Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz

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Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
Perspektiven für Jugendliche   Nr. 1 | März 2021

                               Südafrika
                               Überleben
                               mit LifeLine
                               Shutdown
                               Wie Jugendliche mit
                               Corona umgehen
Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
IN DIESER AUSGABE

                                                                          Gerechtigkeit
                                                                          Gewalt behindert die Entwicklung von
                                                                          Mädchen und Frauen weltweit. Sie lang-
                          Franziska Lauper                                fristig zu stoppen, dafür setzen wir uns
                          Geschäftsleiterin                               gemeinsam mit unseren Partner*innen
                          terre des hommes schweiz                        in der Schweiz und weltweit ein.

Liebe Leser*in                                                            Zum Internationalen Frauentag am
                                                                          8. März legen wir den Fokus in dieser
Im letzten November haben wir über die Konzernverantwor-                  Magazin-Ausgabe auf das Nachhaltige
                                                                          Entwicklungsziel 5, die Gerechtigkeit
tungsinitiative abgestimmt. Es ist lange her, dass ein Thema
                                                                          der Geschlechter. Unterstützen Sie un-
der internationalen Solidarität eine so grosse öffentliche                ser Engagement für eine gerechtere
Aufmerksamkeit in der Schweiz erreicht hat. Einmalig ist, dass            Welt!
sich eine Mehrheit der Stimmberechtigten für das Anliegen
                                                                          Tun Sie es Tanja Grandits gleich. Die
zur Verbesserung der Menschenrechte und den Respekt von                   Köchin erster Güte ist Botschafterin
internationalen Umweltstandards in Entwicklungsländern                    von terre des hommes schweiz. Sie un-
                                                                          terstützt das Projekt unserer tansan-
ausgesprochen hat. Bemerkenswert ist, dass ein breiter
                                                                          schen Partnerorganisation EBLI für die
Verbund von kirchlichen und gewerkschaftlichen Organisati-                Gesundheit und Rechte von Mädchen
onen, Hilfswerken und der Privatwirtschaft sich glaubwürdig               und jungen Frauen in Tansania. Merci
                                                                          für Ihre Solidarität!
in die politische Debatte eingebracht hat. Zehntausende Frei-
willige in rund 450 lokalen Gruppen haben sich unermüdlich                PS: Alternativ können Sie sich für eine
für die Sache eingesetzt. Das ist gelebte Demokratie!                     Patenschaft für benachteiligte Mäd-
                                                                          chen und Frauen entscheiden.
Nun wird im Nachgang zur Abstimmung die Rolle von inter-
national tätigen Hilfsorganisationen in Frage gestellt durch              > Vegi-Kochbuch Tanja Grandits: geschenkspende.ch

Kreise aus Politik, Wirtschaft und ihren Lobbying-Organisatio-            > Themenpatenschaften:
nen. Mehrere parlamentarische Vorstösse dazu sind hängig.                   www.terredeshommesschweiz.ch/patenschaften
Die Hilfsorganisationen sollen sich künftig nicht zu politi-
schen Anliegen in der Schweiz äussern und sich auf ihr                    INHALT
«eigentliches» Betätigungsfeld beschränken, die Projektarbeit
                                                                          2 Standpunkt: Ja zur politischen Debatte!
in Entwicklungsländern. Die Angriffe zielen ab auf die Glaub-
                                                                          3 Aktuell: Hotspot Mosambik
würdigkeit der Hilfswerke und deren breite Unterstützung in
                                                                          4 Fokus: Überlebenshilfe in Südafrika
der Bevölkerung. Diese Stimmen ausschalten zu wollen,
                                                                          7 Interview: Tayson Mudarikiri
ist demokratisch höchst bedenklich!
                                                                          8 Jugendliche: Klarkommen mit Corona
Sensibilisierungs- und Informationsarbeit und das Einbringen              10 Gutes tun: Anlass-Spenden
der Interessen der ärmsten und verletzlichsten Menschen in                11 Tanja Grandits: Rezept Vegi-Pesto
die politische Debatte in der Schweiz sind seit jeher in den
                                                                          12 Nachgefragt: Jeyani Thiyagaraja
Vereinsstatuten von terre des hommes schweiz fest veran-
kert, ebenso die Unterstützung von Projekten in Ländern in
Afrika und Lateinamerika. Spätestens seit der Verabschie-                 Impressum
                                                                          Magazin terre des hommes schweiz, Nr. 1 März 2021
dung der Agenda 2030 ist dies breiter Konsens. Damit wir                  Laufenstrasse 12, CH-4053 Basel
die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung bis 2030 erreichen,              Spenden: IBAN CH18 0900 0000 4000 0260 2
                                                                          4 Ausgaben pro Jahr für 5 Franken
braucht es die Kräfte aller – gerade auch in der Schweiz, die             Auflage: 29 850 Exemplare
                                                                          Redaktion: Anna Wegelin
punkto internationaler Menschenrechts- und Umweltstan-                    Gestaltung: Michèle Minet
dards eine Vorreiterrolle haben sollte.                                   Korrektorat: Loredana Engler, Sylvia Valentin
                                                                          Druck: Gremper AG, Basel/Pratteln
                                                                          Papier: Amber® Graphic, FSC für Öko-Waldwirtschaft
> www.terredeshommesschweiz.ch/standpunkt-ja-zur-politischen-debattew     Foto Titelseite: Cebisile Mbonani

2                                                                       magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 2021
Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
MOSAMBIK

                                                                                                     Zwar ist es in letzter Zeit ruhig gewor-
                                                                                                     den um den Skandal um die dubiosen
                                                                                                     Milliardenkredite der Credit Suisse an
                                                                                                     den mosambikanischen Staat, der noch
                                                                                                     immer nicht gelöst ist. Dafür sorgen
                                                                                                     nun die wiederholten Angriffe von
                                                                                                     Gruppen, die sich auf die Terrororgani-
                                                                                                     sation «Islamischer Staat» (IS) berufen,
                                                                                                     für internationale Schlagzeilen. Dabei
                                                                                                     gehe es in dem «Krieg» in der nördlichen
                                                                                                     Region Capo Delgado nicht um Religi-
                                                                                                     on, erklärt Drucila Meireles: «Es geht
                                                                                                     um die Macht über die Rohstoffe.»

