Umweltschonend mobil sein - oeku

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Umweltschonend mobil sein
Mobilität führt Menschen zueinander. Gemeinschaft zu erfahren ist ganz im Sinn der Kirchgemeinden.
Doch übermässige Mobilität belastet die Umwelt. Der Einsatz der Kirchgemeinden für umweltgerechte
Mobilität ist ein Gebot der Zeit.

          Die negativen Auswirkungen der unbegrenzten motori-      • Für längere oder steile Strecken ist der öffentliche
          sierten Mobilität belasten nicht nur die Umwelt, son-      Verkehr die erste Wahl. In schlecht erschlossenen
          dern beeinträchtigen unsere Lebensqualität und die         Gebieten lohnt sich allenfalls die Anschaffung
          der nachkommenden Generationen. Der Personen- und          eines E-Bikes. Der benötigte Strom kann mittels
          Güterverkehr benötigt rund 35 Prozent des gesamten         Solaranlage selber produziert oder mit dem Kauf
          Endenergieverbrauchs der Schweiz. Rund 1,3 Millio-         einer Ökovignette kompensiert werden.
          nen Menschen sind in der Schweiz während des Tages       • Wenn das Benützen eines Autos unumgänglich
          übermässigem Lärm ausgesetzt. Bei der Verbrennung          erscheint, sollte man nicht alleine fahren, sondern
          von Treibstoffen entstehen u.a. schädliche Stickoxide      Kollegen und Bekannte mitnehmen oder bei andern
          (NOX) und Treibhausgase (CO2-Emissionen).                  mitfahren. Dadurch werden die Ausgaben halbiert
          Die Folge sind hohe externe Kosten durch Herz-Kreis-       und das Mitfahren fördert erst noch die sozialen
          lauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen oder               Kontakte.
          erhöhtes Krebsrisiko. Zu hohe Luftschadstoffwerte        • Automodelle wählen, welche die Umwelt weniger

                                                                                                                            Veranstaltungen
          belasten unsere empfindlichen Ökosysteme. Für den          belasten, wie Elektrofahrzeuge, Autos mit Erdgas-
          motorisierten Individualverkehr werden heute pro Per-      antrieb oder mit geringem Treibstoffverbrauch.
          son rund 120 Quadratmeter gebraucht. Er zerschneidet
          Landschaften und damit Lebensräume mit fatalen           Umweltgerechte Mobilität innerhalb
          Folgen für Mensch und Biodiversität und er trägt zur     der Kirchgemeinde fördern
          steigenden Zersiedelung bei.
                                                                   Die Kirchgemeinde kann ihren Mitarbeitenden und
          Technologische Fortschritte reduzieren zwar die
                                                                   Kirchgemeindegliedern mit gezielten Massnahmen das
          Luftschadstoffemissionen pro Fahrzeug. Durch den
                                                                   Umsteigen auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel
          zunehmenden Verkehr wird diese Entwicklung aber
                                                                   erleichtern:
          teilweise wieder aufgehoben.
                                                                   • Gedeckte Veloparkplätze in unmittelbarer Nähe
                                                                     des Einganges zu Kirche und Kirchgemeindehaus
          Auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen
                                                                     erhöhen die Attraktivität des Velofahrens.
          Kirchgemeinden können sich in Wort und Tat für           • Kirchenvelo oder E-Bike: Für kürzere Strecken
          umweltgerechte Mobilität einsetzen. Mit gezielten          bietet sich die Anschaffung eines Dienstvelos an,
          Massnahmen können sie den Umstieg auf umwelt-              welches bei Bedarf benutzt werden darf.
          freundliche Verkehrsmittel erleichtern.                  • Die Kirchgemeinde bezahlt ihren Angestellten einen
          Grundsätzlich gilt:                                        Teil des Halbtax- oder Generalabonnements. Zudem
          • Für Strecken innerhalb und zwischen benachbarten         erhalten Angestellte, welche den Arbeitsweg nach-
             Ortschaften die muskelbetriebene Mobilität fördern:     weislich zu Fuss, per Velo oder E-Bike zurücklegen,
             Zufussgehen, Velofahren, Inlineskaten oder Trot-        einen jährlichen Förderbeitrag.
             tinettfahren wirken sich nachweislich positiv auf     • Bei Mobility anregen, einen Mietautostandort in
             Gesundheit und Wohlbefinden aus.                        der Nähe der Kirche einzurichten oder Mobility
                                                                     auf dem Kirchenareal ein Parkfeld zur Verfügung
                                                                     stellen.

