Umgang mit dem Thema Tierschutzunterricht in der Mittelschule - unipub

Die Seite wird erstellt Thorben-Hendrik Wolff
 
WEITER LESEN
Umgang mit dem Thema Tierschutzunterricht in der
                 Mittelschule
        mit besonderem Fokus auf Schülermeinungen und
           Umsetzungsmöglichkeiten für Lehrpersonal

                        Diplomarbeit
    zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der
                       Naturwissenschaften

             an der Karl-Franzens-Universität Graz

                 vorgelegt von Kerstin STEINMANN
                       am Institut für Biologie
              Begutachterin: Dr. Cornelia Franz-Schaider

                             Graz, 2021
1
2
Inhalt
1. Einleitung ............................................................................................................................... 4
2. Tierschutz in Österreich ......................................................................................................... 5
   2.1. Was ist Tierschutz? .......................................................................................................... 5
   2.2. Gesetzeslage .................................................................................................................... 7
   2.3. Geschichte des Tierschutzes in Österreich und die aktuelle Lage ................................... 9
3. Gründe für Tierschutzunterricht ........................................................................................... 11
   3.1. Verbreitung des Tierschutzgedankens ........................................................................... 12
   3.2. Gesetzliche Verpflichtung ............................................................................................. 13
   3.3. Positive Effekte in der Kindesentwicklung ................................................................... 13
4. Tierschutzunterricht in Österreich ........................................................................................ 16
   4.1. Tierschutz und der Lehrplan der Mittelschule ............................................................... 16
      4.1.1. Lehrplan für Biologie und Umweltkunde ............................................................... 16
         4.1.1.1. Analyse des Lehrplanes hinsichtlich des Themas Tierschutz…………………16
          4.1.1.2. Anknüpfungspunkte für Tierschutzunterricht im Lehrplan…………………...19
      4.1.2. Lehrplan für katholischen Religionsunterricht ....................................................... 20
   4.2. Schülermeinungen zum Thema Tierschutz ................................................................... 23
      4.2.1. Durchführung & Methode ....................................................................................... 23
      4.2.2. Ergebnisse ............................................................................................................... 24
      4.2.3. Diskussion der Ergebnisse ...................................................................................... 34
   4.3. Angebote für Schulen und Lehrpersonen ...................................................................... 38
      4.3.1. Animal Training Center .......................................................................................... 39
      4.3.2. BIO AUSTRIA ....................................................................................................... 40
      4.3.3. Schule am Bauernhof .............................................................................................. 41
      4.3.4. Tierschutz macht Schule ......................................................................................... 42
      4.3.7. Tierschutzombudsstelle Wien ................................................................................. 44
      4.3.5. Verein für Tierschutzunterricht ............................................................................... 45
      4.3.6. Verein gegen Tierfabriken ...................................................................................... 46
      4.3.8. Österreichs Tierheime & Gnadenhöfe .................................................................... 49
5. Reflexion .............................................................................................................................. 50
6. Quellen ................................................................................................................................. 51
Anhang 1 .................................................................................................................................. 54

                                                                                                                                             3
1. Einleitung

Tierschutz ist mittlerweile in Österreich eine vieldiskutierte Thematik und für viele
BürgerInnen ein bekannter Begriff, nicht zuletzt da Vegetarismus sowie Veganismus
immer populärer werden. Zahlreiche Tierschutzorganisationen sowie selbsternannte
TierschützerInnen setzen sich für das Wohl der Tiere ein und betreiben
Öffentlichkeitsarbeit, um den Tierschutzgedanken zu verbreiten und die Menschen zu
informieren. So werden vor allem Erwachsene erreicht und über Tierschutz informiert,
Kindern jedoch fehlt dieser Zugang vor allem in jungen Jahren. In die heimischen
Schulen hat das Thema Tierschutz noch nicht einheitlich Einzug gehalten und viele
SchülerInnen kommen kaum im regulären Unterricht in den Kontakt mit der Thematik.
So bleibt ihnen die Möglichkeit, fundiertes Wissen über den richtigen Umgang mit Tieren
und die tiergerechte Haltung dieser zu erhalten, oft verwehrt. Dabei zeigt eine Studie aus
Deutschland, dass SchülerInnen zum Großteil hohes Interesse am Thema Tierschutz
zeigen, ihr vorhandenes Wissen jedoch kaum aus schulischem Kontext stammt (vgl.
Haimerl 2016).

Mit diesen Hintergedanken soll die vorliegende Arbeit zeigen, dass Tierschutzunterricht
durchaus einfach in den Schulunterricht der Mittelschule in Österreich inkludiert werden
kann und nicht zuletzt aufgrund des bestehenden Interesses auf Seiten der SchülerInnen,
sowie der Gesetzeslage des Tierschutzgesetzes, ein fester Bestandteil dessen sein sollte.

Diese These soll im weiteren Verlauf mithilfe folgender Fragen untersucht werden:

Wie stehen die SchülerInnen der Mittelschule in Österreich zum Thema Tierschutz und
besteht ein generelles Interesse darüber unterrichtet zu werden? Welche Materialien und
Möglichkeiten stehen Lehrpersonen zur Verfügung, um Tierschutzunterricht möglichst
einfach und kompetent durchführen zu können? Wie sieht die Gesetzeslage zum Thema
Tierschutzunterricht aus und findet dieser Platz im Lehrplan der Mittelschule?

Zudem soll diese Arbeit einen grundlegenden Überblick über Tierschutz und dessen
Gesetzeslage in Österreich geben und die historische, sowie aktuelle Lage der Thematik

                                                                                             4
im Land betrachten. Im weiteren Verlauf werden Gründe für Tierschutzunterricht
gegeben und schließlich dieser in Österreichs Mittelschulen betrachtet, wobei die
wichtigsten Gesichtspunkte wie der Lehrplan, die Meinungen der SchülerInnen und die
Angebote zu Tierschutzunterricht, welche Lehrpersonen zur Verfügung stehen, an dieser
Stelle aufgeführt und näher analysiert werden.

2. Tierschutz in Österreich

2.1. Was ist Tierschutz?
Auch wenn Tierschutz sich sehr vielfältig zeigt und durchaus ein komplexes Thema mit
verschiedenen Ansätzen und Arten der Einteilung darstellt, lässt sich die Bedeutung des
Begriffes gut und verständlich zusammenfassen. Gotthart M. Teutsch (1987: 209)
definiert in Mensch und Tier, Lexikon der Tierschutzethik Tierschutz als „alle
Bestrebungen und Maßnahmen, Leben und Wohlbefinden der Tiere zu schützen“. Den
Tieren darf kein ungerechtfertigtes Leid und Schmerz zugefügt werden und sie sollen
keinem übermäßigen und unnötigen Stress ausgesetzt werden. Zudem soll Tieren ein
tiergerechtes Leben ermöglicht werden, wozu auch ein, wenn nötig, schmerzloser Tod
gezählt werden muss.

Die unterschiedlichen Ansätze von Tierschutz und Tierwohl und damit verbundene
Komplikationen innerhalb der Bewegung beschreibt David Fraser in der Encyclopedia of
animal rights and animal welfare (Bekoff 2010: 47ff) mit den folgenden drei
Hauptzugängen. Der erste Zugang konzentriert sich auf die Gefühle und das
Wohlbefinden der Tiere. Es wäre laut diesem erstrebenswert, den Tieren ein entspanntes,
glückliches Leben zu ermöglichen, welches frei von Stress, Schmerz und Leid ist. Der
zweite Zugang legt den Fokus hingegen auf die biologische Funktionsweise von Tieren.
Sie sollen gesund sein, frei von Verhaltensauffälligkeiten sowie Einschränkungen des
Bewegungsapparates und es soll ihnen gesundheitlich möglich sein sich zu reproduzieren.
Der dritte und letzte Hauptzugang, der von Fraser beschrieben wird, besagt, dass Tiere
angemessen natürlich leben sollen, und in einer Art und Weise, die ihre
Anpassungsfähigkeit nicht übersteigt. Daraus lässt sich ableiten, dass sie ihre natürlichen
Verhaltensweisen in einem möglichst natürlichen Lebensraum ausleben können sollen.

