Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum

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Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
Dezember 2010

Impulse und Informationen der Abteilung Tageseinrichtungen für Kinder im Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.

Veränderte Kindheit –
Chance
Familienzentrum

Dokumentation des Studientages 2010
der katholischen Familienzentren
im Erzbistum Köln
Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
I n h a lt

                                       Veränderte Kindheit(en) – Chance Familienzentrum..........................................4
                                       Prof. Dr. phil. Sigrid Tschöpe-Scheffler, FH Köln, KJFE

                                       Erziehungsberatung im Familienzentrum – Möglichkeiten und Grenzen.........7
                                       Hanna Kerkhoff-Horsters, Diplom-Sozialarbeiterin,
                                       Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, EB BGL
                                       Hildegard Wunsch, Diplom-Heilpädagogin,
                                       Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, EB BGL
                                       Armut und soziale Ausgrenzung von Kinder und Familien
                                       im Sozialraum begegnen........................................................................................... 10
                                       Michaela Hofmann, Referentin für Armutsfragen im DiCV Köln,
                                       Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz
                                       Klaus Fengler, Referent für Gemeindesozialarbeit im DiCV Köln

                                       Eltern wollen für Ihre Kinder das Beste – Sinus-Studie untersucht
                                       Bedarfe von Kindern im Transfer- und Niedrigeinkommensbereich..................13
                                       Markus Günter, Referat Familie, Frauen und Kinder,
                                       Deutscher Caritasverband

                                       Armut(sbekämpfung) braucht keine Gespenster!
                                       Arme Kinder und ihre Familien in unseren Familienzentren.............................15
                                       Josef Schäfers, Referent für Gemeindepastoral im Stadtdekanat Köln

                                       Wie erreiche ich arme Eltern? –
                                       Erfahrungen des SKM Köln bieten vielfältige Anregungen................................ 17
                                       Margret Hees, Leiterin des Fachbereichs „Soziale Brennpunkte“, SKM Köln

                                       Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit –
                                       Glauben entdecken in komplexen Gesellschaften.................................................20
                                       Efi Goebel, Referentin für Familienpastoral

                                       Spiritualität in Familien(zentren)...........................................................................21
                                       Dr. Holger Dörnemann, Leiter des Referates Ehe- und Familienpastoral

                                       Was zum Gelingen der Kooperationen von Familienzentren und
Impressum                              Beratungsstellen beitragen kann – Aus dem Arbeitskreis
                                       Familienzentren der Ehe-, Familien- und Lebensberatung.................................23
                                       Arbeitskreis Kooperation Familienzentren der Ehe-, Familien- und
Herausgeber                            Lebensberatung
Diözesan-Caritasverband
für das Erzbistum Köln e.V.            Gesund leben mit Kindern – Eltern machen mit
Abteilung                              Ein niederschwelliges Elternbildungskonzept zur
Tageseinrichtungen für Kinder          Gesundheitsbildung für Familienzentren...............................................................24
Georgstr. 7, 50676 Köln
                                       Dr. Claudia Bundschuh, Dt. Kinderschutzbund
Tel.: 0221/2010-272                    Als ich ein Kind war –
Fax.: 0221/2010-395                    Was die Literatur über Kindheit und Erziehung weiß..........................................26
E-Mail: markus.linden-luetzenkirchen   Dr. Gabriele von Siegroth-Nellessen, Literaturwissenschaftlerin
@caritasnet.de                         und Referentin in der Erwachsenenbildung

                                       Familienbildung im Familienzentrum -
Redaktion
                                       Voraussetzungen erfolgreicher Planung für und mit Eltern.................................27
Markus Linden-Lützenkirchen            Brigitte Sarwas, Diplom-Psychologin, Katholisches Bildungswerk Bonn

Verantwortlich                         Chancen früher Elternbildung –
Matthias Vornweg                       Eltern-Kind-Kurse in katholischen Familienzentren............................................28
                                       Astrid Gilles-Bacciu, Referentin für Familienbildung, Referat
                                       Bildungskonzeption, Abt. Bildung und Dialog
Layout und Satz
Alexander Schmid Grafikproduktion      Medien im Vorschulalter auf dem Vormarsch......................................................30
                                       Kathrin Scheel, Referentin für Radioarbeit und Medienpädagogik,
Titelfoto: Jane Dunker                 Referat Bildungskonzeption, Abt. Bildung und Dialog

2   Kompakt spezial 2/2010
Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
vorwort

Liebe Leserin,
Lieber Leser,

die Bedingungen, wie Kinder heute aufwachsen, haben sich in den vergangenen Jahr-
zehnten gravierend verändert. Zugleich wissen wir, dass eigene Kindheitserfahrungen
immer in unserem „Gepäck“ bleiben und auch in die professionelle Arbeit einfließen.

Der diesjährige Studientag der „Katholischen Familienzentren“ am 22. September diesen
Jahres im Kölner Maternushaus hat sich intensiv mit den vielfältigen Perspektiven der
veränderten Kindheit in Deutschland beschäftigen, Herausforderungen benannt und eine
Fülle von konkreten Handlungsansätzen für die Haupt- und Ehrenamtlichen der Famili-
enzentren präsentiert.

Bedingt durch die vielen Varianten im Erziehungsverhalten der Eltern, bei den Bil-
dungschancen und der jeweiligen Freizeitgestaltung wachsen Kinder heute in Deutsch-
land unterschiedlich auf. Auch die allgemeinen Rahmenbedingungen des Aufwachsens
von Kindern haben sich in den letzten Jahrzehnten entscheidend verändert.

Die wichtigsten Veränderungen beziehen sich auf die veränderten Familienverhältnisse,
die Wohn- und Straßensozialisation, auf neue Kindermedien und die Konsumkultur so-
wie auf die veränderte Betreuung und Erziehung.

Der Hauptvortrag hat aus erziehungswissenschaftlicher Sicht in die Themenstellung und
Hintergründe der „Veränderten Kindheit“ eingeführt, diese wurden nachfolgend in aus-
gewählten Workshops im Blick auf spezielle Aspekte und Chancen für die Familienzen-
tren konkretisiert.

Von vielen Teilnehmenden wurde der Wunsch geäußert, die Impulse des Tages im eigenen
Familienzentrum in der konkreten Arbeit aufgreifen zu können. Die ausführliche Doku-
mentation soll dies möglich machen.

Ihr

Matthias Vornweg

                                                                                Kompakt spezial 2/2010   3
Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
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Veränderte Kindheit(en) –
Chance Familienzentrum
Prof. Dr. phil. Sigrid Tschöpe-Scheffler

Fachhochschule Köln, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften,
Institut für Kindheit, Jugend, Familie und Erwachsene (KJFE)

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Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
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Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
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Erziehungsberatung im Familienzentrum –
Möglichkeiten und Grenzen
Workshop zum Konzept der Katholischen Erziehungsberatungsstelle in Bergisch-Gladbach

