Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG

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Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG
spezial

                 Lebensretter
                          W I R   I N   D E R   D L R G

Kongress-Dokumentation

 Grundsatzreferate
 Arbeitskreisergebnisse
 Abschlusserklärung

2. Symposium
Schwimmen
Gesundheit – Kinder – Sicherheit
                                                          Deutsche Lebens-Rettungs-
                                                          Gesellschaft e. V.
Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG
Vo r w o r t

                                                                                                                           Impressum
                                                                                                                           Herausgeber:
                                                                                                                           Präsidium der Deutschen Lebens-
                                  Sehr geehrte Damen und Herren,                                                           Rettungs-Gesellschaft (DLRG)
                                                                                                                           Verantwortlich:
                                  liebe Kameradinnen und Kameraden,                                                        Achim Wiese
                                                                                                                           Redaktion:
                                                                                                                           Martin Janssen,
                                  die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für                                             Dr. Harald Rehn, Susanne Mey (Fotos)
                                  die Schwimmausbildung und damit besonders                                                Gestaltung:
 D r. K l a u s W i l k e n s ,   für die Sicherheit der Kinder im und am Was-                                             Bernhard Lubos
Präsident der DLRG                ser haben sich in den vergangenen Jahren stark                                           Verlag:
                                                                                                                           DLRG Verlag und Vertriebsgesellschaft
                                  verändert. Bäderschließungen, die rückläufige                                            m.b.H (DVV), Im Niedernfeld 2
                                  Schwimmfähigkeit speziell in der gegenwär-                                               31542 Bad Nenndorf
                                  tigen Schülergeneration und die Probleme in                                              Druck:
                                                                                                                           BWH, Beckstr. 10, 30457 Hannover
                                  der schulischen Schwimmausbildung sind die
                                                                                                                           Redaktionsanschrift:
                                  wesentlichen Einflussfaktoren, mit denen sich                                            Lebensretter, Im Niedernfeld 2
                                  alle an der Förderung des Schwimmens be-                                                 31542 Bad Nenndorf
                                  teiligten Organisationen, Verbände und Insti-                                            Telefon: 05723-955440
                                                                                                                           Telefax: 05723-955549
                                  tutionen konfrontiert sehen.                                                             E-Mail: lebensretter@dlrg.de
                                        Das 2. Symposium Schwimmen trug den                                                Internet: www.dlrg.de
                                  Titel „Gesundheit – Kinder – Sicherheit“. Es
                                  hatte zum Ziel, eine wissenschaftliche Be-                                               Die Dateien mit den Vorträgen
                                                                                                                           können unter www.dlrg.de/symposium
                                  standsaufnahme der aktuellen Ist-Situation vor-                                          heruntergeladen werden.
       H e l m u t S t ö h r,     zunehmen, Lösungsvorschläge zu entwickeln
  Leiter Ausbildung               und darauf aufbauende Forderungen zur Ver-
              der DLRG            besserung der Schwimmausbildung zu erarbei-                                             „Dankeschön“
                                  ten. 25 namhafte Wissenschaftler aus Sport,                                              Ein besonderer Dank gilt den in alphabe-
                                                                                                                           tischer Reihenfolge aufgeführten Mitar-
                                  Medizin und anderen Disziplinen, 300 Fach-
                                                                                                                           beitern und Referenten des Symposiums:
                                  leute aus Politik, Schule, Sport, Verbänden,
                                  Badbetreibern sowie der DLRG nahmen an                                                   Martina Abel, Heiko Adler, Dr. Lilli Ahrendt,
                                  dem Fachkongress vom 15.–17. November                                                    Katrin Balcer mit dem Team der DLRG
                                                                                                                           Bildungsgesellschaft mbH, Claudia
                                  2007 in Bad Nenndorf teil.                                                               Bellmer, Maria Bergmann, Volker Bertram,
                                        Sechs Grundsatzreferate, 10 Workshops                                              Dr. Dirk Bissinger, Sebastian Boeken,
                                  und zahlreiche Präsentationen mit innovativen                                            Prof. Dr. Klaus Bös, Michael Bornus,
                                  Ansätzen zur Verbesserung der Schwimmaus-                                                Holger Boshammer, Prof. Dr. Wolf-Dietrich
                                                                                                                           Brettschneider, Silke Busche und
                                  bildung bildeten das Gerüst des Symposiums.                                              die Mitarbeiter der Wandelhalle Bad
                                        Der Lebensretter, die Verbandszeitschrift                                          Nenndorf, Karl-Ernst Christmann, DLRG
                                  der DLRG, stellt in diesem Lebensretter spezial                                          Jugend mit Sebastian Latte, Katharina
                                  recht zeitnah zum Symposium die Inhalte                                                  Eberl, Hans Joachim Eikholt, Kerstin
                                                                                                                           Frese, Dr. phil. Thomas Fritz, Max
                                  der Grundsatzreferate vor, gibt einen Über-                                              Gebauer, Prof. Dr. Hans Jürgen Gerner,
                                  blick über die Workshopergebnisse und ver-                                               Jörg Goldenbaum, Ute Grasser-Daucks,
                                  öffentlicht die wesentlichen Aussagen der                                                Torben Hahn, Robby Harsch, Dirk Heinrich,
                                                                                                                           Björn Heinrich, Björn Hinte, Roy Hinte,
                                  Abschlusserklärung.
                                                                                                                           Dr. Gerhard Hole, Ute Hole, Karin
                                        Diese Fachpublikation soll dazu beitra-                                            Kirchhübel, Sabine Klinge, Uwe Köhnken,
                                  gen, allen Beteiligten und Interessenten ei-                                             Thomas Konkart mit der DLRG Ortsgruppe
                                  nen Einblick in die Situation rund um das                                                Bad Nenndorf, Prof. Dr. phil. Dietrich
                                                                                                                           Kurz, Gunter Kurz, Dr. jur. Reiner Lemke,
                                  Schwimmen zu vermitteln, in den Landesver-                                               Manfred Lötgering, Monika Lorke,
                                  bänden mit den Ergebnissen zu arbeiten und                                               Reinhard Meffert, Thomas Meier, Harald
                                  einen tieferen Blick hinter die komplexen Zu-                                            Melching, Stephan Mohr, Jutta Moog,
                                  sammenhänge zu werfen. Praktiker erhalten                                                Gesa Müller, Stephan Mundt, Carsten
                                                                                                                           Nieber, Otto Oldenburg, Dr. Barbara Passek,
                                  somit neue Anregungen für die aktuelle Aus-                                              Dr. med. Peter Pietsch, Thomas Prusko,
                                  bildungsarbeit.                                                                          Dr. Thomas Poller, Jens Quernheim,
                                        Wir wünschen allen Lesern viel Freude                                              Dr. Harald Rehn, Martin Reincke, Carmen
                                  beim Studium dieser Zeitschrift.                                                         Reus, Thorsten Reus, Berndt Rodacker,
                                                                                                                           Monika Schimmel, Dr. Hellmut Schreiber,
                                                                                                                           Ludger Schulte-Hülsmann, Jan Schumann,
                                                                                                                           Eckehard Seidel, Helga Seidl, Viola Seipelt,
                                  Dr. Klaus Wilkens und Helmut Stöhr                                                       Fikret Sisman, Rüdiger Steinmetz, Helmut
                                                                                                                           Stöhr, Uschi Stöhr, Karin Stoller, Maiken
                                                                                                                           Stolze, Rainer Wartmann, Prof. Kurt
                                                                                                                           Wilke, Dr. Klaus Wilkens, Harald Wolf,
                                                                                                                           Insa Wolfrum, Dr. Lutz Worms

                                            2    2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG
Inhalt

Das 2. Symposium Schwimmen
Gesundheit – Kinder – Sicherheit
Über 300 Teilnehmer, Wissenschaftler und Referenten haben in Bad Nenndorf, vom 15. bis 17. November 2007,
das Schwimmen in den Fokus gerückt. Sechs Grundsatzreferate, zehn Arbeitskreise, zwei Praxisworkshops,
eine Badeparty und zwölf im Markt der Möglichkeiten dargestellte Projekte standen auf dem Kongressprogramm.

 3   Vorwort
     Impressum, Dank an die Mitwirkenden                                                                                I h r e Vo r t r ä g e k o n z e n -
     Die Vorträge                                                                                                       trierten sich auf das
                                                                                                                        S c h u l s c h w i m m e n ( v. l i . ) :
 4   Kinderertrinken als weltweites und
     deutschlandspezifisches Problem                                                                                    P r o f . D r. Wo l f - D i e t e r
     Dr. Klaus Wilkens                                                                                                  B r e t t s c h n e i d e r, P r o f .
                                                                                                                        D r. D i e t r i c h K u r z u n d
 6   Zur Situation des Schwimmens im                                                                                    D r. T h o m a s F r i t z
     Kontext von Schulsport
     Prof. Dr. Wolf-Dieter Brettschneider                      20       AK 06 – Bäderinfrastruktur
 8   Aktivität und motorische Leistungs-                                und Schwimmen lernen
     fähigkeit von Kindern unter besonderer                             Ludger Schulte-Hülsmann,
     Berücksichtigung des Schwimmens                                    Rüdiger Steinmetz
     Prof. Dr. Klaus Bös                                                AK 07 – Sicherheit und Unfallprophylaxe
10   Die Schwimmfähigkeit der Elfjährigen                               in der Schwimmausbildung
     Prof. Dr. Dietrich Kurz, Dr. Thomas Fritz,                         Harald Melching
     Dipl. SpOec. Ralf Tscherpel                               21       AK 08 – Juristische Grundlagen
12   Ouerschnittlähmungen – ein Aspekt der                              der Schwimmausbildung
     Vorbeugung in der Schwimmausbildung                                Dr. Reiner Lemke, Jan Schumann
     Prof. Dr. Hans-Jürgen Gerner                              22       AK 09 – Wege zum Schwimmen = Wege
14   Schwimmen – eine universelle Sportart                              zur Gesunderhaltung und Prävention im
     Dr. Peter Pietsch                                                  Bewegungsraum Wasser
     Markt der Möglichkeiten                                            Dr. Gerhard Hole, Dr. Hellmut Schreiber

