Ute Gerken (Hg.) Lernzeiten am Gymnasium _ Rahmenbedingungen, Voraussetzungen und Praxisbeispiele - Lernpotenziale 2014 _ Heft 2 - Stiftung Mercator
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ISSN 2199-8205 Lernpotenziale 2014 _ Heft 2 Ute Gerken (Hg.) Lernzeiten am Gymnasium _ Rahmenbedingungen, Voraussetzungen und Praxisbeispiele
Folgende Publikationen entstanden im Rahmen des Pro- jekts Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium. Lernpotenziale 2014 Heft 1 Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.). Lernpotenziale. Individu- ell fördern im Gymnasium. — Praxisbeispiele Lernpotenziale 2014 Heft 2 Ute Gerken (Hg.). Lernzeiten am Gymnasium — Rahmen- bedingungen, Voraussetzungen und Praxisbeispiele Lernpotenziale 2014 Heft 3 Kirsten Althoff (Hg.). Die Netzwerkarbeit im Projekt Lernpo- tenziale — Rahmenbedingungen und Erfahrungen (erscheint im Dezember 2014) Ute Gerken (Hg.) Impressum Gemeinsame Partner des Projekts sind das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Lernzeiten am Gymnasium _ Erscheinungsort Münster, Nordrhein-Westfalen die Stiftung Mercator und das Institut für soziale Arbeit e. V. als Träger der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Nordrhein - Westfalen. Rahmenbedingungen, Voraussetzungen Herausgeber Serviceagentur „Ganztägig lernen“ NRW Institut für soziale Arbeit e.V. Die Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Nordrhein-Westfalen ist eine gemeinsame Einrichtung des MSW NRW, MFKJKS NRW, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung gGmbH und und Praxisbeispiele Friesenring 40 des Instituts für soziale Arbeit e.V. 48147 Münster serviceagentur.nrw@ganztaegig-lernen.de Für die konstruktive Begleitung des Projekts sei an dieser Stel- info@isa-muenster.de le Dank ausgesprochen an die Mitglieder der Steuergruppe: www.isa-muenster.de www.nrw.ganztaegig-lernen.de Für die Stiftung Mercator: Katharina Tesmer www.ganztag.nrw.de Für das Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW: Redaktion Renate Acht, Kay Brügmann, Paul-Dieter Eschbach, Kirsten Althoff Dr. Norbert Reichel Herbert Boßhammer Gerda Eichmann-Ingwersen Für das Ministerium für Familie, Kinder, Jugendliche, Kunst Birgit Schröder und Sport: Uwe Schulz Serviceagentur „Ganztägig lernen“ NRW Für die Qualitäts- und UnterstützungsAgentur — Landesinsti- Gestaltung und Herstellung tut für Schule NRW: Eva Adelt Agentur für Kommunikation www.pars-pro-toto.de Für die Schulaufsicht: Joachim Schöpke, Bezirksregierung Düsseldorf Druck Bitter und Loose GmbH — Print mit Konzept Für das Institut für soziale Arbeit, die Serviceagentur www.bitterundloose.de „Ganztägig lernen“ NRW: Kirsten Althoff, Herbert Boßham- mer, Gerda Eichmann-Ingwersen, Birgit Schröder, Truda Ann 2014 © by Institut für soziale Arbeit e.V. Smith.
Einführung Inhalt Das Projekt „Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymna- rische Umsetzung dieser Lernzeiten kann dabei auf unter- sium.“ hat 137 Gymnasien bei der Entwicklung schulbezoge- schiedliche Art erfolgen: z. B. in speziellen Zeitfenstern Einführung 5 ner Vorhaben begleitet, die die unterschiedlichen Lern- und und -bändern zum Üben und Vertiefen, in Unterrichtspha- Förderbedarfe von Schülerinnen und Schülern berücksichti- sen mit Freiarbeit oder in Selbstlernzentren. Dieses Ver- Rahmenbedingungen und Voraussetzungen von Lernzeiten 8 gen. Ziel des vom Ministerium für Schule und Weiterbildung ständnis wird auch von den am Projekt teilnehmenden des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stiftung Mercator Schulen geteilt: 94 Prozent der Befragten stimmen folgen- 1 Lernstrategien: Neurodidaktische Zugänge zur Gestaltung von Lernzeiten 8 geförderten Projekts war es, die Schülerinnen und Schüler der Aussage zu: „Unter Lernzeiten verstehe ich Zeit zum Heinz Schirp durch individuelle Fördermaßnahmen im Rahmen des Un- selbständigen fachbezogenen Arbeiten.“ (Althoff 2014).3 terrichts und anderer Lernarrangements von den Anforde- 93 Prozent der Teilnehmenden bezeichnen Lernzeiten als 2 Niveaudifferenzierte Aufgabenstellungen im Rahmen von Lernzeiten 12 rungen der Schulzeitverkürzung (G8) zu entlasten und die „Zeit zum Üben in der Schule“, die zudem einen „Beitrag Horst Zeinz Bildungsgerechtigkeit zu erhöhen.1 zum Abbau von Bildungbenachteiligungen“ leisten kann (75 Prozent Zustimmung, ebd.). 3 Lernzeiten: Von der Wissensvermittlung zum Lerncoaching — die sich verändernde Rolle der Ein spezielles Lernarrangement stellen in diesem Zusam- Lehrkräfte 16 menhang die sogenannten „Lernzeiten“ dar. Ursprünglich Diese Publikation gibt einen Überblick über die Vielfältig- Torsten Nicolaisen vor allem von Ganztagsschulen eingeführt, um die Schüle- keit der Lernzeitenkonzepte an den Gymnasien, die am rinnen und Schüler von Hausaufgaben zu entlasten, die noch Projekt teilgenommen haben.4 Die schuleigenen, stark 4 Potenziale und Herausforderungen bei der Ausgestaltung von Lernzeiten an Ganztagsgymnasien — nach Schulschluss erledigt werden müssen (vgl. MSW 2013), variierenden Auslegungen des Begriffes „Lernzeit“ werden empirische Befunde der Bildungsberichterstattung Ganztagsschule NRW 20 werden mittlerweile ganz unterschiedliche und pädago- ebenso deutlich wie die auftretenden Herausforderungen Agathe Tabel gisch weiterentwickelte Konzepte verfolgt. Ziele von Lern- bei der Umsetzung der geplanten Vorhaben.5 Nicht zu- zeiten sind u.a. die Erledigung von Haus- und Übungsauf- letzt werden wichtige Gelingensbedingungen für die er- gaben während des Schultages, die Befähigung zum selbst- folgreiche Gestaltung von Lernzeiten benannt und damit Praxisbeispiele bestimmten und eigenverantwortlichen Lernen, individuelle den Leserinnen und Lesern aus der Praxis zur Adaption für Förderung und Beratung der Schülerinnen und Schüler sowie die eigene Schule an die Hand gegeben.6 Gerahmt und ein- 5 Entwicklung und Erprobung eines Konzeptes zur Gestaltung individueller Lernwege das Erlernen unterschiedlicher Sozialformen und Arbeits- geführt werden die Praxisbeispiele von Fachartikeln, die die im Rahmen von Binnendifferenzierung 24 techniken (vgl. Kamski 2013, Kaufmann 2012, Haenisch 2011 Grundlagen und Rahmenbedingungen erfolgreicher Lehr- Marienschule Münster und Nordt 2010). und Lerrnprozesse erläutern. 