Technik und Tipps Das Projekt Pythagoras und ein Mitgliedertreffen der besonderen Art
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Technik und Tipps Das Projekt Pythagoras und ein Mitgliedertreffen der besonderen Art Von Ernst Müller Zum Titelbild: Der Plattenspieler Pythagoras des norwegischen Unternehmens Audiostone und seine Technik wurden im März an unserem Mitgliedertreffen in Winterthur vorgestellt. Was sich Micha Huber als Projektleiter dieses sehr aufwän- digen und teuren Laufwerks überlegt hat, erfahren Sie in dieser Ausgabe. Auf unserem Titelbild umrahmen Svein Oddvar Osen, der Besitzer von Audiostone, und Micha Huber ihr Werk. AAA-Bulletin Ausgabe Frühling 2008
2 Das Projekt Pythagoras und ein Mitgliedertreffen der besonderen Art Von Ernst Müller Im Rahmen des Mitgliedertreffens vom 8. März 2008 hat Micha Huber in einem begeisternden Ambiente das Audiostone-Projekt Pythagoras erstmals in Europa vorge- stellt. Dieses Laufwerk war bereits im Januar auf der CES in Las Vegas zu bewundern und hat von dort direkt den Weg nach Winterthur gefunden. Bewegte und zufriedene Ge- sichter und ein Hauch von Internationalität haben die gut besuchte Veranstaltung geprägt. Nun, der Einzige werde ich wohl nicht sein, der wohl- gestimmt und mit erweitertem Horizont das eindrückliche Meeting in Winterthur verlassen hat; auch in anderen Ge- sichtern von Besuchern stand deutlich zu lesen, sie hätten an diesem Nachmittag etwas Besonderes erlebt. Da ist zunächst der Rahmen zu nennen, der die Gedankenwelt der Besucher nicht auf «wie üblich» eingestellt sein liess: Der Loft unseres Mitglieds Alfred Künzler in einem prächtig umgebauten alten Industriegebäude mit Blick auf die Ge- Micha Huber hat in einer schlichten Powerpoint-Präsen- leise des Bahnhofs Winterthur und die Offenheit des Gast- tation den Anwesenden Ideen und Konzepte des Pythago- gebers luden zu regen Gesprächen ein, die ob all den zu ras erläutert. Seinen Überlegungen zu einer Schwingungs- geniessenden kulinarischen Feinheiten drei Stunden wie im dämpfung durch unharmonische Verhältnisse, zu einer be- Nu vergehen liessen. wusst asymmetrischen Anordnung des Laufwerks in der Granitplatte, zum Kalibriersystem des Antriebs, zur Technik Der eine oder andere Besucher mag vielleicht bedauert des Lagers (harte Kopplung etc.) wurden abgerundet durch haben, dass für dieses Mal nicht sehr viel Musik gehört seine auf grosses Interesse stossenden Ausführungen zu ei- wurde. Im Zentrum des Anlasses stand indessen die Prä- ner neuartigen Technik der Plattenklemme, welche durch sentation des Projekts Pythagoras durch unser Mitglied eine genau definierte Verformung des Labels einen voll- Micha Huber. Einiges zu diesem hier vorgestellten Platten- flächigen Kontakt zwischen Schallplatte und Tellerober- spieler kann der Leser den nächsten Seiten (Gespräch mit fläche garantiert. Micha Huber) entnehmen. Folgendes sei hier verraten: Noch genauer zu den technischen Details möchte ich Idee und Konzept für das Laufwerk Pythagoras stam- mich hier nicht äussern, fühle mich sachlich auch nicht kom- men von Svein Oddvar Osen, dem Besitzer von Audio- petent genug. Und schliesslich möchten Sie sich als Leser stone aus Norwegen. – Er, ein weiteres leitendes Mitglied auch nicht von einem Geisteswissenschaftler das Funktio- des Unternehmens und der am Ende erwähnte Herr aus nieren eines Automotors erklären