                                                                                              5
Diese drei Zugänge zur Bedeutung von Tierschutz sind sich in mancherlei Hinsicht sehr
ähnlich und jeder hat seine Berechtigung, jedoch gibt es Beispiele, durch welche die
Unterschiede deutlich werden. Fraser nennt als ein Beispiel einen Schweinebauern, der
seine Säue konventionell in Stallungen hält. Sind diese gesund und produzieren sie
Nachkommen, kann der Landwirt aufgrund des zweiten Zugangs annehmen, dass es den
Tieren gut geht und er dem Wohl der Tiere gerecht wird. Menschen, die hingegen Wert
auf die Gefühle oder eine natürliche Lebensweise der Tiere legen, könnten die Haltung
der Schweine womöglich kritisieren und ein Wohlergehen dieser anzweifeln. Dies macht
deutlich, dass es auch innerhalb der Tierschutzbewegung Unstimmigkeiten geben kann
und, dass es sich bei Tierschutz um ein Spektrum handelt, welches bei den
Mindestanforderungen des Tierschutzgesetzes beginnt.

Genauso vielfältig wie die Tierschutzthematik an sich, gestalten sich gelebter Tierschutz
und Tierschutzmaßnahmen in Österreich. Diese unterscheiden sich je nach Fokus und
Zielen    des   jeweiligen     Tierschutzvereines    und   beinhalten   unter    anderem
Aufklärungsarbeit     in     der   Öffentlichkeit,   Entwicklung     von    tiergerechten
Haltungssystemen, Betrieb von Tierheimen und Gnadenhöfen, Rettung und Abnahme
von hilfsbedürftigen Tieren, Kastrationsaktionen von streunenden Hunden und Katzen,
bis hin zu unterschiedlichsten Hilfsprojekten im Ausland. Allen Maßnahmen zugrunde
liegt der Wunsch bestehendes sowie zukünftiges tierisches Leid zu verhindern oder
zumindest zu vermindern

Im Gegensatz zum Artenschutz stehen im Tierschutz immer das einzelne Tier und sein
Wohlbefinden im Mittelpunkt und obwohl sich die jeweiligen Disziplinen in vielerlei
Hinsicht überlappen und aufeinander aufbauen, bedeutet ‚tiergerecht‘ nicht immer
‚artgerecht‘ und umgekehrt (vgl. Teutsch 1987: 151f). Ein simples Beispiel hierfür stellen
Hunde mit Futtermittelunverträglichkeiten dar. Während artgerechte Fütterung für Hunde
zu einem wesentlichen Teil aus Fleisch bestehen sollte, gibt es Hunde deren Organismus
dieses nicht verträgt. Eine Fütterung dieser Hunde mit Fleisch wäre somit zwar artgerecht,
jedoch nicht tiergerecht, da durch das unverträgliche Futter das Wohlbefinden der Tiere
beeinträchtigt werden würde oder sogar Leid durch gesundheitliche Schäden entstehen
könnte.    Ähnlich verhält sich die Beziehung zwischen Tier- und Naturschutz. Im

                                                                                             6
Naturschutz steht die Erhaltung ganzer Lebensräume mit Populationen und Ökosystemen
      im Vordergrund, im Gegensatz zum Tierschutz, wo jedes einzelne Tier zählt. Dieser
      Unterschied zwischen den zwei Disziplinen kann durchaus zu Konflikten führen,
      beispielsweise wenn es um das Management und bewusste Töten von Beutegreifern zum
      Schutze gefährdeter Tierarten geht.

      2.2. Gesetzeslage

      „Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere
          aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf.“
                                                   (§1 TSchG)
      Das aktuell gültige Tierschutzgesetz in Österreich ist in seiner grundlegenden Form seit
      1. Jänner 2005 in Kraft, ist seitdem in allen Bundesländern des Staates einheitlich und
      ersetzte somit, als Folge eines erfolgreichen Volksbegehrens, die zehn unterschiedlichen
      Landestierschutzgesetze1. Das Gesetz gliedert sich in vier Hauptstücke und besteht
      insgesamt aus 48 Paragraphen (vgl. TSchG). Im ersten Hauptstück werden allgemeine
      Bestimmungen zum Tierschutz festgehalten, so unter anderem Begriffsbestimmungen,
      Zielsetzungen, der Geltungsbereich und Verbote, wie das Verbot der Tierquälerei, der
      Tötung, und den Eingriffen an Tieren. Das zweite Hauptstück beinhaltet Regelungen zur
      Tierhaltung und gliedert sich in allgemeine und besondere Bestimmungen. Während im
      ersten Abschnitt allgemeine Gebote und Anforderungen zur Haltung von Tieren zu finden
      sind, beschäftigt sich der zweite Abschnitt mit der Haltung von Tieren mit
      wirtschaftlichem Nutzen, wie in Zoos und Zirkussen, mit der Haltung von Tieren in
      Tierheimen und Ähnlichem, der Weitergabe von Tieren, sowie deren Schlachtung und
      Tötung. Das dritte Hauptstück des Tierschutzgesetzes betrifft die Vollziehung dessen,
      wie die zuständigen Behörden und die behördliche Überwachung. Im letzten Hauptstück
      werden Straf- und Schlussbestimmungen festgehalten. Hier finden sich neben anderem
      die Strafbestimmungen, Regelungen zur Tierschutzombudsperson, ebenso wie
      Regelungen zum Tierschutzrat.

1
    https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/tiere/tierschutz/tierschutzgesetz/TierschutzGesetzStart.html
                                                                                                           7
Das Tierschutzgesetz beinhaltet sowohl Verbote zur Sicherstellung des Schutzes der
einzelnen Tiere vor Schmerzen, Leid, Schäden und schwerer Angst, als auch Gebote zur
Sicherung des Wohlbefindens. So beinhalten die Verbote beispielsweise die Tierquälerei,
Tötung, Eingriffe und den Verkauf von Tieren. Die Gebote hingegen geben Richtlinien
und Mindestanforderungen zur Tierhaltung und den Umgang mit Tieren. Um diese
Verbote und Gebote näher auszuführen und für mehr Klarheit zu sorgen, traten
gleichzeitig   mit   dem   Tierschutzgesetz    zehn     Verordnungen    in   Kraft:   1.
Tierhaltungsverordnung, 2. Tierhaltungsverordnung, Tierhaltungs-Gewerbeverordnung,
Tierschutz-Schlachtverordnung, Tierschutz-Zirkusverordnung, Tierheim-Verordnung,
Zoo-Verordnung,        Tierschutz-Kontrollverordnung,       Tierschutz-Veranstaltungs-
Verordnung, Diensthunde-Ausbildungsverordnung.

Während das Gesetz grundsätzlich für alle Tiere gilt, gibt es einige Ausnahmen, die im
Paragraph 3 des Tierschutzgesetzes aufgezählt sind und im Folgenden erläutert werden:

Ausgenommen vom österreichischen Tierschutzgesetz sind zum einen Tiere, welche der
Jagd und Fischerei dienen und somit je nachdem unter das Jagdgesetz oder das
Fischereigesetz fallen. Für das Jagdgesetz betrifft dies, laut Paragraph 2 des
steiermärkischen Jagdgesetzes (vgl. Steiermärkisches Jagdgesetz 1968), nahezu alle
heimischen Wildtiere, mit Ausnahme einiger Vogelarten, die nicht explizit zur Zucht oder
der Fleischherstellung gehalten werden.

