Sustainable Banking Regulatorische Entwicklungen zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems

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Sustainable Banking Regulatorische Entwicklungen zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems
Februar 2021

Sustainable Banking
Regulatorische
Entwicklungen zur
Schaffung eines
nachhaltigen Finanzsystems
Sustainable Banking Regulatorische Entwicklungen zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems
Sustainable Banking
                      Regulatorische Entwicklungen zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems

Inhaltsverzeichnis
1     Summary .....................................................................................................3
2     Einleitung ....................................................................................................5
3     Taxonomie – EU-weite Definition von „grün“ ..........................................8
    3.1      Bedeutung der Taxonomie ........................................................................................ 8
    3.2      Anwendung der Taxonomie ...................................................................................... 8
    3.3      Schrittweise Implementierung der Taxonomie ..................................................... 10
4     OffenlegungsVO – Vertrauen durch Transparenz .................................. 11
    4.1      Transparenz von Nachhaltigkeitsaspekten in Geschäftsprozessen ................. 11
    4.2      Unterscheidung zwischen „light green“ und „dark green“ ................................... 12
    4.3      ESA-Konsultation zu technischen Regulierungsstandards zur OffenlegungsVO
             13
    4.4      Gap zur nichtfinanziellen Berichterstattung .......................................................... 15
    4.5      Kleines Zeitfenster zur Umsetzung ........................................................................ 15
5     MiFID II – Einführung von Nachhaltigkeitspräferenzen und -faktoren . 16
    5.1      Änderung der MiFID-Richtlinie ................................................................................ 16
    5.2      Berücksichtigung von Nachhaltigkeit bei der Geeignetheitsprüfung................. 17
    5.3      Nachhaltigkeit im Zielmarkt ..................................................................................... 17
    5.4      Bezug zur OffenlegungsVO..................................................................................... 18
6     EU-Referenzwerte-VO – Einführung von Klima-Benchmarks ............... 18
    6.1      Änderung der EU-Referenzwerte-VO .................................................................... 18
    6.2      Mindeststandards für Klima-Benchmarks ............................................................. 18
    6.3      Pflichten der Administratoren .................................................................................. 20
7     Nachhaltigkeitsstandards für grüne Anleihen ....................................... 20
    7.1      Einführung des EU-Green Bond Standards.......................................................... 20
    7.2      Unverbindliche internationale Marktstandards ..................................................... 23
8     BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken .................... 24
    8.1      Nachhaltigkeitsrisiken als Einflussfaktoren bekannter Risikoarten ................... 24
    8.2      Proportionalitätsgrundsatz im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken ................... 25
    8.3      Anknüpfung an EU-Taxonomie............................................................................... 26

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Übersicht regulatorische Initiativen ................................................................... 7
Abbildung 2 Taxonomie ........................................................................................................... 10
Abbildung 3 OffenlegungsVO ................................................................................................. 15
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Abbildung 4 Klimabenchmarks ............................................................................................... 19
Abbildung 5 Taxonomie und EU Green Bond Standard .................................................... 22
Abbildung 6 BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken ........................... 26

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Sustainable Banking
                 Regulatorische Entwicklungen zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems

1 Summary
Für die Bekämpfung des Klimawandels bzw. zur Anpassung an dessen Folgen, sind laut Europäischer
Investitionsbank zusätzliche jährliche Investitionen von 180-270 Mrd. Euro erforderlich. Der
Aktionsplan zur Finanzierung eines nachhaltigen Wachstums hat zum Ziel, die Finanzwirtschaft in diese
Bekämpfung mit einzubeziehen, um die erforderlichen Finanzmittel zu generieren. Das Auftreten der
COVID-19-Epidemie führte nicht zu einer Relativierung der Nachhaltigkeitsbestrebungen seitens der EU-
Kommission. Vielmehr betont sie die Notwendigkeit, die europäische Wirtschaft ganzheitlich
nachhaltiger und widerstandsfähiger zu gestalten, um die Gefahren vergleichbarer gesundheitlicher
Notfälle zukünftig zu minimieren, deren Auftreten mit dem Klimawandel wahrscheinlicher würden.

Das vorliegende Whitepaper „Sustainable Banking“ beschreibt die wesentlichen regulatorischen
Anforderungen, die zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems bereits eingetreten sind oder in naher
Zukunft eingeführt werden.

Das Whitepaper betrachtet dabei die nachfolgenden sechs Themenfelder in unterschiedlichen Kapiteln:

    1.   Die EU-Taxonomie: sie stellt ein EU-weites Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige
         Wirtschaftsaktivitäten    dar und definiert Nachhaltigkeitsanforderungen an ökonomische
         Aktivitäten und Investments in diese. Zur Prüfung konkreter ökonomischer Aktivitäten auf
         Compliance mit mindestens einem Ziel der sechs abstrakt formulierten Umweltziele, werden sog.
         Technical Screening Criteria veröffentlicht. Die spezifischen Regelungen der ersten beiden
         Umweltziele sind ab dem 1. Januar 2022 anzuwenden, die der vier anderen Ziele ein Jahr später.
    2.   Die   OffenlegungsVO:        diese      hat    zum    Ziel,   Transparenzanforderungen         bzgl.
         Nachhaltigkeitsaspekten       im       Investitionsentscheidungs-,       Anlageberatungs-       und
         Versicherungsberatungsprozess von Finanzmarktteilnehmern und Finanzberatern zu
         harmonisieren. Zukünftig müssen neben allen relevanten finanziellen Risiken auch alle
         relevanten Nachhaltigkeitsrisiken, die sich maßgeblich negativ auf die Rendite einer Investition
         oder Beratung auswirken können, berücksichtigt, kontinuierlich bewertet und in den
         vorvertraglichen    Informationen      erläutert   werden.    Finanzprodukte     werden   in     drei
         Nachhaltigkeitskategorien mit unterschiedlich umfangreichen Offenlegungspflichten unterteilt.
         Technische Regulierungsstandards zu Details, Methodik und Präsentation sollen die Offenlegung
         von Finanzprodukten hinsichtlich Nachhaltigkeitsinformationen verbessern. Die Anforderungen
         sind ab dem 10. März 2021, spätestens ab 30. Juni 2021, umzusetzen.
    3.   Änderungen der MiFID-Richtlinie: Im Rahmen der Änderung der MiFID-Richtlinie wird von
         Anlageberatern und Assetmanagern verlangt, bei der Geeignetheitsprüfung zukünftig auch die
         Nachhaltigkeits-Präferenzen      der     Kunden    abzufragen   bzw.   zu   berücksichtigen    sowie
         Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Identifizierung des Zielmarktes mit einzubeziehen.
    4.   Mindeststandards für Klima-Benchmarks: Die Mindeststandards sollen helfen, Greenwashing
         zu bekämpfen sowie die Transparenz und Vergleichbarkeit bei der Verwendung von
         nachhaltigkeitsbezogenen Referenzwerten, z.B. bei der Auswahl von Anlageprodukten, zu
         erhöhen. Es werden Mindeststandards für einen „EU-Referenzwert für einen klimabedingten
         Wandel“ und „Paris-abgestimmter EU-Referenzwert“ eingeführt. In der EU ansässige Anbieter
         signifikanter Referenzwerte sind dazu angehalten, bis zum 1. Januar 2022 bemühen einen oder
         mehrere EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel bereitzustellen.

