Psychische Belastungen in der Schwangerschaft - Mind ...
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SCHWANGERSCHAFTSBETREUUNG tive Störungen, wobei sich oft kein DIAGNOSTIK + THERAPIE ursächlicher Zusammenhang mit der Psychische Belastungen vorangegangenen Schwangerschaft und Entbindung feststellen lässt. Das in der Schwangerschaft Hauptaugenmerk bisheriger Studien liegt dabei hauptsächlich auf der ma ternalen Depression, die am häufigs Teil 1: Ein häufiges Problem mit relevanten Auswirkungen – ten im zweiten und dritten Trimenon der Schwangerschaft auftritt (2). Die Daten von über 38.000 Schwangeren aus dem Geburtenreport Gesamtprävalenz unter schwangeren S. Wallwiener1, M. Götz1, L. M. Matthies1, A. Lanfer2, A. Gillessen2, Frauen wird dabei mit bis zu 17 % M. Suling2, H. Abele3, C. Sohn1, M. Wallwiener1 angegeben (8, 9). Eine schon beste hende depressive Episode während Psychische Belastungen in der Schwangerschaft werden in ihrer der Schwangerschaft stellt zusätzlich Häufigkeit und Tragweite oft unterschätzt. Dabei stellen sie einen wichtigen Risikofaktor für einen der häufigsten Risikofaktoren für ein ungünstiges Kurz- nachfolgende postpartale depressive und Langzeit-Outcome bei Mutter und Kind dar. Alle materna- Episoden dar (4). Während in den len psychischen Erkrankungen sind beispielsweise mit einer si letzten Jahren maternale Angststö gnifikant höheren Sectiorate verbunden, die Depression ist zu- rungen ebenfalls in den Fokus gerückt sätzlich mit einem im Durchschnitt niedrigeren Geburtsgewicht wurden (10–12), sind andere psychi und Frühgeburtlichkeit assoziiert. Im nachfolgenden Artikel sche Komorbiditäten in der Schwan möchten wir in Teil 1 eine Übersicht anhand der Geburtenko- gerschaft bislang nur wenig erforscht. horte der Techniker Krankenkasse geben, in deren Auswertung die Daten von 38.174 Schwangeren eingeflossen sind. In Teil 2, Allgemein konnten maternale psychi der in einer der folgenden Ausgaben des FRAUENARZT erschei- sche Erkrankungen während der nen wird, möchten wir Einblicke in ein systematisches Scree- Schwangerschaft als ein Risikofaktor ning- und Behandlungsprogramm im Rahmen des Innovations- für einen ungünstigen Schwanger fondsprojektes „Mind:Pregnancy“ geben, das ab 1.1.2019 in schaftsverlauf identifiziert werden ganz Baden-Württemberg die Regelversorgung ergänzen wird. (13, 14). Mehrere Studien wiesen einen Zusammenhang zwischen un Psychische Belastungen in der Peri sion“) handeln. Trotz einer hohen behandelten mütterlichen Depres partalperiode sind ein häufiges und Prävalenz von etwa 10–15 % wird eine sionen oder Angststörungen im Peri im praktischen Alltag fast immer un postpartale Depression bei Frauen oft partalzeitraum und erhöhten Frühge terschätztes Problem. Die Zeit der verkannt, weshalb nicht selten eine burtsraten bzw. niedrigem kindlichen Schwangerschaft stellt werdende Müt Diagnosestellung im Postpartalzeit Geburtsgewicht, Wachstums- und ter grundsätzlich vor eine emotionale raum ausbleibt (2). Die Risikofaktoren Entwicklungsverzögerungen (15) so Belastung, auch hormonelle Umstel für eine postpartale Depression über wie Verhaltensauffälligkeiten in der lungen