Weiters vom österreichischen Tierschutzgesetz ausgenommen sind Tiere, die unter das
Tierversuchsgesetz fallen. In diesem eingeschlossen sind lebende Wirbeltiere ab einem
früheren Entwicklungsstadium, wie eigenständig fressende Larven und Embryos ab dem
letzten Drittel, sowie lebende Kopffüßer, sofern diese Tiere zu wissenschaftlichen
Zwecken oder Zwecken der Bildung verwendet werden. (vgl. §1 TVG 2012)

Der „Schutz von Tieren beim Transport durch Kraftfahrzeug und Anhänger (in der Folge:
Straßentransportmittel), Luftfahrzeug, Schienenfahrzeug oder Schiff in Verbindung mit
einer wirtschaftlichen Tätigkeit“ fällt in den Geltungsbereich des österreichischen
Tiertransportgesetzes (vgl. §1 TTG 2007). Dies gilt für die Gesamtheit der Wirbeltiere,
Kopffüßer und Zehnfußkrebse, sofern diese Tiere beispielsweise im Rahmen einer
Landwirtschaft transportiert werden oder mit einem Tiertransporter zur Schlachtung
gebracht werden.

                                                                                           8
Übertretungen des Tierschutzgesetzes (vgl. §38 TSchG), im speziellen der Verbote des
     ersten Hauptstückes, können mit bis zu 7.500€ Bußgeld bestraft werden, wobei sich diese
     maximale Strafe im Wiederholungsfall verdoppeln kann. Schwere Fälle von Tierquälerei
     werden mit einer Zahlung von mindestens 2.000€ geahndet und wenn nötig und sinnvoll,
     kann ein Verbot der Tierhaltung ausgesprochen werden. Dieses Verbot (vgl. §39 TSchG),
     kann für alle Tiere oder einzelne Arten gültig sein und zieht sich über einen bestimmten
     Zeitraum oder gilt permanent. Begeht eine nicht deliktfähige Person eine Übertretung des
     Tierschutzgesetzes, fällt die Strafe auf die Aufsichtspersonen bzw. erziehungsberechtige
     Personen zurück, sofern diese die Tat verhindern hätten können (vgl. §38 Abs. 4 TSchG).

     2.3. Geschichte des Tierschutzes in Österreich und die aktuelle Lage

     Tierschutz ist in Österreich bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein Thema, so wurde
     Tierschutz Austria, Österreichs erster Tierschutzverein, bereits im Jahre 1846 gegründet2.
     Neun Jahre später, im Februar 1855 wurde durch das „Reichs-Gesetz-Blatt für das
     Kaiserthum Österreich“3 eine gesetzliche Vorschrift gegen Tierquälerei erlassen. Dieses
     Gesetz betraf jedoch nur die öffentliche Misshandlung von Tieren und wenn diese ein
     Ärgernis für Mitmenschen darstellte. Teutsch (vgl. 1987: 210) begründet dies in Mensch
     und Tier, Lexikon der Tierschutzethik damit, dass in erster Linie Menschen und ihre
     Gefühle und nicht Tiere vor solcherlei Handlungen geschützt werden sollten und
     bezeichnet dies als anthropozentrischen Tierschutz. Erst später entstand ethischer
     Tierschutz zum Wohle der Tiere, wie wir ihn heute kennen. Dieser wurde in den Jahren
     zwischen 1947 bis 1954 in den einzelnen Bundesländern Österreichs umgesetzt mit dem
     klaren Verbot der Tierquälerei (vgl. Binder et al. 2004: 46) in den verschiedenen
     Landesgesetzen. Das bundesweit einheitliche Tierschutzgesetz trat 2005 als Resultat
     eines Volksbegehrens vom Jahre 1996 mit ca. 500.000 Unterstützern in Kraft.

     Mittlerweile hat Tierschutz in Österreich im internationalen Vergleich einen hohen
     Stellenwert und das Bewusstsein hierfür steigt in der Bevölkerung stetig. Einen guten

2
    https://www.tierschutz-austria.at/
3
    https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=18550004&seite=00000295
                                                                                                  9
Überblick über die Qualität des österreichischen Tierschutzes bietet der Animal
      Protection Index (API) von „World Animal Protection“4, einer internationalen
      Tierschutzorganisation. Laut der zweiten Untersuchung, die 2020 veröffentlicht wurde,
      liegt Österreich von den 50 verglichenen Ländern weltweit unter den Top drei. Bewertet
      wurde hierbei nach vier Zielen, für die es insgesamt zehn Indikatoren gibt: Anerkennung
      der Empfindungsfähigkeit von Tieren, das Verbot von Tierleid, sowie Vorliegen eines
      Tierschutzgesetzes und die Schaffung unterstützender Staatsorgane. Für jeden Indikator
      dieser Ziele erhielt das jeweilige Land eine Bewertung von A bis G, wobei Österreich
      einen Durchschnitt von B erreichte.

      Der Tätigkeitsbericht der Tierschutz-Ombudsstelle Steiermark (vgl. Fiala-Köck, 2020:
      9ff) zeigt ein steigendes Interesse und erhöhte Sensibilität zum Thema Tierschutz in der
      Bevölkerung. So gab es im Jahr 2019 243 Meldungen über vermutete Übertretungen des
      Tierschutzgesetzes, eine deutliche Steigerung zum Jahre 2010 wo es nur 90 Meldungen
      waren. Der Großteil dieser Meldungen stammte von Privatpersonen und ein großer Anteil
      der Anzeigen waren tatsächlich tierschutzrechtlich relevant. Ebenfalls das Projekt zur
      Kastration von Streunerkatzen des Landes Steiermark und der Österreichischen
      Tierärztekammer, Landesstelle Steiermark wird von der Bevölkerung gut angenommen.
      Seit Beginn des Projektes im Jahr 2006 wurden insgesamt 17.063 Katzen und 8.863 Kater
      kastriert, allein im Jahr 2019 waren es 1.462 weibliche und 874 männliche Tiere (vgl.
      Fiala-Köck, 2020: 44). Dies zeigt, dass ein Teil der steirischen Bevölkerung Interesse
      daran zeigt, die unkontrollierte Vermehrung von Streunerkatzen und das damit
      verbundene Leid einzudämmen.

      Auch in der Ernährung spielt Tierschutz eine immer größer werdende Rolle, wie die
      ‚Vegane Gesellschafft‘ Österreich erläutert5. Während im Jahr 2005 nur 2,9% der
      österreichischen Bevölkerung vegetarisch oder vegan lebte, waren es 2013 bereits mehr
      als dreimal so viele Vegetarier und Veganer, nämlich 9% der Bevölkerung. Als
      Hauptgrund für diese Ernährungsweisen werden am häufigsten die Tierschutzaspekte der
      Massentierhaltung, Tiertransporte und Schlachtung genannt so der „Veggie-Report“ von

4
    https://api.worldanimalprotection.org/country/austria
5
    https://www.vegan.at/inhalt/9-leben-vegetarisch-oder-vegan
                                                                                                 10
Marketagent (vgl. Eberhardsteiner 2017). Laut dieser Umfrage mit 522 Teilnehmern,
    allesamt mit vegetarischer oder veganer Lebensweise, ernähren sich sogar 19 Prozent der
    Befragten vegan.

    Ungewollte oder abgenommene Tiere werden in den rund 40 behördlich gemeldeten
    Tierschutzhäusern       in     Österreich,      36     laut    der     Kommunikationsplattform
    VerbraucherInnengesundheit des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege
    und Konsumentenschutz6, sowie 47 laut Auflistung der Hundepartei Österreich7,
    untergebracht und verpflegt. Viele ÖsterreicherInnen engagieren sich ehrenamtlich in
    Tierschutzvereinen. Laut Vereinsverzeichnis gibt es davon rund 77 in Österreich,
    während der Dachverband Tierschutz 2.08 71 Vereine zum Schutz von Tieren auflistet,
    welche unter diesem Dachverband organisiert sind.