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• Sonntäglicher Fahrdienst: Dieser bietet sich ins-      • Vor Ort kann ein autofreier Sonntag organisiert
     besondere für Kirchgemeinden an, welche alter-        werden, indem eine Strasse oder der Kirchenplatz
     nierend Gottesdienste in den Dörfern der Kirchge-     für den Autoverkehr gesperrt wird. Für öffentliche
     meinde abhalten. Dies reduziert den sonntäglichen     Strassen ist bei der Polizei eine Bewilligung ein-
     Autoverkehr; das gemeinsame Reisen zur Kirche         zuholen. Als autofreie Tage mit Kirchenbeteiligung
     trägt zum sozialen Miteinander und somit zum          eignen sich etwa der Bettag oder der europaweite
     Gemeindeleben bei.                                    Aktionstag «In die Stadt – ohne mein Auto!», der
• Beim Organisieren überregionaler Sitzungen Ort           immer am 22. September stattfindet.
     und Zeit so einplanen, dass die Teilnehmenden mit   • Autofasten beliebt machen: Während der Fastenzeit
     dem öffentlichen Verkehr an- und abreisen können.     verpflichten sich interessierte Gemeindemitglieder
     Die Einladung enthält einen Fahrplan der passen-      öffentlich, für eine bestimmte Zeit aufs Autofahren
     den Bus- oder Zugsverbindung.                         zu verzichten.
• Bei jeder Veranstaltung der Kirchgemeinde auf der
     Einladung und der Website auf den Fahrplan des      Kirchgemeinden bringen sich ein
     öffentlichen Verkehrs verlinken.
                                                         Die Kirchgemeinde beteiligt sich aktiv an Fragen der
• Die Anzahl der Parkplätze auf dem Kirchenareal auf
                                                         Mobilität und bringt sich zu Mobilitätsvorhaben in der
     ein Minimum beschränken und den so gewonnenen
                                                         politischen Gemeinde ein.
     Raum anders nutzen.
                                                         • Die Kirchgemeinde überprüft und thematisiert das
• Die Beteiligten können eingeladen werden, zu
                                                           Mobilitätsverhalten bei Veranstaltungen und bei
     Fuss, mit öffentlichem Verkehr oder per Velo zur
                                                           den eigenen Angestellten.
     Chorprobe und in den Gottesdienst zu kommen oder
                                                         • Die Kirchgemeinde erarbeitet ein Mobilitäts-
     zumindest andere im Auto mitzunehmen.
                                                           konzept. Viele Kantone und Städte bieten dafür
                                                           eine kostenlose oder finanziell stark geförderte
Gemeinsame Aktionen planen
                                                           Mobilitätsberatung an. Ein vorbildliches Mobilitäts-
Gemeinsam autofreie Mobilität zu erleben hat eine          konzept trägt zur Attraktivität der Kirchgemeinde
positive Wirkung und regt andere zum Autoverzicht          in der Bevölkerung bei.
an. Auch dem Pfarrteam stehen viele Möglichkeiten        • Bei der Einführung von neuen Geschwindigkeitsbe-
offen:                                                     grenzungen kann die Kirchgemeinde eine führende
• In einem Freiluft-Gottesdienst steht beispielsweise      Rolle spielen. Oft stehen Kirchen im historischen
     das Thema Mobilität im Vordergrund. Die Teilneh-      Ortskern. Hier lässt sich idealerweise eine quartier­
     menden reisen per Velo an. Vielleicht lassen sich     übergreifende Tempo-30-Zone einführen. Wenn
     auch Kinder und Jugendliche für den Gottesdienst-     sich die politische Gemeinde gegen eine neue
     besuch begeistern, wenn sie mit Inlineskates oder     Geschwindigkeitslimite sperrt, kann die Kirchge-
     Scooter hinfahren dürfen.                             meinde mit dem Einverständnis der Anwohner auf
• Das Thema Mobilität in den Unterricht einfliessen        dem Kirchenareal «freiwillig Tempo 30»-Schilder
     lassen: Jugendliche untersuchen die Mobilität in      aufstellen.
     der eigenen Kirchgemeinde und gestalten einen
     Gottesdienst zum Thema.
• Etwas weiter weg führen kann eine Pilgerreise mit
     dem Velo oder per Bahn.

