Uwe Götze, Rainhart Lang (Hrsg.) Strategisches Management zwischen Globalisierung und Regionalisierung

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Uwe Götze, Rainhart Lang (Hrsg.)
Strategisches Management
zwischen Globalisierung und Regionalisierung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Uwe Götze, Rainhart Lang (Hrsg.)

Strategisches Management
zwischen Globalisierung
und Regionalisierung

GABLER EDITION WISSENSCHAFT
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1. Auflage 2008
Alle Rechte vorbehalten
© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008
Lektorat: Claudia Jeske | Jutta Hinrichsen
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www.gabler.de

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Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany

ISBN 978-3-8349-1293-0
Vorwort

In einer Zeit, in der sich wirtschaftliche, politisch-rechtliche, gesellschaftliche, technologische
und ökologische Umweltbereiche mit hoher Geschwindigkeit und Intensität verändern, stellt
das Strategische Management von Unternehmen und anderen Organisationen eines der wich-
tigsten Aufgabenfelder der Führung dieser Institutionen dar, kommt ihm doch die Aufgabe zu,
das Unternehmen bzw. die Organisation in einer Weise auszurichten, die die Überlebensfähig-
keit und den langfristigen Erfolg auch unter den vielfältigen Einflüssen der angesprochenen
Veränderungen sichert. Gleichzeitig handelt es sich beim Strategischen Management um ein
faszinierendes, mit einem hohen Facettenreichtum aus verschiedenen Perspektiven untersuch-
tes und intensiv diskutiertes Forschungsfeld. In der Unternehmenspraxis wie in der Forschung
sind zudem die Relevanz volkswirtschaftlicher, juristischer und sozialwissenschaftlicher Er-
kenntnisse sowie die Schnittstellen zu den entsprechenden Wissenschaftsgebieten besonders
stark ausgeprägt.
     Die genannten Punkte haben uns dazu bewogen, anlässlich des fünfzehnjährigen Beste-
hens der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Chemnitz am
14. November 2008 den vorliegenden Sammelband zum Themengebiet Strategisches Mana-
gement mit Beiträgen der Hochschullehrer der Fakultät herauszugeben. Dabei sind wir von
der Annahme ausgegangen, dass dieses Thema die Arbeitsgebiete sämtlicher Hochschullehrer
der Fakultät berührt und diese die Auseinandersetzung mit ihm als reizvoll empfinden. Dies
hat sich schnell bestätigt. Wir freuen uns sehr darüber, dass die Kollegen sich trotz vielfältiger
anderer Aufgaben engagiert mit gehaltvollen Beiträgen beteiligt haben, und danken ihnen so-
wie ihren Ko-Autoren dafür ganz herzlich.
     Dies werten wir als Indiz einer Fakultätskultur, die durch einen intensiven Gedankenaus-
tausch und eine sehr gute kollegiale Zusammenarbeit geprägt ist; denn bereits zum zehnjähri-
gen Bestehen der Fakultät wurde gemeinschaftlich ein Sammelband („Neue Ökonomie der
Arbeit“) erarbeitet. Auch im Hinblick auf die Kultur und Ausrichtung der Fakultät erscheinen
die Inhalte und das Thema für eine Festschrift zum Fakultätsjubiläum besonders geeignet: So
spiegelt sich im disziplinenübergreifenden Ansatz des Bandes die ausgeprägte Interdisziplina-
rität der Fakultät mit einer Vielzahl an Studiengängen und Forschungsprojekten, die gemein-
sam von den verschiedenen wirtschaftswissenschaftlichen Teildisziplinen, aber auch mit an-
deren Fakultäten „gelebt“ werden, wider. Mit „Globalisierung und Regionalisierung“ wird
dem Bemühen der Fakultät um internationale Orientierung bei gleichzeitiger starker regiona-
ler Einbettung Rechnung getragen.
     Der ausgeprägte Zusammenhalt in der Fakultät hat sich für diese als strategischer Erfolgs-
faktor erwiesen und ihr in den vergangenen fünfzehn Jahren eine sehr positive Entwicklung
ermöglicht. Diese äußert sich in einer hohen Attraktivität für Studierende mit anhaltend hohen
Studierendenzahlen (derzeit wie vor fünf Jahren deutlich über 2.300 Studierende) und in dem
relativ problemlosen Übergang in das Bachelor-/Master-System, in dem von der Fakultät zu-
künftig neben den Bachelor-Studiengängen Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsingenieur-
wesen, Wirtschaftsinformatik sowie Europa-Studien mit wirtschaftswissenschaftlicher Aus-
richtung auch eine Reihe tendenziell stärker fokussierter Master-Studiengänge angeboten wer-
VI