H a n n a K e r k h o f f - H o r st e r s

Hildegard Wunsch

Die Erziehungsberatungsstelle bietet im        Die Entwicklungsge-
Rahmen der Familienzentren verschie-           schichte der Kooperation
denste Leistungen an, von                      Kath. Erziehungsberatung
c Elternberatung,                              in Bergisch-Gladbach und
c diagnostischen Hilfen zur Entwicklung        Familienzentren.
  der Kinder,                                  Im Jahre 2006 brachte Ar-
c Fachberatung für Erzieherinnen bis zu        min Laschet, Minister für
c Elterncafés                                  Generationen, Familie,
                                               Frauen und Integration in
Ziel ist die Stärkung der Eltern-Kind-         Nordrhein-Westfalen, den
Bindungen und der Selbstwertentwicklung        Antrag für die Einrichtung
in der Familie. Die Beratungskonzepte          von FZ zunächst als Modellprojekt auf           Konzeptionelle Überlegungen
wurden aus systemischer und heilpäda-          den Weg. Kindertageseinrichtungen sollten       Der Träger unserer Beratungsstelle in
gogischer Sicht und mit konkreten Bei-         zu Familienzentren weiterentwickelt wer-        Bergisch Gladbach ist der Katholische Er-
spielen vorgestellt. Der Workshop bot          den mit dem Ziel, die unterschiedlichen         ziehungsberatung e.V. Wir sind zuständig
Gelegenheit zum Gespräch über konkrete         Angebote der Kinderförderung und der            für den Südkreis des Rheinisch-Bergischen
Kooperationsstrukturen. Was können Kin-        Unterstützung der Eltern zusammen zu            Kreises.
dertagesstätten und Erziehungsberatungs-       führen, Synergieeffekte zu nutzen und           Fortbildungen für päd. Mitarbeiterinnen in
stellen gemeinsam tun, damit Erziehung         die Zugänge zur Beratung zu erleichtern         Kindertageseinrichtungen, Supervisionen
und Familienleben gelingen?                    und zu verbessern. Kommunen hatten die          im Einzel- und Gruppensetting, Coaching,
                                               Aufgabe, gemeinsam mit den Trägern der          fallbezogene Praxisreflektion, diagnosti-
In den beiden Workshops, an dem insge-         Tageseinrichtungen bedarfsgerechte An-          sche Entwicklungseinschätzungen, Hos-
samt rund 70 TeilnehmerInnen teilnah-          gebote zu entwickeln. Die Kompetenzen           pitationen und Referententätigkeiten ge-
men, gingen wir ähnlich vor, wie bei den       und die Erfahrungen der vorhandenen             hörten immer schon, im Rahmen unseres
konzeptionellen Überlegungen in unserer        Einrichtungen sollten gebündelt und             zeitlichen und personellen Kontingents,
Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterin-          genutzt werden um die Eigenkräfte und           zur Standardaufgabe unserer Arbeit in
nen der Familienzentren im Südkreis des        Potenziale der Familien zu stärken und          der Erziehungsberatungsstelle.
Rheinisch-Bergischen Kreises.                  Hilfe und Unterstützungsangebote vor-           Mit der gesetzlichen Verankerung und Be-
Nach einer kurzen Vorstellung unserer-         zuhalten. Hierzu zählt u.a. „.die Unter-        reitstellung finanzieller Ressourcen kön-
seits, den beiden Mitarbeiterinnen der         stützung von Familien durch intensive           nen wir Kindertageseinrichtungen, die in
Beratungsstelle für Eltern-, Jugendliche       interne und externe Zusammenarbeit mit          den letzten Jahren zu FZ geworden sind,
und Kinder in Bergisch-Gladbach, ermit-        Angeboten der Familienhilfe. Dies umfasst       unsere Leistungsangebote in Kooperation
telten wir die Bedarfe der Kolleginnen         z. B. Familienberatung, Familienbildung         mit den Mitarbeiterinnen der Familien-
und Kollegen, die an unserem Workshop          und Familienp?egedienste“. (Kommunal            zentren an den jeweilig unterschiedlichen
teilnahmen.                                    Info 04/2005)                                   Bedarfen der Familien weiter optimieren.
Dabei zeigte sich, dass die Mehrheit der       Das Erzbistum Köln griff diese landespo-        Unser Ziel ist es, personelle Kontinuität
teilnehmenden Personen vor allem einen         litische Initiative auf und verknüpft sie mit   und Verbindlichkeit im Rahmen der Ko-
Erfahrungsaustausch der bisherigen Ko-         einem eigenen Entwicklungsweg.                  operation zu gewährleisten. Wir möchten
operationen „Familienzentren und EB“                                                           ein kontinuierliches, strukturiertes, verläss-
wünschte.                                                                                      liches und progressives Angebot mit den

                                                                                                                 Kompakt spezial 2/2010    7
Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
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Mitarbeiterinnen der Familienzentren wei-       sourcenorientierte Angebote vorzuhalten.       c Offene Sprechstunden vor- und/oder
terentwickeln, das es ermöglicht, effizient     Dabei haben wir besonders die Familien im        nachmittags. Je nach Zielgruppe emp-
und dauerhaft Kindern und ihren Familien        Blick, die den Weg in die Beratungsstelle        fiehlt es sich, das Angebot umzuformu-
bedarfsgerechte, kontextabhängige und           oft erst dann finden, wenn das „Kind schon       lieren. In einem FZ wurde es in einem
entwicklungsförderliche Unterstützung           in den Brunnen gefallen ist.“                    kreativen Teamprozess umbenannt in
anzubieten.                                                                                      „Antworten finden auf Fragen und An-
Derzeit stellen finanzielle Mittel von Land     Am Ende der drei Veranstaltungen wurden          liegen rund um Kinder- Familie- und
und Kirche die Arbeit unserer Beratungs-        die Ergebnisse zusammengefasst und den           Partnerschaft“. So kann jede Mitar-
stelle in den Familienzentren sicher.           Familienzentren zur Verfügung gestellt.          beiterin des FZ mit einer überzeug-
                                                Die Ergebnisse der Veranstaltungsreihe           ten Haltung das Beratungsangebot als
Die Ermittlung und Entwicklung                  zeigen heute, nach ca. 2 Jahren, dass die        nützliches Unterstützungsangebot an
passgenauer Leistungsangebote für               meisten der dort genannten Leistungswün-         Eltern weitervermitteln
Familienzentren im Südkreis des                 sche inzwischen im Zusammenwirken mit          c Themenzentrierte Elternabende, die
Rheinisch-Bergischen Kreises.                   den Leiterinnen und Mitarbeiterinnen der         auf Wunsch von Eltern durchgeführt
Um die jeweiligen „Institutionsgrenzen“         Familienzentren auf den Weg gebracht             wurden
durchlässiger zu machen, die Schwelle für       wurden.                                        c Väterangebote - Väterabende
die Zusammenarbeit niedriger werden zu                                                         c Angebote für Alleinerziehende
lassen und den Bedarf der Familienzentren       Es zeigte sich, dass es nicht DAS Rezept       c Verhaltensbeobachtungen von Kin-
mit den Angeboten unserer Beratungsstel-        einer Kooperation mit einem Familienzen-         dern, die den Mitarbeiterinnen des FZ
le abzustimmen, plante ein Arbeitskreis         trum geben kann. Vielmehr gilt es, sich vor      auffallen, mit anschließender Reflexion
der Beratungsstelle (AK FZ) in 2008 für         Ort gemeinsam auf den Weg zu machen              und Planung des weiteren Vorgehens
das Jahr 2009 eine dreiteilige Öffentlich-      und entsprechend der spezifischen Vor-         c Aktionstage wie z.B. Standauftritte bei
keits- und Informationsveranstaltung für        aussetzungen der Einrichtungen (bauliche         Festen in den FZ
alle Mitarbeiter (MA) in Familienzentren        Voraussetzungen, Geschichte der Einrich-       c Kollegiale Beratung für Mitarbeiterin-
unseres Einzugsbereichs.                        tungen) und der örtlichen Bedingungen            nen in FZ (Team- Einzelfallberatung)
Unser Ziel war es, anhand von zwei Fragen       (Sozialstruktur) ein passendes Konzept         c Fortbildungen für Mitarbeiter in FZ
den aktuellen Bedarf der Familienzentren        der Kooperation zu erarbeiten.                   (z.B. „Das Ganze ist mehr als die
zu ermitteln, die MA der FZ in einen Aus-                                                        Summe seiner Teile, wie können El-
tausch zu bringen und eine gegenseitige         Zum Gelingen einer konstruktiven Koope-          ternressourcen entdeckt und genutzt
Anregung anzustoßen.                            ration ist es erforderlich zu überprüfen, ob     werden“? „Wie Elternkooperation ge-
In gemischten (mit Mitarbeitern unter-          die Leistungsangebote der Erziehungsbe-          lingen kann“. „Wie gelingt eine quali-
schiedlicher FZ) Kleingruppen wurden die        ratungsstelle zu den fachlichen Leitbildern      fizierte Weiterverweisung von Eltern
Fragen diskutiert: „Was an unserer bishe-       und Erklärungsansätzen, Konzeptionen,            an nützliche und hilfreiche Unterstüt-
rigen Zusammenarbeit war bisher gut?“,          Überzeugungen, Wertvorstellungen und             zungssysteme“?)
„Was könnte/sollte optimiert werden?            professionellen Philosophien der Koope-        c Informationsveranstaltungen für Mit-
Was wäre zusätzlich wünschenswert?“             rationspartner passen. Von daher ist ein         arbeiterinnen in FZ zum Thema Kin-
und die Auswertung in der Gesamtgrup-           regelmäßiger Austausch zwischen den              deswohlgefährdung (§ 8 a)
pe vorgestellt.                                 Mitarbeiterinnen des Familienzentrums          c regelmäßiger Austausch der Koope-
Wir selbst stellten die Arbeit unserer Be-      und der MitarbeiterIn der EB unerlässlich.       rationspartner
ratungsstelle anhand einer kurzen Power-        Um die Arbeit in den FZ ständig zu eva-
pointpräsentation dar. Im Anschluss luden       luieren und zu optimieren, richtet unser       Wie, wodurch werden die Ratsuchenden
die für die jeweiligen Familienzentren zu-      Team zweimal im Jahr einen Termin ein,         / Eltern / Multiplikatoren erreicht?
ständigen Mitarbeiter zu einer Besichti-        an dem alle Mitarbeiterinnen, die in Fa-       c durch ein hohes Maß an Flexibilität
gung der Räumlichkeiten der Beratungs-          milienzentren tätig sind teilnehmen und          aller beteiligten Fachmitarbeiter
stelle ein.                                     ihre Erfahrungen und jeweiligen Arbeits-       c durch regelmäßige Austauschgespräche
Über den Austausch der unterschiedlichen        ergebnisse zusammentragen.                     c durch flexible Beantwortungen der
Wahrnehmungen der aktuellen Situation                                                            jeweiligen Bedarfe
von Familien und der Familienpolitik, führ-     Welche Leistungen werden in den                c durch einen regelmäßigen Austausch
te der Weg zu einem Ideenaustausch für          einzelnen Familienzentren aktuell                über Optimierung am Anfang und in
eine bedarfsorientierte Zusammenarbeit.         vorgehalten?                                     der Mitte des Kindergartenjahres
Vor allem, so schien uns, konnten wir ein       c Pädagogisches Elterncafe mit und ohne        c durch die Erstellung einer Halbjah-
gemeinsames Ziel / eine gemeinsame                Erzieherinnen                                  res- oder Jahresplanung die in Form
Aufgabe benennen: Eltern bei ihrer Er-          c Gesprächskreise für Eltern (mit Kin-           eines Flyers an die Eltern weitergege-
ziehungsaufgabe zu unterstützen und res-          derbetreuung)                                  ben wird