beeinflussen die mentale Ge schneiden sich mit denen depressiver Kindheit nach (16–18). sundheit in hohem Maße (1). Kurz Erkrankungen, die schon vor oder nach der Geburt leiden viele Mütter während der Schwangerschaft auftre Neben einem möglichen negativen unter mehr oder weniger starken ten. Neben Schwangerschaftskompli kindlichen Outcome stellt sich auch Stimmungsschwankungen. Hält dieser kationen (3), früheren depressiven die Frage, inwiefern psychische Er Zustand an und zeigen sich neben Episoden und belastenden Lebens krankungen in der Schwangerschaft klassischen Symptomen einer Depres ereignissen spielen dabei auch die die Wahl des Geburtsmodus beein sion außerdem Zeichen emotionaler sozialen Verhältnisse der werdenden flussen. Ein möglicher kausaler Zu Labilität, Gefühllosigkeit dem Baby Mutter eine gewichtige Rolle (4–7). sammenhang zwischen psychischen gegenüber bis hin zu Zwangsgedan Erkrankungen und dem Geburtsmodus ken, kann es sich um eine postparta Neben spezifischen Störungen im Wo ist angesichts hoher Sectioraten von le Depression („Wochenbettdepres chenbett können Frauen rund um die besonderer Bedeutung. Allein in Geburt auch von sogenannten „peri Deutschland hat sich der Prozentsatz partalen psychischen Erkrankungen“ an Schnittentbindungen in den letz 1 Universitäts-Frauenklinik, betroffen sein. Darunter fallen Stö ten 25 Jahren von 15,3 % im Jahr Heidelberg 2 Techniker Krankenkasse, Hamburg rungsbilder der Depression, Angster 1991 auf 30,5 % in 2016 verdoppelt 3 Universitäts-Frauenklinik, krankungen, akute schwerwiegende (19). Aktuelle Studien konnten zei Tübingen Belastungs- und Anpassungsstörun gen, dass schwangere Frauen mit gen sowie somatoforme und dissozia psychischen Komorbiditäten häufiger 760 FRAUENARZT 59 (2018) Nr. 10
per Kaiserschnitt ohne klare medizi liche Auswertungen der Versorgungs folgte mithilfe der nach Vorgaben DIAGNOSTIK + THERAPIE nische Indikation entbinden. Als forschung dienen. Dem Antrag auf des Deutschen Instituts für medizi mögliche Ursache bei diesen Frauen die Durchführung der Sekundärdaten- nische Dokumentation und Informa werden ein geringeres mütterliches Analyse wurde durch das Bundesver tion (DIMDI) kodierten Diagnosen Selbstvertrauen sowie eine niedrige sicherungsamt stattgegeben. nach ICD-10 (International Statisti re Schmerzschwelle angeführt, wo cal Classification of Diseases and durch der Geburtsfortschritt gehin Die Grundgesamtheit bildeten rund Related Health Problems) aus der TK- dert und dadurch häufiger zugunsten 50.000 Datensätze von Müttern, die Datenbank zur stationären und am einer Sectio entschieden wird (20). im Jahr 2008 entbunden haben und bulanten medizinischen Behandlung Tatsächlich gab es in den letzten die innerhalb der letzten vier Quar der Versicherten. Für die Datenana Jahren ein Umdenken hinsichtlich tale vor und sieben Quartale nach der lyse wurden die Diagnosen zu psychi der Indikationen für einen Kaiser Geburt bei der TK versichert waren, schen Erkrankungen in vier Gruppen schnitt. Bei der Entscheidungsfin und deren Kindern. Um Zusammen zusammengefasst: Depression (ICD- dung zum optimalen Geburtsmodus hänge zwischen mütterlicher und 10-Codes