Südostasien: Brennpunkt der Grossmachtrivalität - Center for ...
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CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 277, Februar 2021 Südostasien: Brennpunkt der Grossmachtrivalität In Südostasien fordert die aufstrebende Grossmacht China die Vormachtstellung der USA heraus, die an ihrer Führungsrolle in der Region festhalten. Zwar sind sich die Länder Südostasiens einig, dass der Grossmachtkonflikt ihnen einzeln und als Region schadet, trotzdem suchen sie in Reaktion auf den kleiner werdenden Spielraum vor allem punktuelle, länderspezifische Lösungen. Von Linda Maduz und Simon Stocker Der sich zuspitzende amerikanisch-chine- sische Konflikt manifestiert sich in Südost- asien in aller Deutlichkeit. China und die USA verfolgen unvereinbare Ziele und Ordnungsvorstellungen und sehen sich als potenzielle militärische Gegner. Im Wett- bewerb um Einfluss in den Ländern der Region spielen nicht nur Sicherheits- und Handelspolitik, sondern auch Technolo- gie- und Infrastrukturpolitik eine zuneh- mend wichtige Rolle. Diese unterschiedli- chen Politikfelder sind fortschreitend eng miteinander verknüpft. Der neue US-Präsident Joe Biden trifft auf ein Südostasien, das sich über die letzten Jahre wirtschaftlich stark nach China aus- gerichtet hat, aber nach wie vor auf die Regierungsoberhäupter der ASEAN-Staaten nehmen im November 2020 in virtueller Form am USA als wichtigen strategischen Partner 37. ASEAN-Gipfel teil. Nguyen Huy Kham / Reuters setzt. Die US-amerikanische Asienpolitik war während der vergangenen US-Präsi- dentschaften alles andere als gradlinig. Zu den ersten Amtshandlungen von Bidens Die Machtverschiebung in Südostasien wie bisher die Beziehungen zu China und Vorgänger, Donald Trump, gehörte zum birgt Risiken für die Stabilität in der Regi- den USA parallel vorantreiben. Beispiel der formelle Rückzug der USA on. Während sich die Wirtschaftsordnung aus dem transpazifischen Handelsabkom- Südostasiens immer mehr nach China hin Dies fordert die Länder der Region einzeln, men (TPP), einer Errungenschaft der Ob- orientiert, bleibt die Sicherheitsordnung aber auch als Kollektiv heraus. Sie teilen ein ama-Präsidentschaft. China hingegen auf absehbare Zeit US-dominiert. Im im- starkes Interesse an einer regelbasierten konnte seine Position in der Region mer offener ausgetragenen Grossmacht- Ordnung, die sie als Grundlage für Frieden, schrittweise stärken und ist heute die do- konflikt sind die südostasiatischen Länder Stabilität und Wirtschaftswachstum sehen. minierende Handelsmacht und wichtiger (siehe Karte) vermehrt mit Entscheidungs- Chinas Expansionswille, der im vergange- Kapitalexporteur. zwängen konfrontiert und können nicht nen Jahrzehnt unter anderem zahlreiche © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich 1
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 277, Februar 2021 Konflikte im Südchinesischen Meer ge- Die Rolle der EU schürt hat, aber auch das unilaterale Vorge- hen der USA während der Trump-Präsi- Die EU hat bis jetzt noch keine Strategie für Südostasien verabschiedet. Aufgrund der gegenseiti- dentschaft, liefen diesem Interesse zuwider. gen wirtschaftlichen Abhängigkeit sowie dem gemeinsamen Interesse an einer regelbasierten Obwohl der Verband Südostasiatischer internationalen Ordnung scheint ein europäisches Engagement immer notwendiger. Als erstes EU-Mitglied hat Frankreich 2019 eine eigene Strategie vorgelegt. Da Paris über Territorien in der Nationen (ASEAN) eine etablierte, ge- Region verfügt, stehen hier auch