Unsere Positionen zu den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz am 14. März 2021 - Ein Land, vier Diözesanverbände: Limburg, Mainz, Speyer und Trier ...

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Unsere Positionen zu den
Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz
        am 14. März 2021
Ein Land, vier Diözesanverbände:
Limburg, Mainz, Speyer und Trier
Durch die Bürger*innen von Rheinland-Pfalz wird am 14. März 2021 ein neuer Landtag gewählt.

Für diese Wahl haben die vier rheinland-pfälzischen Diözesanverbände des Kolpingwerkes ein
gemeinsames Positionspapier mit Erwartungen und Wünschen an den künftigen Landtag und die
künftige Landesregierung verabschiedet. Dabei ist uns bewusst, dass einige Themen in die
ausschließliche    Gesetzgebungszuständigkeit   des      Bundes    gehören.    Im     politischen
Entscheidungsprozess haben die Bundesländer jedoch über den Bundesrat die Möglichkeit
mitzuwirken. Insofern kommt auch der politische Wille eines Landes dort zum Ausdruck. Auch über
die unterschiedlichen Koalitionsmöglichkeiten der Parteien auf Bundes- und Landesebene sind
Einflussmöglichkeiten direkt oder indirekt vorhanden. Verstehen Sie die Themen, die sich auf
Bundesgesetze beziehen, also bitte in diesem Sinne als Aufforderung, sich für diese Themen
einzusetzen.

Dem Kolpingwerk in Rheinland-Pfalz als mitgliederstarkem katholischen Sozialverband mit berufs-
und sozialpolitischer Zielsetzung gehören rund 20.500 Jugendliche, Frauen und Männer an. Unsere
Mitglieder engagieren sich in der Jugend-, Senioren- und Erwachsenenbildung, in den Belangen der
Arbeitswelt und in der Internationalen Partnerschaft.
Unsere Aufgabe als katholischer Sozialverband ist es, uns als engagierte Christen für soziale
Gerechtigkeit einzusetzen, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten und soziales Bewusstsein und Handeln zu
fördern. Uns ist bewusst, dass vor dem Hintergrund von Sparzwängen und einer notwendigen
Haushaltssanierung sicher nicht alles und jedes, was wir für richtig und wünschenswert halten, sofort
umgesetzt werden kann.

In unserem Positionspapier beschränken wir uns deshalb, auf aus unserer Sicht wichtige
Zukunftsthemen in Rheinland-Pfalz: die Rahmenbedingungen für Familien zu stärken, die
demografische Entwicklung in den Blick zu nehmen, wie Geflüchteten besser geholfen und wie die
weiter schleichende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes im Interesse der Beschäftigten
gestoppt werden kann.

Wir werden dieses Positionspapier an die Partei – und Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die
Grünen, CDU, F.D.P. und SPD senden, mit der Bitte, unsere Anregungen und Vorschläge mit
aufzunehmen. Gerne können Sie dieses Positionspapier auch an die Bewerber*innen für ein
Landtagsmandat weiterleiten.

Für den Landesvorstand:

Diakon Andreas W. Stellmann           Pfarrer Thomas Gerber           Matthias Donauer
Landesvorsitzender                    Landespräses                    Leiter Arbeitskreis Landespolitik

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Familien fördern und eine Perspektive geben

