TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
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INHALTSVERZEICHNIS Grußwort 2 Warum das Thema Trans* am Arbeitsplatz wichtig ist 3 GRUSSWORT Grundlagenwissen Mehr als ein Drittel der befragten Personen berichtet, Geschlechtliche Vielfalt 5 dass sie es häufig vorziehen, ihre Geschlechtsidenti- tät zu verschweigen. Die Gründe für diese Missstän- Transition 8 de sind oft fehlende Kenntnisse der Thematik und der Der Landesregierung ist die gesellschaftliche Akzep- konkreten Lebenssituationen von trans* Menschen in Rechtliche Aspekte 10 tanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen und ge- der Belegschaft und bei Führungskräften. In derarti- schlechtlicher Vielfalt ein wichtiges Anliegen. In vielen gen Arbeitssituationen werden Menschen unzufrieden Diskriminierungserfahrungen von trans* Menschen am Arbeitsplatz 12 Bereichen des täglichen Lebens sind gerade trans* und oft sogar krank. Nicht zuletzt besteht ein erhöhtes Respektvoller Umgang mit trans* Mitarbeiter*innen, Kolleg*innen und Vorgesetzten 13 Menschen immer noch Diskriminierungen ausgesetzt, Suizidrisiko. auch in der Arbeitswelt. Diese Broschüre möchte deshalb alle Beteiligten, die im Kontext Berufs- und Der Weg hin zu einem Zusammenleben in Nordrhein- Arbeitswelt miteinander agieren, sensibilisieren und Westfalen, das auf gegenseitigem Respekt und Aner- Informationen und Empfehlungen informieren. Ziel ist es, ein wertschätzendes und mög- kennung für alle basiert, ist noch lang. Aber wir werden für das Personalmanagement 17 lichst diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld für trans* ihn weiterhin gemeinsam und engagiert gehen. Ich Beschäftigte und Selbstständige zu schaffen, unab- hoffe, dass diese Broschüre zum Nachdenken und zur für Führungskräfte 23 hängig von Funktion und Beruf. Reflexion in den Unternehmen anregt, Personalverant- wortlichen, Belegschaften und trans* Beschäftigten für Kolleg*innen 25 Die Studie „Out im Office?! Sonderauswertung NRW“ wertvolle Informationen liefert und so dazu beiträgt, aus 2018 hat sich auch mit der Situation von trans* die Situation von trans* Personen in NRW auch in der für Beschäftigtenvertretungen 29 Beschäftigten befasst und macht das häufige Zusam- Arbeitswelt spürbar zu verbessern. für trans* Beschäftigte 31 menspiel von Unwissenheit und Diskriminierung deut- lich. Die Studie zeigt auf, dass zwei von drei trans* Weiterführende Informationen 33 Personen in NRW an ihrem Arbeitsplatz in ihrer Würde Herzliche Grüße missachtet werden und Situationen erleben, die als ein Glossar 37 unangenehm voyeuristisches Interesse an ihrem Pri- Impressum 38 vatleben empfunden werden oder sogar noch darüber hinausgehen. 50 Prozent aller befragten trans* Men- Dr. Joachim Stamp schen waren Diskriminierungen ausgesetzt, die gegen Minister für Kinder, Familie, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz verstießen und Flüchtlinge und Integration knapp 40 Prozent aller Befragten erlebten Diskrimi- des Landes Nordrhein-Westfalen nierungen, die sogar strafrechtliche Relevanz hatten. Und weit mehr als die Hälfte hat Angst, als Trans* am Arbeitsplatz erkannt zu werden. Die Folge davon:
WARUM DAS THEMA TRANS* AM ARBEITSPLATZ WICHTIG IST „Wenn Personen sich nicht trauen, am Arbeitsplatz in ihrer eigentlichen Geschlechtsrolle aufzutreten, führt dies zu einem Doppelleben zwischen Privatem und Arbeit, welches ich mir sehr kräftezehrend vorstelle und das sicherlich zu entfalten. Die Relevanz dieser Thematik zeigt sich weder für die betreffende Person noch für deren Arbeitsleis- zudem oft in der Zufriedenheit und in der Produktivität tung vorteilhaft ist.“ Trans* Menschen, genauso wie allen anderen Mitarbei- der Arbeitnehmer*innen. Muss die eigene Identität aus Louis, trans* Mann, Richter ter*innen, sollte es möglich sein, sich im Berufsleben und Angst vor Diskriminierung am Arbeitsplatz versteckt wer- am Arbeitsplatz offen mit ihrer Geschlechtsidentität zu den, kann dies einen negativen Einfluss beispielsweise zeigen ohne Diskriminierungen zu erfahren – und dazu auf die gesamte Arbeitsleistung haben. Diskriminieren- können Sie beitragen. Auch dazu, dass Transgeschlecht- der Umgang kann sich zudem negativ auf die psychische lichkeit sich nicht negativ auf Berufsaussichten und Auf- Situation der jeweiligen Person auswirken. Dementspre- stiegschancen auswirkt. chend berichtet auch ein Großteil der trans* Menschen, TRANS* MENSCHEN SIND ALLGEGEN- die verschlossen mit ihrer Geschlechtsidentität umge- Dass Sie diese Broschüre in der Hand halten und Inte- hen, von psychosomatischen Beschwerden. WÄRTIG UND EIN „UNS BETRIFFT DAS resse an dem Thema zeigen, ist bereits ein erster und HIER JA NICHT“ IST SCHLICHT FALSCH. wichtiger Schritt in Richtung eines vorurteilsfreien und Für Menschen, die ihre Geschlechtsidentität am Arbeits- NUR WEIL JEMAND NICHT ALS TRANS* von Vielfalt geprägten Miteinanders im Berufsleben. Die platz offen leben (können), zeigt sich hingegen eine sehr folgenden Kapitel bieten Ihnen eine Vielzahl an Informa- viel geringere psychosomatische Belastung und eine hö- ERKENNBAR IST, IST SIE*ER NICHT tionen, Hinweisen und Empfehlungen zum Thema und zu here Widerstandskraft gegenüber Diskriminierung. Dies WENIGER TRANS*. einem sensiblen Umgang mit trans* Beschäftigten aus ermöglicht den Menschen nicht nur, sich mit umfangrei- Ker, nicht-binär, öffentlicher Dienst verschiedenen Blickwinkeln innerhalb der Arbeitswelt. cheren Ressourcen der Arbeit zu widmen, es kann eben- an einer Hochschule Sie können diese Broschüre also punktuell lesen oder falls die Verbundenheit und Identifikation mit der Arbeit sich einen Gesamtüberblick verschaffen. Trans* Perso- intensivieren. Eine Arbeitskultur, in der eine klare Positio- nen finden nützliche Hinweise beispielsweise zu Fragen nierung gegen Mobbing und Diskriminierung, auch gegen rund um das Bewerbungsverfahren und wann ein Co- Rassismus sowie die Abwertung von Menschen mit Be- ming-out sinnvoll sein kann. hinderung etc. stattfindet, ermöglicht außerdem ein an- genehmes, sicheres Arbeitsklima für alle. „Aufgrund hoher Arbeitslosenzahlen bei trans* Menschen Viele trans* Menschen erfahren im Arbeitsalltag Diskri- ist das Thema enorm wichtig. Unternehmen müssen of- minierungen, die sich sehr unterschiedlich äußern kön- Diese Broschüre möchte für einen diskriminierungsfreien fener werden, um die beste Besetzung für eine Stelle zu nen. Es gibt vielfältige Gründe für die Diskriminierung von Umgang am Arbeitsplatz werben und bietet Unterstüt- bekommen. Dabei muss die geschlechtliche Identität irrele- trans* Menschen, oft führt mangelndes Wissen und Ver- zung für eine Arbeitskultur, die von Verständnis, Akzep- vant werden.