15   Eines aus zwölf Projekten:                                         AK 10 – Die Präventions- und Rettungs-
     Der DLRG/NIVEA Strandfest Infopoint                                fähigkeit als Qualifikationsgrundlage für
                                                                        den Schwimmausbilder
     Die Arbeitskreise                                                  Reinhard Meffert, Dr. Thomas Poller
16   AK 01 – Schwimmbad mit Kinderaugen
     Dr. Lilli Ahrendt, Monika Schimmel
17   AK 02 – Anfängerschwimmen in seiner                                                                                Fachleute wie
     Auswirkung auf die Bewegungserziehung                                                                              Martina Abel (li.)
     Gunter Kurz, Prof. Kurt Wilke                                                                                      u n d D r. D i r k B i s s i n g e r
18   AK 03 – Laute Warnung gegen leises                                                                                 (Mi.) brachten ihre
     Ertrinken                                                                                                          Erfahrungen in
     Martina Abel, Dr. Dirk Bissinger                                                                                   die gehaltvollen
     AK 04 – Schwimmen ist gesund!                                                                                      Arbeitskreise ein
     Monika Lorke, Dr. Lutz Worms
                                                                        Ergebnisse
19   AK 05 – Geprüfte Sicherheit
     Die „Deutsche Prüfungsordnung                             23       Impulsreferat zur Ergebnissicherung
     Schwimmen-Retten-Tauchen“ auf dem                                  Prof. Kurt Wilke
     Prüfstand                                                 24       Abschlusserklärung
     Maria Bergmann, Thorsten Reus                                      des 2. Symposiums Schwimmen

                                 2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l   3
Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG
Vo r t r a g A

 Dr. Klaus Wilkens                             Präsident der DLRG

                           Kinderertrinken als
                           weltweites und deutschland-
                           spezifisches Problem
                                          Der Tod durch Ertrinken ist die Schatten-                                sturzgefährdete Brücken, wenn Flüsse oder
                                          seite des Nicht-Schwimmen-Könnens, ins-                                  Bäche überquert werden müssen.
                                          besondere der Kinder. Die Umstände des                                         Fehlendes Gefahrenbewusstsein, man-
                                          Kinderertrinkens sind sehr komplex, müs-                                 gelnde Schwimmfähigkeit, aber auch fehlen-
                                          sen intensiv analysiert und differenziert                                de Aufsicht durch Eltern oder Erwachsene
                                          bewertet werden. Es ist aber unstrittig,                                 führen zu einer gefährlichen Konstellation, die
                                          dass es einen direkten Zusammenhang                                      oftmals tödlich endet.
                                          zwischen der Fähigkeit zu Schwimmen                                            Demgegenüber ist in den wohlhaben-
                                          und dem Tod durch Ertrinken gibt: Wer                                    den Staaten der Tod durch Ertrinken mehr
                                          nicht schwimmen kann, der trägt ein hö-                                  auf Freizeitaktivitäten im und am Wasser zu-
         D r. K l a u s W i l k e n s     heres Risiko zu ertrinken.                                               rückzuführen.
wurde im Oktober 1998                                                                                                    In Europa sterben jährlich 28.000 Kinder
    zum Präsidenten der                   Die nationalen und internationalen Statistiken                           unter 15 Jahren an Verletzungsfolgen, davon
    DLRG gewählt. Er ist                  liefern Anhaltspunkte für Strategien der Vor-                            sind 89 % Unfälle. Ertrinken und Beinahe-Er-
     außerdem Präsident                   beugung und Vermeidung von Wasserunfäl-                                  trinken sind Hauptgründe für den Tod oder
  der International Life                  len mit tödlichen Folgen. Im Jahr 2000 sind in                           Behinderungen von Kindern. Für das Jahr 2002
   Saving Federation of                   der Welt 410.000 Menschen ertrunken. Zwei                                ermittelte das europäische Regionalbüro der
     E u r o p e ( I L S E ) , Vi z e -   Jahre später kamen nach Angaben der World                                WHO 6.389 Opfer von Verkehrsunfällen (23%).
                präsident der             Health Organization (WHO) 385.000 Menschen                               An zweiter Stelle rangiert das Ertrinken. 4.679
         International Life               im Wasser ums Leben, vor 2000 waren es                                   Jungen und Mädchen kamen im Wasser ums
        Saving Federation                 490.000. Diese Zahlen berücksichtigen aber                               Leben. Das sind 17 %.
( I L S ) u n d Vo r s i t z e n d e r    nicht die Opfer von Naturkatastrophen, von                                     Junge Kinder haben spezifische Risiken:
  des Bundesverbandes                     Schiffsunglücken und Suiziden. Die vorliegen-                            Im Alter bis zu zwei Jahren ist es das Ertrin-
         zur Förderung der                den, unvollständigen Zahlen zeigen: Weltweit                             ken in Badewannen, Ein- bis Dreijährige er-
    Schwimmausbildung                     ist das Ertrinken die Unfallursache Nummer                               trinken oft im heimischen Gartenteich, für
                                          zwei nach den Verkehrsunfällen.                                          Zwei- bis Sechsjährige sind die offenen Ge-
                                                Der Ertrinkungstod von Kindern ist ein                             wässer in der Stadt oder Gemeinde die Haupt-
                                          herausragendes Problem in allen Teilen der                               gefahrenpunkte. Kinder über sechs Jahre er-
                                          Welt. Das hat der World Water Safety Kon-                                trinken in Schwimmbädern und für Kinder über
                                          gress in Porto mit Wissenschaftlern und Ex-                              acht Jahre sind es Meeresstrände und Seen.
                                          perten aus 53 Nationen im September 2007                                       Im Europa der 27 Nationen besteht ein
                                          bestätigt.                                                               erhebliches Ost-West-Gefälle. Die wenigsten
                                                Bei näherer Betrachtung stellen wir fest,                          Kinder bis zu 19 Jahren ertranken in Großbri-
                                          dass die Umstände und Ursachen des Ertrin-                               tannien und Schweden. Je 100.000 Einwoh-
                                          kens von Kindern erhebliche regionale Un-                                ner ergaben sich im Jahr 2000 Werte von
 In den armen Ländern                     terschiede aufweisen. In den armen Ländern                               0,31 (GB) und 0,47 (Schweden). Deutschland
  ist das Ertrinken ein                   und Nationen mit mittlerem Einkommen er-                                 rangierte mit 0,52 hinter Italien an vierter Stelle.
Alltagsproblem, in den                    trinken die allermeisten Menschen; dort ist                              Für Europa ergab sich ein Mittelwert von 1,58
wohlhabenden Staaten                      das Ertrinken ein Alltagsproblem. Es ereig-                              je 100.000 Einwohner.
   ein Freizeitproblem                    net sich auf dem Weg zur Schule oder zu                                        Alle Staaten über dem Mittelwert lie-
                                          den Freunden im Nachbardorf. Das Risiko,                                 gen in Zentral- und Osteuropa. Die Kinder in
                                          auf den täglichen Wegen zu ertrinken, wird                               den baltischen Staaten und Rumänien sind
                                          erhöht durch oft nicht vorhandene oder ein-                              besonders vom Ertrinken betroffen. Schluss-

                                                    4    2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG
Kinderertrinken in Deutschland
                                Ertrinken im Alter bis 15 Jahre, 2001 bis 2006, in 3 Altersklassen
                                                                                                                             Quelle: DLRG
                                45               45

                                                                  34                                                                0–5
                                                                                                                        29
                                26                                                 25                                                                 Die Zahl der
                                                 20
                                                                                                    22
                                                                                                                        21
                                                                                                                                   6 –10
                                22                                18                                                                                  To d e s o p f e r i n d i e s e n
                                                                                   10               15
                                                                  11                                                                                  Altersgruppen ist
                                                  9                                8                9                   8         11–15
                                                                                                                                                      in den letzten Jahren
                                                                                                                                      Jahre
                                                                                                                                                      um fast 50% gesunken
                              2001             2002             2003            2004             2005             2006

licht der Statistik ist Lettland mit 7,24 ertrun-                  1– 4-Jährigen von Rang elf auf zwei, in der
kenen Kindern je 100.000 Einwohner. Noch                           Altersklasse 5 – 9 von 13 auf drei und bei den
höher sind die Todesraten in den meisten Re-                       10 –14-Jährigen vom sechsten auf den ersten                                                                    Lettland
publiken der ehemaligen Gemeinschaft Unab-                         Platz.                                                                                                            7,24
hängiger Staaten (GUS).                                                  Wenn es um die Sicherheit der Kinder
      Im europäischen Kontext rangierte die                        geht, muss ein zukunftsweisendes Prophy-
Bundesrepublik bei den 1– 4-Jährigen an 11.                        laxe- und Sicherheitskonzept entstehen, von
Stelle, bei den 5 – 9-Jährigen lag Deutschland                     dem alle Kinder in der Welt profitieren. Für
im Mittelfeld auf Platz 13. Besser war die                         ihre Sicherheit müssen wir deshalb unsere
Platzierung in der Alterstufe 10 –14 Jahre:                        Kenntnisse, unser Know-how sowie unser
Rang sechs für die Bundesrepublik. Bei den                         persönliches und technisches Potenzial über-
15 –19 Jährigen kam Deutschland sogar auf                          all einsetzen, um stetig den Tod durch Ertrin-                                                               Litauen
den ersten Platz. In der Summe über alle Al-                       ken zurückzudrängen.                                                                                            5,08
tersklassen belegte Deutschland – wie bereits
erwähnt – einen guten vierten Platz.
      Diese Vergleichswerte mit den europäi-                                            O s t - We s t - G e f ä l l e E u r o p a s
schen Nachbarn zeigen, dass Deutschland in
einigen Alterssegmenten Nachholbedarf hat                                    Ertinkungstote bei Kindern (0 –19 Jahre) in EU27
und die Anstrengungen für mehr Sicherheit                                 (Europa der 27 Nationen) im 5-Jahres-Durchschnitt
verstärken muss, obwohl das Kinderertrinken
in Deutschland in den letzten Jahren eine
                                                                                                      pro 100.000 Einwohner
positive Entwicklung genommen hat. In der                                                                                   Quelle: WHO Mortality Database
Altersklasse von null bis 15 Jahren gingen                                                                                                         LR-Grafik

