Summende Lernorte für NRW-Ideen und Beispiele für die Bildungspraxis
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Summende Lernorte für NRW – Ideen und Beispiele für die Bildungspraxis Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
Impressum Herausgeberin: Natur- und Umweltschutz-Akademie des Landes Nordrhein-Westfalen (NUA) Siemensstr. 5, 45659 Recklinghausen Tel: 02361 305-0, Fax: 02361 305-3340 poststelle@nua.nrw.de Die NUA ist eingerichtet im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucher- schutz Nordrhein-Westfalen (LANUV). Sie arbeitet in einem Kooperations- modell mit den vier anerkannten Naturschutzverbänden zusammen (BUND, LNU, NABU, SDW). Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen Gestaltung und Satz: smile. Visuelle Kommunikation (www.designsmile.de) Erstellung Text: Teresa Zabori (www.teresa-zabori.de) Illustration: Maren Endler (www.marenendler.de) Fachliche Redaktion: Bildnachweis Christian Eikmeier (NUA) Titel: Naturfoto Hecker – naturfoto-hecker.photoshelter.com, alle Illustra- Saskia Helm (NUA) tionen: Maren Endler – marenendler.de, S. 9: allexxandarx – Stock.adobe. Stefanie Horn (NUA) com, S. 11: Nailia Schwarz – Stock.adobe.com, S. 12: kranidi – Stock.ado- Druck: be.com, S. 13: jonnysek – Stock.adobe.com, S. 14: IoaBal – Stock.adobe. völcker druck GmbH, Goch (www.voelcker-druck.de) com, S. 17-18: bulashenko – Stock.adobe.com, S. 20: hanohikiv – Stock. Druck klimaneutral auf 100 % Recycling-Papier, ausgezeichnet mit dem adobe.com, S. 22-23: Damien Tupinier – unsplash.com, S. 24: Teresa Zabori, blauen Umweltengel S. 27: Timothy Paule II – pexels.com, S. 29: Pixabay – pexels.com, S. 30: Ingairis – Stock.adobe.com, S. 31: maykal – Stock.adobe.com, S. 32-33: TheFarAwayKindom – Stock.adobe.com, S. 34: Michael Tieck – Stock. adobe.com, S. 38: Siemes – NUA, S. 40-41: Daniel Klein – unsplash.com, ID-N r. 1976949 S. 42: Damien Tupinier – unsplash.com, S. 44: photoeverywhere – Stock. Gefördert mit Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- adobe.com, S. 46: Edvin Johansson – unsplash.com, S. 48-49: Rawpixel. und Verbraucherschutz des Landes NRW com – Stock.adobe.com, S. 51: Aggi Schmid – Stock.adobe.com, S.52: Butterfly – Pegels.com, Albrecht Dürer, S. 53: fl0rian – Stock.adobe.com, S. 55: STUDIO GRAND WEB – Stock.adobe.com, S.56: Michael Morse – Pegels.com, S. 58: Teresa Zabori, S. 59-60: Reinhold Glüsenkamp, S. 61: Massimiliano Latella – unsplash.com, S. 61-62: Ute Bartz
Einleitung Artenrückgang und „Insektensterben“ sind aktu- eller denn je. Eine Aufgabe der Natur- und Umwelt- schutz-Akademie NRW (NUA) ist es, dies zu thema- tisieren und Handlungsmöglichkeiten zu vermitteln, Lernziele wie man selbst etwas für den Erhalt der biologischen Umweltbildung Vielfalt tun kann. In dieser Infobox finden Sie Lernziele aus Für Schulen sind hier insbesondere die Bildungs- Sicht einer naturbezogenen Erlebnispäda angebote des Lumbricus – der Umweltbus, des Ar- gogik bzw. Umweltbildung. Lernen in der und beitskreises „Natur an der Schule“ und „Schule der über die Natur geben Anlass und Möglich- Zukunft“ zu nennen. Ein weiteres bewährtes Angebot keit, unterschiedliche Kompetenzen zu ent- zur Unterstützung der Arbeit vor Ort sind die Publi- wickeln. Ein verantwortungsbewusster Um- kationen der NUA. So sind in letzter Zeit unter dem gang mit der Umwelt und den natürlichen Titel „33 Krabbeltiere – Artenvielfalt in NRW“ eine In- Ressourcen ist hier ganz wichtig. formationsbroschüre und ein Plakat zu ausgewählten Gliedertieren und eine Neuauflage der Beratungsmap- pe „Naturnahes Schulgelände“ erschienen. Mit dem Praxisleitfaden „summende Lernorte für Lernziele NRW“ möchten wir als NUA die Tradition der didakti- BNE schen Materialien fortsetzen. So erhalten Sie als Mit- arbeitende in Kitas, Schulen oder in anderen Bildungs BNE möchte Lernende dazu befähigen, ver- einrichtungen Hintergrundwissen und Anregungen, antwortungsvoll zu entscheiden und zu han- sich intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen. deln, um eine sozial gerechte, wirtschaftlich Vor allem aber zeigen wir Möglichkeiten und Methoden, erfolgreiche und ökologisch verträgliche wie Sie Ihre Einrichtung (noch mehr) zum „Summen- Entwicklung mitgestalten zu können. Hierzu den Lernort“ werden lassen können. Denn Insekten und sind besondere Kenntnisse und Fähigkeiten andere Krabbeltiere können ihren Platz in nahezu allen notwendig. (Unterrichts-)Themen finden. Lassen Sie sich durch diesen Praxisleitfaden an- regen, Artenschutz noch mehr zu „Ihrem“ Thema wer- den zu lassen! Lernziele Kunst und Kultur Nach relevanten Hintergrundinformationen in den ersten beiden Kapiteln steht die Bildungsarbeit im Mit- Um die Vielgestaltigkeit von Kultur und Le- telpunkt des Leitfadens. Zur besseren Orientierung benswirklichkeit auch unter künstlerisch- werden die jeweiligen Lernziele besonders hervorge- ästhetischem Blickwinkel zu betrachten, be- hoben. Die Lernziele formulieren den mit den beschrie- darf es speziellen Wissens und besonderer benen Bildungsaktionen angestrebten Lerngewinn der Fähigkeiten. Dass diese auch im Bereich Ar- Lernenden (s. Infokästen rechts). Good-Practice-Bei- tenvielfalt erworben werden können, darauf spiele, bei denen es Einrichtungen bereits gelungen weisen wir Sie in dieser Infobox hin. ist, „summende Lernorte“ erfolgreich zu etablieren, runden den Leitfaden ab.