direkte nationale Interessen im Vordergrund. In diesem Kontext meinsame Plattform bietet, suchen die betont Frankreich strategische Partnerschaften mit örtlichen Akteuren und Rüstungsexporte. Im Länder im Ringen auf eine Antwort auf die letzten Herbst haben auch Deutschland und die Niederlande eigene Strategiepapiere für die Grossmachtrivalität vermehrt länderspezi- Region vorgelegt. Beide betonen, dass eine Zuschauerrolle für die EU unvorteilhaft wäre. fische Lösungen oder Partnerschaften mit Der Begriff «Indo-Pazifik» hat keine klare Definition und dies könnte eine Chance für die EU sein, Ländern ausserhalb der Region. Im Fokus mit einem eigenen Vorgehen als gestaltende Kraft aufzutreten. Da die US-amerikanische stehen dabei Australien, Indien, Japan und FOIP-Politik primär auf eine Eindämmung Chinas zielt, war es für die EU deshalb nie eine Option, zunehmend auch potenzielle europäische dem amerikanischen Kurs zu folgen. Aufgrund zunehmend gewichtiger Differenzen zwischen Partner. Brüssel und Peking scheint eine Strategie der Äquidistanz für die EU aber auch keine Option. Die EU wird deshalb einen eigenen Ansatz vorlegen müssen. Ein Fokus könnten hier Bereiche sein, die von anderen Akteuren nicht als prioritär gesehen werden wie etwa die Klimapolitik. Frankreich US-Asienpolitik: quo vadis? wird wohl spätestens während seiner Ratspräsidentschaft 2022 das Thema auf die Agenda setzten. Die Trump-Präsidentschaft schwächte den amerikanischen Einfluss in Südostasien und das Vertrauen der Länder in die Füh- rungsrolle der USA. Das von Trump im Ja- nuar 2017 versenkte Freihandelsabkom- men TPP war das Kernstück des «Pivot to Handelskonflikt entwickelte sich schnell in zum wichtigen Kreditgeber geworden. Die Asia» – der strategischen Hinwendung der eine multidimensionale strategische Rivali- Verschuldung Kambodschas und Laos’ be- USA zum asiatisch-pazifischen Raum, die tät zwischen den USA und China, in der trägt heute über 25 Prozent ihrer Wirt- sein Vorgänger Barack Obama seit 2011 beide Grossmächte versuchen, auf Dritt- schaftsleistung. angestrebt hatte. Anders als Obama blieb länder Einfluss zu nehmen. Der neue pro- Trump hochrangigen Gipfeltreffen der tektionistische Kurs erhält ebenfalls breite Chinas Vorgehen in Südostasien kenn- ASEAN weitestgehend fern. Handelspart- Unterstützung und könnte Biden hinsicht- zeichnet sich durch eine Mischung aus Ex- nern mit einem Handelsbilanzüberschuss lich Verhandlung und Abschluss von Frei- pansionswillen und Streben nach Sicher- wie Vietnam, Malaysia, Thailand und In- handelsabkommen, die gerade auch in Süd- heit durch stabile Partnerschaften. Die donesien drohte er mit Strafzöllen. ostasien zunehmend von geopolitischer Geopolitik Chinas des 21. Jahrhunderts Bedeutung sind, die Hände binden. orientiert sich stark in Richtung Meer. Zu Anders als in der Handelspolitik zeichnen wirtschaftlichen Aspekten kommen Si- sich die Beziehungen der USA mit Süd- Von den USA unter Biden wird erwartet, cherheitsprioritäten hinzu. Seit 2012 hat ostasien im Bereich der Sicherheits- und dass sie auf den multilateralen Pfad zu- Peking das Ziel, eine Grossmacht auf See Militärzusammenarbeit durch grössere rückkehren und versuchen, wieder eine zu werden und verfügt heute zahlenmässig Kontinuität aus. Seit dem Zweiten Welt- Führungsrolle in internationalen Politik- über die grösste Marine der Welt. China krieg stellen die USA mit ihren bilateralen bereichen wie der Klimapolitik oder der erhebt im Südchinesischen Meer histori- Partnerschaften die Sicherheitsarchitektur globalen Gesundheitspolitik