6 Die Weiterentwicklung der Lernzeiten zur Lernwerkstatt 27 Da es keine einheitliche Definition gibt, was genau unter Einführend erläutert Heinz Schirp die neurodidaktischen Clemens-Brentano-Gymnasium, Dülmen Lernzeiten zu verstehen ist, kann jede Schule und muss Grundlagen des Lernens und damit zusammenhängende jedes (Forschungs-)Projekt sich mit einer eigenen Defini- Lernblockaden, die erfolgreiches Lernen verhindern. An- 7 Lernpotenziale — Förderung von individuellen Neigungen, Stärken und Begabungen tion auf den Weg machen.2 Das Projekt „Lernpotenziale. schließend stellt er verschiedene Lernstrategien vor, im Förderband für die Jahrgangsstufe 7 32 Individuell fördern im Gymnasium.“ vertritt folgendes Ver- anhand derer mögliche Lernschwierigkeiten umgangen Albert-Martmöller-Gymnasium, Witten ständnis: Lernzeiten beziehen sich auf die „Zeiten zum werden können. Diese „Werkzeuge“ nachhaltigen Lernens selbstgesteuerten Arbeiten“ der Schülerinnen und Schüler können vor allem in Lernzeiten Anwendung finden, da hier 8 Neigungsprojekte und Lernstudios zum selbstgesteuerten Lernen 35 innerhalb und außerhalb des Unterrichts. Lernstands- und flexible Rahmenbedingungen für die individuelle Gestaltung Gymnasium Horn-Bad Meinberg Entwicklungsdiagnosen bilden dabei die Grundlage für in- von Lernumgebungen geschaffen werden können. dividuell angepasste Aufgabenstellungen. Die organisato- 9 Werde ein SchLAUfuchs: Projektorientiertes Arbeiten im Rahmen der Lernzeiten zur Förderung leistungsstarker Schülerinnen und Schüler 40 1 Gymnasium Laurentianum Warendorf Zudem wurde mit dem Projekt die Idee verfolgt, die Erfahrungen der Ganztagsschulen mit der Entwicklung von der klassischen Hausaufgaben- betreuung hin zu Lernzeiten auch für Halbtagsgymnasien nutzbar zu machen, sodass beide Organisationsformen unter den teilnehmenden Schulen 10 Von der Lernzeit zum Förderturm 43 vertreten sind und auch in dieser Publikation Berücksichtigung finden. 2 Otto-Hahn-Gymnasium, Herne Vgl. exemplarisch die Definition der Bildungsberichterstattung Ganztagsschule NRW im Beitrag von Agathe Tabel in dieser Publikation. 3 Im Rahmen einer Online-Befragung wurden die am Projekt teilnehmenden Schulen u.a. zum Thema Lernzeiten befragt und konnten ihre Zustimmung 11 Reflexive Koedukation in Zeiten des Lernens 45 zu verschiedenen Aussagen auf einer Skala von 1=stimme gar nicht zu bis 4=stimme voll und ganz zu angeben. 4 Gymnasium am Neandertal, Erkrath Weitere Publikationen im Rahmen des Projekts Lernpotenziale: Gerda Eichmann-Ingwersen (Hg.): Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymnasium. — Praxisbeispiele, Heft 2 und Kirsten Althoff (Hg.): Die Netzwerk- arbeit im Projekt Lernpotenziale — Rahmenbedingungen und Erfahrungen, Heft 3 (erscheint im Dezember 2014). Autorinnen und Autoren 47 5 Ebenfalls deutlich wird in einigen Konzepten das nach wie vor stark defizitorientierte Verständnis von individueller Förderung und die noch wenig ressourcenorientierte Haltung von Lehrkräften (vgl. auch den Beitrag von Torsten Nicolaisen in dieser Publikation). 6 Interessant erscheint an dieser Stelle auch der Hinweis auf eine (schulformübergreifende) Darstellung der Lernzeitenkonzepte von sieben Schulen eines von der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ NRW moderierten Netzwerks (vgl. http://www.ganztag-nrw.de/thematisches/lernzeiten/). Diese Synopse gibt Hinweise darauf, dass es zwischen den Schulformen nur geringfügige Unterschiede in der Ausgestaltung und Umsetzung ihrer Konzepte gibt: So legen Gesamtschulen neben der Stoffvermittlung auch viel Wert auf die Vermittlung fachübergreifender und überfachlicher Kompetenzen, während bei Gymnasien fachbezogene Konzepte im Vordergrund stehen. Insgesamt betrachtet bietet sich hier demnach die Möglichkeit, auch schul- formübergreifend voneinander zu lernen. 4 5
Einführung In engem Zusammenhang dazu stehen die Ausführungen senverband angeboten werden, wird in Jahrgangsstufe 6 „Förderturm“ nennt sich das Projekt des Otto-Hahn-Gym- von Horst Zeinz, der sich mit der notwendigen Differen- zu einer fachgebundenen Binnendifferenzierung gewech- nasiums in Herne. Ziel des Projektteams ist es, den Kin- Literatur zierung in der Formulierung von individualisierten Aufga- selt, die auch Raum für projektorientiertes Arbeiten lässt. dern einen angstfreien Start in der Erprobungsstufe ben beschäftigt. Welche Maßnahmen sind notwendig, um zu ermöglichen und sie daran anschließend — entsprech- Althoff, Kirsten (2014): Evaluationsbericht der ersten Online-Umfrage der zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft gerecht Seine Weiterentwicklung der Lernzeiten zur „Lernwerk- end ihrer Bildungsbiographien — möglichst individuell zu im Rahmen des Projekts Lernpotenziale. Individuell fördern im Gymna- zu werden und ihnen in unterschiedlichen Lernsettings statt“ stellt das ganztägig organisierte Clemens-Brentano- fördern und zu fordern. In Mathe, Deutsch und Englisch wer- sium. (bisher unveröffentlicht). die Möglichkeiten zu eröffnen, ihre Kompetenzen zu ent- Gymnasium aus Dülmen vor. In der Erprobungsstufe werden den dazu in halber Klassenstärke Förder- und Fordergruppen wickeln? Er beschreibt