den. Die positive Entwicklung wird aber auch dokumentiert durch eine Vielzahl von For-
schungsprojekten und -ergebnissen. Neben den entstandenen Publikationen sind diesbezüg-
lich als besonders gut messbare Größen die Zahl der Promotionen sowie das Drittmittelauf-
kommen zu erwähnen: Bei beiden liegt die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften deutlich
über dem Bundesdurchschnitt wirtschaftswissenschaftlicher Fakultäten an Universitäten.
     Blickt man nun auf die Entwicklung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften aus der
Perspektive des Strategischen Managements zurück, so zeigt sich, dass diese ein Spiegelbild
der Praxis vieler Unternehmen wie auch des Stands wissenschaftlicher Erkenntnisse zu lang-
fristigen Entwicklungsprozessen von Unternehmen und anderen Organisationen darstellt: Es
finden sich sowohl geplante Strategien (erarbeitet unter anderem in der Entwicklungsphase
der Fakultät mit dem Ergebnis eines langfristigen Entwicklungsplans als auch in späteren
Phasen in einer Strategie-Arbeitsgruppe) als auch gewachsene Strategien wie bestimmte For-
men der Zusammenarbeit mit anderen Fakultäten oder spezifische Arbeitsweisen in der Fa-
kultät. Weiterhin ist der gegenwärtige Stand zugleich ein Ergebnis eigener Gestaltungsüberle-
gungen wie auch durch externe Einflüsse bestimmt; der Bologna-Prozess sowie der Hoch-
schulpakt 2020 mögen als Beispiele hierfür genügen. In dieser Hinsicht erweist sich also das
Thema der Festschrift ebenfalls als geeignet.
     Bei der Herausgabe des Bandes haben uns einige Institutionen und Personen tatkräftig un-
terstützt. Hervorheben möchten wir den Gabler-Verlag mit Frau Jeske und Frau Hinrichsen,
Frau Manuela Hörtzsch mit ihren vielfältigen Koordinationsaufgaben sowie Frau Susann
Leithold und Frau Anja Wappler, die mit großer Sorgfalt und äußerst engagiert die Druckle-
gung des Bandes vorbereitet haben. Ihnen allen danken wir ganz herzlich.
     Abschließend wünschen wir der Festschrift eine weite Verbreitung und viele interessierte
Leser und hoffen, dass wir mit ihr die Diskussion um das Strategische Management in hohem
Maße bereichert haben.

Chemnitz, im Oktober 2008                                     Uwe Götze und Rainhart Lang
                                                        Dekan und Studiendekan der Fakultät
                                                              für Wirtschaftswissenschaften
Inhaltsverzeichnis

I      Zur Theorie des strategischen Managements

UWE GÖTZE und RAINHART LANG
Strategisches Management: Herausforderungen und Lösungsansätze im Spannungsfeld
von Globalisierung und Regionalisierung.................................................................................. 3

MANFRED MOLDASCHL
Strategisches Management – Ansätze, Blinde Flecken, Alternativen...................................... 11

PETER PAWLOWSKY, NORBERT STEIGENBERGER und EVI KNEISEL
Die Rote Königin überlisten – Strategisches Management aus dem Blickwinkel der
Hochleistungsforschung ........................................................................................................... 41

ANJA SCHMIDT und UWE GÖTZE
Strategisches Supply Chain Management – Erklärungsansätze und Gestaltungsrahmen........ 67

II     Strategisches Management und unternehmerische Verantwortung

LUDWIG GRAMLICH, CORNELIA MANGER-NESTLER, KERSTIN ORANTEK und DOINA SCHWARZ
Corporate Social Responsibility als Rahmensetzung für strategisches Management?
Eine juristische Perspektive ..................................................................................................... 99

CLAUS SCHOLL
Strategisches Management zwischen Recht und Markt: Zur Kontrolle des Managements
in Kapitalgesellschaften – Eine rechtsökonomische Analyse ................................................ 129

THOMAS STEGER, HEIKO KOHLENBECKER und DANIEL GERMANN
Management by Networking? – Personelle Verflechtungen zwischen deutschen
Aufsichtsräten und ihr Beitrag zum strategischem Management........................................... 153

RAINHART LANG
Vorwärts zum Shareholder-Kapitalismus? – „Corporate social values“ von Unter-
nehmern und Managern als Orientierungs- und Wirkungsrahmen bei strategischen
Managemententscheidungen in Transformationsgesellschaften............................................ 177
VIII                                                                                                             Inhaltsverzeichnis

III    Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen des strategischen Managements und
       deren Gestaltung

THOMAS KUHN und MICHAEL PICKHARDT
Energy and Sustainable Growth............................................................................................. 207

KLAUS MÜLLER
Makroökonomische Rahmenbedingungen für unternehmerisches Wachstum in hoch
entwickelten Volkswirtschaften ............................................................................................. 225

KLAUS DIETER JOHN
Strategisches Modellieren im wirtschaftspolitischen Entscheidungsprozess:
Die Beurteilung von Biokraftstoffen mit Hilfe von System Dynamics ................................. 255

IV     Standort- und regionenbezogene Fragen des strategischen Managements

SILKE HÜSING
Zusammenhang von Steuerplanung, EuGH-Rechtsprechung und Gesetzgebung am
Beispiel der Standortrelevanz von Verlustverrechung und Zinsschranke ............................. 281

MARTIN MASLATON
Juristische Aspekte bei Standortentscheidungen für Vorhaben zur Erzeugung
erneuerbarer Energie .............................................................................................................. 301

JOACHIM KÄSCHEL und MARCO FISCHER
Standortentscheidungen bei vernetzter Produktion mittels Ant Colony Optimization .......... 321

CORNELIA ZANGER und SANDRA KAMINSKI
Die regionale Clustermarke – Konzept strategischer Markenführung im Spannungsfeld
zwischen regionalem und globalem Wettbewerb................................................................... 345

