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Business Case Suffizienz Geld verdienen mit Suffizienz? Innovationsforum mit Unternehmern, Forschenden und Behörden
Inhaltsübersicht Suffizienz – utopisch oder notwendig? 04 Wie viel ist genug? 08 Mit Kochgeschirr zu reduziertem Energie- 10 und Wasserverbrauch Kreislaufwirtschaft als Geschäftsmodell 11 Dank Innovation zu neuen Gesellschafts- 12 und Geschäftsmodellen Fazit und Fortsetzung 14 Impressum Titel Business Case Suffizienz Geld verdienen mit Suffizienz? – Innovationsforum mit Unternehmern, Forschenden und Behörden Anlass Swiss Green Economy Symposium 2017 Winterthur, 30.10.2017 Verfasser Christian Schmid Dr. sc. ETH, Dipl. Geogr. Gessica Gambaro M.Sc. Umwelt-Sys. Adresse Intep Integrale Planung GmbH Pfingstweidstrasse 16 CH - 8005 Zürich www.intep.com Kontakt Christian Schmid | schmid@intep.com Gessica Gambaro | gambaro@intep.com Zürich, im Dezember 2017 2 Business Case Suffizienz | Innovationsforum Business Case Suffizienz | Innovationsforum 3
Suffizienz – Globalisierung, Bevölkerungs- und Wirtschafts- wachstum tragen massgeblich zu Klimaer- wärmung und Umweltzerstörung bei, die mit utopisch fortwährender Ressourcenverknappung und ansteigendem CO2-Ausstoss einhergehen. oder 2015 wurde in Anlehnung an das Pariser Klima- abkommen das 2°-Ziel in die Politik der rund 195 Mitgliedstaaten aufgenommen. Mit der Bestrebung, die globale Erderwärmung auf notwendig? höchstens 2°Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen, widerspiegelt das 2°-Ziel eine Obergrenze, jenseits derer nach Erkennt- nissen des Weltklimarates (IPCC) klimabedingte Risiken deutlich zunehmen und die Folgen für einige oder sogar viele Gesellschaften unkon trollierbar zu werden drohen.1 1 IPCC (2014): Climate Change 2014: Synthesis Report. Contribution of Working Groups I, II and III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. 4 Business Case Suffizienz | Innovationsforum Business Case Suffizienz | Innovationsforum 5
Suffizienz – utopisch oder notwendig? Die drei Strategien zu einer nachhaltigen Wirtschaft In der Wirtschaft werden gegenwärtig genügt‘ – vielleicht heisst dieser dritte Energie- und Ressourceneinsparungen Aspekt Suffizienz, ein bisher eher belä- anhand Effizienz- und Konsistenzstra- chelter, für viele unpopulärer Teil einer tegien erzielt, wobei energieeffizientere nachhaltigen Wirtschaftsstrategie. Suffizienz Technologien (z. B. Wärme-Kraft-Kopp- lung) eingesetzt werden und vermehrt auf intep hat sich der Herausforderung Weniger! produzieren und erneuerbare Energien (z. B. Solarstrom) gestellt und die Thematik Suffizienz als konsumieren > das richtige Mass / gesetzt wird. Der als Rebound-Effekt Business Case konkret aufgegriffen. Im Konsistenz das „genug“ finden z. B. durch bekannte Konsumanstieg als Antwort Rahmen des ‚Swiss Green Economy Sym- „Nutzen statt Besitzen“, auf Effizienz-bedingte Kostenersparnisse posiums‘ vom 30. Oktober 2017 initiierte Anders! produzieren > achtsamer Konsum sowie der damit verbundene Anstieg der und organisierte intep das Forum ‚Busi- geschlossene Stoffkreisläufe Güterproduktion neutralisieren jedoch den ness Case Suffizienz‘. Persönlichkeiten aus z. B. durch Erneuerbare Energie, umweltschonenden Effekt dieser Tech- Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher essbare Verpackungen nologiefortschritte. Wissenschaftlichen Verwaltung diskutierten anhand konkre- Arbeiten zufolge müssten zur Erreichung ter Beispiele, wie Unternehmen mit ihren des Klimaziels die globalen Emissionen Kunden und Lieferanten einen Beitrag zur im Jahr 2020 bei höchstens 48 Gigatonnen Suffizienz leisten und ressourcenschonen- CO2-eq. zu liegen kommen.2 Bereits heute de Wertschöpfung gestalten können. stossen wir global rund 49 Gigatonnen CO2-eq. aus und liegen bei etwa 1.2° Cel- Business Case Suffizienz und die ‚Vier E’s‘: sius über vorindustriellen Werten.3 