F32-F33), Angsterkrankun fallen psychische Faktoren wie Angst kindlicher Morbidität sowie dem Ge gen (F40-41), somatoforme/dissozia vor einer vaginalen Geburt, frühere burtsgewicht bzw. Entbindungsmodus tive Störungen (F44-45, F48.1, traumatische Geburtserlebnisse sowie statistisch untersuchen zu können, F68.0) sowie akute Belastungsreak psychiatrische oder psychosomati mussten die Datensätze von Müttern tion und sonstige Anpassungsstörun sche Erkrankungen der Mutter we und Kindern zunächst gematcht wer gen (F43, F62). sentlich stärker ins Gewicht (21). den. Insgesamt konnten dabei über 80 % der im Jahr 2008 entbundenen Zur Identifikation des Geburtsmodus Methode Mütter ihren Kindern zugeordnet wer wurden G-DRGs (German Diagnosis den. Der Umfang der im Weiteren Related Groups System) herangezo Primäres Analyseziel war es, die Prä untersuchten Kohorte belief sich gen, da die meisten Geburten in valenz psychischer Erkrankungen und nach dem Matching auf 38.174 Da Deutschland stationär stattfinden und anderer Komorbiditäten von Schwan tensätze, wobei die gematchten jeder Geburt, die im Krankenhaus er geren sowie mögliche Zusammenhän Mutter-Kind-Paare keine wesentli folgt, eine entsprechende DRG zuge ge zum Geburtsmodus, dem Geburts chen Unterschiede in Bezug auf Al ordnet wird. Das G-DRG System aus gewicht und kindlicher Morbidität in ter, Schnittentbindungen und niedri dem Jahr 2008 umfasst dabei 12 G- einer großen, möglichst bevölke gem Geburtsgewicht im Vergleich zur DRG-Codes für die Geburt, wobei klar rungsrepräsentativen Kohorte zu un Grundgesamtheit aufwiesen (Tab. 1). zwischen vaginaler Geburt (G-DRG tersuchen. Hierfür wurden sogenann O02A, O02B, O60A–O60D) und te Routine- bzw. Sekundärdaten der Bei den Müttern wurde dabei der Schnittentbindung (G-DRG O01A– Techniker Krankenkasse (TK) heran Zeitraum von vier Quartalen vor dem O01F) unterschieden wird. Die Defi gezogen, die vorrangig zur Leistungs Geburtsquartal sowie sieben Quartale nition einer vaginalen Geburt umfass erfassung erhoben wurden und pri nach dem Geburtsquartal mit in die te dabei zusätzlich Hausgeburten und mär Abrechnungszwecken dienen. Analysen einbezogen, sofern ein Zu ambulante Geburten in Abgrenzung Unter Einhaltung entsprechender sammenhang zwischen der jeweiligen zu Kaiserschnittentbindungen, die datenschutzrechtlicher Auflagen kön Diagnose und Geburt im angegebe immer im stationären Kranken nen solche anonymisierten Daten nen Zeitfenster plausibel erschien. haussetting stattfinden. Da die ICD- auch als Grundlage für wissenschaft Die Beschreibung der Morbidität er Codes P07.2 und P07.3 (vor dem Ter TK-Kohorten im Vergleich zur Gesamtpopulation in Deutschland (22–26) TK-Versicherte, TK-Kohorte Population Grundgesamtheit nach Matching in Deutschland Durchschnittsalter Mütter 32,34 Jahre 32,14 Jahre rd. 31 Jahre Anzahl Mütter 48.446 38.174 663.000 Anzahl Kinder 52.137 38.857 683.000 Anteil Kaiserschnittentbindungen 30,0 % 29,8 % 30,2 % Anteil Kinder < 2.500 g Geburtsgewicht 3,8 % 3,6 % 4,7 % Anteil außerklinische Entbindungen 2,9 % 2,7 % 1,3 % Tab. 1 FRAUENARZT 59 (2018) Nr. 10 761