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Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
ke r k h o ff - h o r ste r s  / w u n sc h

c durch einen Aushang mit Terminab-            c mangelnde Infos über das, was im FZ              z.B. Flyer, Aushänge, Ausschreibungen
  reißzetteln für die Offene Sprechstun-           angeboten wird                                 und Einladungen:
  de (Anonymität bleibt besser gewahrt)        Immer wieder Thema in den Arbeitsbe-               c „Da liegt ein Krokodil unter meinem
c durch regelmäßigen Aushang - Öffent-         sprechungen mit MA des FZ ist, wie schwer             Bett“ Kindliche Ängste und der kre-
  lichkeitsarbeit                              erreichbare Zielgruppen erreicht werden               ative Umgang mit der Angst.“
c durch Infos in der Kindergartenzeitung       können? Wie z.B. Väter ? Wie z.B. Eltern           c „Manieren, sind das gültige Spielregeln
  (oder Familienzentrumszeitung)               mit Zuwanderungshintergrund? Wie al-                  für den Umgang miteinander oder total
c dadurch, dass der Bedarf der Eltern          leinerziehende Mütter, wie berufstätige               veraltete Dressurakte?“
  immer wieder ermittelt wird und              Mütter, etc. In einem gemeinsamen Aus-
  entsprechende passgenaue Elternge-           tausch mit den Pädagogischen Mitarbei-             Von besonderer Bedeutung ist es, die
  sprächskreise durchgeführt werden            terinnen des FZ und den Fachmitarbei-              jeweiligen Rahmenbedingungen der Be-
c durch Kontaktpflege in Form von              terinnen der Beratungsstelle für Eltern,           ratungsstelle für die Eltern transparent
  Mailkontakten, Telefonate oder und           Jugendliche und Kinder werden kreative             zu machen:
  Terminvereinbarungen bei Bedarf              Wege gesucht, weniger leicht zugängige             c Auf die Schweigepflicht hinzuweisen
  zwischendurch                                Zielgruppen zu erreichen.                             und bei Wunsch nach Austausch mit
c durch die Gewährleistung von Kinder-                                                               der pädagogischen Mitarbeiterin des
  betreuung                                    In den Workshops wurden weiterhin                     FZ Schweigepflichtsentbindungen ein-
                                               mit den FZ entwickelte Materialien zur                zuholen
Es bewährt sich das, was nachgefragt           Stärkung der Eltern-Kind-Bindungen und             c auf die Kostenfreiheit,
wird!                                          der Selbstwertentwicklung in der Familie           c den Überweisungskontext,
                                               vorgestellt.                                       c die Möglichkeit einer Fortsetzung der
Was hat sich bewährt?                                                                                Beratung in der Beratungsstelle.
c Feste Zeiten für Sprechstunden
c Kontaktpflege mit Leiterin und den
                                               Ein Beispiel für die gelungene Kooperation zwischen FZ und Beratungsstelle
  MAinnen
c wechselseitige flexible Bedarfsanfragen      Die sehr junge alleinerziehende Mutter             Neben dem Problem mit dem Sohn schil-
c bei Elterninitiative - Kontakt zum Vor-      wird von der Gruppenleiterin auf die               dert sie ihre schwierige Lebensgeschichte,
  stand                                        Sprechstunde hingewiesen, weil die Mutter          die für sie mit einem zentralen Satz ver-
c halbjährliche oder jährliche Planung         ihr gegenüber über ständige Wutanfälle             bunden ist: „Man wird immer enttäuscht“.
c langfristige Infos an die Eltern             des 4-jährigen Sohnes klagte. Die Mutter           Dies sei der Grund, weshalb sie Angebo-
c begrenzte Teilnehmerzahlen bei El-           wirkt schüchtern und im Kontakt sehr an-           te zu sozialen Kontakten nicht annimmt
  terncafes oder Elternveranstaltungen         gepaßt. Sie spricht liebevoll über ihr Kind,       und sich selbst aktiv darum nicht bemüht.
c Kinderbetreuung                              das ihr ein und alles sei. Es ist ihr sehr wich-   Gleichzeitig betont sie, wie sehr sie die
c Gute Kontakte der MA des FZ zu den           tig, daß die Beratung vor Ort stattfindet,         Erzieherinnen schätzt. Zwischen diesen
  Eltern                                       da sie ein Problem „mit dem Vertrauen“             Gesprächen wird die Beraterin von der
c Erzieher, die qualifiziert weiterverwei-     habe. In die Einrichtung jedoch und zu             Gruppenleiterin angesprochen, die sich
  sen und Eltern in die Sprechstunde           den Mitarbeiterinnen komme sie gerne               akut um die kleine Familie sorgt. Die
  begleiten                                    und ihr Kind sei dort sehr gut aufgehoben.         Mutter hatte erzählt, daß während eines
c Vorstellung auf Elternabenden                Dieser erste Kontakt dient dazu, die Mut-          Konfliktes mit dem Kind eine Glasscheibe
c Vorstellung auf Sommerfesten                 ter „ankommen zu lassen“ und ihr viel              zu Bruch ging und sowohl Mutter als auch
c eine Vereinbarung der gegenseitigen          Bestätigung für diesen ersten Schritt in die       Kind verletzt waren. Es findet kurzfristig
  Aufnahme in die Verteiler für Jahresbe-      Beratung und ihre guten Ideen im Umgang            ein Gespräch zwischen Mutter, Gruppen-
  richte, Programme, Pressemitteilungen,       mit dem Kind zu geben. Mit ihr besprochen          leiterin und Beraterin statt, in dem die
  Homepages etc.                               werden auch ein 1-2 neue Überlegungen              Mutter über ihre großen Ängste spricht,
c ein regelmäßiger Informationsaus-            für ihr Problem. Sie wird ermutigt, die            die sie verspürt, weil der Sohn eine längere
  tausch für die Entwicklung von ge-           Sprechstunde wieder aufzusuchen und                Zeit als sonst bei seinem Vater sein soll.
  meinsamen Angebotsformen                     von ihren Erfahrungen zu berichten. Von            Dieses Thema entwickelt sich zu einem
                                               der Leiterin der Einrichtung erfährt die           aktuellen Konflikt zwischen Mutter und
Nicht bewährt haben sich:                      Beraterin, dass die Mutter an keinerlei            Vater, der mit Hilfe der Beraterin bear-
c Sprechstunden nach Bedarf                    Angeboten für die Eltern teilnimmt. Zu             beitet werden kann. Die Mutter erlaubt
c Beratungsangebote, auf die die Erzie-        den nächsten Sprechstunden kommt sie               der Beraterin dazu Kontakt mit dem Vater
   her nicht aufmerksam machen                 wieder. Immer ist sie die erste und ganz           aufzunehmen.
c Mangelnde Zeitressourcen                     zuverlässig in der Zeit.
c Mangelnder Kontakt zu den MA des FZ

                                                                                                                   Kompakt spezial 2/2010    9
Veränderte Kindheit - Chance Familienzentrum
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Armut und sozialer Ausgrenzung von Kindern und
Familien im Sozialraum begegnen
Michaela Hofmann

