Suizidalität in der Onkologie - Herausforderung und Chance

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Suizidalität in der Onkologie - Herausforderung und Chance
Suizidalität
in der Onkologie
Herausforderung und Chance
Dr. rer. med. Psych. Bianca Senf,
Dr. phil. Jens Fettel, Dr. med. Christiane Gog, M.Sc.,
PD Dr. med. Monika Keller, Paula Maiwurm
                                                                                                               Foto: © freshidea – stock.adobe.com

Einleitung                                     Zahl onkologischer Patienten, die sich sui-    wie belastet sie sich fühlen und welcher
                                               zidieren, ist im Vergleich zur nicht er-       Fortbildungsbedarf besteht.
Herr M. lag mit der Diagnose einer Leukä-      krankten Bevölkerung signifikant erhöht.
mie auf der onkologischen Station eines        Dabei liegt die Dunkelziffer, wie bei Suizi-   Die Krebsdiagnose
Krankenhauses. Er war gerade 72 Jahre alt      den allgemein, vermutlich deutlich über        als kritisches Lebensereignis
geworden und seit 50 Jahren glücklich          den amtlichen Zahlen.
verheiratet. Die Leukämie sei gut behan-       Eine onkologische Erkrankung kann in al-       Die Diagnose Krebs trifft Betroffene oft
delbar, erfuhr der Patient vom behandeln-      len Phasen der Erkrankung und Behand-          überraschend und ist massiv lebensverän-
den Onkologen. Die gesunde und sehr            lung in einer suizidalen Krise münden und      dernd und häufig sehr herausfordernd.
rüstige Ehefrau zeigte sich zuversichtlich     so können behandelnde Ärzte während al-        „Wozu das alles noch? Mein Alltag besteht
und unterstützend. Der Patient selbst          ler Behandlungsphasen, auch nach Ab-           nur noch aus Einschränkungen und
wirkte freundlich, zurückhaltend und für       schluss der akuten Behandlung, mit vagen       Schmerzen! Ich kann einfach nicht mehr!
das Personal eher auffällig „unauffällig“      bis konkreten Suizidgedanken, Suizidver-       Das macht doch alles keinen Sinn!“
und sehr ruhig. Nach dem letzten Rund-         suchen, Suizidhandlungen und dem               Diese und ähnliche Patientenaussagen
gang der Nachtschwester suizidierte sich       Wunsch nach Sterbehilfe konfrontiert           sind häufig. Sie verdeutlichen, dass eine
Herr M., indem er sich die Pulsadern auf-      werden. Welche Faktoren beeinflussen           Krebserkrankung viele Patienten, aber
schnitt. Er wurde von einem Mitpatienten       das Suizidrisiko bei Krebspatienten? Wel-      auch ihr Umfeld in tiefe Verzweiflung stür-
tot aufgefunden.                               che Alarmzeichen senden Suizidgefährde-        zen kann. Dabei kann ein Leiden zu jeder
Suizidalität ist in unserer Gesellschaft bis   te aus? Wie sehen sich onkologisch tätige      Zeit im Verlauf der Behandlung, aber auch
heute ein Tabu-Thema. Mit jährlich über        Ärzte auf diese Herausforderung vorberei-      noch Jahre danach durch die Erkrankung
9.000 Suizidtoten in Deutschland ist der       tet und welche Wünsche an spezifischen         hervorgerufen werden und in einer suizi-
Tod durch Suizid inzwischen höher als die      Fortbildungen werden geäußert?                 dalen Krise münden [2].
Zahl der Todesopfer durch Verkehrsunfäl-       Der folgende Beitrag bietet Antworten          Eine kürzlich veröffentlichte retrospektive
le, Drogen und HIV zusammen [1]. Kon-          auf diese Fragen und referiert Erkenntnis-     Studie mit 8.65 Millionen Krebspatienten
kret bedeutet das: Alle 56 Minuten nimmt       se aus einer großen Online-Befragung, an       in den USA dokumentiert, dass Krebspa-
sich ein Mensch in Deutschland das Le-         der auch 87 Ärztinnen und Ärzte teilnah-       tienten viermal so häufig an einem Suizid
ben. Männer sind dreimal so häufig be-         men. Die referierten Ergebnisse beziehen       sterben wie vergleichbare Personen in der
troffen wie Frauen. Dass Krebspatienten        sich auf die Unterstichprobe der Ärzte. Sie    Allgemeinbevölkerung [3]. Andere Studi-
zu einer Risikogruppe zählen, ist bei der      geben einen Hinweis darauf, wie häufig         en kommen zu ähnlichen Zahlen [4]. Hen-
medialen Fokussierung auf den „Kampf“          onkologisch tätige Ärzte mit dem Thema         son et al., die Daten von 1995–2017 aus-
gegen Krebs vielen Laien, aber auch Be-        Suizidalität in Berührung kommen und wie       werteten, konnten zeigen, dass sich von
handlern nicht bewusst. Dennoch, die           sie ihr Wissen diesbezüglich einschätzen,      4.722.099 Krebspatienten 2.491 suizidier-