Inhalt Vom Wert der Insekten .......................................... 8 Das Überschreiten der planetaren Grenzen....... 37 Artenreiche Überlebenskünstler Keine Lebensräume für Insekten?!..................... 38 Das „Insektensterben“ Pflanzenschutzmittel – � Was sind die Ursachen für eine Podiumsdiskussion ..................................... 39 den Rückgang der Insekten? ................................. 9 Kleine Tiere – große Leistungen für die Natur ..... 10 Insekten kurbeln die Wirtschaft an ...................... 11 Bionik: Insekten als Inspiration für Erfindungen .................................................... 12 Ausblick in die Zukunft ........................................ 13 Insekten in unserem Alltag ................................. 41 Maßnahmen zum Schutz der Insekten ............... 15 Weniger Insekten – was bedeutet das Biodiversitätsstrategie NRW für unsere Ernährung?........................................ 42 Forschung: Insekten-Dauerüberwachung Kleine Tiere – Selbst aktiv werden: Insekten schützen! große wirtschaftliche Bedeutung ....................... 43 Geniale Erfinder – Summende Lernorte ............................................. 17 Honigbienen und der Wabenbau ........................ 44 Insekten in der Umweltbildung ............................ 18 Schön und gesund mit Insekten ......................... 45 Insekten und Bildung für Zukunftswerkstatt: Eine Zukunft für Insekten.... 46 nachhaltige Entwicklung (BNE)........................... 19 Insekten in Literatur, Kunst, Musik und Film ....... 21 Insekten in Kunst und Kultur .............................. 49 Ein Heim für Insekten .......................................... 23 Insekten in Sprache und Literatur...................... 50 Insekten in der bildenden Kunst......................... 52 Naturnahes Außengelände und Insekten in der Musik.......................................... 54 gemeinsames Gärtnern ...................................... 24 Die Natur ins Innere holen .................................. 26 Summende Lernorte in NRW Honigbienen und Imkerei.................................... 27 Good-Practice-Beispiele ...................................... 57 Unterschlupf und Nisthilfen im Außenbereich ... 30 „Leben und lernen im Einklang Wenn die Gäste in den Nisthilfen ausbleiben ..... 31 mit der Natur“ – Städtische Kindertagesstätte Kämpenstraße, Essen „Mit Bienen in die Zukunft“ – Gesamtschule Leverkusen-Schlebusch ............. 59 „Das Summen der Bienen ist die Stimme des Gartens“ – Artenvielfalt in einer sich wandelnden Welt...... 33 Naturschutzzentrum Bruchhausen, Erkrath...... 61 Insekten sind vielfältig ........................................ 34 Internetadressen, Insekten und ihre Umwelt – Concept-Map ........ 36 Apps und Literatur ............................................... 63
8 | Vom Wert der Insekten Vom Wert der Insekten Zitronenfalter Gonepteryx rhamni Artenreiche Das „Insektensterben“ Überlebenskünstler Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat die Vielfalt ebenso wie die Gesamtzahl an Insekten dramatisch abgenom- Sie sind klein, häufig unscheinbar und oft bemerkt men. Eine 2017 veröffentlichte Studie des Entomolo- man sie erst, wenn sie summen oder vor uns herum- gischen Vereins Krefeld (Entomologie = Insektenkun- krabbeln: Insekten. Dabei sind sie die erfolgreichsten de) kam zu dem Ergebnis, dass die Gesamtmasse der Überlebenskünstler unseres Planeten. Schon vor Fluginsekten in Teilen von Deutschland im Mittel im 400 Millionen Jahren, also lange vor den Dinosauriern, Zeitraum von 1989 bis 2015 um über 75 Prozent ge- besiedelten sie die Erde. Im Laufe der Erdgeschichte schrumpft ist. haben sie extremen Klimaschwankungen, Vulkanaus- brüchen und langen Eiszeiten getrotzt. Man findet sie Viele Insektenarten stehen auf der Roten Liste selbst an nahezu lebensfeindlichen Orten, an denen der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nord- extreme Lebensbedingungen vorherrschen wie in Wüs- rhein-Westfalen. Das betrifft 55 Prozent der Schmetter- ten, Hochgebirgen oder im Eis der Polargebiete. Nur im linge, 52 Prozent der Wildbienen und Wespen, 48 Pro- offenen Ozean sind Insekten kaum anzutreffen. zent der Heuschrecken und 45 Prozent der Libellen. Unvorstellbar groß ist ihre Vielfalt. Weltweit wur- Insekten sind ein wichtiges Glied in der Nahrungs- den bisher über eine Million verschiedene Insektenar- kette. Darum gefährdet die starke Abnahme der Insek- ten entdeckt. Somit machen sie über 70 Prozent aller ten auch die Existenz vieler Vögel, Frösche, Kleinsäuger Tierarten weltweit aus und sind die artenreichste Klas- und anderer Tiere, denen sie als Nahrungsgrundlage se aller Lebewesen. Doch die Artenvielfalt von Bienen, dienen. Fliegen, Käfern und anderen Insekten ist bedroht. Etwas anders sieht es bei der Westlichen Honig- biene aus. Auch wenn es in der Vergangenheit bei vie- len Honigbienenvölkern zu großen Verlusten kam, so liegen diesen andere Ursachen wie Krankheiten und Parasiten, insbesondere die Varroamilbe, zugrunde.
Vom Wert der Insekten | 9 Was sind die Ursachen für den Rückgang der Insekten? Der Rückgang an Insekten ist auf eine Vielzahl ver- Urbane Räume schiedener Ursachen zurückzuführen, von denen die Insekten – je nach Art – unterschiedlich betroffen sind. Auch durch die Ausweitung von Siedlungen und Stra Allgemein kann man sagen, das Verschwinden der In- ßen sowie einer zunehmenden Flächenversiegelung sekten hat mit dem starken Rückgang von Lebensräu- sind viele Lebensräume für Insekten verloren gegan- men und Nahrungsgrundlagen zu tun. gen. Viele Gärten und Grünanlagen in urbanen Räu- men werden zunehmend naturfern gestaltet – soge- nannte Schottergärten sind ein Extrembeispiel dafür. Intensive Landwirtschaft Auch durch die Lichtverschmutzung sind besonders in Metropolen viele Insektenarten bedroht. Durch das Anlegen großer landwirtschaftlicher Nutz- flächen sind in der Vergangenheit viele Lebensräume für Insekten verloren gegangen. Vielerorts fehlen für Der Klimawandel Insekten wie z. B. Wildbienen wichtige kleinteilige Landschaftselemente wie Hecken, Feld- und Wald- Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels, gehölze. Viele blütenbestäubende Insekten sind zu- die langfristig zu einer Veränderung der heimischen dem auf ein reichhaltiges Nahrungsangebot an un- Insektenwelt führen werden. Auch sämtliche andere terschiedlichen Blütenpflanzen angewiesen, das in Tier- und Pflanzenarten werden davon betroffen sein. landwirtschaftlichen Monokulturen nicht zu finden ist. Pflanzenarten, die auf dem Acker nicht gewünscht sind, werden dort mit Herbiziden bekämpft. Auch das häufige Mähen blütenreicher Wiesen trägt zur Zerstö- rung der Lebensräume und Nahrungsgrundlage vieler Insektenarten bei. Hinzu kommt ein langjähriger, inten- siver Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln, der maßgeblich für den Rückgang der Insekten ver- antwortlich gemacht wird. Überdüngung mit Stickstoff Eine weitere Rolle spielen Einträge von Nährstoffen wie Stickstoff aus Abgasen von Verkehr und Industrie in die Natur und der übermäßige Einsatz von organischen oder mineralischen Düngemitteln auf landwirtschaft- lichen Flächen. Die meisten der Farn- und Blütenpflan- zen, die in der Roten Liste für Deutschland aufgeführt sind, bevorzugen magere Standorte und werden bei Düngereintrag schnell durch andere Pflanzen über- wachsen. Die auf die verdrängten Arten spezialisierten Insekten finden dann keine Nahrung mehr. Riesige Monkulturen – Kein Platz für Insekten