Klaus Fengler

                                            Karikaturen:
                                            Thomas Plaßmann

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Die vorstehende Präsentation zum The-         lastschriften im Kontext des Mittagessens-     Ausmaß für die Unterstützung von Fa-
ma wurde von den Teilnehmenden im             geldes und in den Entwicklungsgesprächen       milien zuständig sind und hiermit dazu
Hinblick auf ihre konkrete Situation vor      sehr deutlich; diese werden dann auch zu       beigetragen wird, dass die ALGII-Sätze
Ort diskutiert sowie ihre Erwartungen         weiteren Lösungsabsprachen mit den El-         so niedrig bleiben können und eine Ver-
und Wünsche an die unterschiedlichsten        tern, soweit diese es wünschen, genutzt.       schiebung der Daseinvorsorge stattfindet.
Gremien und Personen benannt. Auf
dieser Grundlage sind folgende Aspekte        c Immer wieder sind Erzieherinnen              c Hilfreich ist hier das Konzept der Fa-
festzuhalten.                                 mit Überlastungsanzeigen oder proble-          milienzentren. Im Rahmen der alltäglichen
                                              matische Situationen von Familien kon-         Arbeit ist es hier möglich die Familien der
c Häufig fehlen in den Einrichtungen          frontiert, die die wirtschaftliche Situation   Einrichtung besser im Blick zu behalten
die von allen als notwendig erachteten        betreffen, für die aber Anspruchsregelun-      und deren Bedarfe durch Gespräche zu
Ressourcen, um zusätzliche Unterstüt-         gen bestehen. Es überfordert die Möglich-      erfahren, Hilfestellungen zu leisten und
zungsarbeit für sozial belastete Familien     keiten der Einrichtungen jedoch Familien       andere Beratungsstellen einzubeziehen.
und ihre Kinder zu leisten.                   oder Einzelpersonen dabei zu unterstüt-
                                              zen, ihre bestehenden Ansprüche gegen-         c Auch hier ist anzumerken, dass auf-
c In diesem Zusammenhang wurden die           über der Sozialverwaltung durchzusetzen.       grund der Überlastung und der nicht aus-
Arbeitsbedingungen in den Familienzent-       Zuständigkeiten sind oft nicht geregelt.       kömmlichen Finanzierung der Beratungs-
ren und den Tageseinrichtungen erörtert,      Hier ist über Lösungen im Rahmen ei-           stellen der gesamt Bedarf nicht zu decken
die sich in den letzten Jahren aufgrund der   nes Beschwerdemanagements dringend             ist und präventive Arbeit nicht geleistet
vielfältigen neuen Anforderungen (Um-         nachzudenken.                                  werden kann. Auch die beengten Räum-
stellung auf Ganztagsbetrieb, Aufnahme                                                       lichkeiten sind nicht dazu angetan, eine
unter 3-jähriger, Sprachtest, Umbau zum       c Häufig wird in der Einrichtung deutlich,     Gesprächsatmosphäre zu schaffen, die es
Familienzentrum usw.) verschlechtert ha-      dass Eltern nicht in der Lage sind, ALG        Hilfesuchenden erleichtert über sich und
ben. Hier wurde die Überforderung auf-        II-Anträge zu verstehen und richtig zu         die Problematiken zu sprechen. Es besteht
grund des schlechten Personalschlüssels       beantworten. Die Frage, wer hier Hilfe-        Verbesserungsbedarf.
benannt.                                      stellung leisten kann und ein Ohr dafür
                                              hat, blieb offen, wurde aber als großes        c Um andere Familien im Umfeld des
c Im Bezug auf Kinder aus einkom-             Problem benannt.                               Familienzentrums zu erreichen, wurden
mensarmen Familien oder Kinder, wie                                                          verschiedene praktische Beispiele genannt,
diejenigen mit Migrationshintergrund,         c Überraschend war, dass im Prinzip alle       die allerdings immer mit einer guten räum-
die besonderer Förderung bedürfen, hat        Einrichtungen finanzielle Engpässe von         lichen Ausstattung, wie z.B. der Anbindung
dies zur Folge, dass Programme und Mög-       Familien über die Caritaskasse auffangen       an ein Cafe und weiteren Angeboten im
lichkeiten für diese Gruppe häufig nicht      können und mit dieser Hilfe regelmäßig         Freizeitbereich verbunden sind.
nachhaltig umgesetzt werden können und        einkommensarme Familien unterstützen.
somit der Erfolg oft ausbleibt.                                                              c Hierüber werden Kontakte geknüpft,
                                              c Grundsätzlich stellt sich hier die Frage,    es kann geschnuppert und damit Vertrauen
c Anzeichen für Armut und Schwierig-          ob Kindertageseinrichtungen / Familien-        aufgebaut werden, sich in problematischen
keiten in der Familien werden über Rück-      zentren / Caritaskassen in einem solchen       Situationen Hilfe zu holen.

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c Alle waren sich einig, dass ein leichter   che, Niedriglöhne zu zahlen, Leiharbeiter      und der Darstellung der Vernetzung im
Zugang zu Beratungs- und Hilfeangebo-        einzustellen und keinen Mindestlohn an-        Stadtteil und im Seelsorgebereich als „pas-
ten, die Vernetzung mit anderen Diensten,    zustreben, kritisch angefragt. Häufig sind     toralem Raum“ eignet sich das präsentierte
aber auch Zeit für Gespräche, wichtige       Mitarbeiterinnen in den Einrichtungen, die     Spiel zum Gemeinde-Check, „Lass Katze
Eckpunkte einer gelingenden Arbeit der       in Teilzeit arbeiten und allein Kinder zu      aus dem Sack“. Hier kann deutlich ge-
Einrichtung im Sozialraum sind.              versorgen haben, selbst armutsgefährdet.       macht werden, auf welche Ressourcen der
                                             Darum wurde gebeten, das Caritas und           Hilfe eine Einrichtung bereits zurück greift
c Vergessen werden dürfen aber nicht,        Kirche hier auch einmal „vor der eigenen       und welche vorhandenen Unterstützungs-
der Stellenausbau, Qualifizierung der        Tür kehren“, bevor man sich in Pressemit-      möglichkeiten für Familien in Armutssitu-
Mitarbeitenden und eine gute räumliche       teilungen als „gute“ Institution darstellt.    ation vor Ort darüber hinaus vorhanden
Ausstattung. Im Hinblick auf die Zusam-                                                     sind und noch einbezogen werden können.
menhänge zwischen Armut und Arbeit           c Zur Analyse der sozialen Situation im
wurde die Praxis der Caritas und der Kir-    örtlichen Umfeld der Kindertagesstätte

Eltern wollen für Ihre Kinder das Beste
Sinus-Studie untersucht Bedarfe von Kindern im Transfer- und Niedrigeinkommensbereich

Markus Günter

Was brauchen Kinder in Familien mit          gruppen mit mittleren und höheren Haus-        und stellt dabei ihre eigenen Wünsche zu-
Transfer- oder Niedrigeinkommen für          haltseinkommen befragt. Ergänzt wurde          rück.
eine gute Entwicklung? Und was kön-          diese Studie durch qualitative Interviews
nen Eltern, Staat und Gesellschaft dazu      von Fachkräften der sozialen Arbeit durch      c Die selbstlose Verwalterin rechnet nicht
beitragen? Diese Frage der notwendi-         die Universität Gießen.                        mehr damit, dass sich ihre finanzielle Situa-
gen Bedingungen für gesellschaftliche        Die zentrale Erkenntnis der Studien sagt       tion verbessert. Ihr Haushalts-Management
Teilhabe wurde nicht allein durch die        aus, dass die weit überwiegende Zahl al-       ist aufs „Durchkommen“ angelegt.Auch sie
Entscheidung des Bundesverfassungs-          ler Familien, egal in welchen Milieus, das     stellt ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Es
gerichtes zur Bemessung der Regelsätze       knappe Geld vorrangig für ihre Kinder          belastet sie sehr, ihren Kindern finanzielle
im Februar aufgeworfen. Diesen Fragen        verwendet, um soziale Nachteile und Stig-      Grenzen aufzeigen zu müssen.
ging auch das Institut Sinus Sociovision     matisierungen zu vermeiden. Eher stel-
in verschiedenen Studien nach, deren Er-     len die Eltern, insbesondere die Mütter,       c Die selbstbewusste Kämpferin dagegen
gebnisse im neuen Monitor Familienfor-       ihre eigenen zeitlichen und finanziellen       zeigt eine hohe Aufstiegsorientierung. Sie
schung „Eltern wollen Chancen für ihre       Bedürfnisse zurück. Allerdings fehlen in       ist besonders häufig alleinerziehend bzw.
Kinder“ vom Bundesfamilienministerium        manchen Familien die Mittel und auch           Haupt-Familienernährerin. Das Ausgabe-
veröffentlicht werden.                       das Wissen, um die Kinder altersgerecht        verhalten ist ebenso pragmatisch, aller-
                                             zu fördern. So wird in einigen Familien        dings weniger verzichtsorientiert. Durch
Um herauszufinden, welche Bedürfnisse        statt in Bildungs- und Förderangebote eher     ihr hohes Organisationstalent und ihre
Familien verschiedener Einkommens-           in demonstrative Konsumgüter investiert,       sozialen Kontakte gelingt es ihr besser,
schichten haben, wurden ihre Motive          um den Schein der Normalität zu wahren         auch Ausgaben außer der Reihe aufzu-
und Handlungsmuster untersucht. Befragt      und den Kindern etwas bieten zu können.        fangen.
wurden ausschließlich Mütter, da diese       Sociovision unterscheidet drei zentrale Ty-
zumeist über die kindbezogenen Ausga-        pen, wie Mütter ein geringes verfügbares       Alle drei Typen benennen als Problem die
ben entscheiden. Der Fokus wurde auf         Familienbudget handhaben:                      Sicherstellung der sozialen Teilhabe ihrer
Familien gelegt, die Leistungen nach dem                                                    Kinder hinsichtlich der Kinderbetreuung,
SGB II erhalten bzw. über ein geringes       c Die verunsicherte Jongleurin sieht sich      der Freizeit- und Schulaktivitäten sowie
Einkommen (70 Prozent des mittleren          selbst unter starkem zeitlichen und finanzi-   einer gesunden Ernährung. Die Studie ging
äquivalenzgewichteten Einkommens)            ellem Druck. Sie versucht die Bedürfnisse      diesen Problemanzeigen gesondert nach
verfügen. Zusätzlich wurden Kontroll-        der Familienmitglieder auszubalancieren        und analysierte die Teilhabe an Bildung,