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                                                © CURENTIS AG                                           von 28
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5.   Der EU Green Bond Standard: dieser soll bestehende Hindernisse (fehlende Definitionen, Gefahr
     des Greenwashings und Reputationsrisiken) in der Entwicklung eines Marktes für nachhaltige
     Finanzinstrumente beseitigen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Schaffung von Vertrauen bzw.
     Integrität mittels transparenter Entscheidungen und Prozesse. Er baut auf bestehender Market
     Best Practice (z.B. Green Bond Principles) auf, bildet jedoch mit seinem regulatorischen Rahmen
     das komplexeste Gütesiegel.
6.   Das BaFin_Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken: Die BaFin veröffentlichte
     Good-Practice-Ansätze und Leitfragen zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Sie sieht
     Nachhaltigkeitsrisiken als Einflussfaktoren auf bestehende Risikoarten und nicht als eigenständige
     Risikoart. Eine Anknüpfung an die EU-Taxonomie scheint z.B. im Rahmen von ESG-Rating,
     denkbar.

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                                          © CURENTIS AG                                          von 28
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2 Einleitung
Die Europäische Union hat sich mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens im Jahr
2015 zur Verfolgung der darin vereinbarten Klimaziele und damit einer nachhaltigeren Entwicklung von
Wirtschaft und Gesellschaft verpflichtet. Zur Umsetzung der Klima- und Energiepolitik der EU sind laut
Europäischer Investitionsbank zusätzliche jährliche Investitionen von rund 180 Mrd. Euro notwendig
(sogar 270 Mrd. Euro, wenn neben dem Energiesektor auch noch der Wasser-, Transport- und
Müllentsorgungssektor betrachtet werden). Da die erforderlichen Mittel nicht ausschließlich von staatlichen
Akteuren aufgebracht werden können, hat die EU-Kommission im März 2018 mit dem sog. Aktionsplan zur
Finanzierung eines nachhaltigen Wachstums erste Maßnahmen initiiert, um auch das private Kapital
über den Kapitalmarkt zu mobilisieren. Dieser folgt den finalen Empfehlungen der sog. High Level Expert
Group on Sustainable Finance (kurz: HLEG) vom Januar 2018. Der Aktionsplan beinhaltete in seiner
ursprünglichen Form folgende zehn Kernaspekte:

    1.   Einführung     eines     EU-Klassifikationssystems        für    nachhaltige   Wirtschaftsaktivitäten    (sog.
         Taxonomie),

    2.   Entwicklung von Standards und Labels für „grüne“ Finanzprodukte,

    3.   Förderung von Investitionen in nachhaltige Projekte,

    4.   Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in der Finanzberatung,

    5.   Entwicklung von Nachhaltigkeits-Benchmarks,

    6.   Bessere Einbeziehung von Nachhaltigkeit in Ratings und Marktanalysen,

    7.   Klarstellung       der   Pflichten    von     institutionellen    Anlegern     und   Vermögensverwaltern
         (Offenlegungsverordnung),

    8.   Integration von Nachhaltigkeit in aufsichtsrechtliche Anforderungen,

    9.   Stärkung     der    Vorschriften     zur    Offenlegung    von     Nachhaltigkeitsinformationen    und    zur
         Rechnungslegung sowie

    10. Förderung nachhaltiger Unternehmens-Governance und Bekämpfung des kurzfristigen Denkens
         an den Finanzmärkten.

Diese zehn Ziele unterscheiden sich in Hinblick auf ihren aktuellen Umsetzungsstand sowie darin, ob
bestehende Regulierungen „nur“ um den Nachhaltigkeitsaspekt erweitert werden müssen (z.B. MiFID II)
oder hierfür komplett auf der „grünen Wiese“ begonnen wurde (z.B. die sog. Taxonomie). Zur Unterstützung
hat die EU-Kommission im Juli 2018 eine Expertengruppe ins Leben gerufen, bestehend aus 35 Vertretern
aus Wirtschaft, Wissenschaften und Zivilgesellschaft, die sog. Technical Expert Group (kurz: TEG), die sie
bei der Umsetzung des Aktionsplans beraten soll.

Im Dezember 2019 verabschiedete die EU mit ihrem sog. Green Deal einen Maßnahmenkatalog, wie die
EU als erster Kontinent bis 2050 klimaneutral (keine Netto-Treibhausgasemissionen) werden soll und ein
von der Ressourcenausnutzung unabhängiges Wirtschaftswachstum erreicht werden soll. Ein Kernaspekt
dieses Vorhabens ist das im März 2020 vorgestellte Klimagesetz.

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Ebenfalls im Dezember 2019 veröffentlichte die BaFin die finale Version ihres Merkblatts zum Umgang mit
Nachhaltigkeitsrisiken. Die darin vorgestellten Ansätze stellen nicht verpflichtend umzusetzende Good-
Practices dar, welche die von ihr beaufsichtigten Unternehmen beim Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken
unterstützen sollen. Aus Sicht der BaFin beschränken sich diese Nachhaltigkeitsrisiken nicht ausschließlich
auf durch den Klimawandel bedingte und umweltbezogene Risiken. Vielmehr sollen alle Dimensionen von
sog. ESG-Risiken (ESG als Abkürzung für: Environment, Social, Governance) adressiert werden. Diese
können durch direkte Folgen des Klimawandels (physische Risiken), durch indirekte Risiken in
Zusammenhang mit der Umstellung hin zu einer CO2-armen Wirtschaft (Transitionsrisiken) und durch
Reputationsrisiken auf die Unternehmen einwirken. Die Berücksichtigung dieser Risiken erfordert einen
ganzheitlichen Ansatz, von der Überprüfung und ggf. Anpassung der Geschäfts- und Risikostrategie über
die Eingliederung in die Geschäftsorganisation bis zum Risikomanagement.

Im März 2020 hat die von der EU-Kommission beauftragte TEG die Ergebnisse ihrer Arbeit zur Taxonomie
und zum freiwilligen, nichtlegislativen sog. EU Green Bond Standard vorgestellt. Damit ist die primäre
Aufgabe der TEG abgeschlossen. Zukünftig wird sie über die sog. Plattform für ein nachhaltiges
Finanzwesen beratend an der Weiterentwicklung der Taxonomie mitarbeiten. Dabei wird es verstärkt um die
Ausarbeitung der nicht-klimabezogenen EU-Umweltziele gehen. Der von der TEG veröffentlichte Bericht
enthält nur Details zu Wirtschaftsaktivitäten, die zu den klimabezogenen Umweltzielen:

    1.   Klimaschutz und

    2.   Anpassung an den Klimawandel

    3.   beitragen. Anforderungen an Wirtschaftsaktivitäten, die zu den nicht-klimabezogenen Zielen

    4.   Nutzung und Schutz von Meeresressourcen,

    5.   Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,

    6.   Abfallvermeidung und Recycling sowie

    7.   Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und Schutz gesunder Ökosysteme

wesentlich beitragen, wurden noch nicht veröffentlicht und sollen im Rahmen der genannten
Weiterentwicklung der Taxonomie entworfen werden.