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Suizidalität in der Onkologie - Herausforderung und Chance
Fortbildung

ten [5]. Im Vergleich zur Allgemeinbevöl-     mit einem suizidalen Patienten konfron-       Erkennen und Benennen
kerung entspricht dies einem 20 % erhöh-      tiert sehen, rechtzeitig und effektiv Hilfe
ten Risiko. Vergleichbare Studien kommen      zu leisten.                                   Ein aufmerksamer Umgang der behan-
vor allem aus den USA [2, 4, 6], Schweden     Die Häufigkeit der Konfrontation mit sui-     delnden Ärzte mit Patienten erleichtert
[7] und Österreich [8] und liegen für         zidalen Patienten lässt sich bisher nur aus   das Erkennen der oft hohen Belastung von
Deutschland bislang nicht vor.                den Daten zu vollendeten Suiziden er-         onkologischen Patienten und bietet den
Die 33 in der S3-Leitlinie „Psychoonkolo-     schließen. Hinweise darauf, wie häufig        Ansatz für eine erfolgreiche Suizidpräven-
gische Diagnostik, Beratung und Behand-       Ärzte tatsächlich mit der Thematik in Be-     tion. Dabei sind neben einer sorgsamen
lung von erwachsenen Krebspatienten“ zi-      rührung kommen, geben die Ergebnisse          Anamnese die Kenntnis der Risikofakto-
tierten Studien zum Thema Suizidalität        der hier vorgestellten Online-Befragung,      ren, speziell für onkologische Patienten,
zeigen, dass durchschnittlich 14.7 % der      welche Mitarbeiter der Psychoonkologie        bedeutsam. Sie können erste Hinweise auf
onkologischen Patienten Suizidgedanken        der Uniklinik Frankfurt durchführten: Re-     suizidale Krisen geben und bereits im Vor-
hegten (SD=10.2), während die Häufig-         feriert werden an dieser Stelle Ergebnisse    feld von behandelnden Ärzten berück-
keit von Suizidversuchen mit 5.6 %            der Unterstichprobe von 87 teilnehmen-        sichtigt werden.
(SD=9.7) angegeben wird [9]. Weitere          den onkologisch tätigen Ärzten.
Studien belegen die Häufigkeit suizidaler     Hier geben 61 % der Kollegen an, jährlich     Risikofaktoren
Gedanken bei onkologischen Patienten          ein- bis dreimal mit Patienten konfrontiert
[10, 11].                                     zu werden, die Suizidgedanken äußern          Psychische Komorbiditäten: Psychische
                                              oder bei denen suizidale Absichten nahe-      Störungen gelten mit 90 % als einer der
Relevanz für Behandler                        liegen. Weitere 16 % der Ärzte berichten,     zentralen Risikofaktoren für Suizidalität
                                              dass ihnen pro Jahr mehr als dreimal suizi-   [14]. Für die Betreuung onkologischer Pa-
Suizide im onkologischen Alltag sind nach     dale Patienten begegnen. Hingegen muss-       tienten ist dies relevant: Eine Vielzahl von
Annahme vieler Kollegen eher eine Aus-        ten sich bisher 23 % der Ärzte noch nie       internationalen und nationalen Studien
nahme – obwohl verschiedene Arbeiten          mit dieser psychischen Notlage auseinan-      belegt, dass onkologische Patienten im
zeigen, dass Patienten psychosoziale The-     dersetzen. Knapp zwei Drittel der Ärzte       Verlauf der Erkrankung psychische Belas-
men primär mit ihrem Arzt besprechen          (63 %) berichten, von einem tatsächlich       tungen bis hin zu einer manifesten psy-
und sich diejenigen, die einen Suizidver-     erfolgten Suizid eines ihrer Patienten er-    chischen Störung aufweisen [15–16]. Da-
such unternehmen oder sich suizidieren,       fahren zu haben. Die Ergebnisse stützen       bei sind Depression und Angststörungen
vorher an einen Arzt wandten [12, 13].        die Hypothese, dass die Thematik Suizida-     die am häufigsten auftretenden psy-
Suizidalität wird dennoch in der Onkologie    lität für onkologische Behandler relevant     chischen Komorbiditäten onkologischer
oftmals nicht als ein relevantes Problem      ist. Ärzte nehmen, zusätzlich zu ihrer me-    Patienten [17–18].
eingestuft. Die Thematik erscheint vielen     dizinischen Fachkompetenz, eine Schlüs-       Vor dem Hintergrund, dass das Suizidrisiko
als paradox. Gleichzeitig fühlen sich viele   selrolle im Erkennen, Benennen und Beur-      bei depressiv Erkrankten im Vergleich zur
Behandler öfter überfordert, wenn sie sich    teilen der psychischen Notlagen ein [12].     Allgemeinbevölkerung etwa 30-mal höher