                                                                                                             Kompakt spezial 2/2010    13
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Betreuung und Förderangeboten und die         dienste) und Unterstützung bei Posten,        gen in Anspruch zu nehmen“. Ihr seien
Gesundheitssituation der Kinder.              die nicht wählbar sind (Schulmaterialien,     zwei Dinge in Erinnerung gerufen. Zum
Hinsichtlich der Teilhabe in der Kinderta-    Gruppenkassen). Zudem besteht hoher           einen leben viele Familien in verdeckter
gesbetreuung zeigt sich, dass der Besuch      Bedarf bezüglich Informations- und Be-        Armut, d.h. sie verzichten - bewusst oder
einer Kindertageseinrichtung aufgrund         ratungsangeboten. Dies bezieht sich auf       unbewusst - auf SGB II-Leistungen, ob-
der Beitragszuschüsse bei Kindern zwi-        das Wissen über bestehende Angebote           wohl sie Anspruch darauf hätten. Der
schen drei und sechs Jahren kaum vom          sowie auf ein generelles Coaching für         Gesetzgeber will bei der Neubemessung
Familieneinkommen abhängt. Deutliche          das Familienleben.                            der Regelsätze der Aufforderung des Bun-
Unterschiede zeigen sich allerdings bei den   Leistungen, die neben monetärem Be-           desverfassungsgerichtes nicht folgen, diese
unter Dreijährigen. Hier besuchen Kinder      nefit noch Zusatznutzen liefern, werden       verdeckt Armen aus der Referenzgrup-
aus Familien mit höherem Einkommen            als besonders hilfreich eingeschätzt. So      pe herauszurechnen. Damit bleiben die
etwa doppelt so häufig eine Kindertages-      bringt die flächendeckende Versorgung mit     Regelsätze für die Kinder und die in der
einrichtung als Kinder aus Familien mit       einem Mittagessen in Kitas und Schulen        Studie beschriebenen Teilhabeprobleme
Niedrigeinkommen (35 Prozent versus 18        nicht nur eine finanzielle Entlastung für     auch in Zukunft nahezu unverändert.
Prozent).                                     Geringverdiener, sondern eine zeitlich-or-    Zum anderen besteht an der Höchstein-
Der enge Zusammenhang von familiärem          ganisatorische Entlastung, die auch Besser-   kommensgrenze des Kinderzuschlags
Hintergrund und Bildungserfolg ist hin-       verdienenden entgegenkommt. Der häufig        ein noch größeres Problem: Familien, die
länglich bekannt. Ganztagsschulen, die        geäußerte Wunsch nach Schuluniformen          wegen eines Euros zu viel auf der Ein-
auch Kinder in bildungsfernen Schichten       zielt in die gleiche Richtung. Widerstände    kommensseite nicht nur auf den Kinder-
und Kinder mit Migrationshintergrund          gegenüber zweckgebundenen Leistungen          zuschlag, sondern auch auf weitere Sozial-
erreichen, werden in der Studie als In-       wie Gutscheine und Ermäßigungen sind          leistungen und jetzt zusätzlich noch auf das
strument zur gezielten Förderung von          dagegen kaum zu beobachten.                   Bildungs- und Teilhabepaket verzichten
benachteiligten Kindern bezeichnet.           Bei Geringverdienern sind monetäre Leis-      müssen, sollte die Ministerin auch in den
Die Beteiligung an organisierten Frei-        tungen tendenziell wichtiger, da sie den      Blick nehmen. Der Kinderzuschlag liegt
zeitangeboten korreliert stark mit dem        akuten Bedarf decken. Entscheidend für        in ihrer Verantwortung. Hier fordert der
Familieneinkommen. Für Eltern mit             die unteren Einkommensgruppen ist vor         Deutsche Caritasverband in seinem Kon-
Transfer- und Niedrigeinkommen sind           allem die Leistungskombination: Neben         zept zur Bekämpfung der Kinderarmut
neben den Teilnahmegebühren die damit         finanzieller Haushaltsunterstützung und       schon lange, die Höchsteinkommensgren-
verbundenen Anschaffungen eine Hürde          der Entlastung von Beiträgen, sind hier       ze abzuschaffen und den Kinderzuschlag
zur Teilhabe ihrer Kinder an außerschuli-     vor allem jene Leistungen relevant, die       degressiv auslaufen zu lassen.
schen Bildungs- und Freizeitangeboten. So     auch die Eltern einbinden (z.B. Famili-
gehen Kinder aus der Oberschicht fünf-        enzentren). Dies hat zwei Gründe: Zum         Weitere Informationen in:
mal häufiger zu einem Musikunterricht         einen scheitert die Teilnahme der Kin-        SINUS SOCIOVISION: Umgehenswei-
als Kinder aus der Unterschicht. Auch in      der an außerhäuslichen Aktivitäten oft        sen von Müttern mit monetären Famili-
Sportvereinen sind Kinder aus SGB II-         an der elterlichern Ideenlosigkeit. Zum       enleistungen. Zielgruppentypologie auf
Familien deutlich unterrepräsentiert.         anderen werden Entwicklungsprozesse           Basis einer qualitativen Grundlagenstudie.
Auch wenn die Ernährung vieler Kinder         ausgebremst, wenn das Kind zuhause            Heidelberg, März 2010. Download als PDF
generell zu einseitig und unausgewogen        wieder mit der unveränderten Lebenswelt       (ca. 1.7 MB)
ist, lässt sich gerade bei Kindern aus ar-    konfrontiert ist.                             http://www.sinus-institut.de/de/sinus-
men Familien ein vergleichsweise ungüns-      Interessant ist, dass sich Geringverdie-      news/year/2010/month/10/backPid/67/
tiges Ernährungsverhalten feststellen. Die    nerfamilien ohne SGB II-Leistungen            news/umgehensweisen-von-muettern-
Analysen zum Ausgabeverhalten deuten          gegenüber Transferbeziehern häufig be-        mit-monetaeren-familienleistungen.html
an, dass neben finanziellen Mitteln mög-      nachteiligt fühlen. Das liegt weniger am
licherweise auch Kompetenzen bei den          Lohnabstand als an der Tatsache, dass sie     Monitor Familienforschung Nr. 23: Eltern
betreffenden Familien fehlen. Je niedri-      von Vergünstigungen auch auf kommu-           wollen Chancen für ihre Kinder. Anhalts-
ger der soziale Status desto häufiger sind    naler Ebene, die an den laufenden Bezug       punkte aus der aktuellen Forschung.
Kinder von Übergewicht und Adipositas         von SGB II-Leistungen gebunden sind,          Download als PDF (ca. 1,4 MB)
betroffen.                                    oft nicht profitieren können.                 http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/
In der Zusammenschau zeigt die Studie,        Darauf hebt auch die Bundes-Familien-         Publikationen/publikationen,did=163522.
welche Leistungen und Angebote Familien       ministerin Kristina Schröder in ihrem         html
benötigen: Bessere Infrastrukturen (Kin-      Vorwort ab, wenn sie „den Blick auch
derbetreuungsplätze, Freizeiteinrichtun-      auf die Kinder lenken will, deren Kinder      (Quelle: Infoservice 27/2010, Referat Fami-
gen), kostenlose bzw. ermäßigte Freizeit-     mit einem ähnlich kleinen Einkommen           lie und Generationen, Deutscher Caritas-
angebote (Vereine, Kurse, Eintritte, Fahr-    wirtschaften müssen, ohne Sozialleistun-      verband e.V.)

