TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW

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TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
TRANS* AM
ARBEITSPLATZ
Anregungen für ein respektvolles Miteinander
TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
INHALTSVERZEICHNIS

Grußwort                                                                            2

Warum das Thema Trans* am Arbeitsplatz wichtig ist                                  3
                                                                                        GRUSSWORT
Grundlagenwissen
                                                                                                                                                    Mehr als ein Drittel der befragten Personen berichtet,
Geschlechtliche Vielfalt                                                            5                                                               dass sie es häufig vorziehen, ihre Geschlechtsidenti-
                                                                                                                                                    tät zu verschweigen. Die Gründe für diese Missstän-
Transition                                                                          8                                                               de sind oft fehlende Kenntnisse der Thematik und der
                                                                                        Der Landesregierung ist die gesellschaftliche Akzep-        konkreten Lebenssituationen von trans* Menschen in
Rechtliche Aspekte                                                                 10   tanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen und ge-            der Belegschaft und bei Führungskräften. In derarti-
                                                                                        schlechtlicher Vielfalt ein wichtiges Anliegen. In vielen   gen Arbeitssituationen werden Menschen unzufrieden
Diskriminierungserfahrungen von trans* Menschen am Arbeitsplatz                    12
                                                                                        Bereichen des täglichen Lebens sind gerade trans*           und oft sogar krank. Nicht zuletzt besteht ein erhöhtes
Respektvoller Umgang mit trans* Mitarbeiter*innen, Kolleg*innen und Vorgesetzten   13   Menschen immer noch Diskriminierungen ausgesetzt,           Suizidrisiko.
                                                                                        auch in der Arbeitswelt. Diese Broschüre möchte
                                                                                        deshalb alle Beteiligten, die im Kontext Berufs- und        Der Weg hin zu einem Zusammenleben in Nordrhein-
                                                                                        Arbeitswelt miteinander agieren, sensibilisieren und        Westfalen, das auf gegenseitigem Respekt und Aner-
Informationen und Empfehlungen
                                                                                        informieren. Ziel ist es, ein wertschätzendes und mög-      kennung für alle basiert, ist noch lang. Aber wir werden
für das Personalmanagement                                                         17   lichst diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld für trans*      ihn weiterhin gemeinsam und engagiert gehen. Ich
                                                                                        Beschäftigte und Selbstständige zu schaffen, unab-          hoffe, dass diese Broschüre zum Nachdenken und zur
für Führungskräfte                                                                 23   hängig von Funktion und Beruf.                              Reflexion in den Unternehmen anregt, Personalverant-
                                                                                                                                                    wortlichen, Belegschaften und trans* Beschäftigten
für Kolleg*innen                                                                   25   Die Studie „Out im Office?! Sonderauswertung NRW“           wertvolle Informationen liefert und so dazu beiträgt,
                                                                                        aus 2018 hat sich auch mit der Situation von trans*         die Situation von trans* Personen in NRW auch in der
für Beschäftigtenvertretungen                                                      29
                                                                                        Beschäftigten befasst und macht das häufige Zusam-          Arbeitswelt spürbar zu verbessern.
für trans* Beschäftigte                                                            31   menspiel von Unwissenheit und Diskriminierung deut-
                                                                                        lich. Die Studie zeigt auf, dass zwei von drei trans*
Weiterführende Informationen                                                       33   Personen in NRW an ihrem Arbeitsplatz in ihrer Würde        Herzliche Grüße
                                                                                        missachtet werden und Situationen erleben, die als ein
Glossar                                                                            37
                                                                                        unangenehm voyeuristisches Interesse an ihrem Pri-
Impressum                                                                          38   vatleben empfunden werden oder sogar noch darüber
                                                                                        hinausgehen. 50 Prozent aller befragten trans* Men-         Dr. Joachim Stamp
                                                                                        schen waren Diskriminierungen ausgesetzt, die gegen         Minister für Kinder, Familie,
                                                                                        das Allgemeine Gleichstellungsgesetz verstießen und         Flüchtlinge und Integration
                                                                                        knapp 40 Prozent aller Befragten erlebten Diskrimi-         des Landes Nordrhein-Westfalen
                                                                                        nierungen, die sogar strafrechtliche Relevanz hatten.
                                                                                        Und weit mehr als die Hälfte hat Angst, als Trans*
                                                                                        am Arbeitsplatz erkannt zu werden. Die Folge davon:
TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
WARUM DAS THEMA TRANS*
AM ARBEITSPLATZ WICHTIG IST
                                                                                                                                   „Wenn Personen sich nicht trauen, am Arbeitsplatz in ihrer
                                                                                                                                   eigentlichen Geschlechtsrolle aufzutreten, führt dies zu
                                                                                                                                   einem Doppelleben zwischen Privatem und Arbeit, welches
                                                                                                                                   ich mir sehr kräftezehrend vorstelle und das sicherlich
                                                              zu entfalten. Die Relevanz dieser Thematik zeigt sich                weder für die betreffende Person noch für deren Arbeitsleis-
                                                              zudem oft in der Zufriedenheit und in der Produktivität              tung vorteilhaft ist.“
Trans* Menschen, genauso wie allen anderen Mitarbei-          der Arbeitnehmer*innen. Muss die eigene Identität aus                                                      Louis, trans* Mann, Richter
ter*innen, sollte es möglich sein, sich im Berufsleben und    Angst vor Diskriminierung am Arbeitsplatz versteckt wer-
am Arbeitsplatz offen mit ihrer Geschlechtsidentität zu       den, kann dies einen negativen Einfluss beispielsweise
zeigen ohne Diskriminierungen zu erfahren – und dazu          auf die gesamte Arbeitsleistung haben. Diskriminieren-
können Sie beitragen. Auch dazu, dass Transgeschlecht-        der Umgang kann sich zudem negativ auf die psychische
lichkeit sich nicht negativ auf Berufsaussichten und Auf-     Situation der jeweiligen Person auswirken. Dementspre-
stiegschancen auswirkt.                                       chend berichtet auch ein Großteil der trans* Menschen,           TRANS* MENSCHEN SIND ALLGEGEN-
                                                              die verschlossen mit ihrer Geschlechtsidentität umge-
Dass Sie diese Broschüre in der Hand halten und Inte-         hen, von psychosomatischen Beschwerden.                          WÄRTIG UND EIN „UNS BETRIFFT DAS
resse an dem Thema zeigen, ist bereits ein erster und                                                                          HIER JA NICHT“ IST SCHLICHT FALSCH.
wichtiger Schritt in Richtung eines vorurteilsfreien und      Für Menschen, die ihre Geschlechtsidentität am Arbeits-
                                                                                                                               NUR WEIL JEMAND NICHT ALS TRANS*
von Vielfalt geprägten Miteinanders im Berufsleben. Die       platz offen leben (können), zeigt sich hingegen eine sehr
folgenden Kapitel bieten Ihnen eine Vielzahl an Informa-      viel geringere psychosomatische Belastung und eine hö-           ERKENNBAR IST, IST SIE*ER NICHT
tionen, Hinweisen und Empfehlungen zum Thema und zu           here Widerstandskraft gegenüber Diskriminierung. Dies            WENIGER TRANS*.
einem sensiblen Umgang mit trans* Beschäftigten aus           ermöglicht den Menschen nicht nur, sich mit umfangrei-
                                                                                                                                                                                  Ker, nicht-binär, öffentlicher Dienst
verschiedenen Blickwinkeln innerhalb der Arbeitswelt.         cheren Ressourcen der Arbeit zu widmen, es kann eben-                                                                              an einer Hochschule
Sie können diese Broschüre also punktuell lesen oder          falls die Verbundenheit und Identifikation mit der Arbeit
sich einen Gesamtüberblick verschaffen. Trans* Perso-         intensivieren. Eine Arbeitskultur, in der eine klare Positio-
nen finden nützliche Hinweise beispielsweise zu Fragen        nierung gegen Mobbing und Diskriminierung, auch gegen
rund um das Bewerbungsverfahren und wann ein Co-              Rassismus sowie die Abwertung von Menschen mit Be-
ming-out sinnvoll sein kann.                                  hinderung etc. stattfindet, ermöglicht außerdem ein an-
                                                              genehmes, sicheres Arbeitsklima für alle.
                                                                                                                                   „Aufgrund hoher Arbeitslosenzahlen bei trans* Menschen
Viele trans* Menschen erfahren im Arbeitsalltag Diskri-
                                                                                                                                   ist das Thema enorm wichtig. Unternehmen müssen of-
minierungen, die sich sehr unterschiedlich äußern kön-        Diese Broschüre möchte für einen diskriminierungsfreien
                                                                                                                                   fener werden, um die beste Besetzung für eine Stelle zu
nen. Es gibt vielfältige Gründe für die Diskriminierung von   Umgang am Arbeitsplatz werben und bietet Unterstüt-                  bekommen. Dabei muss die geschlechtliche Identität irrele-
trans* Menschen, oft führt mangelndes Wissen und Ver-         zung für eine Arbeitskultur, die von Verständnis, Akzep-             vant werden.“
ständnis über trans* Lebensrealitäten zu Unsicherheit         tanz und gegenseitigem Interesse geprägt sein sollte. Es
                                                                                                                                                            Franzi, weiblich mit trans* Hintergrund,
und falschen Annahmen. Unbewusste Distanz und eine            ist ratsam, die Lektüre mit dem folgenden Kapitel „Grund-                                                 Kundenservice der Telekom
aus Unkenntnis heraus mangelnde Unterstützung durch           lagenwissen“ zu beginnen, da es relevante Informationen
Vorgesetzte und Kolleg*innen führen oftmals zu ausgren-       auch für das Verständnis der Folgekapitel beinhaltet.                „Ich denke, den meisten cis Menschen ist nicht bewusst,
zenden Verhaltensweisen, die durch Information und die        Ferner finden Sie hinten in einem kleinen Glossar Begriff-           dass trans* Menschen in jedem Lebensbereich mit ge-
richtigen Handlungsstrategien vermieden werden könn-          lichkeiten erläutert, mit denen Sie sich vertraut machen             wissen Hürden konfrontiert werden. Darum finde ich es
ten. Unsicherheiten entstehen unter anderem dadurch,          möchten.                                                             wichtig, mit konkreten Beispielen die Hürden, Herausforde-
dass in unserer Gesellschaft im Allgemeinen Einord-                                                                                rungen aber auch Lösungswege sichtbar und anschaulich
nungen stattfinden, bei denen Menschen entweder dem           Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.                           zu machen.“
männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zugeordnet                                                                                         Peter, (trans*) Mann und nicht-binär, zum Zeitpunkt der
werden. Zusätzlich werden den jeweiligen Geschlechtern                                                                                         Befragung arbeitslos, heute Student und Angestellter
spezifische Eigenschaften und Vorlieben zugeschrieben.
Dies schränkt alle Menschen ein; für trans* Menschen                                                                               „Ich kenne keinen Menschen, der bei der Arbeit nur als
                                                                                                                                   Arbeitskraft anwesend ist. Welche Eigenschaften haben
führt es aber außerdem zu Diskriminierung und der Tabu-
                                                                                                                                   Raum und welche aus welchen Gründen nicht?“
isierung ihrer Lebensrealität. Geschlechtliche Vielfalt an-      In dieser Broschüre finden sich themenspezifische Begriffe,
zuerkennen wirkt sich positiv auf alle Menschen aus und          die Vielen noch unbekannt sein können. Im Glossar auf                                           Ker, nicht-binär, öffentlicher Dienst
                                                                 Seite 37 gibt es hierzu weitergehende Erklärungen.                                                             an einer Hochschule
schafft mehr Handlungsspielräume und Freiheiten sich