nach Angaben von destatis die Zahlen von
2001 bis 2004 von 90 auf 50 zurück. Die                                                                                                             Estland
DLRG verzeichnet im gleichen Zeitraum ei-                                                                                                             3,52
nen Rückgang von 93 auf 43 tödliche Was-
                                                                                                            Schweden                                                    Polen
serunfälle.
                                                                                                                 0,47                                                    1,72
      Mit dem DLRG/NIVEA Kindergartenpro-                                                              Dänemark
jekt, das seit dem Jahr 2000 darauf abzielt,                                                                0,59                                                            Slowakei
das Ertrinken der Kleinsten zu senken, hat                                                                                                                                      1,79
                                                                                                Niederlande
die DLRG und ihr Wirtschaftspartner einen                                                              0,67
wichtigen Beitrag zum Rückgang der Ertrin-
kungsfälle in dieser Altersklasse geleistet.
      Aufklärung und frühzeitige Schwimmaus-
bildung sind die Eckpfeiler für mehr Sicher-
heit der Kinder im und am Wasser. Die DLRG                             Großbritannien                                                                                      Ungarn
leistet mit diesen Projekten und den zahllo-                                     0,31                                                                                        1,61
sen Ausbildungskursen vorbeugende Hilfen                                                                 Deutschland
für die Gesundheit der jungen Menschen. Es                                                                      0,52
ist erfreulich festzustellen, dass die Zahl der
Todesopfer in diesen Altersgruppen in den                                                                                                            Rumänien
                                                                                                                   Italien                               4,77
letzten Jahren um fast 50 % gesunken ist.                                                                            0,49
Das macht Mut weiterzuarbeiten, insbeson-                                                                                                                      Bulgarien
dere wenn man die deutsche Entwicklung vor                                                                                                                         1,99
dem europäischen Hintergrund betrachtet.                                           Portugal
      In der Statistik des Jahres 2006 verbes-                                        0,61
sert sich Deutschland in der Stufe 0 –19
Jahre von Platz vier auf Platz zwei, bei den

                                     2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l         5
Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG
Vo r t r a g B

 Prof. Dr. Wolf-Dieter Brettschneider                                               Universität Paderborn, Sportwissenschaft

                           Zur Situation des Schwimmens
                            im Kontext von Schulsport
                                         Mein Vortrag hat folgende Schwer-                                        halten. 43 % erreichen beim Rumpfbeugen
                                         punkte:                                                                  nicht das Fußsohlenniveau.
                                         1. Lebenswelt, Körper- und Bewegungs-                                          Eine Ursache für diese beunruhigenden
                                            status der jungen Generation                                          Ergebnisse liegt darin, dass etwa zwei Drittel
                                         2. Schulsport auf Lehrplanebene                                          der Mädchen und die Hälfte der Jungen nicht
                                         3. Realität des Schulsports                                              mehr den empfohlenen Richtwert von 90 Mi-
                                         4. Schwimmen im Kontext von Schulsport                                   nuten moderater Bewegung pro Tag erreichen.
                                                                                                                        Kann nun der Schulsport diesem Bewe-
                                         Als Ausgangspunkt für meine Anmerkungen                                  gungsmangel entgegenwirken?
                                         zum Bewegungsstatus wähle ich die Aspekte                                      Was wissen wir über die gegenwärtige
   P r o f . D r. Wo l f - D i e t e r   Übergewicht/Adipositas sowie die motorische                              Situation des Schulsports, seine Bedeutung
       Brettschneider ist                Leistungsfähigkeit der jungen Generation.                                und Wirkung? Die DSB-SPRINT-Studie 2006
  Sportwissenschaftler                         15 % der Kinder und Jugendlichen sind                              hat die Situation umfangreich analysiert.
       an der Universität                übergewichtig und bei 6,3 % ist Adipositas                               Schulsport hat im Lehrplan einen Doppelauf-
       Paderborn. Er war                 diagnostiziert. In den letzten 10 Jahren nahm                            trag: zum einen soll die individuelle und kör-
            Koordinator der              Übergewicht um 50 % und Adipositas um                                    perliche Entwicklung durch Bewegung, Spiel
    S P R I N T- S t u d i e ü b e r     100 % zu! Jungen und Mädchen sind gleicher-                              und Spaß gefördert werden und zum ande-
        den Schulsport in                maßen betroffen. Die soziale Herkunft und                                ren soll der Sportunterricht dazu beitragen,
                 Deutschland             der Migrationshintergrund beeinflussen diese                             junge Menschen die Bewegungs-, Spiel- und
         [siehe fachthema                Entwicklung stark. Kinder aus diesen Schich-                             Sportkultur zu erschließen.
   Lebensretter 2/2006]                  ten der Bevölkerung sind überproportional                                      Charakterisiert ist der Sport in der Schule
                                         gefährdet. Die körperlichen Defizite wirken sich                         der jüngeren Vergangenheit vor allem durch
                                         auch in psychischer Hinsicht aus. Während                                drei Merkmale:
                                         die Befunde bei Kindern in der Altersgruppe                                      1. Konzentration auf Erziehung durch Sport
                                         der 3–12-Jährigen keinen Zusammenhang zwi-                                       2. Distanzierung von etablierten Sportarten
      In der Gruppe der                  schen Übergewicht und Selbstwertgefühl er-                                       3. Verlust eines inhaltlichen Kerns
         13–18-Jährigen                  kennen lassen, tritt dieser in der Gruppe der
existiert ein deutlicher                 13–18-Jährigen deutlich zu Tage. (Anmerkung:                                   Gerade die beiden letzten Punkte sind
         Zusammenhang                    eine Gewichtsreduzierung hat vor allem bei                               sicher als Fehlentwicklung zu bezeichnen. All-
 zwischen Übergewicht                    weiblichen Jugendlichen positive Effekte auf                             mählich beginnt man, ihr entgegenzuwirken.
  und Selbstwertgefühl                   das Selbstwertgefühl!)                                                         Was den Umfang des Sportunterrichts
                                               Am Beispiel verschiedener körperlichen                             angeht, hat SPRINT uns gezeigt: Jede vierte
                                         Basiskompetenzen, wie z.B. dem 12-Minuten-                               Sportstunde im Sekundarbereich wird nicht
                                         Lauf oder dem Standweitsprung lässt sich                                 erteilt!
                                         nachweisen, dass die motorische Leistungs-                                     Besorgniserregend für den Sportunter-
                                         fähigkeit in den letzten 25 Jahren bei dieser                            richt ist der – nach Aussagen der 191 befrag-
                                         Altersgruppe durchschnittlich um 10 – 15 %                               ten Schulleiter – hohe Anteil der fachfremd
                                         zurückgegangen ist.                                                      unterrichtenden Sportlehrer, vor allem in den
                                               Auch die ermittelten Ergebnisse zur Ko-                            Schulen, die den qualifiziertesten Sportunter-
                                         ordinationsfähigkeit sind deutlich verschlech-                           richt benötigen:
                                         tert. So können bspw. 35 % der Kinder nicht                                      Grundschule . . . . . . . . . . . . 49 %
                                         zwei oder mehr Schritte rückwärts balancie-                                      Hauptschule . . . . . . . . . . . . 30 %
                                         ren; 86 % können nicht eine Minute einbei-                                       Realschule . . . . . . . . . . . . . 11 %
                                         nig auf einer T-Schiene (3 cm breit) Balance                                     andere . . . . . . . . . . . . . . . . 2–3 %

                                                   6    2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
Lebensretter - Symposium Schwimmen Gesundheit - Kinder - Sicherheit - DLRG
Die Orte des Schwimmenlernens
                                                             Auf die Frage „Wo hast du Schwimmen gelernt?“ antworteten …

                                                   100%
                                                                                                                                               Könner

                                                    80%                                                                                        Fortgeschrittene

                                                                                                                                               Anfänger
                                                    60%
                                                                                                                                               Unerfahrene
                                                    40%

                                                    20%

                                                     0%
                                                                     in der                    in der                    in einem
                                                                     Schule                    Familie                   Kurs       Quelle: Kurz & Fritz, 2006