Entrümpelung, Entschleunigung, Entkommerzia lisierung, Entflechtung. Christian Schmid, intep Damit wird unmittelbar deutlich, dass ne- ben den angehenden Bestrebungen in der Energieeffizienz und Transformation zu erneuerbaren Energien noch ein weiterer ausschlaggebender Aspekt benötigt wird, um das Klimaziel dennoch erreichen zu können. ‚Weniger ist mehr‘ oder ‚genug Effizienz Besser! produzieren > gleicher Output mit weniger Naturverbrauch z. B. durch Energiesparlampen, 3-Liter-Autos 2 UNEP (2016): The Emissions Gap Report 2016. United Nations Environment Programme (UNEP), Nairobi. 3 WMO (2017): Provisional WMO Statement on the Status of the Global Climate in 2016. 6 Business Case Suffizienz | Innovationsforum Business Case Suffizienz | Innovationsforum 7
Wie viel ist genug? „Was um Himmels Willen ist Suffizienz?“ Das waren die ersten Gedanken von Tobias spielsweise nach dem subjektiv genügen- den Mass für die Anzahl Computer oder nutzen statt Gerfin, CEO von Kuhn Rikon, als er von für die Wohnfläche gefragt. Die Resultate besitzen intep angefragt wurde, zu diesem Thema weisen darauf hin, dass viele ein gutes Ge- einen Beitrag zu leisten. Das Lexikon klärt auf: Suffizienz bedeutet „ausreichen“ oder fühl dafür haben, wo diese Wohlbefindlich- keitsgrenze liegt.4 Verglichen mit einem genügen „genügen“. als suffizient oder genügsam deklarierten Haushalt liegt das subjektiv genügende Er steht somit für das „richtige Mass“ Mass in Bezug auf Raumtemperatur und und zielt als Nachhaltigkeitsstrategie auf Gerätebenutzung sogar darunter. Die täg richtiges die Veränderung der vorherrschenden liche Duschzeit sowie die Wohnfläche ver- Mass Konsummuster. Vom genügenden Mass fehlen die Suffizienzgrenze aber deutlich. spricht auch Annette Jenny vom WWF Schweiz, die im Rahmen ihrer Disserta Suffizienz repräsentiert aber auch den An- ausreichen tion mit der Frage „how much is enough?“ satz des „Nutzen statt Besitzen“, welcher die Bevölkerung nach ihrem subjektiv sowohl ökonomisch als auch ökologisch genügenden Mass befragte. Dieses Mass (z. B. Auto-Sharing) Mehrwert schaffen zeigt auf, welche Mindest-Ausprägung bei kann. Die so genannte Dematerialisierung umweltrelevanten Verhaltensweisen für kann zu Vereinfachung und Entlastung und die Erhaltung des aktuellen subjektiven damit zur Steigerung der Zufriedenheit Wohlbefindens genügt. Es wurde bei- führen. Wo liegt unser subjektiv genügendes Mass? Annette Jenny, WWF Schweiz „Die Leute können gut unter- scheiden, was sie eigentlich brauchen und was sie tatsäch- lich besitzen.“ Annette Jenny, WWF Schweiz 4 Jenny, A. (2016): Die Entwicklung eines Masses zur Suffizienz: das subjektiv genügende Mass (SGM). 2016, University of Zurich, Philosophische Fakultät. 8 Business Case Suffizienz | Innovationsforum Business Case Suffizienz | Innovationsforum 9
Mit Kochgeschirr zu reduziertem Kreislaufwirtschaft als Geschäftsmodell Energie- und Wasserverbrauch Doch wie zeigt man auf, dass ein gerin- Aus ökonomischer Sicht wären zusätzlich Trotz wirtschaftlichem Wachstum und gerer Konsum auch Spass macht oder Ansätze wie Vermietung oder Repara- einem immer grösseren Sortiment den zumindest bei der Lebensqualität keine tur von Küchenutensilien interessant, Holzkonsum reduzieren: Wie IKEA das Abstriche gemacht werden müssen? Ein was gleichzeitig den Kreislauf erweitert. schaffen könnte, zeigt Lorenz Isler, Susta- Ansatz ist die langjährige Benutzung eines In Ländern wie China, wo sich Kunden inability Manager‘ von IKEA Schweiz auf. Produktes. Indirekt führt das zu gerin- unabhängig der Lebensdauer des Dampf- Dank alternativen Materialien, Effizienz gerem Konsum. Dazu müssen aber erst kochtopfs nach drei Jahren einen neuen und Technologie sei das möglich. Auch langlebige Produkte entwickelt und die bestellen, sind solche Ansätze allerdings aufgrund solcher Ansätze wird IKEA eine produzierenden Unternehmen dies als noch schwierig zu realisieren. Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit Geschäftsmodell langfristig lohnend etab- zugeschrieben.5 liert haben. Tobias Gerfin von Kuhn Rikon Die Langlebigkeit eines Produkts führt im erhielt beispielsweise Briefe von glück- besten Fall zu suffizientem Verhalten beim Neu engagiert sich das Unternehmen im lichen Kunden, die ihren Dampfkochtopf Kunden. Auf Seiten des produzierenden Bereich der Kreislaufwirtschaft, wobei sie seit über 50 Jahren im Einsatz haben. Dies Unternehmens ist dazu oft technologi- rezyklierte Materialien verwendet, mög- freue ihn zwar ausserordentlich aus öko- sche und wissenschaftliche Innovation lichst wenig unterschiedliche und rezyk- logischer Sicht, aus betriebswirtschaftli- gefragt. Im Fall von Kuhn Rikon war dies lierbare Materialien benutzt und schliess- Möbel reparieren oder vermieten. Lorenz Isler, cher Sicht sei dies jedoch bedenklich. mit viel ‚Tüftelarbeit‘ bei der Entwicklung IKEA Schweiz AG lich mit ihrem Kreislauf in Interaktion des Dampfkochtopfs verbunden, inklu- mit Kunden tritt. So können Kunden ihre sive spektakulären Fehlversuchen. Das Möbel, die funktionstüchtig sind aber nicht doppelwandige Kochgeschirr verbraucht mehr gebraucht werden, zurückgeben und gemäss eigenen Angaben im Vergleich zu an Dritte weiterverkaufen. Gegenstände Langlebige Produkte als begünstigender Faktor für Suffizienz. Tobias Gerfin, Kuhn Rikon AG herkömmlichen Kochgeschirren bei redu- können ebenfalls gemeinsam genutzt, zierter Kochzeit 60 % weniger Energie und repariert und vermietet werden. Damit benötigt beim Kochen weniger Wasser. bleiben die Produkte über einen längeren Zeitraum im gleichen Kreislauf. Den Kun- den von IKEA wird damit ermöglicht, auf den Kauf neuer Güter zu verzichten oder „Es braucht neue Geschäfts deren Lebensdauer zu verlängern. modelle, die Miet-oder Leasing systeme einbinden. Das Unter „Kunden setzen den gleichen nehmen Phillips zum Beispiel Dampfkochtopf seit 50 Jahren vermietet Lichtstunden, so hat ein. Das finde ich unglaublich man als Firma plötzlich Interes schön aus ökologischer Sicht, se daran, die Produkte langfris aber ökonomisch ist das nicht.“ tig zu machen.“ 5 GlobeScan/SustainAbility (2017): GlobeScan-SustainAbility Tobias Gerfin, Kuhn Rikon Lorenz Isler, IKEA Survey 2017. Evaluating Progress on Climate Change. 10 Business Case Suffizienz | Innovationsforum Business Case Suffizienz | Innovationsforum 11
Dank Innovation zu neuen Gesellschafts- und Geschäftsmodellen Neue Finanzierungs- und Businessmodelle entste- hen im Zusammenspiel zwischen Unternehmen, Behörden und Konsumenten. Podiumsdiskussion mit den Referierenden. Aufbauend auf Beispielen wie von Kuhn Business Case Suffizienz für bestehende Rikon und IKEA, so Roland Stulz, Bot- Unternehmen greifbar zu machen. Die schafter der 2000-Watt-Gesellschaft, konzernspezifische Förderung von Suffizi- müssen Businessmodelle in der Suffizienz enzverhalten beinhaltet allerdings grosse entwickelt werden. Klimaziele können nur Herausforderungen bezüglich Arbeits in Kombination von Effizienz, Konsistenz sicherung und Wirtschaftlichkeit. und Suffizienz erreicht werden. Oft kommt es zur Vermischung dieser Themen bei In der anschliessenden Diskussion von Nachhaltigkeitsstrategien, wobei Defini- Referenten und Teilnehmern des Forums tionsversuche und Auseinanderhaltung wurde an die Kreativität appelliert, um oft von der eigentlichen Zielsetzung Wertschöpfung trotz Langlebigkeit zu ablenken. Aus diesem Grund sollte stets ermöglichen. Dies erfordert möglicher- „the big picture“, also das grosse Ganze, weise ganz neue Finanzierungs- und betrachtet werden und konzernspezifische Geschäftsmodelle, wobei mit der Lang- Möglichkeiten diskutiert werden, um den lebigkeit einhergehende Umsatzverluste über einen anderen Weg zeitlich versetzt wieder wettgemacht werden. So wäre die Es gilt, Pilotprojekte zu lancieren. Vermietung