“ ständnis über trans* Lebensrealitäten zu Unsicherheit tanz und gegenseitigem Interesse geprägt sein sollte. Es Franzi, weiblich mit trans* Hintergrund, und falschen Annahmen. Unbewusste Distanz und eine ist ratsam, die Lektüre mit dem folgenden Kapitel „Grund- Kundenservice der Telekom aus Unkenntnis heraus mangelnde Unterstützung durch lagenwissen“ zu beginnen, da es relevante Informationen Vorgesetzte und Kolleg*innen führen oftmals zu ausgren- auch für das Verständnis der Folgekapitel beinhaltet. „Ich denke, den meisten cis Menschen ist nicht bewusst, zenden Verhaltensweisen, die durch Information und die Ferner finden Sie hinten in einem kleinen Glossar Begriff- dass trans* Menschen in jedem Lebensbereich mit ge- richtigen Handlungsstrategien vermieden werden könn- lichkeiten erläutert, mit denen Sie sich vertraut machen wissen Hürden konfrontiert werden. Darum finde ich es ten. Unsicherheiten entstehen unter anderem dadurch, möchten. wichtig, mit konkreten Beispielen die Hürden, Herausforde- dass in unserer Gesellschaft im Allgemeinen Einord- rungen aber auch Lösungswege sichtbar und anschaulich nungen stattfinden, bei denen Menschen entweder dem Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre. zu machen.“ männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zugeordnet Peter, (trans*) Mann und nicht-binär, zum Zeitpunkt der werden. Zusätzlich werden den jeweiligen Geschlechtern Befragung arbeitslos, heute Student und Angestellter spezifische Eigenschaften und Vorlieben zugeschrieben. Dies schränkt alle Menschen ein; für trans* Menschen „Ich kenne keinen Menschen, der bei der Arbeit nur als Arbeitskraft anwesend ist. Welche Eigenschaften haben führt es aber außerdem zu Diskriminierung und der Tabu- Raum und welche aus welchen Gründen nicht?“ isierung ihrer Lebensrealität. Geschlechtliche Vielfalt an- In dieser Broschüre finden sich themenspezifische Begriffe, zuerkennen wirkt sich positiv auf alle Menschen aus und die Vielen noch unbekannt sein können. Im Glossar auf Ker, nicht-binär, öffentlicher Dienst Seite 37 gibt es hierzu weitergehende Erklärungen. an einer Hochschule schafft mehr Handlungsspielräume und Freiheiten sich 3 4
Grundlagenwissen GESCHLECHTLICHE VIELFALT In unserer Gesellschaft besteht die weit verbreitete An- nahme, dass das Geschlecht eines Menschen durch dessen Körper definiert ist. Diese beiden Dinge werden Ebenso wie binäre trans* Menschen gibt es auch nicht- im Alltag oft miteinander gleichgesetzt: Menschen mei- binäre trans* Menschen. Dies bedeutet, dass sich die- nen, das Geschlecht anderer an ihrem körperlichen Er- se Menschen keinem der zwei Geschlechter Mann und scheinungsbild, ihrer Stimme etc. erkennen zu können. Frau (ausschließlich) zugehörig fühlen. Viele nicht-binäre Solche geschlechtlichen Annahmen treffen zwar oft zu, Menschen bezeichnen sich als trans*, aber nicht alle. aber nicht immer. Trans* Menschen wissen: Körper sind vielfältig, das Geschlecht ist nicht durch den Körper vor- Trans* Menschen sind keine einheitliche Gruppe. Sie ha- gegeben. Dieses Wissen entspricht wissenschaftlicher ben – selbstverständlich – unterschiedliche Interessen, Forschung und zum Beispiel den Yogyakarta-Prinzipien, Bedürfnisse und Lebensentwürfe. Zudem begegnen bei- in denen die Menschenrechte in Bezug auf Geschlechts- spielsweise trans* Menschen, die eine Behinderung ha- identität und sexuelle Orientierung angewendet werden. ben, Rassismus ausgesetzt sind, migriert sind, alt sind Trans* Menschen identifizieren sich nicht (ausschließ- und/oder Sexismus erfahren weiteren Vorurteilen und lich) mit dem Geschlecht, das für sie bei ihrer Geburt auf- machen individuelle und spezifische Erfahrungen zudem grund äußerer Geschlechtsmerkmale festgestellt wurde. auch mit Trans*feindlichkeit. Es ist wichtig, Diskriminie- Dass das zugeschriebene Geschlecht für sie nicht passt, rung in all ihren Formen, also auch mehrdimensional und wird manchen trans* Menschen sehr früh in ihrem Leben in ihrer Komplexität entgegenzutreten. bewusst, anderen deutlich später. Viele trans* Menschen entscheiden sich im Laufe ihres Lebens dazu, auch für Während sich Transgeschlechtlichkeit auf die Ge- andere Menschen sichtbar in ihrem Geschlecht zu leben schlechtsidentität bezieht, handelt es sich bei Interge- (mehr zu den Themen Coming-out und Transition auf S. 8). schlechtlichkeit um eine körperliche Konstitution. Inter* Menschen sind Menschen, deren Körper nicht in die Viele trans* Menschen identifizieren sich als Frauen oder medizinischen Kategorien männlich oder weiblich ein- Männer, sind also binär trans*. Eine trans* Frau ist so- geordnet werden können. Es existiert eine große Vielfalt mit eine Frau, für die bei Geburt aufgrund von körperli- an körperlichen Variationsmöglichkeiten. (Informationen chen Merkmalen das männliche Geschlecht festgestellt zum relativ neuen Geschlechtseintrag „divers“ finden Sie wurde. Ein trans* Mann ist ein Mann, der bei Geburt auf auf Seite 10). Grund von körperlichen Merkmalen weiblich zugeordnet wurde. Manche Menschen mit einer Trans*-Geschichte Das Online-Portal inter-nrw.de bietet inter* Menschen, möchten ausschließlich als Mann oder Frau bezeichnet Angehörigen, Freund*innen, Pädagog*innen, medizinischem werden und sehen ihre Transgeschlechtlichkeit als Teil und pflegerischem Fachpersonal sowie Medienschaffenden ihrer Geschichte oder Vergangenheit an. Anderen ist es zielgruppenspezifische Informationen zu vielfältigen Aspekten von Intergeschlechtlichkeit. wiederum wichtig ihre Transgeschlechtlichkeit (manch- mal oder immer) mit zu benennen. Vertiefende Informationen zu Mehrfachdiskriminierung finden Sie beispielsweise auf der Webseite von LesMigraS oder unter dem Shortlink: https://bit.ly/2Q30R3P 5
