Bauchspeicheldrüse als Risikoorgan für die Induktion eines Diabetes mellitus bei Kindern nach Abdominalbestrahlung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Literatur kommentiert Strahlenther Onkol 2013 · 189:510–511 W. Dörr DOI 10.1007/s00066-013-0351-0 Medizinische Universität/AKH Wien Online publiziert: 25. April 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Bauchspeicheldrüse als Risikoorgan für die Induktion eines Diabetes mellitus bei Kindern nach Abdominalbestrahlung Pankreas wurde für alle Strahlentherapie- als ältere Patienten (p10 Gy betrug die ku- risk of diabetes mellitus in childhood cancer die Beziehung zwischen Strahlendosis am mulative Inzidenz des Diabetes 16% (95% survivors: a retrospective cohort study. Lancet Pankreas und dem Risiko, nachfolgend an CI 11–24). Oncol 13:1002–1010 Diabetes zu erkranken, analysiert. Schlussfolgerung der Autoren. Es gibt Hintergrund und Ziel. Kinder und Ju- Ergebnisse. Bei 65 Patienten lag ein ärzt- eine Dosis-Effekt-Beziehung zwischen gendliche haben nach einer Ganzkör- lich bestätigter Diabetes vor; dies betraf der Strahlenexposition des Pankreas und per- oder Abdominalbestrahlung ein er- 5/888 Patienten (1%) ohne und 60/1632 dem Diabetesrisiko. Das beobachtete Ri- höhtes Risiko bezüglich der Entwicklung Patienten (4%) nach Bestrahlung. Die ku- siko ist in Anbetracht der Häufigkeit von von Insulinresistenz und Diabetes melli- mulative Inzidenz bei einem Alter von Diabetes in der Gesamtbevölkerung von tus. Die Dosisabhängigkeit des Risikos für 45 Jahren war 2,3% (95% CI 0,8–6,4) und Bedeutung. Die Bauchspeicheldrüse muss die Manifestation eines Diabetes mellitus 6,6% (95% CI 4,8–9,0) bei nichtbestrahl- vor allem bei Kindern als Risikoorgan bei nach Strahlenexposition des Pankreas ist ten bzw. bestrahlten Patienten (p=0,0003). der Strahlentherapieplanung berücksich- jedoch unklar. In der vorliegenden Arbeit Das Diabetesrisiko nahm mit der Dosis tigt werden. Nach Abdominalbestrahlung wurde diese Frage an einer großen Kohor- am Pankreasschwanz, in dem sich Lan- muss die Nachsorge der Patienten eine te von Langzeitüberlebenden mit Tumor- gerhans-Inseln bevorzugt befinden, bis Diabetesdiagnostik einschließen. erkrankungen im Kindes- und Adoles- zu einer Dosis von 20–29 Gy steil zu; für zenzalter untersucht. In der kommentier- höhere Dosen ergab sich ein Plateau. Das Kommentar ten Arbeit [2] analysieren De Vathaire et geschätzte Relative Risiko1 (RR) bei 1 Gy al. in einer Kohorte von 2520 Überleben- war 1,61 (1,21–2,68). Die Dosis an anderen Zur Induktion eines Diabetes mellitus den von Krebserkrankungen im Kindes- Pankreasteilen hatte keinen signifikanten durch ionisierende Strahlung liegen kaum alter die Diabetesinzidenz und deren Ri- Einfluss. Im Vergleich zu nichtbestrahlten Daten vor. Auch ist zu beachten, dass sich sikofaktoren. Patienten lag das RR für Patienten nach diesbezüglich die Wirkung einer Ganz- einer Dosis am Pankreasschwanz ≥10 Gy körperexposition von derjenigen einer lo- Patienten und Methode. Ein Fragebo- bei 11,5 (3,9–34,0). Dies blieb auch bei Be- kalen Bestrahlung deutlich unterscheiden gen wurde an insgesamt 3468 Überle- rücksichtigung des Body-Mass-Index un- kann. So zeigte die „Childhood Cancer bende (≥5 Jahre) nach Behandlung (inkl. verändert, obwohl dieser einen starken Survivor Study“ ein Risiko von 7,2 nach Strahlentherapie, keine Brachytherapie) unabhängigen Einfluss zeigte (p70% entspricht und eine zwischen zwei Vergleichsgruppen. RR >1: Das einer diabetischen Erkrankung wurde von Risiko der (exponierten) Untersuchungsgrup- sichere Aussage in einer großen Kohor- ärztlicher Seite bestätigt. Die Strahlendo- pe ist größer als das Risiko der Kontrollgruppe te erlaubt. Insgesamt hatten 1632 Patien- sis am Schwanz, Kopf und Körper des (Exposition = Risikofaktor). ten (65%) eine Strahlentherapie erhalten. 510 | Strahlentherapie und Onkologie 6 · 2013
In der Arbeit bleiben jedoch die Patien- Die Ergebnisse einer derartigen Auswer- 4. Dörr W, Durante M, Van den Heuvel F et al (2010) The ALLEGRO project: what is the relevance of se- tenzahlen in den einzelnen Gruppen, wie tung würden eine präzisere Festlegung cond tumours, and which information is required? auch die Zeiträume der jeweiligen Rekru- von Expositionsgrenzen für die Bestrah- Radiother Oncol 96(Suppl 1):183 tierung unklar. lungsplanung unterstützen. 5. Meacham IR, Sklar CA, Li S et al (2009) Diabetes mellitus in long-term survivors of childhood can- Schwächen der Untersuchung, die Zusammenfassend ist festzustellen, cer. Increased risk associated with radiation thera- auch in einem begleitenden Kommentar dass die Autoren eine detaillierte Auswer- py: a report for the childhood cancer survivor stu- betont werden [6], sind das Fehlen pros- tung des umfangreichen Datenmaterials dy. Arch Intern Med 169:1381–1388 6. Oeffinger KC, Sklar CA (2012) Abdominal radiation pektiv durchgeführter Laboruntersuchun- durchgeführt haben. Die Ergebnisse zei- and diabetes: one more piece in the puzzle. Lancet gen zur Charakterisierung und Quanti- gen eindeutig, dass die Bauchspeicheldrü- Oncol 13:961–962 fizierung der Funktion der β-Zellen im se – hier besonders der Pankreasschwanz Pankreas und der Insulinresistenz, wie – als Risikoorgan für die Induktion eines auch ein Mangel an Information bezüg- Diabetes mellitus bei der Bestrahlungs- lich der viszeralen oder subkutanen Fett- planung berücksichtigt werden muss. einlagerung. Diese Mängel ergeben sich Die oben dargestellten Mängel in der Be- zwangsläufig aus dem retrospektiven De- schreibung der Methodik lassen jedoch sign der Analyse. weitergehende, quantitative Schlussfol- Von 1538 der bestrahlten Patienten la- gerungen bezüglich der Strahlentoleranz gen ausreichende Angaben zur Bestrah- dieses Risikoorgans nicht zu, obwohl da- lung für eine individuelle Dosisrekons- von auszugehen ist, dass die Daten der- truktion vor; bei den restlichen 94 Patien- artige weitergehende Abschätzungen er- ten (6%) erfolgte diese für eine „typische lauben würden. Behandlung“, ohne dass das Verfahren näher erläutert wird. Verwendet wurde das für derartige Fragen entwickelte Pro- Fazit gramm „Dos_EG“, welches entsprechend den Angaben der Autoren eine Genauig- Entsprechend der Schlussfolgerung der keit der Dosisabschätzung von 2% inner- Autoren sollte nach einer Abdominalbe- halb und von 10% außerhalb des Nutz- strahlung von Kindern und Jugendlichen strahls erlaubt. Dies erscheint