V      Ausgewählte Felder des strategischen Managements

FRIEDRICH THIESSEN
Industrialisierung und Strategisches Management in Banken ............................................... 367

PETER GLUCHOWSKI
Ansatzpunkte zur Gestaltung einer Business Intelligence-Strategie...................................... 387

VOLKER BANK und KATHRIN THIEME
Zur Steuerung von Weiterbildungsmaßnahmen in der unternehmerischen Praxis.
Konzeption einer Pilotstudie im Freistaat Sachsen ................................................................ 403

Autorenverzeichnis................................................................................................................. 429
I   Zur Theorie des strategischen
    Managements
Strategisches Management: Herausforderungen und
Lösungsansätze im Spannungsfeld von Globalisierung
und Regionalisierung

Uwe Götze und Rainhart Lang

Schon wieder ein Buch zum strategischen Management, mag man sich fragen, bei der Viel-
zahl vorliegender Monographien und Sammelbände, die dieses Thema behandeln. Sowohl in
der Managementtheorie als auch in der Managementpraxis scheint das Thema doch längst ab-
gehakt und in Zeiten von Managementmoden nicht mehr „in“. Unterschiedliche Konzepte der
strategischen Planung wurden vielfach eingeführt, Instrumente des strategischen Manage-
ments wie die „Balanced Scorecard“ sind umfassend beschrieben und weiterentwickelt und
werden inzwischen nicht nur in Unternehmen, sondern auch in Krankenhäusern, Behörden
und Universitäten genutzt. In der theoretischen Diskussion herrscht weitgehende Einigkeit
darüber, dass in Zeiten eines zunehmenden Wettbewerbs eine Anpassung an sich verändernde
Märkte nur noch sehr beschränkt oder gar nicht möglich ist, was dem klassischen marktorien-
tierten Ansatz im strategischen Management deutliche Grenzen setzt. Die dazu entwickelten
Alternativen eines ressourcen- oder kompetenzbasierten Ansatzes oder einer relationalen Per-
spektive scheinen auf den ersten Blick geeignet, die Forschung zur Strategieentwicklung neu
zu orientieren und die Praxis anzuleiten.
     Warum wir dennoch einen Bedarf an Neugestaltung und Weiterentwicklung auch und ge-
rade im Bereich des langfristigen strategischen Handelns von Unternehmen und seiner theore-
tischen Reflexion und Orientierung sehen, ergibt sich unseres Erachtens aus drei miteinander
verbundenen Bereichen, die wir nachfolgend kurz skizzieren möchten:
     Zunächst sind gravierende Veränderungen in der Umwelt von Unternehmen und ande-
ren Organisationen festzustellen, die zwar in der wachsenden Internationalisierung und Glo-
balisierung der Wirtschaft ihren Ausgangspunkt haben, in ihren Wirkungen jedoch weit darü-
ber hinausreichen und zu einem zum Teil fundamentalen Wandel national und lokal entstan-
dener und eingebetteter gesellschaftlicher Institutionen führen, bei dem sich das Verhältnis
von Globalität und Regionalität neu ordnet. Als wesentliche Tendenzen zeigen sich:
  x   Veränderte welt- und volkswirtschaftliche Wachstumsbedingungen bei erhöhter Markt-
      dynamik, vor allem in Märkten mit neuen Technologien sowie in neu etablierten Märk-
      ten für Energie, Transport und Telekommunikation mit früheren staatlichen Monopolen
  x   Verschärfung und Internationalisierung des Wettbewerbes mit „Hyper Competition“ in
      wichtigen Handlungsfeldern, insbesondere bei Zukunftstechnologien
  x   Internationalisierung und Wandel in den rechtlichen Rahmenbedingungen des unterneh-
      merischen Handelns, vor allem durch Etablierung und wachsende Wirksamkeit interna-
      tionaler Rechtsnormen, aber auch durch Ausdehnung der Gültigkeit nationaler rechtli-
4                                                                     Uwe Götze und Rainhart Lang