zudem, welche Einflussgrößen für die Schülerinnen und Schüler darauf vorbereitet, ab Klasse gebildet, hinzu kommen Coachinggruppen, Methodentrai- Haenisch, Hans (2011): Gebundene Ganztagsschule — Ansätze zur Ge- die erfolgreiche Entwicklung von Lehr- und Lernprozessen 7 selbständig mit dem Lernplaner zu arbeiten und in der nings für überfachliche Lern- und Arbeitstechniken sowie staltung. Eine qualitative Studie zu ersten Erfahrungen in gebundenen umumgänglich sind und wie effektiv diese Elemente einer doppelstündigen Lernwerkstatt ihre Pflicht-, Wahl- und Pro- „Lernboxen“. Ganztagsrealschulen und –gymnasien. In: Der GanzTag in NRW. Beiträge veränderten Lernkultur sich auf lernbezogene Eigenschaf- jektaufgaben zu erledigen. Je älter die Schülerinnen und zur Qualitätsentwicklung, Jg. 7, Heft 19. ten von Schülerinnen und Schülern auswirken. Schüler werden, desto mehr Selbständigkeit wird von ihnen Das Vorhaben des Gymnasiums am Neandertal in Erkrath erwartet, um sie so auf die gymnasiale Oberstufe vorzube- geht schließlich deutlich über spezifische Lernzeitenkon- Kamski, Ilse (2013): Rhythmisierung: Lernzeiten am Vor- und Nachmit- Torsten Nicolaisen widmet sich den aktuellen Entwicklun- reiten. zepte hinaus und nimmt ein übergreifendes Thema in den tag. In: Erdsiek-Rave, Ute / John-Ohnesorg, Marei (Hrsg.): Gute Ganz- gen hin zu eine neuen Lernkultur und einer veränderten Blick: Sein Anliegen ist es, Lehrkräfte für den Einfluss des tagsschulen. Schriftenreihe des Netzwerk Bildung. Berlin: Friedrich- Ausgestaltung von Lehr- und Lernprozessen aus der Perspek- „Lernpotenziale“ heißt das Projekt des Albert-Martmöller- Geschlechts auf schulisches Lernen und die unterschiedli- Ebert-Stiftung. tive des Lehrpersonals. Je stärker die Individualisierung die- Gymnasiums in Witten und befasst sich mit der Förderung che Lebenskonzeptentwicklung von Mädchen und Jungen ser Prozesse voranschreitet, desto stärker ändert sich auch von individuellen Neigungen, Stärken und Begabungen in zu sensibilisieren. Das Projekt „Reflexive Koedukation“ hat Kaufmann, Elke (2012): Ganztag ohne Hausaufgaben? Forschungsergeb- die Rolle der Lehrkräfte weg von der Stoffvermittlung hin Jahrgangsstufe 7. Im Rahmen einer wöchentlichen Ergän- entsprechend geschlechterreflektierte Konzepte für die in- nisse zur Gestaltung von Übungs- und Lernzeiten. zu einer beratenden und begleitenden Funktion. Diagnose- zungsstunde werden von den Lehrkräften Kurse wie z.B. dividualisierte Förderung von Schülerinnen und Schülern im kompetenzen und die Fähigkeiten der Lehrenden, sich auf „Die Mathe-Macher“ oder „English Sketches“ angeboten, Unterricht, den Lernzeiten und allen weiteren außerunter- MSW – Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein- die individuellen Belange der Schülerinnen und Schüler ein- die von den Schülerinnen und Schülern anhand ihrer selbst richtlichen Lern- und Förderangeboten des Ganztags entwi- Westfalen (2013): Hausaufgaben in der Primarstufe und in der Sekun- zulassen, müssen gestärkt werden. „Lerncoaching“ ist das eingeschätzten Neigungen und Begabungen belegt werden ckelt. darstufe I. RdErl. d. Kultusministeriums v. 2. 3. 1974. BASS 12 — 31 Nr. Stichwort und wird an praxisnahen Beispielen systemischer können. 1 (Stand: 1.7.2013). Ansätze und ressourcenorientierter Methoden vorgestellt. Ich danke allen Autorinnen und Autoren aus den Schulen und Das Gymnasium Horn-Bad Meinberg bietet Neigungspro- der Wissenschaft für ihre Mitarbeit und wünsche allen Lese- Nordt, Gabriele (2010): Hausaufgaben/Lernzeiten aus Sicht der päda- Der Beitrag von Agathe Tabel schließlich rundet die Reihe jekte und Lernstudios zum selbstgesteuerten Lernen an. rinnen und Lesern viel Inspiration beim Lesen! gogischen Kräfte und Kinder. In: Wissenschaftlicher Kooperationsver- der Fachbeiträge ab, indem er Ergebnisse der Bildungs- Ab Jahrgang 5 werden für alle Schülerinnen und Schüler bund (Hg.): Lernen und Fördern in der offenen Ganztagsschule. Wein- berichterstattung Ganztagsschule NRW zum Thema Lern- vier fächerübergreifende Neigungsprojekte angeboten, Ute Gerken heim und München, S. 630-633. zeiten vorstellt. Inwieweit haben Ganztagssgymnasien in die ein selbständiges Erarbeiten von Zusammenhängen und Nordrhein-Westfalen die Umsetzung verschiedener Gestal- Problemlösungen ermöglichen. Ausgewählte Schülerinnen tungselemente von Lernzeiten bereits umgesetzt und kön- und Schüler haben für eine begrenztes Zeitfenster die Mög- nen damit weiterhin als gute Beispiele für Halbtagsschulen lichkeit, auf Empfehlung einer Fachlehrkraft ihr Neigungs- vorangehen — und wo sehen die befragten Lehr- und Fach- projekt zu verlassen, um ein Lernstudio zu besuchen und kräfte noch Verbesserungsbedarfe und Entwicklungspoten- vorhandene Schwächen auszugleichen. ziale? „Werde ein SchLAUfuchs!“ animiert das Ganztagsgymnasi- Die Praxisbeispiele werden angeführt von der Marienschule um Laurentianum Warendorf seine leistungsstarken Schü- Münster, einem bischöflichen Mädchengymnasium. Das lerinnen und Schüler zum projektorientierten Arbeiten in Gymnasium hat sich der Entwicklung und Erprobung eines den Jahrgangsstufen 5 und 6. Konzentrationsstarke und aus- Konzeptes zur Gestaltung individueller Lernwege im Rah- dauernde Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, men von Binnendifferenzierung verschrieben. Der Fokus sich unterschiedlichste Kompetenzen über die Ausarbeitung liegt hier auf den Bedingungen für ein selbständiges und von fachübergreifenden Projekten anzueignen und diese vor eigenverantwortliches Arbeiten der Schülerinnen. Während Mitschülerinnen und Mitschülern, Lehr- und Fachkräften so- die Lernzeiten in Klasse 5 noch fachübergreifend im Klas- wie Eltern zu präsentieren.
