Superman und Barbie In Worten sichtbar machen - Geschlechtergerechte Sprache im INFO
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Thema Superman und Barbie In Worten sichtbar machen Geschlechtergerechte Sprache im INFO Geschlechtergerechte Sprache – ein ein großes Fragezeichen auf: nur die Män- lebauer und -bauerinnen! Oder auch: Wie heißes Eisen. INFO hat es sich bereits ner nennen? Nur die Frauen? Oder beide? wichtig sind außerschulische Partnerinnen seit Jahren zur Aufgabe gemacht, bei- Was ist noch lesbar, was nur noch bloße und Partner? de Geschlechter in gleichem Maße zu Zumutung? Wort kommen zu lassen. Und dafür viel Lob, aber auch Kritik geerntet. Geschlechtergerecht schreiben ist eine Grat- Sprachliche Stolpersteine wanderung – keine Frage. Oberstes Gebot Unglücklich gewählte Doppelformen, die Für alle, die mit Sprache zu tun haben, stellt einer Journalistin oder eines Journalisten Mann und Frau nur pro forma und wenig sich früher oder später die Frage, wie sie etwa sind die Lesbarkeit und Verständlich- ernsthaft berücksichtigen, können Texten viel es mit der geschlechtergerechten Sprache keit ihrer Texte. Sie wollen die Dinge auf von ihrer Wirkung und Pointiertheit weg- halten. Dies gilt für das schreibende Gewer- den Punkt bringen und formulieren des- nehmen, zum Leidwesen der Autorin oder be, also die Schriftstellerei und den Journa- halb knapp und präzise. Da wundert es des Autors und natürlich der Leserinnen und lismus ebenso wie für das Verlags- und das nicht, dass geschlechtergerechte Formu- Leser. Da liest man, Pardon: lesen man und Bildungswesen. Und natürlich für alle, die lierungen in den Printmedien selten anzu- frau von Mitarbeiter/inne/n, von SchülerIn- publizieren, auch wenn sie nur einen Leser- treffen sind und in Titeln und Untertiteln nen, von Frau/Herrn Direktor/in, von Frau brief verfassen. Spätestens bei der ersten praktisch gar nicht vorkommen. Oder wie Dr.in, von Ärzt(e)/inne(n), Berater(inne)n Benennung einer Berufskategorie tut sich liest sich: Achtung Schuldenfalle für Häus- und anderem mehr. 10 Februar 2007
Geschlechtergerechte Sprache – also ein allerdings in unseren Sprachgebrauch ein- Ding der Unmöglichkeit? Nein. Zum Glück Geschlechtergerecht gebürgert hat) oder ganz einfach Lehrende, bietet die Sprache doch einige Mittel, ein formulieren die Zuhörerinnen und Zuhörer sind schlicht Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern Der K(r)ampf der verschiedenen Schrei- das Publikum, die Antragstellerin und der An- herzustellen. Nicht dazu gehören jedenfalls bungen offenbart die Unsicherheit in der tragsteller die Antragstellenden. Und Schüle- visuelle Stolpersteine wie der Schrägstrich Anwendung geschlechtergerechter Spra- rinnen und Schüler sind für uns irgendwo im Inneren oder am Ende eines Wortes. che. Das INFO bemüht sich seit jeher, auf auch Kinder und Jugendliche geblieben. Er vergrößert die verbale Kluft zwischen akrobatische Wort- und Satzverrenkungen Sprache ist ein Spiegel der Gesellschaft, kei- den Geschlechtern nur, anstatt sie aufzu- zu verzichten. Überall dort, wo es möglich ne Frage. Und als solcher gibt sie auch den heben. So werden in Lehrer/innen oder ist, werden in der Informationsschrift von Wandel der Geschlechterrollen wieder. Die Lehrer/Lehrerinnen fein säuberlich die ei- Deutschem Schulamt und Pädagogischem Vielzahl an mehr oder weniger geschlech- nen von den anderen