Grundlagenwissen TRANSITION auch bei einer Transition später im Leben einen offensi- ven Umgang mit dem Thema. Die Entscheidung diese In- formationen zu teilen oder nicht muss jedoch immer von der trans* Person selbst kommen. Denn es handelt sich um etwas sehr Persönliches und es ist daher wichtig, die Privatsphäre zu wahren. Zudem besteht ein Offenbarungs- verbot (siehe Seite 10). Transition beschreibt den Prozess, den ein Mensch KÖRPERLICHE durchläuft, wenn sie*er Schritte unternimmt, damit sich das Geschlecht, mit dem sie*er sich identifiziert, stärker VERÄNDERUNGEN im eigenen Leben widerspiegelt. Es wird von Geschlechtsangleichung (und nicht von Ge- schlechtsumwandlung) gesprochen, da der Körper an Eine Transition kann viele verschiedene Schritte be- das Geschlecht bzw. das eigene Körpergefühl angepasst inhalten, wobei jede Person für sich selbst entscheidet, wird. Grundsätzlich ist die Geschlechtsidentität unab- ob und wann sie*er diese gehen möchte. Eine Transition hängig von körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Trotz- kann unter anderem das Aussuchen eines neuen Vorna- dem bekommen viele trans* Menschen ein Gefühl dafür, mens, Pronomens, neuen Kleidungsstils sowie Hormon- wie ihr Körper eigentlich aussehen und verändert werden behandlungen, operative Eingriffe und/oder die offizielle soll, um diesen in Einklang mit ihrer Geschlechtsidenti- Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags tät zu bringen. Zu den körperlichen Veränderungsmög- bedeuten. lichkeiten gehört eine Hormonbehandlung, bei der dem Körper entweder Östrogene oder Testosteron zugeführt COMING-OUT werden, wodurch der Körper sich verändert, so z. B. hin- sichtlich Körperform, Stimme und Körperbehaarung. Beim Begriff Coming-out denken viele Menschen zu- nächst an lesbische, schwule oder bisexuelle Menschen, Außerdem gibt es diverse Möglichkeiten den Körper ope- die ein Coming-out bezüglich ihrer sexuellen Orientierung rativ zu verändern. Manche Menschen entscheiden sich bzw. ihrer sexuellen Identität haben. Bei trans* Menschen dafür, alle (äußeren) Geschlechtsmerkmale verändern bezieht sich das Coming-out auf ihre Geschlechtsidenti- zu lassen. Andere entscheiden sich für wenige oder gar tät. Als Coming-out wird bei trans* Menschen der Pro- keine Angleichungen. Dadurch sind sie nicht weniger zess bezeichnet, in dem der Person bewusst wird, dass trans* als jene, die sich für (umfangreiche) Maßnahmen die eigene Geschlechtsidentität von dem bei der Geburt entscheiden. Manchen trans* Menschen ist es aus ver- zugeschriebenen Geschlecht abweicht. schiedenen Gründen nicht möglich Hormone zu nehmen, auch wenn sie dies gern täten. Dies können gesundheitli- Diesem sogenannten „inneren Coming-out“ kann das che Gründe sein oder die Tatsache, dass sie minderjährig „äußere Coming-out“ folgen, in welchem der Mensch an- sind und nicht die Zustimmung ihrer Erziehungsberech- fängt, seinem Umfeld davon zu erzählen und gegebenen- tigten haben. falls den eigenen Geschlechtsausdruck der Geschlechts- identität anzupassen. Manche Menschen haben ihr Leben lang kein „äußeres Coming-out.“ Andere leben nur sehr eingeschränkt oder erst nach sehr langer Zeit so, wie sie sich eigentlich fühlen, oder erzählen nur sehr weni- gen Menschen davon, aus Angst vor Diskriminierung und Vom Körper einer Person kann nicht auf ihr Marginalisierung. Andere trans* Menschen leben schon Geschlecht geschlossen werden. in der Kindheit ihre Geschlechtsidentität oder wählen 7 8
Grundlagenwissen RECHTLICHE ASPEKTE Der so genannte Alltagstest kann unter anderem bedeu- DER GESCHLECHTS- ten, dass sich beispielsweise eine trans* Frau am Ar- EINTRAG „DIVERS“ beitsplatz anders als zuvor kleidet, bittet, den gewünsch- ten Namen zu verwenden und die Damentoilette benutzt. Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts KOSTENÜBERNAHME DURCH Diese notwendigen Veränderungen können dazu führen, VORNAMENS- UND wurde Ende 2018 durch eine Änderung des Personen- dass trans* Menschen verstärkt Diskriminierungen er- DIE KRANKENKASSEN fahren. PERSONENSTANDSÄNDERUNG standsgesetzes der Geschlechtseintrag „divers“ als drit- te Option neben „männlich“ und „weiblich“ eingeführt. NACH DEM TRANS- Außerdem besteht weiterhin die Möglichkeit, den Ge- Körperverändernde Maßnahmen werden von der gesetz- lichen Krankenversicherung unter bestimmten Bedingun- All diese Schritte können somit für trans* Menschen sehr SEXUELLENGESETZ (TSG) schlechtseintrag bei Geburt offen zu lassen oder später belastend sein. In dieser Zeit sind Unterstützung und Ver- zu streichen. gen übernommen. So wird beispielsweise ein Nachweis ständnis von den Mitmenschen besonders wichtig. Das Transsexuellengesetz (TSG) ist seit 1981 in Kraft darüber verlangt, dass für mindestens ein Jahr eine Psy- und regelt die rechtlichen Möglichkeiten von trans* Men- Wichtig für einen diskriminierungsarmen Arbeitsalltag ist chotherapie als sogenannte begleitende Maßnahme be- schen zur Vornamens- und Personenstandsänderung. natürlich auch die Anerkennung der Geschlechtsidentität sucht wurde. Zusätzlich muss ein so genannter Alltags- Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes wurden verschiedene aller Menschen, die nicht Mann oder Frau sind, unabhän- test abgeleistet werden. Dabei muss die Person vor dem Paragrafen und Abschnitte wie z.B. die zur Zwangssterili- gig von ihrem Geschlechtseintrag. Beginn von medizinischen Maßnahmen über einen Zeit- sierung als Voraussetzung der Personenstandsänderung raum von mindestens einem Jahr in allen sozialen Be- gestrichen, da sie gegen das Grundgesetz verstießen. Es reichen in ihrer „gewünschten Geschlechterrolle“ leben, gibt aber weiterhin Kritik an geltenden Regelungen wie ALLGEMEINES GLEICH- auch im Arbeitsumfeld. Die bestehenden Regelungen BEHANDLUNGSGESETZ (AGG) z.B. der doppelten Begutachtungspflicht. Um in Deutsch- greifen aus Sicht von Trans*-Selbstorganisationen in die land den Vornamen und/oder den Personenstand (den Selbstbestimmung von trans* Menschen ein und werden Das AGG soll vor Diskriminierung, insbesondere am Geschlechtseintrag) nach dem TSG ändern zu lassen, von dort kritisiert. Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche und in gewissen muss ein Antrag bei Gericht gestellt werden. Das Gericht fordert Gutachten von zwei unabhängigen Gutachter*in- Bereichen des Alltags schützen. Transspezifische Diskri- nen an, welche bestätigen müssen, dass der*die Antrags- minierungen fallen unter „Diskriminierung aufgrund des steller*in seit mindestens drei Jahren in dem „anderen“ Geschlechts“ und sind laut AGG verboten. Dazu zählen Geschlecht lebt und mit hoher Wahrscheinlichkeit die unter anderem die Verweigerung der Verwendung des Geschlechtszugehörigkeit nicht mehr ändern wird. Das neuen Vornamens z. B. auf Namensschildern, in E-Mail- Gericht entscheidet am Ende darüber ob die Änderungen adressen etc. und die Verweigerung des Zugangs zu der durchgeführt werden. Die Gutachten sind mit recht ho- Geschlechtsidentität angemessenen Toiletten. hen Kosten verbunden, welche die Person, die den Antrag stellt, selbst tragen muss, wenn keine Prozesskostenhilfe gewährt wird. OFFENBARUNGSVERBOT Gemäß des Offenbarungsverbotes, das in § 5 Absatz 1 des Transsexuellengesetzes (TSG) definiert ist, dürfen In Malta beispielsweise gilt das Selbstbestimmungs- die Vornamen, die ein Mensch vor einer Vornamensände- prinzip: Erwachsene können ihren Personenstand durch rung verwendet hat, nicht ohne seine*ihre Zustimmung einen simplen Antrag ohne finanzielle oder bürokratische offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, es wer- Hürden ändern lassen. Informationen zu aktuellen den besondere Gründe des öffentlichen Interesses oder Entwicklungen im Hinblick auf Regelungen zu Personen- standsänderungen in verschiedenen Ländern finden sich ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht. auf der Webseite von Transgender Europe www.tgeu.org und über den Shortlink: https://bit.ly/2vcau96 9 10