        cher Regelungen aufgrund der Internationalisierung von Unternehmen und von Unter-
        nehmenskooperationen
    x   Steigender Legitimitätsdruck für die Wirtschaftsakteure aufgrund internationaler Regeln
        und Normen, formaler Rechtsnormen wie ethisch begründeter Kodizes („soft law“), aber
        auch aufgrund aktueller ökologischer (Klimaproblematik) wie wirtschaftlicher (Finanz-
        marktkrise) Entwicklungen
    x   Zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung weiterer Teilbereiche der Gesell-
        schaft, etwa des Gesundheitswesens, der Bildung und von öffentlichen Verwaltungen
    x   Verbreitung neuer Technologien, beispielsweise im Bereich der Energieversorgung, der
        Telekommunikation oder der Gentechnik, mit dem daraus resultierenden Bedarf an spe-
        zifischen betriebswirtschaftlichen Konzepten.
Dies hat nun weiterhin Auswirkungen auf Unternehmen und andere Organisationen und
deren Führung und stellt insbesondere erheblich veränderte Anforderungen an das strategi-
sche Management. Diese reichen von der Anpassung an den Wandel der Institutionen über
angemessene strategische Entscheidungen zur Standortwahl unter diesen Kontextbedingungen
und zur Mobilisierung von Ressourcen unter Nutzung der regionalen Einbettung des Unter-
nehmens als dessen potentieller Stärke bis hin zu einem veränderten Fokus und Umgang in
der Kooperation mit Partnern in der Unternehmensumwelt, der Wahrnehmung der Unterneh-
mensverantwortung sowie der Darstellung der Unternehmensleistungen in der Öffentlichkeit.
Im Einzelnen sind besonders herauszustellen:
    x   Wachsende Anforderungen an ethisch verantwortungsbewusste Entscheidungen und
        zugleich erhöhte Investitionen in die Außendarstellung der Unternehmen und die Legi-
        timitätspolitik als an Bedeutung gewinnende strategische Managementaufgabe
    x   Notwendigkeit, einerseits neben langfristigen auch kurzfristigen und andererseits so-
        wohl monetären als auch nicht-monetären Anforderungen von Anspruchsgruppen bei
        der Bildung und Verfolgung von Unternehmenszielen gerecht zu werden
    x   Verstärkter Fokus auf vorhandene Ressourcen und Kompetenzen, die in Auseinander-
        setzung mit den veränderten Umweltbedingungen anzuwenden und ständig weiter zu
        entwickeln sind
    x   Nicht nur auf kurzfristige Kostenersparnis gerichtete, sondern „strategische“ und dabei
        auch ressourcen- und kompetenzorientierte Auslagerung von Leistungen mit Konse-
        quenzen für die Beherrschung der Wertschöpfungskette, den Aufbau und die Neugestal-
        tung entsprechender Kooperationsnetzwerke
    x   Angleichung und erneute, gewandelte Differenzierung der Standortbedingungen mit der
        Konsequenz einer verstärkten Selektion der Wettbewerbsfelder und der Standorte
    x   Übertragung von Prinzipien und Instrumenten des Managements bzw. des strategischen
        Managements von Unternehmen auf andere Typen von Organisationen, verbunden mit
        einer Diffusion strategischer Betrachtungsweisen und Instrumente in verschiedene Be-
        reiche und Teilbereiche der Gesellschaft sowie
Strategisches Management: im Spannungsfeld von Globalisierung und Regionalisierung             5

  x   Nicht zuletzt die Herausforderung, Reflexion und Lernen als wichtige Elemente eines
      strategischen Managements zu institutionalisieren.
Neu sind dabei insbesondere die Intensität und der Grad der Verflechtung der Anforderungen
sowie ihrer Wirkungen, die nahezu kein Unternehmen „verschonen“.
    Und schließlich schlagen sich die Veränderungen auch in theoretischen Konzepten und
Analyseperspektiven zum strategischen Management nieder. Jenseits von auch vorhandenen
Stimmen, die „das Kind mit dem Bade ausschütten“ und Unternehmen unter diesen veränder-
ten Bedingungen jegliche strategische Aktivität absprechen oder zumindest die Wirkung dieser
Aktivität und somit auch die Bemühungen um eine längerfristige, strategische Gestaltung von
Unternehmen und anderen Organisationen für überflüssig erklären, führen sowohl die bereits
genannten Umweltveränderungen als auch gewonnene theoretische Einsichten zu einer
Anzahl viel versprechender neuer Analyseperspektiven. Während viele von diesen sich da-
durch auszeichnen, dass sie zwischen marktorientiertem und ressourcenorientiertem Ansatz
vermitteln, bestehen größere Unterschiede dahingehend, dass entweder relativ große Freiräu-
me der Akteure für die Gestaltung unterstellt oder aber ein stärkerer Einfluss struktureller und
prozessualer Rahmenbedingungen angenommen wird. Die neueren Ansätze reichen von der
Berücksichtigung von Selbstorganisations- und Emergenzphänomenen bei der Strategieent-
wicklung, einer stärkeren Akzentuierung von Lernprozessen, einer Dynamisierung des res-
sourcenbasierten Ansatzes oder Überlegungen zur Evolution und Pfadabhängigkeit von Stra-
tegiemustern bis hin zu Konzepten, die strategische Aktivitäten als einen Prozessverlauf der
Interaktion, Vermittlung und Beziehungssetzung zwischen institutioneller Umwelt sowie Un-
ternehmens- und Organisationsaktivitäten sehen, etwa bei einer Netzwerkperspektive, einem
strukturationstheoretischen Ansatz oder einem Konzept der Sozialökonomie (vgl. u. a. die The-
orieübersichten in Ortmann/Sydow 2001, Moldaschl 2004, Grant 2005, Bea/Haas 2005, Mül-
ler-Stewens/Lechner 2005 oder Welge/Al-Laham 2008 und im Beitrag von MOLDASCHL in
diesem Band sowie Einzelbeiträge etwa von Foss 2007).
    Insgesamt sind existierende und/oder geeignete strategische Aktivitäten von Unternehmen
und anderen Organisationen wie Systeme des strategischen Managements aus der Sicht der neu-
eren Ansätze zunehmend dadurch gekennzeichnet, dass sie Umweltveränderungen vor allem
durch einen Rückgriff auf interne Ressourcen und ihre Entwicklung zu bewältigen versuchen.
Dabei sollten dergestalt Strategien konstruiert, Pfade für künftige Entwicklungen kreiert so-
wie externe und interne Ressourcen selektiert und kombiniert werden, dass damit zielgerichtet
den zugleich fördernden wie auch bindenden Wirkungen der sich verändernden Institutionen
Rechnung getragen, aber auch Einfluss auf diese genommen wird. Eine entsprechende strate-
gische Neuausrichtung erfordert erhebliche materielle Anstrengungen, stellt aber auch hohe
Anforderungen an das strategische Management. Dafür werden offene und flexible Konzepte
und Instrumente benötigt, die in der Lage sind, die Rekombination externer und interner Res-
sourcen, die Vernetzung von Unternehmen und Umwelt, aber auch selbstorganisatorische
Prozesse im Unternehmen zu berücksichtigen und zu fördern. Zugleich sind strategische
Handlungen wie auch Praktiken und Instrumente zunehmend vor dem Hintergrund gesell-
schaftlicher Erwartungen und Bedeutungen zu sehen. Dies gilt nicht nur für erwartete Wirkun-
6                                                                   Uwe Götze und Rainhart Lang