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Abbildung 1 Übersicht regulatorische Initiativen

Im April 2020 startete die EU-Kommission eine Konsultation zur sog. Renewed Sustainable Finance
Strategy als substanzielle Erweiterung ihres bisherigen Aktionsplans zur Finanzierung eines nachhaltigen
Wachstums. Die Konsultation war bereits im Rahmen des EU Green Deals angekündigt worden. Bereits
unter Einfluss der sich in Europa entwickelnden COVID-19-Epidemie initiiert, betont die EU-Kommission
die Notwendigkeit, das Risiko vergleichbarer gesundheitlicher Notfälle in Zukunft zu minimieren, deren
Auftreten mit dem beschleunigten Klimawandel und dessen Folgen auf Mensch und Umwelt
wahrscheinlicher würden. Im Rahmen der Konsultation thematisiert die EU-Kommission zahlreiche
Einzelthemen, wie beispielsweise die Einrichtung einer öffentlich zugänglichen und kostenlosen ESG-
Datenplattform oder die verbesserte Integration von Nachhaltigkeit in den Finanzsektor mittels digitaler
Instrumente. Diese Einzelthemen ordnet die Kommission übergeordneten Themenblöcken zu:

     •    Stärkung der Grundlagen für eine nachhaltige Finanzwirtschaft,

     •    Verbesserte Möglichkeiten für Bürger, Finanzinstitutionen und Unternehmen zu mehr
          Nachhaltigkeit beizutragen und

     •    Management und Integration von Klima- und Umweltrisiken.

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3 Taxonomie – EU-weite Definition von „grün“
3.1       Bedeutung der Taxonomie
Die sog. Taxonomie stellt ein EU-weites Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige
Wirtschaftsaktivitäten dar. Zusammen mit dem sog. EU Green Bond Standard soll sie helfen, die von der
TEG identifizierten Hindernisse für die Entwicklung eines europäischen Markts für grüne Finanzprodukte zu
überwinden und die für die Bekämpfung des Klimawandels und Anpassung an dessen Folgen erforderlichen
finanziellen Mittel zu generieren. Durch die bis dato fehlende einheitliche Definition von „grünen“
Projekten ergibt sich ein Interpretationsspielraum, wie (ökologisch) nachhaltig „grüne“ Projekte sein
müssen. In Verbindung mit der marktüblichen Offenlegung der Mittelverwendung bei Anleiheemissionen
ergibt sich die Gefahr von Reputationsschäden für den Emittenten, wenn Projekte in der öffentlichen
Wahrnehmung als nicht ausreichend „grün“ gewertet werden. Die Taxonomie soll dieses Risiko als auch die
Gefahr des sog. Greenwashings (Unternehmen geben vor, nachhaltiger zu sein, als sie in Wirklichkeit sind)
verringern.

Im März 2020 hat die TEG nun ihre finalen Berichte vorgelegt, bestehend aus einem finalen Bericht zur
Taxonomie, einem technischen Anhang zur Taxonomie und einem Usability Guide für den EU Green Bond
Standard.

Die Taxonomie definiert Nachhaltigkeitsanforderungen an ökonomische Aktivitäten und Investments
in diese, sie stellt keine Nachhaltigkeitsklassifizierung oder -kennung für Finanzprodukte oder Unternehmen
dar. Werden diese Wirtschaftsaktivitäten in Finanzprodukte verpackt, Investoren angeboten und beworben,
ergeben sich aus der Taxonomie Transparenzanforderungen. Inwiefern das Finanzprodukt dann als
nachhaltig eingestuft werden kann, ergibt sich aus Produktstandards, die auf der Taxonomie aufbauen.

Dadurch hat die Taxonomie direkte Auswirkungen auf Banken, Versicherer, Vermögensverwalter sowie
Emittenten von Unternehmensanleihen, Kreditnehmer, große Unternehmen im öffentlichen Interesse,
Regulatoren und Gesetzgeber.

Aktuell bezieht sich das Nachhaltigkeitsverständnis der Taxonomie nur auf den Bereich Umwelt.
Soziales soll in Zukunft mit aufgenommen werden, während der Aspekt der Unternehmensführung wohl nur
über einen zu erfüllenden Mindeststandard Eingang in die Taxonomie finden wird.

3.2       Anwendung der Taxonomie

Direkte Anwendung findet die Taxonomie in den folgenden Bereichen:

      •   als Grundlage für Vorgaben der EU bzw. Mitgliedstaaten zu ökologisch nachhaltigen
          Finanzprodukten und Unternehmensanleihen,

      •   für Finanzprodukte von Finanzmarktteilnehmern entsprechend der sog. Offenlegungsverordnung
          (Verordnung (EU) 2019/2088),

      •   für Große Unternehmen im öffentlichen Interesse (z.B. bei Kapitalmarktorientierung, Banken), die
          der nichtfinanziellen Berichterstattung gemäß Bilanz- und CSR-Richtlinie unterliegen.

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Damit eine Wirtschaftsaktivität, sowie das Investment in diese, als nachhaltig im Sinne der Taxonomie gilt,
müssen folgende Kriterien kumulativ erfüllt sein:

     •    substanzieller Beitrag zu einem der sechs EU-Umweltziele,

     •    dabei keine wesentliche Beeinträchtigung eines der anderen EU-Umweltziele,

     •    Compliance mit Mindestanforderungen aus den Bereichen Governance, Menschen- und
          Arbeitsrechten sowie

     •    Compliance mit den technischen Evaluierungskriterien, den sog. Technical Screening Criteria
          (kurz: TSC) der EU-Kommission.

Die sechs EU-Umweltziele sind abstrakt formuliert. Zur Prüfung konkreter ökonomischer Aktivitäten auf
Compliance mit mindestens einem Ziel, wird die EU-Kommission die TSC veröffentlichen, die mittels
delegierter Rechtsakte erlassen werden. Die TSC formulieren für jedes Umweltziel (aktuell nur Klimaschutz
und Anpassung an den Klimawandel) und Wirtschaftsaktivität quantitative und qualitative Metriken sowie
Schwellenwerte, ab denen eine Wirtschaftsaktivität als nachhaltig bewertet wird. Die operative Prüfung der
Wirtschaftsaktivitäten erfolgt anhand der TSC, die im Rahmen der Platform on Sustainable Finance
weiterentwickelt werden (neue Wirtschaftsaktivitäten und somit neue TSC kommen hinzu bzw. werden
bestehende TSC mit technischem Fortschritt verschärft).

Im Rahmen der Taxonomie wird grob zwischen drei Arten von Wirtschaftsaktivitäten unterschieden:

    •     Tätigkeiten, die selbst und direkt zu mindestens einem Umweltziel substanziell beitragen (z.B.
          Klimaschutz-> Stromerzeug aus Windenergie-> Windräder),

    •     Tätigkeiten, die andere Wirtschaftsaktivitäten dabei unterstützen, eines der Umweltziele zu
          erreichen (z.B. Bau von Schlüsselkomponenten für Windräder), sog. Enabling Activities,

    •     Tätigkeiten, die den Übergang in eine CO2-neutrale Wirtschaft unterstützen, sog. Transition
          Activities.

Aus der Taxonomie ergeben sich somit Pflichten in den Bereichen der a) Gesetzgebung und Regulatorik
sowie b) in den Offenlegungsverpflichtungen der adressierten Unternehmen.