auf der Ba- die Nachbeobachtung über sehr lange sis der zugehörigen Veröffentlichung [3] Zeiträume, bevorzugt sogar lebenslang, und intensiver persönlicher Diskussionen erfolgen und eine Diabetesdiagnostik mit den Entwicklern, u. a. im Rahmen des einschließen. EU-geförderten Projekts ALLEGRO [4], valide. Wolfgang Dörr, Wien Es wird nicht erläutert, wie unter- schiedliche lokale Dosen pro Fraktion am betrachteten Organ bzw. Organanteil in Korrespondenzadresse der Analyse berücksichtigt wurden bzw. welchen Wert die pauschale Angabe der Prof. Dr. W. Dörr „radiation dose“ in der Veröffentlichung Medizinische Universität/AKH Wien beschreibt. Hier wäre die Angabe equief- Währinger Gürtel 18–20, A-1090 Wien Österreich fektiver Dosen, wie etwa der EQD2, wün- Wolfgang.Doerr@meduniwien.ac.at schenswert [1]. Unklar bleibt ebenso, ob und in welcher Form der Gesamtzeitraum der Strahlenexposition im Falle mehrerer Literatur Bestrahlungsserien (>1 bei 26% der Pa- tienten, Spanne 2–7 Serien) bei der Do- 1. Bentzen SM, Dörr W, Gahbauer R et al (2012) Bio- effect modeling and equieffective dose concepts sisabschätzung bzw. der Analyse berück- in radiation oncology–terminology, quantities and sichtigt wurde. units. Radiother Oncol 105:266–268 Die Ergebnisse beschreiben das Relati- 2. De Vathaire F, El-Fayech C, Ben Ayed FF et al (2012) Radiation dose to the pancreas and risk of diabe- ve Risiko für die Manifestation eines Dia- tes mellitus in childhood cancer survivors: a retro- betes nach Exposition mit unterschiedli- spective cohort study. Lancet Oncol 13:1002–1010 chen Dosisgruppen. Eine zumindest zu- 3. Diallo I, Haddy N, Adjadj E et al (2009) Frequen- cy distribution of second solid cancer locations sätzliche konventionelle Dosis-Effekt- in relation to the irradiated volume among 115 Analyse (Probit-/Mixture-Modelle) der patients treated for childhood cancer. Int J Radiat vorliegenden Daten wäre wünschenswert. Oncol Biol Phys 74:876–883 Strahlentherapie und Onkologie 6 · 2013 | 511
Literatur kommentiert Strahlenther Onkol 2013 · 189:512–513 C. Nieder DOI 10.1007/s00066-013-0335-0 Department of Oncology and Palliative Medicine, Nordland Hospital, Bodø Online publiziert: 24. April 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Simultane Radiochemotherapie mit 5-FU/Mitomycin bleibt bei Behandlung von Analkanalkarzinomen der bevorzugte Standard Langzeitergebnisse der Phase-III-Studie RTOG 98-11 sertes krankheitsfreies Überleben, wobei war im 5-FU/Mitomycin-Arm nominal Originalbeitrag 63% nach 5 Jahren mit 5-FU/Mitomycin gering erhöht (13% vs. 11%; p=0,35). Mul- Gunderson LL, Winter KA, Ajani JA et al versus 73% mit 5-FU/Cisplatin erwartet tivariat war das krankheitsfreie Überle- (2012) Long-term update of US GI intergroup worden waren. Eine intensitätsmodulierte ben außer von der Art der Chemotherapie RTOG 98-11 phase III trial for anal carcinoma: Strahlentherapie war nicht erlaubt. Initial auch vom Nodalstatus und dem Primär- survival, relapse, and colostomy failure with wurden die befallenen Areale mit 25 Frak- tumordurchmesser (>/
