THE WHITE, THE GREEN, AND THE DARK-Contemporary Positions from Norway - Nordische Botschaften
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PRESSEMAPPE THE WHITE, THE GREEN, AND THE DARK – Contemporary Positions from Norway Laufzeit: 2. Juni—3. Oktober 2020 Ort: NORDISCHE BOTSCHAFTEN, FELLESHUS, RAUCHSTRASSE 1, 10787 BERLIN INHALT 1 PRESSEMITTEILUNG 2 PRESSEBILDER 3 KÜNSTLERBIOGRAPHIEN UND WERKE 4 KURATORENSTATEMENT 5 FACT SHEET FELLESHUS
1. PRESSEMITTEILUNG THE WHITE, THE GREEN, AND THE DARK – Contemporary Positions from Norway Frank Ekeberg | Inger Blix Kvammen | Torbjørn Kvasbø | Jonas K. Mailand | Britta Marakatt-Labba | Synnøve Persen | Máret Ánne Sara | Jan Eric Wold Skevik | Kari Steihaug | Ingrid Torvund Kuratorin: Sabine Schirdewahn Im Anschluss an die Ausstellung House of Norway (11.10.2019—26.01.2020), die im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main, anlässlich des Gastlandauftritts Norwegens auf der Frankfurter Buchmesse gezeigt wurde, sind ausgewählte Werke unter dem Titel The White, the Green, and the Dark nach Berlin gereist. 19 Arbeiten von insgesamt zehn KünstlerInnen werden hier im Felleshus der Nordischen Botschaften vom 2. Juni—3. Oktober 2020 präsentiert. Der Süden und Westen Norwegens unterscheidet sich mit seinen Küstengebieten, Seenlandschaften und Wäldern entschieden von der Schneetundra der Finnmark im Norden oder den arktischen Gefilden im Nordosten. Entsprechend unterschiedlich sind die Lebenswirklichkeiten der Menschen an den jeweiligen Orten. Das Leben in Oslo und anderen, wenigen Großstädten ist ein anderes, als das in den ländlichen Gebieten. Die Existenz einer indigenen Volksgruppe, deren Kulturraum, Sápmi, sich über Norwegen, Schweden, Finnland und Teile Russlands erstreckt, hält andere Themen für KünstlerInnen bereit, als die von tiefen Taleinschnitten und dunklen Wäldern bestimmten Landschaften in der Telemark. Die in The White, the Green, and the Dark gezeigten Film- und Soundinstallationen sowie Bildhauer-, Textil- und Objektarbeiten bieten den Besuchern Einblicke in die Reflexionen auf diese unterschiedlichen 2
Lebenswirklichkeiten. Häufig steht dabei der persönliche Bezug zu und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und Heimat, sowie klimatische und gesellschaftliche Veränderungen im Mittelpunkt. Einen weiteren Fokus der gezeigten zeitgenössischen Arbeiten bilden Werke von KünstlerInnen, die der indigenen Volksgruppe der Sámi angehören. Ihre Werke verweisen auf eine Auseinandersetzung mit individuellen und kollektiven Erfahrungen mit Traditionen, Glaubensvorstellungen, Diskriminierung sowie Fremd- und Selbstbestimmung. KONTAKT victoria.benecke@mfa.no | +49 (0) 170 7047 099 3
2. PRESSEBILDER THE WHITE, THE GREEN, AND THE DARK – Contemporary Positions from Norway Bitte beachten Sie die Bildrechte! Diese Bilder dürfen nur für Pressezwecke im Zusammenhang mit der Ausstellung The White, the Green, and the Dark – Contemporary Positions from Norway verwendet werden. Die Bilder dürfen nicht beschnitten werden. Bitte schicken Sie zwei Belegexemplare an: Kgl. Norwegische Botschaft | Rauchstraße 1 | 10787 Berlin | victoria.benecke@mfa.no Mit der Verwendung der folgenden Bilder erklärt sich der Empfänger mit den Nutzungsbedingungen einverstanden. Die Reproduktion der Bilder zu einem späteren Zeitpunkt ist nur in Absprache mit dem Veranstalter möglich, was schriftlich festgehalten werden muss. Mit der Vervielfältigung des Bildmaterials, willigen Sie automatisch der Eihaltung der Nutzungsbedingungen zu. 1. Kari Steihaug Rue de Fourly, 2018 Aus der Serie Does anyone know that you’re coming (Weiß jemand davon, dass du kommst) Textilbild Wolle , 200 × 290 cm © Courtesy Kari Steihaug / VG-Bildkunst, Bonn 2018 Foto: Thomas Tveter 2. Ingrid Torvund & Jonas K. Mailand Magic Blood Machine (Magische Blutmaschine), 2012 Filmstill Film, 21:56 min © Courtesy Ingrid Torvund, Jonas K. Mailand Foto: Jonas K. Mailand 4
3. Ingrid Torvund & Jonas K. Mailand When I go out I bleed magic (Wenn ich rausgehe, blute ich Magie aus), 2015 Filmstill Film, 20:12 min © Courtesy Ingrid Torvund, Jonas K. Mailand Foto: Jonas K. Mailand 4. Ingrid Torvund & Jonas K. Mailand I found you under earth, under blood (Ich fand dich unter Erde, unter Blut), 2019 Filmstill Film, 20:12 min © Courtesy Ingrid Torvund, Jonas K. Mailand Foto: Jonas K. Mailand 5. Britta Marakatt-Labba Historjá (Historie), 2017 Filmstill Videoinstallation, 4:36 min Kamera: Ola Røe © Courtesy Britta Marakatt-Labba / VG-Bildkunst, Bonn 2017 6. Britta Marakatt-Labba Movement (Bewegung), 2000 Stickerei auf Leinen 63 × 105 cm © Courtesy Britta Marakatt-Labba / VG-Bildkunst, Bonn 2000 Foto: Hans Olof Utsi 7. Máret Ánne Sara Gielastuvvon (Gefangen), 2018 Installation Lassos von Sámi-Rentierhirten Maße variabel © Courtesy Máret Ánne Sara Foto: Libor Galia 5