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Reformierte Landeskirche des Kantons Zürich               Reformierte Kirchgemeinde Birmenstorf AG
Velo-Gutschein als Anreiz für Mitarbeitende               Kostenloser Fahrdienst zum Gottesdienst

Der Kirchenrat der reformierten Zürcher Landeskirche      In der reformierten Kirchgemeinde Birmenstorf-Ge-
hat 2013 ein Umweltleitbild verabschiedet. Darin          benstorf-Turgi findet der Gottesdienst am Sonntag
setzt er sich für eine nachhaltige Entwicklung ein, die   turnusgemäss in einer der drei Kirchen statt.
ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte um-      Ein kostenloser Fahrdienst wurde eingerichtet: Die
fasst. So erhalten Mitarbeitende, welche die öffent-      Kleinbusse einer örtlichen Busgesellschaft bringen
lichen Verkehrsmittel für ihren Arbeitsweg benutzen,      die Kirchenbesuchenden zum Gottesdienst und wieder
einen Zuschuss von 150 Franken an ihr SBB-Genera­l­       nach Hause. Dabei können die Kirchgänger an den
abonnement oder Halbtax-Abonnement. Auf Anregung          gewohnten öffentlichen Bushaltestellen zusteigen.
der Umweltkommission der Gesamtkirchlichen Dienste        Der Bus fährt in jedem Fall. Dank dieses gemein-
erhalten Mitarbeitende, die regelmässig mit dem eige-     schaftlichen Fahrdienstes ist sichergestellt, dass auch
nen Velo zur Arbeit kommen, jährlich einen Warengut-      nicht motorisierte Kirchgemeindeglieder immer zum
schein für Velozubehör im Wert von 250 Franken.           Gottesdienst gelangen. Das Verkehrsaufkommen zur
2014 beteiligten sich zwanzig Mitarbeitende an der        Kirche wird tief gehalten und die wenigen Parkplätze
nationalen Aktion «Bike to work» und legten den           bei den drei Kirchen werden nicht zusätzlich belastet.
Arbeitsweg einen Monat lang so oft als möglich mit        So können auch Unterhaltskosten gespart werden.
dem Velo zurück.                                          Das Angebot wird sehr geschätzt und genutzt. Die

                                                                                                                      Veranstaltungen
Als weitere Massnahme zur Förderung des Veloverkehrs      gemeinsame Fahrt fördert das gegenseitige Kennenler-
von Mitarbeitenden und Besucherinnen und Besuchern        nen und das Gefühl der Zusammengehörigkeit in der
wurden vor dem landeskirchlichen Gebäude am Hir-          Kirchgemeinde. So finden in den Bussen rege Gesprä-
schengraben 7 durch das Tiefbauamt der Stadt Zürich       che, zuweilen auch Predigtnachgespräche statt.
Fahrradbügel montiert.

Kirche Wetzikon ZH
Grösste Velobörse im Zürcher Oberland

Die grösste Bike- und Velobörse im Zürcher Ober-
land findet einmal jährlich in Wetzikon statt. Die
Occasionsvelos sind unterteilt nach Preisklassen und
Kategorien. Alte, nicht mehr gebrauchte Velos werden
an diesem Tag für die Wiederverwertung in Afrika
entgegengenommen.
Organisiert wird die Velobörse in Zusammenarbeit mit
den Sozialdiensten der reformierten und der katho-
lischen Kirche. Die Kommission von 15 Prozent für
den Verkauf kommt vollumfänglich sozialen Projekten
im In- und Ausland zugute. Jedes Jahr tragen über
vierzig Freiwillige sowie rund fünfzehn Konfirmanden      Abbildung 47: Die Wetziker Velobörse ist eine Benefizver-
und Firmanden mit ihren Katechetinnen zum Erfolg          anstaltung, bei der der gesamte Erlös gespendet wird und
der Velobörse bei.                                        alle Helfenden freiwillig im Einsatz sind.