Für das Kolpingwerk sind Familie und Familienpolitik wichtige Anliegen. Vielfältige Ehe- und
Familienleistungen im Land und Bund helfen Familien wirtschaftlich und ermöglichen in vielen
Bereichen soziale Teilhabe. Dennoch können Familien, Lebenspartnerschaften und Alleinerziehende
von Armut betroffen sein. Vielfach ist ein Einkommen nicht ausreichend. Auch bei uns stellt sich
deshalb die Frage, wie das Risiko der Kinderarmut eingegrenzt und der prekären Situation, z. B. von
Alleinerziehenden mit Kindern, entgegengewirkt werden kann. Für das Kolpingwerk sind die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Arbeitsbedingungen der Wirtschaft die zentralen
Fragen, die nach wie vor unbefriedigend gelöst sind. Für uns als Verband darf es nicht sein, dass die
Familie der Wirtschaft untergeordnet ist. Arbeit sollte so organisiert sein, dass sie den Belangen der
Familie entspricht. Allein in Rheinland-Pfalz waren im 3. Quartal 2020 1 in Privathaushalten rd. 19.000
und rd. 324.000 (!) Minijobber*innen im gewerblichen Bereich beschäftigt. Damit liegt Rheinland-
Pfalz im Bundesländervergleich jeweils auf Platz 6. Die Corona-Pandemie hat in Teilbereichen zwar zu
einer Reduzierung der Minijobs geführt, was jedoch im Gesamtkontext die Menschen bei Verlust
eines solchen prekären Arbeitsplatzes mangels sozialer Absicherung (zum Beispiel durch die Zahlung
von Kurzarbeitergeld) zum Teil von existenzsichernden, staatlichen Transferleistungen wie
Grundsicherungsleistungen mindestens temporär abhängig gemacht hat.

Für uns stellen sich folgende Fragen:

    -   Wie kann das nach wie vor hohe Niveau an geringfügiger Beschäftigung dauerhaft reduziert
        werden?
    -   Wie kann das Risiko der Kinderarmut eingegrenzt und die Situation von Familien mit
        Migrationshintergrund verbessert werden?
    -   Mit welchen Maßnahmen bzw. ergänzenden Maßnahmen über die aktuellen gesetzlichen
        Regelungen hinaus, kann eine familienfreundliche Arbeitswelt gefördert werden?

1 Quelle: 3. Quartalsbericht 2020 Minijob-Zentrale

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Erwachsenenbildung im Blick behalten

Bildungsarbeit ruht auf vier Säulen: Schule, Hochschule, berufliche Bildung und Erwachsenenbildung.
Gerade im Bereich der Erwachsenenbildung, zu der neben Volkshochschulen auch die verschiedenen
freien und kirchlichen Anbieter gehören, gab es durch die Corona-Pandemie große Einbrüche. Zumal
die Politik nur für die ersten drei Säulen, nicht aber für die Erwachsenenbildung ausreichend
finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Letzter Bereich scheint bei der Konzeption von Corona-Hilfen
und Regelungen schlicht „vergessen“ worden zu sein. Dabei ist Erwachsenenbildung in vielerlei
Hinsicht eine wichtige Unterstützung für gesellschaftliche Themen: wirtschaftlich im Sinne von
Qualifizierung (Hardskills sowie Softskills), aber auch durch die Förderung demokratischer Prozesse
und Haltungen. Die sechs staatlich anerkannten Weiterbildungsorganisationen und die
Volkshochschulen in Rheinland-Pfalz realisieren jedes Jahr ein Gesamtunterrichtsstundenvolumen
von knapp 850.000 Unterrichtseinheiten. Fast 800.000 Frauen und Männer besuchen die
Bildungsangebote.

Im Weiterbildungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz wird Weiterbildung als wesentlicher Bestandteil
des rheinland-pfälzischen Bildungswesens und öffentliche Aufgabe verstanden. Dennoch gibt es seit
vielen Jahren im zuständigen Ministerium keine eigenständige Abteilung für Weiterbildung. Sie ist
vielmehr Teil der Haushaltsabteilung. Das hat zu einem deutlichen Verlust in der Reputation und
Wahrnehmung des Weiterbildungsressorts geführt.

Viele Weiterbildungseinrichtungen und Bildungshäuser sind aufgrund der Pandemie in ihrer Existenz
gefährdet. Um die Menschen in ihren Lebenssituationen zu erreichen, braucht Erwachsenenbildung
die Akteur*innen und Orte mit ihrer jeweils eigenen Kultur. Beides muss von der Politik unterstützt
werden.