auch noch eine Induktionstherapie ein- gesetzt worden; das macht die Interpreta- Korrespondenzadresse tion der Daten sehr schwierig. Im Extrem- Prof. Dr. C. Nieder fall könnte die Verlängerung der Gesamt- Department of Oncology and behandlungszeit durch eine Induktions- Palliative Medicine, Nordland Hospital chemotherapie so nachteilig sein, dass ein 8092 Bodø Norwegen vielleicht vorhandener Vorteil des zu prü- carsten.nieder@nlsh.no fenden Medikaments nicht erkannt wird. In einer aktuellen französischen Publika- tion war übrigens auch kein Vorteil durch Literatur Induktionschemotherapie zu erkennen gewesen [5]. 1. Brooks CJ, Lee YK, Aitken K et al (2012) Organ-spa- ring intensity-modulated radiotherapy for anal In den meisten onkologischen Situatio- cancer using the ACTII schedule: a comparison of nen lässt der gegenwärtige Behandlungs- conventional and intensity-modulated radiothera- standard mit seinen Ergebnissen noch py plans. Clin Oncol (R Coll Radiol) 5:155–161 2. Fakhrian K, Sauer T, Klemm S et al (2013) Radio Luft nach oben. Das Analkanalkarzinom therapy with or without chemotherapy in the ist hier keine Ausnahme. Zum einen be- treatment of anal cancer: 20-year experience from trug das krankheitsfreie 5-Jahres-Überle- a single institute. Strahlenther Onkol 189:18–25 3. Gunderson LL, Winter KA, Ajani JA et al (2012) ben im überlegenen Arm mit 5-FU und Long-term update of US GI intergroup RTOG 98- Mitomycin nur 68% und nicht 100%, ein 11 phase III trial for anal carcinoma: survival, relap- zugegeben unrealistisches Ziel, zum ande- se, and colostomy failure with concurrent chemo- radiation involving fluorouracil/mitomycin versus ren war zumindest die akute Toxizität er- fluorouracil/cisplatin. J Clin Oncol 30:4344–4351 heblich. Gerade Letztere könnte durch in- 4. Kachnic LA, Winter K, Myerson RJ et al (2012) RTOG tensitätsmodulierte Strahlentherapie ge- 0529: a phase 2 evaluation of dose-painted inten- sity modulated radiation therapy in combination senkt werden [1, 4]. Konsekutiv mag das with 5-fluorouracil and mitomycin-C for the reduc- dann auch durch Vermeidung von Be- tion of acute morbidity in carcinoma of the anal handlungsunterbrechungen die Gesamt- canal. Int J Radiat Oncol Biol Phys (Epub ahead of print) doi:10.1016/j.ijrobp.2012.09.023 behandlungszeit verkürzen. Ob Analka- 5. Peiffert D, Tournier-Rangeard L, Gérard JP et al nalkarzinome, die nur partiell anspre- (2012) Induction chemotherapy and dose intensi- chen oder im Verlauf rezidivieren, intrin- fication of the radiation boost in locally advanced anal canal carcinoma: final analysis of the rando- sisch so resistent sind, dass selbst eine in- mized UNICANCER ACCORD 03 trial. J Clin Oncol tensivere Radiochemotherapie bei ihnen 30:1941–1948 letztlich erfolglos bleibt, muss in Studien untersucht werden. Dasselbe gilt für die frühzeitige Erkennung von Therapiever- sagern: Hier muss die Rolle von PET und anderen prädiktiven Faktoren noch be- stätigt werden. Immerhin kann die früh- zeitige chirurgische Salvagetherapie noch einen Teil der Therapieversager retten. Fazit Die simultane Radiochemotherapie mit 5-FU/Mitomycin bleibt bei der organ- und funktionserhaltenden Therapie des Analkanalkarzinoms der bevorzugte Standard. Bezüglich des krankheitsfreien Überlebens, des Gesamtüberlebens und bei der Verminderung der Behandlungs- toxizität gibt es allerdings noch „reichlich Luft“ nach oben. Carsten Nieder, Bodø Strahlentherapie und Onkologie 6 · 2013 | 513