gen dieser Handlungen und soziale Verantwortlichkeiten für sie, sondern auch für die ständi-
ge Neuinterpretation, Neuverhandlung und Modifikation von Regeln und ihrer Nutzung.
     Die Beiträge im vorliegenden Band versuchen vor diesem Hintergrund ausgewählte und
aktuelle Themenschwerpunkte näher zu beleuchten. Sie repräsentieren dabei in ihrem in der
Gesamtheit disziplinübergreifenden Zugriff auf die verschiedenen Themenfelder wichtige
Forschungsschwerpunkte an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Uni-
versität Chemnitz. Zugleich machen sie deutlich, dass die damit verbundenen Perspektiven-
erweiterungen sehr fruchtbar und der Komplexität des Analyseobjektes „Strategisches Ma-
nagement“ eher angemessen sein können als isolierte betriebswirtschaftliche Analysen.
     In einem ersten thematischen Block werden nachfolgend Beiträge präsentiert, die sich aus
verschiedenen Blickwinkeln mit der theoretischen Fundierung des strategischen Manage-
ments befassen. So legt MANFRED MOLDASCHL eine kritische und pointierte Bestandsaufnah-
me der theoretischen Ansätze des Konstruktes „Strategisches Management“ vor und zeigt so-
wohl „blinde Flecken“ als auch eine Perspektive zur theoretischen Orientierung von For-
schung und Managementpraxis in Gestalt eines sozialökonomischen Ansatzes auf. PETER
PAWLOWSKY, NORBERT STEIGENBERGER und EVI KNEISEL betonen auf der Suche nach dem
strategischen Management als Hochleistungsmanagement vor allem lerntheoretische und res-
sourcentheoretische Perspektiven, indem sie interne Praktiken des Lernens, der Risikobewäl-
tigung und der permanenten Leistungsentwicklung von Hochleistungsorganisationen aus ver-
schiedenen Wirtschaftsbereichen unter die Lupe nehmen. ANJA SCHMIDT und UWE GÖTZE be-
ziehen sich in ihrem Beitrag auf das strategische Management von Supply Chains als spezifi-
schen Kooperationsformen, beschreiben und werten ausgewählte Ansätze zur Erklärung von
deren Erfolg bzw. Existenz und entwerfen einen Gestaltungsrahmen für Prozessablauf, Ziele
sowie Strategiefelder des strategischen Supply Chain Managements. Neben inhaltlichen Bei-
trägen zum strategischen Supply Chain Management und zum strategischen Management von
Hochleistungsorganisationen zeigen die Beiträge des ersten Themenblocks vor allem die Not-
wendigkeit einer vertieften Diskussion zu den weiterführenden Erklärungsbeiträgen und prak-
tischen Implikationen neuer theoretischer Alternativen zur Fundierung des strategischen Ma-
nagements auf.
     Einen zweiten Schwerpunkt bilden Beiträge, die sich mit der unternehmerischen Verant-
wortung in den verschiedenen Organen der Unternehmensleitung, von Top-Managern, Vor-
ständen, Aufsichtsräten, auseinandersetzen. LUDWIG GRAMLICH, CORNELIA MANGER-NEST-
LER, KERSTIN ORANTEK und DOINA SCHWARZ analysieren aus einer juristischen Perspektive
das aktuelle Konzept der Unternehmensverantwortung („Corporate Social Responsibility“) in
seinen rechtlichen Erscheinungsformen und seiner Relevanz für die strategischen Unterneh-
menshandlungen. Im Beitrag von CLAUS SCHOLL werden vor dem Hintergrund aktueller Pro-
bleme vor allem verschiedene Aspekte der Pflichten der Vorstandmitglieder von Kapitalgesell-
schaften und ihrer möglichen Kontrolle einer rechtsökonomischen Analyse unterzogen. THO-
MAS STEGER, HEIKO KOHLENBECKER und DANIEL GERMANN widmen sich den Wirkungen
und Effekten personeller Verflechtungen und der Vernetzung von Aufsichtsräten für das stra-
tegische Management. Im Beitrag von RAINHART LANG wird schließlich die Frage der Orien-
Strategisches Management: im Spannungsfeld von Globalisierung und Regionalisierung          7