    Nicht zuletzt findet auch in der Ausbildung von Tieren und im Tiertraining ein Umdenken
    statt. So gibt es seit 2014 ein Gütesiegel für geprüfte HundetrainerInnen, welche
    nachweislich tierschutzkonform arbeiten, vergeben von der Koordinierungsstelle
    Tierschutzqualifizierte/r     HundetrainerInnen         am     Messerli-Forschungsinstitut   der
    Vetmeduni Vienna. Derzeit, Stand August 2021, werden auf der Homepage der
    Koordinierungsstelle9 österreichweit 400 Hundetrainer und -trainerinnen gelistet, welche
    von dieser erfolgreich geprüft wurden und im Sinne des Tierwohls Hunde ausbilden.

    3. Gründe für Tierschutzunterricht

    „Man liebt nur, was man kennt, und schützt nur, was man liebt (Konrad Lorenz).“

    Die Gründe und Argumente Tierschutzunterricht abzuhalten und in den regulären
    Unterricht einzubinden sind vielfältig. Auch wenn es scheinen möge, dass die positiven

6
  www.verbrauchergesundheit.gv.at/tiere/tierschutz/heime/tierheime.html
7
  www.hundepartei.at/tierheime-oesterreich/
8
  www.tierschutz20.at/unsere-vereine
9
  www.vetmeduni.ac.at/de/hundetrainer/tierschutzqualifizierte-hundetrainerinnen
                                                                                                       11
Effekte lediglich auf Seiten der Tiere und somit des Tierschutzes und des Tierwohles
liegen, können auch Kinder und Jugendliche stark von Tierschutzunterricht und den
enthaltenen   Thematiken     profitieren.   Diese   positiven   Auswirkungen      auf   die
Kindesentwicklung, vor allem im jungen Alter, sind keines Falles außer Acht zu lassen
und sind es Wert gefördert zu werden.

3.1. Verbreitung des Tierschutzgedankens

Die erste und offensichtlichste Begründung für die Abhaltung von Tierschutzunterricht
liegt darin zukünftiges Tierleid durch Aufklärung und Sensibilisierung zu verhindern und
zu reduzieren. Nur durch grundlegendes Wissen und Verständnis ist es möglich
nachhaltigen Tierschutz zu praktizieren und weiterzugeben. Kinder beschäftigen sich im
Allgemeinen sehr gerne mit Tieren und besitzen eine natürliche Neugier ihnen gegenüber.
Dies ist Teil des natürlichen Biophilie-Syndroms des Menschen, welches von Edward
Wilson erstmals beschrieben wurde. Diese Biophilie wird von Julius et al. (vgl. 2014:
21f) in Bindung zu Tieren besprochen und stellt ein evolutionäres Erbe dar, welches laut
Kurt Kotrschal (vgl. 2009: 64) auf der langjährigen Beziehung der Menschen mit Tieren
seit dem Beginn der Jäger- und Sammlerkultur beruht. Nach Julius et al. besteht dieses
Interesse an Tieren und allem Lebendigen bei Kleinkindern aller Kulturen und wird durch
die individuelle Entwicklung der Kinder gefördert oder vermindert. Dieses
Grundinteresse kann man sehr gut nutzen, um den Kindern einen respektvollen Umgang
gegenüber ihren Mitlebewesen nahe zu bringen. Dabei gilt, je früher, desto besser, denn
wie Julius et al. (vgl. 2014: 23) argumentieren, gelten die Prinzipien der Frühsozialisation
für eine erfolgreiche Mensch-Tier-Beziehung nicht nur für Jungtiere, sondern auch für
junge Menschen. Dies bedeutet, dass Menschen, welche im frühen Kindesalter positiven
Kontakt zu Tieren haben, eine höhere Affinität zu diesen entwickeln.

Vor allem bei Haustieren, speziell Kleintieren, entsteht Tierleid in erster Linie durch
Unwissen und fehlende Beratung beim Kauf. Konventionelles Tierzubehör für Nager,
Hasenartige, Vögel und Fische ist sehr oft nicht tiergerecht und erlaubt es den Tieren
nicht all ihre Verhaltensweisen der einzelnen Funktionskreise auszuleben. Werden
Kinder nun schon im frühen Schulalter, wo das Interesse an Kleintieren meist hoch ist,
mit der Thematik der Kleintierhaltung vertraut gemacht, fungieren sie als Verteiler dieses

                                                                                               12
Wissens und erhöhen die Chance, dass ihre eigenen Tiere, und vielleicht auch die in ihrem
Umfeld, tiergerecht gehalten werden.

3.2. Gesetzliche Verpflichtung

     Bund, Länder und Gemeinden sind verpflichtet, das Verständnis der Öffentlichkeit und
     insbesondere der Jugend für den Tierschutz zu wecken und zu vertiefen und haben
     nach   Maßgabe       budgetärer     Möglichkeiten     tierfreundliche   Haltungssysteme,
     wissenschaftliche Tierschutzforschung sowie Anliegen des Tierschutzes zu fördern.
     (§2 des TSchg)

Das nächste Argument für Tierschutzunterricht ist im österreichischen Tierschutzgesetz
zu     finden,    welches    festhält,     dass   Tierschutzbildung   und    Aufklärung   im
Zuständigkeitsbereich des Bundes und der Länder und somit auch dem der Schulen liegt.
Da jedoch, wie weiter unten ausgeführt, das Thema Tierschutz nicht im Lehrplan der
Mittelschule angeführt und somit auch nicht klar an die Lehrpersonen weitergegeben ist,
besteht bei vielen PädagogInnen eine Unwissenheit gegenüber dieser Aufgabe. Hier
besteht sozusagen eine Lücke im Informationstransfer, denn gesetzlich sind Bund und
Land dazu verpflichtet Tierschutzwissen zu vermitteln, jedoch führt der direkte Weg zu
Kindern und Jugendlichen über Kindergärten und Schulen. Diese haben hingegen keine
expliziten Vorgaben zur Vermittlung dieser Thematik und somit ist die Zuständigkeit der
direkten Weitergabe an die Lernenden unklar.

Damit Tierschutzunterricht, wie vom Tierschutzgesetz vorgesehen, großflächig
durchgeführt wird, sollte die Aufklärungsarbeit hinsichtlich dieser Vorgaben vertieft
werden. Es sollten klare Richtlinien für die Zuständigkeit aufgestellt werden und das
Thema Tierschutz im Lehrplan erwähnt werden.

3.3. Positive Effekte in der Kindesentwicklung

Die Meinung, dass Tiere und der Kontakt mit Tieren eng mit sozialen Kompetenzen
verbunden sind, ist bereits weit verbreitet. Vor allem die Entwicklung von Empathie (vgl.
Olbrich 2019: 24f) und Teamfähigkeit sollen bei Kindern durch Haustiere und den
korrekten        Umgang     mit   diesen     gefördert   werden.   Außerdem     können    das

                                                                                                13
Verantwortungsgefühl und die Kommunikation, sowie die Konzentrationsfähigkeit
gefördert werden (vgl. Böttger: 87f). Eindeutig interpretierbare Studien zu diesem Thema
sind nach Beetz (vgl. 2016) jedoch rar und somit ist diese Ansicht schlecht
wissenschaftlich belegbar. Trotzdem gibt es einige Autoren, die von den positiven
Effekten von Haustieren auf die Kindesentwicklung berichten.