Für uns stellen sich folgende Fragen:

    -   Welche konkreten Schritte müssen Ihrer Meinung nach unternommen werden, um im
        Bereich der Erwachsenenbildung bei den Corona-Hilfen nachzusteuern?
    -   Wie werden Sie sich in der nächsten Legislaturperiode für die anerkannten
        Weiterbildungsorganisationen und die Volkshochschulen als vierte Säule des
        Bildungswesens einsetzen?
    -   Was werden Sie unternehmen, damit es zukünftig wieder zur Einrichtung einer Abteilung
        Weiterbildung kommt?
    -   Welche Möglichkeiten sehen Sie, bürokratische Hürden und Herausforderungen zugunsten
        der Umsetzung innovativer Ideen in Modellprojekte im Bereich der Weiterbildung
        abzubauen?

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Den rasanten Wandel in der Arbeitswelt organisieren

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass sich die klassische Arbeitswelt, die wir bis dahin kannten,
schnell gewandelt hat. Sie hat die Menschen und Unternehmen vor große Herausforderungen
gestellt und wird die Gesellschaft, aber auch die Politik sicherlich noch weiter herausfordern und
beschäftigen. Für das Kolpingwerk ist es wichtig, dass sich bei Veränderungen in der Arbeitswelt die
gewohnten und allgemein bewährten Spielregeln zwischen Arbeitgeber*innen und
Arbeitnehmer*innen nicht zu Lasten der abhängig Beschäftigten verschieben.

Die Pandemie hat uns aber auch aufgezeigt, wie schnell Lösungen auf Veränderungen erforderlich
werden.

Am Beispiel "Homeoffice" können wir die rasanten Veränderungen von faktisch heute auf morgen
beschreiben: mobiles, flexibles Arbeiten statt Büropräsenz - Wegfall von Pendelzeiten und
Zeitgewinne - Freiwilligkeit statt einseitig, betriebliche Festlegungen etc.

Solche Veränderungen bieten Chancen, bergen aber auch Risiken.

Darüber hinaus vollzieht die Arbeitswelt besonders in den letzten Jahren einen enormen Wandel. In
der Arbeitswelt 4.0 erfordern Digitalisierung und Flexibilisierung immer mehr soziale Kompromisse.
Die Arbeitsbeziehungen von Mensch und Maschine verändern sich. 2 Viele Tätigkeiten sind nicht mehr
an einen bestimmten Ort gebunden; Arbeitszeit und Arbeitsort sind daher globaler und flexibler zu
betrachten. Berufsbilder und Kompetenzanforderungen insbesondere an die Fachkräfte verändern
sich stetig.

Für uns stellen sich folgende Fragen:

-   Mit welchen gesetzlichen Maßnahmen lässt sich ggf. eine Benachteiligung von abhängig
    Beschäftigten bei schnellen Veränderungen verhindern?
-   Wie können Beschäftigte durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen befähigt werden,
    sich innerbetrieblich schnell an Veränderungen anzupassen?
-   Wie gut sehen Sie die rheinland-pfälzische Wirtschaft sowie die Beschäftigten in puncto
    Digitalisierung auf einer Skala von 1 bis 10 aufgestellt? (10 = optimal). Bitte begründen Sie Ihre
    Einschätzung.

2 https://www.sozialpolitik.com/fileadmin/user_upload/Material/Materialarchiv/Arbeitsblaetter/arbeitsblatt-
tafelbild-arbeitswelt-im-wandel.pdf - Seite 33

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Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage entgegenwirken

Für das Kolpingwerk ist die Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage innerhalb der letzten Jahre
trotz der gesetzlichen Regelung in Rheinland-Pfalz ein Ärgernis und nicht hinnehmbar. Davon
betroffen sind u. a. die Beschäftigten und deren Familien im Einzelhandel.