getrennt. Wobei in Institut vollständige Paarformen angewandt: tergerechten Schreibungen deutet auf eine den meisten Fällen doch wieder die Män- Schülerinnen und Schüler ebenso wie Direkto- Übergangsphase hin, auf einen Wettbewerb ner voranschreiten und die Frauen sich rinnen und Direktoren, die auch mal zu Schul- zwischen den verschiedenen Ausdrucksmög- brav hinten anstellen müssen. Gar zu ei- führungskräften gebündelt werden dürfen. lichkeiten. Am Ende dieser Phase werden nem kleingedruckten Anhängsel verkom- Grammatik und Rechtschreibung bleiben wir – so hoffen wir – die besten Lösungen men Akademikerinnen in Bezeichnungen für die INFO-Redaktion maßgebend, kein gefunden haben, beide Geschlechter in der wie Doz.in, Dr.in und Univ.-Prof.in. Auch das Binnen-I und auch kein Schrägstrich sollen Sprache gut sichtbar zu machen. Wir von sogenannte Binnen-I scheint keine proba- die Freude am Lesen trüben, ausgenom- der INFO-Redaktion jedenfalls halten an te Lösung zu sein, Stichwort TeilnehmerIn- men in Tabellen und Schaukästen. Neutra- unserer Linie fest und sind unseren Lese- nen und BewerberInnen. Ein großes I, das le Formulierungen werden von uns über- rinnen und Lesern für allfällige Anregungen so unvermittelt im Wort aufragt, verstößt all dort eingesetzt, wo Frau und Mann aus und Kritik dankbar. nicht nur empfindlich gegen die Regeln der stilistischen Gründen nicht immer sichtbar Rechtschreibung, sondern tut auch dem gemacht werden können: So sind Lehrerin- Thomas Summerer Lesefluss keinen Dienst. Und schließlich nen und Lehrer schließlich auch Lehrperso- Leiter der Servicestelle Öffentlichkeitsarbeit am Schulamt kommt es auch darauf an, oder? nen (ein unschöner Ausdruck zwar, der sich und inhaltlicher Koordinator des INFO Februar 2007 11
Vom Superman zum Mann-Sein Körperarbeit mit Buben Die Prävention und Gesundheitsför- gespielt wird, verwechselt. Heilung für die Männern“, die ihre Schwäche leben und ge- derungspraxis muss sich zunehmend Buben liegt im Satz: „Ich darf ich sein“. rade dadurch den sich ständig verändern- mit dem Anspruch auseinanderset- den Anforderungen des Lebens gewachsen zen, geschlechtergerechte Konzepte sind. Starke Männer, die sich und die Welt zu entwickeln. Neben vielen anderen Wie kann eine gesunde ruinieren, gibt es schon genug. Inhalten spielt die kreative Körper- männliche Identitätsbildung Das folgende Spiel kann als Angebot zur Kör- arbeit im Erziehungsprozess eine erfolgen? perarbeit mit Buben dienen und anregen. wesentliche Rolle. Es braucht ältere Männer, die für die jünge- ren da sind sowie Rituale, die den Übergang „Blinde“ unter sich Die Identitätsbildung bei Kindern und Jugend- vom Buben zum Mann feiern. Viele Buben, Zwei Buben werden die Augen verbunden. Al- lichen erfolgt in erster Linie über den Kör- häufig die „Wilden der Klasse“, empfinden le anderen Buben stehen im Kreis und halten per. Buben haben entgegen dem zentralen neue Körpererfahrungen als sehr angenehm sich an den Händen. Die beiden „Blinden“ Rollengebot der körperlichen Überlegen- und bewerten Massagen, Entspannungsü- befinden sich innerhalb des Kreises. Einer der heit eine im Schnitt schwächere körperliche bungen, Phantasiereisen,Yoga und Koopera- „Blinden“ hat die Aufgabe, den anderen zu Konstitution als Mädchen. Sie sind nicht nur tionsspiele durchwegs positiv. Besonders die fangen. Die anderen Buben sind still und ach- krankheitsanfälliger, sondern