„Ein Tier erzieht zu Fürsorglichkeit und Verantwortung für andere Tiere, und in der Folge
auch für Menschen.“, so Greiffenhagen und Buck-Werner (1991) in Tiere als Therapie.
Sie beziehen sich darin auch auf Gotthard M. Teutsch (vgl. 1980), welcher in Tieren eine
gute Gelegenheit sieht Empathie zu lernen und sie für diese Rolle sogar Geschwistern
vorziehen würde. Auch Richard Louv (vgl. 2019: 107) beschreibt in seinem Buch Our
Wild   Calling   die   Mensch-Tier-Beziehung      und   ihre   Auswirkungen     auf   die
Kindesentwicklung. Er erwähnt dabei Vorteile für das Sozialverhalten, das
Selbstvertrauen und das Fürsorgeverhalten. Ebenso schildert Louv (vgl. 2019 :109f) sein
Gespräch mit dem Verhaltensforscher und Trainer Dennis Fetco, welcher die Rolle von
Haustieren als Lehrer thematisierte. Demnach können Kinder nicht nur durch den
Umgang ihrer Eltern mit Hunden lernen, sondern Hunde selbst können ihnen, aufgrund
ihrer direkten Art und ihrem Unvermögen zu lügen, bedingungslose Liebe und
Vergebung näherbringen wie es Menschen nicht könnten. Auch Ulrich Gebhard (vgl.
2013: 130) berichtet von den positiven Effekten von Hunden auf Kinder. In Kind und
Natur bezieht sich der Autor auf eine 1993 von Norbert Rehm durchgeführten Studie zum
Thema Kind und Hund, in welcher 90% der befragten Eltern ihrem Hund eine wichtige
Rolle in der Kindeserziehung zuschrieben. Die am häufigsten genannten Fähigkeiten, die
durch den Hund gefördert würden, waren das Sozialverhalten, das Verantwortungsgefühl,
sowie das Naturverständnis.

„Wer sich gewöhnt hat, das Leben irgendeines Geschöpfes als wertlos anzusehen, ist in
Gefahr, zuletzt auch bei der Vorstellung wertloser Menschenexistenzen anzugelangen,
die in dem Denken unserer Zeit eine so unheilvolle Rolle spielt (Albert Schweitzer, vgl.
Müller 2010).“

Dieses obige Zitat des deutsch-französischen Arzt und Philosophen Albert Schweitzer
beschreibt den Kern des Zusammenhanges zwischen Tierquälerei und Gewalttaten an
Menschen. Dieser Zusammenhang wurde von Martin Killias und Sonia Lucia (vgl. 2011)

                                                                                            14
in “Is Animal Cruelty a Marker of Interpersonal Violence and Delinquency?“ untersucht,
wofür sie eine Studie aus dem Jahr 2006 heranzogen, welche in der Schweiz durchgeführt
wurde. Für die Studie wurden über 3.600 Jugendliche im Alter von 13 bis 15 über ihre
Erfahrungen mit Problemverhalten und Kriminalität wie Tierquälerei, Drogenkonsum,
Diebstahl und Körperverletzung. Die Studie ergab, dass Kinder welche Tiere quälen, mit
dreifach höherer Wahrscheinlichkeit im Laufe ihres Lebens straffällig und gewalttätig
gegenüber anderen Menschen werden. Im Vergleich dazu, wurden ein schlechtes
Familienverhältnis, Probleme in der Schule oder Migrationshintergrund als geringere
Risikofaktoren eingestuft. Insgesamt gaben 12% der Befragten an, schon einmal ein Tier
gequält zu haben, wobei 2,4% der Meinung waren, dass Tiere dies verdienen oder es Spaß
macht.

Glenn Walters (vgl. 2014) beschreibt in seiner Arbeit eine ähnliche Studie mit 1.336
TeilnehmerInnen im Alter zwischen 14 und 18 welche in den USA durchgeführt wurde.
Auch hierbei wurde ein Zusammenhang zwischen Tierquälerei und kriminellen
Tätigkeiten festgestellt, wenn auch der Autor daran zweifelt, dass die vorangegangene
Tierquälerei im Kindesalter ein direkter Auslöser für das Straffälligwerden der
Jugendlichen war.

Sehr ausführlich mit dem Zusammenhang zwischen Tierquälerei und Gewalt gegen
Menschen beschäftigt sich Volker Mariak (vgl. 2019), ein deutscher Kriminologe in
seinem Buch Die Spirale der Gewaltkriminalität. In diesem Werk untersucht er unzählige
Kriminalfälle und den Hintergrund der Täter, ebenso wie viele einschlägige Studien. Der
Autor glaubt auf Grund seiner Nachforschungen fest an einen wissenschaftlich belegten
Zusammenhang zwischen Gewalttaten an Tieren und an Menschen.

Aufgrund der oben aufgeführten Studien und Publikationen könnte ein schon im frühen
Alter gewissenhaft durchgeführter Tierschutzunterricht gleichzeitig präventiv gegen
Gewalt wirken und somit nicht nur einen Beitrag zum Tierschutz, sondern in weiterer
Folge auch zum Menschenschutz leisten.

                                                                                          15
4. Tierschutzunterricht in Österreich
4.1. Tierschutz und der Lehrplan der Mittelschule

Der aktuell gültige Lehrplan für Mittelschulen in Österreich ist in seiner Grundform im
Jahr 2012 in Kraft getreten und bildet die Leitlinie für den Unterricht in der Mittelschule.

Tierschutz wird im gesamten Lehrplan an keiner Stelle explizit erwähnt, im Gegensatz zu
Umwelt-, Arten- und Biotopschutz, jedoch sind einige Passagen und Ziele enthalten, die
sich mit den Grundsätzen und Zielen von Tierschutz überschneiden und deren
Interpretation eine Relevanz von Tierschutzunterricht aufzeigen, sowie einen solchen
rechtfertigen. Diese Ziele finden sich vor allem im Lehrplan für Biologie und
Umweltkunde, aber auch im Lehrplan für den katholischen Religionsunterricht können
Überschneidungen mit Tierschutz gefunden werden.

4.1.1. Lehrplan für Biologie und Umweltkunde
Der Lehrplan für Biologie und Umweltkunde (BMBWF 2012: 69-72) ist in
unterschiedliche Bereiche gegliedert: Bildungs- und Lehraufgabe, grundlegende Ziele,
Beitrag zu den Aufgabenbereichen der Schule, sowie Beiträge zu den Bildungsbereichen,
welche sich wiederum in Mensch und Gesellschaft, Natur und Technik, Sprache und
Kommunikation, Kreativität und Gestaltung, wie auch Gesundheit und Bewegung
gliedern. Weiters werden Didaktische Grundsätze und der Lehrstoff mit den
Kernbereichen der vier Schulstufen, sowie dem Erweiterungsbereich erläutert.

4.1.1.1. Analyse des Lehrplanes hinsichtlich des Themas Tierschutz
Im folgenden Abschnitt werden relevante Passagen des Lehrplanes der Mittelschule,
genauer des Unterrichtsfaches Biologie, aufgelistet und hinsichtlich der möglichen
positiven Effekte von Tierschutzunterricht auf diese Ziele, sowie Überschneidungen von
Tierschutz und den Zielen des Lehrplanes, analysiert.

Grundlegende Ziele

   Die Schülerinnen und Schüler sollen die Abhängigkeit der Menschen von Natur und
   Umwelt begreifen und Wissen, Fähigkeiten/Fertigkeiten erwerben, die sie für einen

                                                                                               16
umweltbewussten, nachhaltigen Umgang mit unseren Lebensgrundlagen motivieren
  und befähigen (ökologische Handlungskompetenz) (BMBWF 2012: 69).

Abhängigkeit von Natur und Umwelt, sowie Nachhaltigkeit beinhalten das Thema des
bewussten Konsums. Viele Ressourcen von denen der Mensch in seinem täglichen Leben
gebrauch macht sind tierischer Herkunft, beziehungsweise haben solcherlei Bestandteile,
oder stehen in ihrer Produktionsweise, direkt oder indirekt, im Konflikt mit Tierwohl.
Somit ist Tierschutz, speziell mit den Unterthemen der Nutztiere und Versuchstiere ein
Aspekt dieses grundlegenden Zieles des Lehrplans. Konkretere Themen die in
Verbindung mit diesem Ziel angesprochen werden können sind unter anderem
Tierversuche in der Kosmetikherstellung, Kennzeichnung von Lebensmitteln und
Kosmetika, Produktion von Tierprodukten, Bio-Produkte, sowie Bedrohung von
Lebensräumen durch Nahrungsmittelproduktion.