                                                                                                     Die Regierung habe bei den blutigen
                                                                                                     Angriffen, die in den letzten rund fünf
                                                                                                     Jahren über 200 000 Menschen aus ih-
                                                                                                     rer angestammten Region vertrieben
                                                                                                     haben, viel zu lange tatenlos zuge-
                                                                                                     schaut, kritisiert sie. Dabei hätten in den
                                                                                                     sozialen Medien längst Videos auf die
Drucila Meireles (rechts im Bild) ist Expertin für Jugendpartizipation und den Lösungsorientierten   schlimme Situation aufmerksam ge-
Ansatz (SFA). Die Aufnahme wurde vor Corona gemacht. Foto Jonas Wagner-Mörsdorf                      macht. «Die Menschen in Capo Delgado
                                                                                                     leiden», weiss Drucila Meireles. «Sie
Zwischen den Zyklonen                                                                                fliehen vor den Terroristen und ver-
                                                                                                     lassen ihre Behausungen, ihre Felder
Mosambik kommt nicht zur Ruhe. Was                gion, und auch zwischen Idai und El-               und Äcker. Viele Frauen haben bereits
ist los im langjährigen Partnerland der           oise sind das Land und seine Leute                 ihre Männer verloren, denn wenn die
Schweiz? Drucila Meireles, die unsere             mehrmals von Sturmfluten heimge-                   Terroristen ihre Dörfer angreifen, neh-
lokalen Partnerorganisationen in Mo-              sucht worden. Zwar sind die Schäden                men sie die Männer mit in den Kampf
sambik unterstützt, gibt Auskunft.                dieses Mal weitaus geringer als vor zwei           oder ermorden sie.»
                                                  Jahren. Doch etliche Menschen in den
Mosambik ist ein Land der Superlative:            überschwemmten Gebieten haben mit                  Es bleibt genug zu tun
reich an natürlichen Ressourcen wie               einem Mal ihre Behausungen und Ein-                Und als wäre das nicht schon genug,
Kohle und Gas, überdurchschnittlich               kommensquellen verloren, den Reisan-               droht Mosambik und seinem fragilen
viele junge Menschen, wunderschöne                bau, das Fischen oder Flechtwerk mit               Gesundheitssystem durch die Pande-
Strände am indischen Ozean und eine               Schilf für den Verkauf auf dem Markt.              mie und ihre virulenten Virusvarianten
Bevölkerung mit einer grossen Wider-                                                                 eine weitere Katastrophe. Kein Grund
standskraft, sagt Drucila Meireles: «Die          «Die Regierung hilft ihnen nicht, es sind          zur Hoffnung also für Mosambik?
Menschen in Mosambik arbeiten hart                die Non-Profit-Organisationen», weiss              Nicht so für Drucila Meireles von terre
fürs Überleben.» Unsere Mitarbeiterin             Drucila Meireles. Hitze, sintflutartige            des hommes schweiz, die meint: «Für
in der Hauptstadt Maputo kennt je-                Regenfälle und Überschwemmungen,                   uns sind die jungen Menschen die Ex-
doch auch die unschönen Seiten ihres              das alles habe es früher auch gegeben,             pert*innen über ihr eigenes Leben. Wir
Landes: Korruption, Verschuldung und              erzählt sie. «Aber es passierte nicht in           geben ihnen Werte, Wertschätzung und
extreme Armut, Gewalt, Terrorismus                dieser Häufigkeit. Der fortschreitende             handfeste Unterstützung mit auf den
und Naturkatastrophen.                            Klimawandel stellt die Bevölkerung vor             Weg. Und auch wenn manche denken,
                                                  grosse Probleme.»                                  ich kann das nicht, sagen wir den Ju-
Zwei Jahre nach Idai                                                                                 gendlichen: ’Yes, you can’.» Anna Wegelin
Der Schrecken sitzt noch tief: Im März            Eine Ausbildung, aber kein Job
2019 fegte ein gewaltiger tropischer              Wie in anderen Ländern mit mittlerem               Was wir in Mosambik tun: terre des hommes schweiz
Wirbelsturm über Mosambik hinweg.                 und tiefem Einkommen auch, arbeiten                unterstützt Jugendliche bei der Ausbildung und in der
Idai hinterliess eine Spur der Verwüs-            die meisten Menschen in Mosambik im                Landwirtschaft. Wir helfen Gewaltopfern und stärken die
tung. Viele Menschen starben, Unzäh-              informellen Sektor und leben von der               sexuelle und reproduktive Gesundheit von Mädchen und
lige verloren ihr Hab und Gut. terre des          Hand in den Mund. «Die Mehrheit der                jungen Frauen.
hommes schweiz leistete Nothilfe und              Jugendlichen hat zwar eine Ausbil-
Arbeiten für den Wiederaufbau mithil-             dung», sagt Drucila Meireles. «Sie ma-             > Mehr zu unseren Projekten in Mosambik:
fe unserer Partnerorganisationen vor              chen die Schule und einen Abschluss,                 www.terredeshommesschweiz.ch/mosambik
Ort. Kaum waren sie Ende Januar die-              um anschliessend eine Stelle zu finden
ses Jahres abgeschlossen, traf ein wei-           und ein gutes Leben führen zu können.              > Drucila Meireles' eigene Geschichte:
terer Zyklon namens Eloise dieselbe Re-           Aber diese Jobs gibt es schlicht nicht.»             www.terredeshommesschweiz.ch/loving-social-work

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 2021                                                                                                               3
Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
SÜDAFRIKA

Mit LifeLine zurück zur Normalität
Das Leben in KwaZulu-Natal im Osten von Südafrika ist einfach und
manchmal prekär. Gewalt gegen Frauen und Kinder ist keine Ausnahme.
Unsere Partnerorganisation LifeLine hilft den Versehrten und engagiert
sich mit ihnen gegen das Versagen von Familie, Polizei und Justiz.

