiert – sie sind für den jeweiligen Patienten typisch und somit von Mensch zu Mensch verschieden. In diesem Behandlungszeitraum werden auch die Ursachen, die zum Ausbruch der Depression beitrugen, genauer ange- schaut und psychotherapeutisch aufgearbeitet. Es ist näm- lich von entscheidender Bedeutung, dass im Alltag des Pa- tienten Veränderungen vorgenommen werden und sich dieser nicht ausschliesslich auf die Schutzwirkung der Medi- kamente verlässt. Ein Überdenken des Tagesrhythmus’, eine Planung der Alltagsaufgaben sowie das Angehen von Konflikten und Vorbereiten von Konfliktlösungen sind entscheidend, um Rückfälle zu verhindern.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 43 Die Gefahr des Suizides (Selbsttötung) «Es ist das Beste für meine Familie, wenn es mich nicht mehr gibt», «Ich bin doch nur eine Last und es wird nicht besser», «Dann kann mein Mann eine neue Frau nehmen und für die Kinder ist gesorgt». – Suizidgedanken sind bei depressiven Menschen häufig. Die Neigung zur Selbsttö- tung (Suizidalität) gehört meist mit zur Depression. Die für eine Depression typischen Gefühls- und Denkstörungen führen zu zerstörerischen Vorstellungen, die mit der Gefahr der Selbsttötung verbunden sein können. 80% der schwer depressiven Menschen werden von Suizidideen geplagt, 4% unternehmen einen Suizidversuch. Der Umgang mit Suizid gefährdeten Menschen erfordert viel Energie. Dabei muss auf jeden Fall fachliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Gespräche über die Suizidneigung zwischen dem Betroffe- nen, den Angehörigen und dem Arzt erleichtern und helfen, die schwierige Verantwortung gemeinsam zu tragen. Es kann auch die Frage einer Klinikeinweisung besprochen werden. Oftmals ist es die Angst der Betroffenen, die Kon- trolle über sich zu verlieren, die sie dazu bewegt, den Schutz einer Klinik zu suchen. Es kann aber auch sein, dass ein Hausarzt zum Schutz des depressiven Patienten eine Ein- weisung gegen seinen Willen durchsetzen muss. Nach Bes- serung der depressiven Symptomatik in der Klinik ist aber auch bei Menschen, die gegen ihren Willen zur Behandlung eingewiesen wurden, meist Erleichterung und Verständnis für diesen Schritt spürbar.
«Was tun, wenn die Seele traurig wird?» 45 Mythen und Fakten rund um den Suizid Es bestehen grosse Hemmungen, Suizidgedanken direkt an- zusprechen. Dies ist aber die einzige Möglichkeit, um Klarheit über den aktuellen Gefühlszustand des Patienten zu bekom- men. Rund um das Thema Suizid bestehen viele «Volksweis- heiten»; die Fakten stellen sich oft ganz anders dar: n «Leute, die von Suizid sprechen, bringen sich nicht um». Suizidäusserungen sind in jedem Fall als Ausdruck einer seelischen Krisensituation zu verstehen und ernst zu nehmen. Acht von zehn Suizidenten haben vor ihrem Tod klar von ihren Absichten gesprochen. n «Menschen, die Suizid begehen wollen, tun dies früher oder später sowieso». Nachfolgeuntersuchungen zeigen, dass von den Patienten, die Suizidversuche hinter sich haben, nur sehr wenige im späteren Verlauf ihres Lebens tatsächlich Suizid begehen. n «Jeder Mensch hat das Recht, seinem Leben ein Ende zu setzen». Die grosse Mehrheit der Menschen, welche Suizidhandlungen begehen, tun dies in einem psychischen Zustand, der es ihnen nicht erlaubt, ohne krankheitsbe- dingte verzerrte Sichtweise über ihr Leben zu entscheiden und die Zukunft ihres Lebens genügend sachlich einzu- schätzen. n «Das Gespräch über Suizidabsichten könnte einen Suizid auslösen». Kein Patient wird Suizid begehen, weil man ihn auf Suizidgedanken angesprochen hat. Ein offenes Gespräch bringt Entlastung und neue Hoff- nung. Es ist Voraussetzung für eine tragfähige Beziehung zu den Angehörigen, den Therapeuten etc.