lassen oder als Musik- Schottland gaben dem Anlass einen Touch von Internatio- liebhaber von Mitgliedern eines Laienchors von Pensio- nalität. Jedenfalls ist es mein erster AAA-Anlass, bei dem nierten die schönsten Mozartarien vorgesungen bekom- auch rege englisch gesprochen wurde. – Micha Huber men, was nichts gegen Geisteswissenschaftler und gegen war der Projektleiter, was heisst, dass er von Audiostone Laienchöre sagen möchte, sondern daran erinnert, dass den Auftrag erhalten hat, ohne irgendwelche sonst be- man, wenn man sich äussert, bei dem bleiben soll, was schränkende und Kompromisse verlangende Rahmenbe- man weiss und kann. dingungen einen Plattenspieler zu entwickeln, bei dem das Laufwerk mit Teller aus norwegischem Granit in die oberste Und was Micha Huber kann, hat er an diesem Nach- Rack-Platte aus Granit integriert ist. Das Laufwerk ist mit ei- mittag eindrücklich gezeigt. Mit ruhiger und sachlicher nem Thales-Arm kombiniert. Das Ganze wird aus harten Stimme hat er präzise dem interessierten Publikum erläutert, Materialien (Granit und rostfreiem Edelstahl) in Norwegen was alles zusammenspielt, wenn die Konstruktion eines produziert. Plattenspielers am Schluss vollendet Musik reproduzieren AAA-Bulletin Ausgabe Frühling 2008
3 Jedenfalls hat er eine erste Tonarmkonstruktion, bei der er versucht hat, die Problematik der Führung des Tonabneh- mers zumindest optisch und mental nachzuvollziehen, im Gespräch mit seinem Vater aus Lego-Teilen gefertigt. Ein paar Jahre später, nunmehr mit hochwertigen Materialien, die teilweise aus der Uhrenindustrie stammen, war der Tha- les vollendet. Der Thales-Arm sieht zwar faszinierend aus, ist aber kein Designerstück. Antrieb für die Fertigung war stets das optimale Lösen einer Problemstellung; da ist nichts, was bloss dem Effekt dient. Und dies ist auch beim Projekt Pythagoras festzustellen: Dies ist kein Plattenspieler, dem man ansieht, was er kostet. Das Geld verschwindet Helfende Hände zuhauf. Michas Mutter (Bildmitte) war sichtlich buchstäblich in optimierten Lösungen von schwierigen Auf- stolz auf ihren Sohn. gaben und in kaum oder nur diskret sichtbaren hochwerti- soll. Und das ist schon erstaunlich; jedenfalls habe ich vie- gen Fertigungsteilen. Vor dem Pythagoras steht man viel- les gelernt, ist mir vieles bewusst geworden. Das Beson- leicht staunend, weil man so etwas noch nie gesehen hat; dere an der Person Micha Hubers – und nach drei Jahren es kommt einem aber nicht zuerst in den Sinn, das Ding regelmässigem Kontakt mit ihm erlaube ich mir, dies zu sa- müsse ja unglaublich teuer sein, so wie das aussehe. Was gen – ist bestimmt, dass aus seinem Mund nie Sätze wie da gesagt ist, gilt wohl im übertragenen Sinne auch für «Was wir der Konkurrenz voraus haben...» oder «Wir ha- den Schöpfer dieser Produkte. ben bestimmt eine optimale Lösung für Sie...» kommen werden. Stets ist er der mit emotionsfreier Stimme sachlich Nun, den Pythagoras, den es ja erst als Prototypen Erklärende, der nicht die geschäftstüchtige absolute Ant- gibt, kann man nicht demnächst irgendwo besichtigen. Ein wort auf eine gestellte Frage liefert, sondern dem Fragen- bisschen sind wir aber stolz darauf, in unserem beschei- den die Komplexität der Problemstellung, die da gelöst denen Vereinsrahmen einigen Interessierten eine Gelegen- werden soll, vor Augen führt. Micha Huber scheint nicht heit geboten zu haben. die Kunden zu suchen, vielmehr dürften diese an ihn ge- langen. Und vielleicht noch dies: Auf den Gesichtern der Ver- anstaltungsbesucher stand am Ende nicht geschrieben, Man muss sich vergegenwärtigen, dass Micha Jahr- dass sie unter der Frage litten, ob sie sich den Pythagoras gang 1980 hat und heute internationale Beachtung für für 50'000.