Rahmenbedingungen und Voraussetzungen von Lernzeiten 1. Lernstrategien: Neurodidaktische Zugänge zur Gestaltung von Lernzeiten7 Heinz Schirp 3) Abrufstrategien: Zugriffe auf bereits Gelerntes Unter Lernzeiten werden Phasen verstanden, in denen im Stress (hier ist Disstress, also die negative Variante ge- der Verstärkung und Aktivierung von Verabeitungskapazität verbessern Rahmen verschiedener Kontexte Lernarrangements gestal- meint) sorgt häufig dafür, dass Wissensbestände nicht wie- bezieht sich darauf, dass unser Gehirn dann besonders ak- tet werden, die Raum für spezifische Fördermöglichkeiten der aktiviert und genutzt werden können, weil das Gehirn tiv ist, wenn es dazu genutzt wird, Zusammenhänge und Wissens- und Kenntnisbestände werden letztlich nur dann bieten. Ein interessanter Ansatz, Lernzeiten zu gestalten, durch Stresshormone in seiner Arbeit stark beeinträchtigt Erkenntnisse zu erklären. Und schließlich stellen Präsenta- zu wirklich sichereren Beständen, wenn wir sie auch ab- ergibt sich u.a. aus neurowissenschaftlichen Befunden und wird und Gedächtniszugänge blockiert werden. Solche tionen und Visualisierungen von Lernschritten und -ergeb- rufen können — und zwar „on demand“, also bei Bedarf den daraus herleitbaren neurodidaktischen Anregungen. Stresssymptome entstehen etwa durch Leistungsdruck, zu nissen für unser Gehirn höchst intensive Aktivierungsformen und genau in den Situationen, in denen wir sie benötigen, Ausgangspunkte sind Lernblockaden, die bei Verarbeitungs- hohe Leistungserwartungen und Versagensängste etwa in dar; sie sind gewissermaßen Superzeichen, die gut erinnert um etwa fachliche Zusammenhänge zu klären, Probleme und Verstehensprozessen auftreten können. Förderung und Prüfungssituationen. und reaktiviert werden können. zu lösen oder anderen etwas zu erklären. Entwicklung und Nutzung von Lernstrategien erweisen sich dabei als interes- Nutzung von Abrufstrategien helfen dabei, Kenntnisbe- sante Ansätze zur individuellen Förderung. stände zu stabilisieren; dies setzt allerdings voraus, dass Lernstrategien Elaborationsstrategien lassen sich z.B. entwickeln Lernende über die Fähigkeit verfügen, gelernte Zusam- Lernstrategien sind operative Instrumente und „Werkzeu- und fördern durch aufmerksamkeitsstiftende Impulse, menhänge zu rekonstruieren. Abrufstrategien lassen sich Lernblockaden und Lernprobleme ge“, die für selbständiges Lernen eine hohe Bedeutung Visualisierungen von Problemstellungen (z.B. eye cat- z.B. dadurch trainieren, dass man zunächst in Form eines Aus neurowissenschaftlicher Sicht lassen sich vor allem haben (vgl. dazu Mandl / Friedrich 2006). Häufig werden in cher), Aktivierung von Vorwissen, episodischen, emo- Assoziogramms selbst notiert, an welche Sachverhalte, vier elementare neuronale Zusammenhänge identifizieren, Nachhilfe- und Förderphasen Unterrichtsinhalte oder– er- tionalen, autobiographischen und situativen Zugängen die etwa zur Bearbeitung einer Lernaufgabe benötigt wer- die Verarbeitungsprozesse negativ beeinflussen und nach- gebnisse einfach nur wiederholt und „gebüffelt“. Bei lern- sowie interaktiven und kooperativen Arbeitsformen. den, man sich noch erinnert. Danach sollten die eigenen haltiges Lernen und Verstehen stören oder gar verhindern fördernden Maßnahmen sollte es aber auch darum gehen, Erinnerungsbruchstücke mit den Assoziationen der Mitschü- können. Lernende (wieder) zu befähigen, selbstständig zu arbeiten lerinnen und Mitschüler verglichen und ggf. ergänzt wer- 2) Erhaltungsstrategien: Kenntnis- und Wissensbestände und Lernprozesse aus eigener Kraft erfolgreich durchzu- den. Ein weiterer Trainingsschritt besteht dann darin, aus regelmäßig nutzen Fehlende Anschlussfähigkeit entsteht immer dann, wenn führen zu können. Die nachfolgenden sechs Lernstrategien den Ergebnissen der gemeinsamen Wissensrekonstruktion neue Informationen zwar in das Arbeitsgedächtnis (ABG) verweisen darauf, wie Lernarrangements gestaltet werden Die Leistungsfähigkeit unserer neuronalen Netze ist nut- eine eigene Mind-Map oder eine Concept-Map zu generie- aber nicht in das Langzeitgedächtnis (LZG) gelangen. Dies können, um gehirnfreundliches und nachhaltiges Lernen zungsabhängig nach dem Motto „Use it or lose it!“ Was ren. Rekonstruktionsverfahren verbessern zum einen die führt u.a. dazu, dass „Gelerntes“ schnell wieder verges- zu organisieren; insofern geben diese Überlegungen auch an neuronalen Bahnungen, Potenzialen und Netzwerken assoziative Leistungsfähigkeit unseres Gehirns, sie stel- sen wird. Anschluss- und Erinnerungsfähigkeit sind darauf Anregungen zur gehirnfreundlichen Gestaltung von Lern- nicht regelmäßig genutzt wird, wird schwächer, verblasst len aber auch ganz praktische Hilfen dar, wenn es etwa in angewiesen, dass alte und neue Informationen sinnvoll und zeiten. Dabei wird deutlich, dass sich die einzelnen Lern- allmählich und kann zunehmend schlechter reaktiviert wer- Stress- und Prüfungssituationen darum geht, Erinnerungs- nachhaltig miteinander verbunden werden können, dass strategien überschneiden und sich in ihren Effekten wech- den. Wenn also Lernergebnisse behalten werden sollen, und Ideenblockaden zu überwinden. Je häufiger solche Ver- es also so etwas gibt wie individuelle „Erinnerungsbrücken“ selseitig unterstützen. dann müssen sie auch immer wieder in Gebrauch genommen fahren genutzt und als erfolgreich wahrgenommen werden, etwa zum eigenen Vorwissen, zu eigenen episodischen Er- werden. Dabei helfen Pauken und mechanisches Üben nur umso eher werden sie zu „Standardwerkzeugen“ für das Ab- fahrungen, zu individuellen Sinnkonstruktionen (z.B. „Esels- bedingt; effektiver sind Formen intelligenten Übens und rufen von Wissensbeständen. Hinter diesem Effekt steckt 1) Elaborationsstrategien: Verarbeitungs- und Verstehens- brücken“) oder zu eigenen Vorstellungsmustern. das bedeutet u.a., Wiederholungs- und Übungsformen in va- das neurobiologisch belegbare Phänomen, dass für das Be- prozesse unterstützen riierende Kontexte einzubinden. Als erfolgreich und effektiv halten nicht die Länge eines Übungsvorgangs entscheidend Fehlende Nutzungsfähigkeit führt ebenfalls dazu, dass Ge- Zahlreiche neurowissenschaftliche Befunde zeigen auf, haben sich ebenfalls sogenannte verteilte Übungsformen er- ist, sondern die Häufigkeit, mit der ähnliche Impulse die lerntes nicht dauerhaft behalten wird. Der Grund dafür liegt dass Wissen und Verstehen nicht einfach durch Belehrung wiesen. Dabei geht es darum, den Übungsprozess in kleine, neuronalen Potenziale (Nervenzellen, Synapsen, neuronale hier aber in dem neuronalen Phänomen des „pruning“, d.h. vermittelt werden können. Da unser Gehirn