Bzgl. a) verpflichten sich die EU und ihre Mitgliedstaaten (inkl. der Regulatoren), die Vorgaben der
Taxonomie, bei als ökologisch nachhaltig vermarkteten Finanzprodukten und Unternehmensanleihen,
einzuhalten. Standards für ökologisch nachhaltige Finanzprodukte, wie der EU Green Bond Standard, EU
Eco-Labels etc. müssen somit auch die Anforderungen der Taxonomie erfüllen.

Hinsichtlich b) lässt sich zwischen den Offenlegungspflichten auf Produktebene sowie den Berichtspflichten
auf Unternehmensebene unterscheiden. Umfang und Inhalt der produktbezogenen Offenlegung hängt
von der Art der Vermarktung der Finanzproduktes ab. Es wird zwischen Finanzprodukten unterschieden,

    i)    denen ökologisch nachhaltige Investments zugrunde liegen,

    ii)   die Investments mit ökologischen Merkmalen aufweisen können und

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    iii) die weder i) noch ii) zuzuordnen sind.

Unter die Berichtspflichten auf Unternehmensebene fallen die großen Unternehmen im öffentlichen
Interesse, die der nichtfinanziellen Berichterstattungspflicht nach Art. 19a bzw. 29a der CSR-Richtlinie
unterliegen. Sie müssen den Taxonomie-konformen Anteil ihrer Geschäftsaktivitäten berichten. Die ggf.
aufwändige Pflicht zur Prüfung der eigenen oder der finanzierten ökonomischen Aktivitäten hinsichtlich
Konformität mit der Taxonomie mittels der TSC ergibt sich für die betroffenen Unternehmen in Abhängigkeit
von der Offenlegungs- oder Berichtspflicht. Die Pflicht ergibt sich aus:

    •    dem Angebot von Finanzprodukten, die entsprechend Offenlegungsverordnung als ökologisch
         nachhaltig beworben werden,

    •    dem Angebot von Finanzprodukten, die mit einem (zukünftigen) EU Eco-Label beworben werden,

    •    der Pflicht der nichtfinanziellen Berichterstattung.

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, bei Verletzungen der produktbezogenen Offenlegungspflicht, Strafen
zu erlassen. Details stehen noch nicht fest.

Abbildung 2 Taxonomie

3.3      Schrittweise Implementierung der Taxonomie
Die Taxonomie ist in weitere Nachhaltigkeitsmaßnahmen der EU eingebettet. Auf die Verbindung zur
Berichterstattung und Offenlegung sind wir bereits eingegangen. Im Bankaufsichtsrecht ist eine Verbindung
zur Taxonomie noch nicht beschlossen, aber möglich. Die CRR II z.B. sieht eine Privilegierung von
Infrastrukturfinanzierungen in der Kapitalunterlegung vor, unter der Bedingung, dass Umweltziele gefördert
werden. Eine namentliche Erwähnung der Taxonomie in der CRR erfolgt zwar nicht, jedoch sind die
Umweltziele die gleichen. Eine weitere Verknüpfung der Taxonomie in Verordnung und Richtlinien ist nicht
unwahrscheinlich.

Für Banken stellt sich nun die Frage, wie sie sich strategisch zu Sustainable Finance positionieren
wollen. Entsprechend der eigenen Kundenpräferenzen und Reputationsüberlegungen können Banken
Taxonomie-konforme Kredit- und Refinanzierungsprodukte anbieten. Entsprechend der gewählten Strategie
sind Taxonomie-konforme Kredit- und Emissionsprogramme aufzusetzen sowie die Kreditprozesse um
interne Kontrollmechanismen zur Prüfung der Taxonomie-Konformität zu ergänzen.

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                    Regulatorische Entwicklungen zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems

In der Vermögensverwaltung der Banken ergeben sich die gleichen Handlungsfelder wie beim Asset
Management. Es ist zu klären, wie die Offenlegungsanforderungen für nachhaltige Finanzprodukte oder
solche Produkte mit Nachhaltigkeitsmerkmalen erfüllt werden können. Zur Angabe des Prozentsatzes der
Taxonomie-Konformität der Produkte sind entsprechende Datenzugänge und ein Datenmanagement
aufzubauen. Produktdokumentationen, Prospekte und Berichte sind um entsprechende Taxonomie-
Informationen zu ergänzen. Die Produktstrategie ist hinsichtlich der Produktpräferenzen der Kunden zu
überprüfen. Dies hat ggf. eine Anpassung des Produktportfolios zur Folge.

Am 18. Juni 2020 wurde die sog. Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852), also die
Verordnung, mit der dieses Klassifikationssystem in der EU und den Mitgliedstaaten eingeführt werden soll,
vom EU-Parlament verabschiedet.

Bis zum 31. Dezember 2020 sollten die spezifischen Regelungen zu den ersten beiden Umweltzielen
(Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) in Form delegierter Rechtsakte von der EU-Kommission
angenommen und ab dem 1. Januar 2022 angewendet werden. Die spezifischen Regelungen zu den vier
verbleibenden Umweltzielen sollen bis 31. Dezember 2021 von der EU-Kommission angenommen und ab
dem 1. Januar 2023 angewendet werden. Den Unternehmen bleibt somit nur ein wenig mehr als ein Jahr
für die Umsetzung.

4       OffenlegungsVO – Vertrauen durch
        Transparenz
4.1     Transparenz von Nachhaltigkeitsaspekten in
        Geschäftsprozessen
Im EU-Aktionsplan zur Finanzierung eines nachhaltigen Wachstums spielt Transparenz und das dadurch
angestrebte Vertrauen in die Richtigkeit von gemachten Angaben, eine große Rolle. Deswegen soll im
Folgenden     auf      die     Verordnung     über     nachhaltigkeitsbezogene      Offenlegungspflichten     im
Finanzdienstleistungssektor (Engl. Sustainable Finance Disclosure Regulation, kurz: SFDR), auch
Offenlegungsverordnung genannt (Verordnung (EU) 2019/2088), eingegangen werden.

Am 9. Dezember 2019 wurde die Offenlegungsverordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie gilt ab
dem 10. März 2021 (für einzelne Artikel gelten abweichende Termine).

Ziel der Verordnung ist die Harmonisierung von Transparenzanforderungen bzgl. Nachhaltigkeitsaspekten
im   Investitionsentscheidungs-,        Anlageberatungs-       und    Versicherungsberatungsprozess          von
Finanzmarktteilnehmern und Finanzberatern. Aktuell besteht aufgrund unterschiedlicher nationaler und
branchenspezifischer         Ansätze   die    Gefahr     von     Wettbewerbsverzerrungen          und   falschen
Investitionsentscheidungen. Im Fokus der Verordnung stehen Asset Manager, Versicherungen und
Banken mit Portfolioverwaltung.

Neben den bisherigen Pflichten der Finanzmarktteilnehmer und Berater, müssen diese zukünftig neben allen
relevanten finanziellen Risiken auch alle relevanten Nachhaltigkeitsrisiken, die sich maßgeblich negativ
auf die Rendite einer Investition oder Beratung auswirken können, in ihren Prozessen berücksichtigen,
kontinuierlich      bewerten     und    in    den    vorvertraglichen      Informationen      erläutern.    Unter

                                                                                                               11
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Nachhaltigkeitsrisiken werden in diesem Sinne Ereignisse oder ESG-Faktoren verstanden, deren Eintreten
den Wert einer Investition erheblich beeinflussen können.