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Literaturhinweise und Links

• Entscheidungshilfe zur Optimierung der persönlichen Mobilität: ➞ www.mobilitaetsdurchblick.ch
• Nationale Mitmach-Aktion zur Förderung des Velofahrens auf dem Arbeitsweg: ➞ www.biketowork.ch
• Zugang zu Mietautos jeder Grösse an Standorten in der ganzen Schweiz: ➞ www.mobility.ch
• Home-Office ist der kürzeste Weg zur Arbeit: ➞ www.homeofficeday.ch
• Individuelle Mobilitätsgewohnheiten und deren Kosten: www.pronatura.ch/mobilitaetsrechner
• In Deutschland ist das Autofasten weit verbreitet: Interessierte verpflichten sich, während der Fastenzeit
     aufs Auto zu verzichten. Infomaterial auf der Website: ➞ www.autofasten.de

Fachverbände

• Der Fachverband «Fussverkehr Schweiz» setzt sich für die Rechte der Fussgängerinnen und Fussgänger ein.
     Er berät Behörden, Fussgängergruppen und Einzelpersonen: ➞ www.fussverkehr.ch
• Der «Verkehrs-Club der Schweiz VCS» setzt sich für den öffentlichen Verkehr, den Fuss- und Veloverkehr sowie
     den autofreien Verkehr ein. Neben der Zentrale existieren kantonale Sektionen; hier stehen Fachpersonen für eine
     Mobilitätsberatung zur Verfügung: ➞ www.verkehrsclub.ch. Der VCS gibt jährlich eine Autoliste mit den am
     wenigsten umweltschädlichen Automodellen heraus: ➞ www.autoumweltliste.ch
• «Pro Velo Schweiz» fördert das Velo als umweltfreundliches, energiesparendes und gesundes Individualverkehrsmittel.
     Neben der Zentrale existieren über 30 Regionalgruppen: ➞ www.pro-velo.ch > praktische Tipps unter «Toolbox».

Gottes leise Reiseweise

• Vom Velo-Gottesdienst über die Haltestellenandacht bis zum Meditationsweg: «Gottes leise Reiseweise».
     Arbeitsdokumentation und Magazin zur SchöpfungsZeit 1999 der oeku Kirche und Umwelt.

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Checkliste
nnn   Die Kirchgemeinde befasst sich aktiv mit dem Thema Mobilität.

nnn   In unmittelbarer Nähe der Kirche gibt es nur wenige Parkplätze.

nnn   Neben dem Eingang von Kirche oder Gemeindehaus sind überdachte Veloabstellplätze vorhanden.

nnn   Es gibt einen Mobility-Parkplatz auf dem Kirchengelände.

nnn   Ein Teamvelo oder Elektromobil steht für die kirchlichen Angestellten zur Verfügung.

nnn   Bei Gemeindeanlässen werden die Teilnehmenden dazu eingeladen, zu Fuss, mit dem Velo
      oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln an die Veranstaltung zu kommen.

nnn   Ist der Veranstaltungsort in der Nähe einer Haltestelle des öffentlichen Verkehrs, wird der Anfangszeitpunkt des Anlasses
      auf den Fahrplan abgestimmt.

nnn   Kirchenangestellte benutzen so oft als möglich das Velo, den öffentlichen Verkehr oder gehen zu Fuss.

nnn   Eine sinnvolle Spesenregelung vergütet Bahn- und Fahrradfahrten genauso wie Fahrten mit dem Auto.

nnn   Verkehrsberuhigungsmassnahmen und tiefe Tempolimiten werden von der Kirchgemeinde angeregt.

                                                                                                                                  Veranstaltungen

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Umgebung gestalten
Vielfältige Lebensräume schaffen
Kirchen stehen meist mitten im Siedlungsgebiet und sind von Grünflächen umgeben. Diese Umgebung können
Kirchgemeinden artenreich gestalten und zu einer Oase für Menschen, Pflanzen und Tiere werden lassen.

