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Sage eDossier Arbeitszeugnis Autoren Dr. Nicole Vögeli Galli Rolf Müller Inhalt 1. Grundlagen der Arbeitszeugnisausstellung 2. Grundsätze der Arbeitszeugnisformulierung 3. Bestandteile des Arbeitszeugnisses 4. Unzulässiger Inhalt 5. Zusammenfassung
1. Grundlagen der Arbeitszeugnisausstellung 1. Grundlagen der Arbeitszeugnisausstellung Anspruch des Arbeitnehmers Gestützt auf Art. 330a OR ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen jederzeit ein Arbeitszeugnis auszustellen. Mithin muss der Arbeitgeber also nicht von sich aus dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis ausstellen. Bei Austritt, Betriebsübernahmen, internen Wechseln oder Ähnlichem ist dies dennoch zu empfehlen. Vielfach ist der Arbeitnehmer vermeintlich der Annahme, dass er das Arbeitszeugnis gar nicht brauche, da er ja bereits eine neue Stelle habe. Verliert er die neue Stelle oder verlässt er diese – was heute früher oder später der Fall ist –, wird er bei der Stellensuche auch auf frühere Arbeitszeugnisse angewiesen sein. Für den Arbeitgeber ist es schwierig und mit erheblichem Mehraufwand verbunden, wenn er nach Jahren doch noch ein Arbeitszeugnis ausstellen muss. Denn der Arbeitnehmer kann bis zehn Jahre nach Ende des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis verlangen (teilweise wird die Meinung vertreten, die Frist betrage lediglich fünf Jahre; das Bundesgericht hat zu dieser Frage allerdings bis heute noch nie Stellung nehmen müssen). Stellt der Arbeitgeber von sich aus ein Zeugnis aus, wird er in der Regel ein qualifiziertes Zeugnis (Vollzeugnis) ausstellen, welches sich über die Leistung und das Verhalten ausspricht. Die nachstehenden Ausführungen wid- men sich entsprechend dem Vollzeugnis, welche indes grundsätzlich für alle Formen gelten. Abweichungen und Besonderheiten der anderen Arten wie Arbeitsbestätigung (einfaches Zeugnis), Lehrzeugnis und Zwischenzeugnis werden unter dem Titel «Spezielle Formen» separat besprochen. Arbeitszeugnis ist eine Urkunde Jedes Arbeitszeugnis stellt eine Urkunde dar, die das Wissen des Arbeitgebers in Bezug auf Leistungen und Verhalten eines bestimmten Arbeitnehmers festhält. Das unkorrekte Erstellen von Arbeitszeugnissen kann deshalb straf- rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zudem können sich zivilrechtliche Konsequenzen (Missbräuchlichkeit der Kündigung, Persönlichkeitsverletzung etc.) ergeben, wenn der Inhalt des Zeugnisses nicht mit anderen Auskünften über das Arbeitsverhältnis koordiniert wird. Davon und insbesondere über Referenzauskünfte erfah- ren Sie mehr unter dem Titel «Koordination mit anderen Auskünften über das Arbeitsverhältnis». Der Zeugnispflichtige Zeugnispflichtig ist der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Ausstellung durch eine bestimmte, für den Arbeitgeber tätige Person. Der Arbeitnehmer kann sich aber gegen die Ausstellung durch eine Person wehren, die ihn gar nicht beurteilen kann. Dies rechtfertigt sich insofern, als neue potenzielle Arbeitgeber Referenzauskünfte primär bei den Unterzeichnenden des Arbeitszeugnisses einholen. Kennen diese den Arbeitnehmer nicht, können sie auch keine Referenzauskunft erteilen. Das Arbeitszeugnis muss rechtsgültig unterzeichnet sein. Die Unterschrift eines nicht zeichnungsberechtigten Arbeitnehmers genügt nur, wenn er intern für die Zeugnisausstellung bevollmächtigt wurde. Beim Personalverleih ist der Verleiher Arbeitgeber. Er kennt zwar die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers nicht, doch hat ihm der Einsatzbetrieb die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stel- 2 Arbeitszeugnis