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TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
Grundlagenwissen

GESCHLECHTLICHE VIELFALT

In unserer Gesellschaft besteht die weit verbreitete An-
nahme, dass das Geschlecht eines Menschen durch
dessen Körper definiert ist. Diese beiden Dinge werden        Ebenso wie binäre trans* Menschen gibt es auch nicht-
im Alltag oft miteinander gleichgesetzt: Menschen mei-        binäre trans* Menschen. Dies bedeutet, dass sich die-
nen, das Geschlecht anderer an ihrem körperlichen Er-         se Menschen keinem der zwei Geschlechter Mann und
scheinungsbild, ihrer Stimme etc. erkennen zu können.         Frau (ausschließlich) zugehörig fühlen. Viele nicht-binäre
Solche geschlechtlichen Annahmen treffen zwar oft zu,         Menschen bezeichnen sich als trans*, aber nicht alle.
aber nicht immer. Trans* Menschen wissen: Körper sind
vielfältig, das Geschlecht ist nicht durch den Körper vor-    Trans* Menschen sind keine einheitliche Gruppe. Sie ha-
gegeben. Dieses Wissen entspricht wissenschaftlicher          ben – selbstverständlich – unterschiedliche Interessen,
Forschung und zum Beispiel den Yogyakarta-Prinzipien,         Bedürfnisse und Lebensentwürfe. Zudem begegnen bei-
in denen die Menschenrechte in Bezug auf Geschlechts-         spielsweise trans* Menschen, die eine Behinderung ha-
identität und sexuelle Orientierung angewendet werden.        ben, Rassismus ausgesetzt sind, migriert sind, alt sind
Trans* Menschen identifizieren sich nicht (ausschließ-        und/oder Sexismus erfahren weiteren Vorurteilen und
lich) mit dem Geschlecht, das für sie bei ihrer Geburt auf-   machen individuelle und spezifische Erfahrungen zudem
grund äußerer Geschlechtsmerkmale festgestellt wurde.         auch mit Trans*feindlichkeit. Es ist wichtig, Diskriminie-
Dass das zugeschriebene Geschlecht für sie nicht passt,       rung in all ihren Formen, also auch mehrdimensional und
wird manchen trans* Menschen sehr früh in ihrem Leben         in ihrer Komplexität entgegenzutreten.
bewusst, anderen deutlich später. Viele trans* Menschen
entscheiden sich im Laufe ihres Lebens dazu, auch für         Während sich Transgeschlechtlichkeit auf die Ge-
andere Menschen sichtbar in ihrem Geschlecht zu leben         schlechtsidentität bezieht, handelt es sich bei Interge-
(mehr zu den Themen Coming-out und Transition auf S. 8).      schlechtlichkeit um eine körperliche Konstitution. Inter*
                                                              Menschen sind Menschen, deren Körper nicht in die
Viele trans* Menschen identifizieren sich als Frauen oder     medizinischen Kategorien männlich oder weiblich ein-
Männer, sind also binär trans*. Eine trans* Frau ist so-      geordnet werden können. Es existiert eine große Vielfalt
mit eine Frau, für die bei Geburt aufgrund von körperli-      an körperlichen Variationsmöglichkeiten. (Informationen
chen Merkmalen das männliche Geschlecht festgestellt          zum relativ neuen Geschlechtseintrag „divers“ finden Sie
wurde. Ein trans* Mann ist ein Mann, der bei Geburt auf       auf Seite 10).
Grund von körperlichen Merkmalen weiblich zugeordnet
wurde. Manche Menschen mit einer Trans*-Geschichte                                                                          Das Online-Portal inter-nrw.de bietet inter* Menschen,
möchten ausschließlich als Mann oder Frau bezeichnet                                                                        Angehörigen, Freund*innen, Pädagog*innen, medizinischem
werden und sehen ihre Transgeschlechtlichkeit als Teil                                                                      und pflegerischem Fachpersonal sowie Medienschaffenden
ihrer Geschichte oder Vergangenheit an. Anderen ist es                                                                      zielgruppenspezifische Informationen zu vielfältigen
                                                                                                                            Aspekten von Intergeschlechtlichkeit.
wiederum wichtig ihre Transgeschlechtlichkeit (manch-
mal oder immer) mit zu benennen.

                                                                 Vertiefende Informationen zu Mehrfachdiskriminierung
                                                                 finden Sie beispielsweise auf der Webseite von LesMigraS
                                                                 oder unter dem Shortlink: https://bit.ly/2Q30R3P

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TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
Grundlagenwissen

                   TRANSITION

                                                                                auch bei einer Transition später im Leben einen offensi-
                                                                                ven Umgang mit dem Thema. Die Entscheidung diese In-
                                                                                formationen zu teilen oder nicht muss jedoch immer von
                                                                                der trans* Person selbst kommen. Denn es handelt sich
                                                                                um etwas sehr Persönliches und es ist daher wichtig, die
                                                                                Privatsphäre zu wahren. Zudem besteht ein Offenbarungs-
                                                                                verbot (siehe Seite 10).