«Es passierte an einem Sonntag, als ich von mei-      mathemba Njiyela und Tausende weitere Opfer von
ner Arbeit in einem Lokal heimkehrte. Sie sagten,     Vergewaltigungen und häuslicher Gewalt, dass
ich könne bei ihnen mitfahren, denn sie hätten oh-    sie trotz des Durchlebten ansatzweise wieder ein
nehin denselben Weg.» Gedämpft erklingt Noma-         normales Leben führen können. Neben der medi-
themba Njiyelas Stimme im Hintergrund. Sie ver-       zinischen Versorgung, etwa durch die vorsorgli-
liert sich im Schwall der Dolmetscherin, die aus      che Verabreichung von HIV-Medikamenten, küm-
der Landessprache isiZulu übersetzt. Nomathem-        mert sich LifeLine vor allem um die psychischen
ba Njiyelas Odyssee begann im letzten November.       Langzeitfolgen. «Meist leiden die Überlebenden an
Die 20-jährige Südafrikanerin wurde von zwei          einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie
Männern in das Dickicht einer Zuckerrohr-Plan-        suchen die Schuld bei sich selbst und leiden letzt-
tage gezerrt und vergewaltigt.                        endlich unter Depressionen», so Sinikiwe Biyela.      Das Gewalt-
                                                                                                            problem an der
«Eine Vergewaltigung ist wie eine infizierte Wunde.   Langfristige Traumabegleitung                         Wurzel packen:
                                                                                                            LifeLine geht
Sie wird nie heilen, wenn man sie nicht richtig be-   Die mehr als 240 Mitarbeitenden bei LifeLine, 98
                                                                                                            mit Workshops
handelt», sagt Sinikiwe Biyela, die Direktorin von    davon Sozialarbeitende, leisten Traumabewäl-          direkt in die
LifeLine. Der südafrikanischen Partnerorganisati-     tigung und beraten betroffene Mädchen und             Gemeinden.
on von terre des hommes schweiz verdanken No-         Frauen über ihre Rechte. Dabei sei es wichtig,        Fotos Cebisile Mbonani

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Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
Zu sich finden:
Die junge Frau
aus KwaZulu-Na-
tal, Überlebende
nach sexueller
Gewalt, ist im
Begleitprogramm
von LifeLine.

                   dass die Helfenden ihre Klientinnen bis ans Ende      nert sich Sinikiwe Biyela. «LifeLine hatte eine an-
                   begleiten, sagt sie: «Denn wir wissen, dass viele     strengende Zeit während des ersten Lockdowns.
                   Fälle sich über Jahre hinziehen. Wir erleben, dass    Bis spätabends fuhren unsere Sozialarbeitenden
                   sich ihr emotionaler und mentaler Zustand stabi-      herum, um Mädchen und Frauen abzuholen, die
                   lisiert und dann, sobald ihr Fall endlich vor den     missbraucht worden waren.» Auch Kinder, die sich
                   Richter kommt, fallen sie zurück und alle Symp-       unter normalen Umständen der Lehrperson anver-
                   tome sind plötzlich wieder da.» Die Überleben-        traut hätten, suchten während der letzten Coro-
                   de Nomathemba Njiyela ist froh um diese Hilfe.        na-Sperre vermehrt die Hilfe von LifeLine. Sie ist
                   «Dank LifeLine kann ich heute über das sprechen,      jetzt wichtiger denn je.
                   was mir passiert ist. Ich weine manchmal, aber
                   gewöhne mich wieder an den Alltag.»                   Ganz sich selbst überlassen
                                                                         In den vergangenen 49 Jahren hat das Team von
                   Von Alltag kann jedoch in Pietermaritzburg, dem       LifeLine gelernt, mit Herausforderungen umzuge-
                   Sitz von LifeLine im Osten des Landes, keine Rede     hen: Ihr Einsatzgebiet, die Provinz KwaZulu-Natal,
                   sein. Schläge, sexuelle Dominanz und blutige Über-    ist eine der unterentwickeltsten Regionen Süd-
                   griffe bestimmen die Fälle, mit denen die Sozial-     afrikas. Es fehlt an Schulen, Strassen und Kliniken.
                   arbeitenden von LifeLine täglich konfrontiert wer-    Um zu einigen Dörfern zu gelangen, müssen die
                   den. Sie bestimmen das Leben vieler Südafrikane-      Sozialarbeitenden erst eine dreistündige Fahrt zu-
                   rinnen. In der Kap-Republik wurde laut offizieller    rücklegen. «Manchmal kommen sie drei Tage zu
                   Statistik 2019 alle drei Stunden eine Frau ermor-     spät», erzählt Sinikiwe Biyela. «Wenn ein Mädchen
                   det und alle 15 Minuten eine Frau vergewaltigt.       am Freitagabend vergewaltigt wird und der nächste
                   Etliche der Gewalttaten sorgten in den vergange-      Bus zu ihrem Dorf erst wieder am Montag fährt,
                   nen Jahren für Schlagzeilen. «Während ich heute       dauert das zu lange.» Die grösste Hürde sei jedoch
                   Abend zu Ihnen spreche, wird irgendwo in diesem       häufig die Familie des Opfers, wenn diese den Täter
                   Land eine Frau oder ein Kind missbraucht, geschla-    decke, der oft selber ein Familienmitglied ist. Sini-
                   gen, angegriffen oder terrorisiert», sagte der süd-   kiwe Biyela: «Oft wissen Grossmütter oder Tanten
                   afrikanische Regierungschef Cyril Ramaphosa im        von dem Missbrauch. Aber weil der Grossvater oder
                   November. Er verhängte eine fünftägige Staats-        Onkel für das Essen sorgt, schweigen sie.»
                   trauer, um – neben der Corona-Toten – an die Op-
                   fer von häuslicher Gewalt zu erinnern.                Nicht ernst genommen werden
                                                                         Entgegen der überwiegenden Erfahrung von Life-
                   «Südafrikas zweite Pandemie»                          Line hatte Keshne Bhagelu grosses Glück. Nachdem
                   Vergewaltigte Frauen und Virus-Opfer – die ver-       die 17-Jährige von ihrem Bruder und ihrem Vater
                   einte Trauer ist passend: Wiederholt wurde häus-      missbraucht worden war, besorgte die Mutter ihr aus
                   liche Gewalt während der Coronakrise vor Aus-         der Ferne ein Taxi, um zur Polizei zu gelangen. «Sie
                   bruch der mutierten Virusvariante als «Südafrikas     hat mir Mut gemacht», erzählt die Jugendliche vier
                   zweite Pandemie» bezeichnet. Vor einem Jahr ver-      Monate später. Auf der Polizeistation kam es jedoch
                   hängte Südafrika seinen ersten Lockdown, drei         wieder zur kalten Konfrontation mit dem südafri-
                   Millionen Menschen verloren in Folge der Aus-         kanischen Alltag. «Der Polizist liess mich nicht mal
                   gangsbeschränkung ihre Jobs. «Plötzlich waren sie     meine Geschichte zu Ende erzählen. Er sagte, ich sol-
                   alle zusammen in einem Haus eingesperrt», erin-       le zurück zu meinem Vater gehen.» Von einer ähnli-