ein sich selbst überschaubare Schritte zu zerlegen. Verteilte Übungsfor- Bahnungen und Netzwerke) aktivieren. Erhaltungsstrategien Gelerntes „verkümmert“ und „verblasst“, wenn es nicht re- organisierendes System ist, müssen vielmehr neuronale men sind etwa beim Erlernen von Vokabeln, von Gedichten lassen sich darüber hinaus besonders effektiv in tutoriellen gelmäßig reaktiviert wird. Das geschieht etwa, wenn Voka- Bahnungen und Netze intensiviert und aktiviert werden, und beim Verstehen und Üben komplexer Lösungsmuster Verfahren realisieren. beln, mathematische Aufgaben oder Sachinformationen, die um neue Informationen und Zusammenhänge mit alten wichtig. gelernt, bearbeitet und kurzfristig auch sinnvoll verwendet zu verbinden. Gesagt ist eben noch nicht gehört und gehört werden konnten, über längere Zeit nicht wieder aufgegrif- ist längst noch nicht verstanden. fen werden; sie geraten in Vergessenheit und können nicht Erhaltungsstrategien lassen sich z.B. entwickeln und Abrufstrategien lassen sich z.B. entwickeln und för- oder nur schlecht erinnert werden nach dem Motto: “Use it Elaborationsstrategien und Verarbeitungsprozesse begin- fördern durch das Anwenden und Variieren von bewähr- dern durch Memotechniken, Mind-Maps, Concept-Maps, or lose it!“ nen mit dem Herstellen von Aufmerksamkeit. Ohne Auf- ten Routinen, Arbeitsmustern und Lerntechniken. Dabei Assoziogramme, Gedankenkarten, grafische Darstel- merksamkeit werden die neuronalen Prozesse, die für das spielen Werkzeuge wie Lern-Karteien, Schaubilder und lungen von erinnerten Zusammenhängen, Think-Pair- Fehlende Kontextualisierung kann der Grund dafür sein, Verarbeiten von Informationen, für das Vernetzen und Ver- die Dokumentation eigener Lernschritte und -ergebnis- Share-Verfahren, Lernspiralen, Placemats etc. dass Informationen nicht wieder abgerufen werden können, stehen von Zusammenhängen benötigt werden, nicht in se eine besondere Rolle, weil man sich in neuen Lern- obwohl sie bereits erfolgreich ins LZG enkodiert wurden. Gang gesetzt. Ein zweiter Zugang zur Verstärkung neuro- situationen an diesen Arbeitsmustern orientieren kann. Das liegt ggf. daran, dass etwa die fachlichen Kontexte des naler Verarbeitungsintensität besteht darin, Assoziationen, Lernstoffes nicht mehr rekonstruiert werden können; man Vorwissen und Präkonzepte zu aktivieren und in den Ver- spricht bei diesem Phänomen von „Inselwissen“. arbeitungsprozess gezielt einzubauen. Eine dritte Variante 7 Vgl. dazu ausführlich Schirp 2009. 8 9
Rahmenbedingungen und Voraussetzungen von Lernzeiten 4) Nutzungsstrategien: Wissen und Kompetenzen anwenden 5) Konzentrationsstrategien: Die eigenen Lernvorausset- und ausbauen zungen verbessern Wissensbestände, die keinerlei Bezüge zu Anwendungs- Effektive Lernprozesse sind auf Ruhe, Aufmerksamkeit Durch die Erfahrung, dass man gelernt hat, Arbeitsaufga- und Nutzungssituationen haben, werden als „träges Wis- und Konzentration angewiesen. Zur Unterstützung sol- ben zu bewältigen, entwickeln und verstärken sich positi- Literatur sen“ charakterisiert. Unter „trägem Wissen“ (inert know- cher Lernbedingungen lässt sich ein breites Spektrum von ve Einstellungen und Emotionen (somatische Marker), die ledge) wird z. B. Faktenwissen verstanden, das mechanisch Verfahren nutzen. Visuelle Zugänge durch Aufmerksamkeit selbst wieder die Grundlage für weitere erfolgreiche Lern- Mandl, Heinz Friedrich, Helmut, Felix (Hrsg.) (2006): Handbuch Lern- auswendig gelernt, aber nicht wirklich begriffen und ver- stiftende Bilder (eye catcher), motorische und kinästhe- erfahrungen sind. Letztlich geht es darum, das eigene strategien, Göttingen: Hogrefe. standen wurde. Träges Wissen kann zwar durch häufiges tische Übungen (Brain Gym), kleine Bewegungsübungen, Selbstbewusstsein und die eigene Selbstwirksamkeit (Al- Wiederholen und Memorieren gespeichert werden; da es Anspannungs- und Dehnungsübungen können dabei helfen, bert Bandura) zu entwickeln. Schirp, Heinz (2009): Wie „lernt“ unser Gehirn? Neurodidaktische Zu- aber überwiegend nur für die Schule gelernt worden ist, Lernblockaden zu beseitigen, soweit diese durch ein zu ho- gänge zur Lern- und Unterrichtsentwicklung, in: Rolff, Hans-Günther, bleibt es weitgehend funktionslos und lässt sich nicht hes Ablenkungspotential verursacht werden. Für diese Ent- Rhinow, Elisabeth, Röhrig, Theresa. (Hrsg.) Unterrichtsentwicklung — auf neue Sachverhalte transferieren, weil das Gelern- spannungs- und Konzentrationsübungen gibt es jeweils Kontroll- und Selbstregulationsstrategien lassen sich z. B. Eine Kernaufgabe der Schule, Köln: LinkLuchterhand, S. 3 —28. te nicht wirklich verstanden wurde. Franz Weinert plä- altersgerechte Übungsformen. Sie helfen dabei, Stresssitu- entwickeln und fördern durch die Dokumentation eige- diert deshalb für die Entwicklung intelligenten Wissens. ationen zu bewältigen. Darüber hinaus zeigen Studien zur ner Stärken, die Routinisierung erfolgreicher Lernschrit- Darunter wird ein Wissen verstanden, das genutzt, erwei- Lernentwicklung auf, wie wichtig Bewegung generell für te und Arbeitsverfahren, durch Ergebnispräsentationen, tert und ausgebaut werden kann, mit dem man selbst wie- erfolgreiches Lernen ist. Bewegung bildet nicht nur in der Lerntagebücher und Portfolios. der neues Wissen generieren kann, das zu Einsichten sowie Kindheit die Grundlage für motorische Koordination und die zu selbständigen Denk- und Verstehensprozessen führt, das Ausdifferenzierung kognitiver Kompetenzen; sie erweist lebenspraktisch vernetzt, sinnhaft verknüpft und sozial- sich in allen Altersphasen als lernförderlich. Lernstrategien und Lernzeiten interaktiv gestaltet ist. Nutzungsstrategien können dabei mit ganz unterschiedlichen Verfahren realisiert werden. Lernstrategien und die damit verbundenen Arrangements Das Spektrum reicht von der Nutzung in Alltagssituationen, Konzentrations- und Selbstregulationsstrategien lassen haben eine zentrale Bedeutung für die gesamte schulische über unterrichtliche Aufgabenstellungen und Lernaufgaben sich z. B. entwickeln und fördern, durch Entspannungs- Lernkultur. Sie lassen sich aber auch und besonders intensiv bis hin zum Transfer eines Lernzusammenhangs auf ganz übungen, kinesiologische Übungen, Bewegungspausen, für die Gestaltung von Lernzeiten nutzen, weil es hier grö- andere fachliche Problemstellungen. Nutzungsstrategien meditative Ruhephasen, Einbau von Bewegungsübungen ßere Gestaltungsfreiräume gibt. Zum einen lassen sich da- können aber auch darin bestehen, das eigene Wissen ein- in möglichst viele unterrichtliche Lernverfahren. bei die individuellen Lernschwierigkeiten und –stärken der zusetzen, anderen