8. Máret Ánne Sara Spirals of the Pile (Spiralen aus dem Haufen), 2018 Skulptur Knochen von den verbliebenen Kiefern der Rentierschädel von Pile O‘ Sápmi 150 × 60 cm © Courtesy Máret Ánne Sara Foto: Øyvind Möller Bakken 9. Jan Eric Wold Skevik Salt Artefact N° 2 (Salzfund Nr. 2), 2015 Objekt Gegossenes Meersalz Höhe 8 cm, Ø 13 cm © Courtesy Jan Eric Wold Skevik Foto: Jan Eric Wold Skevik 10. Jan Eric Wold Skevik Salt Artefact N° 5 (Salzfund Nr. 5), 2015 Objekt Gegossenes Meersalz Höhe 8 cm, Ø 13 cm © Courtesy Jan Eric Wold Skevik Foto: Jan Eric Wold Skevik 11. Inger Blix Kvammen Rooted 3 (Verwurzelt 3), 2015 Objekt Metall, Teil eines Rentierzaumzeugs, Leder, Plastik, Eisenringe 15 × 20 cm, Ø 40 cm © Courtesy Inger Blix Kvammen Foto: SDG / Liv Engholm 6
12. Inger Blix Kvammen Tundra Girls (Tundramädchen), 2008 Objekt Oxidiertes Silber, Fotolaminat auf Plexi und Naturperlen Höhe 11 cm, Ø 30 cm © Courtesy Inger Blix Kvammen Foto: SDG / Liv Engholm 13. Torbjørn Kvasbø Stack, tube forms (Stapel, Röhrenformen), 2012 Skulptur Eisenreiche Tonerde, gebrannt und sandgestrahlt Höhe 70 cm, Ø 70 cm © Courtesy Torbjørn Kvasbø / VG-Bildkunst, Bonn 2012 Foto: Sabine Schirdewahn 14. Torbjørn Kvasbø Trough Form (Trogform), 1997 Skulptur Eisenreiche Tonerde, Plastikplatten, Aschenglasur, gebrannt und sandbestrahlt Länge 80 cm © Courtesy Torbjørn Kvasbø / VG-Bildkunst, Bonn 1997 Foto: Sabine Schirdewahn 15. Synnøve Persen Psithurism (Blätterrascheln), 2014 Filmstill Videoinstallation, 10:18 min © Courtesy Synnøve Persen / VG-Bildkunst, Bonn 2014 7
3. KÜNSTLERBIOGRAPHIEN UND WERKE FRANK EKEBERG (*1970) ist Künstler, Performer, Komponist und Forscher. Er studierte Musik an der Norwegian University of Science and Technology — NTNU in Trondheim sowie Elektronische Musik und Aufnahmemedien am Mills College in Oakland, Kalifornien. Im Anschluss erwarb er den Doktor in elektroakustischer Musikkomposition an der City, University of London. Seine Arbeit bewegt sich transdisziplinärer an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technologie. Dabei beschäftigen ihn Fragestellungen der Ökologie, Zeit und Raum sowie einschneidende Veränderungen mit besonderem Schwerpunkt auf Ökosystemen, Biodiversität und dem Aussterben von Arten. Mit seiner Soundinstallation Ingenmannsland (Niemandsland) hinterfragt Frank Ekeberg die enge Bindung der norwegischen Identität an die Natur, die als etwas Dauerhaftes und Unzerbrechliches wahrgenommen wird, aber gleichzeitig einer zeitgenössischen Realität der Fragmentierung, des schnellen Wandels und Auswirkungen des Klimas und der Ökonomie sowie dem Vergehen von Zeit und Raum unterworfen ist. Ingenmannsland (Niemandsland) bezieht sich konkret auf den norwegischen Regenwald, der über Jahrhunderte für Stabilität sorgte und einst einen Großteil der Westküste bedeckte. Heute gibt es nur noch verstreute Bruchstücke des Waldes, 80 % sind in den letzten 100 Jahren verloren gegangen und der Rest droht in den nächsten 50 Jahren zu verschwinden. ARBEIT IN DER AUSSTELLUNG: Ingenmannsland (Niemandsland), 2019 Multimediale Installation (Mehrkanaliges Audio, Feldaufnahmen, Echtzeit-Computerverarbeitung) Leihgabe des Künstlers Ausstellungen und Performances (Auswahl): - Unnatural Causes, Carroll Museum, Baltimore, Maryland, US, 2020 - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M., DE, 2019/ 2020 - Elektroakustisk Trondheim, Kulturnatt 2019. Planetarium, Science Centre, Trondheim, NO - RAY2018 EXTREME. ENVIRONMENTS, Fotografie Forum Frankfurt, Frankfurt a.M., DE, 2018 - VisArts, Rockville, Maryland, US, 2018 - The Immersed Listener, Rockheim, Trondheim, NO, 2017 - Birdland and the Anthropocene, Peale Museum, Baltimore, Maryland, US, 2017 - A New We, Kunsthall Trondheim, Norway, 2017 - Birding the Future Lab Series . Tracy Aviary, Salt Lake City, Utah, US, 2017 - GRM Multiphonies, Paris, FR, 2016 - The New Normal, Saville Gallery, Cumberland, Maryland, US, 2016 - Turf and Terrain: Arts in Foggy Bottom Sculpture Biennial. Washington DC, US, 2016 - Multi-media Art and Sculpture Exhibition, Watergate Gallery, Washington DC, US, 2016 - Futurescapes / Meta.Morf, Trondheim, NO, 2016 - King of the Forest: Adventures in Bioperversity, Arlington Arts Center, Arlington, Virgina, US, 2016 www.frankekeberg.no INGER BLIX KVAMMEN (*1954) ist Künstlerin und Kuratorin. Sie hat in Großbritannien und den Vereinigten Staaten studiert. In ihrer künstlerischen Arbeit beschäftigt sie sich mit den Erinnerungstraditionen indigener Kulturen und dem Thema Migration. Als Mitinitiatorin des jährlichen Kunstfestivals Barents Spektakel ist sie an einem internationalen Kulturaustausch interessiert, insbesondere im Kontext der Barentsregion, einem Grenzgebiet zwischen Russland und Finnland im Nordosten Norwegens, wo sie auch lebt und arbeitet. 8