46 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Was kann ich bei akuten Suizidgedanken tun? Wichtig ist, die Suizidgedanken ernst zu nehmen und Hilfe zu organisieren. Die Menschen im Umfeld der Betroffe- nen sollten sich darauf konzentrieren dem/der Betroffenen aufmerksam zuzuhören sowie einfühlsam und ernsthaft nachzufragen. Gutgemeinte Ratschläge und Aufmunterungs- versuche drängen die Suizidgefährdeten nur tiefer in ihre Auswegslosigkeit. Eigene Gefühle sollen geäussert, fehlge- schlagene Suizidversuche offen und ehrlich angesprochen und nicht als Unfall oder Versehen abgetan werden. Zur eige- nen Psychohygiene sollte mit vertrauten Personen über den Suizidversuch gesprochen werden. Er sollte keinesfalls als «Schande» betrachtet und verheimlicht werden.
49 Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt (manisch-depressives Kranksein) Eine besondere Form depressiver Erkrankungen ist die manische Depression. Sie ist geprägt von stark wechselnden Gemütsverfassungen und beeinträchtigt den Lebensrhyth- mus eines Menschen erheblich. Das Risiko von körperlichen Schäden und Einbussen im familiären und beruflichen Alltag ist gross. Das soziale Umfeld wird neben einer systematischen Therapie zum bedeutendsten Aspekt. Wertvoll ist es, wenn die Angehörigen zusammen mit dem Betroffenen zu Experten seiner Erkrankung werden.
50 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Zeichen der Manie Typische Zeichen einer Manie sind: n Eine gehobene, euphorische, gereizt/aggressive Stimmung. n Ein deutlich gesteigerter Antrieb und Drang zu Aktivitäten. n Ein gesteigertes Selbstwertgefühl (Allmachts phan tasien, Selbstüberschätzung, Grössenwahn). n Gesprächigkeit, Rededrang, bis hin zu «Nicht-mehr-mit- Reden-aufhören-können». n Eine leichte Ablenkbarkeit mit Konzentrationsstörungen (zu viele Gedanken auf einmal im Kopf). n Das Verhalten ist enthemmt (z.B. im sexuellen Bereich), distanzlos, leichtsinnig mit unüberlegten Handlungen, wie z.B. verschwenderischem Geldausgeben. n Die Wahrnehmung ist intensiviert, und zwar in allen Sinnesbereichen: Hören, Sehen, Fühlen und Riechen. n Das Schlafbedürfnis ist deutlich reduziert. n Die Krankheitseinsicht ist beeinträchtigt. Der Betroffene fühlt sich gesund und lehnt eine Behandlung deshalb oft ab.
«Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt» 51 Die Betroffenen Die Diagnose einer manisch-depressiven Erkrankung stellt für die Betroffenen einen massiven Einschnitt in ihr Leben dar. Die Krankheit wird in der Regel lange nicht als solche erkannt. Wenn nach durchschnittlich zehn Jahren Krank- heitsverlauf erstmals ein Arzt im Zusammenhang mit Pro- blemen des Gemütszustands aufgesucht wird, steht meist eine depressive Problematik im Vordergrund. Vorangehende Phasen, in denen das Ausmass der Symptome deutlich geringer ausfällt als bei einer Manie (sogenannte hypomanische Phasen), fallen weniger auf. Der Betroffene erfreut sich während dieser Zeit gemäss eigenem Urteil bes- ter Gesundheit und Leistungsfähigkeit, ist kreativ und voller Selbstvertrauen. Dies wird als vermeintliches Anzeichen einer positiven Entwicklung des Betroffenen betrachtet («Er hat bei sich einen Knoten gelöst», «Er hat die richtige Einstellung zum Leben gefunden» etc.). Verständlicher weise fehlt zu diesem frühen Zeitpunkt eine Krankheitseinsicht, der Kranke fühlt und betrachtet sich als völlig gesund. Für eine rechtzeitige und erfolgreiche Behandlung und Be- treuung ist die Einsicht des Patienten aber besonders wichtig. Im weiteren Verlauf der manisch-depressiven Krankheit wird die Lebensentwicklung stark beeinträchtigt. Die Be- troffenen nehmen mit zunehmender Dauer der Erkrankung immer weniger am familiären und gesellschaftlichen Leben teil. Zu einem weiteren sozialen Rückzug führen die häufi- gen Begleiterkrankungen Sucht und Angst. Die beruflichen Möglichkeiten sind durch Anzahl und Verlauf der Krank- heitsphasen unterschiedlich stark beeinträchtigt. Oft nimmt aber die Leistungsfähigkeit im Verlaufe der Erkrankung deut- lich ab, so dass nur noch ein Drittel der Betroffenen einer geregelten Arbeit nachgehen kann. Ein definierter Tages- rhythmus mit einem fest eingeplanten Wechsel zwischen Anforderung und Erholung sowie eine gut strukturierte Arbeit sind wichtig für die Stabilisierung der Situation und des Gemütszustands der Betroffenen.