einschliess- sche Gebietsansprüche. Obwohl diese in Südost- und Nordostasien. Als US-Alli- lich der Coronavirus-Pandemie zu über- 2016 vom Haager Schiedsgericht im Fall ierte sind die Philippinen und Thailand nehmen – eine Rolle, die unter Trump Philippinen gegen China als unrechtmä- Teil dieser Architektur. Ihre Anfang der auch in Südostasien vermisst wurde. Bi- ssig zurückgewiesen wurden, schafft China 1950er-Jahre abgeschlossenen formellen dens Regierung wird in allen Bereichen anhand von Seemanövern, künstlichen In- Verteidigungsbündnisse mit den USA sind und insbesondere auch mit Blick auf China seln und Verwaltungsordnungen entspre- allerdings weniger umfassend und zentral wieder vermehrt die Zusammenarbeit mit chende Fakten. Den resultierenden Kon- als diejenigen von Australien, Japan und alten und neuen Partnern in allen Weltre- flikt mit Brunei, Indonesien, Malaysia, den Südkorea. Mit Singapur unterhalten die gionen suchen. Philippinen und Vietnam nimmt es dabei USA ebenfalls eine jahrzehntealte, vertief- in Kauf. China sieht das Südchinesische te Sicherheitskooperation, die sie unter an- China zementiert seine Macht Meer als seine Einflusssphäre und weist die derem mit jährlichen gemeinsamen Mili- Mit dem Abschluss des Freihandelsab- von den USA angeführte Forderung nach tärübungen pflegen. kommen RCEP Ende 2020 ist China ein Freiheit der Schifffahrt im Südchinesi- Coup gelungen. Die Schaffung der bisher schen Meer forsch zurück. Der neue US-Präsident hat fortan die Auf- grössten Freihandelszone der Welt um- gabe, die USA in einem internationalen po- fasst alle zehn ASEAN-Länder, China, Hinter der 2013 lancierten Belt and Road litischen Umfeld zu positionieren, das Japan und Südkorea. China war bereits zu- Initiative (BRI) stand für China ursprüng- durch starke geopolitische Verschiebungen vor der wichtigste Handelspartner der lich auch die geostrategische Überlegung, und das disruptive Verhalten seines Vor- ASEAN und umgekehrt. Zwischen 2010 den Konflikten in Südostasien und insbe- gängers geprägt ist, und muss dabei neuen und 2017 haben sich die chinesischen Di- sondere der Rivalität mit den USA ein Prioritäten gerecht werden. China wird in rektinvestitionen im ASEAN-Raum fast stückweit auszuweichen und nach Westen den USA parteiübergreifend als strategi- verdreifacht, blieben aber hinter den aus zu expandieren. In der Zwischenzeit hat scher Konkurrent gesehen und seit 2017 in ASEAN-Ländern und Japan getätigten sich die BRI aber zum globalen Investi- offiziellen US-Strategiepapieren als solcher Investitionen zurück. Gerade für die klei- tions- und Infrastrukturprogramm ent bezeichnet. Der von Trump angestossene neren Länder Südostasiens ist China auch wickelt. Mit der BRI und weiteren © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich 2
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 277, Februar 2021 Kooperationsinitiativen, die China seit der Südostasien im Spannungsfeld Machtübernahme Xi Jinpings 2012 ver- mehrt ergreift, intensiviert China seine wirtschaftlichen und politischen Bezie- hungen sowohl weltweit als auch in der Region. Zu solchen für Südostasien wich- tigen Kooperationsformaten gehören etwa die Asiatische Infrastruktur-Investitions- bank oder die Lancang-Mekong-Koope- ration. (siehe CSS Analyse 272) Druck auf Südostasien steigt Obwohl Trump Südostasien nicht dieselbe Beachtung schenkte wie Obama, versuchte er, der wachsenden strategischen Bedeu- tung Südostasiens im amerikanisch-chine- sischen Konflikt Rechnung zu tragen und lancierte eine Reihe von