Grundlagenwissen DISKRIMINIERUNGSERFAHRUNGEN VON TRANS* MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ Ein kurzer Austausch an der Kaffeemaschine mit Kolleg*innen über das Wochenende, die freudige Anteil- nahme im Büro, wenn ein Kind geboren wird – all diese kleinen Dinge heben die Arbeitsatmosphäre und stärken den Zusammenhalt in der Belegschaft. Dagegen kann es Die Frage, warum so viele Menschen sich nicht offen mit sehr anstrengend und belastend sein, in alltäglichen Si- ihrer Geschlechtsidentität gegenüber ihren Kolleg*innen tuationen am Arbeitsplatz zentrale Aspekte der eigenen und Vorgesetzten zeigen, wird in der genannten Studie Identität aus Angst vor Diskriminierung zu verstecken. ebenfalls beleuchtet. Demnach haben 50 Prozent der Wie die Studie „Out im Office?!“1 zeigt, machen sich 72 trans* Menschen Diskriminierung erfahren, die gegen Prozent der befragten trans* Menschen Gedanken da- das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ver- rüber, was sie im Arbeitskontext über ihr Privatleben stößt; knapp 39 Prozent erlebten strafrechtlich relevante erzählen können. Auch sind für viele trans* Menschen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Hinzu kommen Diskri- schon alltägliche Fragen wie die Toilettenwahl oder minierungserfahrungen wie Gerüchte, Ignoranz, Isolati- die Beschriftung eines Namensschildes mit Vorüberle- on, unangenehmes Interesse am Privatleben und Entzug gungen oder Angst vor einem unfreiwilligen Outing und des Kund*innen-Kontakts. All diese Diskriminierungser- Diskriminierung verknüpft. 22 Prozent der für die Studie fahrungen wirken sich negativ auf das Wohlbefinden der „Out im Office?!“ Befragten haben z. B. bereits Diskrimi- Person am Arbeitsplatz aus. Nur 20 Prozent der befrag- nierung aufgrund der Toilettenwahl erfahren. ten trans* Menschen haben keine Form der Diskriminie- rung im Rahmen ihrer Arbeit erlebt. Die Studie zeigt weiterhin, dass knapp 67 Prozent der trans* Menschen an ihrem Arbeitsplatz verschlossen mit Bereits im Bewerbungsverfahren erfahren viele trans* ihrer Geschlechtsidentität umgehen. Während einer Tran- Menschen Diskriminierung. 88 Prozent der im Rahmen ei- sition praktizieren mehr trans* Menschen (gezwungener- ner österreichischen Studie Befragten fanden es schwie- maßen, siehe Passage zum TSG) einen offenen Umgang rig, als trans* Person überhaupt einen Arbeitsplatz zu mit ihrer Geschlechtsidentität. Nach abgeschlossener finden.2 In einer in den USA durchgeführten Befragung Transition wählen viele (72 Prozent) erneut die Möglich- gaben 44 Prozent der trans* Menschen an, aufgrund ihrer keit eines verschlossenen Umgangs. Einige trans* Men- Transgeschlechtlichkeit in Bewerbungsverfahren nicht schen können aufgrund äußerer Bedingungen nach einer berücksichtigt worden zu sein. Diese Studie stellte auch Transition in ihrem Geschlecht weder verschlossen noch fest, dass die Arbeitslosenquote von trans* Menschen unauffällig leben. doppelt so hoch ist wie der nationale Durchschnitt. Für trans* Menschen, die zusätzlich auch Rassismus erfah- ren, war die Arbeitslosenquote viermal so hoch.3 1 Vgl. Frohn, D. / Meinhold, F. (2018): „Out im Office?!“ Sonderauswertung NRW. Sexuelle Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeitsplatz, Köln: IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung (Hrsg.). 2 Vgl. Frketic, V. / Baumgartinger, P. P. (2008): Transpersonen am österreichischen Arbeitsmarkt, Wien: diskursiv – Verein zur Verqueerung gesellschaftlicher Zusammenhänge. 3 Vgl. Grant, J. M. / Mottet, L. A. / Tanis, J. / Harrison, J. / Herman, J. L. / Keisling, M. (2011): Injustice at Every Turn: A Report of the National Transgender Discrimination Survey, Washington: National Center for Transgender Equality and National Gay and Lesbian Task Force. 11 12
Grundlagenwissen RESPEKTVOLLER UMGANG MIT TRANS* MITARBEITER*INNEN, KOLLEG*INNEN UND VORGESETZTEN VERWENDEN SIE DAS FRAGEN SIE NICHT KORREKTE PRONOMEN NACH DEM NAMEN, DEN EINE PERSON VOR DER Das korrekte Pronomen (Fürwort) zu verwenden ist für Es gibt einige grundlegende Verhaltensweisen, die dazu viele trans* Menschen genauso bedeutsam wie die kor- TRANSITION GENUTZT HAT BENUTZEN SIE beitragen können, dass sich trans* Menschen in ihrem Arbeitsumfeld angenommen und respektiert fühlen. Hier rekte Verwendung des Vornamens. Daher ist es für einen GESCHLECHTERGERECHTE respektvollen Umgang wichtig, Pronomenwünsche zu Von trans* Menschen wird der Vorname, den sie vor der einige wichtige Anregungen: befolgen – und zwar auch, wenn die Person, über die ge- Transition hatten, oft als „Deadname“ bezeichnet. Dieser SPRACHE sprochen wird, nicht anwesend ist. Es gibt Menschen, Name ist für viele also nicht nur der „alte“ Name, sondern SPRECHEN SIE MENSCHEN die sich weder durch „er“ noch durch „sie“ angesprochen quasi tot. Der „Deadname“ ruft bei vielen trans* Men- Es gibt verschiedene Varianten, die deutsche Sprache so zu gestalten, dass nicht nur Männer und Frauen, NACH IHREM COMING-OUT fühlen. Einige Menschen verwenden für sich selbst kein schen unangenehme Gefühle hervor und sollte deshalb Pronomen, wobei dann der Vorname bzw. der Vorname nicht aus reinem Interesse erfragt werden. Wenn eine sondern auch Menschen weiterer Geschlechter dabei SOFORT KORREKT AN und der Nachname anstelle des Pronomens genutzt wer- trans* Person Ihnen von selbst davon erzählt, sollten Sie mitgemeint werden. In dieser Broschüre wird z. B. das den können. erfragen, inwiefern diese Information öffentlich ist, bevor Gender-Sternchen „*“ verwendet. Mit dieser Form können Wenn ein Mensch sich am Arbeitsplatz als trans* outet, im Schriftlichen und im Mündlichen alle Geschlechter an- Sie diese an andere weitergeben. Für trans* Menschen geht das oft mit einer Änderung des Vornamens einher. gesprochen werden. Denn in dem Wort sind sowohl die kann es sehr anstrengend sein, wenn sie immer wieder Dieser Vorname ist für die betreffende Person von großer VERMEIDEN SIE (FALSCHE) männliche als auch die weibliche Form beinhaltet und nach dem „Deadname“ gefragt werden. Sie können also Bedeutung und es ist ein Zeichen von Respekt und An- GESCHLECHTSZUSCHREI- Ihre Unterstützung zeigen, indem sie den „neuen“ Namen durch das Sternchen wird zusätzlich Platz für die Vielfalt erkennung, den Namen sowohl in der direkten Ansprache BUNGEN akzeptieren und über andere Themen sprechen. anderer Geschlechter geschaffen. Meist wird das Stern- als auch in E-Mails, in Teilnahmelisten, auf Einladungen chen hinter dem Wortstamm eingefügt. So hieße es dann etc. zu verwenden. Dies gilt genauso für die Bezeichnung zum Beispiel „Mitarbeiter*innen“. Genauso wie für das Geschlecht gilt auch für Pronomen als „Herr“ oder „Frau“. Manche Menschen verzichten für und Anreden, dass Menschen nicht angesehen werden sich auf diese Bezeichnungen und nutzen stattdessen kann, welche Pronomen und welche Anrede sie vorzie- ihren Vornamen in Kombination mit dem Nachnamen. hen. Wenn Sie diese Informationen über eine Person Seien Sie offen für kreative Lösungen und finden Sie eine, nicht haben, können Sie danach fragen, genauso wie die für ihre*n trans* Mitarbeiter*in bzw. Kolleg*in und das Beispiel: Auf eine Abrechnung können Sie nach dem Namen. Alternativ können Sie, auch wenn es „Anouk Fischer“ statt „Herr/Frau Fischer“ schreiben. Unternehmen funktioniert. zunächst ungewohnt sein mag, geschlechtliche Anreden vermeiden und statt „Sehr geehrte Damen und Herren“ oder „Liebe Frau XY“ Formulierungen wie „Sehr Geehrte“ (im Plural), „Sehr geehrte*r“ (mit Nennung des Vor- und Nachnamens) oder „Guten Tag“ verwenden. Mittlerweile gibt es im Deutschen neue Pronomen wie „nin“, „er*sie“ und „sier“. Diese zu verwenden mag zunächst un- gewohnt und fordernd sein. Durch etwas Übung kann jedoch meist recht schnell eine Vertrautheit damit entstehen. Das Bedürfnis von trans* Menschen auch nach neuen Pronomen sollte von Ihnen ernst genommen und nicht in Frage gestellt werden. Beispiel: „Hast du Noah gesehen? Ich suche ihn*sie, weil ich seine*ihre Tasche gefunden habe.“ 13 14
Grundlagenwissen zu sprechen. Vielleicht wollen auch Sie nicht ungefragt SEIEN SIE SOLIDARISCH MIT Make-up-Tipps und indirekte Bewertungen ihres Aus- IHREN TRANS* KOLLEG*IN- sehens bekommen. Oder es wäre Ihnen unangenehm, über private Entscheidungen und Ihr Sexualleben in der NEN, MITARBEITER*INNEN Das in der schriftlichen Sprache optisch präsente Stern- Mittagspause befragt zu werden. Außerdem ist es auch UND VORGESETZTEN chen wird in der gesprochenen Sprache durch eine klei- schön, sich über ganz andere Themen zu unterhalten, da ne Pause artikuliert. Alternativ oder zusätzlich können der*die Kolleg*in vielleicht nicht immer nur diesen einen Es kann sehr herausfordernd für einen trans* Menschen geschlechterübergreifende Formulierungen wie bei- Aspekt seines*ihres Lebens thematisieren möchte. sein, am Arbeitsplatz offen mit der eigenen Transge- spielsweise „Fachkraft“, „Ansprechperson“ oder „Ab- schlechtlichkeit umzugehen, und es ist sehr wahrschein- teilungsleitung“ verwendet werden. Auch können durch GEHEN SIE VERTRAULICH lich, dass Situationen auftreten werden, in denen es wich- umschreibende Formulierungen Geschlechtszuschrei- tig ist, nicht allein dazustehen. Es ist oft schon hilfreich, bungen vermieden werden. So werden keine Menschen MIT PERSÖNLICHEN wenn Sie eine*n Kolleg*in freundlich korrigieren, der*die aufgrund ihres Geschlechts sprachlich ausgeschlossen. INFORMATIONEN UM ein falsches Pronomen oder die falsche Ansprache ver- Gleichzeitig werden – im Gegensatz zur Verwendung wendet. Dadurch zeigen Sie, dass Ihnen ein gleichge- des Gender-Sternchens oder ähnlichem – Geschlech- Wenn sich ein*e Kolleg*in Ihnen gegenüber als trans* stellter und respektvoller Umgang wichtig ist und trans* ter, die womöglich ohnehin weniger präsent sind, nicht outet, ist das ein sehr großer Vertrauensbeweis. Es ist Personen diese Arbeit im Unternehmen nicht allein leis- sichtbar gemacht und ausdrücklich adressiert. Für viele deshalb von größter Wichtigkeit, damit sensibel umzuge- ten müssen. Menschen signalisiert die Verwendung geschlechterge- hen und den Menschen zu fragen, ob diese Information rechter Sprache eine positive Haltung in Bezug auf ge- weitergegeben werden darf oder nicht. Wenn der Mensch schlechtliche Vielfalt im Unternehmen und gibt ihnen das dies nicht möchte, behalten Sie die Information für sich. Gefühl, beachtet und mitgedacht zu werden. Es ist die persönliche Entscheidung jedes Menschen, wann, ob und mit wem sie*er persönliche Lebensinfor- mationen teilt. Seien sie unterstützend, aber drängen Sie SPRECHEN SIE MIT IHREN den Menschen nicht, sich vor anderen zu outen. Nehmen TRANS* KOLLEG*INNEN Sie die Wünsche der betreffenden Person ernst. DOCH AUCH MAL ÜBER ANDERE THEMEN Trans* Menschen, die offen mit ihrer Transidentität um- gehen, sind es meist gewohnt, dass sie oft Fragen zu ihrer Geschlechtsidentität gestellt bekommen. Das heißt allerdings nicht, dass Sie alles fragen können, was Sie in- teressiert. Überlegen Sie vorher, ob die Ebene, auf der Sie miteinander umgehen, wirklich intim genug ist, um über Operationen, Geschlecht und private Entscheidungen Auf der folgenden Website finden Sie Tipps und Beratung zu geschlechtergerechter Sprache: www.fairlanguage.com 15 16
Informationen und Empfehlungen für das Personalmanagement INFORMATIONEN UND EMPFEHLUNGEN TRANSITION Nach der offiziellen Vornamensänderung ist die Verwen- dung des neuen Namens in allen Dokumenten, Zeugnis- FÜR DAS PERSONALMANAGEMENT Wenn eine Person sich dafür entscheidet eine Transition sen etc. verpflichtend. Es gilt nach § 5 des Transsexuel- lengesetzes zudem ein Offenbarungsverbot, d. h., ohne zu beginnen, kann dies einige Schritte beinhalten, die mit Ihrer Unterstützung stark vereinfacht werden können. die Zustimmung der betreffenden trans* Person darf der Insbesondere betrifft dies die sofortige Verwendung des ehemalige Vorname nicht preisgegeben werden. Unter- korrekten Vornamens, des Pronomens und der Anrede. stützen Sie die trans* Person in ihrem Prozess, indem Sie Alle Schritte sollten jedoch nach Rücksprache mit der je- eine schnelle Änderung von Arbeitszeugnissen und wei- weiligen Person geschehen, insbesondere, wie und ob die teren Dokumenten erwirken. Es ist ratsam, unabhängig weitere Belegschaft informiert werden soll. Einige trans* von Einzelfällen Transitionsrichtlinien zu erstellen oder Menschen beantragen eine gerichtliche Vornamens- auf bestehende zurückzugreifen. Diese geben Bewer- und/oder Personenstandsänderung, durch die sich der ber*innen