 Infobox 1: Impulse für ein Gespräch
 Fragen, die innerhalb eines empathi-             etwas anderes als Ihre Situation und          nen gelernt, die so verzweifelt waren,
 schen, offenen und wertfreien Gesprächs          Probleme zu denken?                           dass sie daran dachten, sich das Leben
 gestellt werden können, um ein Suizidri-     •   Wie ist es momentan mit Ihren Kon-            nehmen zu wollen. Haben Sie in jüngs-
 siko abschätzen zu können:                       takten zu Verwandten und Freunden,            ter Zeit auch manchmal daran
 • Sie scheinen mir sehr bedrückt. Wie            ist das sehr viel weniger geworden?           gedacht, sich das Leben nehmen zu
    sehr fühlen Sie sich denn die letzten     •   Haben Sie noch Interesse daran, was in        wollen?
    Tage auf einer Skala von 0 bis 10 see-        Ihrem Beruf und in Ihrer Umgebung         •   Haben Sie auch daran denken müssen,
    lisch belastet? Die Zahl 10 steht wie         vorgeht? Üben Sie noch Ihre Hobbys            ohne es zu wollen? Ich meine, haben
    bei einer Schmerzskala für den höchs-         aus oder haben Sie dafür gar keine            sich diese Gedanken Ihnen einfach auf-
    ten Grad der Belastung.                       Energie mehr?                                 gedrängt, ohne dass Sie das wollten?
 • Wie denken Sie über Ihre Situation,        •   Haben Sie jemanden, mit dem Sie of-       •   Wie häufig kommen denn diese Ge-
    halten Sie sie für aussichts- und hoff-       fen darüber sprechen können, wie es           danken?
    nungslos?                                     Ihnen tief in Ihrem Inneren geht?         •   Haben Sie denn schon mal konkret da-
 • Können Sie denn zwischendrin auch an       •   Wohnen Sie zusammen mit Familien-             rüber nachgedacht, wie Sie sich das
    etwas Schönes, etwas für Sie Positives        angehörigen oder Bekannten?                   Leben nehmen würden?
    denken oder fällt es Ihnen schwer, an     •   Ich habe im Laufe meiner Berufstätig-     •   Haben Sie denn schon genau geplant
                                                  keit Menschen in Ihrer Situation ken-         und Vorbereitungen getroffen?

                                                                                                  Hessisches Ärzteblatt 4/2020 | 241
Fortbildung

ist [14], ist eine Depression bei onkologi-    Auch das fortgeschrittene Alter ist ein Ri-   sche Praxis zeigt hier, dass fehlende Hoff-
schen Patienten als Indikator für Suizidali-   sikofaktor. Patienten im Alter von über 50    nung, die Krankheit zu überleben, große
tät bedeutsam. Depressivität kann bei          Jahren sollten besondere Aufmerksamkeit       Verzweiflung und Demoralisationsgefühle
Krebspatienten die Wahrscheinlichkeit er-      erfahren [3, 20].                             auslösen kann. Zugleich weisen verschie-
höhen, irgendwann im Verlauf der Erkran-       Ob Menschen alleine leben oder sozial ein-    dene Autoren auf ein erhöhtes Risiko für
kung suizidale Gedanken zu entwickeln          gebunden sind, spielt ebenfalls eine Rolle.   Prostatapatienten hin [21, 24, 25].
und suizidale Absichten zu hegen.              So haben beispielsweise verheiratete Pa-
Etwa 18 % der Patienten leiden Studien         tienten ein weitaus geringeres Suizidrisiko   Prognose
zufolge an einer komorbiden Angststö-          [21, 22].
rung [19]. Spezifische krankheitsbezoge-                                                     Daten aus England zufolge ist das Suizidri-
ne Ängste sind jedoch weitaus häufiger         Tumorentität                                  siko bei prognostisch ungünstigen Tumo-
und beinhalten Ängste vor der Behand-                                                        ren wie beispielsweise Pankreaskarzinom,
lung und deren Folgen, Progredienzängs-        Die Tumorentität ist ein entscheidender       Tumoren der Lunge/ Pleura, Ösophagus
te, Ängste vor Schmerzen und Qualen, vor       Faktor für die Einschätzung des Suizidrisi-   oder des Magens besonders hoch [5].
Einsamkeit oder vor dem Sterben. Ängste        kos. Das höchste Suizidrisiko besteht bei     Auch Fang et al. fanden erhöhte Suizidra-
können bei Patienten emotionale Belas-         Patienten mit Lungenkarzinom. Hier ist zu     ten insbesondere bei Tumoren mit
tungen hervorrufen, die zu lebensmüden         vermuten, dass das häufig rasche Fort-        schlechter Prognose [20].
Gedanken führen können.                        schreiten der Erkrankung, welches prak-
                                               tisch immer mit qualvoller Luftnot einher-    Zeitlicher Verlauf
Demografische Faktoren                         geht, hierfür verantwortlich ist. Einer US-
                                               Studie [22] zufolge beträgt die SMR von       Betrachtet man den zeitlichen Verlauf des
Männliches Geschlecht ist ebenfalls ein        Lungenkrebspatienten 4.17, gefolgt von        Suizidrisikos nach einer Krebsdiagnose, so
bedeutsamer Risikofaktor. In der Studie        Patienten mit kolorekteralem Karzinom         zeigt sich, dass in der ersten Woche nach
von Zaorsky et al. wurden 83 % der Suizi-      (SMR=1.41), Mamma- (SMR=1.40) und             Diagnose das Suizidrisiko 12.6-fach höher
de von Männern ausgeführt [3]. Ober-           Prostatakarzinom (SMR=1.18). Auch an-         war als in der Allgemeinbevölkerung, und
aigner et al. zeigten, dass von 144 Suizi-     dere Studien belegen ein erhöhtes Risiko      auch nach einem Jahr war das Suizidrisiko
den bei Krebspatienten in Tirol 82.6 % von     für Lungenkrebspatienten und Patienten        noch 3.1-fach höher [20].
Männern begangen wurden [8]. Die Stan-         mit Pankreaskarzinom [6, 23]. Pankreas-       Dass eine Krebserkrankung im Kindesalter
dardisierte Mortalitätsrate (SMR) für          karzinompatienten wissen häufig von Be-       auch nach Jahren noch mit Suizidalität und
Männer liegt in dieser Stichprobe bei 2.0,     ginn der Diagnosestellung an, dass sie eine   lebensmüden Gedanken einhergehen
während die für Frauen 1.4 beträgt.            sehr schlechte Prognose haben. Die klini-     kann, zeigt eine Langzeitstudie [26]. So