52 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Wer erkrankt wie häufig? Etwa jeder hundertste Mensch erkrankt in seinem Leben an einer manisch-depressiven Krankheit. Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig, 75% der Betroffenen erleben ihre erste Krankheitsepisode vor dem 25. Lebens- jahr. Neben einem familiär gehäuften Vorkommen fallen die parallel auftretenden Sucht- und Angsterkankungen sowie das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, Migräne etc. auf. Die begleitenden Probleme, die oftmals ganz im Vor- dergrund stehen, verhindern in vielen Fällen die Diagnose- stellung und damit auch eine fachgerechte Behandlung des manisch-depressiven Krankseins. Manische Phasen können sowohl im Zusammenhang mit belastenden persönlichen Ereignissen als auch ohne erkenn- baren Grund auftreten. Die Dauer der Phasen reicht von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten, wobei ein Ab- wechseln der manischen und depressiven Phasen möglich ist. Eine fachärztliche Behandlung und medikamentöse Langzeittherapie sind bei der manisch-depressiven Erkran- kung unbedingt notwendig.
«Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt» 53 Mögliche Ursachen Verschiedene Faktoren spielen beim Entstehen der manisch- depressiven Krankheit eine Rolle. Eine familiäre Häufung und ein frühes Erkrankungsalter legen eine erbliche Veran- lagung nahe. Diese Veranlagung macht es wahrscheinlicher, dass ein belastendes Lebensereignis eine manisch-depressive Erkrankung auslösen könnte. Neben dieser vererbten Veranlagung ist ein gestörtes Zu- sammenspiel der Botenstoffe im Gehirn (Neurotransmitter) von Bedeutung. Wichtig sind auch psychologische Fak- toren – lässt sich doch häufig vor der ersten Erkrankungs- phase ein schwer belastendes Lebensereignis beschreiben.
«Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt» 55 Der Verlauf Typisch ist der Wechsel zwischen depressiven/manischen Krankheitsphasen und krankheitsfreien Zeiträumen. Bei den meisten Patienten folgen auf die erste Krankheits- phase im Verlaufe ihres Lebens acht bis zehn weitere Episo- den. Mit zunehmendem Alter werden die Krankheitsphasen häufiger und verlaufen auch schwerer. Die Krankheit setzt in jungen Jahren ein, viele Betroffene müssen mit massiven Einschränkungen (körperliche Ge- sundheit, Einbussen im familiären und beruflichen Leben, Lebenserwartung) zurecht kommen. Eine frühzeitige Diag- nosestellung und der Einsatz von Medikamenten, welche die Häufigkeit der Krankheitsphasen verringern (sogenannte Phasenprophylaktika), sind für eine gute Betreuung und Behandlung sowie den weiteren Verlauf der Krankheit zentral.