                   Transition beschreibt den Prozess, den ein Mensch            KÖRPERLICHE
                   durchläuft, wenn sie*er Schritte unternimmt, damit sich
                   das Geschlecht, mit dem sie*er sich identifiziert, stärker
                                                                                VERÄNDERUNGEN
                   im eigenen Leben widerspiegelt.
                                                                                Es wird von Geschlechtsangleichung (und nicht von Ge-
                                                                                schlechtsumwandlung) gesprochen, da der Körper an
                   Eine Transition kann viele verschiedene Schritte be-
                                                                                das Geschlecht bzw. das eigene Körpergefühl angepasst
                   inhalten, wobei jede Person für sich selbst entscheidet,
                                                                                wird. Grundsätzlich ist die Geschlechtsidentität unab-
                   ob und wann sie*er diese gehen möchte. Eine Transition
                                                                                hängig von körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Trotz-
                   kann unter anderem das Aussuchen eines neuen Vorna-
                                                                                dem bekommen viele trans* Menschen ein Gefühl dafür,
                   mens, Pronomens, neuen Kleidungsstils sowie Hormon-
                                                                                wie ihr Körper eigentlich aussehen und verändert werden
                   behandlungen, operative Eingriffe und/oder die offizielle
                                                                                soll, um diesen in Einklang mit ihrer Geschlechtsidenti-
                   Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags
                                                                                tät zu bringen. Zu den körperlichen Veränderungsmög-
                   bedeuten.
                                                                                lichkeiten gehört eine Hormonbehandlung, bei der dem
                                                                                Körper entweder Östrogene oder Testosteron zugeführt
                   COMING-OUT                                                   werden, wodurch der Körper sich verändert, so z. B. hin-
                                                                                sichtlich Körperform, Stimme und Körperbehaarung.
                   Beim Begriff Coming-out denken viele Menschen zu-
                   nächst an lesbische, schwule oder bisexuelle Menschen,       Außerdem gibt es diverse Möglichkeiten den Körper ope-
                   die ein Coming-out bezüglich ihrer sexuellen Orientierung    rativ zu verändern. Manche Menschen entscheiden sich
                   bzw. ihrer sexuellen Identität haben. Bei trans* Menschen    dafür, alle (äußeren) Geschlechtsmerkmale verändern
                   bezieht sich das Coming-out auf ihre Geschlechtsidenti-      zu lassen. Andere entscheiden sich für wenige oder gar
                   tät. Als Coming-out wird bei trans* Menschen der Pro-        keine Angleichungen. Dadurch sind sie nicht weniger
                   zess bezeichnet, in dem der Person bewusst wird, dass        trans* als jene, die sich für (umfangreiche) Maßnahmen
                   die eigene Geschlechtsidentität von dem bei der Geburt       entscheiden. Manchen trans* Menschen ist es aus ver-
                   zugeschriebenen Geschlecht abweicht.                         schiedenen Gründen nicht möglich Hormone zu nehmen,
                                                                                auch wenn sie dies gern täten. Dies können gesundheitli-
                   Diesem sogenannten „inneren Coming-out“ kann das             che Gründe sein oder die Tatsache, dass sie minderjährig
                   „äußere Coming-out“ folgen, in welchem der Mensch an-        sind und nicht die Zustimmung ihrer Erziehungsberech-
                   fängt, seinem Umfeld davon zu erzählen und gegebenen-        tigten haben.
                   falls den eigenen Geschlechtsausdruck der Geschlechts-
                   identität anzupassen. Manche Menschen haben ihr
                   Leben lang kein „äußeres Coming-out.“ Andere leben nur
                   sehr eingeschränkt oder erst nach sehr langer Zeit so, wie
                   sie sich eigentlich fühlen, oder erzählen nur sehr weni-
                   gen Menschen davon, aus Angst vor Diskriminierung und           Vom Körper einer Person kann nicht auf ihr
                   Marginalisierung. Andere trans* Menschen leben schon            Geschlecht geschlossen werden.
                   in der Kindheit ihre Geschlechtsidentität oder wählen

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TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
Grundlagenwissen

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                                                           Der so genannte Alltagstest kann unter anderem bedeu-                                                                    DER GESCHLECHTS-
                                                           ten, dass sich beispielsweise eine trans* Frau am Ar-                                                                    EINTRAG „DIVERS“
                                                           beitsplatz anders als zuvor kleidet, bittet, den gewünsch-
                                                           ten Namen zu verwenden und die Damentoilette benutzt.                                                                    Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
KOSTENÜBERNAHME DURCH                                      Diese notwendigen Veränderungen können dazu führen,          VORNAMENS- UND                                              wurde Ende 2018 durch eine Änderung des Personen-
                                                           dass trans* Menschen verstärkt Diskriminierungen er-
DIE KRANKENKASSEN                                          fahren.
                                                                                                                        PERSONENSTANDSÄNDERUNG                                      standsgesetzes der Geschlechtseintrag „divers“ als drit-
                                                                                                                                                                                    te Option neben „männlich“ und „weiblich“ eingeführt.
                                                                                                                        NACH DEM TRANS-                                             Außerdem besteht weiterhin die Möglichkeit, den Ge-
Körperverändernde Maßnahmen werden von der gesetz-
lichen Krankenversicherung unter bestimmten Bedingun-
                                                           All diese Schritte können somit für trans* Menschen sehr     SEXUELLENGESETZ (TSG)                                       schlechtseintrag bei Geburt offen zu lassen oder später
                                                           belastend sein. In dieser Zeit sind Unterstützung und Ver-                                                               zu streichen.
gen übernommen. So wird beispielsweise ein Nachweis
                                                           ständnis von den Mitmenschen besonders wichtig.              Das Transsexuellengesetz (TSG) ist seit 1981 in Kraft
darüber verlangt, dass für mindestens ein Jahr eine Psy-
                                                                                                                        und regelt die rechtlichen Möglichkeiten von trans* Men-    Wichtig für einen diskriminierungsarmen Arbeitsalltag ist
chotherapie als sogenannte begleitende Maßnahme be-
                                                                                                                        schen zur Vornamens- und Personenstandsänderung.            natürlich auch die Anerkennung der Geschlechtsidentität
sucht wurde. Zusätzlich muss ein so genannter Alltags-
                                                                                                                        Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes wurden verschiedene     aller Menschen, die nicht Mann oder Frau sind, unabhän-
test abgeleistet werden. Dabei muss die Person vor dem
                                                                                                                        Paragrafen und Abschnitte wie z.B. die zur Zwangssterili-   gig von ihrem Geschlechtseintrag.
Beginn von medizinischen Maßnahmen über einen Zeit-
                                                                                                                        sierung als Voraussetzung der Personenstandsänderung
raum von mindestens einem Jahr in allen sozialen Be-
                                                                                                                        gestrichen, da sie gegen das Grundgesetz verstießen. Es
reichen in ihrer „gewünschten Geschlechterrolle“ leben,
                                                                                                                        gibt aber weiterhin Kritik an geltenden Regelungen wie
                                                                                                                                                                                    ALLGEMEINES GLEICH-
auch im Arbeitsumfeld. Die bestehenden Regelungen                                                                                                                                   BEHANDLUNGSGESETZ (AGG)
                                                                                                                        z.B. der doppelten Begutachtungspflicht. Um in Deutsch-
greifen aus Sicht von Trans*-Selbstorganisationen in die
                                                                                                                        land den Vornamen und/oder den Personenstand (den
Selbstbestimmung von trans* Menschen ein und werden                                                                                                                                 Das AGG soll vor Diskriminierung, insbesondere am
                                                                                                                        Geschlechtseintrag) nach dem TSG ändern zu lassen,
von dort kritisiert.                                                                                                                                                                Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche und in gewissen
                                                                                                                        muss ein Antrag bei Gericht gestellt werden. Das Gericht
                                                                                                                        fordert Gutachten von zwei unabhängigen Gutachter*in-       Bereichen des Alltags schützen. Transspezifische Diskri-
                                                                                                                        nen an, welche bestätigen müssen, dass der*die Antrags-     minierungen fallen unter „Diskriminierung aufgrund des
                                                                                                                        steller*in seit mindestens drei Jahren in dem „anderen“     Geschlechts“ und sind laut AGG verboten. Dazu zählen
                                                                                                                        Geschlecht lebt und mit hoher Wahrscheinlichkeit die        unter anderem die Verweigerung der Verwendung des
                                                                                                                        Geschlechtszugehörigkeit nicht mehr ändern wird. Das        neuen Vornamens z. B. auf Namensschildern, in E-Mail-
                                                                                                                        Gericht entscheidet am Ende darüber ob die Änderungen       adressen etc. und die Verweigerung des Zugangs zu der
                                                                                                                        durchgeführt werden. Die Gutachten sind mit recht ho-       Geschlechtsidentität angemessenen Toiletten.
                                                                                                                        hen Kosten verbunden, welche die Person, die den Antrag
                                                                                                                        stellt, selbst tragen muss, wenn keine Prozesskostenhilfe
                                                                                                                        gewährt wird.