Ihr Projekt Tundra Archives (Tundra-Archive), aus dem auch Objekte in der Ausstellung zu sehen sind, setzt sie sich mit den wenigen noch nomadisch lebenden Volksnationen in Nordwestrussland auseinander. Inger Blix Kvammen erschafft mit ihren Fotografie- und Objektarbeiten ein Erinnerungsarchiv, mit dem sie darauf verweist, dass diese einzigartigen Kulturen in naher Zukunft verschwinden werden. Dabei hat sie eine besondere Methode der Verarbeitung von Metall unter Verwendung traditioneller Textiltechniken, wie Häkeln, Weben und Sticken entwickelt, bei dem gebräuchliche Formen von Körperschmuck mit geschichtstragenden und symbolischen Elementen durchdrungen und verwebt werden. ARBEITEN IN DER AUSSTELLUNG: Captured (Gefangen), 2016 (Objekt. Gegossene Silberperlen, Lederflechtwerk, 925er Silber, Feinsilber, beschichtetes Kupfer, Rentierhaut), Leihgabe der Künstlerin Rooted 3 (Verwurzelt 3), 2015 (Objekt. Metall, Teil eines Rentierzaumzeugs, Leder, Plastik, Eisenringe) und Tundra Girls (Tundramädchen), 2008 (Objekt. Oxidiertes Silber, Fotolaminat auf Plexi und Naturperlen), Beide Objektarbeiten sind Leihgaben vom RiddoDuottarMuseet, Kárášjohka, Karasjok Ausstellungen (Auswahl) - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M., DE, 2019 / 2020 - THERE IS NO. Als Kuratorin, Nordnorsk Art Museum, Tromsø, NO, 2017 - TIDSREISER, Jurierte Wanderausstellung der SDS, Tråante, NO, 2017 - AIBBAS RABAS, Anniversary exhibition, Sami Center for Contemporary Art, 2016 - MEMORY ARCHIVES-3 PROJECTS, Gallery Nordnorge, Harstad, NO, 2016 (solo) - TUNDRA ARCHIVES, Narjan Mar, RU, 2016 (solo) - TUNDRA ARCHIVES, Norwegian Spring Festival, Arkangelsk, RU, 2016 (solo) - 3 MEMORY PROJECTS, Samisk Senter for Samtidskunst, Kárášjohka, Karasjok NO, 2015 (solo) - Sami Contemporary, Nordische Botschaften, Berlin, DE, 2015 www.ingerblixkvammen.net TORBJØRN KVASBØ (*1953) hat an der Bergen Academy of Art and Design studiert. Er war Professor an der HDK-Valand – Academy of Art and Design, University of Gothenburg und an der Konstfack, University of Arts, Crafts and Design. Torbjørn Kvasbø ist international bekannt für seine bildhauerischen Keramikarbeiten, bei denen er mit unterschiedlichsten Techniken die Grenzen der Möglichkeiten des für ihn elementaren Arbeitsmaterials Ton auslotet. Dabei verfolgt und erforscht er insbesondere das Überraschende und Unerwartete, welches dem Prozess des Brennens unterliegt. Für diesen Vorgang, der mehrere Tage dauert, verwendet er einen mit Holz befeuerten Ofen (Anagama), den er selbst gebaut hat. Das Vorbild dieses Tunnelofens, den Kvasbø in Japan kennengelernt hat, stammt aus dem Ostasiatischen Altertum und kann Temperaturen bis zu 1.400 °C erreichen. Seit 2009 entstehen Torbjørn Kvasbøs Stack-Serien, Skulpturen, die aus Ton geformten Rohren, Röhren oder Hohlwendeln bestehen und von denen zwei Arbeiten in der Ausstellung gezeigt werden. Befragt zu der Bedeutung des immer wiederkehrenden Formmotivs, antwortet Kvasbø in einem Interview mit einem Zitat von Karl Ove Knausgård aus Im Winter: „Alles Flüssige wird durch Rohre transportiert. Röhren gibt es in allen Größen, von riesigen Betonröhren, die Wasser aus Seen zu den Turbinen von Kraftwerken leiten, bis zu den kleinsten subtilen Kapillarröhren, die das Blut in den Körpern transportieren, — zur Nabelschnur, zum Hals und Darm und zur Harnröhre, — was das Röhrenprinzip vielleicht zur grundlegendsten Bedingung des Lebens macht.“ 9
ARBEITEN IN DER AUSSTELLUNG: Through form (Trogform) 1997 (Skulptur, Eisenreiche Tonerde, Plastikplatten, Aschenglasur, gebrannt und sandgestrahlt) Stack, tube forms (Stapel, Röhrenformen), 2012 (Skulptur, Eisenreiche Tonerde, gebrannt, sandgestrahlt) Leihgaben des Künstlers Ausstellungen (Auswahl) - Shanghai Museum of Modern Art, Shanghai, China, 2020 (solo) - Taoxichuan Museum, Jingdezhen, CN (solo) - Korean International Ceramic Biennale (GICB), KR, 2019—2020 (solo) - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M., DE, 2019—2020 - About Clay, Exhibition of European Ceramic Art in Fiskars, FI, 2018 - Sèvres National Ceramics Museum, Paris, FR, 2018 - Kunsthall Grenland, Porsgrunn, NO, 2017 - 4th Documentary Exhibition of Fine Arts/ Stress Field. Hubei Museum of Art, Hubei, CH, 2017 - Hangzhou Int. ContemporaryCeramic Art Biennale, CN, 2016 - SOFA, Chicago, US, 2014 - Beyond G(l)aze, Jinji Lake Art Museum, Suzhou, CN, 2014 - Lillehammer Art Museum, Lillehammer, NO, 2013 - Collect, Saatchi Gallery, London, GB, 2013 www.kvasbo.com BRITTA MARAKATT-LABBA (*1951) studierte Textilkunst an der Konstindustriskolan (heute HDK-Valand — Academy of Art and Design, University of Gothenburg, Schweden). Danach folgte ein Studium an der Sámi University of Applied Sciences in Kautokeino, Norwegen. 2014 erhielt sie eine Ehrendoktorwürde von der Umeå Academy of Fine Arts. Marakatt-Labba wuchs in einer Rentierherdenfamilie auf. Ihr Vater starb, als sie fünf Jahre alt war. Ihre Mutter musste daraufhin neun Kinder alleine großziehen. 