min Geborene) sehr schlecht kodiert DIAGNOSTIK + THERAPIE waren und somit eine Untersuchung Psychische Erkrankungen und Geburtsmodus von Frühgeburtlichkeit nicht möglich war, wurden die ICD-10-Codes P07.0 30 % Gesamt und P07.1 (Geburtsgewicht < 2500 g) 25 Summe Sectio und P08.0 (Geburtsgewicht > 4500 g) Summe Vaginal 20 der Sekundärdaten als Ersatz für das Gestationsalter zum Zeitpunkt der 15 Geburt zu Rate gezogen. Ein kindli 10 ches Geburtsgewicht von ≤ 2499 g wurde dabei als untergewichtiges, ein 5 Geburtsgewicht von ≥ 4500 g als über 0 gewichtiges Neugeborenes definiert. st n tio e n en ge / gs so ak nd un en sio ng ör st n n un nd re ge ör g es St un ku un ige ss u ngs wie pr n e tör an Statistische Auswertung De ge u r kr st e tiv S la hw er ia e oz rm Alle statistischen Analysen bezüglich t B e e sc gs ss fo An ut Di ato der in dieser Untersuchung vorliegen Ak m So den Daten wurden mittels SAS Ver pa An sion 9.3 durchgeführt (SAS Institute, Cary, NC, USA). Die Datenanalyse Abb. 1: Prävalenzen psychischer Erkrankungen und Geburtsmodus (vaginal vs. Sectio). Statistisch basierte dabei auf der Auswertung signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen sind mit einem Stern (*) gekennzeichnet. diagnostischer Daten hinsichtlich der Prävalenz psychischer Erkrankungen in der Patientenkohorte unterschied 36.632 Kinder mit normalem Ge in der Schwangerschaft und deren lich häufig auf. Für das Jahr 2008 wur burtsgewicht (95,96 %) und 1.164 Assoziation zum Geburtsmodus sowie den bei den untersuchten 38.174 Fälle (3,05 %) mit der ICD-10-Kodie Geburtsgewicht. Die Prävalenzunter Schwangeren innerhalb der vier Quar rung P07.0 oder P07.1 (niedriges schiede je nach Geburtsmodus und tale vor Entbindung bei 9,3 % der Fäl Geburtsgewicht < 2500 g). Bei 378 Geburtsgewicht wurden mittels Chi- le eine Depression kodiert, in 16,9 % Neugeborenen wurde hingegen ein Quadrat-Tests auf ihre statistische eine Angststörung, in 24,2 % der Fälle Übergewicht diagnostiziert (0,99 %). Signifikanz hin geprüft. Anschließend eine somatoforme/dissoziative Stö Lag die Diagnose im Jahr vor der Ge wurden für jede der vier Gruppen rung und in 11,7 % der Fälle wurde burt vor, zeigte sich sowohl für die psychischer Erkrankungen mittels lo eine akute schwerwiegende Belas Diagnosegruppe der depressiven Stö gistischer Regression adjustierte tungsreaktion kodiert (Abb. 1). rungen als auch für die „akute Odds Ratios für die Wahrscheinlich schwerwiegende Belastungsreaktion keit eines Kaiserschnitts sowie eines Für alle betrachteten Diagnosegrup und sonstige Anpassungsstörungen“ niedrigen Geburtsgewichts berech pen zeigte sich, dass Mütter mit nach der Regressionsanalyse ein sta net. Für Faktoren, die mit relativ ho einer diagnostizierten psychischen tistisch signifikanter Zusammenhang her Wahrscheinlichkeit Verzerrungen Störung häufiger ihre Kinder per Sec für ein untergewichtiges Kind oder der Ergebnisse hervorrufen könnten, tio entbinden (Depression: OR = eine Frühgeburt (Abb. 2). Die höchs erfolgte eine Adjustierung. Diese wa 1.257; 95% CI 1,14–1,39; Angststö te Odds Ratio konnte dabei in der ren das Alter der Mutter bei der Ge rung: OR 1.106, 95% CI 1,02–1,19; Gruppe der Mütter mit depressiven burt und der Wohnort