sowie Mitarbeiter*innen im eigenen Unterneh- Vorname und gegebenenfalls der Personenstand in of- men Orientierung und Sicherheit. fiziellen Ausweisdokumenten ändert. Der neue Vorname und die gewünschte Anrede können aber auch ohne eine solche gerichtliche Änderung auf Namensschildern und Hinweise auf eine fehlende Sensibilität für das Thema Visitenkarten, in E-Mail-Adressen etc. verwendet werden. geschlechtliche Vielfalt bzw. Trans* in einem Betrieb, Ver- ein, Träger o. ä. können trans* Menschen von der Bewer- bung auf eine Stelle abhalten oder in einem laufenden Be- werbungsverfahren zum Rückzug der Bewerbung führen. Sowohl bei der Anstellung von trans* Menschen als auch, wenn Menschen sich im bestehenden Arbeitsverhältnis als trans* outen, kommt Personalverantwortlichen und der Personalabteilung eine große Verantwortung für die diskriminierungsarme Gestaltung des Arbeitsalltags zu. Im Folgenden finden Sie einige Empfehlungen und Hin- weise, wie diese zu erreichen ist: Wenn Sie Bewerbungen bekommen, bei denen sich die BEWERBUNGSVERFAHREN Namen auf den Zeugnissen und in der Bewerbung unter- scheiden, gehen Sie sensibel mit dieser Information um. Bereits bei der Ausschreibung für eine Stelle können Sie Für die Durchsicht von Lebensläufen ist es hilfreich zu die Chance nutzen, eine offene Haltung gegenüber ge- wissen, dass eine Phase ohne Anstellung ihren Grund in schlechtlicher Vielfalt zu zeigen, indem Sie alle potentiel- einer Transition haben kann. Nutzen Sie gegebenenfalls len Bewerber*innen ansprechen. Durch die Nutzung des die Chance des Vorstellungsgesprächs, um dazu Rück- Gender-Sternchens („Mitarbeiter*in“) oder des Gender- sprache zu halten; vermeiden Sie jedoch – wie in allen Gap („Mitarbeiter_in“) signalisieren Sie, dass Sie nicht-bi- Vorstellungsgesprächen – zu persönliche Fragen. So- näre Menschen zur Bewerbung einladen. lange Pronomen und Anrede nicht explizit durch eine*n Bewerber*in kenntlich gemacht worden sind, können Sie durch Anreden wie „Guten Morgen, Martha Muster“ sichergehen, keine Person falsch anzusprechen. Sie kön- nen den*die Bewerber*in auch nach der gewünschten Ansprache und seinen*ihren Pronomen fragen. Ein hilfreiches Beispiel für eine Transitionsrichtlinie ist die SAP-Richtlinie zur Geschlechtsangleichung von 2014 (siehe S. 36). 17 18
Informationen und Empfehlungen „Die beiden Menschen aus unserer Personalabteilung „Bevor die Vornamensänderung vollzogen war, outete ich für das Personalmanagement sind supersensibel und eigenständig mit dem Thema mich während des Bewerbungsprozesses. Meistens wies umgegangen. Eine von beiden hat bei dem Sternchen hin- ich explizit darauf hin, dass mein damaliger Name und ter meinem Namen direkt geschaltet und sich im Internet Geschlecht nicht meiner Lebensrealität entsprachen. schlau gemacht. Daraufhin wurde ich bei der Betriebsärztin Bei all diesen Bewerbungen (auch auf einfache Praktika) nicht als Frau XY angesprochen, da die Kollegin ein Trans*- erhielt ich eine Absage.“ Zeichen hinter meinen Namen im Personalbogen gemalt Peter, (trans*) Mann und nicht-binär, hatte. Zusätzlich wurde die Ansprache auf der Abrechnung zum Zeitpunkt der Befragung arbeitslos, geändert, wo nun mein Name statt „Frau“ steht. Weiterhin UNTERSTÜTZUNG UND INFORMATIONEN hat die andere Kollegin eigenständig den Arbeitsvertrag ab- heute Student und Angestellter geändert und war sehr dankbar für meine dazu geäußerten „Am besten wäre es, wenn beim Bewerbungsverfahren nicht Seien Sie Ihren Kolleg*innen ein Vorbild und praktizie- menden Haltung innerhalb der Belegschaft beitragen. Änderungswünsche. Zum Abschluss fragte sie dann sogar, „Herr“/„Frau“ angegeben werden muss, sondern der Vorname ren Sie eine unterstützende und solidarische Haltung Für die Unterstützung von trans* Beschäftigten ist die mit welchem Pronomen ich angesprochen werden möchte. als Ansprache genutzt werden kann.“ Die beiden sind wirklich ein Paradebeispiel dafür etwas gegenüber trans* Personen. Weiterhin ist es sinnvoll, Installierung einer Ansprechperson für trans* Mitarbei- HannaH, non-binary, aktuell arbeitsuchend ‚Neues‘ mit Offenheit und Sensibilität umzusetzen und nach außen und nach innen eine trans*freundliche Hal- ter*innen außerhalb der innerbetrieblichen Hierarchie für beide schien es absolut selbstverständlich zu sein.“ tung zu kommunizieren, indem Sie z. B. darauf einwirken, sinnvoll, an welche sich trans* Menschen mit Wissens- Freddie*, nicht-binär, Betreutes Wohnen für dass Trans*-Themen in Ihrem Diversity-Statement er- und Unterstützungsbedarf wenden können. Falls nur Sie psychisch erkrankte Menschen wähnt werden. Dadurch bestärken Sie potenzielle neue in der Personalabteilung den alten Namen einer trans* Kolleg*innen darin sich zu bewerben und trans* Perso- Person kennen oder wissen, dass ein*e Mitarbeiter*in nen, die bereits mit Ihnen arbeiten, fällt es gegebenen- trans* ist, gehen Sie mit dieser Information absolut ver- falls leichter sich im Betrieb offen zu zeigen. Außerdem traulich um, wenn die Person keinen anderen Wunsch können Diversity-Schulungen mit einem Fokus auf Trans- explizit geäußert hat. geschlechtlichkeit zu einer verständnisvollen und anneh- MACHEN SIE SICH DAZU SCHLAU, WIE DIE RECHTLICHE LAGE IN DEUTSCHLAND IST UND WAS SIE TUN KÖNNEN, UM INKLUSIVER ZU SEIN – FORMULARE, AUSSCHREIBUNGEN, RUNDBRIEFE, TOILETTEN, … Jn Ysnn, nicht-binär/queer, Tischlerei „Im Rahmen der Formulierungen in den Stellenausschrei- bungen habe ich Positionierungen zum Thema geschlecht- liche Vielfalt beachtet: Mir war sehr wichtig, dass die Stellenausschreibung verschiedene Identitäten anspricht.“ Ker, nicht-binär, öffentlicher Dienst „Im Prozess der Vornamensänderung bin ich immer wieder an einer Hochschule damit konfrontiert, dass ich nicht selbstbestimmt mein Leben leben darf. Darum wäre mir bei geplanten Änderun- „Helfen würde mir, zu wissen, dass meine Gegenüber zu- gen (z. B. von Mailadressen) wichtig gewesen, die Ände- mindest schon mal vom Thema Transgeschlechtlichkeit rungen direkt selber anstoßen zu können. Ich möchte nicht gehört haben und bei einem Coming-out nicht völlig aus mehr über Person XY Prozess Z in Gang setzen. Ich will allen Wolken fallen. Auch würde es mir helfen, wenn es neben Person XY sitzen, mir erklären lassen, warum Z nicht gewisse Mindeststandards hinsichtlich Akzeptanz gäbe, geht, und dann direkt mit der Person schauen, wie es doch und vor allem das Wissen, im Falle von negativen Äußer- umsetzbar ist.“ ungen Unterstützung zu bekommen.“ Peter, (trans*) Mann und nicht-binär, zum Zeitpunkt der Louis, trans* Mann, Richter Befragung arbeitslos, heute Student und Angestellter 19