tierungsmuster von Geschäftsführern bei kritischen Managemententscheidungen beleuchtet,
wobei Shareholder-Interessen sowie weitere soziale Anspruchsgruppen und Themen heraus-
gestellt werden. Die Beiträge verweisen in ihrer Gesamtheit darauf, dass, unbeschadet vorhan-
dener rechtlicher Regelungen eines öffentlichkeitswirksamen Ausweises des strategischen
Unternehmenshandelns und der Unternehmensverantwortung, die politischen Prozesse wie
die Nutzung von externen Netzwerken und auch die Erfahrungen und Wertorientierungen von
Entscheidern eine maßgebliche Rolle für die Art und Weise der Wahrnehmung der sozialen
Verantwortung der Unternehmen spielen.
     In einem dritten Schwerpunkt des Bandes stehen die volkswirtschaftlichen Rahmenbe-
dingungen des strategischen Managements und deren Gestaltung im Zentrum. THOMAS
KUHN und MICHAEL PICKHARDT analysieren dabei am Beispiel des Energiesektors die Mög-
lichkeiten und Grenzen nachhaltigen Wachstums. In einer mehr generellen Betrachtung wird
dieser Gedanke von KLAUS MÜLLER aufgegriffen, der die makroökonomischen Rahmenbe-
dingungen für unternehmerisches Wachstum in hoch entwickelten Volkswirtschaften kritisch
analysiert. KLAUS DIETER JOHN beschäftigt sich schließlich mit der Eignung und Anwendung
von „Systems Dynamics“-Modellen für strategische, wirtschaftspolitische Entscheidungen,
wobei der Gedanke der Nachhaltigkeit über das Untersuchungsfeld der Biokraftstoffe erneut
fokusiert wird. In den Beiträgen wird eindrucksvoll die Relevanz volkswirtschaftlicher Rah-
mensetzungen für das strategische Management insbesondere mit Blick auf Möglichkeiten
und Grenzen wirtschaftlichen Wachstums in verschiedenen Branchen im Kontext einer nach-
haltigen Umweltentwicklung verdeutlicht. Zugleich zeigen sie Möglichkeiten einer übergrei-
fenden Nutzung von Modellierungsinstrumenten auf.
     Der vierte Schwerpunkt des Buches ist Beiträgen gewidmet, die standort- und regionen-
bezogene Entscheidungen im Kontext des strategischen Managements betrachten. SILKE
HÜSING erörtert dabei in ihrem Beitrag den Zusammenhang von Steuerplanung sowie europä-
ischer Gesetzgebung und Rechtsprechung am Beispiel der Standortrelevanz von Verlustver-
rechnung und Zinsschranke und macht auf die daraus resultierenden Konsequenzen für ein
strategisches Standortmanagement aufmerksam. MARTIN MASLATON analysiert dagegen juris-
tische Aspekte bei Standortentscheidungen mit Blick auf Vorhaben zur Erzeugung erneuerba-
rer Energien. JOACHIM KÄSCHEL und MARCO FISCHER wiederum fokussieren direkt auf Stand-
ortentscheidungen unter den Bedingungen einer vernetzten Produktion von kleinen und mitt-
leren Unternehmen und leisten damit ebenfalls einen Beitrag zum strategischen Supply Chain
Management. Dabei diskutieren sie geeignete Analyseverfahren wie die „Ant Colony Optimi-
zation“. Lösungen für ein regionales Marketing stellen CORNELIA ZANGER und SANDRA KA-
MINSKI in ihrem Aufsatz zur regionalen Clustermarke vor, die die Verfasserinnen als ein ge-
eignetes Konzept strategischer Markenführung im Spannungsfeld zwischen regionalem und
globalem Wettbewerb ansehen. Die Beiträge dieses Teils verdeutlichen, dass gerade unter Be-
dingungen der Globalisierung einer strategischen Nutzung lokaler und regionaler Standortvor-
teile eine große Bedeutung zukommt, und bieten entsprechende Lösungsansätze der rechtlichen
Gestaltung bzw. der Nutzung rechtlicher Rahmenbedingungen, der Organisation von (überbe-
trieblichen) Produktionssystemen und des Marketings.
8                                                                    Uwe Götze und Rainhart Lang