10 | Vom Wert der Insekten Kleine Tiere – große Leistungen für die Natur Insekten sind eine wichtige Schlüsselgruppe der bio- Insekten als „Müllabfuhr“ logischen Vielfalt. Für die natürlichen Stoffkreisläufe spielen Insekten eine wichtige Rolle. Im Ökosystem Wald bilden z. B. Fleißige Bestäuber Ameisen, Fliegen und Käfer eine regelrechte „Müllab- fuhr“: Sie ernähren sich von abgestorbenen Pflanzen, Der Natur leisten Wild- und Honigbienen, aber auch Laub, Nadeln und tierischen Hinterlassenschaften. Fliegen, Käfer, Wespen und Schmetterlinge einen un- In ihren Ausscheidungen sind die Pflanzen- und Tier- entbehrlichen Dienst. Denn über 90 Prozent der Wild- reste schon stark abgebaut, so dass diese wiederum pflanzen sind ganz oder teilweise auf die Bestäubung von Bakterien, Pilzen und anderen Lebewesen schnel- durch Insekten angewiesen. ler zersetzt werden können. Durch die „Vorarbeit“ der Insekten wird somit die Bildung von Humus, der Durch die Bestäubung der Blüten tragen Insek- zahlreiche Nähr- und Mineralstoffe für Pflanzen ent- ten wesentlich dazu bei, dass die Vielfalt an Pflan- hält, beschleunigt. Manche Insektenarten wie Spring- zenarten und Ökosystemen wie Wiesen, Hecken und schwänze sind direkt an diesen Umsetzungs- und Wälder erhalten bleibt. In diesen Lebensräumen fin- Zersetzungsprozessen beteiligt. Sie erhöhen die den Vögel, kleine Säugetiere, aber auch Amphibien, Fruchtbarkeit des Bodens. Reptilien und Insekten Unterschlupf, Nistmöglichkei- ten und ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Im Üb- Auch beim Abbau von totem Holz helfen Insekten rigen tragen nicht nur blütenbestäubende Insekten tatkräftig mit. Ohne Insekten würden Pilze, Bakterien zur Vermehrung von Pflanzen bei, sondern z. B. auch und andere Lebewesen die doppelte Zeit benötigen, Ameisen. um einen Baumstamm komplett zu zersetzen. Räuber und Beute Boden und Gewässer Für viele Vögel sind Insekten eine wichtige Nahrungs- Für den Boden erfüllen Insekten weitere wichtige Auf- grundlage. Aber auch kleine Säugetiere wie Igel, Spitz- gaben. Sie bohren Löcher hinein, wodurch dieser auf- mäuse und Maulwürfe lassen sich gerne eine Insek- gelockert und besser belüftet wird. Dadurch kann der tenmahlzeit schmecken. Und Eidechsen, Laubfrösche, Boden mehr Wasser aufnehmen, speichern und den Feuersalamander und Spinnen machen ebenfalls Jagd Pflanzen zur Verfügung stellen. Viele Insektenlarven auf sie. Sogar Fische ernähren sich von Insekten und entwickeln sich in Gewässern und tragen zu deren ihren Larven. Selbstreinigung bei. Auch viele Insektenarten selbst leben räuberisch. Ein prominentes Beispiel ist der Marienkäfer, der be- sonders im Larvenstadium jede Menge Blattläuse vertilgt. Damit hilft er, das ökologische Gleichgewicht aufrechtzuerhalten – und verhindert die massenhafte Vermehrung von „Schädlingen“. Ameise Formicidae
Vom Wert der Insekten | 11 Insekten kurbeln die Wirtschaft an Viele Dienste, die Insekten für die Natur erfüllen, sind dem Menschen von großem Nutzen. Sie sorgen für die Bestäubung von Pflanzen, bauen tote Biomasse ab, reinigen Gewässer, tragen zur Fruchtbarkeit der Böden bei und verhindern die Ausbreitung von „Schädlingen“. Jedoch auch in vielen Bereichen der Wirtschaft spielen Insekten eine große Rolle. Ohne Insektenbestäubung gäbe es deutlich Reiche Ernte – weniger Ertrag bei vielen Obstsorten. Dank der Insekten Besonders groß ist der Nutzen von blütenbestäuben- langsam den Markt. In den Niederlanden werden Mehl- den Insekten in der Landwirtschaft und der Nahrungs- würmer bereits in riesigen Farmen als Tierfutter ge- mittelproduktion. Weltweit profitieren 75 Prozent der züchtet. Insekten bergen ein großes Potenzial – als rund 150 wichtigsten Nutzpflanzen von der Bestäu- Proteinlieferanten und Nahrungsmittel der Zukunft. bung durch Bienen und andere Insekten. Manche Pflanzenarten sind vollständig oder zu Es geht nicht nur ums Essen einem großen Teil auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Dazu gehören z. B. viele Beerensorten, Allerdings benötigen noch viele andere Wirtschafts- aber auch Äpfel und Birnen, ebenso wie Gurken und zweige die Leistungen der fleißigen Insekten. Denn viele Kräuter. Andere Pflanzen wie Tomaten, Paprika, zahlreiche Waren und Produkte basieren auf Grund- Kaffee oder Baumwolle profitieren von der Bestäu- stoffen, die aus Pflanzen hergestellt werden. bung, da durch diese die Erträge reichhaltiger aus- fallen. Modelabels stellen aus pflanzlichen Fasern wie Baumwolle oder Leinen Kleidung her, die Kokons der Marienkäferlarven und Schlupfwespen arbeiten Seidenspinner-Raupen liefern wertvolle Seide. Und Seite an Seite mit den Landwirten: Als biologische auch die Kosmetikbranche, insbesondere die Natur- Schädlingsbekämpfer werden sie zur Abwehr von kosmetik, setzt auf Zusätze wie Lavendelextrakte, Blattläusen eingesetzt. Zitrusfrüchte und Co. Große Hoffnungen in Insekten setzt auch die Me- Insekten als Eiweißlieferanten – dizin, besonders bei der Bekämpfung multiresisten- und Nahrungsmittel der Zukunft? ter Keime. Im Blut vieler Insektenarten befinden sich Substanzen, die eine antibiotische Wirkung haben, Wurm-Burger und Heuschrecken-Salate stehen in vie- z. B. bei dem aus Asien eingewanderten Harlekin-Ma- len Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika auf der rienkäfer. In Zukunft könnten diese Wirkstoffe zur Ent- Speisekarte. Auch wenn das nicht unbedingt den Ge- wicklung von Medikamenten eingesetzt werden. schmack eines Mitteleuropäers trifft: Weltweit ernäh- ren sich rund zwei Milliarden Menschen unter anderem Auch in Forschung und Wissenschaft werden In- von Insekten. Doch auch in Europa erobern Produkte sekten gezielt eingesetzt, z. B. als Indikatoren für Um- aus Insekten, wie z. B. proteinreiche Insekten-Riegel, weltverschmutzungen.