von Lichtstunden eine Idee, Roland Stulz, 2000-Watt-Gesellschaft wobei ein regelmässiger Umsatz resultiert und gleichzeitig von Langlebigkeit sowie Energieeffizienz profitiert wird. In der Übergangsphase zu suffizienzfördernden Businessmodellen ist jedoch mit einer Finanzierungslücke zu rechnen, die selbst „Wir müssen als Stadt dafür von grossen Firmen wohl nur knapp zu sorgen, dass wir auf der obers- tragen wäre. ten Ebene die Hebel umstellen Rahel Gessler, Co-Leiterin im Geschäfts- (…) und die Ressourcen stärker bereich Energie und Leiterin im Fachbe- besteuert werden, damit sol- reich 2000-Watt-Gesellschaft der Stadt che Businessmodelle rentabler Zürich, betonte bereits in ihrem Referat die notwendige Einbezug der Politik zur werden.“ erfolgreichen Umsetzung neuer Ge- Rahel Gessler, Stadt Zürich „Die Erhaltung von Arbeits schäftsmodelle. Finanzielle Unterstützung soll innovative Businessideen ermöglichen plätzen erscheint mir als einer und antreiben, während Bildung sowie der ganz wichtigen Indikatoren.“ Kampagnen die Bevölkerung auf suffizien- Auf oberster Ebene Hebel umstellen. Roland Stulz, 2000-Watt-Gesellschaft teres Verhalten sensibilisieren. Rahel Gessler, Stadt Zürich 12 Business Case Suffizienz | Innovationsforum Business Case Suffizienz | Innovationsforum 13
Fazit und Fortsetzung Suffizienz als „easy life“-Strategie? Zur genannt und konkrete Business Cases erfolgreichen Einbindung von Suffizienz aufgezeigt. Für eine erfolgreiche Einbin- in der Wirtschaft ist die positive Vermitt- dung von Suffizienz in Unternehmen sind lung dieser Thematik beim Konsumenten spezifisch auf Grösse und Branchenzu Voraussetzung. Zudem wurde im Forum gehörigkeit ausgelegte Finanzierungs- verdeutlicht, dass die Bevölkerung sehr und Businessmodelle zu entwickeln. Es Nachhaltigkeit gut zu unterscheiden vermag, was sie gilt, Wertschöpfungsketten individuell zur Zufriedenheit benötigt und was sie zu überdenken, umzubauen oder neu zu tatsächlich konsumiert. Diese Selbster- gestalten und zugleich Arbeitsplätze zu kenntnis bildet zusammen mit der durch halten oder neue zu generieren. Damit Zufriedenheit „easy life“-Strategie weniger Konsum ermöglichte Entlastung eröffnen sich neue Wege zu den Klima- Arbeitsplatzsicherung und Vereinfachung erste Ansatzpunkte und Energiezielen. suffizientere Kunden zur Entwicklung einer suffizienteren Kundschaft. Diese Herausforderungen haben die Teil- Klimaziele nehmenden animiert, auch über das Forum Zur Erreichung des Klimaziels ist die Zu- hinaus weiter zu denken und insbesondere sammenarbeit zwischen Behörden, Kon- konkrete Ideen zu entwickeln, wie Suffizi- sumenten und Unternehmen zu stärken enzansätze in Wirtschaft und Gesellschaft und die drei Nachhaltigkeitsstrategien Ef- realisiert werden können. intep bleibt fizienz, Konsistenz und Suffizienz sinnvoll weiter dran und wird mit einer Gruppe von zu kombinieren. Es bedarf der ganzheitli- scharf und weit denkenden Persönlich chen Nachhaltigkeitsbetrachtung, wobei keiten aus dem Kreis der Wirtschaft, Wis- auf individueller, gewerkschaftlicher senschaft und Verwaltung ein Whitepaper sowie politischer Ebene wichtige Beiträge erstellen. Dabei soll intensiv diskutiert zu erfüllen sind. werden, welche Massnahmen jenseits reiner Effizienz und Konsistenz wirksam Im Fokus des Forums stand die Her- und erfolgversprechend sind. Es gilt, beste- ausforderung, wie „Geld verdienen“ und hende Pilotprojekte aus unterschiedlichen Arbeitsplatzsicherung mit geringerer Branchen zu identifizieren, neue zu lancie- beziehungsweise anders ausgerichteter ren und daraus Handlungsempfehlungen Produktion und Nachfrage vereinbar zuhanden von Entscheidungsträgern in sind. Ideen und Voraussetzungen wurden Wirtschaft und Politik zu erarbeiten. 14 Business Case Suffizienz | Innovationsforum Business Case Suffizienz | Innovationsforum 15
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