Literatur kommentiert Strahlenther Onkol 2013 · 189:514–515 S. Heller · M. Krause DOI 10.1007/s00066-013-0352-z Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum Online publiziert: 24. April 2013 „Carl Gustav Carus“ an der Technischen Universität Dresden © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Niedermolekulares Heparin senkt Thromboserisiko bei chemotherapeutisch behandelten Tumorpatienten Ergebnisse. Die mediane Behandlungs- rapie zunehmend als ein Risikofaktor er- Originalbeitrag dauer betrug 3,5 Monate. Venöse Throm- kannt. Dabei spielen verschiedene Ein- Agnelli G, George DJ, Kakkar AK et al (2012) boembolien traten bei 20 von 1608 Patien- flüsse eine Rolle: Tumorlokalisation, Tu- Semuloparin for thromboprophylaxis in ten (1,2%) auf, welche Semuloparin erhiel- morstatus, Alter, Chemotherapieregime, patients receiving chemotherapy for cancer. ten, im Vergleich zu 55 von 1608 (3,4%), bereits vorhandene Kofaktoren und der N Engl J Med 366:601–609 welche nur ein Placebo bekamen (Ha- körperliche Performance-Status. Die Evi- zard-Ratio [HR] 0,36; 95%-Konfidenz- denz randomisierter kontrollierter Stu- Hintergrund. Patienten mit einer chemo- intervall [CI] 0,21–0,60; p
Thromboembolische Ereignisse tra- Anhaltspunkte für ein langfristig bes- Korrespondenzadresse ten weniger unter Semuloparin auf (1,2 seres Überleben mit Heparintherapie. vs. 3,4%). Weiterhin wurden die Inzidenz Ob dies durch Effekte auf das Tumor- S. Heller von tiefen Venenthrombosen (Odds Ra- wachstum bedingt ist, ist unklar. In Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und tio 0,32) und tödlichen wie nichttödli- der vorliegenden Studie konnte eine Radioonkologie, Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ an der chen Lungenembolien (Odds Ratio 0,41) Auswirkung auf das Überleben der Technischen Universität Dresden verringert. Ein Unterschied des Behand- Patienten nach einem Jahr nicht be- Fetscherstr. 74, 01307 Dresden lungseffekts wurde für die verschiedenen stätigt werden. Steven.Heller@uniklinikum-dresden.de Subgruppen nicht gefunden, welche nach F Es ist davon auszugehen, dass das all- Tumorstadium, Tumorlokalisation und gemeine Thromboserisiko bei ver- PD Dr. M. Krause geographischer Region stratifiziert wur- schiedenen Tumorarten und -stadien Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und den. Der Behandlungseffekt zeigte sich unterschiedlich ist. In der vorliegen- Radioonkologie, Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ an der auch gleichbleibend über die Anzahl von den Studie wurden nur fortgeschrit- Technischen Universität Dresden bestehenden Risikofaktoren für die Ent- tene bzw. metastasierte Tumoren o. g. Fetscherstr. 74, 01307 Dresden stehung venöser Thromboembolien. Entitäten eingeschlossen. Eine weite- Mechthild.Krause@uniklinikum-dresden.de Die Arbeit schloss insgesamt 3212 ran- re Risikostratifizierung erfolgte nicht. domisierte Patienten mit einem Mindest- Solch eine Klassifizierung könnte je- Interessenkonflikte. Es bestehen für beide Autoren alter von 18 Jahren aus 47 Ländern ein. doch bei unterschiedlicher Wirksam- keine Interessenkonflikte mit dem Studiensponsor Dies sind deutlich mehr Patienten als in keit sicher zu einer Verbesserung der Sanofi. einer aus der Cochrane-Datenbank zu- Effektivität des prophylaktischen Ein- sammengefassten Analyse von 9 Studien satzes niedermolekularer Heparine in Literatur (insgesamt 2857 Patienten; [3]), bei denen der Onkologie führen. 