1. Grundlagen der Arbeitszeugnisausstellung len. Hier geht die rechtliche Arbeitgeberstellung vor. Damit die Divergenz – zwischen Arbeitgeberstellung und tatsächlichen Kenntnissen über den Arbeitnehmer – dem Arbeitnehmer nicht zum Nachteil gereicht, ist auf das Verleihverhältnis hinzuweisen. Bei Betriebsübernahmen ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer den Übergang des Arbeitsverhältnisses abge- lehnt hat oder nicht. Wenn ja, bleibt das Arbeitsverhältnis zum alten Inhaber bestehen und er kann nur von diesem ein Arbeitszeugnis einfordern. Geht hingegen das Arbeitsverhältnis über, kann der Arbeitnehmer für die Zeit bis zur Betriebsübernahme von beiden ein Arbeitszeugnis verlangen, für die Zeit danach indes nur noch vom neuen Inhaber. Der Zeugnisberechtigte Sämtliche Arbeitnehmer haben Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dies gilt unabhängig von der Dauer oder des Umfangs (Teilzeit, Aushilfen etc.) des Arbeitsverhältnisses. Allerdings wird ein Arbeitszeugnis bei sehr kur- zer Anstellungsdauer eher knapp ausfallen. Ausnahmsweise ist kein Vollzeugnis geschuldet, wenn gar keine Beurteilung vorgenommen werden kann (Beispiel: Kündigung während der Probezeit aus betrieblichen Gründen). Gestaltung und Sprache Das Arbeitszeugnis ist •• schriftlich, •• auf dem Briefpapier des Arbeitgebers, •• grammatikalisch korrekt und •• optisch ansprechend auszustellen. Dies bedeutet: keine Tippfehler, einheitliche Schreibweise der Daten (Beispiel: Monat immer ausgeschrieben = 1. Januar 2008) und des Namens des Arbeitnehmers (Beispiel: nach der Einleitung immer Herr Muster), Verwendung eines A4-Papiers von guter Qualität, maschinengeschriebener Text, übersichtliche Darstellung sowie ungefaltete Zustellung. Die Sprache des Arbeitszeugnisses hängt davon ab, in welchen Landesteilen beziehungsweise Staaten der Arbeitnehmer tätig war und wo das Zeugnis verwendet wird. Ist beispielsweise für einen Verkaufsmitarbeiter, welcher sowohl in der deutschsprachigen wie auch in der französischsprachigen Schweiz tätig war, das Arbeitszeugnis auszustellen, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ausstellung in deutscher wie auch in franzö- sischer Sprache. Dasselbe gilt bei Arbeitnehmern, die international tätig waren. Hier hat der Arbeitgeber in der Regel das Arbeitszeugnis auf Deutsch und Englisch zu verfassen. Entscheidend wird sein, in welcher Sprachregion oder auf welche Stelle sich der Arbeitnehmer bewerben wird. Die Übersetzungskosten gehen dabei zulasten des Arbeitgebers. Ausgenommen davon sind Fälle, in welchen nicht zu erwarten ist, dass ein Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis in einer Fremdsprache benötigt (Beispiel: ein Schreiner möchte auswandern). Der Umfang hängt von dem zu beurteilenden Arbeitsverhältnis ab (Dauer, Aufgaben, interne Wechsel etc.); er sollte sich in aller Regel zwischen 0,75 bis 2 Seiten bewegen. Arbeitszeugnis 3
2. Grundsätze der Arbeitszeugnisformulierung 2. Grundsätze der Arbeitszeugnisformulierung Das Gesetz äussert sich zur Arbeitszeugnisformulierung nicht. Die nachfolgend dargestellten Grundsätze sind weit gehend durch die Rechtsprechung, anhand von konkreten Streitfällen, entwickelt worden. Aus diesen (abstrak- ten) Grundsätzen kann kein Anspruch auf eine bestimmte Formulierung abgeleitet werden. Indes muss das Arbeitszeugnis auf die persönliche berufliche Entwicklung eingehen, die berufsspezifischen, arbeitsplatzbedingten und persönlichen Besonderheiten berücksichtigen und eine individuelle Formulierung der Beurteilung der Leistung und des Verhaltens enthalten (Grundsatz der Individualität). Grundsatz der Wahrheit Der Inhalt des Arbeitszeugnisses muss der Wahrheit entsprechen. Es dürfen weder Annahmen getroffen noch Verdachtsmomente geäussert werden. Grundsatz des Wohlwollens Ziel des Arbeitszeugnisses ist es, dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Fortkommen zu erleichtern. Die Grenze ist jedoch die Wahrheitspflicht. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein wahres, indes nicht auf ein gutes Arbeitszeugnis. Es darf somit auch Negatives aufgenommen werden, sofern dies den Tatsachen entspricht. Zur Anwendung gelangt der Grundsatz des Wohlwollens mithin vor allem bei Zweifelsfällen. Im Zweifel ist die für den Arbeitnehmer günstigere Formulierung zu wählen bzw. wie in der Schule die Beurteilung tendenziell aufzurunden oder bei objektiv schlechter Leistung im Gegenzug etwas hervorzuheben, was gut war (Beispiel: sehr loyal oder gute Englischkenntnisse). Grundsatz der Vollständigkeit Es sind alle notwendigen Angaben zur Person des Arbeitgebers und Arbeitnehmers aufzunehmen. Es ist immer die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses beziehungsweise die Dauer bis zur Ausstellung zu qualifizieren. Aufzunehmen ist aber trotzdem nur, was für die Bewertung des Arbeitnehmers und für potenzielle Arbeitgeber notwendig ist. Grundsatz der Einheitlichkeit Das Arbeitszeugnis hat immer die gesamte Dauer der Anstellung zu umfassen. Es darf nicht auf Zwischenzeugnisse verwiesen werden. Hat der Arbeitnehmer verschiedene Positionen innegehabt, sind diese chronologisch auf- zulisten. War der Arbeitnehmer für formell verschiedene Arbeitgeber tätig, sind für jedes Arbeitsverhältnis einzelne Arbeitszeugnisse auszustellen. Dies gilt allerdings nicht in einer Konzernstruktur, wenn diese einer einheitli- chen Gruppe entspricht. Derartige Konstellationen sind indes im Einzelfall zu prüfen; insbesondere wenn der Arbeitnehmer im Ausland tätig war. Gehört ein Auslandeinsatz jedoch zur Karriere, ist dieser im Arbeitszeugnis zu erwähnen. 4 Arbeitszeugnis
3. Bestandteile des Arbeitszeugnisses Grundsatz der Klarheit Das Zeugnis muss für alle Leser verständlich abgefasst sein. Es darf weder durch die Wortwahl noch durch Auslassungen versteckte Inhalte aufweisen. Indes ist bei der Zeugnisauslegung immer zu beachten, dass jeder Aussteller und jeder Leser Formulierungen anders interpretiert. Gut gemeinte Redewendungen werden als schlechte Qualifikation verstanden. Insbesondere in Betrieben ohne ausgebildeten Personaldienst sind sich die Aussteller der Tragweite der Zeugnisausstellung oftmals gar nicht bewusst. Insofern ist immer zu empfehlen, objektive und klare Formulierungen zu verwenden: Statt «Sie erfüllte ihre Aufgaben stets» ergeben sich mit «Sie zeigte immer gute Leistungen» keine Zweifel an der Aussage. Mithin wird empfohlen, objektive Wertungen (schlecht, ungenügend, genügend, gut, sehr gut, ausge- zeichnet bzw. freundlich, korrekt, höflich, zuvorkommend etc.) zu verwenden. Zudem sind auch nur objektive Wertungen gerichtlich überprüfbar und durchsetzbar. 