bei Geburt Somatoforme Störungen: OR 1.122, Erkrankungen festgestellt werden (OR (Westdeutschland vs. Ostdeutschland 95% CI 1,05–1,20; Akute Belastungs = 1.337, 95 % CI 1,06–1,69). inkl. Berlin), da bei den Kaiserschnitt reaktion: OR 1.170, 95% CI 1,07– raten ein deutliches Ost-/Westgefäl 1,28). Das höchste Risiko für eine Diskussion le in der untersuchten Kohorte vor Kaiserschnittentbindung hatten da lag. Aufgrund einer hohen gegensei bei schwangere Frauen, die an jed Die Zahlen aus dem Geburtenreport tigen Korrelation wurden zusätzlich weder Form einer depressiven Stö unterstreichen die Notwendigkeit, Odds Ratios für Kaiserschnittgebur rung erkrankt waren (OR 1.257). psychische Belastungen in ihrer ten für das Geburtsgewicht des Kin Häufigkeit als Risikofaktor in der des und umgekehrt adjustiert. Im Anschluss daran wurden die Zu Schwangerenvorsorge unbedingt zu sammenhänge zwischen den vier un berücksichtigen. In Ermangelung Ergebnisse tersuchten Diagnosegruppen der pe epidemiologischer Daten aus öffent ripartalen psychischen Erkrankungen lichen Registern zu psychischen Stö Die genannten psychischen Erkrankun und dem kindlichen Geburtsgewicht rungen in der Schwangerschaft kön gen der vier Diagnosegruppen traten überprüft. Insgesamt ergaben sich nen wir anhand der ausgewerteten 762 FRAUENARZT 59 (2018) Nr. 10
24,2 % im vorliegenden Studienkol DIAGNOSTIK + THERAPIE Psychische Erkrankungen und Geburtsgewicht < 2500 g lektiv. Eine vergleichbar hohe Präva lenz von 28,5 % konnte zwar im Rah 2,5 men einer WHO-Studie zur Prävalenz (Wahrscheinlichkeit für Untergewicht) 1 J. prä-p somatoformer Störungen in Allge 2,0 meinarztpraxen gefunden werden Adjustierte Odds Ratio 1,5 (31). Allerdings beziehen sich diese Zahlen auf ein nicht-schwangeres 1,0 Studienkollektiv. Dabei erkrankten 0,5 Frauen häufiger als Männer (RR 1.7), wobei eine Kinderzahl > 1 im Ge 0,0 schlechtervergleich einen wesentli chen Risikofaktor für Frauen darstell st n tio e n en ge / gs so ak nd un en sio ör st n ng n un nd re ge ör g te (RR 1.8). Eine mögliche Erklärung es St un ku un ige ss u ngs wie pr n e tör an De ge für die hohe Prävalenzrate im TK- u r st e kr tiv S la hw er ia e oz rm B e e sc Kollektiv ist die Tatsache, dass die t gs ss fo An ut Di ato Ak Diagnosegruppe zu den somatofor m So pa men/dissoziativen Störungen auch An die Gruppe der hypochondrischen Störungen (ICD-10 F45.2) beinhalte Abb. 2: Adjustierte Odds Ratios für Untergewicht beim Kind und maternaler psychischer Erkran- kung. Signifikante Ergebnisse sind mit einem Stern (*) markiert. te, unter der auch schwangerschafts- oder geburtsbezogene Angst kodiert Daten von mehr als 38.000 Mutter- als eine erste Quelle für deren Ge werden kann. Kind-Paaren erstmals ein epidemio samtprävalenz dienen. Der hohe logisches Profil psychischer Erkran Anteil von 11,7 % der schwangeren Geburtsmodus kungen während der Schwanger Frauen unterstreicht zudem die Unsere Datenanalyse konnte signifi schaft für Deutschland präsentieren. Wichtigkeit solcher Auswertungen. kante Auswirkungen psychischer Er Dabei zeigen die eigenen gefunde So standen zum jetzigen Zeitpunkt krankungen auf den Geburtsmodus nen Zahlen