1978 schloss sich Britta Marakatt- Labba der Sámi Artist Group an. Mit ihrem auf der documenta 14 ausgestellten epischen, Textilkunstwerk Historjá (Historie) (2003—2007), erzählt sie die Geschichte des samischen Volkes auf 24 Metern und wurde damit weltweit bekannt. Diese indigene Bevölkerungsgruppe lebt seit mehreren tausend Jahren in den arktischen Regionen Europas, verteilt auf Gebiete Schwedens, Finnlands, Norwegens und Russlands, von der Jagd und der Rentierzucht. Als Halbnomaden mit einer schamanistisch geprägten Kultur waren sie seit dem 14. Jahrhundert wiederkehrenden kolonialen Eroberungspolitiken und einer zwangsweisen Christianisierung ausgesetzt, die bis weit ins 20. Jahrhundert wirksam blieb. In der Ausstellung ist Historjá (Historie) als Videoinstallation zu sehen. Mit dieser in einen Film übersetzten Arbeit sowie ihrer Textilarbeit Movement (Bewegung) gewährt Britta Marakatt-Labba Einblicke in die Geschichte ihrer Vorfahren, deren Kultur und Mythologien und lässt diese lebendig werden. Gleichzeitig macht sie auf die historisch schwierige Vergangenheitsbewältigung und Identitätsrückbesinnung der Sami aufmerksam. ARBEITEN IN DER AUSSTELLUNG: Historjá (Historie), 2017 (Videoinstallation, 4:36 min., Kamera: Ola Røe) Der Film ist eine Leihgabe von Ola Røe Movement / Bewegung, 2000 (Stickerei auf Leinen) Leihgabe der Künstlerin 10
Ausstellungen und Performances (Auswahl): - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a. M., DE, 2019—2020 - Nordic Impressions Contemporary Art From Åland, Denmark, Finland, Greenland, Iceland, Norway, And Sweden, Scandinavia House, New York, US, 2019 - History in Stitches, Lunds konsthall, Lund, SE, 2018 (solo) - The Moderna Exhibition, Moderna Museet, Stockholm, SE, 2018 - Britta Marakatt-Labba, Nordnorsk Art Museum, Tromsø, NO, 2017 (solo) - documenta 14, Kassel, DE/ Athen, GR, 2017 www.brittaml.se SYNNØVE PERSEN (*1950) ist Künstlerin, Dichterin und Sámi-Aktivistin. Sie war Gründungsmitglied der Sámi Artist Group (1978). Studiert hat Synnøve Persen u.a. an der Oslo National Academy of the Arts. Als Malerin und Dichterin dient ihr die nördliche Landschaft als natürliche Inspirationsquelle, auch, weil sie dort aufgewachsen ist. Vor dem Hintergrund des Glaubens an eine Allbeseeltheit der Schöpfung, schafft sie in ihren poetischen Arbeiten eine Verbindung zwischen Kultur und Natur. Synnøve Persens in der Ausstellung zu sehende Videoarbeit Psithurism (Blätterrascheln) beschäftigt sich mit ursprünglichen Lebensräumen und deren Veränderung in Wahrnehmung und Beschaffenheit. Die Arbeit ist in der Finnmark entstanden und konzentriert sich in einem Ausschnitt ohne Boden und Himmel auf die Bewegung und die Geräusche des Windes und das Rascheln der Blätter in einem Espenwald. Sie bezieht sich dabei auf heilige Orte in der Natur, die insbesondere in vielen indigenen Kulturen eine spirituelle und sakrale Bedeutung haben und daher geschützt werden müssen. Dabei kann im Sinne des Animismus ein bestimmter Berg, ein Waldstück, ein See etc. als heilige Stätte definiert werden. ARBEIT IN DER AUSSTELLUNG: Psithurism (Blätterrascheln), 2014 (Videoinstallation, 10:18 min.) Leihgabe der Künstlerin Ausstellungen (Auswahl) - Sámi Dáiddaguovvdáš/ Samisk senter for samtidskunst, Kárášjohka, Karasjok, 2020 - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M., DE, 2019/2020 - Historier, Queen Sonjas Art Stable, Oslo, NO, 2019 - Čájet ivnni, Sámi Dáiddaguovddáš, Samisk senter for samtidskunst, Kárášjohka, Karasjok, NO, 2017–2018, - documenta 14, EMST-the National Museum of Contemporary Art, Athens, GR, 2017 - THERE IS NO, Nordnorsk Art Museum, Tromsø, NO, 2017 - Show me Colour, SDG arr. Tråante, NO, 2017 - Adde Zetterquist kunstgalleri, Storjord, NO, 2017 - Beauty and Truth, Tromsø Kunstforening, Tromsø, NO, 2014 - Kollektiv, Galleri Henrik Gerner, Moss, NO, 2012 - Synnøve Persen — Paintings, Text, Audio, Artist Book, Video, Sami Artist Center, Kárášjohka, Karasjok, NO, 2009 (solo) www.synnovepersen.no MÁRET ÁNNE SARA (*1983) lebt und arbeitet in Kautokeino (Finnmark) und hat Anglistik an der University of Tromsø und Indigenen Journalismus an der Sámi University College, Kautokeino studiert sowie Kunst und Illustration an der Arts University in Bournemouth, Großbritannien. In Kautokeino absolvierte sie zudem eine Ausbildung zur Produktdesignerin und war Redakteurin des samischen Jugendmagazins Š Nuoraidmagasiidna. Máret Ánne ist außerdem die Initiatorin des Künstlerkollektivs Dáiddadállu. Seit 2003 sind ihre künstlerischen 11