14   Kompakt spezial 2/2010
j o sef sc h ä fe r s

Armut(sbekämpfung) braucht keine Gespenster!
Arme Kinder und ihre Familien in unseren Familienzentren

Josef Schäfers

In Familienzentren ist die Kirche den       zeugen Neid und eine Mitschülerin ruft        das Essensgeld verzögert oder gar nicht
Menschen besonders an der Schnittstel-      am Ende des Clips laut in den Raum: „Du       bezahlt wird, wenn die Kinder nicht zu
le „Kind“ nahe. Die Mitarbeitenden der      lügst! So einen schönen Tag kann es gar       den Ausflügen mitkommen oder die Eltern
Kindertagesstätten, der Seelsorgeteams      nicht geben!“                                 sich nach und nach aus den gemeinsamen
und viele engagierte ehrenamtlich Tätige                                                  Veranstaltungen und Zusammenkünften
leben und arbeiten mit Kindern, Jugend-     Verdammt - Armut kennt wirklich viele         (Elternabende etc.) verabschieden - dann
lichen und Familien zusammen. Die Ar-       Geschichten. Was aber ist denn nun            liegen Störungen, Probleme und Belastun-
men unseres Stadtteils, die Bedürftigen     (Kinder)Armut?                                gen vor, die auch auf die Kinder vehement
unseres Veedels klopfen nicht nur an die    Thomas Zumstrull enttarnte in seinem          einwirken. Versteckte Armut findet sich
Pfarrhaustüren. Wenn wir genau hinse-       Einleitungsvortrag das Gespenst der           vor allem in der Mittelschicht, jene Eltern,
hen, entdecken wir sie direkt in unserem    Armut als etwas, das mehr als „Einkom-        die in sozialen Brennpunkten leben wer-
Umfeld.                                     mensschwäche“ umfasst. Arme sind vielen       den nicht aufgrund abgeleiteter Kriterien
Über Armut zu schreiben und zu sprechen     Belastungen in ihrem Leben ausgesetzt:        angesprochen. Deren Probleme - Alkohol,
fällt mir schon schwer, der ich (derzeit)   geringes Einkommen, ungesicherte und          Arbeitslosigkeit, Krankheit, Sucht und Ge-
nicht selbst betroffen bin. Jene, die arm   zudem schlechte Wohnverhältnisse, hohe        walt - so Sr. Johanna sind offensichtlich.
sind, können und wollen noch weniger        Verschuldung, chronische Erkrankungen,        Das Arbeiten und Unterstützen dieser
offen und frei darüber reden. Die Scham     psychische Probleme, lang andauernde          Eltern aber ist schwierig, intensiv und für
regiert die Nicht-Kommunikation. Ge-        Arbeitslosigkeit, soziale Ausgrenzung und     die Helfenden anstrengend bis seelisch
schichten und Bilder („Bettler am Stra-     unzureichende Hilfe. „Diese Armutssitu-       zermürbend.
ßenrand“, „hungernde Kinder“) prägen        ationen treffen besonders diejenigen, die     Das Fazit beider Leiterinnen aber lautet:
unsere Wahrnehmung der Armut im All-        mehrere Jahre auf Sozialhilfe angewiesen      „Wahrnehmen! Augen auf!“ Und: „An-
tag in Einrichtungen und Pfarrgemeinden.    sind.“ (Thomas Zumstrull)                     sprechen!“ Cornelia Richter: „... da kommt
Wir alle haben diese Bruchstücke im Kopf    Kinder und Jugendliche haben das höchs-       jemand mit einer neuen Haarfarbe ... das
... dennoch, fast fünfzig Erziehende und    te Armutsrisiko in Deutschland und sind       hat oft etwas zu bedeuten ... Also frage ich:
Seelsorgende fanden sich in zwei Runden     somit früh und permanent in Ihrem Auf-        ‚Sie haben ja neue Haare? ... Was läuft,
im Forum 2 des Studientages zusammen,       wachsen gefährdet. Ist so noch Selbstach-     wie geht es?‘ - Und schon sind wir; an der
um über Kinderarmut in Familienzentren      tung möglich? Was tun wir, um nach dem        Schwelle unseres Hauses im Gespräch.“ Sr.
zu sprechen.                                Vorbild Jesu diese Kinder in die Mitte der    Johanna und Fr. Richter schauen immer
Als Einstieg sahen alle das Video von       Gesellschaft zu stellen und zu schützen und   genau hin, sprechen an, hören intensiv zu
Isabel Prahl „Armut kennt viele Ge-         zu unterstützen? Diese Frage von Tho-         und vermitteln das Signal vertrauensvoller
schichten“: Max breitet auf die Frage der   mas Zumstrull griffen die Interviews mit      Beziehung und Zusammenarbeit. Sie ent-
Lehrerin nach dem „schönsten Tag der        Cornelia Richter aus Düsseldorf und Sr.       wickeln mit den Betroffenen passgenaue
letzten Woche“ einen phantastischen Rei-    Johanna Bange aus Köln, zwei Einrich-         Hilfen, die umsetzbar und machbar sind.
sebericht aus. Die Burg von Onkel Peter     tungsleitungen aus sogenannten sozial         „Es ist eine ganze Menge Basisarbeit!“ Die
wurde besucht, in einem tollen Ort bekam    schwachen Stadtteilen, und die Teilneh-       Ressourcen dazu findet Cornelia Richter
man Essen geschenkt und abends habe         menden im Erfahrungsaustausch und der         in der optimalen Personalausstattung ihrer
die ganze Familie Schiffe auf dem Wasser    gemeinsamen Diskussion auf.                   integrativen Einrichtung und durch das
gesehen. Die Imagination des Jungen hatte                                                 Engagement des Trägers. Auch Sr. Johan-
märchenhaft die unangenehmen Szenen         Wie kann ich konkret in der Arbeit Not        na ist als Leiterin eines SKM-Zentrums
im Jobcenter, bei der Lebensmittelausga-    erkennen?                                     auf den überschaubaren Sozialraum hin
be und im Waschsalon beschrieben - alles    Anzeichen sind oft Äußerlichkeiten wie        ausgerüstet.
Stationen, die er mit seiner - ihn allein   verbrauchte Kleidung - aber auch über-        Das Thema „Kinderarmut in Katholischen
erziehenden, sichtlich gestressten Mut-     dimensioniert teure ‚Klamotten‘ sollten       Familienzentren“ will das Leitungsteam
ter - an diesem schönsten Tag der Woche     die Aufmerksamkeit der Erziehenden            des Forum 2 bestehend aus Angelika Mül-
abgerannt hatte. Schöne Geschichten er-     auf das Familiensystem lenken. Wenn           ler und Josef Schäfers von der Gemein-

                                                                                                           Kompakt spezial 2/2010   15
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depastoral des Stadtdekanates Köln und       Beratung“ weiter bearbeiten.                Das Video runterladen bei YouTube:
Thomas Zumstrull vom Caritasverband          Infos zum Forum und zur Veranstaltung       http://www.youtube.com
für die Stadt Köln am 13. Januar 2011 mit    2011 unter: Gemeindepastoral@               watch?v=RWwcfoxX-Bo
allen Leitungsteams der 26 Netzwerke         Stadtdekanat-Koeln.de
„Katholisches Familienzentrum“ in der                                                    Empfehlenswert auch der Blog von Elke
Stadt Köln zusammen mit den Leitungen        Infos zum Spot „Armut kennt viele Ge-       Brüns - ein anderer Blick:
der Beratungsstellen und den Verbänden       schichten“ unter: http://www.khm.de/pm/     http://www.gespenst-der-armut.org/
der Caritas unter dem Thema „Armut und       projekte/projekt/paview/2873/#