  Die Schülerinnen und Schüler sollen ein biologisches „Grundverständnis“ erwerben,
  welches sie bei ihrer zukünftigen Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungen
  unterstützen kann. Werte und Normen, Fragen der Verantwortung bei der Anwendung
  naturwissenschaftlicher bzw. biologischer Erkenntnisse sollen thematisiert werden
  (BMBWF 2012: 69).

Werte und Normen sind ein wichtiger Teil der Ethik, welche sich wiederum, unter
anderem, mit Tierschutz beschäftigt.

Der letzte Teil dieses Zieles im Lehrplan für Biologie und Umweltkunde geht auf die
Verantwortung gegenüber der Natur bzw. der Anwendung von erworbenem Wissen ein.
Spricht man von Verantwortung gegenüber der Natur, so sind auch Tiere miteingebunden
und der verantwortungsvolle Umgang mit diesen. Ein gewisses Maß an biologischen
Kenntnissen und grundlegendes Wissen über Lebewesen sind Voraussetzung für die
Möglichkeit Verantwortung für ein solches zu übernehmen und wertschätzend mit Tieren
umzugehen. Ein Lebewesen zu kennen und grundlegende Kenntnisse über seine
Bedürfnisse zu besitzen, bildet den Grundstock für Tierschutz und tiergerechten Umgang.

  Die Schülerinnen und Schüler sollen positive Emotionen für Natur und Umwelt
  entwickeln (BMBWF 2012: 69).

                                                                                          17
Julius et al. (vgl. 2014: 20) argumentieren, dass Menschen sich gegenüber Tieren ähnlich
verhalten wollen wie gegenüber anderen menschlichen Artgenossen, dies zeigt sich auch
darin, dass die meisten Kinder und Jugendlichen besonderes Interesse gegenüber
zoologischen Themen im Unterricht zeigen. Positive Emotionen gegenüber der Natur und
Umwelt bestehen also bei den meisten Schülern und Schülerinnen von Natur aus und
sollen im Biologieunterricht aufgegriffen und gefördert werden. Denn wie bereits im
Abschnitt 3.1. erwähnt, ist dieses Interesse und die Neugier gegenüber Lebewesen höher,
je jünger die Kinder sind und wird mit fortschreitendem Alter, ohne zusätzlicher
Beschäftigung mit der Thematik, weniger. Kenneth J. Shapiro (Bekoff 2010: 548)
beschreibt dieses Phänomen ebenfalls in der Encyclopedia of animal rights and animal
welfare, jedoch wirft er ein, dass dieses abfallende Interesse an Tieren durchaus nicht mit
dem Alter, sondern mit der Erziehung und den Erfahrungen der unterschiedlichen
Generationen korrelieren könnte. Tierschutzunterricht bietet für Kinder und Jugendliche
eine gute Möglichkeit sich intensiv mit Tieren zu beschäftigen und im Idealfall sogar
durch      verantwortungsbewussten         Tierkontakt,   die    positiven     Emotionen
aufrechtzuerhalten.

   Personale und soziale Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Kooperation,
   Konflikt- und Teamfähigkeit, emotionale Intelligenz sollen erworben bzw. gefördert
   werden (BMBWF 2012: 69).

Wie bereits im Abschnitt über ‚Positive Effekte in der Kindesentwicklung‘ erläutert,
können viele dieser wichtigen Kompetenzen durch Kontakt zu Tieren gefördert werden.
Vor allem die emotionale Intelligenz und das generelle Einfühlungsvermögen in andere
Lebewesen profitieren von einer positiven und respektvollen Mensch-Tier-Beziehung.

Beitrag zu den Aufgabenbereichen der Schule
   Weckung der Achtung vor Natur und Leben sowie des Bewusstseins der
   Verantwortung für die Folgen von Eingriffen in Ökosysteme (BMBWF 2012: 69).

Dieser vorgegebene Beitrag zu den Aufgabenbereichen stellt ein bedeutendes Argument
für den Tierschutzunterricht dar, da Achtung, Respekt und natürlich auch die Wahrung
von     tierischem    Leben   den   Kern    des   Tierschutzgedankens    darstellen.   Der
Tierschutzunterricht zielt darauf ab, Kindern und Jugendlichen zu zeigen, warum und wie
                                                                                              18
man pfleglich und tiergerecht mit seinen nichtmenschlichen Mitlebewesen umgehen soll
und, dass auch Tiere Bedürfnisse haben, Emotionen zeigen können und Schmerz sowie
Leid fühlen. Somit kann Tierschutzunterricht einen nicht unwesentlichen Beitrag zur
Erfüllung dieses Zieles, der Weckung der Achtung vor Natur und Leben, beitragen.

Beiträge zu den Bildungsbereichen
Der Bildungsbereich Mensch und Gesellschaft beinhaltet unter anderem das Verhältnis
von Menschen zu Natur und das Thema Nachhaltigkeit (vgl. BMBWF 2012: 69). Beide
dieser Themen können auch in der Tierschutzthematik gefunden werden. Das Verhältnis
Mensch zu Natur bietet zum einen die Möglichkeit die unzähligen Facetten und Rollen
der Mensch-Tier-Beziehung zu besprechen, sowie die Relevanz dieser für beide Parteien.
Schülern und Schülerinnen kann damit bewusst gemacht werden zu welchem Grad eine
Abhängigkeit gegenüber Tieren und unserer Nutzung dieser besteht. Von dort kann direkt
in das Thema der Nachhaltigkeit übergeleitet werden, beispielsweise durch eine
Beleuchtung von bewusstem Konsum oder Konsum von Tierprodukten. Ähnlich bietet
sich Tierschutz und die verbundenen Aspekte des Konsums zum Thema ‚Auswirkungen
menschlicher Aktivitäten auf Natur, Umwelt und Gesundheit‘ im Bildungsbereich Natur
und Technik an.        Derselbe Bereich beinhaltet außerdem die Beziehung von
‚Naturwissenschaften und Ethik‘, welche zu einem bestimmten Grad ebenfalls über die
Tierschutzthematik beleuchtet werden kann, da einen großen Reibungspunkt dieser
Disziplinen die Tierversuche darstellen.

4.1.1.2. Anknüpfungspunkte für Tierschutzunterricht im Lehrplan

Tierschutzunterricht kann in allen Schulstufen der Mittelschule problemlos in viele der
vom Lehrplan für Biologie und Umweltkunde vorgeschlagenen Themen eingebunden
werden und findet so im regulären Unterricht, auch wenn die Zeit für den Lernstoff oft
knapp ist, seinen Platz. Allen voran der Bildungsbereich Natur und Technik bietet
zahlreiche Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten, Tierschutzaspekte wiederholt in den
Unterricht einfließen zu lassen.

In der ersten Klasse der Mittelschule sollen die Tiere des Ökosystems Wald behandelt
werden, sowie Haustiere, die die Erlebniswelt der SchülerInnen widerspiegeln (vgl.

                                                                                          19
BMBWF 2012: 70). Diese beiden Gebiete bieten einen großen Rahmen für
tierschutzrelevante Themen, wie beispielsweise Wildtiere und korrektes, respektvolles
und verantwortungsvolles Verhalten im Wald. Zu den Haustieren können unzählige
Themen behandelt werden, von dem Verständnis und der richtigen Haltung einzelner
Tierarten bis hin zum sicheren und tiergerechten Umgang mit Hunden.