– Euro nun kaufen sollten oder nicht. Sie mach- seine Konstruktionen besitzt. Vor drei Jahren, im Alter von ten eher den zufriedenen Eindruck, nun etwas mehr von 25, hat er den Thales Arm am gleichen Ort in Winterthur der Konstruktion von Plattenspielern zu wissen. Zugege- offiziell vorgestellt. Die internationale Anerkennung, die ben: der modische Herr, der extra aus Schottland ange- diesem aufwendig entwickelten und konstruierten Arm, der reist war und welcher der erste Käufer des Pythagoras ist, das Problem des Spurfehlwinkels definitiv aus der Welt ge- hatte auch einen befriedigten Gesichtsausdruck; und dies schafft hat, zuteil geworden ist, ist beachtlich. Micha, der obwohl er noch bis zum Herbst auf seinen Plattenspieler im CD-Zeitalter aufgewachsen ist, war schon in jungen Jah- wird warten müssen. ren von der Frage einer optimalen Tonabtastung fasziniert. Technik der feinster Sorte gab es in Winterthur zu bestaunen. Unser Präsident Ernst Müller bedankt sich bei den jungen Helfern. AAA-Bulletin Ausgabe Frühling 2008
4 Micha Huber im Gespräch Rom führen, und das stimmt grund- AAA: Auf den ersten Blick mag es sätzlich auch. Aber es gibt nur we- erstaunen, ein Laufwerk ganz aus nige Wege, die nahe am Optimum Granit herzustellen. Ihr arbeitet beim liegen, und wenn man sich einmal Pythagoras, wenn ich das richtig für einen konstruktiven Weg ent- sehe, ausschliesslich mit harten Ma- schieden hat, sollte man ihn mög- terialien. lichst konsequent umsetzen. So lag es auf der Hand, die Vorteile des Micha Huber: Obwohl es auf Thales-Tonarmes und die dabei ge- den ersten Blick wirklich so aussieht, sammelten Erkenntnisse in der Ent- ist das Laufwerk nicht ganz aus wicklung eines Laufwerkes weiterzu- Granit hergestellt. Im Gegenteil, es führen. ist eigentlich aus rostfreiem Stahl ge- fertigt; am eigentlichen Laufwerk be- AAA: Norwegischer Granit und steht nur die Plattenauflage selbst Schweizer Präzisionsmechanik ge- aus Granit. Die ganze Mechanik hen im Projekt Pythagoras Hand in des Laufwerkes ist aber wiederum in AAA: Unsere Mitglieder haben Hand. Wie kommst Du dazu, mit eine Granitplatte eingelassen. Es wohl noch nie etwas vom norwegi- Svein Oddvar Osen von Audio- stimmt aber, dass wir grundsätzlich schen Unternehmen Audiostone stone zusammenzuarbeiten? Nor- mit harten Materialien arbeiten. gehört. Kannst Du uns Erläuterungen wegen und die Schweiz treffen ja Wenn man es richtig macht, kann zu dieser Firma geben? nicht ohne weiteres zusammen. man nämlich Schwingungen und Resonanzen auch mit harten Mate- Micha Huber: Audiostone wurde Micha Huber: Ja, Norwegen rialien dämpfen. Die physikalische vor neun Jahren gegründet und ent- und die Schweiz grenzen zwar Grundlage dazu führt uns zum Na- wickelte in Zusammenarbeit mit Mor- nicht aneinander, haben aber er- men des Projektes: Pythagoras. Die- ten Sandseth, einem norwegischen staunlich viele Gemeinsamkeiten. ser bekannte griechische Philosoph Schiffsbau-Ingenieur, ein Rack für Au- Ich habe Svein im Mai 2005 an hat nämlich die Grundlagen