      Insgesamt genießt der Schulsport in                       Könner nicht viel höher. Das Ergebnis zeigt                          Der Anteil von
der Sicht der Schüler – auf einer Skalierung                    weniger das Versagen der Schule, sondern                             Kindern, deren Eltern
von 1 (nicht wichtig) bis 5 (sehr wichtig) – ei-                vielmehr den hohen Anteil von Kindern, de-                           wenig Interesse
nen durchschnittlichen Beliebtheitsgrad von                     ren Eltern offenbar wenig Interesse haben,                           haben, sich selbst um
3,97 bei den Jungen und 3,71 bei den Mäd-                       sich selbst um das Schwimmen ihrer Kinder                            das Schwimmen ihrer
chen. Anstrengung, Leistung und Kompetenz-                      zu kümmern.                                                          Kinder zu kümmern,
erwerb als Markenzeichen des Sportunterrichts                        Auch die Rahmenbedingungen beeinträch-                          ist hoch
werden von der jungen Generation heute (wie-                    tigen Quantität und Qualität des Schulschwim-
der) anerkannt. Der Beitrag des Sportunter-                     mens. 32,6 % der Grundschulen müssen eine
richts kann für das allgemeine Wohlbefinden                     Entfernung von ca. 3km und 37,1% von 10km
der Schüler und Schülerinnen nicht hoch ge-                     oder mehr bis zur nächsten Schwimmhalle
nug bewertet werden. Er liegt in den unter-                     zurücklegen. Schwimmen wird in vielen Schu-
suchten Klassenstufen 4, 7 und 9 deutlich                       len vernachlässigt. 20 % der Grundschulen ha-
über dem Wohlbefinden in der Schule gene-                       ben keinen Zugang zu einer Schwimmhalle.
rell. Die generelle Wertschätzung des Sport-                    Diesen Nachweis hat SPRINT erbracht (vgl.
unterrichts ist bei allen Akteuren – Schülern,                  SPRINT, S. 122/123).
Lehrern, Eltern – ausgesprochen hoch.                                Im Ergebnis dessen darf dann auch nicht
      Innerhalb der allgemeinen Analyse des                     verwundern, dass:
Schulsports ist die Situation des Schul-                                12 % Nichtschwimmer sind,
schwimmens für die DLRG natürlich beson-                                24 % kein Abzeichen erworben haben und
ders relevant. „Seepferdchen oder Bleiente?“                            35 % Seepferdchenabnahmen vorliegen.
– welches Etikett trifft die Situation des
Schulschwimmens am ehesten?                                         Bei den Schwimmabzeichen, als Aus-
      Fragt man die Kinder, wo sie Schwim-                      weise für das sichere Schwimmen, ist fol-
men gelernt haben und unterteilt sie nach                       gende Verteilung vorhanden:
Könnensstufen, zeigt sich eine Überrepräsen-                            19 % Bronze
tanz der unerfahrenen und schlechten Schwim-                             8 % Silber
mer aufseiten der Schule. Bei Kindern, die                               2 % Gold
im Rahmen der Familie oder in einem Kurs
Schwimmen gelernt haben, ist der Anteil der                           Die Diskrepanz zwischen der hohen At-
                                                                traktivität des Schwimmens in der Freizeit der
                                                                Jungen und Mädchen und dem spärlichen An-
                                                                gebot als Inhalt des Schulsports ist beträcht-
                                                                lich. Von der Zielstellung 90 % der Grundschü-
                                                                ler als Schwimmer bezeichnen zu können,
                                                                sind wir deutlich entfernt. Die realistische Ein-                    Ein Drittel unserer
                                                                schätzung dürfte lauten: Ein Drittel unserer                         Grundschulkinder hat
                                                                Grundschulkinder haben als schwimmunfähig                            als schwimmunfähig
                                                                zu gelten. Es wird Zeit, an dieser Situation                         zu gelten
                                                                etwas zu ändern.

                                  2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l   7
Vo r t r a g C

   Prof. Dr. Klaus Bös                       Universität Karlsruhe, Sportwissenschaft

             Aktivität und motorische
             Leistungsfähigkeit von Kindern –
             unter besonderer Berücksichtigung
             des Schwimmens
                                       Der Vortrag gliedert sich in:                                           von 4–17 Jahren durchgeführt. Die Daten sind
                                       1. KiGGS (Studie zur Gesundheit von                                     repräsentativ, die Untersuchung erfolgte in
                                          Kindern und Jugendlichen in Deutsch-                                 den Jahren 2003 bis 2006.
                                          land) und MoMo (das nationale Motorik                                      Erfasst wurden die körperlich-sportlichen
                                          Survey 2003–2006)                                                    Aktivitäten wie Schul-, Vereins- und Freizeit-
                                       2. Untersuchungsmethodik                                                sport und darüber hinaus vollzogene Bewe-
                                       3. Ergebnisse                                                           gungen des Alltages. Dabei wurde sie nach
                                          • Schwimmen als sportliche Aktivität                                 Häufigkeit, Dauer, Intensität und nach der Art
                                          • Schwimmen und Leistungsfähigkeit                                   der Bewegung/Sportart differenziert. Als Indi-
                                       4. Einige Schlussgedanken                                               zes galten der berechnete Energieverbrauch
      P r o f . D r. K l a u s B ö s                                                                           und die Erfüllung von Guidelines.
    ist ein international              1. KiGGS und MoMo                                                             Die Motorik wurde mithilfe von 11 sport-
         bekannter Sport-              KiGGS wurde vom Bundesgesundheitsministe-                               motorischen Tests erfasst.
    wissenschaftler auf                rium finanziert und untersucht primär psychi-                                 Wie aktiv sollten Kinder sein? Idealer-
dem Gebiet des Freizeit-               sche Gesundheit (Bella-Studie). Als eigenstän-                          weise sollten Kinder täglich für mindestens
 und Gesundheitssports.                dige Module wurden ein Umwelt-Survey, ein                               60 Minuten bei moderater bis starker Inten-
         Er doziert an der             Kinder- und Jugend-Gesundheitssurvey und                                sität aktiv sein! Zu dieser übereinstimmen-
   Universität Karlsruhe               ein Ländermodul Schleswig-Holstein konzipiert.                          den Aussage kommt eine Vielzahl ähnlicher
                 und versteht          Bestandteil des Kinder- und Jugend-Gesund-                              Studien.
            Schwimmen als              heitssurveys ist das Motorik-Modul (MoMo).
 Grundfähigkeit für alle               Warum ist Motorik Teil eines Gesundheits-                               3. Ergebnisse
        [siehe fachthema               surveys? Diese Frage soll an drei Aspekten                              Wie viele Kinder erfüllen die Guideline?
    Lebensretter 4/2006]               kurz erläutert werden:                                                  Der absolute Anteil der Bewegung unserer
                                            Aktivität, Leistungsfähigkeit und Gesund-                          Kinder in Deutschland ist zu gering, denn nur
                                       heit gehören zusammen.                                                  ein Drittel der 4 –7-jährigen Kinder erreichen
                                            Motorik und Aktivität sind unverzichtbar                           die beabsichtigte Bewegungszeit. Der dann
                                       in der Lebensspanne: Fitness ist Vorausset-                             einsetzende weitere Rückgang ist alarmierend.
                                       zung für Gesundheit und diese macht Lebens-                             Insofern ist es nicht verwunderlich, dass es
                                       qualität aus!                                                           auch Einschränkung bei der motorischen Leis-
                                            Verhaltensdimensionen prägen sich früh                             tungsfähigkeit gibt. 43 % der Kinder und Ju-
                                       aus und bleiben in der Lebensspanne relativ                             gendlichen erreichen beim Rumpfbeugen nicht
   We r i n K i n d h e i t o d e r    stabil, d.h. wer in Kindheit oder Jugend re-                            das Fußsohlenniveau und 35 % können nicht
     Jugend regelmäßig                 gelmäßig sportlich aktiv ist, wird es mit hö-                           zwei oder mehr Schritte rückwärts balancie-
sportlich aktiv ist, wird              herer Wahrscheinlichkeit bleiben, als dass es                           ren.
  e s m i t h ö h e r e r Wa h r-      gelingt, inaktive Jugendliche später an regel-                               Es drängt sich auch die Frage auf: Hat
 scheinlichkeit bleiben                mäßiges Sporttreiben heranzuführen.                                     sich die motorische Leistungsfähigkeit von Kin-
                                                                                                               dern und Jugendlichen verändert? Gemessen
                                       2. Untersuchungsmethodik                                                am Standweitsprung haben sich im Vergleich
                                       MoMo wurde als deutschlandweite Studie                                  von 1976 zu 2006 die Leistungen um 14% ver-
                                       an 167 Orten mit 4.529 Probanden im Alter                               schlechtert.

                                                 8   2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
Effekte beim Schwimmen
                                                                                            Leistungsfähigkeit von Schwimmkindern
                                                                                            und Rolle der Anstrengungsbereitschaft

                                                                                 PWV 170                                Liegestütz
                                                                                 Watt kg / KG                           Wh / 40 Sek

                                                                                 Seitliches HH-Springen                 Stand and Reach
                                                                                 Wh / 30 Sek                            cm / Sohle

      Nun zum Schwimmen als sportliche Ak-
tivität in diesem Kontext. Vier Fragestellungen
sollen näher betrachtet werden:                                                                                            Quelle: MoMo-Studie 2003 bis 2006