Arbeiten in Ausstellungen zu sehen. International bekannt wurde sie durch ihre Teilnahme an der documenta 14 mit ihrem Kunstprojekt Pile o'Sápmi. Als Künstlerin, Autorin und Journalistin setzt sich Máret Ánne Sara schwerpunktmäßig mit der Unterdrückung indigener Völker auseinander. Grundsätzlich geht es immer um die Rückbesinnung an und das Fortbestehen der indigenen Kulturen, insbesondere der sámischen. Ihre künstlerischen Arbeiten sind politisch motiviert. Sie hängen oft mit der unmittelbar empfundenen und existenziell bedrohlichen Lebensrealität dieser Kulturen sowie deren Lebensgrundlagen zusammen. Die Kunst ist für sie infolgedessen neben der journalistischen Tätigkeit eine weitere Form und Möglichkeit der gesellschaftlichen Kommunikation. Máret Ánne Sara, die selbst aus einer Rentierzüchterfamilie stammt, gibt zu ihrer in der Ausstellung gezeigten Installation Gielastuvvon (Gefangen) für die sie originale Lassos von Sámi- Rentierhirten gesammelt hat, folgendes Statement ab: „Dieses primitive Werkzeug ist für mich ein starkes Bild der Not der Menschen, die in und mit der Wildnis und der Natur leben, und es ist das Echo eines konstanten und sich beschleunigenden Kampfes gegen die wachsenden kapitalistischen Gesellschaften, die uns mit den Absichten einer nie endenden ‘Entwicklung’ und eines Wachstums umgeben, die weder mit nachhaltigem Denken noch mit traditionellen Lebensgrundlagen vereinbar sind.“ ARBEITEN IN DER AUSSTELLUNG: Gielastuvvon (Gefangen), 2018 (Installation, Lassos von Sámi-Rentierhirten) Spirals of the Pile (Spiralen aus dem Haufen), 2018 (Skulptur, Knochen von den verbliebenen Kiefern der Rentierschädel von Pile O‘ Sápmi Die Arbeiten sind Leihgaben der Künstlerin Ausstellungen (Auswahl) - 40 jagi – Ávvočájáhus, Anniversary exhibition, Art Association Alta, NO, 2019/2020 - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M., DE, 2019/2020 - PINNERSAAT, Nuuk Art Museum, Nuuk, GL, 2019 - Historier, Queen Sonjas Art Stable, Oslo, NO, 2019 - Everyone says Hallo, Kunstnerforbundet, Oslo, NO, 2018/2019 - True Stories, Meet Factory, Prag, CZ, 2018/2019 - Let the river flow, Tensta Konsthall, Sami Daiddaguovddas, SE, 2018–2019 - Sami Identity - A Summer Exhibition, Nordkapp Museum, NO, 2018 - Pile o´Sápmi Supreme in Context, Tenthaus Oslo, NO, 2017 - Madness, Southbank Centre, London, GB, 2017 - documenta 14, Kassel Germany, DE, 2017 - Expanded Madness”, The Art Gallery, Luleå, SE, 2015 (solo) - Winterfestival, Museum Nord, Narvik, GL, 2015 (solo) www.maretannesara.com JAN-ERIC WOLD SKEVIK (*1979) hat Grafikdesign, Kommunikation bei dem Chelsea College of Art and Design sowie Medium und Materialkunst an der Oslo National Academy of the Arts studiert. 2017 erhielt er den Preis der Foundation for Art and Design Students der National Academy of the Arts für die beste Abschlussarbeit. In seinen Arbeiten experimentiert Jan-Eric Wold Skevik mit chemisch-physikalischen Technologien und Prozessen. Mit den in der Ausstellung gezeigten Salt Artefacts (Salzfunde) hat Jan-Eric Wold Skevik Objekte erschaffen, die aussehen, wie gefundene Schmuckstücke aus einer Vergangenheit, die Jahrtausende zurückliegt. Es ist kein Geheimnis, das diese Artefakte aus reinem Salz bestehen und somit einer Funktion, der sie zu dienen scheinen, enthoben sind, weil sie schlichtweg bei einer Nutzung, insbesondere bei der Berührung mit Feuchtigkeit, Schaden nehmen würden. In dieser Vorstellung liegt eine gewisse Magie. Mit 12
dieser sensiblen Fragilität des Materials im Zusammenhang mit der archaischen Form evoziert Jan Eric Wold Skeviks Imaginationen von dimensionierter Zeit, gleichzeitig ihrer Vergänglichkeit, ihren Verfall sowie dem Vergessen und damit auch der schwindenden Möglichkeit sich zu erinnern. Denn die Verknüpfung von Dingen und ihren Geschichten sind grundlegend, um zurückblicken zu können. ARBEITEN IN DER AUSSTELLUNG: Salt Artefact / Salzfund N° 2, 2015 (Objekt, gegossenes Meersalz) Salt Artefact / Salzfund N° 5, 2015 (Objekt, gegossenes Meersalz) Salt Artefact / Salzfund N° 6, 2015 (Objekt, gegossenes Meersalz) Salt Artefact / Salzfund N° 8, 2015 (Objekt, gegossenes Meersalz) Die Objektarbeiten sind Leihgaben des Künstlers Ausstellungen (Auswahl) - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, DE, 2019/2020 - Group exhibition, Kunstnerforbundet, Oslo, NO, 2019 - Transit, Gallery Seilduken, Oslo, NO, 2016 - Open Call, Gallery Seilduken, Oslo, NO, 2016 - Under the Stairs, Pinakothek der Moderne, München, DE, 2016 - Opaco/Translúcido, Gallery Seilduken, Oslo, NO, 2016 - Open Call, Gallery Seilduken, Oslo, NO, 2015 - Fragmented, Podium, Oslo, NO, 2014 - Kropp og Kjønn /Body and Sex, Saltarelli Lounge, Oslo, NO, 2013 www.cargocollective.com/janericskevik KARI STEIHAUG (*1962) lebt und arbeitet in Oslo. Sie erhielt ihre Ausbildung an der Oslo National Academy of the Arts, an der Bergen Academy of Art and Design sowie an der Manchester Metropolitan University. Kari Steihaug arbeitet mit traditionellen Handwerkstechniken. Ihre Installationen und Textilbilder sind aber nicht auf Vollendung angelegt. Das Prozesshafte, Fragmentarische, Dekonstruktive und Fragile sind Ausdrucksformen ihrer künstlerischen Sprache. In der Unvollkommenheit liegt ihre Poesie. Dabei spielen Bezüge zur Kunstgeschichte, Bilder des Herkömmlichen und Symbole des Vergänglichen in Kari Steihaugs Arbeiten eine elementare Rolle. Ihre Serie Does anyone know that you´re coming (Weiß jemand davon, dass du kommst), aus der die Arbeit Rue de Fourly zu sehen ist, erzählt in Stick- und Webtechnik vom