Bei unserem Protest geht es nicht um die Arbeit der Notdienste, die Versorgung von Alten und
Kranken oder den Bus- und Bahnbetrieb, sondern um den Einzelhandel.

Unsere Ziele sind eine konsequente Einhaltung des Sonn- und Feiertagsschutzes, die Begrenzung der
Ladenöffnungszeiten und endlich eine Thematisierung der Folgen einer „Rund-um-die-Uhr-
Konsumgesellschaft“.

Nach unserer Auffassung muss die Sonn- und Feiertagsruhe als Tage der Arbeitsruhe die Regel sein.

Für Ausnahmen sollte ein enger gesetzlicher Rahmen geschaffen werden. Das BVerwG hat
diesbezüglich auch das LadÖffnG RP vergleichbar ausgelegt und festgestellt, "dass jede Ladenöffnung
an einem Sonntag eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes bedarf." Dem ist die
Rechtsprechung des OVG Koblenz zuletzt mit Urteil vom 04.06.2020 Az.: 6 C 11206/19 gefolgt.

Trotzdem stellen sich für uns folgende Fragen:

    -   Wie kann der Trend zu immer mehr verkaufsoffenen Sonntagen gestoppt werden?
    -   Wie kann die zunehmende Ausdehnung der Arbeitszeiten in die Abende und den
        Samstagnachmittag begrenzt werden?

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Demographische Veränderungen positiv gestalten

Unsere Gesellschaft ist älter und bunter geworden!
Die Tendenzen und Trends der Bevölkerungsentwicklung sind bekannt.
Dadurch, dass unsere Gesellschaft bunter geworden ist, ist der soziale Friede gefährdet! In seiner
Enzyklika „Fratelli tutti“ schreibt Papst Franziskus: „Auf verschiedene Art und Weise spricht man
anderen das Recht auf Existenz und eigenes Denken ab. … Auf diese Weise verarmt die Gesellschaft
und reduziert sich auf die Selbstherrlichkeit des Stärksten.“ (15) „Worauf es ankommt, ist, Prozesse
der Begegnung in Gang zu setzen, Prozesse, die ein Volk aufbauen, das die Unterschiede in sich
aufnimmt. Rüsten wir unsere Kinder mit den Waffen des Dialogs aus! Lehren wir sie den guten Kampf
der Begegnung!“ (217)

Das Durchschnittsalter der Bevölkerung verändert sich seit Anfang der siebziger Jahre stetig nach
oben. Es sterben mehr Menschen, als geboren werden. Die Veränderungen haben soziale und
ökonomische Dimensionen. Das Kolpingwerk als Sozialverband ist beispielsweise gegen eine weitere
Absenkung der Rentenbeiträge und für den Aufbau von Überschüssen im Rentensystem, um für
schwierige Zeiten besser gerüstet zu sein. Durch ein gerechteres Beitragssystem, wie bspw. das
Sockelrentenmodell der katholischen Verbände, kann in kleinen Schritten eine gerechtere Alternative
geschaffen werden. Dazu gehört auch, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse auf dem
Arbeitsmarkt durch gesetzliche Maßnahmen stärker zurückgedrängt werden müssen und endlich die
Ungerechtigkeit - im Schnitt werden Frauen um 22 % schlechter entlohnt als Männer - beendet wird.

Für uns stellen sich folgende Fragen:

    -   Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um der Gefährdung des sozialen Friedens
        entgegenzuwirken und die Kultur des Dialogs weiter aufzubauen?
    -   Was kann getan werden, um Altersarmut zu vermeiden?
    -   Wie können die Sozialkassen gestärkt werden?
    -   Wie wurde das Mindestlohngesetz in Rheinland-Pfalz umgesetzt?
    -   Inwiefern / Wo wird ein Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf gesehen?
    -   Wie kann eine geschlechterunabhängige Entlohnung erreicht werden?
    -   Welche weiteren Rahmenbedingungen können geschaffen werden, damit Paare wieder
        eher bereit sind, (mehrere) Kinder zu bekommen?