von 9,3 % mit Depressio tatsächlich keine vergleichbaren nachweisen: So war die Sectiorate nen eine hohe Übereinstimmung mit Studien oder Prävalenzraten in der bei den Frauen, die mit irgendeiner Prävalenzraten aus früheren Studien, Literatur zur Verfügung. Lediglich der vier untersuchten psychischen insbesondere für diagnostizierte De für die Subgruppe der posttrauma Störungen diagnostiziert waren, si pressionen (ante-, peri- und post tischen Belastungsstörung (PTBS) gnifikant erhöht. Auch hierzu exis partal). In einem systematischen konnten frühere Studienergebnisse tieren bislang nur wenige vergleich Review von Bennett et al. konnten zum Vergleich herangezogen wer bare Studien. Eine schwedische Stu vergleichbare Prävalenzraten von den, welche Prävalenzraten von die aus dem Jahr 2015 von Sydsjö et 7,4 % im ersten Trimenon, 12,8 % im 3,3 % bis hin zu 18,95 % in Hochri al. zeigte eine signifikant höhere zweiten Trimenon und 12,0 % im siko-Populationen aufzeigten (29). psychiatrische Komorbidität bei dritten Trimenon nachgewiesen wer Die gefundene Prävalenz von 11,7 % Frauen, die aktiv einen Kaiserschnitt den (9), während Underwood et al. der TK-Kohorte mit Niedrig-Risiko- einforderten (10 % vs. 3,5 %) (30). eine durchschnittliche Prävalenz von Profil kann dabei etwa in der Mitte Die Untersuchungen basierten dabei 17 % für pränatale und 13 % für dieser beiden Extreme eingeordnet auf einem Datensatz von 64.000 postnatale Depressionen in mehreren werden. Frauen aus dem schwedischen Ge Studien feststellten (8). Auch die burtenregister. Die Ergebnisse ma Prävalenz von 16,9 % der Schwange Ähnlich wie bei anderen psychischen chen deutlich, dass diese Frauen ren aus der TK-Kohorte mit diagnos Erkrankungen in der Schwangerschaft eine besonders gefährdete Patien tizierter Angststörung lässt sich op waren auch die bisherigen Studien tengruppe mit speziellem Betreu timal in bisherige Prävalenzraten ergebnisse zu somatoformen/disso ungsbedarf darstellen. Nicht nur sind von 11,1 % bzw. 15 % für prä- und ziativen Störungen dürftig, bei einer eine Abklärung hinsichtlich des Vor postpartale Angsterkrankungen aus nachgewiesenen niedrigen Prävalenz liegens einer psychischen Erkran früheren Untersuchungen einordnen unter Schwangeren von lediglich kung in der Schwangerschaft sowie (27, 28). 5,9 % in einer Untersuchung aus dem das Angebot einer entsprechenden Jahr 2015 (30). Umso überraschender Beratung und Behandlung unabding Bezüglich der Diagnose einer akuten war daher die unerwartet hohe Prä bar. Auch bei der Wahl des optimalen Belastungsstörung in der Schwan valenz an Fällen einer somatoformen Geburtsmodus muss diese psychische gerschaft kann unsere Datenanalyse oder dissoziativen Störung von Labilität mit in den Entscheidungs FRAUENARZT 59 (2018) Nr. 10 763