Informationen und Empfehlungen für Führungskräfte INFORMATIONEN UND EMPFEHLUNGEN rende Äußerungen jeglicher Art nicht geduldet werden und dass es in der alleinigen Entscheidung der trans* FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE Person liegt, welche Toilette sie nutzt. Zusätzlich ist es sehr wünschenswert, dass es auch eine Toilette für Menschen gibt, die sich außerhalb der Zwei- geschlechtlichkeit verorten. Stehen ausschließlich zwei- geschlechtlich organisierte Toiletten zur Verfügung, müs- werden. Achten Sie auch darauf, Ihr Verhalten nicht bei- sen nicht-binäre Menschen sich bei jedem Toilettengang GENDERSENSIBLE SPRACHE spielsweise von Annahmen über bestimmte Kolleg*innen, geschlechtlich falsch zuordnen und bekommen dadurch von denen Sie vermuten, dass sie trans* sein könnten, signalisiert, dass sie in ihrer Geschlechtlichkeit nicht er- Durch gendersensible Sprache können Sie sowohl nach leiten zu lassen. Zeigen Sie gegenüber allen Kolleg*in- wünscht sind. Eine Lösung besteht darin, mindestens innen als auch nach außen kommunizieren, dass Sie sich nen die gleiche Haltung, da es unmöglich ist, sicher zu einen gut erreichbaren und zugänglichen Toilettenraum offen und akzeptierend gegenüber geschlechtlicher Viel- wissen, wer sich als trans* definiert und wer nicht. Wenn beispielsweise als „WC für alle“ oder „All-Gender-Toilette“ falt am Arbeitsplatz positionieren. Es gibt die Möglich- ein*e Mitarbeiter*in sich Ihnen gegenüber als trans* ou- zu beschriften und damit für Menschen aller Geschlech- keit, das Gender-Sternchen („Mitarbeiter*innen“) oder tet, überlegen Sie gemeinsam, welche Schritte zu gehen ter zu öffnen. Diese Toilette sollte zusätzlich rollstuhlge- den Gender-Gap („Kolleg_innen“) zu nutzen, wenn Sie Eine klar inklusive und diskriminierungssensible Hal- sind, welche Schlüsselpersonen in diesen Prozess mit recht sein, um für alle Menschen nutzbar zu sein. Beson- Menschen mit einschließen möchten, die sich weder von tung der Leitung ist ein wichtiges Signal und bildet eine einbezogen werden sollten und zu welchem Zeitpunkt ders geeignet sind abschließbare Einzeltoiletten, die mit der männlichen noch von der weiblichen Form angespro- Grundlage für ein diskriminierungsarmes Arbeitsklima. wem was kommuniziert wird. Das Ziel dieses Prozesses einer Sitztoilette, einem Urinal und einem Waschbecken chen fühlen, weil sie außerhalb der Zweigeschlechtlich- So sollten Sie in Fällen von Diskriminierung, in denen Sie ist, dass eine Person, die offen mit ihrer Transgeschlecht- ausgestattet sind. Bei Neu- und Umbauten empfiehlt es keit positioniert sind. als Vorgesetzte die direkten Ansprechpersonen sind, den lichkeit umgehen bzw. in ihrer Geschlechtsidentität gese- sich, solche Toiletten vorzusehen. Falls nicht in jedem jeweiligen trans* Mitarbeiter*innen deutliche Rückende- hen und akzeptiert werden möchte, sich am Arbeitsplatz Stockwerk o. ä. ein WC für Menschen aller Geschlechter Achten Sie auch darauf, welche Ansprache sich ein ckung geben. Zudem gibt es verschiedene Bereiche, die wohlfühlen kann. Somit sollten die Vorstellungen und zur Verfügung steht, sollte vor den binär gestalteten Toi- Mensch wünscht. Geschlechtszuschreibungen sollten für ein transinklusives Arbeitsklima besonders relevant Ziele dieser Person im Mittelpunkt stehen. Keinesfalls letten ein Hinweis auf die nächstgelegene Toilette für alle vermieden werden. Nicht alle Menschen fühlen sich mit und in denen Ihr Mitdenken und Handeln als vorgesetzte sollte etwas über ihren Kopf hinweg in die Wege gelei- Menschen angebracht werden. der Bezeichnung „Herr“ oder „Frau“ wohl, sondern nut- Person von großer Wichtigkeit sind. Sollten Sie Möglich- tet werden. Vermeiden Sie unbedingt ein Outing gegen zen lieber beispielsweise ihren Vor- und Nachnamen als keiten für einen umfassenden Prozess der Umgestaltung den Willen der betreffenden trans* Person! Geben Sie die Ansprache. Das klingt vielleicht ungewöhnlich, dieser der Betriebskultur sowie der Sensibilisierung bezüglich Information nur weiter, wenn die betreffende Person ihr Wunsch sollte aber von Ihnen unhinterfragt respektiert spezifischer Bedarfe von trans* Menschen haben, emp- eindeutiges Einverständnis gegeben hat. werden. fiehlt es sich, hierfür eine externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Von entscheidender Bedeutung ist zunächst GESCHLECHTERINKLUSIVE jedoch die Unterstützung durch Sie als Führungskraft. TOILETTEN COMING-OUT AM Trans* Menschen müssen oft abwägen, welche Toilette Informationen zu Anlaufstellen finden Sie auf S. 36. ARBEITSPLATZ sie benutzen, aus Sorge, sie könnten wegen falscher Ge- schlechtszuschreibung angegriffen und gegebenenfalls Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bereits mit trans* Men- von der Toilette verwiesen werden. Als Führungskraft schen arbeiten, ist groß – vielleicht wissen Sie es nur können Sie dazu beitragen, dass der Toilettengang für nicht. Ein transinklusives Arbeitsklima kann ein Coming- trans* Mitarbeiter*innen so selbstverständlich wird wie out von Beschäftigten als trans* deutlich vereinfachen für cis Beschäftigte auch. Bei manchen Menschen stößt oder es überhaupt erst ermöglichen. Dazu können Sie die Toilettenfrage auf Abwehr. Hören Sie ihren Mitarbei- beitragen. Um Menschen überhaupt zu ermöglichen, ter*innen zu, versuchen Sie die Diskussion jedoch sach- sich gegenüber Kolleg*innen und Vorgesetzten zu öff- lich zu halten. Letztendlich geht es um ein alltägliches nen, braucht es eine Haltung, die klar kommuniziert, dass Bedürfnis aller Menschen, das z. B. in der Deutschen Vielfalt am Arbeitsplatz gewünscht ist und ablehnende Bahn auch von allen am gleichen Ort verrichtet wird. Ma- und diskriminierende Verhaltensweisen nicht geduldet chen Sie Ihren Mitarbeiter*innen klar, dass diskriminie- 21 22