12 | Vom Wert der Insekten Bionik: Insekten als Inspiration für Erfindungen Schon seit langer Zeit nutzen die Menschen die Natur als Vorbild für eigene Erfindungen. Bereits Leonardo da Vinci ließ sich für die Konstruktion seiner Flug apparate vom Flug der Vögel inspirieren. Die Wissenschaft, die sich mit der Entwicklung von Technologien nach dem Vorbild der Natur beschäf- tigt, ist die Bionik. Der Begriff ist eine Kombination aus Biologie und Technik. Aufgrund ihres Artenreichtums, Warum stehen Ameisen nicht im Stau? ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften und ihrer ge- ringen Größe sind Insekten bei Bionikern besonders beliebt. So haben sie bereits Impulse für viele neue Medizin Erfindungen und Technologien geliefert – und bergen ein schier unerschöpfliches Potenzial für die Zukunft. Auch im Bereich der Medizin-Technik haben sich die Menschen viel von Insekten abgeschaut. So diente der Legestachel von Holzwespen als Vorbild für einen Architektur und Technik medizinischen Bohrer, der beim Einsetzen neuer Hüft- prothesen verwendet wird. Neben medizinisch-techni- Besonders Architekt*innen und Techniker*innen ließen schen Fragestellungen werden auch vermehrt soziale sich durch Insekten inspirieren. Z. B. vom Belüftungs- Aspekte untersucht. system riesiger Termitenhügel und unterirdischer Ameisenbauten, aber auch vom Vorbild der Honigbie- nenwaben. Letztere besitzen viele praktische Eigen- Verkehr schaften: Sie sind sehr stabil, benötigen wenig Mate- rial und machen eine leichte Bauweise möglich. Dieses Die Verkehrsforschung beschäftigt sich beispielsweise Prinzip wird in der Verpackungsindustrie in Form von mit der Frage, warum Ameisen nicht im Stau stehen Wabenpaletten, aber auch in der Raumfahrttechnik und Bienen beim Schwänzeltanz nicht zusammen- und im Flugzeugbau genutzt. stoßen. Auch in der Robotik sind Insekten beliebte For- Das Potenzial von Insekten für die Bionik und wie schungsobjekte. So standen Stubenfliegen und Libel- sie uns nützlich sein könnten, ist noch längst nicht er- len bereits Modell für kleine Flugroboter. Nach dem schöpft. Umso wichtiger ist es, die Artenvielfalt zu be- Vorbild der Stabheuschrecke wurden sechsbeinige wahren, damit möglichst viele Insektenarten uns auch Roboter mit einem besonders stabilen Gang konstru- für zukünftige Erfindungen Modell stehen können. iert. Diese eignen sich hervorragend für unwegsames Gelände und können beim Militär, bei Naturkatas trophen oder der Erforschung fremder Planeten zum Einsatz kommen.
Vom Wert der Insekten | 13 Ausblick in die Zukunft Wie wirkt sich der Klimawandel auf Insekten aus? Extreme Wetterverhältnisse wie Hitzewellen mit anhal- tender Dürre, Starkregen oder heftige Stürme: Die Fol- Feldwespe gen des Klimawandels sind auch in Deutschland deut- Polistinae lich spürbar und längst keine Seltenheit mehr. Seit 1881 sind die durchschnittlichen Jahrestemperaturen Da Insekten wechselwarme Tiere sind, werden in Nordrhein-Westfalen um 1,5 Grad angestiegen. Wie ihre Aktivität und Fortpflanzung von der Umgebungs- sich Temperaturen und Niederschläge in den nächsten temperatur beeinflusst. Wenn es wärmer ist, schlüp- Jahren entwickeln werden, hängt stark vom Handeln fen die Larven früher, entwickeln und vermehren sich der Weltgemeinschaft ab. Gelingt es nicht, den Anstieg rascher. Gleichzeitig benötigen sie mehr Nahrung, da der Treibhausgase in unserer Atmosphäre zu stoppen, sich ihr Stoffwechsel beschleunigt. Ein Beispiel dafür werden sich Klima und regionale Wetterverhältnisse ist der Borkenkäfer, dessen Entwicklung mit steigen- weiter verändern, mit großen Herausforderungen für den Temperaturen rapide zunimmt – und der somit in alle Menschen. Fichtenwäldern großen Schaden anrichten kann. Und auch die Natur wandelt sich bereits jetzt. So Durch den Klimawandel sind mehr wärmelieben- hat sich die Vegetationsperiode verlängert, viele Pflan- de Insektenarten auf dem Vormarsch gen Norden. zen beginnen früher im Jahr zu blühen. Befinden sich Zu ihnen zählt die Feuerlibelle, die ursprünglich aus zu diesem Zeitpunkt blütenbestäubende Insekten wie dem Mittelmeerraum stammt. Seit den 1980er Jah- Wildbienen, Fliegen, Schmetterlinge oder Käfer noch ren hat sie sich auch in Mitteleuropa ausgebreitet. Und in der Winterruhe, können die Pflanzen nicht bestäubt auch die Asiatische Tigermücke findet inzwischen in werden. Umgekehrt finden viele Insekten später, wenn Deutschland geeignete Lebensräume vor. Das kann für sie schlüpfen, keine Nahrung mehr. So kann der eng uns Menschen gefährlich werden, da diese Mückenart aufeinander abgestimmte Jahresrhythmus vieler In- den Zika-Virus und den Dengue-Virus überträgt. sekten- und Pflanzenarten aus dem Takt geraten – und schlimmstenfalls zum Aussterben von Arten führen. Auch in Zukunft werden sich an wärmere Tem- peraturen angepasste Insektenarten in Deutschland weiter ausbreiten, während an kühlere Lebensräu- me angepasste Arten abnehmen werden. Viele neue „Einwanderer“, sogenannte „Neobiota“, können die ursprünglich heimischen Arten verdrängen. Über generelle Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesamtheit an Insekten kann man keine all- gemeingültigen Aussagen treffen: Zu komplex sind die Anforderungen der einzelnen Arten an die Um- welt, ebenso wie die Wechselwirkungen mit anderen Arten. Eines steht jedoch fest: Sowohl das Klima als auch die Insektenwelt wird sich in Zukunft spürbar verändern – nicht nur in Nordrhein-Westfalen, son- Der Borkenkäfer vermehrt sich und verursacht Schäden. dern weltweit.