 Neuauflage:
 Bündnis heilen & helfen gibt Broschüre zur Suizid-Prophylaxe heraus
                                                                                             Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
                                                                                             hat sich zum Ziel gesetzt, die Suizid-Zah-
                                                                                             len bis 2030 um 30 Prozent zu senken.
                                                                                             Um Betroffene auf professionelle Hilfsan-
                                                                                             gebote hinzuweisen sowie Freunden und
                                                                                             Angehörigen Tipps zu geben, hat das
                                                                                             Bündnis der Heilberufe in Hessen die Bro-
                                                                                             schüre im Jahr 2019 herausgegeben, die
                                                                                             jetzt in einer Neuauflage vorliegt.
                                                                                             Niedergelassene Hausärzte und Internis-
                                                                                             ten sowie weitere Ärztinnen und Ärzte
                                                                                             können diesen Flyer zur Auslage in den
                                                                                             Wartezimmern bei der Landesärztekam-
                                                                                             mer Hessen kostenfrei anfordern – per
 Psychische Krankheiten nehmen zu,             verhindern“ möchte das Bündnis                E-Mail bitte an: beate.voelker@laekh.de.
 Depressionen sind längst zu einer Volks-      heilen & helfen, dem auch die Landes-         Informationen sind im Internet unter
 krankheit geworden. Damit steigen             ärztekammer Hessen angehört, dazu             www.heilberufehessen.de         eingestellt,
 auch die Suizid-Zahlen. Mit der Broschü-      beitragen, dass Suizid-Gefahren schnel-       hier kann die Broschüre auch herunter-
 re „- 30 %! Heilen & Helfen – Suizide         ler erkannt werden.                           geladen werden.                      (red)