Alltäglichen, von Häusereingängen auf den Straßen und von Menschen, vielleicht auch Schicksalen, ohne dass diese anwesend sind. Das Fragmentarische wird in ihren sich an Malerei orientierenden Arbeiten schlicht zu Sinnbildern von Gesellschaftssituationen. ARBEIT IN DER AUSSTELLUNG: Rue de Fourly, aus der Serie Does anyone know that you're coming (Weiß jemand davon, dass du kommst), 2018 (Textilbild, Wolle, 290 × 200 cm) Leihgabe der Künstlerin Ausstellungen (Auswahl) - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M., DE, 2019/2020 - Does anyone know that you´re coming Kunstnerforbundet, Oslo, NO, 2018 (solo) - Seamstress in Trastevere, Fiberspace Gallery, Stockholm, SE, 2018 (solo) - Munchs Hus, Haugar Art Museum, Tønsberg, NO, 2018 13
- Healing, Design Museum Helsinki, FI, 2018 - VII Biennial of Contemporary Textile Art, Montevideo, UY, 2017 - Tomorrow will be a nice day, Art Association Kongsberg, NO, 2017 (solo) - Seamstress in Trastevere, Soft Gallery, Oslo, NO, 2017 (solo) - REPAIR; Potensial, Biennial of drawing; SKETCH, Galleri Rom, Oslo, NO, 2016 - Unraveled, Contemporary Arts Center, Cincinnati, Ohio, US, 2016 - The room you say we do not have, Luleå Art Hall, SE, 2014 (solo) - Bloom, International Fashion Art Exhibition, Changsha, CN, 2015 - Textil Biennale, Rijswijk Museum, NL, 2015 - Soft Monuments, Kode, Art Museums of Bergen, NO, 2015 - Ruudukko, Marmara University Art Hall, Istanbul, TR, 2014 www.karisteihaug.no INGRID TORVUND (*1985) lebt und arbeitet in Oslo und in der Telemark. Sie machte ihren Bachelor of Fine Arts an der Oslo National Academy of the Arts. Ingrid Torvund, die sich hauptsächlich mit Kunstfilmen beschäftigt hat, arbeitet mit den Medien Film, Installation, Objekt, Skulptur und Zeichnung. Die Filmtrilogie Under Earth (Unter Erde), die in der Ausstellung zu sehen ist, ist zwischen 2009 und 2019 in Zusammenarbeit mit Jonas K. Mailand entstanden. Die meisten Dreharbeiten fanden in Kviteseid in der Provinz Telemark statt, wo die Künstlerin aufgewachsen ist. In Magic blood maschine (Magische Blutmaschine), When I go out I bleed magic (Wenn ich rausgehe, blute ich Magie aus) und I found you under earth, under blood (Ich fand dich unter Erde, unter Blut) verkleidet sich Ingrid Torvund mit eigens dafür hergestellten Kostümen und Requisiten und performt jene fiktiven Wesen selbst, die in den Filmen auftauchen. Mit der Verkörperung nichtmenschlicher Wesen knüpft sie spielerisch an ur-innere Bilder an, die mit dem Aberglauben, der Mystik und dem Wald in Verbindung stehen. Die Filme versinnbildlichen Urängste sowie die darauf antwortenden Bedürfnisse, sich durch magische, religiöse oder andere geheimnisvolle Rituale besänftigen zu lassen. Die dunklen Waldlandschaften der Telemark sind bekannt für ihre folkloristischen Erzählungen, bei denen heidnische und christliche Symbole Seite an Seite existieren: Drachen, Engel, Kreuze, Dämonen, Trolle und sprechende Tiere. Ihre Filme, Bilder und Skulpturen entführen den Betrachter so in den Kosmos eines mystischen und äußerst rätselhaften Universums. JONAS K. MAILAND (*1985) lebt als Künstler und Fotograf in Oslo. Er arbeitet an unterschiedlichen Projekten im Bereich Fotografie, Film und Theater. Zusammen mit Ingrid Torvund hat er die Filmtrilogie Under Earth (Unter Erde) realisiert. ARBEITEN IN DER AUSSTELLUNG: Magic blood maschine (Magische Blutmaschine), 2012 (Film, 21:56 min) When I go out I bleed magic (Wenn ich rausgehe, blute ich Magie aus), 2015 (Film, 20:12 min) I found you under earth, under blood (Ich fand dich unter Erde, unter Blut), 2019 (Film, 27:31 min) Die Filme sind Leihgaben der Künstlerin Ausstellungen (Auswahl) - House of Norway, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt a.M., DE, 2019/2020 - Under earth, Kunsthall Oslo, NO, 2019 (solo) - Coexistence, Museum of Contemporary Art Kiasma, Helsinki, FI, 2019 - Karnevalet , Intercultural Museum, Oslo, NO, 2019 - I found you under earth, under blood, Hå gamle Prestegård, NO, 2019 (solo) - I found you under earth, under blood , Blokk, Oslo, NO, 2018 (solo) 14
- Protection against an evil friend, Soft Gallery, Oslo, NO, 2018 (solo) - The Oslo Museum of Contemporary Art , Kunsthall Oslo, NO, 2017 - Nordic Matters , Southbank Centre in London, GB, 2017 - I found you under earth, under blood, Kurant, NO, 2016 (solo) - When I go out I bleed magic, Italian Palace, SE, 2016 (solo) www.ingridtorvund.com // https://www.jonasmailand.com 15