3. Bestandteile des Arbeitszeugnisses Bezeichnung des Arbeitgebers Der Arbeitgeber ist mit dem rechtlichen Namen bzw. der rechtlichen Firma und vollständiger Anschrift aufzufüh- ren. Vielfach wird dies durch den Briefkopf erfüllt. Zudem sind – am Schluss bei den Unterschriften – die für den Arbeitgeber zeichnenden Personen mit Vornamen, Namen und Funktion zu erwähnen. Überschrift Das Dokument ist mit «Arbeitszeugnis», «Zeugnis», «Zwischenzeugnis» oder «Schlusszeugnis» zu betiteln. Bezeichnung des Arbeitnehmers Im ersten Textteil ist der Arbeitnehmer zur klaren Identifikation mit ausgeschriebenem Vornamen, Namen, Titel (nur bei Branchenüblichkeit), Geburtsdatum, Heimat- oder Bürgerort (bei ausländischen Arbeitnehmern Herkunftsland) aufzuführen. Im Text selbst hat eine Anrede mit Frau oder Herr zu erfolgen (Beispiel: Frau Muster). Art des Arbeitsverhältnisses Neben der Berufs- und Funktionsbezeichnung sind die ausgeführten Tätigkeiten aufzulisten. Es sind die Hauptaufgaben zu erwähnen. Sonderaufgaben (z.B. Projekte) oder Spezialkenntnisse sind zu nennen, wenn diese für das Gesamtbild notwendig sind. Weiter ist zu vermerken, ob selbständig oder unter Anleitung gear- beitet wurde. Unter Umständen rechtfertigt es sich auch, einen Hinweis auf die hauptsächlichen Tätigkeiten des Arbeitgebers aufzunehmen. Gesamthaft hat sich aus den Darlegungen ein aussagekräftiges Bild zu ergeben. Dazu gehört auch die Angabe, ob Teilzeit und in welchem Umfang gearbeitet wurde. Ebenfalls können Ausbildungen dazugehören. Arbeitszeugnis 5
3. Bestandteile des Arbeitszeugnisses Als Faustregel gilt: Je höher und qualifizierter die Stellung des Arbeitnehmers, desto präziser muss die Darstellung ausfallen. Dauer des Arbeitsverhältnisses Massgebend ist die rechtliche Dauer und nicht die Zeit, die der Arbeitnehmer effektiv für seine Arbeitsleistung erbracht hat. Daher ist nicht zu erwähnen, ob der Arbeitnehmer am ersten Tag krank war oder am Schluss eine Freistellung erfolgt ist oder Ferien bezogen wurden. Erfolgt mithin z.B. wegen Krankheit eine Verlängerung der Kündigungsfrist, ist weder die Krankheit noch die Verlängerung zu erwähnen, sondern schlicht das rechtliche Enddatum. Besondere Probleme bereitet diesbezüglich die fristlose Entlassung. Mit der fristlosen Entlassung endet das Arbeitsverhältnis rechtlich und faktisch, unabhängig davon, ob diese gerechtfertigt war. Da die fristlose Entlassung in der Regel nicht auf das Monatsende fällt, an welchem normalerweise die Arbeitsverhältnisse enden, wird selbst bei späterer (gerichtlicher) Feststellung, dass die fristlose Entlassung ungerechtfertigt war, diese im Zeugnis ersicht- lich bleiben. Insofern würde das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers klar und zu Unrecht erschwert. Zudem hat er bezüglich der finanziellen Ansprüche das Recht, so gestellt zu werden, wie wenn ordentlich gekün- digt worden wäre (Art. 337c Abs. 1 OR). Daher ist in diesen Fällen die Dauer auf den theoretischen Endtermin bei ordentlicher Kündigung festzusetzen. Hat der Arbeitnehmer aber bereits vorher eine neue Stelle gefunden, ist das letzte Monatsende vor diesem Stellenantritt zu wählen, da ansonsten ein Widerspruch entsteht. Wird also am 14. Juli ein Arbeitnehmer mit einer ordentlichen Kündigungsfrist von zwei Monaten zu Unrecht fristlos entlassen, ist das Enddatum auf den 30. September zu setzen. Sollte er bereits am 1. September eine neue Stelle angetreten haben, wäre es der 31. August. Beurteilung der Leistung Es ist die Arbeitsleistung in quantitativer und qualitativer Hinsicht sowie die Arbeitsbereitschaft zu beurteilen. Dazu gehören auch tätigkeitsbezogenes Fachwissen und persönliche Eigenschaften (fleissig, speditiv, loyal, selb- ständig, belastbar etc.). Erfolgt die Qualifikation, ausser bei sehr kurzen Vertragsdauern, mit lediglich einem oder zwei kargen Sätzen, ist dies in der Regel für den Arbeitnehmer von Nachteil und insofern unzulässig. Es entsteht dadurch der