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Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
SÜDAFRIKA

                  chen Erfahrung berichtet Sinikiwe Biyela selbst. Sie       Dezember letzten Jahres berichtete die südafrikani-
                  fand seinerzeit den Mut, ihren Missbrauch anzuzei-         sche «Sunday Times« von einem «Rückstau» in den
                  gen. Aber auch sie blitzte bei der Polizei ab. «Sie wei-   forensischen Labors: Mehr als 110 000 DNS-Proben
                  gerten sich zwar nicht, einen Fall zu eröffnen. Aber       warteten darauf, analysiert zu werden. Davon
                  sie zogen meine Geschichte in Zweifel und behaupte-        stammten zwei Drittel von Vergewaltigungsfällen.
                  ten, mein Verhalten sei der Grund für die Vergewal-        Oft kennen Opfer ihre Vergewaltiger und leben
                  tigung gewesen.» Sowohl Keshne Bhagelu als auch            in derselben Gemeinde wie sie. Was fehlt, ist aber
                  Sinikiwe Biyela schafften es erst beim zweiten Ver-        der Beweis aus der Gerichtsmedizin, der zwischen
                  such, ihre Peiniger anzuzeigen.                            ihnen und einer Verurteilung steht.

                  Schluss mit der Straflosigkeit                             Keshne Bhagelu ist zuversichtlicher: Sie erzielte
                  «Das Problem liegt in der Polizei-Ausbildung», weiss       ein Kontaktverbot gegen ihren Vater. Im März star-
                  die Direktorin von LifeLine. «Ihnen wird beigebracht,      tet dessen Prozess wegen häuslicher Gewalt. «Ich
                  Kriminelle zu schnappen, aber geschlechtsbasierte          kann mich glücklich schätzen und brauche keine
                  Gewalt wird dabei vernachlässigt. Gehen wir mit            Angst mehr zu haben, dass jemand von der Ar-
                  einer Frau zu einer Polizeistation, müssen wir jedes       beit nach Hause kommt und mit mir zu kämpfen
                  Mal den männlichen Beamten streiten. Ihnen                 beginnt. Ich lebe jetzt freier.» Markus Schönherr
                  scheint nicht bewusst, was eine sexuelle Straftat ist.»
                  Umso skeptischer blickt die Frauenrechtlerin auf           Markus Schönherr ist freier Korrespondent in Pretoria. Er be-
                  die jüngsten Massnahmen, mit denen die Regie-              richtet für deutschsprachige Zeitungen und Magazine aus
                  rung in Pretoria die Gewalt gegen Frauen und Kin-          dem südlichen Afrika. www.africajourno.com
                  der bekämpfen will. Vor kurzem verschärften die
                  Politiker die Kautionsauflagen für potenzielle Ge-         Cebisile Mbonani ist freie Fotografin und Filmemacherin in
                  walttäter. Ausserdem verfassten sie den neuen              Johannesburg. www.cebisilembonani.com
                  Straftatbestand der «sexuellen Einschüchterung».
                  Für Sinikiwe Biyela aber geht das nicht weit ge-
                  nug: «Wir können noch so oft das Gesetz anpassen           Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRHR) für Mädchen und
                  und immer neue Regeln aufstellen – wenn sie                Frauen sind ein Kernanliegen von terre des hommes schweiz im südlichen
                  nicht umgesetzt werden, ist alles zwecklos.»               Afrika. Dazu gehört auch das Engagement unserer südafrikanischen Part-
                                                                             nerorganisation LifeLine gegen die geschlechtsbasierte Gewalt, in der Fach-
                  Nomathemba Njiyelas Vergewaltiger aus dem ei-              sprache gender-based violence (GBV). Mit diesem Projekt leisten wir einen
                  genen Umfeld sind immer noch auf freiem Fuss.              Beitrag an die Ziele für Nachhaltige Entwicklung 2030.
                  Die Polizei untersuchte ihren Körper auf DNS-Spu-
                  ren, doch auf das Ergebnis wartet sie bis heute. Im        > www.terredeshommesschweiz.ch/lifeline
Mädchen und
junge Frauen
demonstrieren
mit LifeLine in
KwaZulu-Natal
für ihre Rechte
am eigenen
Körper.