prozess einbezogen werden, um die der Literatur ein uneinheitliches Bild Depressionsprävalenz/-inzidenz, Ge DIAGNOSTIK + THERAPIE Sectiorate in dieser Patientengruppe ab (17). burtsmodus und Sectioraten unter aus Mangel an Bewältigungsstrate sucht, ob durch das Hilfsangebot die gien nicht unnötig in die Höhe zu Fazit Inanspruchnahme einer Geburt per treiben. Kaiserschnitt verringert werden kann Die Daten von über 38.000 Schwan (www.mindpregnancy.de). Kindliches Outcome geren aus dem Geburtenreport liefern Neben Auswirkungen auf die mater erstmalig ein epidemiologisches Pro Datenquelle nale Gesundheit stellen psychische fil psychischer Erkrankungen während Dieser Artikel basiert auf den Daten Erkrankungen ebenfalls einen Risiko der Schwangerschaft für Deutschland. einer Studienkohorte der Techniker faktor für ein negatives kindliches Es lässt sich festhalten, dass mater Krankenkasse zum Geburtenreport Outcome dar. Unsere Zahlen zeigten, nale Depressionen und bisweilen auch 2017 („Eine Routinedatenanalyse zu dass Kinder von Müttern mit diagnos Angsterkrankungen als Risikofaktoren Kaiserschnitt und Frühgeburt“) (36). tizierter Depression signifikant häu für ungünstige Schwangerschaftsver Mehr Informationen zum Geburten figer untergewichtig entbunden wur läufe identifiziert wurden. Das erhöh report und der Routinedatenanalyse den. Diverse Studien untersuchten te Risiko für eine Frühgeburt oder die der Techniker Krankenkasse können eine mögliche Beziehung zwischen Geburt eines Kindes mit einem Ge auf der TK Webseite unter der URL: vorgeburtlicher Depression und Früh wicht unter 2.500 g ebenso wie die https://www.tk.de/tk/themen/ geburt oder niedrigem Geburtsge signifikant erhöhte Kaiserschnittrate praevention-und-fehlzeiten/gebur wicht (32–35). Eine Meta-Analyse in dieser Patientengruppe verdeutli tenreport-2017/951934 abgerufen von 23 Studien kam zu dem Ergebnis, chen, dass psychische Komorbiditäten werden. dass eine unbehandelte Depression auch bei der Wahl des optimalen Ge in der Schwangerschaft mit signifi burtsmodus in Betracht gezogen wer Literatur kant erhöhtem Risiko für eine Früh den müssen. In jedem Fall sollten die geburt (OR 1.56; 95 % CI 1,25–1,94) gefunden Prävalenzraten für Depres Bei den Autoren oder in der Online- und niedrigem Geburtsgewicht (OR sion, Angststörungen und insbeson Version des Beitrags unter www. 1.96; 95 % CI 1,24–3,10) assoziiert dere auch für die somatoformen Stö frauenarzt.de war (16). Schon eine frühere Meta- rungen Anlass dazu geben, diese zu Analyse von 2010 war zu einem ähn künftig in den Fokus weiterer Studien Interessenkonflikte lichen Ergebnis gekommen, Grote et zu rücken. S. W. gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. M. G. gibt an, dass keine Interes- al. zeigten jedoch, dass die Höhe senkonflikte bestehen. L. M. M. gibt an, dass dieses Effektes abhängig von der je Ausblick: Mind:Pregnancy XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XX. A. L. gibt an, dass keine Interessenkon- weiligen Messmethode, dem Wohnort flikte bestehen. A. G. gibt an, dass keine In- oder sozioökonomischen Status war Diese Ergebnisse mit bislang unge teressenkonflikte bestehen. M. S. gibt an, das keine Interessenkonflikte vorliegen. H. (18). Insgesamt zeichnet sich hier in ahnt hohen Prävalenzraten psychi A. gibt an, dass Interessenkonflikte in den scher Erkrankungen in der Schwan Bereichen Gutachtertätigkeit, Fortbildung gerschaft verdeutlichen, dass es und Kongresse und wissenschaftliche Tätig- keiten vorliegen. C. S. gibt an, dass XXXXXX dringend notwendig