                                                                                                                        OFFENBARUNGSVERBOT
                                                                                                                        Gemäß des Offenbarungsverbotes, das in § 5 Absatz 1
                                                                                                                        des Transsexuellengesetzes (TSG) definiert ist, dürfen         In Malta beispielsweise gilt das Selbstbestimmungs-
                                                                                                                        die Vornamen, die ein Mensch vor einer Vornamensände-          prinzip: Erwachsene können ihren Personenstand durch
                                                                                                                        rung verwendet hat, nicht ohne seine*ihre Zustimmung           einen simplen Antrag ohne finanzielle oder bürokratische
                                                                                                                        offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, es wer-       Hürden ändern lassen. Informationen zu aktuellen
                                                                                                                        den besondere Gründe des öffentlichen Interesses oder          Entwicklungen im Hinblick auf Regelungen zu Personen-
                                                                                                                                                                                       standsänderungen in verschiedenen Ländern finden sich
                                                                                                                        ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht.
                                                                                                                                                                                       auf der Webseite von Transgender Europe www.tgeu.org
                                                                                                                                                                                       und über den Shortlink: https://bit.ly/2vcau96

9                                                                                                                                                                                                                                                 10
TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
Grundlagenwissen

                   DISKRIMINIERUNGSERFAHRUNGEN VON
                   TRANS* MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ

                   Ein kurzer Austausch an der Kaffeemaschine mit
                   Kolleg*innen über das Wochenende, die freudige Anteil-
                   nahme im Büro, wenn ein Kind geboren wird – all diese
                   kleinen Dinge heben die Arbeitsatmosphäre und stärken
                   den Zusammenhalt in der Belegschaft. Dagegen kann es                                                Die Frage, warum so viele Menschen sich nicht offen mit
                   sehr anstrengend und belastend sein, in alltäglichen Si-                                            ihrer Geschlechtsidentität gegenüber ihren Kolleg*innen
                   tuationen am Arbeitsplatz zentrale Aspekte der eigenen                                              und Vorgesetzten zeigen, wird in der genannten Studie
                   Identität aus Angst vor Diskriminierung zu verstecken.                                              ebenfalls beleuchtet. Demnach haben 50 Prozent der
                   Wie die Studie „Out im Office?!“1 zeigt, machen sich 72                                             trans* Menschen Diskriminierung erfahren, die gegen
                   Prozent der befragten trans* Menschen Gedanken da-                                                  das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ver-
                   rüber, was sie im Arbeitskontext über ihr Privatleben                                               stößt; knapp 39 Prozent erlebten strafrechtlich relevante
                   erzählen können. Auch sind für viele trans* Menschen                                                Diskriminierung am Arbeitsplatz. Hinzu kommen Diskri-
                   schon alltägliche Fragen wie die Toilettenwahl oder                                                 minierungserfahrungen wie Gerüchte, Ignoranz, Isolati-
                   die Beschriftung eines Namensschildes mit Vorüberle-                                                on, unangenehmes Interesse am Privatleben und Entzug
                   gungen oder Angst vor einem unfreiwilligen Outing und                                               des Kund*innen-Kontakts. All diese Diskriminierungser-
                   Diskriminierung verknüpft. 22 Prozent der für die Studie                                            fahrungen wirken sich negativ auf das Wohlbefinden der
                   „Out im Office?!“ Befragten haben z. B. bereits Diskrimi-                                           Person am Arbeitsplatz aus. Nur 20 Prozent der befrag-
                   nierung aufgrund der Toilettenwahl erfahren.                                                        ten trans* Menschen haben keine Form der Diskriminie-
                                                                                                                       rung im Rahmen ihrer Arbeit erlebt.
                   Die Studie zeigt weiterhin, dass knapp 67 Prozent der
                   trans* Menschen an ihrem Arbeitsplatz verschlossen mit                                              Bereits im Bewerbungsverfahren erfahren viele trans*
                   ihrer Geschlechtsidentität umgehen. Während einer Tran-                                             Menschen Diskriminierung. 88 Prozent der im Rahmen ei-
                   sition praktizieren mehr trans* Menschen (gezwungener-                                              ner österreichischen Studie Befragten fanden es schwie-
                   maßen, siehe Passage zum TSG) einen offenen Umgang                                                  rig, als trans* Person überhaupt einen Arbeitsplatz zu
                   mit ihrer Geschlechtsidentität. Nach abgeschlossener                                                finden.2 In einer in den USA durchgeführten Befragung
                   Transition wählen viele (72 Prozent) erneut die Möglich-                                            gaben 44 Prozent der trans* Menschen an, aufgrund ihrer
                   keit eines verschlossenen Umgangs. Einige trans* Men-                                               Transgeschlechtlichkeit in Bewerbungsverfahren nicht
                   schen können aufgrund äußerer Bedingungen nach einer                                                berücksichtigt worden zu sein. Diese Studie stellte auch
                   Transition in ihrem Geschlecht weder verschlossen noch                                              fest, dass die Arbeitslosenquote von trans* Menschen
                   unauffällig leben.                                                                                  doppelt so hoch ist wie der nationale Durchschnitt. Für
                                                                                                                       trans* Menschen, die zusätzlich auch Rassismus erfah-
                                                                                                                       ren, war die Arbeitslosenquote viermal so hoch.3

                   1 Vgl. Frohn, D. / Meinhold, F. (2018): „Out im Office?!“ Sonderauswertung NRW. Sexuelle Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity
                     am Arbeitsplatz, Köln: IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung (Hrsg.).
                   2 Vgl. Frketic, V. / Baumgartinger, P. P. (2008): Transpersonen am österreichischen Arbeitsmarkt, Wien: diskursiv – Verein zur Verqueerung gesellschaftlicher Zusammenhänge.
                   3 Vgl. Grant, J. M. / Mottet, L. A. / Tanis, J. / Harrison, J. / Herman, J. L. / Keisling, M. (2011): Injustice at Every Turn: A Report of the National
                     Transgender Discrimination Survey, Washington: National Center for Transgender Equality and National Gay and Lesbian Task Force.

11                                                                                                                                                                                            12
TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
Grundlagenwissen

RESPEKTVOLLER UMGANG MIT TRANS*
MITARBEITER*INNEN, KOLLEG*INNEN
UND VORGESETZTEN

                                                                 VERWENDEN SIE DAS                                         FRAGEN SIE NICHT
                                                                 KORREKTE PRONOMEN                                         NACH DEM NAMEN, DEN
                                                                                                                           EINE PERSON VOR DER
                                                                 Das korrekte Pronomen (Fürwort) zu verwenden ist für
Es gibt einige grundlegende Verhaltensweisen, die dazu
                                                                 viele trans* Menschen genauso bedeutsam wie die kor-
                                                                                                                           TRANSITION GENUTZT HAT                                        BENUTZEN SIE
beitragen können, dass sich trans* Menschen in ihrem
Arbeitsumfeld angenommen und respektiert fühlen. Hier
                                                                 rekte Verwendung des Vornamens. Daher ist es für einen                                                                  GESCHLECHTERGERECHTE
                                                                 respektvollen Umgang wichtig, Pronomenwünsche zu          Von trans* Menschen wird der Vorname, den sie vor der
einige wichtige Anregungen:
                                                                 befolgen – und zwar auch, wenn die Person, über die ge-   Transition hatten, oft als „Deadname“ bezeichnet. Dieser
                                                                                                                                                                                         SPRACHE
                                                                 sprochen wird, nicht anwesend ist. Es gibt Menschen,      Name ist für viele also nicht nur der „alte“ Name, sondern
SPRECHEN SIE MENSCHEN                                            die sich weder durch „er“ noch durch „sie“ angesprochen   quasi tot. Der „Deadname“ ruft bei vielen trans* Men-         Es gibt verschiedene Varianten, die deutsche Sprache
                                                                                                                                                                                         so zu gestalten, dass nicht nur Männer und Frauen,
NACH IHREM COMING-OUT                                            fühlen. Einige Menschen verwenden für sich selbst kein    schen unangenehme Gefühle hervor und sollte deshalb
                                                                 Pronomen, wobei dann der Vorname bzw. der Vorname         nicht aus reinem Interesse erfragt werden. Wenn eine          sondern auch Menschen weiterer Geschlechter dabei
SOFORT KORREKT AN                                                und der Nachname anstelle des Pronomens genutzt wer-      trans* Person Ihnen von selbst davon erzählt, sollten Sie     mitgemeint werden. In dieser Broschüre wird z. B. das
                                                                 den können.                                               erfragen, inwiefern diese Information öffentlich ist, bevor   Gender-Sternchen „*“ verwendet. Mit dieser Form können
Wenn ein Mensch sich am Arbeitsplatz als trans* outet,                                                                                                                                   im Schriftlichen und im Mündlichen alle Geschlechter an-
                                                                                                                           Sie diese an andere weitergeben. Für trans* Menschen
geht das oft mit einer Änderung des Vornamens einher.                                                                                                                                    gesprochen werden. Denn in dem Wort sind sowohl die
                                                                                                                           kann es sehr anstrengend sein, wenn sie immer wieder
Dieser Vorname ist für die betreffende Person von großer         VERMEIDEN SIE (FALSCHE)                                                                                                 männliche als auch die weibliche Form beinhaltet und
                                                                                                                           nach dem „Deadname“ gefragt werden. Sie können also
Bedeutung und es ist ein Zeichen von Respekt und An-             GESCHLECHTSZUSCHREI-                                      Ihre Unterstützung zeigen, indem sie den „neuen“ Namen        durch das Sternchen wird zusätzlich Platz für die Vielfalt
erkennung, den Namen sowohl in der direkten Ansprache
                                                                 BUNGEN                                                    akzeptieren und über andere Themen sprechen.                  anderer Geschlechter geschaffen. Meist wird das Stern-
als auch in E-Mails, in Teilnahmelisten, auf Einladungen                                                                                                                                 chen hinter dem Wortstamm eingefügt. So hieße es dann
etc. zu verwenden. Dies gilt genauso für die Bezeichnung                                                                                                                                 zum Beispiel „Mitarbeiter*innen“.
                                                                 Genauso wie für das Geschlecht gilt auch für Pronomen
als „Herr“ oder „Frau“. Manche Menschen verzichten für
                                                                 und Anreden, dass Menschen nicht angesehen werden
sich auf diese Bezeichnungen und nutzen stattdessen
                                                                 kann, welche Pronomen und welche Anrede sie vorzie-
ihren Vornamen in Kombination mit dem Nachnamen.
                                                                 hen. Wenn Sie diese Informationen über eine Person
Seien Sie offen für kreative Lösungen und finden Sie eine,
                                                                 nicht haben, können Sie danach fragen, genauso wie
die für ihre*n trans* Mitarbeiter*in bzw. Kolleg*in und das                                                                                                                                 Beispiel: Auf eine Abrechnung können Sie
                                                                 nach dem Namen. Alternativ können Sie, auch wenn es                                                                        „Anouk Fischer“ statt „Herr/Frau Fischer“ schreiben.
Unternehmen funktioniert.
                                                                 zunächst ungewohnt sein mag, geschlechtliche Anreden
                                                                 vermeiden und statt „Sehr geehrte Damen und Herren“
                                                                 oder „Liebe Frau XY“ Formulierungen wie „Sehr Geehrte“
                                                                 (im Plural), „Sehr geehrte*r“ (mit Nennung des Vor- und
                                                                 Nachnamens) oder „Guten Tag“ verwenden.