der dio-Equipment. Neben einem cle- der High-End in München getroffen, Harmonielehre erforscht und festge- veren Kopplungsprinzip wurde gros- und er hat mich kurz darauf besucht halten. Er erkannte den Zusammen- ser Wert auf hochwertige Materia- um mich als externen Entwickler zu hang zwischen den Längen von lien gelegt. Unmagnetischer, rost- gewinnen. Obwohl die Synergie schwingenden Saiten, deren Ton- freier Stahl mit hoher Eigendämpfung auf den ersten Blick erstaunen mag, höhe und den harmonischen und und norwegischer Granit – der je ist es eigentlich nur logisch, dass unharmonischen Verhältnissen, nach Abbaulage extrem verdichtet Svein und ich aufeinander treffen wenn diese Saiten gleichzeitig sein kann – ermöglichen ein durch- mussten. Wir hatten beide sehr kon- schwingen. Er erkannte auch, dass dachtes und exzellent funktionieren- krete Vorstellungen über die Kon- unharmonisch gestimmte Saiten auf des Produkt, dem man das «norwe- struktion eines Laufwerkes. Und wir einem Resonanzkörper kürzer gische Erbe» durchaus ansieht. kamen – glücklicherweise – von ent- schwingen als harmonisch ge- gegengesetzten Richtungen; Svein stimmte – eben weil sie sich gegen- AAA: Was hat Dich bewegt, nach sozusagen von unten, vom Boden seitig dämpfen. Man könnte im dem Thales-Arm einen Schritt weiter und dem Wissen um die Wichtig- wahrsten Sinne des Wortes sagen, zu gehen und die Entwicklung eines keit einer soliden Basis, und ich von die Dimensionen und Materialien ganzen Laufwerks an die Hand zu oben, von der mechanischen Abtas- der neuen Konstruktion seien sorg- nehmen? tung her. Somit konnten wir die fältig aufeinander abgestimmt – al- oben erwähnte Konsequenz einer lerdings sorgfältig unharmonisch... Micha Huber: Die intensive Aus- technischen Lösung noch weiter einandersetzung mit der Abtastung führen, indem wir nicht nur Laufwerk der analogen Schallplatte führt und Tonarm miteinander abstimm- zwangsweise zu einer klaren Vor- ten, sondern ein System schufen, stellung, wie man bestimmte Details dessen Eigenschaften wir bis zur optimal lösen würde. Man sagt ja, Aufstellung auf dem Boden vollstän- dass verschiedene Wege nach dig unter Kontrolle haben. AAA-Bulletin Ausgabe Frühling 2008
5 AAA: Ist die Verwendung von har- liegt, darf mein Lager zwangsweise lerlager und die Plattenklemme von ten Materialien nur eine Design- kein Geräusch erzeugen. Wie wir Grund auf neu durchdacht. Beim Idee oder hat sie auch technische alle wissen, ist es aber physikalisch Antrieb zum Beispiel setzen wir ein Vorteile? unmöglich, bewegliche Elemente neuartiges Kalibriersystem ein: bei zu bauen, die gar keine Vibration jedem Start wird die Drehzahl am Micha Huber: Harte Materialien erzeugen. Durch moderne Materia- Teller selbst optisch gemessen und im Laufwerksbau haben einen gros- lien und Oberflächenbehandlungen automatisch kalibriert. Danach kommen wir aber heute dem Ideal sen Vorteil: sie geben nicht nach. Je- schaltet das System in den «Hörmo- denfalls nicht bei den Kräften, die schon ziemlich nahe. Und – ob- dus» und der Motor empfängt nur bei der Abtastung der analogen wohl man es nicht sieht – gibt es noch ein konstantes Signal. Somit Schallplatte wirken. Am einfachsten beim Pythagoras doch gewisse ent- greifen während dem Musikhören lässt sich das am Beispiel der Plat- koppelnde Elemente. So berühren niemals korrigierende Elemente ein. tenauflage