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Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
INTERVIEW

«Macht der Männer über den weiblichen Körper»
Corona verstärkt die Gewalt gegen
Frauen und Kinder. Wie wirksam an-
treten gegen die ohnehin grassierende
sexuelle Gewalt an Mädchen und Frau-
en in Südafrika? Tayson Mudarikiri von
terre des hommes schweiz lobt den
ganzheitlichen Ansatz von LifeLine in
KwaZulu-Natal.

Die Organisation «UN Women» der Ver-
einten Nationen ist alarmiert über die
Zunahme von häuslicher Gewalt in der
Pandemie. Im südlichen Afrika ist die ge-
schlechtsspezifische Gewalt (GBV) be-
sonders verbreitet. Nimmt sie jetzt noch-
mals zu?
GBV ist ein permanentes Problem in
allen Weltregionen, die Situation in
Südafrika ist besonders schlimm. Schlüs-
selfaktoren sind die sozialen und kultu-                                                                              Tayson Mudarikiri
rellen Normen. Die patriarchale südaf-                                                                                (36) ist Nationaler
rikanische Gesellschaft gibt den Män-                                                                                 Koordinator für
nern die absolute Macht über die Kör-                                                                                 Simbabwe und
                                                                                                                      Südafrika. Er lebt
per ihrer Schwestern, Ehefrauen und                                                                                   mit seiner Familie
Partnerinnen. Den meisten Männern                                                                                     in Harare.
ist es nicht einmal bewusst, dass sie                                                                                 Foto Pablo Wünsch Blanco

ihre Frauen vergewaltigen. Um mit die-
ser menschenverachtenden Praxis zu            Sie gehen dafür auf Männer in Ent-          Dienste aufrechterhalten werden für
brechen, braucht es deshalb auch die          scheidungspositionen auf Lokalebe-          jene, die sie so dringend brauchen? Wir
Bewusstseinsförderung für die Rech-           ne zu, das ist einzigartig. LifeLine ar-    wissen ja nicht, wer vergewaltigt wor-
te von Frauen und Kindern.                    beitet mit ihnen zur Frage: Wie kön-        den ist und wo sich die Überlebenden
                                              nen wir Frauen besser beschützen und        befinden. Die meisten wurden daheim
Es ist sehr schwierig, GBV in patriarcha-     dafür sorgen, dass alle Gemeindemit-        vergewaltigt. Du musst zuerst den Tä-
len Systemen zu stoppen. Sind die Ent-        glieder ihre Rechte kennen und aner-        ter aus dem Haus entfernen und die
scheidungsträger in Justiz und Polizei,       kennen? Es mag auf dem Papier die           Überlebende zum Gesundheitsservice
in Politik, Verwaltung und Gemeinde           vorbildlichsten nationalen Gender-          bringen, bevor du sie weiterbegleiten
allesamt Männer, stärkt dies die patri-       Richtlinien geben – was zählt, ist, dass    und beraten kannst.
archale Norm und fördert damit auch           die Akteur*innen in den Gemeinden
die sexuelle Gewalt gegen Frauen.             dafür sorgen, dass sie auch tatsächlich     Der zweite Punkt betrifft die südafri-
                                              umgesetzt werden. Das gilt auch für die     kanische Rechtsprechung. Die Praxis
LifeLine hilft GBV-Überlebenden. Was          örtliche Polizei, für Lehrpersonen und      zeigt: Selbst wenn jemand wegen GBV
charakterisiert unsere Partnerorgani-         Gesundheitsmitarbeitende: Sie müs-          verhaftet wird, ist das Justizsystem der-
sation in KwaZulu-Natal?                      sen die Rechte zum Schutz von Frau-         art korrupt, dass es in vielen Fällen
LifeLine zeigt vor, wie ein GBV-Pro-          en und Mädchen kennen und sich              dennoch nicht zu einer Strafverfol-
gramm aussehen muss, damit es nach-           entsprechend verhalten.                     gung des Täters kommt. LifeLine hat
haltig ist. LifeLine arbeitet zweiglei-                                                   sich deshalb während der weltweiten
sig, erstens in der Prävention und zwei-      Die Mitarbeitenden von LifeLine ver-        Aktion «16 Tage gegen Gewalt an Frau-
tens in der Hilfe und Begleitung von          richten eine immens wertvolle Arbeit,       en» im vergangenen November ent-
Überlebenden, sodass sie Hoffnung             die auch viel Mut erfordert. Welches sind   schieden zu diesem Thema geäussert
schöpfen und ihr Leben möglichst frei         ihre grössten Herausforderungen?            und viel mediale Öffentlichkeit erhal-
von ihren traumatischen Erlebnissen           Dass sie Überlebende überhaupt zeit-        ten. Es gab sogar ein Interview mit Life-
führen können. Wir haben Mitarbei-            nah aufspüren, dass die Täter zur Re-       Line im nationalen südafrikanischen
tende, die jeden Tag «an der Front» in        chenschaft gezogen werden – und, dass       TV-Sender. Interview: Anna Wegelin
der Gemeinden im Einsatz sind.                die Mitarbeitenden von LifeLine selbst
                                              wirksam vor Übergriffen geschützt
LifeLine engagiert sich neu auch gegen        werden. Die grösste Schwierigkeit ist:      > Ausführliches Gespräch:
die strukturelle Gewalt an Frauen.            Wie können die überlebenswichtigsten          www.terredeshommesschweiz.ch/corona-test-kostet