1. Borsig LL (2009) Heparin as an inhibitor of cancer neben dem antithrombotischen Effekt F Bei den insgesamt sehr niedrigen Ra- progression. Prog Mol Biol Transl Sci 93:335–349 auch eine antitumoröse Wirkung unter- ten thrombotischer und thrombo- 2. Agnelli G, George DJ, Kakkar AK et al (2012) Se- sucht wurde. In beiden Arbeiten fand sich embolischer Komplikationen ist auch muloparin for thromboprophylaxis in patients re- ceiving chemotherapy for cancer. N Engl J Med kein statistisch signifikanter Unterschied eine Kosten-Nutzen-Analyse zu for- 366:601–609 im Gesamtüberleben (OS) nach 12 Mo- dern. 3. Akl EA, Gunukula S, Barba M et al (2011) Parent- naten. Jedoch ergab die Cochrane-Daten- eral anticoagulation in patients with cancer who have no therapeutic or prophylactic indication bank-Analyse nach 24 Monaten ein signi- Eine genauere Abklärung dieser Fragen for anticoagulation. Cochrane Database Syst Rev fikant besseres OS. kann natürlich nur durch weitere Studien CD006652 Trotz der signifikanten Verringerung erfolgen. Derzeit laufen mehrere solcher 4. Akl EA, Schünemann HJ (2012) Routine heparin for patients with cancer? One answer, more questions. des Risikos thrombotischer und throm- Studien zu ähnlichen Fragestellungen, so N Engl J Med 366:661–662 boembolischer Komplikationen bleiben dass innerhalb der nächsten Jahre evtl. ei- mehrere offene Fragen, die zum Teil auch nige der genannten Fragen beantwortet im zugehörigen Editorial gestellt werden werden können. [4]: F Bisher liegen keine verlässlichen Daten zur Lebensqualität von mit He- Fazit parin behandelten Patienten im Ver- gleich zu Kontrollkollektiven vor. Der Einsatz von NMH (niedermoleku- Dies ist jedoch ein sehr wichtiger As- larem Heparin) senkt thromboemboli- pekt der Therapie, insbesondere an- sche Ereignisse signifikant. Dies wird mit gesichts der Tatsache, dass viele der einer allerdings nicht statistisch signi- behandelten Patienten eine deutlich fikanten Vermehrung schwerer Blutun- eingeschränkte Lebenserwartung ha- gen erkauft. Eine Verbesserung des OS ben und bei den behandelten Patien- nach 12 Monaten konnte nicht nachge- ten immerhin 0,8% mehr Blutungen wiesen werden. Vor einer routinemäßi- (2 vs. 2,8%) auftraten, während das gen Anwendung von NMH bei ambulan- Thrombose- und Embolierisiko um ten Patienten während einer Chemothe- nur 2,2% (3,4 vs. 1,2%) gesenkt wur- rapie muss zunächst noch geklärt wer- de. den, welche Patienten am ehesten einen F Auswirkungen der prophylaktischen Vorteil von einer solchen Therapie haben Heparintherapie auf tumorbiologi- könnten. sche Effekte wie Wachstum und Me- tastasierung wurden nicht untersucht. Steven Heller und Mechthild Krause, Dresden Aus der Cochrane-Analyse bestehen Strahlentherapie und Onkologie 6 · 2013 | 515