Die Bedeutung der Tageseinrichtung für Kinder als Ressource
Vor allem vier wichtige mögliche Funk-                                                   Entlastungsfunktion
tionen verdeutlichen die potenziell hohe                                                 Verbesserungen der finanziellen Lage ar-
Bedeutung der Ressource Kindertages-                                                     mer Familien hängen häufig eng mit den
einrichtung im Zusammenhang mit der                                                      Möglichkeiten der Betreuung von Kin-
Armut von Kindern und deren Familien:                                                    dern zusammen. Betreuungsangebote für
• Kompensationsfunktion,                                                                 Kinder stellen grundsätzlich eine wichtige
• Frühwarnfunktion,                                                                      Voraussetzung für die Aufnahme einer Be-
• Entlastungsfunktion sowie die                                                          rufstätigkeit und damit einer Verbesserung
• Vermittlungsfunktion.                                                                  der gesamten Lebensbedingungen der
                                                                                         Familie dar. Vor allem den vorhandenen
Kompensationsfunktion                                                                    Öffnungszeiten der Einrichtungen und
Als der klassische Ansatz ist zunächst                                                   den vorhandenen Betreuungskapazitäten
einmal die Kompensationsfunktion der                                                     kommt so eine wichtige Bedeutung gerade
Tageseinrichtung anzusehen. Auch vom         durch Armutslagen mit verursacht sind,      für arme Kinder und deren Familien zu.
beruflichen Selbstverständnis der Erzie-     deutlicher zu Tage, werden dort zum ers-
herinnen und Erzieher dürfte es unstrittig   ten mal von professionellen Erzieherinnen   Vermittlungsfunktion
sein, dass hierin eine spezifische Aufgabe   und Erziehern wahrgenommen. Defizite        Dass die Tageseinrichtung für Kinder
dieser Berufsgruppe zu sehen ist. Vor dem    in der körperlichen und geistigen Ent-      Ausgangspunkt für eine Vielzahl von
Hintergrund der Zielsetzung, Kinder bei      wicklung, Probleme und Auffälligkeiten      präventiv ausgerichteten Hilfe- und Un-
der Entwicklung zu einer eigenständigen,     im Sozialverhalten, oder in Bereichen       terstützungsmaßnahmen für Kinder sein
selbstbewussten und verantwortlichen Per-    der kognitiven Entwicklung können,          kann, wurde bereits im Zusammenhang
sönlichkeit zu begleiten und zu unterstüt-   entsprechende fachliche Kenntnisse bei      mit der Frühwarnfunktion erwähnt. Armut
zen, kommt der Beachtung der Kinder in       den Erzieherinnen und Erzieher voraus-      von Familien führt darüber hinaus durch
Armutslagen durch die Erzieherinnen und      gesetzt, Ausgangspunkt für eine Vielzahl    finanzielle Sorgen, damit einhergehende
Erzieher eine besondere Bedeutung zu.        von präventiv ausgerichteten Hilfe- und     enge Wohnverhältnisse, Krankheit oder
Förderung und Ausbau kindlicher Fähig-       Unterstützungsmaßnahmen sein. Neben         Suchtverhalten bei Eltern zu permanente
keiten und damit auch Stärkung und Sta-      den notwendigen Kenntnissen über die        Stress-Situationen und Überforderungen,
bilisierung des Selbstbewusstseins stellen   Zusammenhänge und entsprechenden            die sich leicht zu Problemen der Partner-
originäre Kompetenzen der pädagogischen      differenzierten Wahrnehmungsfähigkei-       schaft aber auch der Erziehung und des
Erzieherinnen und Erzieher in den Ein-       ten setzt dies allerdings auch umfassende   Umgangs mit Kindern ausweiten können.
richtungen dar, die an dieser Stelle von     Kenntnisse über vorhandene Hilfe und        Auch wenn in diesem Zusammenhang die
großer Bedeutung sind.                       Unterstützungsnetze bei den Erzieherin-     fachliche Qualifikation von Erzieherinnen
                                             nen und Erzieher voraus. Darüber hinaus     und Erzieher deutlich überschritten wird,
Frühwarnfunktion                             bedarf es in diesem Zusammenhang auch       wären sie doch sicherlich in die Lage zu
Probleme und Schwierigkeiten, die als Fol-   entsprechender Kontakte zu diesen Hilfe-    versetzen, entsprechende Zugänge zu wei-
ge von Armutslagen entstehen, werden oft     und Unterstützungsnetzen von Seiten der     teren Hilfe- und Unterstützungssystemen
im Umfeld der Familie wenig wahrgenom-       Erzieherinnen und Erzieher, wollen sie      herzustellen und hier zu vermitteln. Dies
men. Erst in der Tageseinrichtung treten     tatsächlich wichtige Vermittlerfunktionen   setzt allerdings eine Ausweitung vorhande-
häufig Probleme und Schwierigkeiten, die     erfüllen.                                   ner Kontakte und Kooperationen voraus.

(Auszug aus „Menschen-Bildung“ - Rahmenkonzept für die Kitas im Erzbistum Köln; 2006)

16   Kompakt spezial 2/2010
m a r g r et  h ees

Wie erreiche ich arme Eltern?
Erfahrungen des SKM Köln bieten vielfältige Anregungen

Margret Hees

In nahezu allen Ballungsgebieten und         Die Arbeit des SKM Köln in Sozialen           Angeboten. Dies tun sie aber nur dann,
Großstädten gibt es Straßenzüge und Vier-    Brennpunkten                                  wenn sie den Eindruck gewinnen, dass die
tel, in denen sich materielle und soziale    Seit 1959 arbeitet der Sozialdienst Katho-    öffentlich kontrollierte Erziehung nicht
Belastungen ihrer Bewohnerinnen und          lischer Männer e.V. Köln (SKM Köln) mit       gegen sie als Eltern arbeitet, sondern sie
Bewohner zuspitzen - sogenannte soziale      einem ganzheitlichen niedrigschwelligen       aktiv in den Erziehungsprozess einbezieht.
Brennpunkte. Schlechte Wohnverhältnis-       Konzept in sozialen Brennpunkten in Köln.     Eltern- und Umfeldarbeit sind insofern
se, Arbeitslosigkeit, Armut und Schulden,    In diesen Wohngebieten, meist Obdach-         unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit mit
Migrationshintergründe und ein geringer      losensiedlungen, Hochhaussiedlungen,          benachteiligten und auffälligen Kindern
Bildungsstand prägen das Zusammenleben       neuen Wohnsiedlungen mit sozialem             und Jugendlichen.
der Familien und damit auch die Erziehung    Wohnungsbau oder auch besonderen              Aus diesen beschriebenen Situationen
der Kinder.                                  Straßenzüge, leben viele sozial benach-       erwachsen eine Perspektiv- und Mutlo-
                                             teiligte Familien oft unter schwierigen und   sigkeit, die erhebliche soziale und psychi-
In dieser belasteten Situation entwickeln    begrenzten Wohnbedingungen.                   sche Auswirkungen hat. Gesundheitliche
Menschen oft ein besonderes Misstrauen                                                     Beeinträchtigungen wie übermäßiger
gegenüber Fremden und verhaften in ihren     Zur Lebenssituation der Familien              Tabak-, Alkohol- und Drogenkonsum,
Sozialräumen. Ihre Lebensperspektiven        Familien mit diesen schwierigen Lebens-       Fehlernährung, Bewegungsmangel, häu-
werden erheblich beeinträchtigt durch eine   bedingungen sind in Situationen, in denen     fige Kopfschmerzen bei den Frauen sowie
erhöhte Neigung zu aggressivem, depres-      ihnen wenig wertschätzend begegnet wird.      Gewalttätigkeit bei den Männern bringen
sivem und resigniertem Verhalten sowie       Die materiellen und psychosozialen Belas-     die Familien in eine Überforderungssi-
zur Flucht in die Sucht. Bei ausländischen   tungen wirken sich auf das Miteinander im     tuation, die sie alleine nicht bewältigen
Bewohnern von sozialen Brennpunkten          Wohngebiet und in den Familien ungünstig      können. Sie fühlen sich minderwertig und
kommen häufig noch Integrationsproble-       aus. Viele Erwachsene können aufgrund         ausgegrenzt, sind ängstlich und misstrau-
me wegen mangelnder Sprachkenntnisse         ihrer eigenen Probleme nicht die erforder-    isch und sind aggressiv gegenüber denen,
und der Zugehörigkeit zu einem fremden       liche Kraft und Orientierung aufbringen,      die besser gestellt sind. Um ihre Lebens-
Kulturkreis hinzu.                           um sich hinreichend um die Belange ihrer      situation nur annähernd in den Griff zu
Wie überall, haben Menschen auch in          Kinder zu kümmern. Zahlreiche Kinder          bekommen, benötigen die Hilfe Dritter.
Brennpunkten ein Recht darauf, ihr Leben     in sozial belasteten Wohngebieten sind        Eine wichtige Grundlage der täglichen
eigen-verantwortlich und gemeinschafts-      deshalb weitgehend sich selbst überlas-       Arbeit des SKM Köln in Sozialen Brenn-
fähig entsprechend ihren Wünschen und        sen. Fehlende bzw. unzureichende Unter-       punkten ist das christliche Menschenbild.
Vorstellungen zu gestalten. Menschen in      stützung durch die Eltern bei Problemen       Die Einzigartigkeit jedes Menschen mit
Brennpunkten haben ein Recht auf Beach-      in der Schule und in Beziehungen, eine        seinen Stärken und Schwächen begründet
tung ihrer Würde und auf Wertschätzung       unzureichende Stimulierung und geringer       das Recht auf Wertschätzung und Würde.
ihrer Person. Den meisten Menschen in        Anregungsgehalt im Elternhaus sowie rigi-     Die Menschen im Brennpunkt haben ein
sozialen Brennpunkten ist es nicht mög-      de Erziehungsstile sind Faktoren, die sich    Recht auf Chancengleichheit. Es ist der
lich, aus eigener Kraft einen Weg aus ih-    hemmend auf die Entwicklung der Kinder        satzungsgemäße Auftrag des SKM Köln,
rer desolaten Lebenssituation zu finden.     in den Sozialen Brennpunkten auswirken.       diesem Recht Geltung zu verschaffen. Zu-
Diese Kinder, Jugendlichen und Familien      Viele Eltern sind mit den oft fortbeste-      nächst geht es um eine bedingungslose
bedürfen der Hilfe Dritter, die auf den      henden Problemen aus den vorangegan-          Annahme und Akzeptanz jedes betreuten
Einbezug der Menschen baut und sie in        genen Altersabschnitten sowie den neuen       Menschen, unabhängig davon, was er leis-
ihren Schwierigkeiten entlasten und Mög-     Anforderungen und Problemen überfor-          tet oder nicht leistet. Es geht darum, ihm
lichkeiten stärken muss.                     dert und fallen als Erziehungspersonen        Ansehen zu geben, indem er angesehen
                                             nahezu aus. Sie überlassen vielfach ihre      wird und angesehen ist.
                                             Kinder der öffentlichen oder öffentlich       Umfassende Hilfe in den SKM-Zentren
                                             kontrollierten Erziehung in spezifischen      Der SKM Köln ist im Stadtgebiet mit 15