Informationen und Empfehlungen für Führungskräfte SCHULUNGEN UND UNTERSTÜTZEN UND DEN „Als ich mich vor der Vornamensänderung noch überall outen musste, war mir das sehr unangenehm. Ich hatte FORTBILDUNGEN RÜCKEN STÄRKEN den Eindruck, eine Last für andere zu sein, weil ich ‚Sonderwünsche‘ hatte. Das stimmt natürlich nicht, Viele Menschen haben sich noch nicht mit dem Thema Wenn Menschen sich am Arbeitsplatz verstecken müs- aber das Gefühl war trotzdem da.“ Trans* beschäftigt, wodurch bei Ihren Mitarbeiter*innen sen oder Diskriminierung ausgesetzt sind, hat das erheb- Peter, (trans*) Mann und nicht-binär, zum Zeitpunkt der beispielsweise angesichts des Coming-outs einer trans* liche Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden. Wenn es jedoch Befragung arbeitslos, heute Student und Angestellter Person am Arbeitsplatz Verunsicherung und Unverständ- die Möglichkeit gibt, offen mit der eigenen Geschlechts- nis aufkommen können. In diesem Fall ist es ein ratsa- identität umzugehen, kann dies sowohl die Produktivität mer Schritt, dass Sie für Ihre Mitarbeiter*innen Schulun- als auch die Identifikation der jeweiligen Person mit dem „Für den Fall der Fälle wünsche ich mir Rückendeckung und gen zum Thema geschlechtliche Vielfalt anbieten. Betrieb stärken.4 Sie haben es in der Hand, ein transsen- Unterstützung von meinem Chef.“ sibles und offenes Arbeitsklima zu etablieren. Zeigen Sie, Denise, trans* weiblich, Kfz-Mechanikerin Entsprechende Schulungen können zu einem achtsamen dass Sie geschlechtlicher Vielfalt gegenüber offen sind Umgang beitragen und diskriminierendem Verhalten vor- und dass Ihre Tür immer offensteht, wenn eine Person „Im Vorstellungsgespräch äußerte die Abteilungsleiterin: beugen. Falls Sie von Mitarbeiter*innen wissen, dass sie sich Unterstützung von Ihnen wünscht. Dadurch, dass ‚Uns ist es egal, ob Sie männlich oder weiblich oder was trans* sind, besprechen Sie dieses Vorhaben und gege- Sie klar hinter einer Person stehen, die sich im Betrieb auch immer sind. So lange Sie ins Team passen, sind Sie benenfalls spezifische Anliegen und eventuelle Bedenken outen möchte oder geoutet hat, setzen Sie den Maßstab bei uns richtig.‘ “ diesbezüglich möglichst mit diesen Mitarbeiter*innen. für Ihre Mitarbeiter*innen und ermöglichen diesen, Ihrem Franzi, weiblich mit trans* Hintergrund, Beispiel zu folgen. Kundenservice der Telekom JEDER PROZESS 4 Vgl. Frohn, D. / Meinhold, F. (2018): „Out im Office?!“ Sonderauswertung NRW. Sexuelle „Die Geschäftsführung müsste einsehen, dass IST ANDERS Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeits platz, Köln: IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung (Hrsg.). Fortbildungen zum Thema Trans* relevant sind. Erstens sind einige unserer Klient*innen trans* und zweitens Jeder Mensch ist unterschiedlich und jede Arbeitsstät- heißt es nicht, dass ich die einzige trans* Person in der te hat spezifische Anforderungen und Charakteristika. Belegschaft bin, nur weil ich mich oute.“ Laden Sie Mitarbeiter*innen dazu ein, Ihre Bedürfnisse zu Freddie*, nicht-binär, Betreutes Wohnen formulieren, und hören Sie ihnen zu, denn sie sind selbst für psychisch erkrankte Menschen Expert*innen für ihre Arbeit und ihr Geschlecht und wis- sen am besten, was sie für ein gutes Arbeitsklima und -umfeld brauchen. Wenn es bei Ihnen beispielsweise eine geschlechtsspezifische Arbeitskleidung gibt, sorgen Sie dafür, dass allen Mitarbeiter*innen ermöglicht wird, die Kleidung zu tragen, die ihren Bedürfnissen entspricht. MEINE DIREKTE VORGESETZTE PERSON LEBT EINE SEHR OFFENE FÜHRUNGSKULTUR, IHRE TÜR UND IHRE OHREN SIND STETS OFFEN FÜR ALLES. DIESES VERHALTEN MACHT EINFACH ALLES LEICHTER. WENN DAS GRUNDLEGEND GELEBT WIRD, KANN DARAUF VIELES AUFBAUEN UND ANDERE DINGE LEICHTER VERZIEHEN ODER AUSGEHALTEN WERDEN. Sam, nicht-binär, öffentlicher Dienst in einer Behörde 23 24
Informationen und Empfehlungen für Kolleg*innen INFORMATIONEN UND EMPFEHLUNGEN UNTERSTÜTZEN SIE Als Kolleg*in können Sie dazu beitragen, dass alle Kol- SELBSTBESTIMMTE FÜR KOLLEG*INNEN TOILETTENNUTZUNG leg*innen selbstverständlich und ohne Diskriminierungs- erfahrungen die für sie passende Toilette nutzen können. Stellen Sie die Toilettenwahl einzelner Personen nicht in Es ist nicht selten, dass eine Person, die bis dato eine Frage und treten Sie kritischen Stimmen oder Kommen- geschlechtsspezifische Toilette genutzt hat, „plötzlich“ taren von anderen Kolleg*innen klar entgegen. Falls es in auf eine andere Toilette geht. Das kann damit zusam- Ihrem Arbeitskontext noch keine Toiletten für Menschen menhängen, dass es sich für sie*ihn aufgrund der Ge- aller Geschlechter gibt, setzen Sie sich bei Ihren Vorge- schlechtsidentität mittlerweile stimmiger anfühlt, diese setzten dafür ein – unabhängig davon, ob bereits ein Toilette zu benutzen oder dass sich eine Person nach konkreter Bedarf geäußert wurde oder nicht. Für trans* ihrem Coming-out als trans* nun traut, auf die für sie pas- Menschen kann es sehr belastend sein, die eigenen sendere Toilette zu gehen. In geschlechtsspezifischen Rechte und die Akzeptanz ihrer Geschlechtlichkeit stän- Toilettenräumen – nicht nur, aber auch im Arbeitskontext dig selbst und allein erkämpfen zu müssen. – erleben trans*, aber auch cis Menschen, die in ihrem Geschlecht falsch wahrgenommen werden, immer noch Ein aufgeschlossenes Arbeitsteam mit einer akzeptieren- häufig Diskriminierung. Wenn nur „Damen“- und „Herren“- den Haltung gegenüber geschlechtlicher Vielfalt und ein Toiletten zur Verfügung stehen, wird nicht-binären Men- respektvoller Umgang aller Beschäftigten untereinander schen zudem vermittelt, dass sie in ihrem Geschlecht tragen maßgeblich dazu bei, dass sich trans* Menschen nicht gesehen und nicht akzeptiert werden. am Arbeitsplatz willkommen und selbstverständlich ak- GEHEN SIE ACHTSAM MIT zeptiert fühlen. Somit ist es besonders wichtig, dass Sie dazu beitragen, ein diskriminierungsarmes Arbeitsklima EINEM COMING-OUT UM für Ihre Kolleg*innen und sich selbst zu schaffen und zu erhalten. Vielleicht sind Sie sich unsicher, wie Sie dies in Da es sehr schwierig für eine trans* Person sein kann, Bezug auf Trans*-Themen bewerkstelligen sollen, und ha- sich vor Kolleg*innen zu outen, verzichten viele trans* ben Angst, Ihre trans* Kolleg*innen zu kränken? Auf den Menschen auf ein Coming-out am Arbeitsplatz. Dies gilt Seiten 13-16 finden Sie wichtige Grundlagen zur Frage, sowohl für trans* Menschen, die nach ihrer Transition in was einen respektvollen Umgang mit trans* Menschen ihrer Geschlechtsidentität als cis wahrgenommen wer- ausmacht. Folgende Punkte können für Menschen, die den, als auch für trans* Menschen, die ihre Geschlechts- zusammenarbeiten, zusätzlich relevant sein: identität am Arbeitsplatz nicht offen zeigen und somit ständig geschlechtlich falsch angesprochen werden. Wenn sich ein*e Kolleg*in Ihnen gegenüber outet, ist das ein großer Vertrauensbeweis, mit dem Sie sehr be- hutsam umgehen sollten. Vielleicht sind Sie die einzige Person im Betrieb, die darum weiß, und vielleicht soll das auch so bleiben. Wenn sich die Person von Ihnen Unter- stützung beim Coming-out wünscht, achten Sie genau darauf, wie die Person sich die Unterstützung vorstellt, und unternehmen Sie keine Schritte, die nicht explizit ge- wünscht wurden. 25 26
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