Literatur kommentiert Strahlenther Onkol 2013 · 189:516–518 E. Wenkel DOI 10.1007/s00066-013-0337-y Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen Online publiziert: 2. Mai 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Bessere Mamma-MRT-Spezifität bei nichtmalignen Brustläsionen durch zusätzliche diffusionsgewichtete Sequenz bei kaum verlängerter Untersuchungsdauer Orginalbeitrag den an der University of Washington Ergebnisse. Die häufigsten histologi- School of Medicine in Seattle 417 abklä- schen Befunde entsprachen Fibroade- Parsian S et al (2012) Nonmalignant breast rungsbedürftige Läsionen von 341 Frauen nomen (n=30), Adenosen (n=21), foka- lesions: ADCs of benign and high-risk sub in der Mamma-MRT detektiert. Eine ma- len Fibrosen (n=19) und 28 Hochrisiko- types assessed as false-positive at dynamic enhanced MR imaging. Radiology 265: ligne Histologie hatten 164 Läsionen, bei läsionen (atypische duktale Hyperplasie 696–706 78 benignen Läsionen lag aus diversen [ADH] n=23, lobuläre Neoplasie n=5). Gründen keine DW-Sequenz vor. In die- Die Größe der Läsionen lag zwischen 2 se retrospektive Studie wurden somit 175 und 91 mm (Median 11 mm). Der mittle- Hintergrund. Die kontrastmittelunter- nichtmaligne Läsionen von 162 Frauen re Diffusionskoeffizient (ADC-Wert) al- stützte MRT gilt derzeit als das sensitivs- eingeschlossen, die in der MRT nach dem ler nichtmalignen Läsionen ([1,77±0,45] te Verfahren in der Detektion von Mam- „Breast Imaging Reporting and Data Sys- ×10−3 mm2/s) war signifikant niedri- makarzinomen bei Frauen mit erhöhtem tem“ primär als suspekt oder hochsuspekt ger als der des normalen Drüsenge- Risiko und bezüglich der präoperativen beurteilt worden waren [2]. Die Indika- webes ([2,13±0,38] ×10−3 mm2/s). Die Ausdehnung von Mammakarzinomen. tion zur MRT war bei den meisten Frau- 28 Hochrisikoläsionen hatten einen si- Verschiedene Ursachen wie z. B. die man- en entweder eine präoperative Tumor- gnifikant niedrigeren mittleren ADC- gelnde Erfahrung der Befunder, ungenü- ausdehnung (n=83) oder die Früherken- Wert ([1,48±0,39] ×10−3 mm2/s) als die gende Untersuchungsprotokolle, KM-An- nung bei Hochrisikofrauen (n=64). Die 147 gutartigen Läsionen ([1,83±0,43] reicherungen durch hormonelle Einflüs- Histologie wurde nach der MRT mittels ×10−3 mm2/s). Im Vergleich zu einer frü- se oder Bewegungsartefakte können zu Stanzbiopsie (n=129 im MRT, n=43 so- heren Studie der Autoren ergab sich ein falsch-positiven Ergebnissen führen. Die nographisch) oder durch Exzisionsbiop- abnehmender Trend der ADC-Werte von Spezifität war und ist daher immer noch sie (n=3) gewonnen. Das Alter der Frau- den benignen, zu den Hochrisiko- und ein wesentlicher Kritikpunkt der Mam- en lag zwischen 27–77 Jahren (Median malignen Läsionen (mittlerer ADC-Wert ma-MRT. Neuere Studien bei Frauen mit 48 Jahre). Die MRTs wurden an einem [1,3±0,27] ×10−3 mm2/s; [3]). In der Vor- erhöhtem Mammakarzinomrisiko erga- 1,5-T-Scanner (LX, GE Healthcare, Wau- läuferstudie war ein ADC-Schwellenwert ben Sensitivitäten von 77–100% im Ver- kesha, USA) mit einer dedizierten 8-Ka- für benigne und maligne Läsionen von gleich zur Mammographie mit 16–40% nal-Brustspule in axialer Schichtführung 1,81×10−3 mm2/s festgelegt worden, um und Spezifitäten von 81–99% im Vergleich durchgeführt. Die