     Der letzte Schwerpunkt im Buch ist dann Beiträgen gewidmet, die einzelne wichtige und
aktuelle Aufgabenfelder oder Elemente des strategischen Managements adressieren und
diese in einen strategischen Kontext stellen. Das strategische Management im Banksektor
wird vor allem durch eine zunehmende Industrialisierung und Automatisierung von Bank-
dienstleistungen beeinflusst. FRIEDRICH THIEßEN analysiert diesen Zusammenhang und seine
Auswirkungen auf Strategien und Strategieprozesse in der Branche – durchaus mit Implikati-
onen auch für die gesamte Entwicklung des Finanzsektors. PETER GLUCHOWSKI diskutiert Not-
wendigkeit, Ansatzpunkte und Elemente der Gestaltung einer Business Intelligence-Strategie
als wichtigem Teil einer Unternehmensstrategie. VOLKER BANK und KATHRIN THIEME widmen
sich in ihrem Beitrag der Weiterbildung als einer zentralen strategischen Aktivität zur Nut-
zung der Humanressourcen und zur Förderung von Lernprozessen im Unternehmen, wobei sie
die Konzeption einer Pilotstudie zur Steuerung von Weiterbildungsaktivitäten im Freistaat
Sachsen vorstellen. Mit den Beiträgen dieses Bereichs wird einerseits die Vielfalt relevanter
Aufgabenbereiche des strategischen Managements veranschaulicht, andererseits markieren
die ausgewählten Arbeiten auch das Spannungsfeld der Erfolgsfaktoren zwischen Informati-
onstechnologie und Humanressourcen.
     Betrachtet man die Beiträge des Bandes in ihrer Gesamtheit und unter Beachtung der an-
gesprochenen aktuellen Tendenzen in Theorie und Praxis des strategischen Managements, so
wird deutlich, dass sie das soziale und wirtschaftliche Konstrukt „Strategisches Management“
in seiner Breite und mit seinen vielfältigen Facetten recht gut ausleuchten. So finden sich em-
pirisch-deskriptive wie auch normativ-gestaltungsorientierte Beiträge. Es werden vielfältige
aktuelle Themen ins Zentrum der Beiträge gerückt, die sowohl rechtliche und volkswirtschaft-
liche institutionelle Bedingungen wie auch interne Ressourcen, Kompetenzen, entwickelte
Instrumente sowie strategische Aktivitäten und Prozesse einbeziehen. Auch bezüglich der the-
oretischen Positionen zeigt sich, dass die überwiegende Zahl der Beiträge um eine Vermitt-
lung zwischen dem Einfluss von Umwelt, Markt, zu beschaffenden externen Ressourcen und
institutionellen Faktoren einerseits und der Wirkung interner Ressourcen, Kompetenzen sowie
von Kommunikations- und Lernprozessen andererseits bemüht ist, und die Verfasser zugleich
der (Eigen-)Entwicklung wie einer bewussten Gestaltung von strategischen Prozessen von
Unternehmen und ihrem Management Rechnung tragen. Die Bandbreite der behandelten The-
mengebiete, der präsentierten Ansätze, aber auch der aufgeworfenen ungelösten Problemstel-
lungen lässt schließlich mit Blick auf die eingangs angesprochene Frage die Folgerung zu,
dass auch das vorliegende nicht das letzte Werk zum strategischen Management gewesen sein
wird. Vielmehr legen dessen Relevanz sowie die Anzahl und der Facettenreichtum derzeitig
und zukünftig mit ihm verbundener Fragen weitere Forschungsarbeiten nahe.
Strategisches Management: im Spannungsfeld von Globalisierung und Regionalisierung           9

Literatur

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Foss, N.J. (2007): Scientific progress in strategic management: the case of the resource-based
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Moldaschl, M. (Ed.) (2004): Beyond the Resource Based View, in: Management Review,
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Müller-Stewens, G./Lechner, C. (2005): Strategisches Management, 3. Aufl., Stuttgart.
Ortmann, G./Sydow, J. (2001): Strukturationstheorie als Metatheorie des strategischen Manage-
    ments – Zur losen Integration der Paradigmenvielfalt, in: Ortmann, G./Sydow, J. (Hrsg.):
    Strategie und Strukturation. Strategisches Management von Unternehmen, Netzwerken
    und Konzernen, Wiesbaden, 422-447.
Sydow, J./Ortmann, G. (2001): Vielfalt an Wegen und Möglichkeiten: Zum Stand des strate-
    gischen Managements, in: Ortmann, G./Sydow, J. (Hrsg.): Strategie und Strukturation. Stra-
    tegisches Management von Unternehmen, Netzwerken und Konzernen, Wiesbaden, 3-23.
Welge, M.K./Al-Laham, A. (2008): Strategisches Management, 5. Aufl., Wiesbaden.
Strategisches Management
Ansätze, blinde Flecken, Alternativen

Manfred Moldaschl

Zusammenfassung

Unternehmensführung ist eine wissenschaftliche Teildisziplin der Managementlehre, deren an-
gelsächsischen Herkunftsnamen strategic management man zunehmend auch im deutschspra-
chigen Raum benutzt. Sie gilt hier gewissermaßen als Königsdisziplin der BWL (oder sieht
sich zumindest gerne als solche), zusammen mit der Unternehmenstheorie (theory of the firm),
wobei die Abgrenzung zwischen beidem äußerst vage gehandhabt wird. „Strategisches Ma-
nagement“ als akademische Disziplin befaßt sich empirisch und theoretisch vorrangig mit der
praktischen Frage, welche Managementstrategien erfolgreich seien. Die Unternehmenstheo-
rie ist hingegen mehr auf der Suche nach Erklärungen, nach Begründungen für die Existenz,
das Wachstum und den Verfall von Unternehmen; und dies eher auf der Grundlage volkswirt-
schaftlicher Theorie.
     Der Beitrag skizziert einige der maßgeblichen Ansätze, welche die internationale Diskus-
sion in den letzten beiden Dekaden bestimmten, befaßt sich kritisch mit ihren Prämissen und
Folgerungen, und formuliert auf dieser Grundlage Anforderungen an einen sozioökonomisch
fundierten Ansatz des Strategischen Managements. Er argumentiert, daß ein solcher benötigt
wird, wenn Fragen der sozialen Einbettung und Verantwortung von Unternehmen (CSR, Cor-
porate Citizenship, Good Governance) sowie die Nutzung von Sozialkapital sui generis be-
handelt und nicht einfach aufgesetzt werden sollen – theoretisch und mit Blick auf Handlungs-
empfehlungen.
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Inhalt