Eindruck, die Leistungen seien schlecht gewesen, ansonsten mehr geschrieben worden wäre. Arbeitsergebnisse sind dann aufzunehmen, wenn sie für die entsprechende Anstellung von besonderer Bedeutung sind. So hat beispielsweise ein Verkäufer Anspruch, dass erwähnt wird, er hätte sein Budget immer weit übertrof- fen oder ein CEO eines Start-up-Unternehmens, dass er die geplanten Ziele erreicht oder die Markteinführung eines bestimmten Produkts erfolgreich durchgeführt hat. Es ist ein objektiver Massstab anzuwenden. Es ist immer die gesamte Dauer zu beurteilen. Einzelne Fehler oder schlechte Leistungen während einer kurzen Zeitperiode können damit nicht zu einer generell schlechten Beurteilung führen. Hat ein Arbeitnehmer mithin fünf Jahre gute Leistungen gezeigt und gab es erst sechs Monate vor Ende Kritik, ist die Leistung gesamthaft als gut zu bewerten. Eine Faustregel zum Verhältnis der einzelnen Perioden gibt es allerdings nicht. Nicht vergessen werden darf auch, dass unterschiedliche Vorgesetzte unter- schiedliche Massstäbe ansetzen. Dies darf nicht dem Arbeitnehmer angelastet werden. Gab es (erhebliche) Leistungsschwankungen, sind die entsprechenden Perioden separat zu qualifizieren. War der Einbruch zum Schluss aber gravierend, kann dies separat, beispielsweise im Zusammenhang mit dem 6 Arbeitszeugnis
3. Bestandteile des Arbeitszeugnisses Kündigungsgrund, genannt werden. Selbstredend gilt, dass bei längeren Arbeitsverhältnissen die letzten zwei bis drei Jahre ausführlicher zu qualifizieren sind. Beurteilung des Verhaltens Es geht einzig um das Verhalten am Arbeitsplatz gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Geschäfts partnern (Kunden, Lieferanten etc.). Sollte sich ein Arbeitnehmer indes im privaten Bereich ungebührlich verhalten, kann dies mit einfliessen. Dies trifft beispielsweise zu, falls ein Arbeitnehmer mehrfach, wenn er seinen Vorgesetzten per Zufall privat antrifft, diesem gegenüber ausfällig wird. Wie bei der Leistung gelten ein objektiver Massstab und die Beurteilung der gesamten Dauer. Einzelnes Fehlverhalten hat grundsätzlich unerwähnt zu bleiben, ausser es handle sich um eine gravierende Verfehlung (Beispiel: üble Beschimpfung eines Kunden). Hierzu ist indes zu beachten, dass bei einmaligen Verfehlungen auch das «Recht auf Vergessen» greift. Nach einer gewissen Zeit der Bewährung kann selbst eine schwere Verfehlung keinen Eingang mehr in ein Arbeitszeugnis finden. Unter dem Verhalten sind neben den allgemeinen Umgangsformen die Teamfähigkeit und bei Vorgesetzten das Führungsverhalten zu beurteilen. Schlussformulierungen Die Schlussformulierungen enthalten in der Regel Angaben über den Beendigungsgrund, Dankesworte und gute Wünsche. Alle diese Angaben ergeben klare Hinweise auf die Einschätzung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Beendigungsgrund Über die Umstände des Austritts muss das Arbeitszeugnis nichts enthalten, ausser es sei für das Gesamtbild und zur Verhinderung eines unwahren Zeugnisses notwendig. Auch hier gilt, dass ausserordentlich schwere Verletzungen bei einmaligem Auftreten zu erwähnen sind; leichtere wenn sie sich für den Arbeitnehmer als cha- rakteristisch erweisen. Allerdings kann der Arbeitnehmer verlangen, dass sich das Schlusszeugnis über die technische Art der Auflösung (Kündigung Arbeitnehmer/Arbeitgeber, Auflösung im gegenseitigen Einverständnis, Ablauf bestimm- te Vertragsdauer) sowie über die Beweggründe ausspricht. Ebenfalls zum notwendigen Inhalt gehören die Beweggründe zur Kündigung, wenn sie der Würdigung des Gesamtbildes