erklären. Dieselbe Kraft, sich zum Beispiel Stein und Stahl Mit der neuen Plattenklemme wird welche die Diamantnadel des Ton- nie direkt, wie übrigens auch die das Label der Schallplatte zwischen abnehmers nach oben beschleu- einzelnen Etagen des Racks nicht zwei genau definierten Kurven und nigt, wirkt auch auf die Plattenober-metallisch miteinander verbunden mit konstanter Federkraft ganz leicht fläche. Wenn die Platte nun in der sind. Innere Vibrationen und Geräu- verformt. Dadurch wird erreicht Luft oder auf einem weichen Mate- sche werden also so klein wie mög- dass die Schallplatte auf der ge- rial liegt, wird sie von dieser Kraftlich gehalten und, wo sie entstehen, samten Steinoberfläche gleichmäs- ganz leicht verformt; sie gibt etwas sehr direkt auf den Boden abgelei- sig aufliegt. nach und das Musiksignal mit ihr. tet. Gerade darin besteht der gros- Besonders deutlich ist das bei ho- se Unterschied zu vielen schwim- AAA: Kannst Du uns noch weitere hen Beschleunigungen – musika- menden oder weich aufgehängten Details zum Projekt Audiostone ver- lisch ausgedrückt bei kurzdynami- Konstruktionen. Diese entkoppeln raten? schen Effekten (Klavieranschlag, zwar sehr wirksam vor äusseren Ein- Perkussion etc.). Nun sind wir aber flüssen, behalten innere Vibrationen Micha Huber: Aus Resonanz- aber im System. Äussere Einflüsse keinesfalls die Einzigen, die mit die- gründen wollte ich die Anzahl der ser Technik arbeiten. Auch Brink- (wie Trittschall zum Beispiel) werden beweglichen Teile möglichst klein mann verwendet zum Beispiel bei Audiostone vor allem durch halten. Am ganzen Laufwerk gibt es schon sehr lange eine harte Platten- pure Masse von der Abtastung fern- denn auch nur zwei bewegliche auflage. Durch die neue Integration gehalten; ein Laufwerk mit vier Eta- Teile; die Motorwelle und den Plat- in ein Rack haben wir aber die gen wiegt immerhin 136 kg. tenteller. Der Plattenteller hat eine Möglichkeit, dieses Konzept der hohe Masse, die zusätzlich mög- harten Kopplung sehr umfassend AAA: Das Projekt nennt sich kom- lichst weit aussen konzentriert ist, umzusetzen. promisslos. Wie ist das zu verste- um die Trägheit um die Rotations- hen? achse zu erhöhen. Eine einstellbare AAA: Wie aber sind dann die Fra- Wirbelstrombremse ermöglicht es, gen der Entkoppelung von Antrieb, Micha Huber: Technisch gese- die Riemenspannung während dem Lagergeräuschen, Trittschall usw. hen ist kompromisslos ein falscher Betrieb einzustellen, und stellt gelöst? Ausdruck. Wir machen eigentlich gleichzeitig sicher, dass sich dem überhaupt nur Kompromisse. Ich Antriebsmotor ein sehr konstantes Micha Huber (lachend): Soll ich darf aber mit gutem Gewissen be- Drehmoment entgegen stellt. Auch sagen: durch Schweizer Präzision? haupten, dass ich alle Kompromisse die Gestaltung spielt eine wichtige Nein, eine harte Kopplung verlangt mit kompromisslos hohem Aufwand Rolle. Svein und ich waren uns ei- nach Elementen, die weniger optimiert habe. Die Entwicklungs- nig, das Design so schlicht wie nur Geräusch entwickeln. Wenn zum phase dauerte knapp zwei Jahre, möglich zu halten. So gibt es zum Beispiel mein Lager Vibrationen er- und ich habe – neben der Umset- Beispiel keine Bedienelemente im zeugt, kann ich diese mit einer wei- zung des gesamten Konzeptes – eigentlichen Sinn, sondern nur zwei chen Matte von der Schallplatte Hunderte von Stunden in die Ausar- Zahlen, 33 & 45, die mit dem Fin- fernhalten. Wenn die Schallplatte beitung jedes Details investiert. So ger berührt werden können, um den direkt auf einem harten Teller auf- sind das Antriebskonzept, das Tel- Teller auf der jeweiligen Drehzahl AAA-Bulletin Ausgabe Frühling 2008