auch im Alltag Jüngeren sind sehr aufgeschlossen für solche ten darauf, dass keiner der beiden den Kreis gefährdeter durch ihren geschlechtsspezifi- Angebote. Hier wäre es nötig, in einem ge- verlassen kann. Da sich die Kinder einzig und schen Leichtsinn beziehungsweise ihr rollen- schützten Rahmen Angebote zu schaffen, in allein auf ihr Gehör verlassen müssen, muss konformes Unvermögen, gefährliche Situa- denen sich Buben authentisch geben kön- es im Raum ganz leise sein. tionen angemessen einzuschätzen. nen, um den wirklichen inneren Kontakt zu Selbstverteidigungskurse und Kletterange- sich selbst und zu ihrem Körper herzustellen Brigitte Regele bote dienen dazu, den Bewegungsspielraum und um eigene Bedürfnisse und Ansprüche Mitarbeiterin an der Dienststelle für Gesundheitserziehung, von Mädchen zu erweitern und körperliche ungestört wahrnehmen und äußern zu kön- Integration, Schulberatung und Supervision Grenzen auszutesten. Für Buben hingegen nen, ohne sofort als gibt es bislang kaum akzeptable Modelle, unmännlich oder ver- wie sie ihr Körperbewusstsein in dieser weichlicht aufzufallen. computerorientierten Sitzgesellschaft neu Ein geschützter Rah- definieren können. Buben dürfen weder in men ist notwendig, ihren Körper hineinhorchen noch ihrer Ver- der die Möglichkeit letzlichkeit viel Beachtung schenken. Raufe- bietet, über sensible reien und gewalttätige Äußerungen gehö- Themen zu sprechen, ren nach wie vor zu den Mitteln, mit denen und in dem Buben sie sich körperlich ausdrücken. Ihre größte nicht fürchten müs- Angst besteht darin, Schwächen zuzulassen; sen, für ihre Gefühle dies führt oft zu einer Überforderung. „Ich von Mädchen ausge- leiste, also bin ich“, so wird Leistung zum lacht zu werden. Bu- wichtigsten Wertmaßstab männlichen Le- ben brauchen Vorbil- bens, und Identität wird mit der Rolle, die der von „schwachen 12 Februar 2007
Frauen in der Bildungsarbeit Starke Mädchen kommen überall hin Frauen sind in Südtirol zahlenmäßig • Ansetzen bei den Stärken: Nur so kön- gen und ihn nutzen können, beeinflusst ihr stärker vertreten, haben eine höhe- nen Mädchen ermutigt werden, ihren Selbstwertgefühl sowie das Bewusstsein re Lebenserwartung und erreichen Weg und ihre Art der Lebensgestaltung ihrer Fähigkeiten. ein höheres Bildungsniveau. Demge- selbst zu suchen und zu finden. In der genüber steht, dass Frauen in der Ar- Mädchenförderung geht es um eine Um- beitswelt niedrigere Löhne beziehen, und Neubewertung von Verhaltensweisen Prävention und weniger hohe Positionen einnehmen und Fähigkeiten. Die Mädchen sollen ihre Öffentlichkeitsarbeit und vor allem in spezifischen Berei- Fähigkeiten und Eigenschaften als positiv Die Unterstützung der Mädchen in ihrer Au- chen wie zum Beispiel im Bildungs- erleben, ihre Stärken und Schwächen be- tonomie, ihrem Selbstvertrauen und ihrem wesen zu finden sind. Dies kann nicht wusst definieren, um eine eigene Identität Widerstand wirkt sich langfristig präventiv allein auf die statistischen Abweichun- und ein starkes Selbstvertrauen zu ent- auf sexuelle Gewalt und materielle Ausbeu- gen im mathematischen Bereich der wickeln. tung aus. Eine breite Öffentlichkeitsarbeit ist Mädchen zurückzuführen sein. erforderlich mit dem Ziel, Lebensrealitäten von Mädchen in ihren gesellschaftlichen Zu- Die feministische Pädagogik zielt auf die Weibliche Vorbilder sammenhängen sichtbar zu machen. Verwirklichung