Wie viele Kinder schwimmen in Verein
und Freizeit?
     Schwimmen ist für die Kinder und Ju-
gendlichen nach wie vor eine der beliebtes-                    bildung beantwortet. Sie zeigt zum einen an
ten Sportarten. Sowohl bei den Mädchen als                     der Höhe der dunklen Säulen die Leistungs-
auch bei den Jungen in den Altersklassen                       fähigkeit der Schwimmkinder in der Ausdauer
4 –10 Jahre ist Schwimmen meist auf dem                        (VO2 Max), Liegestütz, seitliches Hin- und Her-
3. Platz zu finden (einmal 6 –10 Jahre Jungen                  springen sowie Rumpfbeugen.
mit 18 % auf Platz 2).                                               Tendenziell haben Kinder, die Leichtathle-                       We n i g e r d u r c h d i e
     Auch der Organisationsgrad beim Schwim-                   tik als Sportart betreiben die Höchste, Kinder,                        Leistungsfähigkeit
men, gemessen an der Mitgliederstatistik des                   die nicht im Sportverein sind, die niedrigste                          als durch die
LSV Baden-Württemberg 7–14 Jahre, ist hoch.                    Leistungsfähigkeit.                                                    Anstrengungsbereit-
Schwimmen nimmt bei beiden Geschlech-                                Beeindruckend ist der Effekt der An-                             schaft heben sich
tern den 8. Rang ein. Das heißt, Schwimmen                     strengungsbereitschaft (schraffierte Säulen).                          „Schwimmkinder“ ab
hat in seiner Breite durchaus eine akzeptable                  Schwimmkinder, die sich im Verein anstrengen
Basis.                                                         sind deutlich leistungsfähiger, als Kinder, die
                                                               Schwimmen eher als Freizeitsport betreiben.
Wie sehr strengen sich Kinder beim
Schwimmen an?                                                  4. Vier Schlussbemerkungen:
Schwimmen ist für die meisten Kinder im                                1. MoMo bestätigt „Inaktivität“ und
Verein (52 %) und in der Freizeit (58 %) etwas                            „Fitnessmängel“ heutiger Kinder
anstrengend. Starke Belastungen entstehen                              2. Schwimmen ist eine beliebte Sportart
im Verein bei 30 % und in der Freizeit bei                                und erreicht viele Kinder
11 %. Die übrigen der untersuchten 1.512                               3. „Schwimmkinder“ sind durchschnittlich
Kinder im Alter von 6 –10 Jahren empfinden                                leistungsfähig
Schwimmen gar nicht als anstrengend.                                   4. Die Verbesserung der Anstrengungs-
                                                                          bereitschaft durch Schwimmen schafft
Wie leistungsfähig sind „Schwimmkinder“?                                  Leistungspotenziale
Gemessen an 4 Kriterien und im Vergleich
zu Kindern, die nicht in Sport-, in Turn- oder                       Der Wert des Schwimmens für unsere
Leichtathletikvereinen organisiert sind, lässt                 junge Generation scheint mir mit diesen Er-
sich keine höhere Leistungsfähigkeit messen.                   gebnissen sehr gut belegt. Es ist eine loh-                            Fazit: Engagement
                                                               nenswerte Aufgabe, sich für das Schwimmen                              für das Schwimmen
Welche Rolle spielt die Anstrengungsbereit-                    und seine Belange, so wie die Deutsche Le-                             lohnt immer
schaft für die Leistungsfähigkeit?                             bens-Rettungs-Gesellschaft es erfolgreich prak-
Die beiden letzten Fragen werden in der Ab-                    tiziert, zu engagieren.

                                 2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l   9
Vo r t r a g D

    Prof. Dr. Dietrich Kurz,                              Universität Bielefeld, Sportwissenschaft
            Dr. Thomas Fritz und Dipl.-SpOec. Ralf Tscherpel

                                     Die Schwimmfähigkeit
                                                 der Elfjährigen
                                           Um ein bewegungsaktives, gesundes Le-                                     wurde in 5. Schulklassen von den Fachlehr-
                                           ben führen und an entwicklungsrelevanten                                  kräften im Rahmen des Sportunterrichts durch-
                                           Bereichen der Bewegungs-, Spiel- und                                      geführt. Untersucht wurden 58 Klassen mit
                                           Sportkultur teilnehmen zu können („kultu-                                 insgesamt 1.384 Schülerinnen und Schülern.
                                           relle Teilhabe“), müssen junge Menschen                                   Unsere Probanden waren zwischen 10 und 12
                                           über ein altersangemessenes Bewegungs-                                    Jahre alt, die meisten 11 (Durchschnitt: 10,77).
                                           können verfügen. Als „motorische Basis-                                   Jungen und Mädchen sind etwa gleich ver-
                                           qualifikationen (MOBAQ)“ bezeichnen wir                                   treten. Auch die Verteilung nach Schulformen
                                           solche Voraussetzungen auf einem ele-                                     und Siedlungsstruktur weicht von der Grund-
                                           mentaren Niveau. Es gibt vermutlich ei-                                   gesamtheit der Fünftklässler in NRW nicht er-
     Der Wissenschaftler                   nen breiten gesellschaftlichen Konsens,                                   heblich ab.
          P r o f . D r. D i e t r i c h   dass möglichst alle Kinder schwimmen                                            Für die Durchführung der Untersuchung
           Kurz untersuchte                lernen sollten.                                                           erhielten die Lehrkräfte (Testleiter) ein Test-
              gemeinsam mit                                                                                          manual und eine DVD mit Videosequenzen.
       D r. T h o m a s F r i t z i m      Dieser Konsens beruht bei genauerer Betrach-                              Sie hatten lediglich zwischen „bestanden“
        Jahr 2006 in einer                 tung weniger auf der Befürchtung, dass Nicht-                             oder „nicht bestanden“ zu entscheiden. Die
           Praxisstudie der                schwimmer höher gefährdet sind zu ertrin-                                 folgende Tabelle beschreibt die Aufgaben und
           Abteilung Sport-                ken, als auf der Überzeugung, dass Kindern,                               gibt jeweils an, wie viel Prozent der Kinder
          wissenschaft der                 die nicht schwimmen können, der Zugang                                    die Aufgabe bestanden haben.
     Universität Bielefeld                 zu wertvollen Lebensbereichen verschlossen
                                                                                                                          Testaufgaben                 Bestanden [%]
            die Ausprägung                 bleibt. Den Besuch von Schwimmbädern, den
      von Qualifikationen,                 Urlaub an der See, Wassersport jeder Art                                       1. • Springen vom Startblock             87
                                                                                                                          Ins Wasser springen und zum Beckenrand
       die für das sichere                 wird nur eingeschränkt genießen und als Ele-                                   zurückschwimmen können
     Schwimmen benötigt                    mente der Lebensführung stabilisieren kön-                                     2. • 25 m Schwimmen                      81
                          werden           nen, wer über eine gewisse Sicherheit im                                       Schwimmend eine Strecke in Bauch-
          [siehe fachthema                 Schwimmen verfügt.                                                             und Rückenlage zurücklegen können
      Lebensretter 1/2007]                      Unsere Daten zur Schwimmfähigkeit ha-                                     3. • „Qualle“                            58
                                           ben wir im Zusammenhang eines größeren                                         An der Wasseroberfläche schweben
                                           Forschungsprojekts gewonnen, das bisherige                                     und unter Wasser kontrolliert ausatmen
                                                                                                                          und absinken können
                                           Untersuchungen zum Thema „Bewegungs-
                                           mangel im Kindesalter“ in einem ausdrücklich                                   4. • Gleiten                             66
                                                                                                                          Durch das Wasser gleiten können
                                           pädagogischen Interesse ergänzt. Im Unter-
                                                                                                                          5. • Slalomtauchen                       55
                                           schied zu geläufigen Zeitreihenuntersuchungen
                                                                                                                          Eine vorgegebene Bahn tauchen und sich
                                           zur motorischen Entwicklung, die vorwiegend                                    unter Wasser orientieren können
                                           Veränderungen von Durchschnittswerten er-
Die Studie konzentrierte                   fassen, konzentrierten wir unsere Aufmerk-                                Nach diesen Ergebnissen haben wir die
     s i c h a u f d i e K i n d e r,      samkeit auf die Kinder, die über Basisqualifi-                            Kinder in vier Gruppen zusammengefasst
     die mit dem Eintritt                  kationen auch mit dem Eintritt in die Sekundar-                           Die Kinder der ersten Gruppe („Unerfahre-
  in die Sekundarstufe I                   stufe I noch nicht verfügen. Wir haben nur eine                           ne“= 9 %) lösten keine einzige Aufgabe. Die
           noch über keine                 Altersgruppe untersucht, nämlich die Kinder                               zweite Gruppe („Anfänger“= 19 %) löste eine
    Basisqualifikationen                   des 5. Schuljahres, und sie auch nur einmal.                              oder zwei Aufgaben. Auch diese Gruppe liegt
                       verfügen                 Die Untersuchung bestand aus Testaufga-                              mit ihrer Schwimmfähigkeit noch weit unter
                                           ben zu den Basisqualifikationen, einer schriftli-                         dem, was Lehrpläne für dieses Alter fordern.
                                           chen Befragung der Schülerinnen und Schüler                               Für diese beiden Gruppen nehmen wir einen
                                           und einer Messung des BMI. Die Untersuchung                               besonderen Förderbedarf an.

                                                     10    2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
Schwimmfähigkeit in der 5. Klasse
                             Die Schwimmfähigkeit nach Schulklassen getestet an 5 Aufgaben
                          100%
                                                                                                                5 bestanden
                                                                                                                3 – 4 bestanden
                                                                                                                1– 2 bestanden
                           80%                                                                                                                   Die Gruppen rot und
                                                                                                                0 bestanden
                                                                                                                                                 orange repräsentieren
                           60%                                                                                                                   alle Kinder in
                                                                                                                                                 N o r d r h e i n - We s t f a l e n ,
                           40%                                                                                                                   die bis zur Jahrgangs-
                                                                                                                                                 stufe 5 das Schwimmen
                           20%                                                                                                                   überhaupt noch nicht
                                                                                                                                                 oder erst in Anfängen
                           0%                                                                            Quelle: Kurz & Fritz, 2006              gelernt haben