etwas zu erklären. Neben dem sozialen Schülerinnen und Schüler genauer in den Blick nehmen und Nutzen, der etwa in tutoriellen Lernsituationen erkennbar damit zentrale Zugänge zu individuellen Förderkonzepten 6) Kontroll- und Selbstregulationsstrategien: wird, profitiert auch derjenige, der etwas erklärt, selbst herstellen; zum anderen können Lernstrategien aber auch Das eigene Selbstkonzept stabilisieren von einem solchen Verfahren; er festigt dadurch sein eige- ganz gezielt als Werkzeuge in unterschiedlichen Kontexten nes Wissen. Das ist auch die neurodidaktische Begründung Kontrollstrategien sind metakognitive Zugänge, die vieles geübt werden. für Programme wie „Lernen durch Lehren“. Wenn ich etwa von dem bündeln, was in den vorab skizzierten Strategien Dazu ist es allerdings notwendig, dass Lehrerinnen und Leh- anderen Zusammenhänge erkläre, dann führt das zu neu- als lernbedeutsam dargestellt wurde. Sie beziehen sich auf rer ronalen Prozessen, in denen die eigenen Wissensbestände alle Phasen des Lernens — von der eigenen Zielsetzung und reaktiviert und genutzt werden. Und schließlich sind ei- der damit verbundenen Motiviertheit über die Stimmigkeit • ein gemeinsames Konzept zur Gestaltung von Lernzeiten gentlich alle medialen Formen von Ergebnispräsentationen der gewählten Arbeitsverfahren bis hin zur Beurteilung der entwickeln (KONSENS), geeignet, die eigenen Wissensbestände zu nutzen und zu eigenen Lernergebnisse. Solche Selbstregulationsformen • methodische Verfahren für die altersgerechte und ge- festigen. Ergebnisdarstellungen sind dabei gewissermaßen stellen aus lernpsychologischer Sicht Kontrollüberzeu- zielte Unterstützung einzelner Lernstrategien erstellen externe Repräsentationen interner Verarbeitungsergebnisse. gungen dar. Sie sollen Schülerinnen und Schülern helfen, (REPERTOIRE), ihre Lernprozesse erfolgreich zu gestalten; Lernende sollen • die spezifischen Lernblockaden und -stärken ihrer Schü- und können dabei erfahren, dass sie selber Einfluss auf die lerinnen und Schüler identifizieren und entsprechende Nutzungsstrategien lassen sich z. B. entwickeln und för- Qualität ihrer Lernergebnisse nehmen können. Dazu ist es Fördermöglichkeiten koordinieren (ABSPRACHEN), dern durch die Erstellung von Präsentationen, Transfers notwendig, dass Schülerinnen und Schüler selbst dokumen- • „gehirnfreundliche“ Lernzugänge, z. B. Bewegung, krea- auf Alltagssituationen und/oder fächerübergreifende tieren, wo und wie sie erfolgreiche Lernergebnisse er- tivitätsfördernde Verfahren, tutorielle Lerngemeinschaf- Kontexte, durch tutorielle Verfahren und Formen von reicht haben. Solche Erfahrungen bieten die Chance, dass ten einplanen (FREIRÄUME), „Lernen durch Lehren“. erfolgreiche Arbeitsmuster routinisiert und zur Steuerung • für sich selbst, aber auch für die Schülerinnen und Schü- des eigenen Arbeitsverhaltens dauerhaft genutzt werden. ler — und gemeinsam mit ihnen — Instrumente entwickeln und nutzen, die belegen, dass Lernergebnisse durch die Förderung von Lernstrategien tatsächlich verbessert wer- den können (EVALUATION). 10 11
Rahmenbedingungen und Voraussetzungen von Lernzeiten 2. Niveaudifferenzierte Aufgabenstellungen im Rahmen von Lernzeiten Horst Zeinz In diesem Beitrag werden Forschungsbefunde und aktuel- Nach Veröffentlichung der Ergebnisse der PISA-Untersu- der erreichten Kompetenzen in jeder Stufe ermöglichen. Erfolg behindern. Hier ist die Metastudie von Hattie (2009) le Diskurslinien der Erziehungswissenschaft vorgestellt, die chung 2000 wurde der Kompetenzbegriff als Modewort Entscheidend bei den Kompetenzstufenmodellen, die in- zu nennen, welche einen wesentlichen Beitrag zur Klärung auf eine Optimierung individueller Lehr-/ Lernprozesse fo- teils inflationär verwendet und ersetzte im Alltagssprach- zwischen für die verschiedensten Fächer und Jahrgangs- der Beziehungen zwischen Schul- bzw. Unterrichtsmerk- kussieren. Ferner wird ausgeführt, wie diese Forschungs- gebrauch häufig Begriffe wie Fähigkeiten, Fertigkeiten stufen vorliegen (vgl. http://www.iqb.hu-berlin.de),ist malen und den Lernerfolgen lieferte. Einen kleinen unter- ergebnisse in Bezug auf differenzierende Maßnahmen und und Wissen bzw. deren Anwendung. Es wurde unter anderem es, dass nicht nur die Leistung von Personen, sondern auch richtsnahen Ausschnitt beleuchtet der „Lernmotor“, den Aufgabenstellungen in Unterricht und gleichermaßen in verstärkt darüber diskutiert, ob eine Umorientierung von Aufgaben auf dieser Skala verortet werden können. So kön- Zeinz und Scheunpflug (2010) vorstellten. Lernzeiten bedeutsam sind und Anwendung finden können. einer Inputorientierung zu einer Outputorientierung erfol- nen Aufgaben identifiziert werden, die mit hoher Wahr- Eine Optimierung von Lehr- und Lernprozessen ist vom Zu- gen müsse, die weniger das Faktenwissen, sondern stärker scheinlichkeit nur von Personen gelöst werden können, sammenwirken verschiedener Einflussgrößen abhängig: Ein die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den Blick die den entsprechenden Wert auf derselben Skala erreicht gutes Schul- und Klassenklima, der Glaube an Verände- Heterogenität, Differenzierung und Kompetenzerwerb nimmt. Aber: Input- und Outputorientierung ergänzen sich haben. Auf diese Weise kann anhand des Schwierigkeits- rung und die Veränderbarkeit eigener Kompetenzen, sowie Um der Herausforderung gerecht zu werden, angesichts ei- und bedingen sich gegenseitig. Und: Faktenwissen und Kom- grads einer Aufgabe analysiert werden, welche konkreten „guter Unterricht“ (vgl. Meyer 2004) und die förderliche ner zunehmend heterogenen Schülerschaft jedem einzelnen petenzen sind weder gegensätzlich noch lassen sie sich auf Leistungen erforderlich sind, um diese zu lösen. Wichtig da- Wirkung dieser Einflussgrößen auf das Selbstwertgefühl eine bestmögliche Förderung zu ermöglichen, werden (ge- einen der Bereiche (Input bzw. Output) beschränken. Die bei ist das Verständnis, dass es sich bei der Beschreibung sind wichtige Bausteine in diesem Gefüge. In Abbildung 1 rade nach PISA und IGLU) immer wieder Maßnahmen der Dif- Unterscheidung zwischen Input und Output macht vor al- der Kompetenzstufen um Abgrenzungen handelt, die auf der wird dies durch die grünen Pfeile symbolisiert. Gefühle, ferenzierung und Individualisierung gefordert (vgl. Helmke lem Sinn bei der Betrachtung eines (schulischen) Prozesses, Darstellung eines Leistungskontinuums getroffen wurden, die den Umgang mit Erfolg und Misserfolg sowie Neuigkei- 2012). weniger aber bei der Betrachtung von einzelnen Bereichen d.h. dass es sehr wohl fließende Übergänge zwischen den ten betreffen, können, ebenso wie die