6 zu starten. Um hier ohne sichtbare glaube, dass es in der Entwicklung viele Leute den Thales-Tonarm kann- Bedienelemente auszukommen, solche Projekte braucht, bei denen ten. musste ich zu einem Kunstgriff grei- die Kosten erst einmal gar keine fen: wir messen innerhalb der Ziffer Rolle spielen. Es wird auch nur we- AAA: An der Ausstellung in Las Ve- selbst den Körperwiderstand der nige Firmen in der Welt geben, die gas hast Du mit Frank Schröder menschlichen Haut um eine Berüh- soviel in ein einziges Produkt inves- (Schröder Tonarm und Laufwerk Ar- rung zu erfassen. Ausserdem eröff- tieren und vor allem zwei Jahre lang temis Labs) und Mark Doehmann net die Integration in ein Rack auch einfach daran glauben, dass das (Entwickler bei Continuum Audio neue gestalterische Möglichkeiten. Resultat die eingesetzten Mittel Labs) gesprochen. Dürfen wir als So sind zum Beispiel von oben her rechtfertigen wird. Man muss sich Laien fragen: Worüber sprechen keine Kabel sichtbar, da alle An- dabei vor Augen halten, dass man drei Entwickler, die ja irgendwie schlüsse an der Unterseite ange- sich nur schon für die Rohmaterial- Konkurrenten sind, miteinander? bracht sind. kosten der Prototypen einen Klein- wagen kaufen könnte. Viele von Micha Huber: Ja, das sind wirk- AAA: Gibt es auch Geheimnisse? den für dieses Projekt entwickelten lich spannende Gespräche. Ent- Lösungen und Erkenntnissen lassen wickler unter sich sprechen haupt- Micha Huber: Ja, wie immer sich aber in abgewandelter Form sächlich über Technik. Frank und ich gibt es auch hier einige Details, die sehr wirtschaftlich umsetzen. Das wissen über die gegenseitigen Lö- man nicht gerne publiziert. So läuft Ziel von Audiostone ist es auch, in sungen gut Bescheid und haben zum Beispiel für das Tellerlager zur- absehbarer Zukunft ein Produkt fol- beide sehr grossen Respekt vor der zeit eine Patentanmeldung. Ausser- gen zu lassen, das zu einem ver- Arbeit des andern. Ich habe mich dem schweige ich mich über die nünftigen Preis realisierbar ist und auch gefreut dass wir beide – un- Art und Weise aus, wie wir Stahl trotzdem möglichst viel von der abhängig voneinander – teilweise und Stein miteinander verbinden, grossen Referenz profitiert. Obwohl dieselbe Lösung gewählt haben, ohne dass sie sich direkt berühren, dabei vor allem in Bezug auf Mate- zum Beispiel mit der Wirbelstrom- und wir trotzdem die Ungenauigkei- rialien und Bearbeitungsverfahren bremse für ein konstantes Drehmo- ten, welche vom natürlichen Werk- Abstriche gemacht werden müssen, ment. Mit Mark Doehmann habe stoff Stein gegeben sind, ausglei- wird es möglich sein, das Grund- ich zum ersten Mal geredet, er hat chen können. Abgesehen von der konzept beizubehalten und damit einen ganz anderen Arbeitsstil als Ebenheit des Plattentellers – welche viele Vorteile auszuschöpfen. ich. Manchmal ist es dann halt im Granit aber extrem genau her- auch so, dass um den heissen Brei gestellt werden kann – werden AAA: Du warst ja mit diesem Projekt herum geredet wird oder gewisse nämlich sämtliche geometrischen Ei- im Januar bereits in Las Vegas an Fragen einfach