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Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
CORONA

                                                                                                       Foto Samuel Rink

                                                                                                «Alles wurde
                                                                                                runtergefahren.»
                                                                                                Jaël Hartmann, 23, aus Basel

Im Schwebezustand
Welche Folgen hat die Pandemie für         zwar auf ganz eigene Weise. Junge lei-       le Arbeit in Teilzeit und engagiert sich
junge Menschen? Jaël Hartmann und          den unter den verordneten Restrikti-         bei der Plattform «Urbanroots» für Stadt-
Frank Deus, beide engagiert in Ju-         onen, vermissen den Kontakt zu Gleich-       gärten und bei imagine, dem selbstor-
gendprojekten von terre des hommes         altrigen und die Bewegung im Freien.         ganisierten Jugendprojekt für Vielfalt
schweiz, erzählen, was sie dies- und       Sie fühlen sich mit ihren Bedürfnissen       und gegen Diskriminierung von terre
jenseits von Corona beschäftigt.           nicht ernst genommen oder werden             des hommes schweiz.
                                           gar von Erwachsenen angefeindet.
Seit Ausbruch der Seuche vor über ei-      Nicht wenige leiden unter psychischen        Jaël spricht in unserem angeregten Ge-
nem Jahr ist vielfach untersucht wor-      Problemen, Stress, Angst und Depres-         spräch, das im Februar noch während
den, wie die weltweite Gesundheitskri-     sionen. Ein grosses Thema sind die           des zweiten Shutdowns stattfindet, vom
se den Alltag und das Leben von Kindern    Schule und Ausbildung: Einige verpas-        «Schwebezustand», in dem sie sich
und Jugendlichen über kurz oder lang       sen den Anschluss, andere sind demo-         wähnt und von den fehlenden sozialen
beeinträchtigt.                            tiviert oder hängen ganz ab.                 Kontakten. «Alle haben Schwierigkeiten
                                                                                        zu connecten und genug von der digi-
Für die globale Studie «#CovidUnder19»     Während ein Teil der Befragten mehr          talen Kommunikation», sagt sie. Online
unter Mitwirkung der Internationalen       Armut erfährt und sich einem höheren         spüre man einander viel weniger. «Das
Föderation Terre des Hommes sind gut       Gewaltrisiko ausgesetzt sieht, wähnen        finde ich schwierig, gerade auch bei den
26 000 Mädchen und Jungen zwischen         sich Andere daheim sicherer vor Über-        Diskussionen bei imagine, weil wir un-
acht und 17 Jahren aus über 130 Län-       griffen und Mobbying. Die überwiegen-        sere Projekte ständig anpassen müs-
dern rund um das Thema «Leben unter        de Mehrheit der «#CovidUnder19»-Teil-        sen.» Wenigstens die geplante digitale
Coronavirus» befragt worden. Die Mehr-     nehmenden verspürt eine lähmende             Podcast-Serie von imagine lasse sich trotz
heit stammt aus Lateinamerika und          Langweile im Lockdown.                       Corona realisieren, sagt sie. «Es ist für
wohnt zuhause. Das Ergebnis der Um-                                                     mich wichtig, dass das, was ich mitge-
frage, die sich auf Aspekte der UNO-Kin-   Wie Jaël mit Corona umgeht                   stalte, auch wirklich stattfinden kann.»
derrechtskonvention bezieht und an-        Ähnliches erlebt auch Jaël Hartmann
schaulich aufbereitet ist, zeigt im We-    aus Frenkendorf in Baselland. Die            Die erste Corona-Welle vor einem Jahr
sentlichen: Auch die jungen Generation     quirlige 23-Jährige lebt in einer Zwei-      war für Jaël eine spannende Erfahrung.
kämpft mit den Folgen von Corona und       er-WG in Kleinbasel. Sie studiert Sozia-     Sie habe ihr Sozialpraktikum an einer