Vergleiche eige- bzw. Einflussgrößen schulischen Lernens. So kann beispiels- einzelnen Stufen gibt und dass die Bestimmung der Kom- ner Leistungen, positive (grüne Pfeile) wie auch negative Dass Differenzierung nicht gleich Differenzierung ist, zeig- weise Wissen im Sinne von Vorwissen „Input“ darstellen, petenzstufen nicht alleine aufgrund empirischer und didak- (rote Pfeile) Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl haben. ten u. a. Analysen der Internationalen Grundschul-Lese- jedoch auch ein Ergebnis des Lernprozesses, also „Output“ tischer Erwägungen, sondern beispielsweise auch aufgrund Während Erfolge und Neuigkeiten in der Regel das Lernen Untersuchung (IGLU): Während beispielsweise in Schott- sein. Gleiches gilt für Kompetenzen und für motivationale von politischen und normativen Überlegungen erfolgt (vgl. fördern, sind Misserfolge häufig lernhemmend. Individuel- land, England und Schweden die meisten der befragten Aspekte, wie das Interesse der Schülerinnen und Schüler, Köller 2010). le und kriteriale Leistungsvergleiche wirken sich ebenso Lehrkräfte betonten, dass sie unterschiedliches Material die ebenfalls während des gesamten Lernprozesses eine förderlich auf Lernprozesse aus, wohingegen soziale Ver- für Schülerinnen und Schüler auf unterschiedlichem Niveau wichtige Rolle spielen. Abb. 1: Ein „Lernmotor“ zur Optimierung von Lehr-/Lernprozessen gleiche meist ungünstig sind, da stets nur einer der Beste verwenden, gab die Mehrzahl der Lehrkräfte aus Deutsch- (Zeinz/Scheunpflug 2010: 38) innerhalb einer Gruppe sein kann und der Zweitplatzierte land, Frankreich und Griechenland an, dass sie das glei- dies meist als Niederlage empfindet. Durch die Berück- che Material verwenden und die Schülerinnen und Schüler Als Kompetenzen beschrieben werden „die bei Indivi- sichtigung der Komplexität dieser zentralen Einflussgrößen in unterschiedlicher Geschwindigkeit arbeiten lassen (Bos duen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kogniti- „Lernmotor“ kann eine Veränderung der schulischen Lernkultur hin zu u.a. 2003). Unterschieden wird vielfach zwischen zielin- ven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Pro- Gutes einem stärken- und potentialorientierten Lernen erfolgen. differenter Differenzierung (bei gleichem Lernziel vari- bleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motiva- Klima Kompetenzen sind, wie geschildert, nicht nur auf den kog- ieren Lernhilfen, Lernmaterialen, –hilfen, und –zeit) und tionalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und nitiven Bereich beschränkt. Vielmehr sind auch sozioemo- zieldifferente Differenzierung (für spezifische Interessen, Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situ- tionale Kompetenzen Ziele von Erziehung und Bildung. Glaube an Guter Lernvoraussetzungen und Bedürfnisse werden verschieden ationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu Veränderung Unterricht Als Ergänzung zu den ministeriell vorgegebenen Zeugnissen Lerninhalte und –ziele angeboten). Weiter werden als For- können.“ (Weinert 2001: 27f). werden z. B. an Thüringer Schulen seit 2003 Kompetenzbö- men der Differenzierung genannt: äußere und innere Dif- gen eingesetzt, in denen „Lernkompetenz“ als Einheit von ferenzierung (Binnendifferenzierung), sowie „natürliche Selbstwertgefühl Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz gesehen Differenzierung“, die auf dem Gedanken aufbaut, dass bei Zum Messen und Abbilden von Kompetenzen gibt es mehr wird und die weniger als Beurteilungs-, sondern mehr als einer umfassenden Erarbeitung eines Themas Aufgaben un- und weniger standardisierte Möglichkeiten bzw. Ansätze. Beratungsinstrument eingesetzt werden und als Hilfe bei terschiedlicher Schwierigkeitsniveaus anfallen, bei denen Eine in der Schulpraxis häufig angewendete Methode ist Gefühle: Vergleiche: der Kompetenzentwicklung verstanden werden (vgl. Exner - Misserfolg - individuell sich alle Schülerinnen und Schüler (von leistungsschwäche- es, Aufgabenschwierigkeiten zu modifizieren und Leistungen - Erfolg - sozial 2010). Eine veränderte Lernkultur (hin zur Kompetenzori- ren bis leistungsstarken) nach ihren Möglichkeiten beteili- zu ermitteln, indem zwischen vier Anforderungsniveaus (Re- - Neuigkeit - kriterial entierung) bedingt auch eine veränderte Aufgabenkultur: gen können. Durch dieses Arbeiten auf unterschiedlichen produktion, Reorganisation, Transfer und problemlösendes Es bedarf kompetenzorientierter Aufgaben. Um kompe- Anforderungsniveaus kann der Gefahr vorgebeugt werden, Denken) unterschieden wird. Eine weitere standardisierte tenzorientierten Unterricht zu ermöglichen, ist es für die Lernen dass schwache Schülerinnen und Schüler über‐ und leis- Methode stellt das Abbilden von Leistungen der Schüle- Schülerinnen und Schüler nötig, Aufgaben zu erhalten, tungsstarke unterfordert werden. (vgl. Wittmann/Müller rinnen und Schüler mit Hilfe von Kompetenzstufenmodel- die nicht nur im Sinne von Reproduktion oder Reorganisation 1995). Zu bedenken ist auch die Gruppierung der Schüle- len dar. Im Zuge der Einführung von Bildungsstandards8 Wissen abfragen, sondern zudem den Transfer von Gelern- rinnen und Schüler: Sie kann beispielsweise nach Leistung, wird versucht, diese Kompetenzstufenmodelle im Sinne tem auf andere Bereiche und problemlösendes Denken in Ein „Lernmotor“ und die Veränderung der schulischen Lern- Interesse oder Geschlecht erfolgen. Sie kann situativ fle- der Qualitätssicherung gewinnbringend einzusetzen. Da- neuen Lernsituationen ermöglichen und anregen. kultur xibel, oder längerfristig angelegt sein, und die Einteilung bei werden, wie bei PISA, Leistungen bzw. Kompetenzen kann durch die Lehrkraft oder durch die Schülerinnen und auf einer Skala abgebildet. Die Kompetenzstufen, die zur Die empirische Unterrichtsforschung widmet sich unter an- Wenn eine nachhaltige Veränderung der schulischen Lern- Schüler vorgenommen werden. Wie im Unterricht sind also Überprüfung der Bildungsstandards entwickelt wurden, derem der Frage, welche Merkmale von Unterricht dazu kultur das Ziel ist, so sollte sich mit einer veränderten auch in „Lernzeiten“ die verschiedensten Arten von diffe- werden so definiert, dass sie die Leistungsskala in fünf Ab- beitragen, dass Schülerinnen und Schüler nachhaltig zu Aufgabenkultur einhergehend auch das Feedback für die renzierenden Maßnahmen und Aufgabenstellungen denkbar. schnitte einteilen und auch eine inhaltliche Interpretation hohen Lernerfolgen kommen, und welche Merkmale diesen Schülerinnen und Schüler (und somit die Feedbackkultur) 8 Vgl. hierzu http://www.iqb.hu-berlin.de/bista (Zugriff am 30.06.2014).