dienen. Primär gilt dies also bei gerecht- fertigten fristlosen Entlassungen. Neben der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung wird bei Zeugnissen am häufigsten über die Formulierung der Beendigung gestritten. Da die Zeugnisformulierung zeitlich regelmässig nach der Kündigung erfolgt, ist bereits bei der Kündigung zu überlegen, welche Formulierung für das Arbeitszeugnis gewünscht wird. Zu beachten ist, dass ein Entgegenkommen des Arbeitgebers im Arbeitszeugnis (Beispiel: «aus betrieblichen Gründen» anstelle von keinen Angaben oder «gesunkener Leistung») unwahr und damit unzulässig ist. Differenzen in den Aussagen des Arbeitgebers können schliesslich zu Problemen mit der Arbeitslosenkasse führen. Bedauern und Empfehlung des Arbeitnehmers Das Bedauern stellt eine persönliche Gefühlsregung und keine objektive Beurteilung dar. Es besteht daher kein Anspruch, dass eine entsprechende Formulierung aufgenommen wird. Zudem gilt hier die strikte Beachtung Arbeitszeugnis 7
3. Bestandteile des Arbeitszeugnisses der Wahrheitspflicht. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass bei Fehlen einer derartigen Formulierung vielfach angenommen wird, in Wahrheit sei der Arbeitnehmer schlecht gewesen. Diese Annahme darf nicht getroffen werden. Sollte man indes Befürchtungen hegen, dass die Qualifikation nicht ganz korrekt war, ist dies mit der Referenzauskunft zu klären. Eine Empfehlung sollte nur bei besonders guten Arbeitnehmern aufgenommen werden, da dies quasi eine Aufforderung darstellt, den Bewerber anzustellen. Dankesworte Dankesworte sind heute weit verbreitet. Es fragt sich daher, ob diese zum Standard gehören, mithin der Arbeitnehmer darauf Anspruch hat. Auch dies ist im Rahmen der Wahrheitspflicht zu beantworten. Dankbar war der Arbeitgeber wohl nur bei guten Leistungen. Insofern ist ein Dank dann aufzunehmen, wenn er gebührt. Dies bedingt aber, dass die Leistungen ehrlich bewertet werden. «Frei von jeder Verpflichtung» Diese Formulierung ist nicht generell verbreitet. Sie bedeutet, dass kein Konkurrenzverbot besteht. Allenfalls muss sich der Arbeitgeber später zusätzlich entgegenhalten lassen, dass er damit umfassend auf weitere Ansprüche ver- zichtet habe. Daher sollte diese Klausel seitens des Arbeitgebers nicht verwendet werden, zumal der Arbeitnehmer darauf keinen Anspruch hat. Zukunftswünsche Diese stellen heute allgemeinen Inhalt des Arbeitszeugnisses dar. Fehlen diese, ist dies immer ein Anzeichen, das aufhorchen lässt. Zudem gehören die Zukunftswünsche zur angebrachten Höflichkeit. Streng rechtlich gesehen mag der Arbeitnehmer darauf keinen Anspruch haben. Aufgrund des Vermeidens von versteckten Hinweisen und schlicht zur Wahrung des Anstands sind diese dennoch immer aufzunehmen. Auch einem schlechten Arbeitnehmer kann man alles Gute wünschen; dies hat nichts mit den Leistungen oder dem Verhalten zu tun. Ausstellungsort und Ausstellungsdatum Beide Angaben sind zwingend. Streitigkeiten entstehen meistens um das Ausstellungsdatum, wenn es nicht mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses übereinstimmt. Grundsätzlich ist das tatsächliche Ausstellungsdatum zu ver- wenden. Dies kann jedoch für den Arbeitnehmer negative Auswirkungen haben. Damit wird meistens sofort klar, dass es einen Streit um das Zeugnis gegeben hat. Insofern wird heute der Arbeitgeber verpflichtet, wenn er die Verspätung verschuldet hat, das Datum, an dem die Ausstellung hätte erfolgen müssen, aufzunehmen. Dies ist das Datum, an dem der Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis erstmals verlangt hat. Wichtig Generell ist zu empfehlen – unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis verlangt hat –, am letzten Arbeitstag dem Arbeitnehmer ein solches unter dem Enddatum des Arbeitsverhältnisses auszuhän- digen. 8 Arbeitszeugnis