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Für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik

Das Kolpingwerk ruft die Kolpingsfamilien und ihre Mitglieder auf, sich aktiv mit den Kommunen, den
Kirchengemeinden, den freien Initiativen und Institutionen der Wohlfahrtspflege für die Geflüchteten
einzusetzen.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, in dem auch das Kolpingwerk vertreten ist, hat bereits
vor Jahren ein umfassendes europäisches Konzept für den Umgang mit der gegenwärtigen
Flüchtlingssituation gefordert, das wirksame Rettungsprogramme, ein entschiedenes Vorgehen
gegen Menschenhandel und verbrecherische Schleuser, die Verbesserung der Lebensperspektiven in
den Herkunftsländern und auch die gerechte Verteilung zwischen den europäischen Staaten
umfassen muss.

Für uns stellen sich folgende Fragen:

    -   Was hat sich in den letzten Jahren hier getan?
    -   Welche Maßnahmen müssen in den Herkunftsländern noch getroffen werden, um die
        Fluchtursachen bekämpfen zu können?
    -   Welche Änderungen in der eigenen Handels-, Wirtschafts- und Finanzpolitik sind
        angezeigt?
    -   Was muss sich in der Entwicklungszusammenarbeit auf der politischen Ebene verändern,
        damit Wirkungen in den Herkunftsländern erzielt werden können?

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Internationale Verantwortung                         wahrnehmen               -     wirksames
Lieferkettengesetz verabschieden

Das Kolpingwerk Deutschland sowie KOLPING INTERNATIONAL haben sich deshalb der „Initiative
Lieferkettengesetz“ angeschlossen, einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis von zahlreichen
Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und kirchlichen
Akteur*innen, das sich im September 2019 gegründet hat.
Das Bündnis fordert ein wirksames Lieferkettengesetz, denn Unternehmen, die Schäden an Mensch
und Umwelt in ihren Lieferketten verursachen oder in Kauf nehmen, müssen dafür haften.
(Selbstverpflichtung)

Das Kolpingwerk fordert zusätzlich ein Gesetz, dass nicht nur für die ganz großen Unternehmen
gilt. Es muss mindestens für alle Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden gelten und in Sektoren mit
großen Menschenrechtsrisiken – etwa der Textilbranche, der Auto- oder Chemieindustrie – auch
noch kleinere Unternehmen ins Auge fassen.
Erst eine gesetzliche Regelung schafft gleiche Produktionsbedingungen für alle Unternehmen und
garantiert somit Wettbewerbsgleichheit. Denn die bisherige freiwillige Selbstverpflichtung erwirkt
genau das Gegenteil: Aktuell haben diejenigen Unternehmen, die sich nicht an den Standards
orientieren und diese unterlaufen, einen Wettbewerbsvorteil bei den Produktionskosten. Im Ergebnis
führt das zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen. Das ist sowohl wettbewerbsverzerrend als auch
sozialethisch verwerflich.
Das Kolpingwerk begrüßt deshalb auch die Initiative der Bundesregierung, sich im Rahmen der EU-
Ratspräsidentschaft für einen EU-Aktionsplan zur Stärkung der Unternehmensverantwortung in
globalen Lieferketten einzusetzen, der menschenrechtliche, soziale und ökologische Standards und
Transparenz fördert und sicherstellt. Ein deutsches Lieferkettengesetz würde helfen, den Prozess auf
europäischer Ebene voranzutreiben und aktiv mitzugestalten. Wir fordern deshalb, dass es noch in
dieser Legislaturperiode verabschiedet wird.
Das Kolpingwerk teilt die Auffassung des Bundesentwicklungsministers Dr. Gerd Müller, der davon
sprach: "Die Ausbeutung von Mensch und Natur sowie Kinderarbeit darf nicht zur Grundlage einer
globalen Wirtschaft und unseres Wohlstandes werden."