                                                                                                           Kompakt spezial 2/2010   17
m a r g r et  h ees

Zentren und vier Offenen Türen in den so-     planen zu können, so dass oft eine hoff-      letztlich auch, wenn gewünscht, der Hilfe
zialen Brennpunkten tätig. Zu den Zentren     nungslose Überschuldung die Folge ist.        zu schaffen.
gehören Kindertagesstätten mit Jugend-        Die Zahl der Langzeitarbeitslosen und
club inklusive Angebote für die Familien.     Gelegenheitsarbeiter ist hoch. Besonders      Der Dreischritt
13 Zentren sind als Familienzentrum im        bei den Familien mit Migrationshinter-        1. Die Basis der Brennpunkt-Arbeit
Verbund von Bistum und Land NRW an-           grund, die im Niedriglohnsektor tätig sind,      liegt also nicht nur in der fachlichen
erkannt und zertifiziert. Insgesamt werden    herrscht die tägliche Angst vor dem Verlust      Kompetenz des Mitarbeiter, sondern
durch den SKM Köln rund 900 Kinder            der Arbeitsstelle.                               in starkem Maße auch in deren Bezie-
zwischen 3 Monaten und 14 Jahren und                                                           hungsfähigkeit und -arbeit.
ca. 450 Jugendliche zwischen 12 und 27        Der Königsweg: von den Kindern zu             2. In einem zweiten Schritt steht die sys-
Jahren betreut. 175 Fachkräfte aus den        den Eltern                                       temische Erkenntnis, dass kein Kind
Bereichen Pädagogik und Sozialarbeit          Es zeigt sich schnell, dass ohne die Be-         ohne sein Familiensystem verstanden
sind im Brennpunkt-Arbeitsfeld tätig. Eine    schäftigung mit der individuellen Situation      und erzogen werden kann.
Psychologin sowie zwei Heilpädagoginnen       der Eltern, auch für die Kinder keine Fort-   3. Drittens zeigt sich, dass die Eltern be-
vervollständigen das Hilfe-Angebot.           schritte im familiären Alltag zu erreichen       gleitend ganzheitliche und umfassende
Die tägliche Arbeit berücksichtigt dabei      ist. Der Weg zu den Eltern führt über die        Beachtung und Unterstützung bei ih-
eine Aufteilung der Funktionen, d.h. Erzie-   Kinder. Im Vordergrund der Hilfe steht,          ren eigenen Problemen brauchen, um
herinnen und Kinderpflegerinnen arbeiten      nicht zu verurteilen, sondern hinter dem         die Erziehungssituation verbessern zu
mit den Kindern und Jugendlichen. Den         Verhalten der Eltern Überforderung, Trau-        können.
Leitungskräften, in der Regel Sozialpäda-     matisierung und Verzweiflung zu erken-
gogen, obliegt die intensive Betreuung und    nen. Der Weg zu den Eltern führt über die     Daraus ergeben sich folgende Arbeitsprin-
Begleitung der Eltern. Diese Zuordnung        individuelle Situation der Kinder, das ist    zipien, die auf den Erfahrungen und der
erweist sich als sinnvoll, um eine gewis-     die Bezugsgröße. Dies erfordert von den       praktischen Familienarbeit beruhen.
se Objektivität gegenüber Kindern und         Betreuern, die Eltern durch Beratung,
Eltern in der konkreten Beratungssitua-       Begleitung, Fürsorge, und Anwaltschaft        Prinzip Eins:
tion zu gewährleisten. In speziellen Erzie-   zu unterstützen und zu entlasten, wo sie      Die Familie ist unser Hauptbezugspunkt
hungsfragen arbeiten Leiter und Erzieher      selbst es wollen.                             Unter „Familie“ verstehen wir neben der
mit den Eltern zusammen. Das Konzept                                                        traditionellen Familie auch sogenannte
des SKM Köln orientiert sich dabei am         Von der Differenzierung zur Integration,      „Patchworkfamilien“, Großfamilien und
systemischen und millieutherapeutischen       von der fachspezifischen Arbeit zur           Alleinerziehende mit Kindern.
Ansatz.                                       Beziehungsarbeit
Ein direkter Zugang zu den Eltern ist er-     Die fortschreitende Differenzierung vie-      Prinzip Zwei :
forderlich, um sie in ihrer Gesamtsituati-    ler Angebote für benachteiligte Famili-       Begegnung - Offene Angebote für die
on zu entlasten und in der Erziehung der      en durch Spezialisten und das Sezieren        Eltern
Kinder zu unterstützen. Dabei will man        der Problematik in Einzelprobleme mit         Wichtig ist neben dem vielmaligen akti-
sie aber auch nicht aus der Verantwortung     verschiedenen Ansprechpartnern verun-         ven Aufsuchen der Familien in ihrer ei-
für ihre Kinder entlassen, beziehungsweise    sichern die Familien in starkem Maße. Die     genen Umgebung, in der sie sich sicher
sie schrittweise an diese Herausforderung     Menschen haben große Schwierigkeiten          und selbstbestimmt fühlen, ein dauerndes
heranführen. Erziehungsarbeit ohne die        mit den daraus erwachsenden unterschied-      niedrigschwelliges Angebotes des Kontak-
Beteiligung der Eltern in sozialen Brenn-     lichen Einzel-Perspektiven auf ihre Le-       tes: z.B.der Elternraum des SKM-Zent-
punkten ist praktisch unmöglich und ein       benssituation und den daraus resultieren-     rums, wo es täglich Kaffee gibt und man
wesentlicher Bestandteil des SKM-Kon-         den individuellen Angeboten. Die immer        sich einfach auf eine Zigarette hinsetzen
zeptes. Dabei erleben die Betreuer des        weitere differenzierte Behandlung von         kann. Dies muss auch ohne Anlass und
SKM Köln oft, dass die Eltern selbst in       Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen         erst recht nicht nur bei einem negativen
großen eigenen Problematiken verhaftet        wird erfahrungsgemäß nicht angenommen         Ereignis möglich sein, sodass gegensei-
sind. Viele verfügen über eine schlechte      und durchgehalten. Die Erfahrung zeigt,       tige Akzeptanz und Vertrauen zu den
oder keine schulische oder berufliche         dass ein ganzheitliches niedrigschwelliges    Bezugspersonen bereits im Vorfeld und
Ausbildung. Die Zahl der Analphabeten         Hilfeangebot, das den Beziehungsaufbau        nicht erst im Konflikt aufgebaut werden
ist beträchtlich. Viele Erwachsene mit Mi-    zu dem Menschen in seiner Differenziert-      können. Hierdurch gestalten sich auch
grationshintergrund sind der deutschen        heit, mit seinem Wert und seiner Würde        Konfliktgespräche einfacher bzw. werden
Sprache nicht mächtig. Die meisten Fa-        im Fokus hat, dann gelingt, wenn man ein      erst möglich. Das offene Angebot fördert
milien sind abhängig von Sozialhilfe oder     großes Stück seines Alltages teilt und zum    zudem die sozialen Kontakte der Familien
Zusatzleistungen. Hinzu kommen die Un-        Ausgangspunkt nimmt. Es gilt, eine Ba-        untereinander. Beziehungen,Auseinander-
sicherheit und Unfähigkeit, wirtschaftlich    sis des Vertrauens, der Wertschätzung und     setzungen, Initiative und Solidarität für

18   Kompakt spezial 2/2010
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