   Mittlerweile gibt es im Deutschen neue Pronomen wie „nin“,
   „er*sie“ und „sier“. Diese zu verwenden mag zunächst un-
   gewohnt und fordernd sein. Durch etwas Übung kann jedoch
   meist recht schnell eine Vertrautheit damit entstehen. Das
   Bedürfnis von trans* Menschen auch nach neuen Pronomen
   sollte von Ihnen ernst genommen und nicht in Frage gestellt
   werden. Beispiel: „Hast du Noah gesehen? Ich suche ihn*sie,
   weil ich seine*ihre Tasche gefunden habe.“

13                                                                                                                                                                                                                                                 14
TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
Grundlagenwissen

                                                              zu sprechen. Vielleicht wollen auch Sie nicht ungefragt     SEIEN SIE SOLIDARISCH MIT
                                                              Make-up-Tipps und indirekte Bewertungen ihres Aus-
                                                                                                                          IHREN TRANS* KOLLEG*IN-
                                                              sehens bekommen. Oder es wäre Ihnen unangenehm,
                                                              über private Entscheidungen und Ihr Sexualleben in der      NEN, MITARBEITER*INNEN
Das in der schriftlichen Sprache optisch präsente Stern-      Mittagspause befragt zu werden. Außerdem ist es auch        UND VORGESETZTEN
chen wird in der gesprochenen Sprache durch eine klei-        schön, sich über ganz andere Themen zu unterhalten, da
ne Pause artikuliert. Alternativ oder zusätzlich können       der*die Kolleg*in vielleicht nicht immer nur diesen einen   Es kann sehr herausfordernd für einen trans* Menschen
geschlechterübergreifende Formulierungen wie bei-             Aspekt seines*ihres Lebens thematisieren möchte.            sein, am Arbeitsplatz offen mit der eigenen Transge-
spielsweise „Fachkraft“, „Ansprechperson“ oder „Ab-                                                                       schlechtlichkeit umzugehen, und es ist sehr wahrschein-
teilungsleitung“ verwendet werden. Auch können durch          GEHEN SIE VERTRAULICH                                       lich, dass Situationen auftreten werden, in denen es wich-
umschreibende Formulierungen Geschlechtszuschrei-                                                                         tig ist, nicht allein dazustehen. Es ist oft schon hilfreich,
bungen vermieden werden. So werden keine Menschen
                                                              MIT PERSÖNLICHEN                                            wenn Sie eine*n Kolleg*in freundlich korrigieren, der*die
aufgrund ihres Geschlechts sprachlich ausgeschlossen.         INFORMATIONEN UM                                            ein falsches Pronomen oder die falsche Ansprache ver-
Gleichzeitig werden – im Gegensatz zur Verwendung                                                                         wendet. Dadurch zeigen Sie, dass Ihnen ein gleichge-
des Gender-Sternchens oder ähnlichem – Geschlech-             Wenn sich ein*e Kolleg*in Ihnen gegenüber als trans*        stellter und respektvoller Umgang wichtig ist und trans*
ter, die womöglich ohnehin weniger präsent sind, nicht        outet, ist das ein sehr großer Vertrauensbeweis. Es ist     Personen diese Arbeit im Unternehmen nicht allein leis-
sichtbar gemacht und ausdrücklich adressiert. Für viele       deshalb von größter Wichtigkeit, damit sensibel umzuge-     ten müssen.
Menschen signalisiert die Verwendung geschlechterge-          hen und den Menschen zu fragen, ob diese Information
rechter Sprache eine positive Haltung in Bezug auf ge-        weitergegeben werden darf oder nicht. Wenn der Mensch
schlechtliche Vielfalt im Unternehmen und gibt ihnen das      dies nicht möchte, behalten Sie die Information für sich.
Gefühl, beachtet und mitgedacht zu werden.                    Es ist die persönliche Entscheidung jedes Menschen,
                                                              wann, ob und mit wem sie*er persönliche Lebensinfor-
                                                              mationen teilt. Seien sie unterstützend, aber drängen Sie
SPRECHEN SIE MIT IHREN
                                                              den Menschen nicht, sich vor anderen zu outen. Nehmen
TRANS* KOLLEG*INNEN                                           Sie die Wünsche der betreffenden Person ernst.
DOCH AUCH MAL ÜBER
ANDERE THEMEN
Trans* Menschen, die offen mit ihrer Transidentität um-
gehen, sind es meist gewohnt, dass sie oft Fragen zu
ihrer Geschlechtsidentität gestellt bekommen. Das heißt
allerdings nicht, dass Sie alles fragen können, was Sie in-
teressiert. Überlegen Sie vorher, ob die Ebene, auf der Sie
miteinander umgehen, wirklich intim genug ist, um über
Operationen, Geschlecht und private Entscheidungen

                                                                 Auf der folgenden Website finden Sie Tipps
                                                                 und Beratung zu geschlechtergerechter Sprache:
                                                                 www.fairlanguage.com

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TRANS* AM ARBEITSPLATZ - Anregungen für ein respektvolles Miteinander - NGVT* NRW
Informationen und Empfehlungen
für das Personalmanagement

INFORMATIONEN UND EMPFEHLUNGEN                                                                                           TRANSITION                                                   Nach der offiziellen Vornamensänderung ist die Verwen-
                                                                                                                                                                                      dung des neuen Namens in allen Dokumenten, Zeugnis-
FÜR DAS PERSONALMANAGEMENT                                                                                               Wenn eine Person sich dafür entscheidet eine Transition      sen etc. verpflichtend. Es gilt nach § 5 des Transsexuel-
                                                                                                                                                                                      lengesetzes zudem ein Offenbarungsverbot, d. h., ohne
                                                                                                                         zu beginnen, kann dies einige Schritte beinhalten, die mit
                                                                                                                         Ihrer Unterstützung stark vereinfacht werden können.         die Zustimmung der betreffenden trans* Person darf der
                                                                                                                         Insbesondere betrifft dies die sofortige Verwendung des      ehemalige Vorname nicht preisgegeben werden. Unter-
                                                                                                                         korrekten Vornamens, des Pronomens und der Anrede.           stützen Sie die trans* Person in ihrem Prozess, indem Sie
                                                                                                                         Alle Schritte sollten jedoch nach Rücksprache mit der je-    eine schnelle Änderung von Arbeitszeugnissen und wei-
                                                                                                                         weiligen Person geschehen, insbesondere, wie und ob die      teren Dokumenten erwirken. Es ist ratsam, unabhängig
                                                                                                                         weitere Belegschaft informiert werden soll. Einige trans*    von Einzelfällen Transitionsrichtlinien zu erstellen oder
                                                                                                                         Menschen beantragen eine gerichtliche Vornamens-             auf bestehende zurückzugreifen. Diese geben Bewer-
                                                                                                                         und/oder Personenstandsänderung, durch die sich der          ber*innen sowie Mitarbeiter*innen im eigenen Unterneh-
                                                                                                                         Vorname und gegebenenfalls der Personenstand in of-          men Orientierung und Sicherheit.
                                                                                                                         fiziellen Ausweisdokumenten ändert. Der neue Vorname
                                                                                                                         und die gewünschte Anrede können aber auch ohne eine
                                                                                                                         solche gerichtliche Änderung auf Namensschildern und
Hinweise auf eine fehlende Sensibilität für das Thema
                                                                                                                         Visitenkarten, in E-Mail-Adressen etc. verwendet werden.
geschlechtliche Vielfalt bzw. Trans* in einem Betrieb, Ver-
ein, Träger o. ä. können trans* Menschen von der Bewer-
bung auf eine Stelle abhalten oder in einem laufenden Be-
werbungsverfahren zum Rückzug der Bewerbung führen.
Sowohl bei der Anstellung von trans* Menschen als auch,
wenn Menschen sich im bestehenden Arbeitsverhältnis
als trans* outen, kommt Personalverantwortlichen und
der Personalabteilung eine große Verantwortung für die
diskriminierungsarme Gestaltung des Arbeitsalltags zu.
Im Folgenden finden Sie einige Empfehlungen und Hin-
weise, wie diese zu erreichen ist:
                                                               Wenn Sie Bewerbungen bekommen, bei denen sich die
BEWERBUNGSVERFAHREN                                            Namen auf den Zeugnissen und in der Bewerbung unter-
                                                               scheiden, gehen Sie sensibel mit dieser Information um.
Bereits bei der Ausschreibung für eine Stelle können Sie       Für die Durchsicht von Lebensläufen ist es hilfreich zu
die Chance nutzen, eine offene Haltung gegenüber ge-           wissen, dass eine Phase ohne Anstellung ihren Grund in
schlechtlicher Vielfalt zu zeigen, indem Sie alle potentiel-   einer Transition haben kann. Nutzen Sie gegebenenfalls
len Bewerber*innen ansprechen. Durch die Nutzung des           die Chance des Vorstellungsgesprächs, um dazu Rück-
Gender-Sternchens („Mitarbeiter*in“) oder des Gender-          sprache zu halten; vermeiden Sie jedoch – wie in allen
Gap („Mitarbeiter_in“) signalisieren Sie, dass Sie nicht-bi-   Vorstellungsgesprächen – zu persönliche Fragen. So-
näre Menschen zur Bewerbung einladen.                          lange Pronomen und Anrede nicht explizit durch eine*n
                                                               Bewerber*in kenntlich gemacht worden sind, können
                                                               Sie durch Anreden wie „Guten Morgen, Martha Muster“
                                                               sichergehen, keine Person falsch anzusprechen. Sie kön-
                                                               nen den*die Bewerber*in auch nach der gewünschten
                                                               Ansprache und seinen*ihren Pronomen fragen.