                                                                    Fast 30 %, Unerfahrene und Anfänger, mit besonderem Förderbedarf
      Die dritte Gruppe, mit 42 % die größte,
löste 3 oder 4 Aufgaben; alle diese Kinder                                                                                        Unerfahrene
schafften es, 25 m zu schwimmen. Obwohl
auch sie nicht so schwimmen können, wie                                                                                 9%                                  Anfänger
wir uns das für 11-Jährige wünschen wür-                             Könner
den, können wir sie als „Fortgeschrittene“
bezeichnen. 30 % der Kinder, die vierte Grup-                                    30 %                                                              19 %
pe, löst alle Aufgaben. Es sind die „Könner“!
      Sehen wir uns nun an, wie sich diese
Gruppen auf Schulklassen verteilen, ergibt sich
in vielen Fällen ein dramatisch heterogenes                                                                      42 %
Bild. Es ist schwer vorstellbar, wie in diesen                                                                                                  Fortgeschrittene
Fällen ein Schwimmunterricht im Klassenver-
band den Anforderungen des Lehrplans ge-
recht werden soll.
      Betrachten wir die 118 Kinder näher, die
keine Testaufgabe bestanden haben, dann er-                           Fassen wir zum Schluss das Wichtigste
kennen wir systematische Zusammenhänge.                         in pädagogischer Absicht zusammen und
                                                                konzentrieren dabei unseren Blick auf die
Die Kinder, die keine einzige Aufgabe                           Kinder mit einem besonderen Förderbedarf
gelöst haben, …                                                 im Schwimmen. Denken Sie an die Kinder
      • besuchen mit größerer Wahrscheinlich-                   der Gruppen rot und orange, also fast 30 %
keit Hauptschulen oder Gesamtschulen als Real-                  aller Kinder in Nordrhein-Westfalen, die bis zur
schulen oder gar Gymnasien                                      Jahrgangsstufe 5 das Schwimmen überhaupt
      • besuchen überwiegend Schulen in den                     noch nicht oder erst in Anfängen gelernt ha-
Ballungszentren,                                                ben! Aus unserer Untersuchung erfahren
      • geben überzufällig häufig als Religions-                wir über diese Kinder: Sie sind überzufällig                                     Nichtschwimmer sind
zugehörigkeit „muslimisch“ an,                                  häufig in Familien aufgewachsen, in denen                                        häufig in Familien
      • waren noch nie Mitglieder eines Sport-                  sie für ihren Sport wenig Interesse erfahren                                     aufgewachsen, in
vereins oder sind bereits wieder ausgetreten.                   haben. In ihren Familien war niemand, der                                        denen sie für ihren
                                                                versucht hat, ihnen das Schwimmen selbst                                         Sport wenig Interesse
      Schon hinter diesen Daten ahnen wir,                      beizubringen. Sie hatten auch keine Gelegen-                                     erfahren haben
welch großen Einfluss die Familie dafür hat,                    heit, in einem Kurs schwimmen zu lernen.
ob Kinder schwimmen lernen. Wir haben in                        So waren sie auf die Schule angewiesen.
unserer Untersuchung die Kinder auch gefragt:                   Aber bisher – in der Grundschule – haben sie
„Wo hast du schwimmen gelernt?“, und ihnen                      es dort nicht oder nur in bescheidensten An-
diese drei Antworten zur Wahl gegeben: in                       fängen gelernt. Offensichtlich ist die Grund-
der Schule, in der Familie, in einem Kurs. Sie                  schule derzeit in Nordrhein-Westfalen nicht in                                   Die Grundschule in
durften auch mehrere Antworten ankreuzen.                       der Lage, ohne Vor- oder Mitarbeit der Fami-                                     NRW ist nicht in der
      75 % der Kinder haben nur einen dieser                    lie allen oder auch nur den meisten Kindern                                      Lage, allen Kindern
„Lernorte“ angekreuzt, und zwar in folgender                    das Schwimmen von Grund auf und gründ-                                           das Schwimmen
Verteilung: 36 % sagen: in der Familie; 25 %:                   lich beizubringen.                                                               beizubringen
in einem Kurs und nur 14%: in der Schule. Das                         Es besteht Handlungsbedarf und es ist
ist eine der fachpolitisch bedeutsamsten Über-                  zu begrüßen, dass sich die DLRG hier enga-
raschungen, die unsere Untersuchung bietet.                     gieren will. Auf diesem Weg viel Erfolg!

                                  2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l   11
Vo r t r a g E

   Prof. Dr. Hans-Jürgen Gerner                                     Universitätsklinik Heidelberg

                           Querschnittlähmungen – ein
                           Aspekt der Vorbeugung in der
                           Schwimmausbildung
                                         Den Kontakt zur DLRG habe ich von mir                                    und Geschlechter, die an diesen Unfällen be-
                                         aus gesucht, um über ein gravierendes                                    teiligt waren, so fällt auf, dass die Alters-
                                         Thema zu berichten, dass durch Präven-                                   gruppen (AG) 16 –20 Jahren mit 25, die AG
                                         tion zu 100 % vermieden werden könnte.                                   21–25 Jahren mit 38 (!) und die AG 26 –30
                                         Die persönliche Tragik und Beeinträchti-                                 Jahren mit 19 Unfällen vor allem bei den
                                         gung des Einzelnen ist unermesslich, vor                                 Männern dominieren. 82 männlichen Unfall-
                                         allem dann, wenn man bedenkt, dass es                                    teilnehmern dieser 3 Altersgruppen stehen
                                         um junge Menschen geht, die ihr Leben                                    lediglich 5 weibliche gegenüber. Im Inland
                                         noch vor sich haben. Sie haben lebens-                                   ist die Zahl der Unfälle mit 54 höher als die
                                         lang eine extrem schwere Behinderung                                     Zahl der ausländischen Unfälle mit 49. Wenn
  P r o f . D r. H a n s - J ü r g e n   und das Rad zu dessen Bekämpfung ist                                     wir uns die Verteilung der Unfälle über das
   Gerner ist u.a. Leiter                leider nicht zurückzudrehen. Insofern wäre                               Jahr betrachten, war nicht anders zu erwar-
         einer Orthopädie-               es mein Ziel, dass ausgehend von Ihrem                                   ten, dass die Monate Mai bis August, die Zeit
           abteilung an der              Symposium eine Aufklärungskampagne in                                    der Badesaison, die Unfallhäufigkeit dominie-
    Universitätsklinik II                Deutschland gestartet wird, die unermess-                                ren. Geringe Unfallzahlen in den übrigen Mo-
                  Heidelberg.            liches Leid vermeiden hilft. In anderen                                  naten (meist 1– 3) werden von dramatisch
            Im Sommer 2007               Ländern gibt es bereits derartige Kam-                                   hohen Zahlen (Mai 12, Juni 23, Juli 28 und
                  startete der           pagnen, die uns in Deutschland als posi-                                 August 38) durchbrochen.
   Orthopädie-Professor                  tives Beispiel dienen können.
zusammen mit der DLRG
 eine Kampagne, in der                   Was ist Querschnittlähmung? Sie ist ein aus
  er vor „dem sinnlosen                  einer Schädigung des Rückenmarkquerschnit-
               Sprung in den             tes resultierendes Lähmungsbild mit Ausfall
           Rollstuhl“ warnt              motorischer, sensibler und vegetativer Funk-
                                         tionen.
                                               Pro Jahr treten etwa 1.800 neue Fälle
                                         in Deutschland auf. Die Ursachen sind sehr
                                         vielfältig und etwa 3 % der Neuerkrankungen
                                         sind auf Unfälle beim Baden oder Schwim-
                                         men zurückzuführen. Das entspricht etwa neu-
                                         en 60 Erkrankungsfällen pro Jahr. In Deutsch-
                                         land gibt es 21 Klinikzentren mit zusammen
                                         1.200 Betten, die in der Lage sind, auch
                                         schwerstverletzte Personen ihr Leben lang
                                         medizinisch zu versorgen.
                                               In den letzten Jahren 2000 –2005 gab
 In Deutschland gibt es                  es 126 Badeunfälle mit Lähmungsfolgen, wie
    in jedem Jahr ca. 60                 die Übersicht zeigt. Natürlich sehen wir bei der
 neue Erkrankungsfälle                   Zahl der Badeunfälle einen direkten Zusam-
mit Querschnittlähmung                   menhang mit dem Wetter, das Jahr 2003 war
         beim Baden und                  das Jahr mit einem extrem heißen Sommer.
             Schwimmen                   Betrachtet man die beteiligten Altersgruppen

                                                  12    2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
Badeunfälle 2000 bis 2005
  Badeunfälle gesamt und Tauchunfälle mit Lähmungsfolgen im Jahresvergleich

                                                                                   126 Badeunfälle
                                                                                   mit Lähmungsfolgen
                                                                                   gab es von
                                                                                   2000 bis 2005

                                                                                       Badeunfälle gesamt
                                                                                       Tauchunfälle

        2000      2001     2002       2003           2004           2005

                                                                                          Hauptunfallursache
                                                                                          ist der Kopfsprung,
                                                                                                  vor allem ins
      Die Hauptunfallursache ist vor allem der                                                 f l a c h e Wa s s e r
Kopfsprung und mit besonders hohem Risi-
ko versehen ist der Kopfsprung ins flache
Wasser. Diese Verletzten haben nicht einmal
Hautabschürfungen oder andere äußere Ver-
                                                                                       „Sprung in den Rollstuhl“
letzungen, aber schwerste Quetschungen der
                                                                              Wirbelsäule und Rückenmark betreffende Verletzungstypen
Wirbelsäule mit irreparablen Schäden.
      77 Mal ist der Kopfsprung als Unfallur-
sache und nur 11 Mal das Ausrutschen zu
verzeichnen. Dominierend bei den Unfallor-
ten sind klar die Binnengewässer. 52 Unfäl-
len dort stehen 16 Unfällen am Meer, 12 im
Pool und 9 im Schwimmbad gegenüber.
      Bei nahezu allen Unfällen (104) war die
Wirbelsäule beteiligt. Schwerpunkt der Frak-
turlokalisten war die Halswirbelsäule. Weil der
Körper ab der Quetschung des Rückenmarks
nach unten gelähmt wird, ist klar, dass hier
schwerste Lähmungsfolgen entstehen. Beim
Ausmaß der Lähmung standen 58 komplet-
ten Lähmungen 39 inkompletten gegenüber.
Erfreulicherweise nimmt der Anteil der in-
kompletten Lähmungen aufgrund der verbes-
serten Unfallversorgung dieser Patienten zu.
      Hinter diesen nüchternen Zahlen verber-
gen sich dramatische Einzelschicksale. Lassen
Sie mich daher einen Aufruf zur verstärkten
Prävention in allen Bereichen starten. In an-
deren Staaten, z.B. Kanada gibt es staatliche
Programme, die gar nicht so teuer sind. Aus-
tralien zeigt, dass mit einfachen Schildern
wirkungsvolle Prävention betrieben werden
kann. Mein Traum wäre es, z.B. mit Ihrer Or-
ganisation und den nötigen Sponsoren einen
Fernsehspot zu drehen, der am Anfang der
Saison gezeigt wird. Wenn wir die Unfallzah-
len um die Hälfte reduzieren könnten, dann
hätten wir viel erreicht.                                              Erstes Ziel der
                                                                       Kampagne: durch
                                                                       Prävention die
                                                                       Unfallzahlen um die
                                                                       Hälfte reduzieren