242 | Hessisches Ärzteblatt 4/2020
Fortbildung

wiesen 12.8 % der Betroffenen suizidale        strategien zur Suizidprophylaxe heraus,        weniger deutliche Hinweise auf ihr Vorha-
Symptome und immerhin 8.4 % lebens-            die in unserem Kontext gleichzeitig einen      ben [12].
müde Gedanken auf. Dies ist möglicher-         Hinweis auf Risikofaktoren geben [28].         Die klinische Erfahrung zeigt, dass Patien-
weise auf die gesundheitlichen Einschrän-      Dies betrifft vor allem den Zugang zu Be-      ten wie aus dem in der Einleitung zitierten
kungen, die die Erkrankung und Behand-         täubungs- und Schmerzmitteln, die Krebs-       Beispiel, die ein sehr ruhiges und ange-
lung mit sich gebracht haben, zurückzu-        patienten vor allem in einem fortgeschrit-     passtes Verhalten zeigen oder die sehr
führen. Darüber hinaus zeigt die klinische     tenen Stadium verschrieben werden. Der         auffällig und fordernd sind, besondere
Praxis, dass Patienten besonders auch          barrierefreie Zugang zu diesen Mitteln gilt    Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
nach Abschluss der Therapie suizidale Ge-      nach der Analyse von Zalsman et al. als Ri-    Besondere Achtsamkeit sollte man zudem
danken haben können.                           sikofaktor bzw. als Möglichkeit der Präven-    bei einem „übersteigerten“ Wunsch nach
So strapaziös für viele Patienten die Be-      tion, wenn hier kein oder zumindest ein        Therapie, einem nicht enden wollenden
handlung auch sein mag, sie bietet auch        kontrollierter Zugang besteht. Das gleiche     Einholen von medizinischen Meinungen,
einen sicheren Rahmen. Viele Patienten         gilt für einen eingeschränkten Zugang zu       einem ständigen Fordern von umfassen-
formulieren es so oder ähnlich: „Es wird       Brücken, höher gelegenen Balkonen oder         den, technischen Untersuchungen entwi-
etwas gemacht, dass mir hilft, die Krank-      nicht gesicherten Fenstern in einer Klinik.    ckeln. Auch Patienten, die vor Beginn der
heit zu überleben“. In diesem Kontext sind                                                    Erkrankung mehr oder weniger regelmä-
Ratschläge wie „leben Sie einfach wie bis-      Hinweis: Die Aufsummierung der Prä-           ßig psychotrope Substanzen eingenom-
her, essen sie gesund, treiben Sie Sport        diktoren allein, die mit einem erhöhten       men haben und/oder psychische Vorer-
und genießen das Leben“ eher sehr verun-        Suizidrisiko einhergehen, ist jedoch          krankungen aufweisen, sind gefährdet.
sichernd und können vulnerable Patienten        nicht ausreichend, um Suizidalität zu         Die Erfahrung zeigt, dass viele Kollegen
in Krisen stürzen. Hinzu kommt, dass viele      diagnostizieren. Vielmehr sollten die         aus dem pflegerischen oder ärztlichen Be-
Patienten erst mit Beendigung der Akut-         einzelnen Faktoren zur Abschätzung            reich ein gutes Gespür für diese gefährde-
therapie beginnen (können), sich mit den        des Suizidrisikos dienen und letztend-        te Patientengruppe haben. Man könnte
psychosozialen Folgeerscheinungen aus-          lich geschulte, erfahrene Onkologen,          dies als ein „implizites“ Wissen beschrei-
einanderzusetzen. Auch werden Beein-            Psychoonkologen und Psychiater in die         ben, das expliziert werden sollte. „Der Pa-
trächtigungen durch die Erkrankung und          Beurteilung und Behandlung einbezo-           tient verhält sich irgendwie komisch, nicht
Behandlung nun sichtbarer und spürbarer.        gen werden.                                   im normalen, bekannten Rahmen. Was ist
„Wie soll es nun weitergehen?“, „Hört das                                                     es genau, was mich hier beunruhigt?“
nochmal auf?“, „Wird das überhaupt noch-       Suizidale Patienten                            Ebenso können zum Beispiel der Wunsch
mal besser?“ Diese Fragen stellen sich vie-                                                   nach Sterbehilfe oder eine Nahrungsver-
len Patienten nach ihrer überstandenen         Dem Gedanken, nicht mehr leben zu wol-         weigerung ein direktes Anzeichen für Sui-
Therapie und drücken oftmals damit aus,        len, begegnet man bei Krebspatienten           zidalität sein [14].
wie verzweifelt und überfordert sie sich       häufig, ohne dass diese tatsächlich als sui-
fühlen. Möglicherweise erklärt dies den        zidal einzustufen sind. Er kann als ein Ver-   Wichtig: Suizidales Verhalten
erneuten Peak des Suizidrisikos nach neun      such verstanden werden, verloren gegan-        ist komplex
Monaten bei Pankreas- und Brustkrebs,          gene Kontrolle über das eigene Leben zu-
der in der Langzeitstudie von Saad et al.      rückzuerlangen: „Wenn alle Stricke reißen      Suizidalität kann über die Zeit schwanken
deutlich wird [6].                             und es nicht mehr erträglich ist, kann ich     und Patienten, die zunächst nur den
                                               meinem Leben selbst ein Ende setzen und        Wunsch nach Ruhe äußern, können plötz-
Arzt-Patienten-Beziehung                       nicht der Krebs.“ Die empathische Explo-       lich akut suizidal werden – zum Beispiel
                                               ration ergibt dann in aller Regel, dass die-   aufgrund der Nachricht eines Progresses
Ausschlaggebend ist ebenso die Arzt-Pa-        ser Gedanke einen Ausweg aus der als           oder einer Diagnose, die medizinisch ge-
tienten-Beziehung. Studien zeigen, dass        kaum erträglich erlebten Situation bietet,     sehen nicht als lebenslimitierend einge-
die Beziehung und Kommunikation von            aber „man“ das niemals tun würde.              stuft, aber von der Patientin/dem Patien-
Ärzten und Patienten ein entscheidender        Wodurch fällt uns eine Patientin/ein Pa-       ten als katastrophal erlebt wird.
Faktor bezüglich des Suizidrisikos ist. Eine   tient auf und welche versteckten Bot-          Die Praxis zeigt, dass aktives Ansprechen
gute Arzt-Patienten-Kommunikation ver-         schaften gibt es? Viele Ängste und falsche     einer vermuteten Suizidalität von den
ringert das Suizidrisiko bei Patienten [27].   Annahmen kursieren: etwa die Annahme,          meisten Patienten als erleichternd erlebt
                                               dass Patienten, die einen Suizid ankündi-      wird und nicht, wie häufig angenommen,
Suizidprophylaxe                               gen, lediglich Aufmerksamkeit möchten          „schlafende Hunde geweckt“ werden.
                                               und sich nicht suizidieren. Das Gegenteil      Durch ein verständnisvolles Gespräch kann
Zugang zu Möglichkeiten, sich zu suizidie-     ist der Fall: (Krebs-)Patienten kündigen in    der subjektiv empfundenen Ausweglosig-
ren: In einer Auswertung von 164 als rele-     aller Regel, wenn auch nicht immer direkt      keit aktiv entgegengewirkt werden. Das
vant eingestuften Publikationen aus den        an, dass sie Gedanken hegen, ihr Leben be-     Gespräch ermöglicht es, anscheinend „Un-
Jahren von 2005 bis 2014 kristallisierten      enden zu wollen: 90–95 % derjenigen, die       aussprechbares“ besprechbar und damit
sich nachweisbar positive Interventions-       Suizidgedanken haben, liefern mehr oder        handhabbar zu machen. Aufgrund ambiva-