4. KURATORENSTATEMENT Im Anschluss an die Ausstellung House of Norway, die im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main, anlässlich des Gastlandauftritts Norwegens auf der Frankfurt Buchmesse vom 11. Oktober 2019 bis 26. Januar 2020 stattgefunden hat, sind ausgewählte zeitgenössische Positionen aus Norwegen unter dem Titel The White, the Green, and the Dark nach Berlin weitergereist und werden im Felleshus der Nordischen Botschaften Berlin vom 2. Juni—3. Oktober 2020 (Ausstellungseröffnung bis auf Weiteres verlegt) präsentiert. Auch diese Ausstellung kann man wie House of Norway zuvor, als eine Reise der besonderen Art lesen, bei der sich die Werke in einem anderen architektonischen Umraum neu konstituieren. Über Phänomene nachzudenken, die uns als Reisende vertraut sind, war Teil der Konzeption über die Matthias Wagner K und ich die Ausstellung House of Norway entwickelt haben. Gemeint sind erstmalige und wiederkehrende Begegnungen, Momente des Erstaunens und Innehaltens, mit Neuentdeckungen dort, wo einem bereits etwas bekannt und vertraut erschien. Wir begegneten einem Land, das von unterschiedlichen Landschaften, Klimazonen und Bevölkerungsdichten geprägt ist: Der Süden und Westen unterscheidet sich mit seinen Küstengebieten, Seenlandschaften und Wäldern entschieden von der Schneetundra der Finnmark im Norden oder den arktischen Gefilden im Nordosten; das Leben in Oslo und den anderen wenigen Großstädten ist ein anderes als das in den ländlichen Gebieten. Entsprechend unterschiedlich nahmen wir nicht nur die Lebenswirklichkeiten der Menschen an den jeweiligen Orten wahr, sondern auch die Anregungen für ihr künstlerisches und gestalterisches Schaffen. So behält die Existenz einer indigenen Volksgruppe, deren Kulturraum, Sápmi, sich über Norwegen, Schweden, Finnland und Teile Russlands erstreckt, andere Themen für Künstler*innen und Gestalter*innen bereit, als die von tiefen Taleinschnitten und dunklen Wäldern bestimmten Landschaften der Telemark – was wiederum zu anderen Ausdrucksformen und den Werken zugeschriebenen Bedeutungen führt. Häufig steht bei den Künstler*innen und Gestalter*innen der persönliche Bezug zu und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und Heimat im Mittelpunkt. Hierzu zählt z.B. die Filmtrilogie Under Earth (Unter Erde) von Ingrid Torvund, die in Zusammenarbeit mit Jonas K. Mailand zwischen 2009 und 2019 entstanden ist. Die meisten Dreharbeiten fanden in Kviteseid in der Provinz Telemark statt, wo die Künstlerin aufgewachsen ist. Die dunklen Waldlandschaften der Provinz Telemark sind bekannt für ihre folkloristischen Erzählungen, bei dem heidnische und christliche Symbole Seite an Seite existieren: Drachen, Engel, Kreuze, Dämonen, Trolle und sprechende Tiere sind alle in dieser Tradition präsent. Ihre Filme entführen die Betrachter*innen in den Kosmos eines mystischen und märchenhaften Universums mit drachenartigen, aber auch futuristischen Wesen. Einen weiteren wichtigen Fokus der gezeigten Arbeiten bilden Werke von Künstler*innen, die der indigenen Volksgruppe der Sámi angehören. Die präsentierten Künstler*innen, die spätestens seit ihrer Einladung zur documenta 14 in Athen und Kassel im Jahr 2017 weltweite Anerkennung und Aufmerksamkeit erfahren, setzen sich in ihren Werken mit individuellen und kollektiven Erfahrungen mit Traditionen, Glaubensvorstellungen, Diskriminierung sowie Fremd- und Selbstbestimmung auseinander. Britta Marakatt-Labba erzählt mit ihrer Stickarbeit Movement und mit der Videoadaption ihrer Arbeit Historjá (Historie) von den Traditionen und der Geschichte der Sámi in der norwegischen Finnmark. Die Installation Gielastuvvon (Gefangen) von Máret Ánne Sara besteht aus Lassos, die üblicherweise von Rentierhirten eingesetzt werden. Im Ausstellungsraum hängen sie wie Galgen von der Decke. Die Künstlerin bezieht sich damit auf die Reglementierungen der norwegischen Behörden in Bezug auf Weideflächen und die Größe von Rentierherden. 16
Die Einschränkungen stellen eine Bedrohung der Existenzgrundlage vieler Sámi dar – insbesondere in Bezug auf die jüngere Generation – bis zu dem Punkt, dass einige nur den Selbstmord als Ausweg sehen. Die Unzerbrechlichkeit und Dauerhaftigkeit des norwegischen Naturmythos hinterfragt Frank Ekeberg, indem er, sich auf den norwegischen Dichter und Umweltschützer Theodor Caspari (1853–1948) beziehend, mit seiner Soundinstallation Ingenmannsland (Niemandsland) aufzeigt, dass dieser Mythos gleichzeitig einer Realität der Fragmentierung, des schnellen Wandels und den Auswirkungen des Klimas unterworfen ist. Im Mittelpunkt der Arbeit steht der Norwegische Regenwald, der einst einen Großteil der Westküste bedeckte. Heute gibt es nur noch verstreute Bruchstücke des Waldes, 80 % sind in den letzten 100 Jahren verloren gegangen und der Rest droht in den nächsten 50 Jahren zu verschwinden. In einer akustischen Fiktion können wir wie in einem umgekehrten Zeitraffer über mehrere Stunden erleben, wie sich die Vitalität des Lebens in dem fragmentarisch verbliebenen Wald verändert. Sind noch anfänglich den Wald belebende Vogelstimmen zu hören, weichen diese mit der Zeit Geräuschen der Zerstörung, die Frank Ekeberg mit hochsensiblen Mikrofonen direkt unter den aufgeworfenen Rinden der Bäume aufgenommen hat. Künstler*innen/Gestalter*innen der Ausstellung: Frank Ekeberg, Inger Blix Kvammen, Torbjørn Kvasbø, Jonas K. Mailand, Britta Marakatt-Labba, Synnøve Persen, Máret Ánne Sara, Jan Eric Wold Skevik, Kari Steihaug, Ingrid Torvund Kuratorin: Sabine Schirdewahn Idee und Konzept: Sabine Schirdewahn, Matthias Wagner K 17