Die Adressaten der Verordnung müssen ihre schriftlichen Strategien zur Berücksichtigung dieser
Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlichen und darlegen, wie diese Risiken bei der Selektion der angebotenen
Finanzprodukte berücksichtigt werden, sowie, ob und wie ihre Vergütungspolitik im Einklang mit der
Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken steht. Darüber hinaus müssen sie sicherstellen, dass die
veröffentlichen Informationen auf deren Internetseiten auf dem aktuellen Stand sind und nicht im
Widerspruch zu ihren Marketingmitteilungen stehen.

4.2      Unterscheidung zwischen „light green“ und „dark green“
Im Rahmen der Offenlegungsverordnung werden Finanzprodukte zukünftig in drei Kategorien unterteilt:

    1.   Finanzprodukte mit ökologischen oder sozialen Merkmalen („light green“),

    2.   nachhaltige Finanzprodukte mit verfolgter Nachhaltigkeitswirkung („dark green“) und

    3.   sonstige Finanzprodukte.

Der Unterschied zwischen light und dark green liegt in der Gestaltung und Vermarktung der Produkte. „Dark
green“-Produkte zeichnet ein angestrebtes Nachhaltigkeitsziel aus, wie beispielsweise die Reduzierung von
CO2-Emissionen. „Light green“-Produkte berücksichtigen nur ökologische oder soziale Merkmale in der
Investitionsentscheidung. Für beide Gruppen gelten Offenlegungspflichten in vorvertraglichen Dokumenten,
im regelmäßigen Reporting sowie auf der Internetseite mit jedoch unterschiedlichen Anforderungen. Die
Berücksichtigung der Merkmale bzw. die Zielerreichung der Nachhaltigkeitswirkung sind möglichst mittels
Indikatoren zu quantifizieren und mit einem Index bzw. einer Benchmark zu vergleichen. Wird ein
ökologischer Nachhaltigkeitsaspekt verfolgt, so ist zukünftig auch ein Taxonomie-Reporting zu erstellen.

Die Verordnung ist verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Einige Punkte wurden jedoch
den Mitgliedstaaten freigestellt, z.B. die Ausweitung der Verordnung auf weitere Akteure wie Hersteller von
Altersvorsorgeprodukten. Die Mitgliedstaaten sind für die Einhaltung der Verordnung verantwortlich. Hierfür
erhalten die entsprechenden Behörden die erforderlichen Aufsichts- und Ermittlungsbefugnisse und arbeiten
mit anderen zuständigen Behörden zusammen.

Wie bereits oben erwähnt, hat die TEG am 9. März 2020 ihren finalen Bericht zur Taxonomie veröffentlicht.
Der Rat der EU nahm den Text der sog. Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) am 15. Juni
2020 an, drei Tage später verabschiedete das EU-Parlament die finale Fassung. Die Taxonomie-
Verordnung erweitert die Offenlegungsverpflichtung um (Nachhaltigkeits-) Informationen, die in
Zusammenhang mit der Taxonomie stehen. So wurde beispielsweise in der Offenlegungsverordnung ein
neuer Absatz zum „Grundsatz der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigung“ eingeführt.

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4.3      ESA-Konsultation zu technischen Regulierungsstandards zur
         OffenlegungsVO
Zur Konkretisierung der Vorschriften der Offenlegungsverordnung haben die drei europäischen
Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, kurz: ESAs) bestehend aus

    •    European Banking Authority (kurz: EBA),

    •    European Insurance and Occupational Pensions Authority (kurz: EIOPA) und

    •    European Securities and Markets Authority (kurz: ESMA)

im April 2020 ein gemeinsames Konsultationspapier für technische Regulierungsstandards
(Regulatory Technical Standards, kurz: RTS) zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen
veröffentlicht. Die Entwürfe der RTS enthalten detaillierte Informationen zu Inhalt, Methodik sowie
Präsentation bestimmter ESG-Offenlegungen, die gemäß Offenlegungsverordnung erforderlich sind.

Mittels der RTS soll die Offenlegung von Finanzprodukten hinsichtlich Nachhaltigkeitsinformationen
verbessert werden. Sie enthalten ein Berichtsmuster mit festgelegtem Format, das für die Erklärung zur
Berücksichtigung der wichtigsten negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeit (sog. Principal Adverse
Impacts, kurz: PAIs) von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren zu verwenden ist. Es
handelt sich bei den PAIs ausschließlich um Indikatoren bzw. Kennzahlen, die eine nachteilige ESG-Wirkung
haben und daher reduziert werden sollen (eine positive Ausprägung der PAIs wird dabei als negativ für die
Nachhaltigkeit angesehen, vgl. Taxonomie-Kriterium der „keine wesentliche Beeinträchtigung eines der
anderen EU-Umweltziele“).

Im Rahmen der ESA-Konsultation werden die PAIs konkretisiert. Die Konsultation schlägt eine Liste von 32
verpflichtenden Indikatoren sowie 18 optionalen Indikatoren aus den Bereichen Treibhausgasemissionen,
Energieeffizienz, Biodiversität, Wasser, Abfall, Soziales und Mitarbeiter, Menschenrechte und Korruption
vor, wodurch ein möglichst umfangreiches Bild der drei ESG-Kategorien geschaffen werden soll.

Die Datenfelder beziehen sich hauptsächlich auf Investments in Wertpapiere. Für Investitionen in physische
Vermögensgegenstände wie Immobilien, können einige Datenfelder irrelevant sein.

Mit der reinen Erfassung und Berichterstattung der relevanten Daten ist es jedoch noch nicht getan. Darüber
hinaus    wird   eine    Priorisierung,   Festlegung     von     Schwellenwerten      zur       Ablehnung     von
Investitionsmöglichkeiten und ein aktives Engagement zur Reduzierung der PAIs verlangt.

Die Offenlegungsverordnung verpflichtet Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern auf Einzel- oder
Gruppenebene zur entsprechenden Offenlegung der PAIs. Liegen Unternehmen unter dieser Schwelle,
kann alternativ eine Erklärung abgegeben werden, warum die PAIs nicht berücksichtigt werden. Die
entsprechenden Unternehmen müssen dann auf ihrer Internetseite unter dem Abschnitt "Keine
Berücksichtigung nachteiliger Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit" eine Erklärung veröffentlichen, die mit
der Aussage beginnt, dass         der Finanzmarktteilnehmer die nachteiligen           Auswirkungen seiner
Investitionsentscheidungen auf die Nachhaltigkeitsfaktoren nicht berücksichtigt und warum er dies nicht tut
(„comply or explain“). Gleiches gilt für Finanzberater im Zusammenhang mit ihrer Anlage- und
Versicherungsberatung.

Der Zeitplan für die Berücksichtigung der PAIs sieht wie folgt aus:

                                                                                                                13
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      •    10. März – 30. Juni 2021: Zeitraum, in dem verpflichtete Unternehmen beginnen müssen, PAIs in
           ihren Investmententscheidungen zu berücksichtigen (und deren Berücksichtigung entsprechend zu
           veröffentlichen).