                                                                                                   Hessisches Ärzteblatt 4/2020 | 243
Fortbildung

 Infobox 2: Hintergrund für Gespräche
 • Gefühle wertfrei betrachten.              • Ergründen der individuellen Bedeu-              den Patienten mit seiner Not dadurch
 • Vermutung in jedem Fall ansprechen          tung der Suizidvorstellung.                     allein.
   und besprechen, was bisher für den        • Wichtig: Suizidgedanken sind noch             • Bei einem Non-Suizidvertrag besteht
   Patienten nicht an- und aussprechbar        keine Suizid-Absicht.                           die Gefahr, dass sich der Therapeut in
   war.                                      • Lebenswille und der Sterbewunsch                falscher Sicherheit wähnt. Man sollte
 • Aktuelle Suizidgefahr einschätzen.          sollten angesprochen werden.                    sich nicht ausschließlich auf einen sol-
 • Abwehr des Patienten respektieren,        • Eventuell an eine medikamentöse                 chen Vertrag verlassen.
   Grenzen nicht überschreiten.                Therapie denken und besprechen. Ein           • Primär sollte es darum gehen, wie das
 • Erklären, warum man mit dem Patien-         Antidepressivum zu verschreiben, oh-            Leben des Menschen wieder lebens-
   ten über seine Situation sprechen muss.     ne es vorher besprochen zu haben, ist           werter werden kann, und nicht, wie
 • Der Verzweiflung, aber auch der Hoff-       nicht hilfreich und vermindert nicht            man den Suizid verhindern kann.
   nung Raum geben.                            die Suizidgefahr; vielmehr lässt man                                    nach Senf et al. [30]

lenter Verhaltensweisen von suizidalen Pa-   Den persönlichen Kenntnisstand zum              fähig zu sein. Im klinischen Kontext ist die
tienten ist es jedoch nicht immer möglich,   Thema Suizidalität im Allgemeinen               Vernetzung mit der Psychiatrie und im
Suizidalität zu erkennen. Sofern es einen    schätzt fast die Hälfte der Behandler           Falle onkologischer Patienten der Psycho-
Hinweis auf Suizidalität gibt, können wei-   (48 %) als ungenügend ein, bezüglich on-        onkologie besonders entlastend. Damit
tere klärende Fragen folgen (Infobox 1).     kologischer Patienten sind es sogar 53 %.       wird zum einen Sicherheit gegeben und
In der Online-Befragung zeigte sich, dass    Erstaunlicherweise haben 52 % der Ärzte         zugleich einer voreiligen und nicht hilfrei-
im zurückliegenden Jahr 79 % der befrag-     bereits eine psychoonkologische Fortbil-        chen Handlung entgegengewirkt. So kann
ten Ärzte ein Gespräch über Suizidalität     dung durchlaufen. Wissensdefizite schei-        ein übereiltes Hinzuziehen eines Psychia-
mit Patienten führten. Zudem wurde           nen die Identifikation und Diagnostik von       ters einen Patienten tiefer in die Krise ka-
deutlich, dass 74 % der Ärzte ihre Patien-   Suizidalität zu erschweren. Unsicherheit        tapultieren, da sich der Patient womöglich
ten aktiv auf Suizidgedanken ansprachen.     und Mangel an Expertise können sich             sehr gekränkt und entmündigt fühlt. Im
Dabei wurden folgende Situationen als        letztendlich auf eine angemessene Patien-       ambulanten Kontext ist die Vernetzung
Anlass genannt: eigener Verdacht und Ein-    tenversorgung negativ auswirken, da psy-        mit niedergelassenen Psychiatern und
druck des Arztes, vom Patienten geäußer-     chische Belastungen und eventuelle Sui-         dem Sozialpsychiatrischen Dienst beson-
te Todeswünsche, depressive Entwick-         zidgedanken nicht angesprochen werden           ders vorteilhaft und entlastend.
lung, routinemäßig innerhalb der Anam-       [29]. Hilfreiches für ein Gespräch ist in In-
nese, psychische Vorerkrankungen, auf        fobox 2 dargestellt.                            Belastung von Behandlern
Anregung Angehöriger, hohe psychoso-         Neben den Prozessbedingungen (wie zum
ziale und Symptombelastung, schlechte        Beispiel die Expertise) ist das Handeln bei     Der Umgang mit Suizidalität ist herausfor-
Prognose, weit fortgeschrittenes bzw.        Suizidalität stark bestimmt durch die           dernd. Der klinische Alltag zeigt, dass die
präterminales Krankheitsstadium.             Strukturbedingungen der Einrichtung             Thematik bei ärztlichen Behandlern mit
                                             (zum Beispiel genügend Raum und Zeit).          einer deutlichen Belastung einhergehen
Sind wir vorbereitet?                        Im Klinikalltag ist es besonders bedeut-        kann. Auch die Online-Befragung lässt er-
                                             sam, wenn Abläufe und bestimmte Pro-            kennen, dass sich ein Großteil der onkolo-
Das Erkennen suizidaler Patienten erfor-     zesse regeln, wie sich Behandler bei Ver-       gisch tätigen Ärzte durch die Thematik
dert vor allem Wissen, Erfahrung, Feinge-    dacht auf Suizidalität verhalten können. Es     belastet fühlt. Spezifische Belastungsfak-
fühl und eine spezifische Expertise. Vor     sollte festgelegt sein, wer bei akuter Suizi-
diesem Hintergrund stellt sich die Frage,    dalität wie informiert werden muss. Tele-
inwiefern ärztliche Behandler auf diese      fonnummern und Ansprechpartner sollten            Genderneutrale Sprache
Herausforderungen vorbereitet sind. Wie      klar benannt und die Informationen an
sicher schätzen sich Ärzte im Umgang mit     einem für alle Behandler zugänglichen             Aus Gründen der besseren Lesbarkeit
suizidalen Patienten ein?                    Platz sichtbar gemacht sein.                      wird in den Texten des Hessischen Ärz-
Die Online-Befragung gibt einen Hinweis:     Ebenso ist es für die eigene Absicherung          teblattes manchmal nur die männliche
Sich im Gespräch über Suizidgedanken         wichtig, eine sorgfältige Dokumentation           Form gewählt. Die Formulierungen be-
mit ihren Patienten unsicher zu fühlen,      in der Patientenakte vorzunehmen. „Was            ziehen sich jedoch auf Angehörige aller
geben 28 % der Ärzte an. Sofern von Pa-      wurde wem mit welchen Inhalten mitge-             Geschlechter, sofern nicht ausdrück-
tienten im Gesprächsverlauf ein Suizid-      teilt, was wurde durch wen veranlasst?“           lich auf ein Geschlecht Bezug genom-
wunsch konkretisiert wird, geben 17 %        Eine Vernetzung mit anderen Fachdiens-            men wird.                        (red)
der Ärzte an, sich überfordert zu fühlen.    ten bringt den Vorteil, schnell handlungs-