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Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
Sonderschule trotzdem absolvieren             heitsrechte von Frauen und Mädchen        schwister», antwortet Frank, der es
können und das bundesrätlich verord-          in Mwanza sowie im Internationalen        nicht gewohnt ist, über sich selbst zu
nete Notrecht sogar «mega genossen»,          Jugendnetzwerk IYN von terre des hom-     reden. Genug Geld zum Leben und für
erzählt sie: «Alles wurde runtergefah-        mes schweiz. Zudem ist er kürzlich zum    seine Ausbildung haben ist ein wich-
ren, ich hatte Zeit für mich und für mei-     Mitglied im Jugend-Beratungsgremium       tiges Thema für ihn, doch möchte er
ne Interessen. Es hatte viel Sonne und        für den UNO-Bevölkerungsfonds UNFPA       dazu nicht in die Details gehen. Und
ich war oft in meinem Gärtli.» Jaël hegt      in Tansania erkoren worden.               auch bei den weiteren «Herausforde-
und pflegt rund 40 Pflanzen auf ihrem                                                   rungen und Schwierigkeiten», denen er
Balkon. Sie isst wenig Fleisch, kauft re-     Frank, dessen Eltern früh an Aids star-   im vergangenen Jahr begegnet sei,
gional, saisonal und Bio ein, sofern es       ben, weiss zwar über die sozialen Me-     bleibt er beim Allgemeinen. Doch einen
ihr Budget zulässt. Und sie koche gerne       dien von der tödlichen Gefahr, die vom    grossen Traum habe er, sagt Frank
mit Rohwaren, sagt sie: «Ich interessiere     virulenten Virus ausgeht – auch wenn      Deus selbstbewusst: «Ich will Advoca-
mich sehr dafür, woher unser Essen            der tansanische Präsident sie hartnäck-   cy-Arbeit und Community-Projektma-
kommt und wie es produziert und wei-          ig bagatellisiert. Doch sei in seinem     nagement studieren, damit ich einen
terverarbeitet wird.»                         Umfeld niemand an Covid-19 erkrankt,      Beitrag leisten kann an ein besseres Le-
                                              erzählt er über den digitalen Messen-     ben für die Menschen in der Gemeinde.»
Vorläufig kein Ende in Sicht                  gerdienst. Gleichzeitig weiss er von      Anna Wegelin
Jetzt, vor einer möglichen dritten Wel-       Mädchen, die nicht mehr in den Un-
le, verspürt sie dagegen «eine grosse Un-     terricht kommen, weil sie im strikten
gewissheit»: «Alle meine Pläne haben          Lockdown schwanger wurden, als die        > Jaël Hartmann und Frank Deus im Profil:
sich nach hinten verschoben. Meinen           Schulen geschlossen waren.                  www.terredeshommesschweiz.ch/youths-and-corona
Teilzeitjob als Barista in einer Café-Bar
habe ich verloren und ins Modern Dan-         Was beschäftigt den sympathischen jun-    > Die Originalstudie «#CovidUnder19»:
ce kann ich auch nicht mehr gehen.»           gen Mann? «Ich vermisse meine Ge-           www.terredeshommesschweiz.ch/corona
Auch sei es noch schwieriger geworden,
Freund*innen zu treffen. Man gehe
kaum mehr nach draussen, sei viel
drinnen und oft alleine. «Das kann ei-
nem schon ein wenig aufs Gemüt schla-
gen», sagt sie. «Viele fühlen sich verlo-
ren und es ist einfach stressig, dass vor-
läufig kein Ende in Sicht ist. Corona
kann einen wirklich sehr einschrän-
ken.» Die ständig wechselnden und
manchmal verwirrlichen Informatio-
nen und Verordnungen der Behörden
würden sie oft etwas ratlos zurücklassen.
                                                                                                 «Ich will Advocacy-
Dennoch gehe es ihr im Vergleich zu                                                              Arbeit studieren.»
Anderen «ganz gut», fügt Jaël an. Die
                                                                                                 Frank Deus, 20, aus Tansania
schwierige Situation für Restaurants
mache sie sehr betroffen. Eine wirt-
                                                                                                               Foto Afrisana Productions, Mwanza
schaftliche Notlage in der Schweiz sei
für viele plötzlich brutale Realität: «Ich
frage mich: Was ist wichtig? Wo müs-
sen wir hinschauen und was können
wir dagegen tun?» Die globalisierte Welt
sei ohnehin ein «Riesen-Chaos», meint
sie. «Man ist mega connected und
gleichzeitig ist diese Verknüpfung ir-
gendwie ins Stocken geraten.» Mit Co-
rona habe sich der gesellschaftliche
Graben nochmals verstärkt.

Was Frank aus Mwanza beschäftigt
Derweil hat Frank Deus aus Tansania
ganz andere Sorgen. Der 20-Jährige lebt
in Mwanza im Nordwesten des ostafri-
kanischen Landes. Frank engagiert sich                                                        www.geschenkspende.ch
in einem Partnerprojekt für die Gesund-

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 2021                                                                                                  9
Südafrika Überleben mit LifeLine Shutdown Wie Jugendliche mit Corona umgehen - Nr. 1 | März 2021 - terre des hommes schweiz
GUTES TUN

                                                                  Spenden,
                                                                  die von Herzen
                                                                  kommen

                                                                                                                      Foto istock

Jeder Anlass, ob freudiger oder trauriger Natur, ist eine Möglichkeit, um Gutes zu tun und damit Kin-
der und Jugendliche in Afrika und Lateinamerika zu unterstützen. Gemeinsam mit unseren Partner-
organisationen in zehn Ländern setzen wir uns seit über 60 Jahren für bessere Lebensbedingungen
von Kindern und Jugendlichen ein.