4. Unzulässiger Inhalt 4. Unzulässiger Inhalt Es dürfen nur Tatsachen und Wertungen im Zeugnis aufgenommen werden, die einen sachlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis haben. Was dazu gehört und was nicht, ist im Einzelfall zu entscheiden. Unzulässige Angaben Ausstellung aufgrund eines Gerichtsentscheides Ein solcher Vermerk ist unzulässig. Adresse des Arbeitnehmers Diese gehört nicht in das Zeugnis. Zivilstand Dieser gehört nicht in das Zeugnis. Gehaltshöhe Diese oder auch nur eine Einreihungsklasse darf nie erwähnt werden. Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses Angaben über Krankheiten, Mutterschaftsurlaub, unbezahlten Urlaub, Militär etc. sind grundsätzlich nicht zu erwähnen. Kann indes die Leistung oder das Verhalten aufgrund von derartigen Unterbrüchen nicht (genügend) qualifiziert werden, ist ein entsprechender Hinweis zulässig. Dies gilt sowohl für die Dauer als auch für den Grund der Unterbrechung. Allerdings kann der Grund ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis und nachteilig für den Arbeitnehmer sein (Beispiel: Verbüssung Freiheitsstrafe). In solchen Fällen ist der Grund wegzulassen. Die Krankheit kann vor allem dann erwähnt werden, wenn sie die Eignung des Arbeitnehmers zur Erfüllung der bisherigen Aufgabe in Frage stellte und damit einen sachlichen Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bildete (Beispiel: Invalidität oder Suchterkrankung). Wie lange eine Arbeitsunfähigkeit gedauert haben muss, um im Zeugnis zwingend Eingang zu finden, hängt auch von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dem Einzelfall ab. Eine klare zeitliche Regel gibt es nicht. Allerdings ist Vorsicht geboten, da derartige Angaben das wirtschaftliche Fortkommen wohl immer beeinträchtigen. Freistellung Bei einer Freistellung verzichtet der Arbeitgeber auf die Leistung des Arbeitnehmers. Die Erwähnung der Freistellung hat zu unterbleiben. Arbeitszeugnis 9
4. Unzulässiger Inhalt Ausserdienstliches Verhalten Dies ist nur zu erwähnen, wenn es tatsächlich einen störenden Einfluss auf die Arbeit hat (Beispiel: übermässiger Ausgang, welcher zu Übermüdung am Arbeitsplatz führt). Allerdings wird sich ein störendes, ausserdienstliches Verhalten in der Regel in der Leistung oder dem Verhalten niederschlagen und muss daher nicht zusätzlich erwähnt werden. Mithin gehören Religion, politische Gesinnung, geschlechtliche Orientierung, Hobbys, Sport, Haus tiere, Familienverhältnisse etc. nicht in ein Arbeitszeugnis. Straftaten Dabei handelt es sich um sogenannte besonders schützenswerte Daten. Die Aufnahme rechtfertigt sich nur in Ausnahmefällen und wenn einem zukünftigen Arbeitgeber durch die Nichterwähnung ein Schaden entstünde. Dies bedingt aber auch, dass ein Bezug zwischen der Straftat und dem Arbeitsplatz besteht. Allerdings vermeiden immer mehr Arbeitgeber generell die Anstellung vorbestrafter Arbeitnehmer, um ganz grundsätzlich ihren Ruf zu wahren. Es sollen keine «Schläger» oder «Kinderschänder» in ihrem Namen auftre- ten. Dies ist nicht nur im Rahmen des Arbeitszeugnisses eine heikle Frage, sondern bereits bei Ablehnungen von Bewerbungen oder bei (fristlosen) Kündigungen. Es ist in Erinnerung zu behalten, dass das Arbeitszeugnis Auskunft über die Leistung und das Verhalten am Arbeitsplatz zu geben hat. Mithin