übergangen wer- genschaften von den Stahlteilen de- der Consumer Electronic Show. den. finiert. Wie hat dieses Grossereignis auf Dich gewirkt? Welches waren AAA: Was sind Deine nächsten AAA: Betrachtet man den Preis, der Deine wichtigsten Eindrücke? Pläne in Sachen Tonarm und Au- bei einem Auto der Spitzenklasse diostone? anzusiedeln ist, dürfte offensichtlich Micha Huber: Grossereignis ist sein, dass sich das in Winterthur gut. In Las Vegas ist alles einfach Micha Huber: Die Zusammenar- vorgestellte Wunderwerk für die al- nur gross. Für einen an die Uhrenin- beit mit Audiostone wird auf jeden lermeisten AAA-Mitglieder ausser dustrie gewohnten Schweizer leidet Fall fortgesetzt. Ich glaube, dass wir Reichweite befindet. Hat denn ein dabei manchmal die Qualität et- uns mit dem Pythagoras und dem durchschnittlicher Analogfan auch was… Im analogen Bereich gab es Thales an der Grenze des technisch etwas vom Projekt Audiostone, aus- nicht viel Neues zu sehen, vielleicht Machbaren bewegen. Der Unter- ser dass er es in Winterthur anhören das Laufwerk von Frank Schröder schied in der Performance zu allen konnte? und ein paar neu verpackte Tonab- mir bekannten Laufwerk/Tonarm- nehmer. Aber die Show war ein kombinationen ist überdeutlich, was Micha Huber: Der Vergleich mit Prüfstein für meinen ersten Prototy- meiner Meinung nach von einer dem Auto ist gut, es ist nämlich ähn- pen und eine tolle Erfahrung. Ich Neukonstruktion in dieser Preis- lich wie mit einem Concept-Car. Ich war auch ziemlich erstaunt, wie klasse aber auch erwartet werden AAA-Bulletin Ausgabe Frühling 2008
7 Das Projekt Pythagoras und ein Mitgliedertreffen der besonderen Art Extra aus Schottland angereist: WetWetWet-Manager Elliot Davis. Zwei Experten im Gespräch; links AAA-Mitglied Markus Schüpbach und rechts der Audiostone Verkaufschef Frode Olsen. soll und darf. Parallel zur eigentlichen Laufwerksentwicklung waren meine Arbeiten in Bezug auf die Schwin- gungsdämpfung durch unharmonische Verhältnisse Teil eines Forschungsprogrammes beim «Research Council of Norway». Auch diese Zusammenarbeit wird weitergehen. Mein persönliches Ziel ist es, ein Laufwerk mit pas- sendem Tonarm zu entwickeln, das zu einem vernünftigen Preis – so dass man es sich zum Beispiel mit einem 13. Monatslohn leisten kann – produzierbar ist und trotzdem vom Konzept der bisherigen Entwicklung profitieren kann. AAA: Im Frühling 2005 hast Du Deinen Thales-Arm der Öffentlichkeit vorgestellt, wir haben ihn im Sommerheft des gleichen Jahres ausführlich besprochen. In der Zwischenzeit hat der Arm international Anerkennung gefun- den. Wie steht es heute mit Aufträgen und Wartefristen für den Thales aus? Micha Huber: Momentan sind zwanzig Thales Tonarme in der Produktion. Die Wartefrist beträgt etwa drei bis vier Monate. Für die Zukunft gilt es, die Produktion weiter auszubauen um die Lieferungen für Asien (Hong-Kong, Südkorea und Singapur) sicher zu stellen. Mein Ziel ist eine Durchlaufzeit von einem Monat, aber dazu braucht es noch einiges… Ich habe eben mit einem guten Freund die Firma «HiFiction AG» gegründet, welche die Pro- duktion des Tonarmes sowie die Koordination von zukünftigen Entwicklungen übernehmen wird. AAA: Herzlichen Dank für das Gespräch! Wir wünschen Dir mit Deinen Projekten weiterhin gutes Gelingen. AAA-Bulletin Ausgabe Frühling 2008
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