244 | Hessisches Ärzteblatt 4/2020
Fortbildung

toren im Umgang mit suizidalen Patienten       ner wirksam zur Suizidprävention beitra-       suizidale Gedanken und Handlungen zur
wurden von insgesamt 69 % der Ärztin-          gen [28]. Spezifisches Wissen kann so er-      Folge haben kann, gehört mit zu den
nen und Ärzte genannt (Mehrfachnen-            worben werden, Unsicherheiten und Be-          schwierigsten Aufgaben, ist herausfor-
nungen waren möglich). Besonders Unsi-         lastungen werden reduziert und es be-          dernd und erfordert eine menschliche und
cherheit und Angst kristallisierten sich als   steht zugleich die Möglichkeit eines sich      zugleich auch professionelle Reaktion. Um
Belastungsfaktor heraus: Unsicherheit in       positiv auswirkenden kollegialen Austau-       Maßnahmen zur Suizidprävention zu
der Einschätzung der aktuellen Situation       sches. Die Ergebnisse der Online-Studie        etablieren, ist es also besonders wichtig,
und bezüglich der eigenen Fähigkeit im         lassen erkennen, dass auf Seiten der Ärzte     für diese eher paradox erscheinende Psy-
Umgang mit suizidalen Patienten sowie          ein expliziter Wunsch nach Fortbildungen       chodynamik zu sensibilisieren. Dass sich
die Angst vor einem tatsächlichen Suizid       zur Thematik besteht: 75 % der Ärzte           Gedanken aufdrängen, die dazu führen,
wurden hauptsächlich genannt.                  wünschen sich Fortbildungen zum Thema          keinen Sinn mehr im Leben zu verspüren,
Zugleich zeichnen sich Belastungen durch       Suizidalität. Dies obwohl ein Großteil der     sollte allen an der Behandlung Beteiligten
Ressourcenknappheit (vor allem Personal-       befragten Onkologen (62 %) bereits psy-        bewusst sein und berücksichtigt werden.
und Zeitmangel) sowie organisatorische         choonkologische Expertise besitzt.             Darüber hinaus erfordert das Erkennen
und strukturelle Aspekte ab. Weiterhin         Die Online-Befragung gibt ebenfalls einen      suizidaler Krisen bei Patienten eine spezi-
spiegelt sich die eigene Haltung, zum Bei-     Überblick über die Fortbildungsinhalte,        fische Expertise. Das Wissen über die Risi-
spiel die Identifikation mit suizidalen Ge-    welche besonders gewünscht werden. Vor         kofaktoren spezifisch bei onkologischen
danken von Patienten, in den Belastungen       allem Themen zum Umgang mit Suizidali-         Patienten ermöglicht, die Hochrisikogrup-
wider. Als besonders beanspruchend wer-        tät (59 %) und gesetzlichen Regelungen         pe, besonders in kritischen Phasen der Be-
den auch die Verantwortung und der da-         (51 %) wurden genannt. Weiterhin sollten       handlung, zu identifizieren. Mehr Wissen,
mit verbundene Handlungsdruck, Hoff-           Themen wie Sterbebegleitung (29 %),            ergänzt um ein erweitertes kommunikati-
nungs- und Hilflosigkeit sowie besondere       Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Sui-   ves Repertoire durch gezielte multiprofes-
Merkmale der Patienten (beispielsweise         zid, 33 %) und Tötung auf Verlangen            sionell gestaltete Fortbildungen und Kom-
Abwehr, Widerstand) von den Ärzten ge-         (25 %), Akzeptanz gegenüber dem Ster-          munikationstrainings, bietet eine reelle
schildert.                                     ben (35 %) und Therapien am Lebensen-          Chance der Suizidprävention und für die
                                               de (30 %) integriert werden. Dabei sollten     eigene Psychohygiene.
Suizidprävention                               die Fortbildungen möglichst multiprofes-
– ein erster Schritt                           sionell konzipiert und durchgeführt wer-               Dr. rer. med.
                                               den. Das heißt sowohl Psychoonkologen            Psych. Bianca Senf
Die Krebsdiagnose in Verbindung mit ei-        (59 %) als auch Ärzte (48 %), Psycholo-                      (Foto)
ner langen Behandlung und Regeneration/        gen (22 %), Seelsorger (22 %) und Juris-
Rehabilitation ist in ihrer Auswirkung für     ten (15 %) sollten miteinbezogen wer-