         Je vielfältiger ein Lebensraum ist, desto vielfältiger   Wildblumenwiese wertet Umgebung
         entwickelt sich darin das Leben. Darum ist es wichtig,   ökologisch und visuell auf
         wie die Umgebung einer Kirche gestaltet und gepflegt
                                                                  Böschungen und weniger begangene Flächen eignen
         wird. Oft prallen dabei jedoch verschiedene Bedürfnis-
                                                                  sich zum Anlegen von Wildblumenwiesen. Die Wildblu-
         se aufeinander: Während manche Menschen englische
                                                                  menwiese ist nicht ein verwahrloster Rasen, sondern
         Rasen mit einheitlichen Blumenrabatten schön finden,
                                                                  erfordert die Einsaat einer speziellen Samenmischung.
         bevorzugen Tiere naturnahe Gärten, die zuweilen
                                                                  Diese enthält einheimische, an den jeweiligen
         «unordentlich» wirken. Dabei muss «naturnah» nicht
                                                                  Standort angepasste Pflanzenarten. Der ideale Boden
         im Widerspruch zu einem geometrischen Design
                                                                  für eine Wildblumenwiese ist möglichst mager und
         stehen. Somit steht an erster Stelle die Auseinan-
                                                                  feinkörnig. Doch mit dem nötigen Fachwissen und
         dersetzung darüber, wem die Umgebung der Kirche
                                                                  etwas Geduld lässt sich auf fast jedem Standort eine
         Lebensraum bieten soll. Stehen Kirchgemeinderat
                                                                  artenreiche Wiese anlegen, ohne dass es teure Erdar-
         und Gartenverantwortliche (beispielsweise der Sigrist
                                                                  beiten braucht. Am besten lässt man sich von einer
         oder Hauswart) hinter dem Konzept einer naturnahen
                                                                  Fachperson beraten.
         Umgebungsgestaltung, ist bereits viel gewonnen.
         Auch die Kirchgemeindeglieder sollten mittels
                                                                  Spätes Mähen fördert die Artenvielfalt
         Veranstaltungen wie Vorträgen und Exkursionen oder
         Informationstafeln über den Sinn der ökologischen        Eine Wildblumenwiese wird je nach Nährstoffgehalt
         Umgebungsgestaltung informiert werden.                   zwei- bis dreimal pro Jahr gemäht, wobei der erste

                                                                                                                          Umgebung gestalten
                                                                  Schnitt nicht vor Anfang Juni gemacht werden soll
         Gesamtplanung für Grünflächen                            und auch der Herbstschnitt nicht fehlen darf. Das
                                                                  Schnittgut soll erst nach ein paar Tagen abtrans-
         Grünflächen um Kirche und Kirchgemeindehaus
                                                                  portiert oder kompostiert werden, damit die Samen
         werden unterschiedlich genutzt. Eine gut koordinierte
                                                                  für das nächste Jahr herausfallen können. Fehlt der
         Gesamtplanung, bei welcher Kirchgemeinderat, Gar-
                                                                  Herbstschnitt, «verfilzt» die Wiese und kahle Stellen
         tenverantwortliche und die Baukommission miteinbe-
                                                                  entstehen unter dem Filz. Dort setzen sich uner-
         zogen werden, kann viel für den Schutz der Schöpfung
                                                                  wünschte Pflanzen (wie Neophyten, Brombeeren,
         bewirken. Beim Eingang der Kirche bietet sich ein
                                                                  Brennnesseln und Gehölze) fest. Um zu vermeiden,
         Blumenrasen an, auf dem vielleicht auch mal um eine
                                                                  dass hochgewachsenes Gras auf die Gehwege hängt,
         Gruppe Margeriten oder andere Blumen herum gemäht
                                                                  wird der Wiesenrand regelmässig mit dem Rasenmäher
         wird, denn sie liefern wertvolle Nahrung für Insek-
                                                                  geschnitten. Es verleiht den Wildblumenwiesen ein
         ten. Geschnitten wird der Blumenrasen etwa vier- bis
                                                                  gepflegteres Aussehen und steigert die Akzeptanz bei
         achtmal pro Jahr, wobei der erste Schnitt nicht vor
                                                                  den Besuchenden, die gerne alles kurz geschnitten se-
         Ende April geschehen soll. Nicht zu empfehlen ist
                                                                  hen. Die Wildblumenwiese ist arten- und blütenreich
         ein intensiv gepflegter Zierrasen, der im Sommer be-
                                                                  und wertet die Umgebung ökologisch wie auch visuell
         wässert werden muss (siehe Kapitel «Wasserverbrauch
                                                                  auf. Wildblumenwiesen bieten mehr Pflanzen- und
         reduzieren» auf Seite 33).
                                                                  Tierarten Lebensraum als intensiv gepflegter Rasen.