ist, ein Scree XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. M. 9. ESSENER ning oder Beratungsdienste in die W. gibt an, dass Interessenkonflikte im Be- reich wissenschaftliche Tätigkeiten vorlie- klinische Regelversorgung zu etablie SYMPOSIUM ren. In Teil 2 möchten wir daher Ein gen. ZUR GYNÄKOLOGISCHEN ONKOLOGIE UND SENOLOGIE blick in das Innovationsfondsprojekt Mind:Pregnancy geben. Dies stellt 16. FEBRUAR 2019 ein systematisches Screeningpro gramm auf affektive Symptome in der Für die Autoren + AUSGABE DER NEUEN THERAPIESTANDARDS 2019 Schwangerschaft dar. Eine koordi nierte Weiterbehandlung für auffällig gescreente Patientinnen wird eben PD Dr. med. falls sichergestellt. Die online-basier Stephanie Wallwiener te, schwangerschaftsbegleitende Universitäts-Frauenklinik Achtsamkeitsintervention dient der Heidelberg Stärkung der psychischen Stabilität 2019 IM CC WEST von Schwangeren und Förderung Im Neuenheimer Feld 440 69120 Heidelberg CONGRESS CENTER ESSEN einer physiologischen Geburt. Im stephanie.wallwiener@gmail. www.essener-symposium.com Projekt wird durch eine interventi com onsbegleitende Evaluation bezüglich 764 FRAUENARZT 59 (2018) Nr. 10
www.dggg2018.de 62. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Berlin 31.10.– 03.11.2018 Wir freuen uns auf Sie in Berlin! Frauenheilkunde im Fokus – wissenschaftlich fundiert und der Qualität verpflichtet Abele Abou-Dakn Albring Alkatout Axt-Fliedner Aydeniz Baessler Bamberg Barinoff Battista Bauer Becker Beckmann Bedei Beilecke Berg Berger Bischoff Blohmer Bock Bojahr Böttcher Braun Brucker Buchholz Bühling Chaoui Costa Dannecker David De Wilde Delisle Denschlag Diedrich Dimpfl Dittrich Domschke Dunstheimer Ebert Fasching Fehm Fill Malfertheiner Fink Fleisch Friese von Fritschen Fünfgeld Gaase Gabriel Gabriel Gembruch Gerber Germer Germeyer Goeckenjan Grab Griesinger Günthert Hadji Hahn Hampl Harbeck Harlfinger Harter Hartkopf Hasenburg Hegele Hellmeyer Henes Henrich Heß-Erdmann Hillemanns Holthaus Hoopmann Hoyme Huber Hübner Janni Jonat Juhasz-Böss Jundt Kagan Kähler Kainer von Kaisenberg Kalder Kehl Kentenich Kiechle Kiesel Kociszewski Kohlberger Kölbl König Krentel Kühn Kühnert Lampe Lange Louwen Ludwig Mahner Mallmann Maul Müller Müller Naumann Neis Neis Neulen Niederacher Nitzsche Noé Nordhoff Oppelt Oppelt Ortmann Oskay-Özcelik Paepke Peschers Puppe Purandare Rack Ratzel Reisenauer Renner Rody Römer Römer Runnebaum Salehin Sänger Schäfer Schäfer-Graf Scharl Scharrel Schaudig Schlembach Schleußner Schmalfeldt Schmidt Schmidt Schneider Schneider Schnürch Scholz Schott Schüring Schwenkhagen Schweppe Schwertner-Tiepelmann Seelbach-Göbel Sehouli Seifert-Klauss Sillem Sinn Sohn Solbach Solomayer Stepan Strowitzki Stute Surbek Sütterlin Taran Tchartchian Tchirikov Tempfer Thaler Theurer Thill Thomssen Thum Torsten Toth Tunn Uhl Ulrich Untch Veit Verlohren Vetter Viereck Visser von Versen-Höynck von Wolff Vordermark Wacker Wagner Wagner Wallwiener Wallwiener Geballte Fachkompetenz erwartet Sie in Berlin! Wallwiener Wallwiener Wenz Willruth Wimberger Windler Witzel Wöckel Wodtke Würstlein Zoche Zygmunt
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