                                                                                                                                        Foto: privat
onkologische Patienten nicht zu unter-         den. Den Ergebnissen nach zu urteilen,
schätzen. Noch Jahre nach der Krebsdiag-       sollte Suizidalität in den bestehenden
nose berichten Patienten von der „Dauer-       (psychoonkologischen)       Fortbildungen
angst“, dass die Krankheit zurückkehrt         mehr Raum eingeräumt werden. Damit                                    Dr. phil. Jens Fettel,
und man daran letztendlich verstirbt. Hilf-    kann ein entscheidender Beitrag zur Sui-                                  Paula Maiwurm
reich ist hier die Frage, wie es Patienten     zidprävention geleistet werden.                       (Wissenschaftliche Mitarbeiterin),
vor Kontrolluntersuchungen geht, wie sie                                                       beide Universitätsklinikum Frankfurt/M.,
schlafen, was sie denken, etc. Ein ent-        Fazit                                                  UCT, Abteilung Psychoonkologie
scheidender Beitrag zur Suizidprävention
ist auch das Monitoring von psychosozia-       Relevant ist zunächst, dass Behandler die                Dr. med. Christiane Gog, M. Sc.
ler Belastung. Die einfache Frage „Wie         Thematik Suizidalität in der Onkologie be-              Sana Klinikum Offenbach GmbH,
fühlen Sie sich momentan; auf einer Skala      wusst als eine Situation wahrnehmen, die                        Klinik für Palliativmedizin
von 0 bis 10?“ – analog der Schmerzskala       zwar paradox scheint, im klinischen Alltag
– kann helfen, Überlastungsspitzen zu          aber auftritt. Ärztliche Behandler gehören                     PD Dr. med. Monika Keller
identifizieren und den Patienten konkrete      für suizidgefährdete Menschen mit zu den                                     Heidelberg
Hilfe zuzuführen.                              wichtigsten Bezugspersonen. Sie sind der
Gezielte Fortbildungen und Trainings hel-      sichere Hafen, die potenziell lebensretten-     Die Literaturhinweise finden Sie auf
fen dabei, kommunikative Kompetenzen           de Hand für Patienten. Obwohl Suizide,          unserer Website www.laekh.de unter
zu erweitern und Patienten in dieser Si-       absolut gesehen, selten sind, weisen die        der Rubrik „Hessisches Ärzteblatt“. Die
tuation „Halt“ zu bieten. Darüber hinaus       Daten der Online-Befragung darauf hin,          Autoren erklären, dass kein Interessen-
erweisen sie sich als äußerst effektiv         dass ärztliche Behandler nicht selten mit       konflikt besteht. Danksagung: An die-
[31–33]. Die Studienauswertung von             suizidalen Patienten konfrontiert sind.         ser Stelle sei der H.W. & J. Hector-Stif-
Zalsman et al. kam ebenfalls zu dem            Der Umgang mit Menschen in einer exis-          tung gedankt, sie hat die Finanzierung
Schluss, dass speziell ausgebildete Medizi-    tenziellen Krisensituation, die immer auch      dieses Studienprojekts ermöglicht.

                                                                                                   Hessisches Ärzteblatt 4/2020 | 245
Literatur zum Artikel:

Suizidalität in der Onkologie
Herausforderung und Chance
von Dr. Bianca Senf, Dr. Jens Fettel, Dr. med. Christiane Gog, PD Dr. med. Monika Keller und Paula Maiwurm

[1] Statistisches Bundesamt 2017, To-            ral   Hospital     Psychiatry     2014;     [14] S3-Leitlinien/Nationale       Versor-
    desursachen-Suizide. Online:                 36:483–7.                                        gungs-Leitlinien: Unipolare Depres-
    https://www.destatis.de/DE/The                                                                sion, unter der Federführung der
    men/Gesellschaft-Umwelt/                  [9] Leitlinienprogramm          Onkologie           Deutschen Gesellschaft für Psychia-
    Gesundheit/Todesursachen/Tabel-               (Deutsche Krebsgesellschaft, Deut-              trie und Psychotherapie, Psychoso-
    len/suizide.html; [20.09.2019].               sche Krebshilfe, AWMF): Psychoon-               matik       und     Nervenheilkunde
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