Rahmenbedingungen und Voraussetzungen von Lernzeiten verändern: Rückmeldungen sollten individuell auf die Ergeb- wurden das Schulleben und der Unterricht berücksichtigt. Tab. 1: Beispiele statistisch signifikanter Merkmale stärkenorientierter Förder- nisse eingehen, z. B. durch das Aufzeigen und Würdigen ver- Ein weiteres Merkmal von KOMPASS lag darin, dass die Um- maßnahmen im Projekt KOMPASS auf Seite der Schülerinnen und Schüler 11 schiedener Lösungsmöglichkeiten bei ein und derselben Ma- setzung einer Stärkenförderung auf vielen verschiedenen thematikaufgabe. Eine Stärkung der individuellen Bezugs- Ebenen ansetzte: Es wurden Maßnahmen für die Schülerin- Zu Messzeitpunkt 2: Zu Messzeitpunkt 3: normorientierung kann dazu beitragen, das Selbstvertrau- nen und Schüler entwickelt, Lehrerfortbildungen angeboten Förderung der/des… Förderung der/des… en der Lernenden zu bestärken: Wenn sich eine Schülerin (z. B. eine Ausbildung zum „Lerncoach“9) und die Zusam- oder ein Schüler beispielsweise im Diktat von 30 Fehlern menarbeit mit den Eltern wurde intensiviert. 5.-7. - Selbstkonzepte in den Fächern - positiven Schulwahrnehmung auf zehn Fehler verbessert hat und sich dies (noch) nicht in der Jgst. Mathematik und Deutsch - wahrgenommenen individuel- nach kriterialen Maßstäben bewerteten Note niederschlägt, Die Arbeit mit Kompetenzrastern10 kann als ein Beispiel für - Interesses im Fach Mathematik len Bezugsnormorientierung so sollte diese individuelle Verbesserung im Unterricht durch Maßnahmen dieses Modellversuchs genannt werden. Dabei - Überzeugung in die Veränderbar- der Lehrkraft Lehrkraft und Mitschülerinnen und Mitschüler gewürdigt stellt die Lehrkraft unterschiedliche Lernmaterialien zu ei- keit eigener Fähigkeiten - Präferenz für Kooperation werden. Nicht nur das Feedback durch die Lehrkraft ist ent- nem bestimmten Thema oder Fach bereit, und die Schüle- scheidend. Für das Selbstvertrauen der Schülerinnen und rinnen und Schüler schätzen ihren aktuellen Leistungsstand Schüler ist gerade auch das Feedback der eigenen Peer- (Ist-Stand) in verschiedenen Kompetenzrastern ein. Diese 7.-9. - allgemeinen Schulinteresses - Interesses im Fach Deutsch Group von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grund ist Einschätzung wird auch durch Tests, welche die Lehrkraft Jgst. - Interesses im Fach Deutsch - wahrgenommenen Strukturie- es wichtig, Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, bereithält, unterstützt. Anschließend wird von den Schüle- - positiven Umgangs mit Misserfolg rungshilfen der Lehrkraft selbst eine stärkenorientierte Feedbackkultur zu entwickeln rinnen und Schülern bestimmt, welches Niveau sie inner- (vgl. Scheunpflug/ Zeinz 2009). Entscheidend ist auch der halb der Kompetenzraster in einem definierten Zeitraum Gedanke, dass im Rahmen der individuellen Förderung Eva- erreichen wollen (Soll-Stand). Weiter wird geklärt, welche luation von Lernvoraussetzungen und ein Erheben des Ist- Materialien und welche Methoden genutzt werden, um die Stands, Zielsetzung, Durchführungs-/ Übungsphase, sowie gesetzten Ziele zu erreichen. Abschließend reflektieren eine erneute Messung/ Evaluation des neuen Lernstands und Schülerinnen und Schüler mit den Lehrkräften gemeinsam ein Feedback darüber als zirkulärer Prozess zu sehen ist, über den bisherigen Erfolg und das weitere Vorgehen, womit an dem die verschiedensten Personen und Gruppen beteiligt der geschilderte Prozess von vorne beginnen kann. Literatur sein können: Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern, usw. Bos, Wilfried / Lankes, Eva-Maria / Prenzel, Manfred / Schwippert, Knut/ Scheunpflug, Annette / Zeinz, Horst (2009): Schülerfeedback — Schüler ler- Positive Effekte einer veränderten Schul- und Lernkultur Valtin, Renate / Walther, Gerd (Hrsg.) (2003): Erste Ergebnisse aus IGLU. nen konstruktive Kommunikation. In: Schulmanagement 4/ 2009, S. 8-11. Feedback ist auch dann an Stärken und Kompetenzen ori- In einer Evaluationsstudie mit drei (jeweils ein Jahr aus- Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationa- entiert, wenn Fehler als etwas gesehen werden, die im einander liegenden) Messzeitpunkten konnten zahlreiche len Vergleich. Münster/ New York: Waxmann. Weinert, Franz (2001): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen — Lernprozess natürlich sind und als Ausgangspunkt für wei- Hinweise auf den Erfolg einer potential- und stärkenori- eine umstrittene Selbstverständlichkeit. tere Lernschritte dienen können. Anders formuliert trägt entierten Förderung im Rahmen des Projekts KOMPASS bei Exner, Silvia (2010): Dokumentation der Kompetenzentwicklung. In: Weinert, Franz (Hrsg.): Leistungsmessungen in Schulen. ein positiver Umgang mit Fehlern zu einer Veränderung der Schülerinnen und Schülern sowie bei Lehrkräften gefunden In: Schulmanagement 6/ 2010, S.12-14. Weinheim/ Basel: Beltz, S. 17-31. Fehlerkultur, und damit ebenso zu einer veränderten (schu- werden. lischen) Lernkultur bei. Hattie, John (2009): Visible Learning. A Synthesis of Over 800 Meta- Wittmann, Erich / Müller, Gerhard (Hrsg.) (1995): Mit Kindern rechnen. Befragt wurden ca. 3600 Schülerinnen und Schüler und ca. Analyses Relating to Achievement. London/ New York: Routledge. Beiträge zur Reform der Grundschule. Frankfurt/ M.: Arbeitskreis Grund- Die Stiftung Bildungspakt Bayern initiierte 2007 den an zwölf 900 Lehrkräfte mittels Fragebögen. Kleine, jedoch statis- schule. Realschulen durchgeführten Modellversuch „KOMPASS — tisch signifikante Effekte der Fördermaßnahmen konnten Helmke, Andreas (2012): Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionali- Kompetenz aus Stärke und Selbstbewusstsein“. Im Rahmen bei den Schülerinnen und Schülern beispielsweise in den in tät. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Zeinz, Horst / Scheunpflug, Annette (2010): Selbstbewusstsein und dieses Modellvorhabens erarbeiteten die beteiligten Lehr- Tabelle 1 dargestellten Bereichen festgestellt werden. Seelze: Klett-Kallmeyer. Lernerfolg. In: Pädagogik 10/2010, S. 36-39. kräfte Maßnahmen, die — je nach Voraussetzung und Ziel- Differenzierende Maßnahmen bieten im herkömmlichen setzung der jeweiligen Schule — dazu beitragen sollten, die Unterricht wie auch in „Lernzeiten“ vielfältigste Gestal- Köller, Olaf (2010): Schülerleistungen und Kompetenzstufenmodelle. Idee einer Stärkenförderung umzusetzen (vgl. Scheunpflug tungsmöglichkeiten, schulische Lehr- und Lernprozesse zu In: Schulmanagement 6/2010, S. 20 — 22. u.a. 2012). KOMPASS zielte dabei auf eine breit angeleg- optimieren. Kompetenzorientierte und niveaudifferenzierte te Förderung von Schülerinnen und Schülern: einerseits auf Aufgabenstellungen stellen eine wichtige Stellschraube in Meyer, Hilbert (2004): Was ist guter Unterricht? eine Verbesserung motivationaler Aspekte (wie Lernfreude einem komplexen Gefüge von Einflussgrößen dar. Diese gilt Berlin: Cornelsen Scriptor. und Selbstwertgefühl) und den Ausbau von Kompetenzen. es zu beachten, wenn eine bestmögliche Förderung aller Andererseits wurde eine Veränderung der Lern- und Schul- Schülerinnen und Schüler das Ziel der Bemühungen ist. Scheunpflug, Annette / Stadler-Altmann, Ulrike / Zeinz, Horst (2012): kultur im Sinne einer Stärkenorientierung angestrebt. Dabei Bestärken und fördern — Wege zu einer veränderten Kultur des Lernens in der Sekundarstufe I. Erarbeitet und erprobt im Modellversuch KOM- PASS — Kompetenz aus Stärke und Selbstbewusstsein. Seelze: Friedrich. 9 11 Vgl. hierzu den Beitrag von Torsten Nicolaisen in dieser Publikation. Die genauen statistischen Kennwerte zu diesen und weiteren Forschungsergebnissen (z.B. zu den Befragungen der Lehrkräfte) sind bei Scheunpflug 10 Vgl. exemplarisch hierzu: http://www.institut-beatenberg.ch/wie-wir-lernen/instrumente/kompetenzraster.html (Zugriff am 30.06.2014). u. a. (2012) dargestellt.
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