Der Fokus in der zweiten Klasse liegt auf den Themen Gewässer und Wirbellose und
einer Wiederholung bzw. Vertiefung des Wissens über das Ökosystem Wald (vgl.
BMBWF 2012: 71). Tierschutzthemen die sich diesbezüglich anbieten sind Toleranz
gegenüber wirbellosen Tieren und der Nutzen dieser, Sinn oder Unsinn von Sportfischerei
und tiergerechte Haltung von aquatischen Lebewesen sowohl in Aquarien, als auch in
größeren Gewässern. Je nachdem wie intensiv das Ökosystem Wald in der ersten Klasse
erarbeitet wurde, können grundlegende Aspekte des Tierschutzes in Verbindung mit
Wildtieren und das richtige Verhalten im Wald besprochen werden, oder auch die
Thematik der Jagd diskutiert werden.

Die dritte Klasse bietet als größten Anknüpfungspunkt das Thema Nutztiere (vgl.
BMBWF       2012:   71),   welches     einen   sehr    wichtigen   und   umfangreichen
tierschutzrelevanten Punkt darstellt. Diesbezüglich können die Themen der tiergerechten
Haltung der einzelnen Nutztiere, sowie Unterschiede in den unterschiedlichen
Haltungsformen, Tiertransport, Schlachtung, Konsum von Tierprodukten und die
Bedeutung des Begriffes ‚Bio‘, wie auch die generelle Kennzeichnung von Lebensmitteln
behandelt werden.

In der vierten Klasse werden keine explizit zoologischen Themen vorgesehen (vgl.
BMBWF 2012: 72). Jedoch bietet sich die Gelegenheit das im Lehrplan enthaltene Thema
Vererbung um den Aspekt der Qualzucht zu erweitern. Die offensichtlichste Tierart, die
sich hierbei als Anschauungsobjekt anbietet, ist der Hund, jedoch finden sich
Qualzuchtmerkmale unter anderem auch bei Katzen, Fischen, Hühnern und Kaninchen.

4.1.2. Lehrplan für katholischen Religionsunterricht

Der Lehrplan für katholischen Religionsunterricht gliedert sich in die Abschnitte
Bildungs- und Lehraufgabe, Ziele, Beiträge des katholischen Religionsunterrichts zu den
Bildungsbereichen, sowie Didaktische Grundsätze und der Lehrstoff mit dem
Kernbereich, welcher die sieben Ziele des Lehrplans aufgreift und für jede Schulstufe
                                                                                          20
genau ausführt. Unter diesen sieben Zielen lässt sich das vierte Ziel „Würde des
     Menschen in Freiheit und Verantwortung“ sowie das fünfte Ziel „Welt und Mensch -
     Schöpfung Gottes“, gut mit den Thematiken und Grundlagen von Tierschutz vereinbaren,
     wie weiter unten erläutert wird.

     Bildungs- und Lehraufgabe

     Zur Bildungs- und Lehraufgabe von katholischem Religionsunterricht gehört die
     Bedeutung von diesem in der Gesellschafft. „Die Thematisierung der gesellschaftlichen
     Bedeutung von christlichem Glauben soll zum Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und
     Bewahrung der Schöpfung ermutigen und befähigen (BMBWF 2003: 4).“ Bezüglich der
     Stellung in der Sekundarstufe I wird noch hinzugefügt, dass die SchülerInnen „lernen
     Werte zu entdecken, moralisch zu urteilen und zu handeln (BMBWF 2003: 4).“
     Spätestens seit der Veröffentlichung der Enzyklika „Laudato si‘“ von Papst Franziskus10
     vom Mai 2015 ist deutlich geworden wie diese Werte der katholischen Kirche gegenüber
     der Umwelt und Tieren aussehen. In diesem kirchlichen Rundschreiben thematisiert das
     Kirchenoberhaupt die aktuelle Situation unserer Umwelt und der Natur, sowie den oft
     bedenklichen Umgang damit. Der Papst stellt außerdem klar, dass die Bibel oft falsch,
     sowie ohne den korrekten Kontext interpretiert wird und nicht einen autoritären
     Anthropozentrismus vorschlägt, in welchem der Mensch sich alle Lebewesen unterwirft,
     sondern fordert, dass sich der Mensch um alle Geschöpfe der Erde kümmert (vgl. Papst
     Franziskus 2015 Abschnitt 68). „Da alle Geschöpfe miteinander verbunden sind, muss
     jedes mit Liebe und Bewunderung gewürdigt werden, und alle sind wir aufeinander
     angewiesen (Papst Franziskus 2015 Abschnitt 42).“ Zieht man dieses Zitat aus der
     Enzyklika als Beispiel für christliche Werte und Moral heran, gewinnt Tierschutz deutlich
     an Bedeutung für die katholische Kirche und dessen Religionsunterricht und kann als
     Bereicherung für letzteren dienen.

     Beiträge des katholischen Religionsunterrichts zu den Bildungsbereichen
     Im Bildungsbereich Mensch und Gesellschaft (vgl. BMBWF 2003: 5) fordert der
     Lehrplan vom katholischen Religionsunterricht eine Auseinandersetzung mit Werten und

10
  https://www.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/
papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.html
                                                                                                 21
Normen um diese zur Orientierung für das Leben heranzuziehen. Weiters sollen
Solidarität,   Toleranz    und     Gerechtigkeit    gefördert    werden        und    ein
verantwortungsbewusster Umgang mit der Welt auf der Grundlage biblischen
Schöpfungsglaubens gelehrt werden. Der Bildungsbereich Natur und Technik (vgl.
BMBWF 2003: 6) legt im Religionsunterricht den Fokus auf Reflexionen unserer
Wertvorstellungen und ethische Fragen im Zusammenhang mit Natur und Technik, sowie
Mensch und Umwelt.

All diese Ziele der Bildungsbereiche Mensch und Gesellschaft, sowie Natur und Technik
weisen eine hohe Eignung auf diese durch qualifizierten Tierschutzunterricht zu
erreichen, oder zumindest ihnen näher zu kommen. Vor allem Toleranz, Gerechtigkeit
und    verantwortungsbewusster    Umgang     sind   Schlagwörter,     welche     in   der
Tierschutzthematik essenziell sind. Jedoch auch der letzte Abschnitt weist thematische
Überschneidungen mit Tierschutzunterricht auf, da auch in diesem ethischen
Fragestellungen nachgegangen wird und Werte besprochen werden.

Lehrstoff
Hinsichtlich des Lehrstoffes der einzelnen Schulstufen bieten sich die Ziele 4, „Würde
des Menschen in Freiheit und Verantwortung“ (vgl. BMBWF 2003: 15f), und 5, „Welt
und Mensch – Schöpfung Gottes“ (vgl. BMBWF 2003: 16), in der dritten Klasse an,
diese in Kombination mit Tierschutz zu erarbeiten. Die Grundanliegen von Ziel 4 in
dieser Schulstufe beschäftigen sich mit der Stimme des Gewissens und den christlichen
Grundregeln des Zusammenlebens, sowie deren Anwendung. Die dazugehörigen
elementaren    Inhalte    behandeln   das   Zusammenspiel       von    Gewissen       und
verantwortungsvollen Entscheidungen sowie Gewissenskonflikte. Ziel 5 beinhaltet in der
dritten Klasse folgende Grundanliegen: „Das Leben und die Mitwelt als Geschenk
entdecken“; „Vom Angebot des Lebens verantwortungsvoll Gebrauch machen“; „Die
Verantwortung gegenüber sich selbst, den Mitmenschen und der Mitwelt wahrnehmen“;
Interessante elementare Inhalte aus der Tierschutzperspektive, die mit diesen
Grundanliegen angeführt werden, sind Ökologie und Nachhaltigkeit. Sowohl die
Grundanliegen und elementaren Inhalte des vierten Zieles, als auch des fünften Zieles
lassen sich gut mit verschiedenen Thematiken des Tierschutzes vereinbaren, da Gewissen
und Verantwortung, zwei Leitbegriffe in diesen Zielen des Lehrplanes für katholischen
Religionsunterricht, zwei treibende und essentielle Faktoren für Tierschutz darstellen.