      •    31. Dezember 2021: Ende der ersten Referenzperiode (frühestens 10. März, spätestens 30. Juni
           bis 31. Dezember)

      •    1. Januar 2022 – 31. Dezember 2022: zweite Referenzperiode.

      •    30. Juni 2022: Unternehmen müssen in ihrem Reporting „Details of the assessment of principal
           adverse sustainability impacts“, also eine Bewertung der PAIs der ersten Referenzperiode, sowie
           die „Engagement policies“ zur Reduzierung der Auswirkungen der PAIs, aufnehmen.

      •    30. Juni 2023: die verpflichteten Unternehmen müssen die erste und zweite Referenzperiode
           vergleichen („historical comparison“).

Die RTS sind von umfangreichen Transparenzanforderungen auf Unternehmens- und Produktebene
geprägt.     Beschreibungen,        Erläuterungen      und    Strategien     über   die   Berücksichtigung     von
Nachhaltigkeitsrisiken, negativen Nachhaltigkeitsauswirkungen von Investitionsentscheidungen oder
ökologischen bzw. sozialen Merkmalen sind auf Webseiten, in vorvertraglichen Informationen und in
jährlichen Berichten zu veröffentlichen. Der Umfang der bereitzustellenden Informationen ergibt sich aus
der

      •    Art des Unternehmens (Finanzmarktteilnehmer oder Finanzberater),

      •    der Zielsetzung des Finanzprodukts in Bezug auf seine Nachhaltigkeitswirkung, sowie

      •    der sonstigen Eigenschaften des Finanzproduktes (z.B. Index als Benchmark).

Die betroffenen Unternehmen (Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater) müssen auf ihrer Webseite
umfangreiche Offenlegungen zu Produkten mit ökologischen oder sozialen Merkmalen oder nachhaltigen
Finanzprodukten veröffentlichen. Inhalt und Art der Darstellung der Offenlegungen werden in den RTS
konkretisiert. Sie sind unter „Nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen“ auf der gleichen Internetseite wie die
anderen Informationen über das Finanzprodukt zu veröffentlichen. Der Entwurf der RTS enthält eine Liste
von dabei aufzunehmenden Punkten (Beschreibung des Nachhaltigkeitsziels, verwendete Methodik,
Datenquellen und Screening-Kriterien).

Den vorvertraglichen Informationen sind Angaben hinzuzufügen, inwiefern Finanzprodukte mit
ökologischen bzw. sozialen Merkmalen diese auch erfüllen. Die RTS beinhalten eine detaillierte Gliederung
sowie Mindestinhalte. Neben den allgemeinen Informationen zu einem Finanzprodukt sind eine schriftliche
und grafische Darstellung der im Produkt enthaltenden Investitionen bereitzustellen. In den vorvertraglichen
Dokumenten ist der Umgang mit den PAIs darzulegen.

Im Rahmen der periodisch zu erfolgenden Produktoffenlegung liegt der Fokus auf der Angabe, inwiefern
das Produkt seine ökologischen bzw. sozialen Merkmale erreicht hat. Die RTS legen Inhalt und Darstellung
dieser     Angaben     fest.   So   sind   die   Art    und   Weise    der    Berücksichtigung     der   gewählten
Nachhaltigkeitsindikatoren anzugeben. Es sind außerdem absteigend die 25 größten Investitionen
offenzulegen, inkl. Sektor und Standort der Investitionen. Wurde ein Index als Benchmark verwendet, ist
deren Nachhaltigkeitswirkung zu beschreiben.

                                                                                                                 14
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4.4      Gap zur nichtfinanziellen Berichterstattung

Die von Unternehmen gesammelten Daten sind im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung
(Richtlinie 2014/95/EU) zur Verfügung zu stellen. Hier ergibt sich jedoch ein Gap der Non-Financial
Reporting Directive (kurz: NFRD) zur Offenlegungsverordnung. Erstere erfasst aktuell nur Unternehmen mit
mehr als 500 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von mindestens 20 Mio. Euro oder Umsatzerlösen von
mindestens 40 Mio. Euro. Eine Erweiterung der NFRD in abgeschwächter Form auf mittelständische,
kapitalmarktorientierte Unternehmen wird diskutiert. Darüber hinaus legen Unternehmen unter der NFRD
nur ihre wesentlichen Nachhaltigkeitsfaktoren offen (Wesentlichkeitskriterium), während die ESA-
Konsultation ein möglichst umfassendes Reporting vorsieht. Eine Erweiterung der Reportinganforderungen
im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung könnte jedoch zu einer Verschlechterung der
Reportingqualität führen, wenn nicht nur wesentliche Nachhaltigkeitsfaktoren erfasst werden.

Abbildung 3 OffenlegungsVO

4.5      Kleines Zeitfenster zur Umsetzung
Auch wenn Klarheit darüber herrscht, was im Rahmen der Offenlegung zu veröffentlichen ist, so dürfte das
Nachkommen dieser Verpflichtung den betroffenen Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Die
Anforderungen der RTS an die Entwicklung von Prozessen und deren Integration in die Systeme sind sehr
hoch, bei gleichzeitigen häufigen Nichtvorliegen der erforderlichen Informationen auf Seiten der
Verpflichteten.

Wie bereits oben erwähnt, sind die Anforderungen der Offenlegungsverordnung ab dem 10. März 2021 zu
erfüllen. Dies gibt den betroffenen Unternehmen nur noch wenige Wochen Zeit, sich auf die komplexen
Reportinganforderungen vorzubereiten.

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5         MiFID II – Einführung von
          Nachhaltigkeitspräferenzen und -faktoren
5.1       Änderung der MiFID-Richtlinie
Ziel von MiFID II ist u.a. die Funktionsweise und Transparenz der europäischen Finanzmärkte zu verbessern
und den Anlegerschutz (z.B. zwingende Geeignetheitsprüfung bei Privatanlegern) zu erhöhen. Dies sind
Aspekte, die auch für die Entwicklung eines nachhaltigen Finanzsystems und eines Marktes für nachhaltige
Finanzprodukte, wie beispielsweise grüne Anleihen, von großer Bedeutung sind. Somit ist es
nachvollziehbar, dass die EU-Kommission in der Umsetzung ihres Aktionsplans die Richtlinie 2014/65/EU
über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) nicht unverändert lässt.

Am 8. Juni 2020 hat die EU-Kommission Entwürfe zu Änderungen der MiFID-Richtlinie veröffentlicht; im
Detail:

    •     Entwurf der delegierten Verordnung zur Änderung der delegierten Verordnung (EU) 2017/565 bzgl.
          der Integration von Nachhaltigkeit in die organisatorischen Anforderungen und die Integration von
          Nachhaltigkeitspräferenzen in den Prozess der Geeignetheitsprüfung;

    •     Entwurf der delegierten Richtlinie zur Änderung der delegierten Richtlinie (EU) 2017/593 bzgl. der
          Integration von Nachhaltigkeitspräferenzen in die Product Governance-Anforderungen.