Für uns stellen sich folgende Fragen:

    -   Wie stehen Sie zu unseren Forderungen?
    -   Sofern ein Lieferkettengesetz bereits verabschiedet wurde: Wo sehen Sie einen Änderungs-
        und Anpassungsbedarf?

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Für eine nachhaltige und gerechte Klima- und Strukturpolitik

Die Bewahrung der Schöpfung ist ein Thema, das viele Menschen in unserem Verband bewegt.

Nach unserer Auffassung muss staatliches Handeln zwingend die Schaffung von Struktururen zum
Schutz unserer Lebensgrundlagen zum Ziel haben. Die Herstellung unserer regionalen
Zukunftsfähigkeit sehen wir auch als Beitrag für unsere "EINE Welt". Wir sehen es als unabdingbar
an, dass

       die Klimaziele des Pariser Abkommens, insbesondere die 1,5 Grad Begrenzung, Grundlage
        aller Entscheidungen sein muss;
       der Klimaschutz zwingend mit einer innovativen Energiewende verzahnt werden muss;
       die Mobilität der Bürger*innen unter Klimaaspekten beurteilt werden muss; der allgemeine
        Trend zur Urbanisierung und Verstädterung gestoppt werden muss, um z. B. bezahlbaren
        Wohnraum in den Städten wieder zu erreichen. Gleichzeitig ist der ländliche Raum zu
        stärken, damit eine Gegenbewegung entstehen kann. Parallel dazu sind Investitionen in den
        ÖPNV, in den Ausbau der Radinfrastruktur Beispiele, die helfen können, eine
        Mobilitätswende zu erreichen.
       alle hergestellten Produkte umwelt- und sozialverträglich, langlebig und recycelbar sein
        müssen. Öffentliche Beschaffungen müssen dabei diese Standards zwingend berücksichtigen.
       öffentliche Finanzhilfen, die auch zur Abfederung der Corona-Krise gewährt werden, nicht zu
        erneuten Fehlsteuerungen wie bei der Finanzkrise 2008/2009 führen dürfen (z. B.
        Konjunkturpaket II - Abwrackprämie).

Für uns stellen sich folgende Fragen:

    -   Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um hier eine Trendwende zu erreichen?
    -   Wie gut sehen Sie derzeit Rheinland-Pfalz auf einer Skala von 1 bis 10 aufgestellt (10 =
        optimal aufgestellt)? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung.

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Arbeitsschutz – Werkverträge

Werkverträge sind seit dem 1. Januar 2021 nicht mehr möglich. Wir begrüßen, dass Leiharbeit ab
dem 1. April 2021 in der Fleischwirtschaft verboten wird. Dies kann nur ein Einstieg sein.

Das Kolpingwerk Landesverband Rheinland-Pfalz begrüßt die Gesetzesänderung zum
Arbeitsschutzkontrollgesetz, mahnt jedoch gleichzeitig an, die betrieblichen Kontrollen in dieser
Branche zu verstärken. Die Erforderlichkeit von Werkverträgen auch in anderen Branchen muss nach
unserer Auffassung generell auf den Prüfstand. Dabei müssen Fragen

       - zur Vermeidung von Lohndumping
       zum Arbeitsschutz
       - zur Stärkung der Rechte von Beschäftigung
       zur Stärkung der sozialen Sicherungssysteme
       zur Verbesserung der Mitbestimmung in den Unternehmen
       - zu einer Anpassung des Lohnes für die regulär Beschäftigten

auf die Tagesordnung.

Für uns stellen sich folgende Fragen:

    -   Wie stehen Sie zur Begrenzung oder gar Abschaffung der Leiharbeit generell?
    -   In welchem zeitlichen Rahmen sollen Ihrer Meinung nach Veränderungen eintreten?

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