Initiativen. Mit der seit 2017 propagierten, amerikanischen Version des Free and Open Indo-Pacific (FOIP) bekräftigen die USA ihr regionales Engagement. Im Rahmen der FOIP-Poli- tik verstärkten die USA ihre Bemühungen in der Sicherheitszusammenarbeit. Kon- kret ging es dabei um die Wiederbelebung des 2007 initiierten multilateralen Sicher- heitsdialogs mit Australien, Indien und Ja- pan sowie der Intensivierung von Freedom- of-Navigation-Operationen im Südchine- sischen Meer. Die USA versuchen auch mit Initiativen in der Entwicklungszusam- stark von chinesischen Investitionen, Hilfs- mit China bei zahlreichen BRI-Projekten. menarbeit, Infrastrukturfinanzierung und geldern und diplomatischer Unterstützung Auch wenn die USA und Thailand noch Technologieausbau dem Einfluss Chinas ab, sollten aber nicht als Satellitenstaaten regelmässig Militärübungen durchführen, zu begegnen. Pekings erachtet werden. Auch sie verfügen die Strukturen der Streitkräfte gut aufein- über Absicherungsstrategien gegenüber ander abgestimmt sind und der Luftstütz- Die Länder Südostasiens sind zunehmend China. So liess 2011 der damalige Präsident punkt U-Tapao ein wichtiger Knotenpunkt in der Zwickmühle. Chinas Expansion im Myanmars, Thein Sein, die Arbeiten an für die USA in der Region ist, scheint Südchinesischen Meer führt zu einer Zu- dem von China vorgeschlagenen Myitsone- Thailand für die USA längst kein Vorzei- spitzung von Territorialkonflikten. Die Staudamm aufgrund grossen gesellschaftli- gealliierter mehr zu sein. Gleichzeitig wachsende wirtschaftliche Abhängigkeit chen Drucks einstellen. Trotz geringerem macht sich in Thailand aufgrund verzöger- Südostasiens von China schürt ter BRI-Projekte zunehmendes Misstrau- Befürchtungen, dass China ver- Die Länder Südostasiens sind en gegenüber China breit. suchen wird, mit seinem öko- nomischen Gewicht auch die zunehmend in der Zwickmühle. Stärkere «Hedger» sicherheitspolitische Ordnung Der philippinische Präsident Rodrigo Du- der Region neu zu formieren. Aber auch geopolitischem Gewicht dürften daher terte hat letztes Jahr zwar das Besuchsrecht der konfrontative Kurs der USA gegenüber auch Kambodscha und Laos künftig in der für US-amerikanische Truppen suspen- China und Versuche, südostasiatische Alli- Lage sein, auf ähnliche Weise schwierigen diert und betonte in der Vergangenheit, ierte und Partner – etwa mit der gegen Hu- Entscheidungen aus dem Weg zu gehen – eine engere militärische Kooperation mit awei gerichteten 5G-Clean-Network-Initi- zum Beispiel mit Blick auf Chinas viel kri- China anstreben zu wollen. Fachleute ge- ative – auf ihre Seite zu ziehen, sind nicht tisierten Mekong-Staudammprojekte. hen aber davon aus, dass dies kein langfris- im Sinne jener Länder. Überdies geht die tiger Trend sein dürfte und sich das Land amerikanische FOIP-Politik bisher nur Die beiden US-Verbündeten Thailand und nach dem Ende von Dutertes Amtszeit bedingt auf die realen Bedürfnisse der je- die Philippinen haben sich zuletzt stärker 2022 auf eine weniger China-freundliche weiligen Staaten Südostasiens ein. China zugewandt. Thailand war nach dem Linie begeben wird. Dann dürften auch die Kalten Krieg Hauptpartner Washingtons Streitigkeiten um die Grenzziehungen im Schwächere «Hedger» in der Region. Nach dem Militärputsch Südchinesischen Meer wieder zunehmen. Die Länder Südostasiens positionieren sich 2014 verschlechterten sich die Beziehun- im Spannungsfeld der beiden Grossmächte gen zu den USA und Thailand schloss Indonesien, Singapur, Vietnam und bis- unterschiedlich. Deutlich sichtbar ist der mehrere Rüstungsgeschäfte mit China ab, weilen auch Malaysia versuchen, möglichst chinesische Einfluss in den südostasiati- einschliesslich eines Ankaufs von drei U- selbständige Positionen zwischen den USA schen Festlandstaaten Laos, Kambodscha Booten. Die Militärjunta sieht in China und China zu finden. Dabei nehmen sie und Myanmar. Diese Länder hängen zwar einen zuverlässigen Partner und kooperiert auch punktuell Konflikte in Kauf. Trotz © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich 3