                                  2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l   13
Vo r t r a g F

Dr. Peter Pietsch                         Bundesarzt des Präsidiums der DLRG

          Schwimmen – eine
                universelle Sportart
                                       Schwimmen ist gesund.                                                    die Schüler in der Europäischen Gemeinschaft
                                       Schwimmen hält gesund.                                                   untersucht hat und den deutschen Schüle-
                                       Schwimmen macht gesund.                                                  rinnen und Schülern im Europavergleich ein
                                                                                                                schlechtes Zeugnis ausstellt. Die Kriterien Er-
                                       Warum ist das so?                                                        nährung, Übergewicht, Bewegung, Motorik
                                       Das Schwimmen ist eine universelle Sportart                              und Erkrankungen (Diabetes mit Spätfolgen
                                       und für jedes Alter geeignet, für Kinder wie                             bei Schülern, Herzinfarkte etc.) zeigen deut-
                                       für Senioren. Zunächst sind es die physikali-                            liche Probleme bei deutschen Kindern. Die
                                       schen Eigenschaften des Wassers, die dem                                 Folgen des Bewegungsmangels treten immer
                                       Menschen entgegenkommen. Seine hohe                                      deutlicher zutage. Der damit auch einherge-
  D r. P e t e r P i e t s c h i s t   Dichte senkt unser Gewicht im Wasser auf                                 hende volkswirtschaftliche Schaden ist groß.
 seit 50 Jahren DLRG-                  ein Siebtel. Durch den Wärmeverlust sowie                                     Eine Studie aus den USA zeigt, dass eine
       Mitglied und seit               durch die Bewegung gegen den Wasserwider-                                Bewegungsaktivierung der inaktiven Teile der
  1995 Bundesarzt des                  stand entsteht ein höherer Energieumsatz                                 Bevölkerung um 10 –15 % zu einer Reduktion
 Präsidiums. Der Arzt                  als bei der Bewegung an Land. Der Auftrieb                               der Todesfälle um 1,5 –2 % führt.
  und Marinesanitäts-                  des Wassers schont die Gelenke: ein Vorteil                                   Das Schwimmen zeitigt bei Menschen
offizier a.D. war 2006                 vor allem für Übergewichtige, für den präven-                            mit Übergewicht positive Effekte, ein As-
   t u r n u s m ä ß i g e r Vo r-     tiven Gesundheitssport und für Rehabilitations-                          pekt der heute leider bereits bei Kindern re-
sitzender der Bundes-                  maßnahmen unter anderem nach Operationen.                                levant ist. Es senkt die Hemmschwelle, sich
  arbeitsgemeinschaft                                                                                           wieder zu bewegen und es senkt die adi-
   Erste Hilfe (BAGEH)                 Kindliche Entwicklung                                                    positasbedingten Einschränkungen. Die beim
                                       Welche Effekte hat das Schwimmen auf die                                 Schwimmen entstehenden Belastungen lie-
                                       kindliche Entwicklung? Die Bewegung im                                   gen im oberen Drittel aller Sportarten. Insbe-
                                       Wasser beeinflusst die motorische Entwick-                               sondere die hohe dynamische Belastung
                                       lung von Kindern intensiver als die Bewe-                                führt zu einer Volumenbelastung des Herz-
                                       gung auf dem Trockenen. Dieser Vorteil wird                              muskels mit ihrer positiven Auswirkung auf
                                       therapeutisch genutzt. Entscheidend ist die                              das Herz-/ Kreislaufsystem (Trainingseffekt),
                                       Dreidimensionalität mit der damit verbunde-                              demgegenüber ist die statische Belastung
                                       nen Bewegungsfreiheit. Eine Studie der Sport-                            mit seiner eher negativen Auswirkung auf
                                       hochschule Köln stellte eine Verbesserung                                den Stütz-und Bewegungsapparat gering.
                                       der Wahrnehmungsfähigkeit der Kinder bei
                                       der Bewegung im Wasser fest.                                             Was kann Schwimmen bei der Behandlung
                                            Der Bewegungsreiz ist ein wesentlicher                              von Erkrankungen leisten?
                                       exogener Faktor für die Entwicklungs- und                                Schwimmen ist die ideale Sportart für Pati-
                                       Wachstumsreize. Erst bei Inanspruchnahme                                 enten mit Verschleißerscheinungen und in
                                       (Belastung) werden die Organe zur vollen                                 der Arthrosetherapie bzw. in der Rehabilita-
                                       Leistungsfähigkeit ausgebildet. Das Schwim-                              tion. Auch für Patienten mit erhöhtem Augen-
                                       men beeinflusst die Gesamtentwicklung güns-                              innendruck geht von der Ausdauersportart
        Ein Mangel an                  tig und wirkt sich positiv auf die ganzheitliche                         Schwimmen ein positiver Effekt aus. Und
  Bewegungsanregung                    psychosoziale Entwicklung der Kinder aus.                                macht es wegen seiner positiven Wirkung auf
  und Bewegungsraum                         Im Umkehrschluss führt ein Mangel an                                die Augendurchblutung für Glaukomkranke
         führt zu einer                Bewegungsanregung und -raum zu einer ge-                                 besonders geeignet. Unter dynamischer ae-
  generellen Entwick-                  nerellen Entwicklungsverzögerung im moto-                                rober Belastung kann der Augeninnendruck
  lungsverzögerung im                  rischen und sozialen Bereich (Deprivations-                              bis zu 8 mm Hg sinken. Für Behinderte, be-
      motorischen und                  syndrom). Die Folgen des Bewegungsmangels                                sonders Zerebralparetiker und Menschen mit
      sozialen Bereich                 zeigen sich in einer neuen Studie der WHO,                               Koordinations- und Wahrnehmungsstörungen

                                                14    2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
Gesundheitsfördernd
                                                                                              Physikalische Eigenschaften des Wassers

                                                                                     1000 kg/m3
                                                                                     Dichte
                                                                                                                                    4185 J/(kg+K)
                                                                                                                                    spez. Wärmekapazität

                                                                                                          bei 20°C 0,60 W/mK
                                                                                                           Wärmeleitfähigkeit

                                                                                     0° C bei 1013,25 hPa                           100° C bei 1031,25 hPa
                                                                                     Schmelzpunkt                                   Siedepunkt

ist Schwimmen besonders gut geeignet. Zu-
dem spielt das Schwimmen in der Rehabilita-
                                                                                      Folgen der physikalische Eigenschaften des Wassers
tion nach Verletzungen eine bedeutende Rolle.
Für Kinder mit Krampfleiden ist schwimmen
grundsätzlich nicht geeignet, zum mindesten
ist eine 1 zu 1 Aufsicht zu gewährleisten. In
Abhängigkeit von einer stabilen medikamen-
tösen Einstellung und einer entsprechend lan-
gen anfallsfreien Zeit können in Abstimmung
mit den behandelnden Ärzten Ausnahmereg-
lungen im Einzelfall möglich sein. Keine posi-
tiven Effekte hat das Schwimmen bei der Be-                                                                                            höherer Energieumsatz
handlung der Osteoporose. (Literatur beim Verfasser)                                                                                   Wärmeverlust und Bewegung
                                                                                                                                       gegen größeren Widerstand
      Wann sollen Kinder mit dem Schwim-
men beginnen? Grundsätzlich gilt aus medi-
zinischer Sicht: je früher, desto besser. Die
                                                                                       Wasserauftrieb schont die Gelenke
qualifizierte Schwimmausbildung hat heute für                                                          unser Gewicht sinkt auf ein Siebtel
jede Altersstufe geeignete Kursangebote pa-                                                             Dichte Wasser = ca. 1000 x Dichte Luft
rat, angefangen von Babyschwimmen, über die
Lehrgänge für Schwimmanfänger, die Jugend-
schwimmabzeichen, die Rettungsschwimm-
ausbildung, die Schwimmausbildung für Er-
wachsene bis zu speziellen Breitensport-                                                                                                         Projekte
angeboten für ältere Menschen.

                                                                                          M a r k t d e r M ö g l i c hPkreoijteeknt e
                                                          Innovative Ideen rund um die Schwimmausbildung

                                                                                                            Bunter Blumenstrauß
                                                                                                            Zwölf Projekte der Schwimmausbildung von
                                                                                                            Bremen bis Bayern und von Brandenburg
                                                                                                            bis Rheinland-Pfalz bildeten den dritten Pro-
                                                                                                            grammpunkt des 2. Symposiums Schwim-
                                                                                                            men. Sie zeigten die Vielfalt der Möglichkei-
                                                                                                            ten, wie sie sich der Leiter Ausbildung im
                                                                                                            Präsidium der DLRG, Helmut Stöhr, als ei-
                                                                                                            nen bunten Blumenstrauß der Farben ge-
                                                                                                            wünscht hatte, in beeindruckender Art und
                                                                                                            Weise.
                                                                                                            Im Bild der Werbestand des DLRG/NIVEA-
Am Ausstellungsstand (v.l.): Dr. Harald Rehn, Dr. Klaus Wilkens, Maiken                                     Kindergartenprojektes im Foyer der Wandel-
Stolze und Stephan Mohr                                                                                     halle.