                                                                                                                                                                                         Ein hilfreiches Beispiel für eine Transitionsrichtlinie ist
                                                                                                                                                                                         die SAP-Richtlinie zur Geschlechtsangleichung von 2014
                                                                                                                                                                                         (siehe S. 36).

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Informationen und Empfehlungen
                                                                                                                       „Die beiden Menschen aus unserer Personalabteilung                   „Bevor die Vornamensänderung vollzogen war, outete ich
für das Personalmanagement
                                                                                                                       sind supersensibel und eigenständig mit dem Thema                    mich während des Bewerbungsprozesses. Meistens wies
                                                                                                                       umgegangen. Eine von beiden hat bei dem Sternchen hin-               ich explizit darauf hin, dass mein damaliger Name und
                                                                                                                       ter meinem Namen direkt geschaltet und sich im Internet              Geschlecht nicht meiner Lebensrealität entsprachen.
                                                                                                                       schlau gemacht. Daraufhin wurde ich bei der Betriebsärztin           Bei all diesen Bewerbungen (auch auf einfache Praktika)
                                                                                                                       nicht als Frau XY angesprochen, da die Kollegin ein Trans*-          erhielt ich eine Absage.“
                                                                                                                       Zeichen hinter meinen Namen im Personalbogen gemalt                                              Peter, (trans*) Mann und nicht-binär,
                                                                                                                       hatte. Zusätzlich wurde die Ansprache auf der Abrechnung                                      zum Zeitpunkt der Befragung arbeitslos,
                                                                                                                       geändert, wo nun mein Name statt „Frau“ steht. Weiterhin
UNTERSTÜTZUNG UND INFORMATIONEN                                                                                        hat die andere Kollegin eigenständig den Arbeitsvertrag ab-
                                                                                                                                                                                                                             heute Student und Angestellter

                                                                                                                       geändert und war sehr dankbar für meine dazu geäußerten              „Am besten wäre es, wenn beim Bewerbungsverfahren nicht
Seien Sie Ihren Kolleg*innen ein Vorbild und praktizie-    menden Haltung innerhalb der Belegschaft beitragen.         Änderungswünsche. Zum Abschluss fragte sie dann sogar,               „Herr“/„Frau“ angegeben werden muss, sondern der Vorname
ren Sie eine unterstützende und solidarische Haltung       Für die Unterstützung von trans* Beschäftigten ist die      mit welchem Pronomen ich angesprochen werden möchte.                 als Ansprache genutzt werden kann.“
                                                                                                                       Die beiden sind wirklich ein Paradebeispiel dafür etwas
gegenüber trans* Personen. Weiterhin ist es sinnvoll,      Installierung einer Ansprechperson für trans* Mitarbei-                                                                                                HannaH, non-binary, aktuell arbeitsuchend
                                                                                                                       ‚Neues‘ mit Offenheit und Sensibilität umzusetzen und
nach außen und nach innen eine trans*freundliche Hal-      ter*innen außerhalb der innerbetrieblichen Hierarchie
                                                                                                                       für beide schien es absolut selbstverständlich zu sein.“
tung zu kommunizieren, indem Sie z. B. darauf einwirken,   sinnvoll, an welche sich trans* Menschen mit Wissens-
                                                                                                                                            Freddie*, nicht-binär, Betreutes Wohnen für
dass Trans*-Themen in Ihrem Diversity-Statement er-        und Unterstützungsbedarf wenden können. Falls nur Sie
                                                                                                                                                         psychisch erkrankte Menschen
wähnt werden. Dadurch bestärken Sie potenzielle neue       in der Personalabteilung den alten Namen einer trans*
Kolleg*innen darin sich zu bewerben und trans* Perso-      Person kennen oder wissen, dass ein*e Mitarbeiter*in
nen, die bereits mit Ihnen arbeiten, fällt es gegebenen-   trans* ist, gehen Sie mit dieser Information absolut ver-
falls leichter sich im Betrieb offen zu zeigen. Außerdem   traulich um, wenn die Person keinen anderen Wunsch
können Diversity-Schulungen mit einem Fokus auf Trans-     explizit geäußert hat.
geschlechtlichkeit zu einer verständnisvollen und anneh-
                                                                                                                                             MACHEN SIE SICH DAZU SCHLAU,
                                                                                                                                             WIE DIE RECHTLICHE LAGE IN
                                                                                                                                             DEUTSCHLAND IST UND WAS SIE TUN
                                                                                                                                             KÖNNEN, UM INKLUSIVER ZU SEIN –
                                                                                                                                             FORMULARE, AUSSCHREIBUNGEN,
                                                                                                                                             RUNDBRIEFE, TOILETTEN, …
                                                                                                                                                                                                            Jn Ysnn, nicht-binär/queer,
                                                                                                                                                                                                                             Tischlerei

                                                                                                                       „Im Rahmen der Formulierungen in den Stellenausschrei-
                                                                                                                       bungen habe ich Positionierungen zum Thema geschlecht-
                                                                                                                       liche Vielfalt beachtet: Mir war sehr wichtig, dass die
                                                                                                                       Stellenausschreibung verschiedene Identitäten anspricht.“
                                                                                                                       			                          Ker, nicht-binär, öffentlicher Dienst   „Im Prozess der Vornamensänderung bin ich immer wieder
                                                                                                                                                                   an einer Hochschule      damit konfrontiert, dass ich nicht selbstbestimmt mein
                                                                                                                                                                                            Leben leben darf. Darum wäre mir bei geplanten Änderun-
                                                                                                                       „Helfen würde mir, zu wissen, dass meine Gegenüber zu-               gen (z. B. von Mailadressen) wichtig gewesen, die Ände-
                                                                                                                       mindest schon mal vom Thema Transgeschlechtlichkeit                  rungen direkt selber anstoßen zu können. Ich möchte nicht
                                                                                                                       gehört haben und bei einem Coming-out nicht völlig aus               mehr über Person XY Prozess Z in Gang setzen. Ich will
                                                                                                                       allen Wolken fallen. Auch würde es mir helfen, wenn es               neben Person XY sitzen, mir erklären lassen, warum Z nicht
                                                                                                                       gewisse Mindeststandards hinsichtlich Akzeptanz gäbe,                geht, und dann direkt mit der Person schauen, wie es doch
                                                                                                                       und vor allem das Wissen, im Falle von negativen Äußer-              umsetzbar ist.“
                                                                                                                       ungen Unterstützung zu bekommen.“                                              Peter, (trans*) Mann und nicht-binär, zum Zeitpunkt der
                                                                                                                                                            Louis, trans* Mann, Richter                 Befragung arbeitslos, heute Student und Angestellter

19
Informationen und Empfehlungen
für Führungskräfte

 INFORMATIONEN UND EMPFEHLUNGEN                                                                                            rende Äußerungen jeglicher Art nicht geduldet werden
                                                                                                                           und dass es in der alleinigen Entscheidung der trans*
 FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE                                                                                                        Person liegt, welche Toilette sie nutzt.