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 277, Februar 2021 starken Handels- und Investitionsbezie- ASEAN-Staaten China, Japan und Südko- distanzstrategie ist die Region in den hungen zu China suchen diese Länder ver- rea dazu, bei ASEAN+6 zusätzlich Austra- letzten Jahren gut gefahren. Ebenso könnte mehrt die diplomatische und militärische lien, Indien und Neuseeland. Trotz zahlrei- ein verstärktes europäisches Engagement Zusammenarbeit mit den USA und ande- cher diplomatischer Foren stellt der interessant werden (siehe Infobox). Es stellt ren externen Akteuren wie sich aber auch die Frage, ob die ASEAN Australien, Indien oder Japan. Nach wie vor sehen die die Grenzen der regionalen Kooperation Diesen Ländern bereitet das nicht bereits erreicht hat. ASEAN hatte in vermehrt konfrontative Auftre- ASEAN-Länder China als ihren der Vergangenheit Mühe bekundet, weitere ten Chinas im Südchinesischen wichtigsten Wirtschaftspartner Integrationsschritte zu gehen. Dies galt Meer sowie der wachsende lange als Stärke der Organisation, denn so wirtschaftliche Einfluss grosse und die USA als bedeutenden konnten Konflikte vermieden werden. Chi- Sorgen. Malaysias ehemaliger Sicherheitsgaranten. nas wachsender Einfluss scheint ASEAN langjähriger Premierminister aber zunehmend zu lähmen. Mahathir Mohamad führte 2018 sogar Wiederaufstieg Chinas für die Einigkeit eine erfolgreiche Wahlkampagne, in der er der ASEAN eine grosse Herausforderung Auswege aus der Zwickmühle den chinesischen Einfluss kritisierte. Er dar, der nicht nur die Beziehung der Die südostasiatischen Länder versuchen im strich anschliessend auch ein als zu kost- ASEAN-Staaten mit China verändert, son- Spannungsfeld der amerikanisch-chinesi- spielig taxiertes 20 Milliarden USD schwe- dern auch die Beziehungen der ASEAN- schen Rivalität individuell und als Region res BRI-Eisenbahnprojekt. Nach Neuver- Staaten untereinander. mit verschiedenen Strategien ihre Interes- handlungen reduzierten sich die Kosten sen zu wahren. Tiefere Lohnkosten und für Malaysia um einen Drittel. Indonesien In wichtigen Bereichen der ASEAN-Zu- eine vorteilhafte Altersstruktur ermögli- zeigt sich ebenfalls immer geschickter im sammenarbeit bietet sich China als natür- chen den ASEAN-Staaten in Zusammen- Umgang mit China. licher Partner an. Gemäss dem G20 Global arbeit mit anderen Ländern die wirtschaft- Infrastructure Outlook klafft in Südostasien liche Abhängigkeit von China zu reduzie- Indonesien, Vietnam und Malaysia haben bis 2040 eine 600 Milliarden USD grosse ren. Chinas teilweise konfrontatives Auf- auch begonnen, ihre Marine und Küsten- Finanzierungslücke im Bereich der Infra- treten bietet auch den USA die Möglichkeit, wachen weiterzuentwickeln und ihre Ab- struktur. BRI-Projekte dürften die Vernet- sich stärker zu engagieren und Partner- schreckungsfähigkeiten zu stärken. Für den zung in der Region verbessern und als schaften substanziell zu vertiefen. Auch indonesischen Präsidenten Joko Widodo Grundlage für weiteres wirtschaftliches Europa kann hier eine Rolle spielen. Die