von selbstbestimmtem Le- als Identifikationsfigur Die Beschäftigung mit der Geschlechterfra- ben der Mädchen und jungen Frauen. Dies Mädchen brauchen alternative weibliche ge kann Abwehr auslösen, darum bedarf es heißt, dass die in der Bildung tätigen Frauen Vorbilder in den verschiedenen Unterrichts- einer geschlechtssensiblen Arbeitsgruppe in sich mit weiblichen Ideen, Problemen und gegenständen. Mädchen und junge Frauen Bildungseinrichtungen. Geschlechterbewuss- Zukunftsvorstellungen ernsthaft auseinan- sind, um ihre gesamte Lebenssituation zu te Erziehung braucht zunächst eine gezielte dersetzen und diese unterstützen, ohne ih- begreifen, auf Fremderfahrungen angewie- Sensibilisierung von Kolleginnen und Kolle- nen ein gesellschaftliches „Aufholen“ aufzu- sen. Diese Vermittlungsarbeit leisten hier gen, von Jungen und Mädchen sowie den zwingen. Eine Fokusveränderung weg vom Frauen im Bewusstsein ihrer symbolischen Eltern durch eine Ent-Emotionalisierung. Ein Defizitblick hin zur Öffnung für die Stärken Handlung. Frauen, die in ihrer Arbeit ihre erster Schritt ist die Bereitstellung von Sach- der Mädchen ermöglicht es, diese nicht nur eigene Betroffenheit, Widersprüche und information (Theorie, Statistik). Fördernde in der Opferrolle, sondern als Subjekte ih- Widerstandsformen erkennen lassen. Die Frauen müssen sich ihrer Funktion gewahr rer eigenen Situation zu sehen. Mädchen erleben so, wie die bestehende werden, sich anerkennen, ihre Erfolge fei- Jede Form von Mädchenförderung soll auf Situation kritisierbar und langfristig verän- ern und auch konstruktive Kritik unterein- folgenden Grundsätzen beruhen: derbar ist. ander zulassen. • Geschlechtersensibles Bewusstsein der Bedürfnisgerechte Räume: Räume enthal- Zusammenfassend gilt es, in der Mädchen- Erzieherinnen: Förderung von Mädchen ten Bedeutungen, Festlegungen, Besitz- und förderung die Ressourcen der Erzieherinnen im Bildungsbereich beinhaltet bewusste Machtansprüche. Beginnend beim Pausen- und der Mädchen in der Bildung wertzu- und offene Parteinahme für die Interes- hof können auch andere Raumordnungen schätzen, Kompetenzen anzuerkennen, um sen und Bedürfnisse der Mädchen, sie so neu überdacht werden. Mädchen und jun- das Recht als Mädchen und Frau auf eine zu nehmen, wie sie sind, mit allen ihren ge Frauen brauchen Räume, in denen sie autonome Identität einzufordern. Widersprüchen. Erst aus der Erfahrung, wahrgenommen werden, öffentliche Räu- ernst genommen zu werden, kann sich me, die ihnen gleichzeitig Schutz bieten. Ingrid Ninz, Lehrerin an der Landesfachschule für der Mut zu Veränderung entwickeln. Wie Mädchen sich in einem Raum bewe- Sozialberufe „Hannah Arendt“, Bozen Februar 2007 13
Glück gehabt? Erklärungsmuster für die eigenen Leistungen Viele Schülerinnen und Schüler ha- die Erfolgserwartung und den Wert zu- sie häufig ihre Leistungen unterschätzen, ein ben eine unrealistische Vorstellung künftigen Lernens ist jedoch die Zuschrei- niedrigeres Vertrauen in ihre Fähigkeiten ha- von den Ursachen ihrer schulischen bung meines Erfolges bzw. Misserfolges auf ben und vor allem in höheren Altersstufen Erfolge bzw. Misserfolge. Deren an- bestimmte Ursachen. von einer geringeren schulischen Erfolgs- gemessene Einschätzung ist jedoch erwartung berichten. Mit dieser schlechten unverzichtbar, wenn beispielsweise er- Diese Ursachenerklärung nennt man motivationalen Ausgangsvoraussetzung