Am gleichen Tag wurde auch der Entwurf einer delegierten Verordnung bzw. delegierten Richtlinie zur
nachhaltigkeitsbezogenen Änderung der AIFMD-Verordnung bzw. UCITS-Richtlinie veröffentlicht. Die
Entwürfe basieren auf einer im Jahr 2018 durchgeführten Konsultation, den finalen Berichten der ESMA
vom 30. April 2020 sowie den Entwürfen delegierter Rechtakte.

Es wird angenommen, dass die genannten Entwürfe im späten dritten oder frühen vierten Quartal 2021
rechtskräftig werden.

Von den Änderungen sind alle EU-Unternehmen betroffen, die gegenwärtig unter das MiFID II-Regime fallen
(bzw. AIFMD oder UCITS, für deren Änderungen). Die MiFID-Änderungen betreffen auch AIFMs- und
UCITS-Manager, die sog. „top-up“-Berechtigungen zur Durchführung von MiFID-Aktivitäten haben, wie
Portfoliomanagement und Investmentberatung.

Die Entwürfe beinhalten keine neuen organisatorischen Regeln. Es werden vielmehr bestehende
organisatorische bzw. Governance-Regeln oder bereits existierende Verpflichtungen unter dem
MiFID/AIFMD/UCITS-Regime angepasst. Die Änderungen verlangen von den Unternehmen, dass sie
Nachhaltigkeitsrisiken im Rahmen der Compliance mit den bestehenden Regeln, berücksichtigen.

                                                                                                         16
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5.2     Berücksichtigung von Nachhaltigkeit bei der
        Geeignetheitsprüfung

Die bisherigen Vorschriften unter MiFID II verlangen die Durchführung einer Geeignetheitsprüfung bei
der Investitionsberatung oder bei Portfoliomanagemententscheidungen. In dieser sind Informationen zu den
Erfahrungen und Kenntnissen, den finanziellen Verhältnissen, der Verlusttragfähigkeit und den Anlagezielen
des Kunden einzuholen. Empfehlungen und Entscheidungen des Anlageberaters oder Assetmanagers
müssen diesen Informationen Rechnung tragen.

Der Entwurf der delegierten Verordnung zur Änderung der delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sieht nun
vor, dass im Rahmen dieser Geeignetheitsprüfung nun auch Nachhaltigkeits-Präferenzen abzufragen
bzw. zu berücksichtigen sind. Unter Nachhaltigkeits-Präferenzen wird hierbei die Wahl des (potenziellen)
Kunden verstanden, ob und wenn ja, welche ökologisch nachhaltigen, sozialen oder Governance-
bezogenen Anlagemöglichkeiten in dessen Investitionsstrategie miteinbezogen werden sollen. Das
empfohlene Finanzinstrument bzw. die verfolgte Portfoliostrategie muss diese ggf. neu hinzugekommenen
„Auswahlkriterien“ widerspiegeln. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Investmentberatungs-
und Managementprozesse anpassen müssen, um die Nachhaltigkeits-Präferenzen der Kunden
entsprechend berücksichtigen zu können. In der Schlussfolgerung bedeutet dies auch, dass die
Unternehmen auch entsprechende nachhaltige Finanzprodukte im Bestand haben sollten. Des Weiteren ist
in der dem Privatkunden auszuhändigenden Geeignetheitserklärung darzulegen, wie das empfohlene
Finanzinstrument zu den ESG-Präferenzen des Kunden passt.

5.3     Nachhaltigkeit im Zielmarkt

Die bisherigen Regeln verlangen von den Herstellern und Vertreibern von Finanzprodukten, die
Bedürfnisse, Charakteristika und Ziele eines identifiziertes Zielmarktes zu berücksichtigen. Diese
Regeln werden dahingehend angepasst, dass diese Unternehmen nun sicherstellen müssen, dass nicht nur
das Risk/Return-Profil und die (kundenorientierte) Ausgestaltung des Finanzproduktes den Anforderungen
des jeweiligen Zielmarktes entspricht, sondern auch die Nachhaltigkeitsfaktoren des Produktes.
Nachhaltigkeitsfaktoren i.S.d Offenlegungsverordnung stellen Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange,
die Achtung der Menschenrechte sowie die Bekämpfung von Korruption und Bestechung dar.

Dies bedeutet, dass die Unternehmen ihre Produktemissionen sowie Marketing- und Vertriebsstrategien
entsprechend den erweiterten Anforderungen weiterentwickeln müssen.

Um sich auf die kommenden Anforderungen vorzubereiten, sollten betroffene Unternehmen:

    •   eine   Analyse    der   bestehenden     Organisations-    und    Governancebestimmungen     sowie
        Geschäftsgrundsätze durchführen, um entsprechenden Anpassungsbedarf zu identifizieren;

    •   eine kritische Durchsicht und ggf. Anpassung interner Vorgaben und Prozesse vornehmen (z.B.
        Vorgaben zu Interessenskonflikten und Due Diligence-Prozessen) und

    •   eine (Re-)Strukturierung interner Prozesse und Verantwortlichkeiten umsetzen, die sich aus der
        Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken und -präferenzen ergibt.
                                                                                                        17
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5.4      Bezug zur OffenlegungsVO

Die nachhaltigkeitsbezogenen Änderungen der AIFMD-Verordnung bzw. UCITS-Richtlinie ergänzen die
Anlageprozesse und -entscheidungen dahingehend, dass nun auch Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionen
berücksichtigt werden sollen. Unternehmen, die im Rahmen der Offenlegungsverordnung die wichtigsten
negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeit (PAIs) berücksichtigen, müssen ihre Prozesse zur Investitions-
Due-Diligence dahingehend anpassen, dass sie eben diese PAIs beachten.

6        EU-Referenzwerte-VO – Einführung von Klima-
         Benchmarks
6.1      Änderung der EU-Referenzwerte-VO
Immer mehr Anleger verfolgen mit ihren Investitionen CO2-arme Strategien. Dabei verwenden sie sie
entsprechende Referenzwerte zur Messung der Wertentwicklung ihrer Portfolios. Verschiedene Arten von
CO2-arme Indizes verfolgen dabei unterschiedliche Ziele, von der Verringerung des CO 2-Fußabdrucks
eines Standardportfolios bis zur exklusiven Auswahl von Werten, die dazu beitragen, das Ziel des Pariser
Klimaschutzabkommens zu erreichen. Häufig werden diese Referenzwerte undifferenziert als „CO 2-arm“
vermarktet. Unterschiedliche Ansätze bei der Referenzwert-Methode führen zu einer Fragmentierung des
Marktes und verringerter Transparenz. Beides Faktoren, die der Entwicklung eines nachhaltigen
Finanzsystems entgegenstehen und der EU-Aktionsplan bekämpfen soll.

Am 25. Februar 2019 wurde sich auf die Änderung der sog. EU-Referenzwerte-VO (Verordnung (EU)
2016/1011) vom 8. Juni 2016 geeinigt. Von der EU-Referenzwerte-VO sind alle Finanzmarktakteure, mit
Ausnahme der Zentralbanken und Behörden, betroffen. Mit der EU-Referenzwerte-VO werden für
unterschiedliche Arten von Referenzwerten einheitliche Vorschriften festgelegt. Sie gilt für alle Indizes, die
bei Finanzinstrumenten und -kontrakten als Referenzwert verwendet werden und zu deren Berechnung eine
Formel oder eine andere bestimmte Berechnungsmethode notwendig ist. Die Anpassung der bestehenden
Verordnung sah vor, zwei neue Arten von klimabezogenen Benchmarks und ESG-Offenlegungspflichten für
alle Benchmarks einzuführen.