                                                                                                                           Zusätzlich ist es sehr wünschenswert, dass es auch eine
                                                                                                                           Toilette für Menschen gibt, die sich außerhalb der Zwei-
                                                                                                                           geschlechtlichkeit verorten. Stehen ausschließlich zwei-
                                                                                                                           geschlechtlich organisierte Toiletten zur Verfügung, müs-
                                                             werden. Achten Sie auch darauf, Ihr Verhalten nicht bei-      sen nicht-binäre Menschen sich bei jedem Toilettengang         GENDERSENSIBLE SPRACHE
                                                             spielsweise von Annahmen über bestimmte Kolleg*innen,         geschlechtlich falsch zuordnen und bekommen dadurch
                                                             von denen Sie vermuten, dass sie trans* sein könnten,         signalisiert, dass sie in ihrer Geschlechtlichkeit nicht er-   Durch gendersensible Sprache können Sie sowohl nach
                                                             leiten zu lassen. Zeigen Sie gegenüber allen Kolleg*in-       wünscht sind. Eine Lösung besteht darin, mindestens            innen als auch nach außen kommunizieren, dass Sie sich
                                                             nen die gleiche Haltung, da es unmöglich ist, sicher zu       einen gut erreichbaren und zugänglichen Toilettenraum          offen und akzeptierend gegenüber geschlechtlicher Viel-
                                                             wissen, wer sich als trans* definiert und wer nicht. Wenn     beispielsweise als „WC für alle“ oder „All-Gender-Toilette“    falt am Arbeitsplatz positionieren. Es gibt die Möglich-
                                                             ein*e Mitarbeiter*in sich Ihnen gegenüber als trans* ou-      zu beschriften und damit für Menschen aller Geschlech-         keit, das Gender-Sternchen („Mitarbeiter*innen“) oder
                                                             tet, überlegen Sie gemeinsam, welche Schritte zu gehen        ter zu öffnen. Diese Toilette sollte zusätzlich rollstuhlge-   den Gender-Gap („Kolleg_innen“) zu nutzen, wenn Sie
Eine klar inklusive und diskriminierungssensible Hal-        sind, welche Schlüsselpersonen in diesen Prozess mit          recht sein, um für alle Menschen nutzbar zu sein. Beson-       Menschen mit einschließen möchten, die sich weder von
tung der Leitung ist ein wichtiges Signal und bildet eine    einbezogen werden sollten und zu welchem Zeitpunkt            ders geeignet sind abschließbare Einzeltoiletten, die mit      der männlichen noch von der weiblichen Form angespro-
Grundlage für ein diskriminierungsarmes Arbeitsklima.        wem was kommuniziert wird. Das Ziel dieses Prozesses          einer Sitztoilette, einem Urinal und einem Waschbecken         chen fühlen, weil sie außerhalb der Zweigeschlechtlich-
So sollten Sie in Fällen von Diskriminierung, in denen Sie   ist, dass eine Person, die offen mit ihrer Transgeschlecht-   ausgestattet sind. Bei Neu- und Umbauten empfiehlt es          keit positioniert sind.
als Vorgesetzte die direkten Ansprechpersonen sind, den      lichkeit umgehen bzw. in ihrer Geschlechtsidentität gese-     sich, solche Toiletten vorzusehen. Falls nicht in jedem
jeweiligen trans* Mitarbeiter*innen deutliche Rückende-      hen und akzeptiert werden möchte, sich am Arbeitsplatz        Stockwerk o. ä. ein WC für Menschen aller Geschlechter         Achten Sie auch darauf, welche Ansprache sich ein
ckung geben. Zudem gibt es verschiedene Bereiche, die        wohlfühlen kann. Somit sollten die Vorstellungen und          zur Verfügung steht, sollte vor den binär gestalteten Toi-     Mensch wünscht. Geschlechtszuschreibungen sollten
für ein transinklusives Arbeitsklima besonders relevant      Ziele dieser Person im Mittelpunkt stehen. Keinesfalls        letten ein Hinweis auf die nächstgelegene Toilette für alle    vermieden werden. Nicht alle Menschen fühlen sich mit
und in denen Ihr Mitdenken und Handeln als vorgesetzte       sollte etwas über ihren Kopf hinweg in die Wege gelei-        Menschen angebracht werden.                                    der Bezeichnung „Herr“ oder „Frau“ wohl, sondern nut-
Person von großer Wichtigkeit sind. Sollten Sie Möglich-     tet werden. Vermeiden Sie unbedingt ein Outing gegen
                                                                                                                                                                                          zen lieber beispielsweise ihren Vor- und Nachnamen als
keiten für einen umfassenden Prozess der Umgestaltung        den Willen der betreffenden trans* Person! Geben Sie die
                                                                                                                                                                                          Ansprache. Das klingt vielleicht ungewöhnlich, dieser
der Betriebskultur sowie der Sensibilisierung bezüglich      Information nur weiter, wenn die betreffende Person ihr
                                                                                                                                                                                          Wunsch sollte aber von Ihnen unhinterfragt respektiert
spezifischer Bedarfe von trans* Menschen haben, emp-         eindeutiges Einverständnis gegeben hat.
                                                                                                                                                                                          werden.
fiehlt es sich, hierfür eine externe Beratung in Anspruch
zu nehmen. Von entscheidender Bedeutung ist zunächst         GESCHLECHTERINKLUSIVE
jedoch die Unterstützung durch Sie als Führungskraft.
                                                             TOILETTEN
COMING-OUT AM                                                Trans* Menschen müssen oft abwägen, welche Toilette
                                                                                                                              Informationen zu Anlaufstellen finden Sie auf S. 36.

ARBEITSPLATZ                                                 sie benutzen, aus Sorge, sie könnten wegen falscher Ge-
                                                             schlechtszuschreibung angegriffen und gegebenenfalls
Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bereits mit trans* Men-     von der Toilette verwiesen werden. Als Führungskraft
schen arbeiten, ist groß – vielleicht wissen Sie es nur      können Sie dazu beitragen, dass der Toilettengang für
nicht. Ein transinklusives Arbeitsklima kann ein Coming-     trans* Mitarbeiter*innen so selbstverständlich wird wie
out von Beschäftigten als trans* deutlich vereinfachen       für cis Beschäftigte auch. Bei manchen Menschen stößt
oder es überhaupt erst ermöglichen. Dazu können Sie          die Toilettenfrage auf Abwehr. Hören Sie ihren Mitarbei-
beitragen. Um Menschen überhaupt zu ermöglichen,             ter*innen zu, versuchen Sie die Diskussion jedoch sach-
sich gegenüber Kolleg*innen und Vorgesetzten zu öff-         lich zu halten. Letztendlich geht es um ein alltägliches
nen, braucht es eine Haltung, die klar kommuniziert, dass    Bedürfnis aller Menschen, das z. B. in der Deutschen
Vielfalt am Arbeitsplatz gewünscht ist und ablehnende        Bahn auch von allen am gleichen Ort verrichtet wird. Ma-
und diskriminierende Verhaltensweisen nicht geduldet         chen Sie Ihren Mitarbeiter*innen klar, dass diskriminie-

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Informationen und Empfehlungen
für Führungskräfte