14 | Maßnahmen zum Schutz der Insekten
Maßnahmen zum Schutz der Insekten | 15 Maßnahmen zum Schutz der Insekten Biodiversitäts- lichen Standard dokumentiert werden. Daraus sollen sich Aussagen für ganz NRW ableiten lassen. Bis zum strategie NRW Jahr 2022 sollen die Grundlagen für eine Dauerüber- wachung (Monitoring) in ganz NRW geschaffen werden. Um dem Verlust vieler Tier- und Pflanzenarten ent- gegenzuwirken, hat das Umweltministerium NRW die Selbst aktiv werden: „Biodiversitätsstrategie NRW“ erarbeitet. Die Basis dazu stellt die „Nationale Strategie zur biologischen Insekten schützen! Vielfalt“ der Bundesregierung dar. In der „Biodiversi- tätsstrategie NRW“ werden für die nächsten 10 bis 15 Jahre konkrete Ziele und rund 150 Maßnahmen Viele Umweltschutzorganisationen setzen sich für aufgeführt, die zur Förderung der biologischen Viel- Maßnahmen zum Insektenschutz ein. Hinzu kom- falt führen sollen. Unter anderem sind Maßnahmen men deutschlandweite Initiativen wie „Deutschland zur Wiederherstellung von naturnahen Strukturen in summt“ oder Netzwerke wie das „Netzwerk Blühen- der Agrarlandschaft sowie das vermehrte Anpflanzen de Landschaft“, die gemeinsam mit Akteur*innen aus von heimischen Pflanzenarten in Parks und Gärten Landwirtschaft, Naturschutz, Verbraucherschutz, vorgesehen. Gartengestaltung, Imkereien, Wissenschaft und Land- schaftsplanung neue, insektenfreundliche Bewirt- schaftungskonzepte entwickeln. Forschung: Aber auch viele Kindertagesstätten, Schulen und Insekten- außerschulische Bildungseinrichtungen setzen sich verstärkt für den Schutz der Insekten und den Erhalt Dauerüberwachung der biologischen Vielfalt ein. Das Mitmachen ist ganz leicht: Auch auf einem Neben der aktiven Unterstützung von Maßnahmen Balkon können heimische, insektenfreundliche Blüten- zum Schutz von Insekten fördert das Land NRW die pflanzen ausgesät werden. Viele Ideen und Impulse, Forschung zur Ausprägung des Insektenrückgangs. wie Sie gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen 2019 wurde mit Unterstützung des nordrhein-westfäli- Ihren Lernort zum Summen bringen, erhalten Sie in den schen Umweltministeriums vom Landesamt für Natur, folgenden Kapiteln. Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in Zusam- menarbeit mit der Universität Osnabrück ein neues Forschungsvorhaben zum Rückgang von Insekten ins Leben gerufen. Ziel ist es, anhand von ausgewählten Artengruppen wie Tagfaltern und Heuschrecken die Anzahl und Verbreitung von Insekten in NRW dauer- haft zu erfassen. Der Zustand und die Entwicklung der Insektenvielfalt sollen dabei nach einem einheit-
16 | Summende Lernorte
Summende Lernorte | 17 Summende Lernorte Insekten sind in der Schule in der Regel Gegenstand An summenden Lernorten sind des Sach- oder Biologie-Unterrichts. Auch in der na- natürlich auch andere Lebewesen turbezogenen Erlebnispädagogik und der Umweltbil- willkommen. Ihre tierischen Ver- dung ist der Weg für viele Bildungsaktive zu den Insek- wandten wie Spinnentiere, Tau- ten nicht weit. Allerdings ist damit ihr Potenzial längst send- und Hundertfüßer, Asseln nicht erschöpft. Auch in anderen Lehr- und Lernkon- oder auch Regenwürmer tummeln texten sind Insekten ein spannender Bildungs-Gegen- sich hier ebenso wie Vögel, Säuge stand. Unter „summenden Lernorten“ verstehen wir tiere, Amphibien und Reptilien. Na- daher allgemein Lerngelegenheiten, in denen Insekten türlich wäre kein summender Lern- und andere kleine Lebewesen im übertragenen Sinne ort komplett ohne eine Vielfalt an durch die Gedanken und Diskussionen krabbeln, flie- Pflanzen und Pilzen. gen, buddeln, schwimmen und tauchen. Mal stehen sie im Zentrum, weil Kenntnisse über ihre Biologie und Le- bensbedingungen aufgebaut werden, ihre wirtschaft- liche und gesellschaftliche Bedeutung reflektiert wird oder Möglichkeiten für ihren Schutz oder die Impulse für eine gesellschaftliche Transformation erörtert bzw. im Lernlabor umgesetzt werden – hier ist viel möglich. Mal stehen sie eher am Spielfeldrand der Bildungspro- zesse und helfen mit, andere Lernziele zu erreichen. In diesem Praxisleitfaden möchten wir Ihnen als Mitarbeitende in Kitas, Schulen oder Einrichtungen der außerschulischen Bildung oder Weiterbildung einerseits Hintergrundwissen vermitteln und Sie neu- gierig machen, sich intensiver mit der Thematik ausei- nanderzusetzen. Vor allem aber möchten wir Möglich- keiten aufzeigen und Methoden anbieten, wie Sie Ihre Einrichtung – noch mehr – zum summenden Lernort werden lassen können. Denn Insekten sind anschluss- fähig an nahezu alle Bildungsanlässe.
18 | Summende Lernorte Insekten in der Umweltbildung Insekten sind klein, fast überall zu finden und lassen Kognitive Lernziele – Beispiele: sich gut ohne großen Aufwand beobachten – damit sind sie geradezu prädestiniert für die naturbezoge- heimische Tier- und Pflanzenarten erkennen ne Erlebnispädagogik und die Umweltbildung. Bei ökologische Zusammenhänge erläutern der Beschäftigung steht das „Begreifen“ im Mit- Naturprozesse störungsfrei beobachten und unter- telpunkt und alle Sinne werden angesprochen: Die suchen Kinder und Jugendlichen sehen, wie eine Hummel Umwelt-Messwerte erheben und auswerten in der Blüte sitzt, hören das Summen und riechen mit Modellen und Zeichnungen biologische Prozesse den Duft der Blumen. Sie spüren, wie ein Käfer über erklären ihre Hand krabbelt und schmecken den frisch geern- die Wechselwirkungen von Natur und Kultur erklären teten Honig. Durch diese unmittelbare Begegnung Gefährdungen für die Natur erkennen mit den Tieren und der Natur wachsen Respekt und die Auswirkungen des eigenen Verhaltens aufzeigen Achtsamkeit ihnen gegenüber. eigene Naturschutzmöglichkeiten aufzeigen Die Vielfalt der oft bunt gemusterten Arten, vom roten Marienkäfer mit den schwarzen Punkten über Psychomotorische Lernziele – Beispiele: schwarz-gelb gestreifte Wespen bis hin zu schillern- den Tagfaltern, fasziniert und begeistert die meisten sich sicher im Gelände bewegen Kinder und Jugendlichen. Durch den engen Kontakt das Gelände formen und gestalten mit Insekten lassen sich auch anfängliche Abneigun- gärtnerische Kulturtechniken nutzen gen und sogar Ängste abbauen. Hinzu kommt, dass Naturmaterialien künstlerisch nutzen sich in der Regel bei kleinen Naturschutzaktionen Speisen und Getränke aus natürlichen Lebensmitteln rasch Erfolgserlebnisse einstellen. Bereits einige in- zubereiten sektenfreundliche Blütenpflanzen locken oft schon nach kurzer Zeit die ersten summenden Besucher an. Affektive Lernziele – Beispiele: Ob bei der Beobachtung von Insekten, dem Bau von Nisthilfen, der Umgestaltung des Außengelän- Leben als Wert identifizieren des oder der Haltung von Honigbienen: Durch die die eigene Einstellung zur Natur formulieren praktische Arbeit stärken die Kinder und Jugend- sich selbst als Teil eines Ökosystems einordnen lichen nicht nur ihre handwerklichen Fähigkeiten Emotionen beschreiben und Bewältigungsstrategien und ihr Wissen über die Natur, sondern gleichzeitig aufzählen auch ihre Selbstständigkeit und soziale Kompetenz. die eigenen Stärken beschreiben und nutzen Eigene Handlungsmöglichkeiten werden praktisch erfahren und regen zum Natur- und Umweltschutz auch im eigenen gegenwärtigen und zukünftigen All- Soziale Lernziele – Beispiele: tag an. Aufgaben kooperativ lösen Persönlichkeitsmerkmale von anderen beschreiben Interessen verschiedener Gruppen (Nachbarschaft, Dieses Symbol markiert die Vereine, Politik u. a.) benennen Lernziele Umweltbildung