                                     2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l   15
Arbeitskreise

            AK 01
                                                                                                                    Das lässt sie verstärkt miterleben, dass sie
   Dr. Lilli Ahrendt und Monika Schimmel                                                                            etwas wissen (Erfolgserlebnis); z.B. paar-
                                                                                                                    weise Tauchen, Verhalten im Strömungs-
                                                                                                                    kreis, Hereinfallen/-rollen von einer Matte
                                                                                                                    vom Beckenrand und sofort festen Halt
   Schwimmbad                                   türlich auch an anderen Orten auf, ent-                             suchen, Springen mit Absprungkontrolle
                                                                                                                    (Kreidemarkierung um den Fuß) und
                                                ziehen sich jedoch dann öffentlicher
   mit Kinderaugen                              Einflussnahme und sichernder Kon-
                                                                                                                    Abstandhalten (freier Sprungbereich?),
                                                                                                                    Balance verlieren und wieder erlangen auf
                                                trolle. Der Ball liegt häufig im erziehe-                           der Wackelmatte, auf den Fliesen gehen
   Problem:                                     rischen Feld der Eltern.                                            (kleine Schritte), nicht laufen.
   Sicherheit und Unfälle im Schwimmbad               Die ergänzende Fragestellung,                                 ∆ Baderegeln dinglich anschaulich anwen-
   Schwimmbäder sind Bewegungsstät-             ab wann von Schwimmen zu spre-                                      den, z.B. die Kinder mit einem Besenstil/
                                                                                                                    Stab selbst Wassertiefe und eigene Körper-
   ten für Sport, Unterricht, Training und      chen ist, wurde ebenfalls diskutiert.                               größe abmessen lassen.
   Erholung für jedermann, um sich in-          Ist es ausreichend, die Abzeichen (See-                             ∆ Verantwortungsbewusstein durch das
   dividuell oder gemeinsam in der Frei-        pferdchen, Bronze etc.) abzunehmen,                                 Einsetzen von Schwimmpaten schulen
   zeit zu bewegen. Insbesondere Kin-           ohne den geistigen, emotionalen                                     (älteres Gold-Kind mit jüngerem Anfänger-
   der finden hier einen idealen und an         und körperlichen Entwicklungsstand                                  schwimmkind für eine Schwimmstunde
                                                                                                                    paaren).
   sich behüteten Ort, an dem sie le-           eines Kindes einzubeziehen?
                                                                                                                    ∆ Kinder unter Kontrolle alles ausprobie-
   bensnotwendige Erfahrungen für ihre
   gesamte Entwicklung sammeln kön-
                                                Kernaussagen:                                                       ren lassen und ihre Rückmeldung einholen,
                                                                                                                    was gefährlich erscheint.
                                                ∆ An der Selbstrettungsfähigkeit von
   nen, nämlich den Umgang mit dem              Kindern ist noch gezielter zu arbeiten.                             ∆ Eine Schwimmbadsprache (Geheimspra-
   Element Wasser und das Schwim-                                                                                   che) bei Kindern einführen. Intensive Gestik
                                                ∆ Spätestens mit der Schwimmausbildung                              und bildhafte Sprache verbessert die Ver-
   menlernen selbst. Aus Erkenntnissen          selbst muss das Thema Sicherheit praxis-                            ständigung mit Kindern. Die Ausbilderkrea-
   verschiedener Untersuchungen zur Si-         nah umgesetzt und gefördert werden, das                             tivität und Talent sind gefordert, die Auf-
   cherheitserziehung von Kindern möch-         bedeutet Gefahrenbewusstsein wecken und                             merksamkeit im offenen Unterricht nach
                                                Risiko einschätzen lernen. Dies gelingt in                          einer Übungsphase zurückzuerobern.
   te der Arbeitskreis einen Vorschlag          der Praxis methodisch mit einem offenen,
   zum kindgerechten Orientieren im             schüler- und handlungsorientierten Unter-                           ∆ Lieder und Reime erhöhen die Merkfä-
                                                richt. D.h. Kinder sind im Unterricht nicht                         higkeit bei Kindern. Ein Beispiel, um das
   Schwimmbad unterbreiten.                                                                                         Laufen auf den Fliesen zu unterbinden:
                                                Objekte sondern aktive Subjekte, sollen
         Das Unfallgeschehen und die                                                                                „Wer flitzt, der sitzt“ oder „Wenn du
                                                mitdenken, mithelfen, sichern, organisieren
   Unfallursachen mit Kindern im Be-            und z.B. Signale rufen. An den selbst erar-                         rennst, dann flennst“ oder „Eins, zwei,
   wegungsraum „Schwimmbad“ for-                beiteten Baderegeln lernen sie Zusammen-                            drei, kommt herbei!“
   dern die Badbetreiber und uns als            hänge zu verstehen und erfahren somit                               ∆ Schwimmunterricht verlangt vom Aus-
                                                selbst die Gefahren. Kinder müssen ernst                            bilder die Kommunikation auf Augenhöhe
   Ausbilder und Funktionsträger in den         genommen und dort abgeholt werden, wo                               der Kinder, das bedeutet ein Verkleinern
   verschiedenen Organisationen zum             sie mit ihren Bedürfnissen und auch Vorer-                          der eigenen Körpergröße durch Hocken
   Nachdenken über unsere eigenen               fahrungen stehen.                                                   oder Knien mit bewusstem Blickkontakt zu
   Vorgehensweisen in der Schwimm-              ∆ Gute Ausbilder und Lehrkräfte sollen ih-                          den Kindern.
   ausbildung und zu verstärkt bezugs-          nen graduell kleine Aufgaben, auch in Ver-                          ∆ Zusammenhänge zu verstehen und zu
                                                bindung mit einem Partner übertragen, um                            begreifen lernen Kinder, indem sie Fragen
   orientiertem Handeln auf (statt Ver-         sie zu bestärken, sie selbstsicher und kom-                         stellen oder in verschiedenen Kontexten
   bote vorzulesen).                            petent zu machen und ihr Verantwortungs-                            Fragen beantworten. Nach dem Motto:
         Schwimmen ist eine begehrte            bewusstsein und -gefühl zu schulen. Denn                            „Wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt,
                                                Schwimmabzeichen allein sind noch keine                             bleibt dumm“, können im Schwimmbad
   Freizeitaktivität. Auch Becken mit
                                                Garantie für Schwimmenkönnen.                                       (inklusive des Technik-, Erste-Hilfe- und
   1,25 m bis ca. 1,35 m Wassertiefe                                                                                Schwimmmeisterraums) diese sicherheits-
   gelten noch als Nichtschwimmer bzw.          Konsequenzen:                                                       fördernden Zusammenhänge noch bewuss-
   Lehrschwimmbecken. Vorschriften für          (infrastrukturell und didaktisch/methodisch)                        ter gemacht werden.
   den Bäderbau und Ordnungen (u.a.             ∆ In der ersten Stunde des Kinderschwim-                            ∆ Durch Lernen im Spiel und Spürerfah-
                                                mens sollten Eltern ihre Kinder ins                                 rungen sollten Konzentration und Aufmerk-
   Haus- und Badeordnung) regeln die-           Schwimmbad begleiten dürfen. Dabei                                  samkeit geschult werden, z.B. „Ich sehe
   sen Bereich stringent. Dies ist jedoch       sollte auch das Elternverhalten bewusster                           was, was ihr nicht seht“!
   kein Maß, welches den tatsächlichen          und gezielter beobachtet werden. Um das                             ∆ Der Sinn und Unsinn von Auftriebshilfen
   kindgerechten Anforderungen ent-             Können der Kinder im Schwimmkursver-                                sollte durch Ausprobieren von den Kindern
                                                lauf den Eltern zeigen zu können, kann zum                          selbst erlebt werden. „Schwimmflügel ge-
   spricht. Kinder können sich darüber          Kursende hin ein Tag der offenen Tür oder                           hören an die Arme“! Die Baderegeln sollten
   hinaus noch nicht zu diesen für sie          Ähnliches angeboten werden.                                         als Gebot vermittelt und abgefragt werden,
   nicht zutreffenden ergonomischen             ∆ Im Schwimmbad selbst sollte eine Aus-                             z.B. „Ich darf springen, wenn das Wasser
   Festlegungen äußern.                         schilderung / Markierung durch Symbole und                          frei und tief genug ist!“ Verbote sollten
                                                Leuchtfarben in kindgerechter Augenhöhe                             Kindern stets erklärt und begründet werden.
         Der kritische Bereich in den Sta-
                                                erfolgen, der Schwimmbeckenrand mit Mar-
   tistiken zu Ertrinkungsfällen betrifft       kierungshütchen in Ampelfarben für den                              Schlussfolgerung:
   die Jungen, besonders häufig die Al-         Schwimmunterricht gekennzeichnet werden.
                                                                                                                    Gefahrenbewusstsein, Selbstrettungsfähig-
   tersgruppe der 5 – 6-Jährigen und der        ∆ Kindgerechte Sanitäranlagen (Toilette,                            keit und Risikokompetenz sind durch
   10 - 11-Jährigen. Das entspricht den         Dusche) ermöglichen Eigenständigkeit.                               Selbsterfahrung zu vermitteln. Für das Um-
   Übergangsphasen vom Kindergarten             ∆ Rutschfeste Fliesen und gummierte Böden                           setzen sind Kreativität und Engagement ge-
                                                oder Gummifüßlinge verhelfen dem Anfänger                           fordert. In die Ausbildung der Übungsleiter
   zur Schule bzw. von der Grundschule          im Flachwasserbereich zu sicherem Stand.                            und Lehrer ist das Thema Entwicklungspsy-
   zur weiterführenden Schule. Unfälle          ∆ Kinder im Rollenspiel wie kleine Ausbil-                          chologie des Kindes (sein Können, seine
   in Verbindung mit Wasser treten na-          der mit in den Unterricht einbeziehen.                              Grenzen) stärker einzubringen.

                                       16    2 . S y m p o s i u m S c h w i m m e n · L e b e n s r e t t e r- S p e z i a l
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