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Grössere Grünflächen rund um Kirchen können mit               gibt es gut strukturierte, naturnahe Bereiche, so sind
Tieren beweidet werden. Um die reformierte Kirche in          dies wichtige Inseln in der versiegelten Siedlungs-
Vordemwald weiden beispielsweise Skudden, um die              landschaft. Auch Weiher und Tümpel sind wertvolle
katholische Kirche Zofingen Spiegelschafe. Beides sind        Lebensräume, welche unter anderem Amphibien als
seltene «Pro Specie Rara»-Schaf-Landrassen.                   Fortpflanzungsgewässer dienen können.

Einheimische Pflanzen bevorzugen                              Hecken mit Dornenbüschen sind sehr wertvoll

Auch Blumenbeete bepflanzt man am besten mit                  Hecken eignen sich gut als Sicht- und Windschutz.
einheimischen Pflanzen oder alten, kulturhistorisch           Ökologisch besonders wertvoll sind reich strukturierte
bedeutenden Zierpflanzensorten, wie sie beispiels-            Hecken aus einheimischen Pflanzen mit Dornen-
weise Pro Specie Rara anbietet. Dabei bevorzugt man           büschen als Versteckmöglichkeit für Vögel. Geomet-
nektarproduzierende Pflanzen und solche, auf denen            risch geschnittene, gärtnerische Hecken können,
Insekten gerne ihre Eier ablegen.                             wenn man sie aus einheimischen Arten zusammen-
Auf einem steinig-sandigen Boden kann eine Ruderal-           stellt, ebenfalls wertvolle Lebensräume sein.
mischung eingesät werden, wie rund um die refor-              Für Fledermäuse dienen Hecken und Baumreihen
mierte Kirche Enge in Zürich. Eine weitere Idee ist die       als Jagdlebensraum oder als sichere Flugroute zum
Anlage eines «Fledermausbeets», das Pflanzen enthält,         Jagdgebiet. Bei der Kapelle Kleinteil in Giswil OW,
die für Nachtfalter attraktiv sind, wie beispielsweise        in der sich eine Wochenstube mit rund 300 ausge-
Nachtkerzen, Lichtnelken, Leimkraut oder Seifenkraut.         wachsenen, stark gefährdeten Kleinen Hufeisennasen
                                                              befindet, wurden beispielsweise mehrere Obstbäume
«Unordentliche Ecken» sind wichtige Lebensräume               als Flugroute zum Wald, welcher als Jagdgebiet dient,
                                                              gepflanzt.
Neben den Grünflächen sind auch «unordentliche
                                                              Im Vergleich zu den Privatgärten bietet sich die
Ecken» wie Stein-, Sand- und Altholzhaufen, Trocken-
                                                              Grösse des Kirchenareals an, grosswachsende Bäume
mauern und Inseln mit verfilztem Altgras wichtige
                                                              anzupflanzen, entweder einheimische Laubbäume oder
Lebensräume. Stehen in der Umgebung des Kirch-
                                                              Hochstammobstbäume.
gemeindehauses Unterschlupfstrukturen bereit und

Invasive Neophyten

Als Neophyten werden Pflanzen bezeichnet, die erst nach der Entdeckung Amerikas zu uns gekommen sind.
Die meisten dieser nicht einheimischen Pflanzen sind unproblematisch. Einige der neuen Pflanzen verhalten sich
jedoch invasiv: Sie verwildern, breiten sich stark aus und verdrängen die einheimische Flora. Sie tragen zum Rück-
gang der biologischen Vielfalt bei, können die menschliche Gesundheit gefährden, Bachufer destabilisieren oder
Bauten schädigen. Solche Problempflanzen gelten als invasive Neophyten und stehen auf der schwarzen Liste.
In der Schweiz betrifft dies zurzeit 40 Arten, dazu gehören beispielsweise der Sommerflieder, der Kirschlorbeer und
die Kanadische und Spätblühende Goldrute. Weil die Arten der schwarzen Liste Schäden an Biodiversität, Gesund-
heit und Ökonomie verursachen und überdies für einheimische Insekten kaum Nahrung bieten, tut man gut daran,
solche Pflanzen auf dem Kirchenareal konsequent zu bekämpfen.

➞ Schwarze Liste der invasiven Neophyten: ➞ www.infoflora.ch > Suchbegriff: Schwarze Liste, ➞ www.neophyt.ch

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