war die Aufrüstung der Seestreitkräfte ein Wachstum dienen. In den Mekong-Staa- ASEAN-Staaten würden indes von einem Eckpfeiler seines Kurses, der die Wahrung ten zeigt sich China auch in der Bildung geschlossenen Auftreten und kohärenter der maritimen Souveränität zum Ziel hat. und Gesundheit aktiv. China will auch in Kommunikation gemeinsamer Interessen Vietnam und bis zu einem gewissen Grad den Bereichen Digitalisierung und Urba- profitieren. In einem ersten Schritt wäre ein auch Singapur weiten ihre strategischen nisierung behilflich sein und unterstützt Dialog zum Umgang mit den Rivalen Chi- Beziehungen mit Indien, Japan und Frank- die ASEAN-Länder mit seiner digitalen na und den USA essenziell. So können die reich aus. So werden die vietnamesischen Seidenstrasseninitiative und dem Bau so- verschiedenen südostasiatischen Interessen U-Boot-Truppen von der indischen Marine genannter «Smart Cities». Diesen Verspre- abgewogen, priorisiert und falsche Bedro- ausgebildet, die mit den gleichen U-Booten chungen steht aber auch die Befürchtung hungswahrnehmungen abgebaut werden operiert. Zudem legen australische und gegenüber, dass die Region zunehmend mit dem Ziel, die Kooperation untereinan- französische Kriegsschiffe regelmässig zum China-zentriert wird und die ASEAN ihre der zu stärken. Auftanken oder Unterhalt in Vietnam an. Zentralität verliert. Gleichzeitig wollen die ASEAN-Länder auch nicht von den USA ASEAN am Limit? bei der Eindämmung Chinas instrumenta- 1967 gegründet, steht die Regionalorgani- lisiert werden und sich etwa zur FOIP be- sation auch heute für den Erhalt einer regel- kennen müssen. Für mehr zur «neuen Seidenstrasse», basierten Ordnung und die Stärkung multi- siehe CSS Themenseite. lateraler Kooperation. Die ASEAN ist auch Nach wie vor sehen die ASEAN-Länder Vermittlerin für Vertrauensbildung zwi- China als ihren wichtigsten Wirtschafts- schen Nicht-Mitgliedstaaten. Dieser inklu- partner und die USA als bedeutenden Si- Linda Maduz ist Senior Researcher am Center for sive Ansatz führt zu einer vielschichtigen cherheitsgaranten. Dazu kommen Japan als Security Studies (CSS) der ETH Zürich. regionalen Sicherheitsarchitektur. Im wichtige Investitionsquelle und Indien als ASEAN Regional Forum tauschen sich 27 vielversprechender Absatzmarkt. Am liebs- Simon Stocker ist Masterstudent am Graduate Länder zu sicherheitsrelevanten Themen ten wünscht man sich das weitere Engage- Institute of International and Development aus. Bei ASEAN+3 kommen zu den zehn ment aller Akteure, denn mit dieser Äqui- Studies (IHEID) in Genf. Die CSS Analysen zur Sicherheitspolitik werden herausgegeben vom Zuletzt erschienene CSS-Analysen: Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Das CSS ist ein Kompetenz- China und die nukleare Rüstungskontrolle Nr. 276 zentrum für schweizerische und internationale Sicherheitspolitik. Jeden Tumult im östlichen Mittelmeerraum Nr. 275 Monat erscheinen zwei Analysen auf Deutsch, Französisch und Englisch. Söldner im Dienst autoritärer Staaten Nr. 274 Die Internetfreiheit auf dem Rückzug Nr. 273 Herausgeber: Julian Kamasa China, multilaterale Banken und Geopolitik Nr. 272 Lektorat: Julian Kamasa, Benno Zogg Manöver von China und Russland im Nahen Osten Nr. 271 Layout und Grafiken: Miriam Dahinden-Ganzoni Feedback und Kommentare: analysen@sipo.gess.ethz.ch © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich Weitere Ausgaben und Abonnement: www.css.ethz.ch/cssanalysen ISSN: 2296-0236; DOI: 10.3929/ethz-b-000464408 4
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