Summende Lernorte | 19 Insekten und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) Bildung für nachhaltige Entwicklung Umwelt, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft stehen in einem engen Wechselverhältnis zueinander und be- einflussen sich gegenseitig. Ohne eine intakte Umwelt wird es langfristig gesehen keinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt geben. Umgekehrt ist ein effektiver Umweltschutz allerdings nur dann möglich, wenn Menschen nicht um ihre (wirtschaftliche) Exis- Hausmutter tenz kämpfen müssen. Noctua pronuba Unter „nachhaltiger Entwicklung“ wird eine Ent- wicklung verstanden, „die den Bedürfnissen der heu- BNE in Nordrhein-Westfalen tigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen In nordrhein-westfälischen Schulen wird BNE als inte- Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu graler Bestandteil der schulischen Bildung verstanden. wählen.“ (Brundtland-Bericht, 1987) Weder gibt es ein gesondertes Schulfach BNE noch ist BNE Gegenstand eines einzelnen Faches. Vielmehr soll Im Jahr 2015 beschlossen die Vereinten Nationen BNE an allen Schulen systematisch in den fachbezo- 17 Ziele (Sustainable Development Goals, SDGs) als genen Unterricht, in das fächerübergreifende Lernen, einen weiteren Schritt auf dem Weg in eine nachhaltige aber auch in Projekte und den allgemeinen Schulalltag (Welt-)Gesellschaft. Die SDGs beschreiben wichtige eingebunden werden. Entwicklungsherausforderungen für die Menschheit. Dabei werden die folgenden Leitgedanken verfolgt: Ziel 4 betont die Bedeutung von Bildung für all BNE soll Kinder und Jugendliche dazu befähigen, diese Ziele: Inklusiv, gerecht und hochwertig für alle Zukunft im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu Menschen soll Bildung sein. Das Bildungskonzept gestalten. Sie sollen dazu beitragen können, eine so- „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) ist da- zial gerechte, wirtschaftlich erfolgreiche, ökologisch bei als Unterziel 4.7 ein eigenständiges Handlungsfeld. verträgliche, kulturell vielfältige und demokratische Ziel von BNE ist es, die Menschen zu einem zukunfts gesellschaftliche Entwicklung zu befördern. Da- fähigen Denken und Handeln zu befähigen. Es gilt, die durch soll allen heute lebenden Menschen ebenso Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu wie den nachfolgenden Generationen ein chancen- verstehen und in die Lage versetzt zu werden, verant- gerechtes und selbstbestimmtes Leben in Frieden wortungsvolle Entscheidungen treffen zu können: für ermöglicht werden. die eigene Zukunft ebenso wie die von Menschen in In der Schule hat BNE die Aufgabe, die Schüler*in- anderen Regionen der Erde und die zukünftiger Ge- nen bei der Aneignung der dafür notwendigen fach- nerationen. lichen und überfachlichen Kenntnisse und Fähigkei- ten zu unterstützen. Diese werden dazu befähigt, die Auswirkungen ihres eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und zu reflektieren, damit sie eigenver- Dieses Symbol markiert die antwortliche, zukunftsfähige Entscheidungen tref- Lernziele BNE fen können – sowohl für sich selbst und ihre Gesell- schaft als auch für die Menschheit weltweit.
20 | Summende Lernorte Mit Insekten die Welt begreifen und gestalten Auch wenn BNE nicht auf konkrete Themen begrenzt ist: Insekten sind prädestiniert für Bildung von nach- BNE zeigt Bezüge auf von der Natur zum haltiger Entwicklung. Im Folgenden finden Sie einige Menschen – zum Mitmenschen, zur Kultur, Beispiele. zur Politik und zur Wirtschaft. Insekten besitzen nicht nur eine große Bedeutung BNE-Lernprozesse haben folgende für die Umwelt, sondern auch für Gesellschaft Merkmale: und Wirtschaft: Ein großer Anteil der Nutzpflanzen profitiert von der Bestäubung von Insekten oder ist Auswahl und Bearbeitung von exemplarischen Frage- gar auf diese angewiesen. Somit sichern Insekten stellungen in Hinblick auf ihre Zukunftsrelevanz die Lebensgrundlage ebenso wie das Einkommen Berücksichtigung mehrerer Dimensionen (ökolo- vieler Menschen. gisch, ökonomisch, sozial, kulturell, politisch) sowie Dabei entsteht ein Widerspruch, denn im gleichen ihre wechselseitige Abhängigkeit Zuge zerstört der Mensch immer stärker die natür- Multiperspektivische Betrachtung (unterschied- lichen Lebensräume der Insekten – und somit auch liche Denkweisen, fachliche Zugänge, unterschied die Grundlage seiner gesellschaftlichen und wirt- liche Räume, zeitliche Perspektiven, Interessenlagen) schaftlichen Existenz. Förderung des systemischen Denkens und der Ver- Die Bestäubungsleistung von Insekten ist sowohl netzung von Wissen lokal als auch global von großer Bedeutung. Berücksichtigung von Widersprüchen, Unwägbar- Beim Umgang mit Insekten stoßen kontroverse In- keiten, Risiken sowie Zielkonflikten und persön- teressenlagen von Akteur*innen aus Politik, Wirt- lichen Dilemmata schaft, Wissenschaft und Gesellschaft aufeinander. Eigenverantwortliche und partizipative Lernpro- Während z. B. Pflanzenschutzmittel vertreibende zesse Unternehmen dessen Einsatz befürworten, lehnen (aus: Leitlinie Bildung für nachhaltige Entwicklung, Vertreter*innen aus dem Umwelt- und Naturschutz Hg. v. Ministerium für Schule und Bildung des Lan- diesen ab. des Nordrhein-Westfalen 2019) Die Schüler*innen können selbst aktiv werden und Lösungsbeiträge zum Schutz der Insekten ent Aber auch in allen anderen Lernorten in NRW kann wickeln. Dabei können sie in Form von eigenver- BNE Platz finden. BNE ist keine Frage des Alters. In der antwortlichen und partizipativen Lernprozessen Kita, der Schule, der Hochschule, dem Ausbildungsbe- an gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsprozessen trieb, der Weiterbildung oder auf dem Sofa zu Hause. beteiligt werden bzw. diese aktiv mitgestalten. Überall können sich Menschen Gedanken zu einer nachhaltigen Entwicklung machen und aktiv werden.
Summende Lernorte | 21 Insekten in Literatur, Kunst, Musik und Film Sprache und Literatur Insekten tauchen in allen literarischen Gattungen auf. Sie finden sich in Gedichten ebenso wie in Dramen und Prosatexten. Die Auswahl ist recht groß, sodass sich für jede Altersgruppe etwas Passendes findet. Auf den S. 50–51 finden Sie einige Anregungen für alle Alters- gruppen. Gemeine Feuerwanze Pyrrhocoris apterus Bildende Kunst Schon seit der Antike sind Insekten beliebte Motive in Aufgrund ihres Artenreichtums und ihrer Vielfalt an der Kunst und Literatur. Der Schmetterling, der sich Mustern und Formen sind Insekten gute Objekte für vom winzigen Ei über die gefräßige Raupe bis hin zur die bildende Kunst. Sie beflügeln die Fantasie und in starren Puppe und schließlich zum prächtigen Falter spirieren zu eigenen Kreationen – in Form von Dru- entwickelt, hat die Schöpfungskraft vieler Künstler*in- cken, Modellen oder Skulpturen. Dabei werden die nen regelrecht beflügelt. Bereits in der Antike galten genaue Betrachtung und das Detailwissen geschult. Schmetterlinge als Sinnbilder für Verwandlung, Wie- Eine Auswahl an Impulsen finden Sie auf S. 52–53. dergeburt und Unsterblichkeit, später als Symbole der Auferstehung und Seele, Anmut und Liebe. Und noch heute haben wir „Schmetterlinge im Bauch“, wenn wir Musik verliebt sind. Auch in der Musik ergeben sich viele Anknüpfungs- Doch nicht alle Insekten erfuhren solch eine posi- punkte. Insekten haben nicht nur Nikolai Rimski-Kor- tive Wertschätzung – weder in der Kunst und Literatur sakow zu seinem berühmten „Hummelflug“, sondern noch in der Realität. Im Barock wurden Insekten zum auch noch viele andere Komponisten inspiriert. Einige Sinnbild für die Vergänglichkeit des Lebens und führ- Anregungen, wie Sie Musik und Insekten in Ihrer Bil- ten dem Betrachter unweigerlich vor Augen, wie sinnlos dungsarbeit verbinden können, finden Sie auf S. 54–55. dessen irdisches Streben nach Besitz und Reichtümern ist. Auch Angst und Ekel haben viele Künstler*innen zu ihren Werken inspiriert. Film Heutzutage wählen viele Künstler*innen einen Besonders für jüngere Kinder gibt es viele schöne Fil- eher experimentellen Zugang zu Insekten – und be- me und Serien, die Einblicke in die Lebensweise von ziehen diese in die Gestaltung ihrer Kunstwerke teil- Insekten bieten. Beispiele sind „Die Biene Maja“, „Die weise selbst mit ein. Winzlinge – Operation Zuckerdose“ oder „Das große Krabbeln“. Sie eignen sich auch gut als Einstieg in das Thema „Insekten“. Allerdings bedarf es eines kri- tischen Blickes, wo Fiktion und Biologie unterschied- Dieses Symbol markiert die liche Wege gehen, und ein pädagogisches Aufgreifen Lernziele Kunst und Kultur der Unterschiede, damit keine falschen Vorstellungen aufgebaut werden.