Spenden statt Geschenke:                  Spenden im Trauerfall:                       Sammelaktionen:
Das Glück teilen                          Ein Zeichen der Hoffnung setzen              Gemeinsam für eine gute Sache
Corona und die damit verbundenen          Anstelle von Blumenspenden wün-              Sie möchten als Gruppe Gutes tun? Es
Massnahmen prägen unseren Alltag.         schen sich viele Trauerfamilien, dass        gibt unzählige Arten, solidarisch zu sein
Doch das Leben geht weiter: Kinder        man wohltätige Institutionen begüns-         und gemeinsam für eine gute Sache ein-
werden geboren, Menschen heiraten,        tigt. So kann selbst in Zeiten der Trau-     zustehen. Starten Sie mit Ihren Freund*-
feiern Geburtstage und Jubiläen, wer-     er ein Zeichen der Hoffnung gesetzt          innen, Ihrer Familie oder Ihrer Schul-
den pensioniert. Viele verspüren in       werden.                                      klasse eine eigene Spendenaktion. Or-
diesen Augenblicken eine grosse Dank-          Damit wir die Trauerspenden kor-        ganisieren Sie, sobald es wieder mög-
barkeit und den Wunsch, die Menschen      rekt zuordnen können, bitten wir die         lich ist, einen Spendenlauf oder einen
zu unterstützen, die auf der Schatten-    Trauerfamilie, in der Todesanzeige un-       Flohmarkt. Verkaufen Sie zum Beispiel
seite des Lebens stehen. Wenn Sie alles   ser Spendenkonto anzugeben. Wir emp-         Kuchen, Schoggitaler oder Post-its mit
haben und von Ihrem Glück ein wenig       fehlen den Spendenden, den Namen             dem Logo von terre des hommes
teilen möchten, bitten Sie Ihre Liebs-    der oder des Verstorbenen im Mittei-         schweiz. Damit ermöglichen Sie Kin-
ten um Spenden statt Geschenke.           lungsfeld anzugeben. Jede Spende wird        dern und Jugendlichen in Afrika und
     So verbinden Sie Ihr persönliches    persönlich verdankt. Die Trauerfamilie       Lateinamerika eine bessere Zukunft.
Ereignis für den guten Zweck. Für die     erhält zudem für die eigene Verdan-              Nehmen Sie mit uns Kontakt auf:
korrekte Zuordnung der Spende ist es      kung eine Liste der Spender*innen in-        Gerne stellen wir Ihnen kostenlos ei-
wichtig, dass die Spendenden im Mit-      klusive Gesamtsumme der eingegange-          ne Spendenkasse, Schoggitaler oder
teilungsfeld den Anlass und den Namen     nen Spenden (aus Datenschutzgründen          Post-its und Informationsmaterial zur
der oder des Beschenkten vermerken.       ohne Einzelbeiträge).                        Verfügung.

 Haben Sie Fragen oder möchten Sie ein bestimmtes Projekt unterstützen? Wir sind gerne für Sie da: Telefon 061 338 91 38
 oder info@terredeshommes.ch / IBAN CH18 0900 0000 4000 0260 2

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BÄRLAUCH-ERDNUSS-PESTO

                                                                                                                               Foto Lukas Lienhard, AT Verlag
«Obwohl ich eigentlich Bärlauch gar nicht mag und
eine Zeitlang aus meiner Küche verbannt habe, hat
mich dieses Pesto meines Sous-Chefs Fabian mit dem
Waldknoblauch versöhnt. Wenn der Bärlauch blan-
chiert wird, ist sein Aroma weniger dominant und in
Verbindung mit den Erdnüssen sogar ziemlich char-
mant.» Tanja Grandits

Zutaten

100 g junger Bärlauch, gewaschen
100 ml Olivenöl
100 ml Rapsöl
100 g Erdnüsse, geröstet und gehackt
Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle

1. Den Bärlauch in Salzwasser ganz kurz blanchieren
und in Eiswasser abschrecken. Gut ausdrücken und
mit den Ölen fein mixen.

2. Die Erdnüsse unterrühren und mit Salz und Pfeffer
abschmecken.

                                                             Wir freuen uns sehr, dass Tanja Grandits auch im 2021 Botschafterin
                                                             von terre des hommes schweiz ist! Die innovative Spitzenköchin mit
                                                             Weltsicht unterstützt das Projekt «Zukunftsperspektiven für Mädchen
> Das neue Kochbuch von Tanja Grandits mit persönlicher      und junge Frauen» unserer Partnerorganisation EBLI in Tansania.
  Signatur bestellen und ihr Engagement für unser Projekt
  für Teenagermütter in Tansania unterstützen.              > www.terredeshommesschweiz.ch/teenagermuetter
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                                                                                Setzen Sie ein Zeichen!
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                                                                                   a m it G le ic h s t ellung
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magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 2021                                                                                            11
NACHGEFRAGT

                                                                                                                    Foto Samuel Rink

Jeyani Thiyagaraja (30 im Februar), seit einem Jahr in Basel und inzwischen als Flüchtling anerkannt: «Ich komme ur-
sprünglich aus Sri Lanka. Dort habe ich meinen Bachelor gemacht und in internationalen Organisationen gearbeitet. An
einem neuen Ort Fuss zu fassen ist eine grosse Herausforderung. Ich musste eine neue Sprache lernen, neue Kontakte
knüpfen und mich an die Bräuche anpassen.

Das MePower-Projekt von terre des hommes schweiz ist ein Treffpunkt, in dem ich mich einmal im Monat mit anderen
Migrant*innen austauschen kann. Zweimal im Jahr organisieren wir einen mehrtägigen Workshop zu einem spezifischen
Thema, zum Beispiel Integration. Wir kommen alle von einem anderen Ort und haben unsere eigenen Werte und Vorstel-
lungen. Trotzdem spüre ich einen enormen Respekt unter uns. MePower macht mich selbstbewusster. Ich habe wichtige
Freundschaften geschlossen und kann meine Persönlichkeit in einem sicheren Rahmen weiterentwickeln.

Momentan lerne ich Deutsch auf Niveau B2, damit ich später an der Uni den Master in Sozialer Arbeit machen kann.

Ich weiss, dass ich die Welt nicht alleine verändern kann. Doch ich will mit all meinen Mitteln für soziale Gerechtigkeit ein-
stehen und vor allem Frauen ermutigen, ihre Anliegen auszusprechen. Ich will weiterhin mutig sein und als gutes Vorbild
andere Menschen dazu befähigen, das zu sagen, was ihnen wichtig ist.» Aufgezeichnet von Till Blaser

> MePower-Projekt für junge Menschen mit Fluchthintergrund:
  www.terredeshommesschweiz.ch/mepower

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