Der EU-Aktionsplan zur Finanzierung eines nachhaltigen Wachstums vom März 2018 sah u.a. die
Entwicklung von Nachhaltigkeits-Benchmarks vor. Die im Juli 2018 zur Unterstützung der EU-Kommission
ins Leben gerufene Technical Expert Group veröffentlichte im September 2019 ihren finalen Bericht zu ESG-
Offenlegungspflichten, technischen Mindestanforderungen für Klima-Benchmarks sowie Benchmarks, die
am Pariser Klimaabkommen ausgerichtet sind.

6.2      Mindeststandards für Klima-Benchmarks

Im    Dezember     2019    wurden    dann     neben    der    Verordnung     über    nachhaltigkeitsbezogene
Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor („OffenlegungsVO“) auch die Verordnung zu EU-
Referenzwerten für den klimabedingten Wandel, Paris abgestimmter EU-Referenzwerte sowie
nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen für Referenzwerte (Verordnung (EU) 2019/2089 zur
Änderung der o.g. Verordnung (EU) 2016/1011) im Amtsblatt der EU-Kommission veröffentlicht. Ziel der

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Sustainable Banking
                    Regulatorische Entwicklungen zur Schaffung eines nachhaltigen Finanzsystems

Verordnung ist es, Mindeststandards für zwei verschiedene Klima-Benchmarks zu implementieren, um
Greenwashing zu bekämpfen sowie Transparenz und Vergleichbarkeit zu erhöhen.

Im Fokus der Verordnung steht dabei die Einführung (und klare Unterscheidung) von Mindeststandards für
einen:

    1.    „EU-Referenzwert für den klimabedingten Wandel“ und

    2.    „Paris-abgestimmter EU-Referenzwert“, wobei

durch die Verwendung dieser Referenzwerte andere ESG-Ziele nicht wesentlich beeinträchtigt werden
dürfen.

Ersterer bildet einen Index, dessen zugrundeliegenden Vermögenswerte dahingehend ausgewählt,
gewichtet    oder    ausgeschlossen      werden,    dass   das    entsprechende     Portfolio     sich   auf    dem
„Dekarbonisierungspfad“ befindet. Anbieter dieser Referenzwerte müssen bis zum 31. Dezember 2022 die
zugrundeliegenden Vermögenswerte nachfolgenden Kriterien auswählen:

    •     die Unternehmen legen messbare Ziele zur Verringerung ihrer CO2-Emissionen offen, die innerhalb
          bestimmter Fristen umzusetzen sind,

    •     die Unternehmen legen Daten zur Reduzierung der CO2-Emissionen offen, die bis auf die Ebene
          maßgeblicher operativer Tochtergesellschaften aufgeschlüsselt sind,

    •     die Unternehmen legen jährlich Berichte zum Fortschritt der Zielerreichung vor,

    •     die Tätigkeiten der zugrunde liegenden Vermögenswerte beeinträchtigen nicht wesentlich andere
          ESG-Ziele.

Der zweite Referenzwert stellt einen Index dar, dessen zugrundeliegenden Titel dahingehend ausgewählt
werden, dass die CO2-Emissionen des darauf resultierenden Referenzportfolios auf die Ziele des Pariser
Klimaschutzabkommens ausgerichtet sind und andere ESG-Ziele nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Abbildung 4 Klimabenchmarks

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6.3        Pflichten der Administratoren
Für Administratoren von Referenzwerten oder Referenzwertfamilien ergeben sich seit dem 30. April 2020
verschiedene Pflichten. Nur Administratoren, die die Anforderungen der Verordnung (EU) 2019/2089
erfüllen, dürfen diese Bezeichnungen bei der Vermarktung dieser beiden Referenzwerte verwenden. Um die
Unternehmen dazu zu motivieren, realistische Ziele zur Verringerung ihrer CO 2-Emission zu verfolgen und
offenzulegen, sind die Administratoren angehalten, bei der Auswahl und Gewichtung ihrer Referenzwerte
nur   Unternehmen     zu   berücksichtigen,    die   ihre   CO2-Emissionen      entsprechend    des   Pariser
Klimaschutzabkommens reduzieren und entsprechend offenlegen. Die Administratoren müssen in ihrer
Referenzwert-Erklärung angeben, ob ihre Referenzwerte oder Referenzwertfamilien ESG-Ziele verfolgen
oder ob sie entsprechende Referenzwerte anbieten. Die für die Berechnung der Referenzwerte verwendete
Methode ist zu veröffentlichen. Diese sollte auf wissenschaftlichen Dekarbonisierungspfaden basieren oder
auf die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens abzielen. Die Methoden sind regelmäßig zu überprüfen
und bei wesentlichen Änderungen die Nutzer der Referenzwerte zu informieren. Referenzwerte, deren
Basiswerte keine Auswirkungen auf den Klimawandel haben, wie Zins- und Wechselkursreferenzwerte, sind
von der Verordnung ausgenommen.

In der EU ansässige Anbieter signifikanter Referenzwerte sollen sich bis zum 1. Januar 2022 bemühen,
einen oder mehrere EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel bereitzustellen.

7          Nachhaltigkeitsstandards für grüne Anleihen
7.1        Einführung des EU-Green Bond Standards
Im folgenden Kapitel stellen wir Nachhaltigkeitsstandards und -label grüner Finanzprodukte und -
instrumente vor. Aufgrund ihrer großen Bedeutung im Rahmen des Aktionsplans zur Finanzierung eines
nachhaltigen Wachstums legen wir dabei den Schwerpunkt auf die sog. Green Bonds.

Unter Green Bonds werden in der Regel Anleihen verstanden, die ökologisch nachhaltige („grüne“) Projekte
oder Vermögensgegenstände (re-)finanzieren. Was dies im Detail bedeutet, darüber gibt es bisher kein
allgemein geteiltes Verständnis. Dies hatte für Investoren und Emittenten dieser grünen Anleihen zwei
Probleme zur Folge:

      1.   Was ist genau unter Green Bonds zu verstehen? Wie „grün“ müssen grüne Anleihen sein (Gefahr
           von Reputationsschäden und Greenwashing)?

      2.   Wie soll der grüne Charakter der Anleihen nachgewiesen werden?

Diese Probleme stellen ein wesentliches Hindernis für die Entwicklung eines europäischen Marktes für grüne
Anleihen dar. Der ist wiederrum erforderlich, um die für die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens
erforderlichen finanziellen Mittel zu generieren. Dies wurde auch auf EU-Ebene erkannt. Die Einführung
eines entsprechenden (Qualität-)Standards wurde im Abschlussbericht der High-Level Expert Group on
sustainable finance im Januar 2018 empfohlen und danach in den EU-Aktionsplan aufgenommen. Im März
2020 veröffentlichte die Technical Expert Group dann ihren Abschlussbericht zur Taxonomie und einen
Usability Guide für den sog. EU Green Bond Standard (kurz: EU GBS). Dieser Standard ist freiwillig und
Emittenten inner- und außerhalb der EU zugänglich. Er baut auf bestehender Market Best Practice wie den

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