ist es folgreiche Lernstrategien aufgebaut Attribution. Warum ist sie für das nicht verwunderlich, dass immer noch weni- und ineffektives Lernen reduziert Leistungsverhalten von Schülerinnen ge junge Frauen diese Bereiche für sich als werden sollen. Falsche Ursachener- und Schülern derart wichtig? Betätigungsfelder wählen. Und dies vor dem klärungen können somit langfristig Monika Finsterwald: Ursachen für das ei- Hintergrund, dass Mädchen und Jungen vor nicht nur das Lernen, sondern auch gene Verhalten sowie das anderer Personen Eintritt in die Pubertät in diesen Bereichen die schulische Motivation und den zu verstehen, ist ein natürliches, menschliches nahezu gleiche Fähigkeiten und Leistungen Selbstwert massiv beeinträchtigen. Bedürfnis. In der Schule bestimmen Kinder zeigen und kaum nennenswerte Interes- INFO hat mit der Psychologin Mo- und Jugendliche immer wieder für sich, was sensunterschiede auffindbar sind! nika Finsterwald ein Gespräch dar- die Ursachen für ihre Leistungen sind, zum über geführt. Beispiel richtig gelernt zu haben, die Inhalte Wie können Kinder und Jugendli- verstanden zu haben, einen guten Tag gehabt che mit geringer Motivation und ge- Was ist Motivation und wie kann sie zu haben. Worauf ich es zurückführe, dass ringem Selbstwertgefühl gefördert bei Schülerinnen und Schülern geför- ich erfolgreich bzw. nicht erfolgreich war, ist werden? dert werden? deshalb so zentral, weil dies Einfluss darauf Monika Finsterwald: Zahlreiche em- Monika Finsterwald: Nach neuerem hat, ob ich in Zukunft erwarte, in einer ähn- pirische Studien belegen, dass Erfolge vor Verständnis ist Motivation nicht mehr Ei- lichen Situation wieder (nicht) erfolgreich zu allem auf in der Person liegende Ursachen genschaft einer Person, sondern entsteht in sein. Als Folge geringer Erfolgserwartungen zurückgeführt werden sollten (zum Beispiel der Interaktion mit der Umwelt. Motivation können wir immer wieder beobachten, dass auf Fähigkeit, Anstrengung) und Misserfolge ist ein Prozess, der zielgerechte Handlun- Schülerinnen und Schüler nur halbherzig oder auf veränderbare Ursachen (zum Beispiel gen einleitet und diese auch aufrechterhält. gar nicht in den Lernprozess einsteigen oder auf mangelnde Anstrengung und Pech). Die- Die Gründe, etwas zu tun, können unter- Leistung verweigern. se Ursachenerklärungen führen zu einer schiedlich sein. Grundsätzlich gilt: Je höher günstigen Bewertung des Ergebnisses und das Interesse an einem Inhalt, desto größer Erklären sich Mädchen Erfolge und erhöhen die Erwartung, in Zukunft in ähn- ist auch die Motivation. Auch das Interesse Misserfolge anders als Buben? lichen Situationen angemessen handeln zu vonseiten der Lehrkraft für ein Themen- Monika Finsterwald: Wird die Motivation können. Grundsätzlich gilt für die Motiva- gebiet wirkt ansteckend. Wichtig ist, dass von Mädchen und Jungen in den mathema- tionsförderung die Merkregel, dass Erfolge Schülerinnen und Schüler wissen, dass sich tisch-naturwissenschaftlichen Fächern und hauptsächlich in der Person verursacht ge- ihre Fähigkeiten verändern können und dass in der Informatik genauer betrachtet, trifft sehen werden sollten, das heißt, die Schü- dies wesentlich von ihrem Einsatz abhängt. dies zu, und zwar stets zuungunsten von lerinnen und Schüler haben diese in der Außerdem müssen die Ziele, die in einem Mädchen. Schülerinnen führen ihre Erfolge Hand. Misserfolge hingegen sind veränder- zeitlich festgesetzten Rahmen erreicht wer- verstärkt auf Glück oder die Leichtigkeit der bar, das heißt auf einen Misserfolg folgt nicht den sollen, klar sein. Ausschlaggebend für Aufgabenstellung zurück. Hinzu kommt, dass zwangsweise wieder ein Misserfolg. 14 Februar 2007