applizierten Sequenzen eine Sensitivität von 100% zu erreichen. zur Mammographie mit 93–99% [1]. Die umfassten eine T2-gewichtete, eine T1-ge- In der aktuellen Studie lagen 81 Läsio- Entwicklung neuer Sequenzen, wie der wichtete, nichtfettsupprimierte und eine nen (46%) über dem Schwellenwert (die diffusionsgewichteten (DW) Sequenzen, T1-gewichtete, fettsupprimierte dynami- häufigsten Histologien: 19 Fibroadenome, soll dazu beitragen, die Spezifität zu erhö- sche Sequenz sowie eine DW-Echo-Pla- 11 Adenosen, 10 fokale Fibrosen). Die häu- hen und somit unnötige Interventionen nar-Sequenz (Schichtdicke 5 mm, b-Wer- figsten Läsionen unterhalb des Schwel- zu vermeiden. te von 0 und 600 s/mm2, Sequenzdauer lenwerts waren ADH (n=18), Fibroade- 2 min und 40 s). nome (n=11) und Adenosen (n=10). Von Patientinnen und Methoden. Zwischen 28 Hochrisikoläsionen lagen 22 unterhalb Oktober 2005 und Dezember 2008 wur- des Schwellenwerts (p
Schlussfolgerung der Autoren. Es be- Literatur steht durchaus ein erheblicher Überlap- pungsbereich der ADC-Werte von beni- 1. Saslow D et al (2007) American Cancer Society guidelines for breast screening with MRI as an ad- gnen und malignen Läsionen. Jedoch la- junct to mammography. CA Cancer J Clin 57:75–89 gen die ADC-Werte bei 81/175 Läsionen 2. Parsian S et al (2012) Nonmalignant breast lesions: über dem als benigne definierten Schwel- ADCs of benign and high-risk subtypes assessed as false-positive at dynamic enhanced MR imaging. lenwert. Die histologische Abklärung die- Radiology 265:696–706 ser Läsionen hätte theoretisch vermie- 3. Partridge SC et al (2009) Quantitative diffusion- den werden können. Die Auswertung weighted imaging as an adjunct to conventional breast MRI for improved positive predictive value. der DW-Sequenzen zusammen mit den AJR Am J Roentgenol 19:1716–1722 Standardsequenzen hat das Potential, die 4. Wenkel E et al (2007) Diffussion weighted imaging falsch-positiven Befunde der Mamma- in breast MRI: comparison of two different pulse sequences. Acad Radiol 14:1077–1083 MRT zu senken, Biopsien zu vermeiden 5. Woodhams R et al (2011) Diffusion-weighted ima- und notwendige Biopsien dann geziel- ging of the breast: principles and clinical applica ter durchzuführen. Eventuell könnte so- tions. Radiographics 31:1059–1084 gar eine bessere Abgrenzung der Hochri- sikoläsionen zu den anderen nichtmalig- nen Läsionen möglich werden. Kommentar 1. In verschiedenen Studien wurde be- legt, dass mit DW-Sequenzen die Spe- zifität der Mamma-MRT erhöht wer- den kann [4, 5]. 2. Die DW-Sequenz sollte nie allein, sondern immer zusammen mit der KM-MRT ausgewertet werden. 3. Die DW-Sequenz ist zwar eine ein- fach anzuwendende Sequenz, doch sollte dem Untersucher bewusst sein, dass auch die Auswertung dieser Se- quenz eine Lernkurve erfordert. Fazit Der zusätzliche Einsatz einer DW-Se- quenz verlängert die Untersuchungs- dauer nur in geringem Maße, führt aber zu einer höheren Spezifität der Mam- ma-MRT. Evelyn Wenkel, Erlangen Korrespondenzadresse PD Dr. E. Wenkel Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen Maximiliansplatz 1, 91054 Erlangen evelyn.wenkel@uk-erlangen.de Strahlentherapie und Onkologie 6 · 2013 | 517
Sie können auch lesen