grundsätzlich ausserdienstli- ches Verhalten keinen Eingang finden darf, auch wenn dieses klar abzulehnen ist. Damit ist eine Straftat, die mit der Arbeit nichts zu tun hat, nicht zu erwähnen. Wichtig Generell gilt sodann, dass nur gerichtliche Verurteilungen oder klare Beweislagen verwendet werden dürfen. Ein Verdacht darf nie aufgenommen werden. Zugehörigkeit zu einer Arbeitnehmervertretung Eine derartige Tätigkeit wird in der Freizeit wahrgenommen und schadet in der Realität bei Aufnahme im Zeugnis dem Arbeitnehmer bei Bewerbungen. Daher hat sie unerwähnt zu bleiben, ausser der Arbeitnehmer wünscht es. Konkurrenzverbotsabrede Einzig der Arbeitgeber hätte ein Interesse an der Aufnahme. Diese hat nichts mit dem Zweck eines Arbeitszeugnisses zu tun, weshalb die Aufnahme zu unterbleiben hat. 10 Arbeitszeugnis
4. Unzulässiger Inhalt Unzulässige Formulierungen und Codes Sprachverwendung Formulierungen müssen klar und wahr sein. Es dürfen weder positive Wendungen aufgenommen werden, die in Tat und Wahrheit negativ sind. Noch sind negative Beurteilungen zulässig, die durch positive Wertungen ver- schleiert werden. Beispiele der ersten Art sind: •• im grossen und ganzen zu unserer Zufriedenheit = ungenügende Leistungen •• zu unserer Zufriedenheit = knapp genügende Leistungen •• stets zu unserer Zufriedenheit = genügende Leistungen •• korrektes Verhalten = unfreundlich Beispiele der zweiten Art sind: •• Er bemühte sich. = ungenügende Leistungen •• Er war sehr kommunikativ. = Er schwatzte zu viel. •• Er erledigte die gestellten Aufgaben. = Er machte nie mehr als nötig. •• Er zeigte einen grossen Einsatz. = Er hatte keinen Erfolg. •• Er war charakterfest. = Er war uneinsichtig. Unzulässig ist des Weiteren: Unverhältnismässig lange Ausführungen über Selbstverständliches, bewusstes Einsetzen von Mehrdeutigkeiten für negative Beurteilungen, die Reihenfolge von Unwichtigem zu Wichtigem statt von Wichtigem zu Unwichtigem. Im Einzelfall können diese rechtlich unkorrekten Formulierungen indes besser sein. Nach rechtlicher Betrachtung sind Codes in einer Branche vereinbarte Geheimzeichen, die für den übrigen Leser nicht erkennbar sind. Diese können sein: Wortwahl, Papierfarbe, Zeilenumbruch etc. Die Verabredung und Verwendung solcher Codes ist auch dann unzulässig, wenn die dadurch vermittelten Angaben wahr sind. Codes verletzen den Grundsatz der Klarheit. Gerichtsfälle sind darüber indes in der Schweiz keine bekannt. Arbeitszeugnis 11
5. Zusammenfassung 5. Zusammenfassung •• Welche Art des Arbeitszeugnisses ist auszustellen? Zwischenzeugnis, Schlusszeugnis, Lehrzeugnis, Arbeitsbestätigung •• Liegen die korrekten Personalien vor? Name, Geburtsdatum, Heimatort/Heimatstaat •• Welche rechtliche Dauer umfasst die Anstellung? Beginn, Ende, Berücksichtigung von Verlängerungen •• Welche Tätigkeit und Funktion hatte der Arbeitnehmer inne? Beförderungen, Wechsel •• Welche Aufgaben hat der Arbeitnehmer erledigt? Hauptaufgaben, zu erwähnende Sonderaufgaben •• Wie hat der Arbeitnehmer die Aufgaben erfüllt? Leistungsqualifikation, Hervorhebung von speziellen Kenntnissen oder Fähigkeiten •• Wie hat sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz verhalten? Verhaltensqualifikation, Führungsver halten •• Wie wurde das Arbeitsverhältnis beendet? Ablauf aufgrund Befristung, Kündigung, Aufhebung im gegenseitigen Einverständnis Tipp Dieser Inhalt stammt aus dem WEKA Business Dossier Arbeitszeugnis. Alle Business Dossier finden Sie unter www.businessdossiers.ch 12 Arbeitszeugnis
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