re Leistun- wenn dies nötig ist und nicht aufzugeben, gen in Ma- da man „das ja noch nie konnte und auch thematik nicht lernen wird“. zu verbes- sern. Sie sa- Erklärungsmuster für (Miss-)Erfolge gen schnel- können also verändert werden. Wie ler : „Ich geschieht das am effizientesten? kann Ma- Monika Finsterwald: Zur täglichen Ar- the nicht.“ beit von Lehrkräften gehört es, mündli- Die Fol- ches und schriftliches Feedback zu geben. ge ist, dass Mündliche Feedbacks haben den Vor- sie sich von teil der Unmittelbarkeit: Einem Schüler vornherein oder einer Schülerin kann sofor t nach weniger an- dem Ergebnis eine motivational günsti- strengen ge Erklärung nahe gelegt werden. Zum und infol- Beispiel bei Erfolg kann man sagen: „Du gedessen hast dich gut vorbereitet.“ „Du hast das Misserfol- schnell begriffen.“ Bei Misserfolg könn- ge erzielen. te das Feedback folgendermaßen lauten: Bei Schülerinnen und Schülern mit einem Das Gefühl, versagt zu haben, stellt sich ein, „Bei dieser Aufgabe haben die meisten geringen Selbstwertgefühl ist es wichtig, Er- die Folge davon ist, dass sie sich noch we- ihre Schwierigkeiten.“ „Das musst du dir folge auf ihre Fähigkeiten zurückzuführen. niger anstrengen. Dieser Teufelskreis muss noch einmal anschauen.“ Schriftliches Dies erhöht den Selbstwert. Misserfolge und kann aufgebrochen werden. Feedback bei Hausübungen, Schulaufga- sollten in diesem Fall eher mit dem Lernen ben oder Hefteinträgen hat den Vor teil, (zum Beispiel falsche Vorbereitung, zu wenig Welche Begabungstheorien seitens dass es differenzier t und gut durchdacht Aufwand) erklärt werden. Wenn gute Leis- der Eltern und Lehrkräfte sind für ist. Das Feedback muss stets konstruktiv tungen auf äußere Umstände (zum Beispiel ein gutes Selbstwertgefühl und für und sachlich sein. Abwertende Rückmel- Glück oder leichte Aufgaben) und schlechte gute Leistungen förderlich? dungen vonseiten der Mitschülerinnen und Leistungen auf mangelnde Fähigkeiten zu- Monika Finsterwald: Kindern und Ju- Mitschüler sollten nicht unkommentier t rückgeführt werden, wirkt sich dies negativ gendlichen sollte vermittelt werden, dass stehen gelassen werden. Insgesamt ist es sowohl auf die Motivation als auch auf das Fähigkeiten erweiterbar sind und Anstren- für das Unterrichtsklima, für die Motiva- Selbstwertgefühl aus. gungen sich lohnen. Sich für Inhalte einzu- tion und den Selbstwer t der Kinder und setzen und zu lernen ergibt somit einen Jugendlichen äußerst hilfreich, mit ihnen Was wird unter „erlernter Hilflosig- Sinn. Diese Einstellung gilt es sowohl von- zusammen eine Feedbackkultur für den keit“ verstanden? seiten der Lehrpersonen als auch der El- eigenen Unterricht zu erarbeiten. Monika Finsterwald: Nehmen wir das tern zu unterstützen, da ein flexibles Bild Beispiel Mathematik. Mädchen glauben eher, von Fähigkeiten Schülerinnen und Schü- Interview: Christine Plieger, Mitarbeiterin des dass sie keinen Einfluss darauf haben, ih- ler motiviert, sich auch dann anzustrengen, Pädagogischen Instituts in der Begabungsförderung Februar 2007 15
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