56 «Depressionen, manisch-depressives Kranksein» Ein Ratgeber von Mepha Das soziale Umfeld «Es ist wichtig, dass die Angehörigen zusammen mit dem Betroffenen zu Experten seiner Erkrankung werden!» Aggressives Verhalten, körperliche Gewalt, wirtschaftlicher und sozialer Schaden, den die Patienten mit ihrem krank- heitsbedingten Verhalten auslösen können, stellen das soziale Umfeld, insbesondere auch die betroffenen Familien, vor schwere Probleme. Auch die Begleiterkrankungen Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie die möglicherweise auftretenden Angsterkrankungen führen oft zu grossen Schwierigkeiten. Wegen der fehlenden Krankheitseinsicht manisch-depressiver Patienten, vor allem während einer manischen Phase, können in vielen Fällen Lösungen nur noch mit Hilfe von Zwangsmassnahmen erreicht werden. Ganz zu Beginn einer erneuten manischen Krankheitsphase sind die Patienten noch für Ratschläge zugänglich. Bemer- ken Freunde oder Angehörige, dass sich eine neue Krank- heitsphase anbahnt, ist es deshalb wichtig, dass sie zu die- sem frühen Zeitpunkt die entsprechenden Massnahmen für eine therapeutische Unterstützung in die Wege leiten.
«Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt» 57 Sinnvollerweise einigt man sich bereits während des krank- heitsfreien Intervalls darüber, welche Schritte bei einer sich erneut anbahnenden manischen oder depressiven Phase zu unternehmen sind. Ein geeignetes Instrument dafür ist die sogenannte Behandlungsvereinbarung. Sie wird zu- sammen mit dem Betroffenen, seinen Betreuern innerhalb und ausserhalb der Klinik und von einer von ihm bestimm- ten Vertrauensperson ausgearbeitet. Die Vereinbarung dient dem Zweck, gemeinsam genaue Handlungsanweisungen festzusetzen, die im Fall einer Verschlechterung des Zustands befolgt werden sollen. Auch die äusserst wichtige Frage der Medikamenteneinnahme wird in der Vereinbarung festge- halten. Die geschilderten Belastungen des sozialen Umfelds führen dazu, dass manisch-depressiv Erkrankte überdurchschnitt- lich häufig ledig oder geschieden sind. In drei von vier Fällen wird von ihnen ein Familienmitglied als nächste Bezugsperson angegeben. Die sich daraus ergebende Mit- verantwortung bedeutet für die Familien eine grosse Beanspruchung. Ganz wichtig im Umgang mit manisch-depressiv Erkrank- ten ist das Eintreten auf ihre häufig vorhandenen Gedanken darüber, sich das Leben zu nehmen. Das offene Ansprechen solcher Gedanken oder Impulse ist hilfreich. Zusammen mit dem bereits erwähnten, rechtzeitigen Reagieren auf eine sich erneut anbahnende depressive oder manische Phase ist es eine geeignete Massnahme, die Gefahr eines drohenden Suizids abzuwenden.
59 Anhang
60 Ein Ratgeber von Mepha Aktivitäten, die helfen können, Ihren Alltag zu bewältigen 1. Zu Hause Körperhygiene Duschen Fussbad duftende Bäder Maniküre Pediküre Masken Haushalt Aufräumen Vorhänge waschen Fenster putzen Zimmer neu einrichten Möbel umstellen, restaurieren Bürotätigkeiten Einzahlungen tätigen Steuerbelege ordnen Adressbuch anlegen Gartenarbeit Jäten Umtopfen Kochen neue Rezepte ausprobieren Kuchen backen Diverses Briefkasten leeren alte Kleider aussortieren
«Anhang» 61 2. Freizeit Lieblingssendung am Fernsehen Gesellschaftsspiele Computerspiele Fotoalben anlegen Musik hören Telefon an Freunde 3. Auswärts Alltagseinkauf Kaffeebesuch auswärts essen gehen Besuch von Nachbarn Kino Konzert Museum Fussball-/Eishockeymatch Coiffeur Kirchenbesuch Arztbesuch 4. Körperliche Aktivitäten kleine Spaziergänge Wanderungen Nordic Walking Hundespaziergang Velofahren Schwimmen
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