Ein Heim für Insekten | 23 Ein Heim für Insekten Der Verlust der Lebensräume ist einer der Hauptgrün- de für den Rückgang der Artenvielfalt weltweit. Wäh- rend es schwierig ist, für größere Tierarten wie Vögel oder sogar Säugetiere Lebensräume wiederherzustel- In diesem Kapitel stehen Ideen len oder zumindest Ersatzhabitate anzubieten, finden im Mittelpunkt, Insekten in und sich für manche Insektenarten vergleichsweise ein- an summenden Lernorten einen fache Lösungen. Und das auch gerade im urbanen neuen Lebensraum zu schaffen. Raum. Die klassischen, wohlbekannten Insektenho- Wie kann die Verbesserung des tels spielen dabei genauso eine Rolle wie die Anlage Außengeländes mit der pädago und Pflege von blühenden Gärten und Wiesen. gischen Arbeit verbunden werden? Wie kann aktiv eine Verantwortung Eine ganz besondere Rolle für die Bildungsarbeit für die im und am Lernort lebenden nehmen hierbei die Honigbienen ein. Ob Schulbienen, Insekten übernommen werden? ein Leihvolk oder der Besuch beim Imkerverein – an- hand eines Honigbienenvolkes lassen sich ökolo gische Zusammenhänge eindrucksvoll erklären. Und das hieran erworbene Wissen lässt sich auch auf die wilden Krabbeltiere übertragen.
24 | Ein Heim für Insekten Naturnahes Außengelände und gemeinsames Gärtnern Damit es im Außengelände summt, sollte dieses so Bei der Neugestaltung des Außengeländes kön- gestaltet werden, dass möglichst viele unterschied- nen die Kinder und Jugendlichen an vielen Arbeits- liche Bienen, Schmetterlinge, Käfer und andere schritten beteiligt werden. Sie können vorab ihre Krabbeltiere dort Nahrung, Nistmöglichkeiten, Un- Wünsche äußern, Pläne und Ideen skizzieren, externe terschlupf und ggf. Materialien zum Nestbau finden. Ansprechpersonen (Eltern, Nachbarn …) mit ins Boot Generell gilt: Insekten – und auch Kinder – fühlen sich holen und schließlich bei den handwerklichen und in wilden, unaufgeräumten Gärten wohl. Optimal sind gärtnerischen Arbeiten tatkräftig mit anpacken. viele kleinteilige Strukturen, die Lebensräume für un- terschiedliche Arten bieten. Nicht immer muss gleich das ganze Gelände komplett umgestaltet werden. Auch mit kleinen Maßnahmen wie z. B. dem Anpflan- Lernziele zen von insektenfreundlichen Pflanzen in Tontöpfen Umweltbildung oder Gemüse in Hochbeeten erzielt man schon eine große Wirkung! • gärtnerische Kulturtechniken nutzen • heimische Tier- und Pflanzenarten erkennen • das Gelände formen und gestalten • Aufgaben kooperativ lösen Kinder bekommen durch das Gärtnern Bezug zu ökologischen Zusammenhängen.
Ein Heim für Insekten | 25 Impulse für die Praxis: Marienkäfer Coccinellidae „Summendes“ Außengelände Eine bunte, vielfältige Mischung einheimischer Pflanzenarten bietet vielen Insektenarten ein gutes Nahrungsangebot. Die Pflanzen sollten möglichst Generell gilt: zu unterschiedlichen Zeiten blühen, damit blütenbestäubende Insekten wäh- Insekten – und rend der gesamten Vegetationsperiode über Nahrung finden. Bei der Auswahl müssen die Ansprüche an den Standort (Sonne, Halbschatten, Schatten) be- auch Kinder – rücksichtigt werden. Es sollten keine Pflanzen mit gefüllten Blüten verwendet fühlen sich in werden, da diese keinen Pollen und keinen oder nur wenig Nektar bieten. Doch nicht nur Blütenpflanzen, sondern auch Gräser, Klee und Brennnesseln sind wilden, unaufge- eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Insektenarten. räumten Gärten Beispiele für die Bepflanzung: Beispiele für Unterschlupf- wohl. Optimal sind Frühblüher wie Schneeglöckchen, und Nistmöglichkeiten: viele kleinteilige Narzissen und Krokusse Steinhaufen Blühstreifen mit Wildblumen Trockenmauern Strukturen, die „wilde Ecken“ mit Brennnesseln, Totholzhaufen Disteln, Gräsern und Klee Lebensräume für morsche Baumstämme Hochbeete mit Gemüse herabgefallenes Laub unterschiedliche Obstbäume (alte Sorten Sand- und Lehmhügel Arten bieten. bevorzugen) Baumstubben Beerensträucher (Johannisbeere, Himbeere, Stachelbeere …) Lavendel Hecke mit heimischen Gehölzen Tipp: Die Gestaltung eines natur- Kletterpflanzen wie Efeu, nahen Außengeländes kann mit Wilder Wein oder Knöterich Kindern und Jugendlichen gut im Kräuterspirale mit Thymian, Rahmen einer Zukunftswerkstatt Minze und Salbei (s. S. 46–47) erarbeitet werden! Möglichkeiten zur Vertiefung und Erweiterung: Anlegen eines Teichs. Dort lassen sich im Wasser lebende Insekten wie z. B. Libellenlarven und Wasserläufer beobachten. Wenn jüngere Kinder das Ge- lände nutzen, sollte der Teich eingezäunt werden. Alternativ kann ein Mini-Teich angelegt oder im Sommer eine „Insekten- tränke“, z. B. eine flache, mit einigen Steinen ausgelegte Schale, aufge- stellt werden. Errichten eines Freiluftklassenzimmers („Grünes Klassenzimmer“)
26 | Ein Heim für Insekten Die Natur ins Innere holen Eine mit natürlichen Materialien gestaltete Inneneinrichtung erzeugt eine warme, produktive Lernatmosphäre, in der sich Lehrende und Lernende glei- Lernziele chermaßen wohlfühlen. Das lässt sich mit relativ einfachen Mitteln und ein Umweltbildung bisschen Kreativität und Fantasie verwirklichen. Wenn sich alle aktiv beteiligen und ihre eigenen Ideen, Vorstellungen und Wünsche mit einbringen, fördert • gärtnerische Kultur- das die Identifikation mit dem Lernort und die Lernbereitschaft. techniken nutzen • Naturmaterialien künstlerisch nutzen Impulse für die Praxis: Pflanzen können im Winter auf der Fensterbank vorgezogen werden, ehe sie im Frühling nach draußen verpflanzt werden. Töpfe mit blühenden Wildblumen können als bloße „Dekoration“ die Innen- Ein mit natürlichen räume verschönern. Werden sie mit den Namen der Pflanzen beschriftet Materialien gestalte und ggf. mit aus Papier ausgeschnittenen Insektenarten „beklebt“, die sich von ihnen ernähren, bringt das zusätzliche Lerneffekte. ter Innenbereich Zeichnungen, Collagen, selbst