                                                                                            22
Primär eignen sich diese Themen des Religionsunterrichts gut um die Hintergründe von
      Tierschutz zu besprechen: Warum schützen wir Tiere und kümmern uns um diese? Liegt
      Tierschutz in unser aller Verantwortung? Wie sollte ich Tiere behandeln? Jedoch können
      auch Nachhaltigkeit und Konsum             in Kombination mit Tierschutzthemen, wie
      Nutztierhaltung, gut ausgearbeitet werden.

      4.2. Schülermeinungen zum Thema Tierschutz

      Der folgende Abschnitt enthält die Ergebnisse und deren Diskussion einer im Zuge der
      vorliegenden Arbeit durchgeführten Umfrage. Diese Umfrage wurde erstellt, um den Ist-
      Zustand zum Thema Tierschutz bei einem Ausschnitt der SchülerInnen der Mittelschulen
      in der Oststeiermark zu erfragen. Treibender Faktor dabei waren eigene Beobachtungen,
      welche nahelegten, dass Tierschutz in der Schule unzureichend thematisiert wird und die
      SchülerInnen über eher wenig Tierschutzwissen verfügen, jedoch Interesse zeigen. Um
      diese Theorie zu untersuchen waren folgende drei Forschungsfragen von besonderem
      Interesse: Wie schätzen die SchülerInnen ihr eigenes Wissen über Tierschutz ein und ist
      diese Einschätzung belegbar? Haben die SchülerInnen generell Interesse am Thema
      Tierschutz und gibt es einen Zusammenhang mit dem Vorhandensein von Haustieren?
      Welche Rolle spielt die Schule für die SchülerInnen wenn es um das Thema Tierschutz
      geht? Auf diese Fragen wird in der Analyse der Ergebnisse weiter unten eingegangen.
      Zudem werden die Ergebnisse mit einer in Deutschland durchgeführten Studie von Paula
      M. Haimerl (vgl. 2016) verglichen.

      4.2.1. Durchführung & Methode

      Da eine aus persönlichen Beobachtungen bestehende Theorie vorliegt, wird diese
      induktiv mit quantitativen Methoden untersucht11. Zur Erhebung der Daten für die
      vorliegende Arbeit und um die obigen Forschungsfragen zu beantworten wurde die
      Methode der Befragung gewählt. Der teils standardisierte Fragebogen, welcher von 64
      TeilnehmerInnen beantwortet wurde, erlaubt leichter Generalisationen bezüglich der

11
     https://www.scribbr.de/methodik/induktiv/
                                                                                                23
Ergebnisse auf die untersuchte Personengruppe Schüler und Schülerinnen der
      Mittelschule in Österreich (vgl. Deml 2010). Die Befragten waren im Alter zwischen 10
      und 16 und besuchten zu diesem Zeitpunkt ausnahmslos eher ländlich gelegene
      Mittelschulen in Puch bei Weiz, Pischelsdorf, Sinabelkirchen und Hartberg. Insgesamt
      besuchten 19 der der TeilnehmerInnen die erste Klasse, 15 die zweite Klasse, 12 die dritte
      Klasse und 18 die vierte Klasse. Die TeilnehmerInnen wurden zufällig und nach
      Verfügbarkeit ausgewählt, jedoch wurde versucht eine regelmäßige Verteilung der
      Schulstufen zu erreichen, um eine vielfältige und repräsentative Stichprobe zu erhalten.
      Keine/r der SchülerInnen wurde zuvor speziell auf die Thematik der Umfrage vorbereitet
      und es wurde explizit darum gebeten wahrheitsgemäß zu antworten. Der Fokus der
      Umfrage wurde einerseits auf SchülerInnen der Mittelschule gelegt, da die Mittelschule
      eine der am häufigsten verbreiteten Schulformen in Österreich darstellt12 und
      andererseits, da die SchülerInnen der Mittelschule schon mehr Schulerfahrung, und
      eventuell mehr Begegnungen mit Tierschutzunterricht, haben.

      Der erstellte Fragebogen besteht aus insgesamt elf Fragen (s. Anhang 1), davon vier
      offene, zwei geschlossene Fragen und fünf Fragen mit Intensitäts-Skala, bei welchen auf
      die Empfehlungen von Bernd Rohrmann (vgl. 1978) eingegangen wurde. Demnach
      wurde eine fünf-stufige Skala verwendet und diese mit verbalen Begriffen, für eine
      erhöhte Verständlichkeit, unterstützt. Im Gegensatz jedoch zu Rohrmanns Vorschlägen
      erfolgte die Bewertung dem Prinzip von Schulnoten, wobei die Zahl ‚eins‘ mit ‚sehr‘ und
      die Zahl ‚fünf‘ mit ‚gar nicht‘ gleichzusetzen war. Diese Umkehrung der Skala wurde
      gewählt, da SchülerInnen mit dem herkömmlichen Notensystem eng vertraut sind und
      ihnen eine Bewertung nach diesem womöglich leichter fällt. Bei der Erstellung des
      Fragebogens wurde darauf geachtet, dass für jede der Forschungsfragen mehrere
      Indikatoren, basierend auf den Antworten der einzelnen Fragen, verfügbar sind.

      4.2.2. Ergebnisse

      Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Fragen und ihre Ergebnisse mittels
      deskriptiver Statistik (vgl. Pissarek 2008) präsentiert. Zudem werden die Fragen kurz
      erklärt und die Hintergrundgedanken erläutert. Da sich bei der Auswertung zum Teil
      interessante Unterschiede gezeigt haben, werden zu den Gesamtergebnissen auch die

12
     www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulsystem/gd/schulstat_oester.html
                                                                                                   24
Ergebnisse der ersten und zweiten Klasse, sowie der dritten und vierten Klasse separat
dargestellt.

1. Frage – Was verstehst du unter Tierschutz?

Diese erste Frage war offen zu beantworten und stellte für viele SchülerInnen eine große
Hürde dar. Viele der Kinder fragten beim Beantworten des Fragebogens was denn die
richtige Antwort sei und waren nicht in der Lage eine eigene Definition zu finden, obwohl
diese auch aus Stichworten bestehen konnte. Der Hintergrund diese offene Frage
einzugliedern war, einen Einblick in das eventuell vorhandene Tierschutzwissen der
SchülerInnen zu gewinnen.

Für einen besseren Überblick werden die Antworten auf diese erste Frage in vier
Kategorien eingeteilt: keine Antwort/ „keine Ahnung“, „Tiere schützen“, falsche Ansicht
von Tierschutz, richtige Ansicht von Tierschutz. Die Antwort „Tiere schützen“ könnte
man natürlich gleichstellen mit einer richtigen Ansicht von Tierschutz, jedoch gibt diese
keinen Einblick darüber, ob Tierschutzwissen vorhanden ist, da sie nur eine
Paraphrasierung darstellt. Daher werden solche und ähnliche Antworten separat gelistet.

In Summe ließen 12 SchülerInnen das Antwortfeld der ersten Frage leer oder antworteten
mit „keine Ahnung“, „gar nichts“ oder „weiß ich nicht“. 16 der Teilnehmer schrieben
„Tiere schützen“, „dass man Tiere schützen soll“ oder ähnliche Abwandlungen des
Begriffes Tierschutz. Weiters enthielten 5 Antworten eine falsche Ansicht von
Tierschutz, die sich entweder auf Naturschutz oder Artenschutz bezog, und 31
SchülerInnen konnten eine korrekte Definition von Tierschutz oder eines Aspektes davon
geben.

                                                                                            25
Sie können auch lesen