SCHULUNGEN UND                                              UNTERSTÜTZEN UND DEN                                                                          „Als ich mich vor der Vornamensänderung noch überall
                                                                                                                                                          outen musste, war mir das sehr unangenehm. Ich hatte
FORTBILDUNGEN                                               RÜCKEN STÄRKEN                                                                                den Eindruck, eine Last für andere zu sein, weil ich
                                                                                                                                                          ‚Sonderwünsche‘ hatte. Das stimmt natürlich nicht,
Viele Menschen haben sich noch nicht mit dem Thema          Wenn Menschen sich am Arbeitsplatz verstecken müs-                                            aber das Gefühl war trotzdem da.“
Trans* beschäftigt, wodurch bei Ihren Mitarbeiter*innen     sen oder Diskriminierung ausgesetzt sind, hat das erheb-
                                                                                                                                                                    Peter, (trans*) Mann und nicht-binär, zum Zeitpunkt der
beispielsweise angesichts des Coming-outs einer trans*      liche Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden. Wenn es jedoch                                                   Befragung arbeitslos, heute Student und Angestellter
Person am Arbeitsplatz Verunsicherung und Unverständ-       die Möglichkeit gibt, offen mit der eigenen Geschlechts-
nis aufkommen können. In diesem Fall ist es ein ratsa-      identität umzugehen, kann dies sowohl die Produktivität
mer Schritt, dass Sie für Ihre Mitarbeiter*innen Schulun-   als auch die Identifikation der jeweiligen Person mit dem                                     „Für den Fall der Fälle wünsche ich mir Rückendeckung und
gen zum Thema geschlechtliche Vielfalt anbieten.            Betrieb stärken.4 Sie haben es in der Hand, ein transsen-                                     Unterstützung von meinem Chef.“
                                                            sibles und offenes Arbeitsklima zu etablieren. Zeigen Sie,                                                           Denise, trans* weiblich, Kfz-Mechanikerin
Entsprechende Schulungen können zu einem achtsamen          dass Sie geschlechtlicher Vielfalt gegenüber offen sind
Umgang beitragen und diskriminierendem Verhalten vor-       und dass Ihre Tür immer offensteht, wenn eine Person                                          „Im Vorstellungsgespräch äußerte die Abteilungsleiterin:
beugen. Falls Sie von Mitarbeiter*innen wissen, dass sie    sich Unterstützung von Ihnen wünscht. Dadurch, dass                                           ‚Uns ist es egal, ob Sie männlich oder weiblich oder was
trans* sind, besprechen Sie dieses Vorhaben und gege-       Sie klar hinter einer Person stehen, die sich im Betrieb                                      auch immer sind. So lange Sie ins Team passen, sind Sie
benenfalls spezifische Anliegen und eventuelle Bedenken     outen möchte oder geoutet hat, setzen Sie den Maßstab                                         bei uns richtig.‘ “
diesbezüglich möglichst mit diesen Mitarbeiter*innen.       für Ihre Mitarbeiter*innen und ermöglichen diesen, Ihrem                                                               Franzi, weiblich mit trans* Hintergrund,
                                                            Beispiel zu folgen.                                                                                                                Kundenservice der Telekom

JEDER PROZESS                                               4 Vgl. Frohn, D. / Meinhold, F. (2018): „Out im Office?!“ Sonderauswertung NRW. Sexuelle      „Die Geschäftsführung müsste einsehen, dass
IST ANDERS                                                    Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeits
                                                              platz, Köln: IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung (Hrsg.).
                                                                                                                                                          Fortbildungen zum Thema Trans* relevant sind. Erstens
                                                                                                                                                          sind einige unserer Klient*innen trans* und zweitens
Jeder Mensch ist unterschiedlich und jede Arbeitsstät-                                                                                                    heißt es nicht, dass ich die einzige trans* Person in der
te hat spezifische Anforderungen und Charakteristika.                                                                                                     Belegschaft bin, nur weil ich mich oute.“
Laden Sie Mitarbeiter*innen dazu ein, Ihre Bedürfnisse zu                                                                                                                          Freddie*, nicht-binär, Betreutes Wohnen
formulieren, und hören Sie ihnen zu, denn sie sind selbst                                                                                                                               für psychisch erkrankte Menschen
Expert*innen für ihre Arbeit und ihr Geschlecht und wis-
sen am besten, was sie für ein gutes Arbeitsklima und
-umfeld brauchen. Wenn es bei Ihnen beispielsweise eine
geschlechtsspezifische Arbeitskleidung gibt, sorgen Sie
dafür, dass allen Mitarbeiter*innen ermöglicht wird, die
Kleidung zu tragen, die ihren Bedürfnissen entspricht.
                                                                                                                                                       MEINE DIREKTE VORGESETZTE
                                                                                                                                                       PERSON LEBT EINE SEHR OFFENE
                                                                                                                                                       FÜHRUNGSKULTUR, IHRE TÜR UND
                                                                                                                                                       IHRE OHREN SIND STETS OFFEN FÜR
                                                                                                                                                       ALLES. DIESES VERHALTEN MACHT
                                                                                                                                                       EINFACH ALLES LEICHTER. WENN DAS
                                                                                                                                                       GRUNDLEGEND GELEBT WIRD, KANN
                                                                                                                                                       DARAUF VIELES AUFBAUEN UND
                                                                                                                                                       ANDERE DINGE LEICHTER VERZIEHEN
                                                                                                                                                       ODER AUSGEHALTEN WERDEN.
                                                                                                                                                                                                     Sam, nicht-binär, öffentlicher Dienst
                                                                                                                                                                                                                         in einer Behörde

23                                                                                                                                                                                                                                           24
Informationen und Empfehlungen
für Kolleg*innen

INFORMATIONEN UND EMPFEHLUNGEN                                                                                              UNTERSTÜTZEN SIE
                                                                                                                                                                                          Als Kolleg*in können Sie dazu beitragen, dass alle Kol-
                                                                                                                            SELBSTBESTIMMTE
FÜR KOLLEG*INNEN                                                                                                            TOILETTENNUTZUNG
                                                                                                                                                                                          leg*innen selbstverständlich und ohne Diskriminierungs-
                                                                                                                                                                                          erfahrungen die für sie passende Toilette nutzen können.
                                                                                                                                                                                          Stellen Sie die Toilettenwahl einzelner Personen nicht in
                                                                                                                            Es ist nicht selten, dass eine Person, die bis dato eine      Frage und treten Sie kritischen Stimmen oder Kommen-
                                                                                                                            geschlechtsspezifische Toilette genutzt hat, „plötzlich“      taren von anderen Kolleg*innen klar entgegen. Falls es in
                                                                                                                            auf eine andere Toilette geht. Das kann damit zusam-          Ihrem Arbeitskontext noch keine Toiletten für Menschen
                                                                                                                            menhängen, dass es sich für sie*ihn aufgrund der Ge-          aller Geschlechter gibt, setzen Sie sich bei Ihren Vorge-
                                                                                                                            schlechtsidentität mittlerweile stimmiger anfühlt, diese      setzten dafür ein – unabhängig davon, ob bereits ein
                                                                                                                            Toilette zu benutzen oder dass sich eine Person nach          konkreter Bedarf geäußert wurde oder nicht. Für trans*
                                                                                                                            ihrem Coming-out als trans* nun traut, auf die für sie pas-   Menschen kann es sehr belastend sein, die eigenen
                                                                                                                            sendere Toilette zu gehen. In geschlechtsspezifischen         Rechte und die Akzeptanz ihrer Geschlechtlichkeit stän-
                                                                                                                            Toilettenräumen – nicht nur, aber auch im Arbeitskontext      dig selbst und allein erkämpfen zu müssen.
                                                                                                                            – erleben trans*, aber auch cis Menschen, die in ihrem
                                                                                                                            Geschlecht falsch wahrgenommen werden, immer noch
Ein aufgeschlossenes Arbeitsteam mit einer akzeptieren-                                                                     häufig Diskriminierung. Wenn nur „Damen“- und „Herren“-
den Haltung gegenüber geschlechtlicher Vielfalt und ein                                                                     Toiletten zur Verfügung stehen, wird nicht-binären Men-
respektvoller Umgang aller Beschäftigten untereinander                                                                      schen zudem vermittelt, dass sie in ihrem Geschlecht
tragen maßgeblich dazu bei, dass sich trans* Menschen                                                                       nicht gesehen und nicht akzeptiert werden.
am Arbeitsplatz willkommen und selbstverständlich ak-          GEHEN SIE ACHTSAM MIT
zeptiert fühlen. Somit ist es besonders wichtig, dass Sie
dazu beitragen, ein diskriminierungsarmes Arbeitsklima
                                                               EINEM COMING-OUT UM
für Ihre Kolleg*innen und sich selbst zu schaffen und zu
erhalten. Vielleicht sind Sie sich unsicher, wie Sie dies in   Da es sehr schwierig für eine trans* Person sein kann,
Bezug auf Trans*-Themen bewerkstelligen sollen, und ha-        sich vor Kolleg*innen zu outen, verzichten viele trans*
ben Angst, Ihre trans* Kolleg*innen zu kränken? Auf den        Menschen auf ein Coming-out am Arbeitsplatz. Dies gilt
Seiten 13-16 finden Sie wichtige Grundlagen zur Frage,         sowohl für trans* Menschen, die nach ihrer Transition in
was einen respektvollen Umgang mit trans* Menschen             ihrer Geschlechtsidentität als cis wahrgenommen wer-
ausmacht. Folgende Punkte können für Menschen, die             den, als auch für trans* Menschen, die ihre Geschlechts-
zusammenarbeiten, zusätzlich relevant sein:                    identität am Arbeitsplatz nicht offen zeigen und somit
                                                               ständig geschlechtlich falsch angesprochen werden.
                                                               Wenn sich ein*e Kolleg*in Ihnen gegenüber outet, ist
                                                               das ein großer Vertrauensbeweis, mit dem Sie sehr be-
                                                               hutsam umgehen sollten. Vielleicht sind Sie die einzige
                                                               Person im Betrieb, die darum weiß, und vielleicht soll das
                                                               auch so bleiben. Wenn sich die Person von Ihnen Unter-
                                                               stützung beim Coming-out wünscht, achten Sie genau
                                                               darauf, wie die Person sich die Unterstützung vorstellt,
                                                               und unternehmen Sie keine Schritte, die nicht explizit ge-
                                                               wünscht wurden.

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