5. DAS FELLESHUS DER NORDISCHEN BOTSCHAFTEN FUNKTION Das Felleshus – auf Deutsch „Gemeinschaftshaus“ – ist das frei zugängliche Kultur- und Veranstaltungszentrum der fünf nordischen Botschaften (Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden). Hier finden öffentliche Ausstellungen und Lesungen, Konzerte, Filmvorführungen, Vorträge und Konferenzen statt. Man kann sich über die nordischen Länder informieren, es gibt eine öffentlich zugängliche Kantine (betrieben von Kenneth Gjerrud vom Restaurant „Munch’s Hus“ in Berlin-Schöneberg) und ein Café, die „Kaffebar“ (betrieben von der Oslo Kaffebar mit Stammhaus in Berlin-Mitte). Das Gebäude beherbergt zudem die Konsularabteilungen der Botschaften. ARCHITEKTUR & GESCHICHTE Die Nordischen Botschaften in Berlin sind ein weltweit einzigartiges Projekt: ein gemeinsamer Botschaftskomplex von fünf Ländern, entstanden vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Geschichte, über Jahrhunderte gewachsenen Beziehungen, gemeinsamer Sprachen sowie gemeinsamer Werte und Überzeugungen. Den hierzu ausgeschriebenen internationalen Architekturwettbewerb für das Gesamtkonzept gewann 1995 das österreichisch-finnische Büro Berger + Parkkinen. Die Idee war es, eine starke Gemeinschaft aus fünf Individualisten baulich sichtbar zu machen. Im Entwurf von Berger + Parkkinen verbindet ein grünes Kupferband das von ihnen gestaltete Felleshus und die fünf Botschaftsgebäude, die von Architekturbüros aus den jeweiligen Ländern entworfen wurden. Angeordnet sind die Häuser entsprechend ihrer Lage auf der Landkarte, wobei Nord- und Ostsee durch drei Wasserbassins zwischen den Gebäuden symbolisiert werden. Das fast 230 Meter lange und 15 Meter hohe Kupferband besteht aus rund 4000 vorpatinierten Lamellen, die – wie auch die übrigen verwendeten Materialien – weder behandelt noch veredelt wurden. Die freie Fläche innerhalb des Kupferbandes, die Plaza, wird von zwölf geometrischen, sich kreuzenden Linien aus weißem Marmor durchzogen. Die Linien definieren die Grenzen der jeweiligen Botschaftsgebäude, formen aber gleichzeitig Wege und optische Verbindungen zwischen den Häusern. Die Einweihung fand am 20. Oktober 1999 in Anwesenheit sämtlicher nordischer Staatsoberhäupter statt. Mit dem Satz „Jeder für sich und doch gemeinsam“. gab Königin Margrethe II. von Dänemark in ihrer Rede das Motto für die künftige Zusammenarbeit der fünf Nationen vor. Entwurf: Berger + Parkkinen Fläche Botschaftsanlage: 7500 qm (Baugrund; bebaute Fläche 3425 qm) Auszeichnungen: AIT-Award Best of Europe: Office, 2004 DuPont Benedictus Award, Kategorie Bestes Regierungsgebäude, 2003 Finalist beim Mies van der Rohe Award, 2001 PROGRAMM Zusätzlich zu den Ausstellungen und Einzelveranstaltungen (Konzerte, Podiumsdiskussionen, Lesungen, Konferenzen, Performances, Filmvorführungen u.v.m.) gibt es auch Veranstaltungsreihen, wie etwa die Lesereihe Buch des Monats. Das Buch wird im Foyer des Felleshus in Zusammenarbeit mit der Partnerbuchhandlung Pankebuch – Die schönsten Bücher des Nordens ausgestellt und verkauft. In den meisten Fällen finden dazu Lesungen statt, immer wieder auch Buchpremieren. Von Zeit zu Zeit treten sowohl etablierte als auch noch zu entdeckende nordische Musiker im Rahmen der Reihe Jazzkantine in entspannter Bar-Atmosphäre in der Kantine auf. Über das aktuelle Programm informiert 18
ein monatlicher Newsletter sowie ein dreimal jährlich erscheinender Programmflyer. ZAHLEN Das Felleshus hat an fast allen Tagen im Jahr geöffnet, außer zu Weihnachten. Im Durchschnitt besuchen jedes Jahr knapp 100.000 Menschen das Felleshus, das sind ca. 275 Besucher pro Tag. Jedes Jahr finden rund 500 Veranstaltungen statt. Dabei handelt es sich ausschließlich um Veranstaltungen, die von den Nordischen Botschaften selbst oder in Kooperation mit ihnen organisiert werden. 2019 88.694 Besucher (253 pro Tag) 465 Veranstaltungen 22.081 Teilnehmer 9 Ausstellungen, davon 4 auf der Ausstellungsfläche 2018 100.736 Besucher (285 pro Tag) 534 Veranstaltungen 25.613 Teilnehmer 5 Ausstellungen, davon 4 auf der Ausstellungsfläche ADRESSE & ANFAHRT Rauchstraße 1 D-10787 Berlin Tel +49 (0)30-5050-0 info [at] nordischebotschaften.org www.nordischebotschaften.org ÖFFNUNGSZEITEN Das Felleshus | Gemeinschaftshaus der Nordischen Botschaften steht Besuchern täglich ohne Voranmeldung offen. Der Eintritt ist frei. Die einzelnen Botschaftsgebäude sind für Besucher nicht zugänglich. Bitte beachten Sie die geänderten Öffnungszeiten aufgrund der aktuellen Situation. Vorerst ist ein Ausstellungsbesuch zu folgenden Zeiten möglich. Aktuelle Erweiterungen entnehmen Sie bitte der Webseite. www.nordischebotschaften.org Felleshus | Gemeinschaftshaus Montag bis Freitag 14.00 bis 19.00 Uhr 19
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