erstellte Texte wie Gedichte und auch Wand- erzeugt eine warme, bemalungen von Insekten und ihren Lebensräumen lassen sogar die Innen- räume zu einem summenden Lernort werden. produktive Lern Auch der Geburtstagskalender kann mit Motiven aus der Insektenwelt ge- staltet werden. atmosphäre, in der Gefundene tote Insekten können in Gläsern mit Schildern beschriftet wer- sich sowohl die den und als Anschauungsobjekte dienen. Ggf. kann ihr Körperbau unter einem Binokular im Detail betrachtet werden. Fotografierte Ausschnitte Kinder und Jugend- können ausgedruckt und aufgehängt werden. lichen als auch Erwachsene wohl- Möglichkeiten fühlen. zur Vertiefung und Erweiterung: Einige Krabbeltiere können für einen begrenzten Zeitraum in einen (Klas- sen-)Raum einziehen. Ameisen oder Stabheuschrecken lassen sich z. B. mit einfachen Mitteln eine Zeit lang in Terrarien halten. Aber Achtung: In- formieren Sie sich unbedingt fachkundig über die Haltungsbedingungen und besprechen Sie mit den Kindern und Jugendlichen den Umgang mit den Lebewesen. Ohrenkneifer Dermaptera
Ein Heim für Insekten | 27 Honigbienen und Imkerei Honigbienen eignen sich gut für einen Einstieg in das Thema „Insekten“. Viele Kinder und Jugendliche hegen Sympathien für die fleißigen Honigsammlerinnen, die ihnen bereits aus Büchern und Filmen gut bekannt sind. Honigbienen können von Kindern und Jugendlichen aller Altersgruppen erforscht werden. Es gibt viele Möglich- keiten, mit ihnen in Kontakt zu kommen – auf dem Land ebenso wie in der Stadt. Denn in urbanen Räumen er- freut sich das Imkern einer immer größeren Beliebtheit. Bunte Bienenkästen sind schön. Lernziele Lernziele Umweltbildung BNE • ökologische Zusammenhänge erläutern • verschiedene Dimensionen einer nachhal • Naturprozesse störungsfrei beobachten und tigen Entwicklung berücksichtigen untersuchen • Lösungsbeiträge für gesellschaftlich • die Wechselwirkungen von Natur und Kultur relevante Themen/Fragestellungen und erklären Herausforderungen entwickeln • Leben als Wert identifizieren • Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe • Emotionen beschreiben und Bewältigungs- bzw. der Mitgestaltung von Nachhaltigkeits- strategien aufzählen prozessen aufzeigen • Aufgaben kooperativ lösen Hinweis: Ehe Kinder bzw. Jugend- Honigbienen langsam kennenlernen liche mit Honigbienen in Kontakt kommen, sollten die Eltern eine Es muss nicht immer sofort ein eigener Bienenstock sein. Einfacher umzu- Einverständniserklärung abgeben setzende Projekte können ein guter Start auf dem gemeinsamen Weg mit der und schriftlich bestätigen, dass bei Honigbiene sein: ihrem Kind keine Bienengiftallergie oder allergische Reaktionen auf Ausflug zu einer nahe gelegenen Imkerei Bienenstiche bekannt sind. Imker*in mit einem Schauvolk zu Besuch in Ihre Einrichtung einladen Das Ausleihen von Honigbienen für einen begrenzten Zeitraum (vom Früh- jahr bis zu den Sommerferien) in kleinen, mit Glasscheiben versehenen Kästen für das Außengelände Eigene Haltung von Honigbienenvölkern in der Einrichtung. Die Pflege der Bienen kann entweder ein*e Imker*in übernehmen oder eine Gruppe von Tipp: Ein gelungenes Beispiel für Kindern bzw. Jugendlichen unter fachkundiger Anleitung eines geschulten eine nachhaltig wirtschaftende Erwachsenen. Dies ist z. B. im Rahmen einer Bienen-AG möglich. Eine Erwei- Schülerfirma finden Sie auf S. 59. terung wäre der Aufbau einer (nachhaltig wirtschaftenden) Schülerfirma.
28 | Ein Heim für Insekten Checkliste: Selbst Honigbienen halten – ja oder nein? Ehe die Entscheidung fällt, eigene Honigbienen in Ihrer Einrichtung zu halten, sollten einige Vorüberlegungen getroffen werden. Genehmigungen: Die Erlaubnis des Grundstückbesitzers muss eingeholt und die Nachbarn sollten infor- miert werden. Eine Mitgliedschaft in einem Imkerverein sorgt für die nötigen Versiche- rungen und hilft bei den weiteren Genehmigungen. Standort: Die Bienenstöcke benötigen einen geeigneten Standort, entweder im Garten der Ein- richtung oder auf einem nahe gelegenen Grundstück. Dieser sollte sonnig, trocken und windgeschützt sein. Auch eine Wasserquelle und ein ausreichendes Angebot an Blüten- pflanzen sollten in der näheren Umgebung vorhanden sein. Zu häufig benutzten Wegen sollte ein Abstand von fünf Metern vorliegen. Räumlichkeiten: Es werden geeignete Räume für die Lagerung und Verarbeitung von Honig benötigt (z. B. Gartenschuppen, separater Klassenraum o. Ä.). Ggf. kann ein eigenes Bienenhaus gebaut werden, das auch zur Materialablage und als Arbeitsraum genutzt werden kann. Finanzierung: Auch wenn die Imkerei langfristig durch den Verkauf der Bienenprodukte finanziert wer- den kann, ist die Liste für die anfänglichen Investitionen lang: Bienenkästen mit Rahmen, Schutzanzüge für die Kinder, Winterfutter für die Bienen, Honigschleuder u. Ä. müssen angeschafft werden. Auch für Wasser und Strom fallen Kosten an. Zeitlicher Aufwand: Für die betreuenden Ansprechpersonen sollte ein gewisser Vorbereitungsaufwand ein- kalkuliert werden. Außerdem muss geregelt werden, wer sich wann um die Pflege der Bienenvölker kümmert – auch in den Ferien. Erfahrung und Fachwissen: Die Verantwortlichen müssen über Erfahrung im Umgang mit Bienen und entsprechendes Fachwissen verfügen. Dies lässt sich durch die Mitarbeit bei erfahrenen Imker*innen oder den Besuch von Fachlehrgängen aneignen. Lektüre von Fachliteratur kann den Wissens- erwerb unterstützen. Tipp: Es lohnt sich, mit einem örtlichen Imkerverein Kontakt aufzunehmen! Oft stehen diese mit Rat und Tat zur Seite und unterstützen Bienen-Projekte auch mit einem Bienen- volk als „Ableger“. Viele Quellen für Informationen und An- Westliche Honigbiene sprechpersonen finden Sie im Kapitel „Internetadressen, Apis mellifera Apps und Literatur“ auf S. 63–64.
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