1 Dilemmata des Strategischen Managements

2 „Das Beste ist, wegzulaufen“ – Eine kurze Geschichte des Strategischen Managements

3 Der Zoo der Theorien – vier Landkarten

4 Soziale Einbettung – der blinde Fleck im Diskurs zum Strategischen Management

5 Die sozioökonomische Alternative

6 Fazit

Literatur
Strategisches Management – Ansätze, blinde Flecken, Alternativen                                          13

1       Dilemmata des Strategischen Managements

Wo stehen wir, und wo wollen (sollen) wir hin? Das sind die praktischen Grundfragen strate-
gischen Handelns, die sich jedem Unternehmen früher oder später stellen. Heute früher, mor-
gen wahrscheinlich noch früher. Die Zahl der Wirtschaftsakteure auf dem Globus wächst eben-
so wie die Dichte ihrer Interaktion und die Mächtigkeit ihrer Mittel zum Informations- und
Warenaustausch sowie zur Wissensproduktion. Die Produktionsrate neuer Situationen und da-
mit die Frequenz, mit der die Wohin-Frage zu stellen war, hat damit in den letzten Dekaden
zugenommen, und mit ihr die Zahl akademischer Antwortofferten.
     Hat der wissenschaftliche Diskurs, der sich im angelsächsischen Raum the discipline of
strategic management nennt und sich seit den 1960er Jahren herausbildete, denn auch Sub-
stanzielles zur Beantwortung dieser Frage beigetragen? Nicht nur Praktiker, sondern auch vie-
le ihrer Vertreter selbst zweifeln daran. Das hat mit ihren spezifischen theoretischen und metho-
dischen Problemen zu tun, und generell mit der zunehmender Selbstreferenzialität der Wis-
senschaft. Der Wert wissenschaftlicher Arbeit(en) wird – umgekehrt proportional zum Grad
seiner öffentlichen Beschwörung – weniger am praktischen Nutzen gemessen, sondern an der
Zitierhäufigkeit innerhalb einschlägiger scientific communities, multipliziert mit der Punktzahl
aus dem Rating von Deep Impact Journals.1 Dieses Relevanzdilemma schufen die modernen
Sozialwissenschaften generell. Im Strategischen Management führt es zur Paradoxie, daß die
Wahrscheinlichkeit der Publikation steigt, wenn sie der Anwendung anerkannter wissenschaft-
licher Methodik ihre praktische Anschlußfähigkeit opfert.
     Paradox ist ebenso, daß die Forschung zum Strategischen Management gerade dort, wo
sie den Forderungen der Managementpraxis nach praktischer Verwertbarkeit am meisten ent-
gegen zu kommen scheint, die größte Verwirrung stiftet. Gemeint ist die Erfolgsfaktorenfor-
schung. Deren größtes Einzelvorhaben ist das in den 1960er Jahren von General Electric ge-
startete seit 1975 (!) laufende PIMS-Projekt (Profit Impact of Market Strategy) der Harvard
Business School bzw. später des Strategic Planning Institute in Cambridge. Diese weltweit
größte Strategieforschung liefere „die universellen, meßbaren Strategie-Gesetze und Strate-
gie-Daten für das souveräne Meistern der Wirtschaftskrise“, teilte etwa das Malik Manage-
ment Zentrum St. Gallen im September 2008 auf seiner Homepage mit. Freilich konnten bis
heute keine „universellen Strategie-Gesetze“ und keine „Erfolgsdeterminanten“ identifiziert
werden, die ihre segensreiche Wirkung kontextunabhängig entfalten würden (vgl. etwa Mül-
ler-Stewens/Lechner 2005: 321 ff.; Certo/Semadeni 2006; Homburg/Krohmer 2006: 354 f.).
Seit einem halben Jahrhundert hat die Strategieforschung nur einen Konsens erzielen können:
Einigkeit über ihre Uneinigkeit. Ganz abgesehen davon, daß hier wie üblich Korrelationen
von Strategie- und Ergebnisvariablen kausal interpretiert werden, was methodisch unzulässig
ist2, könnte kein Unternehmen mit allseits bekanntem best-practice-Wissen gegenüber ande-
ren irgendeinen Wettbewerbsvorteil erzielen. Forschung, die Forderungen der Praxis nach Er-
folgsrezepten auf diese Weise nachkommt, erweist ihr einen Bärendienst.

1   Ich weiß, man sagt „High Impact Journals“ zu jenen, die von Ratingläubigen als höchstrangig gelten.
2   Essen Sie Eis damit es heiß wird.
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     Ohnehin besteht ein zentrales Dilemma Strategischen Managements als Praxis darin, daß
keine best practice auf Dauer eine solche bleiben kann. Jedes Festhalten an einer real oder
vermeintlich erfolgreichen Routine kann zur Rigidisierung des Entscheidungshandelns und
zur Blindheit gegenüber den im Modell nicht vorkommenden Sachverhalten führen. Das größte
Risiko, warnt daher auch manche erfahrene Führungskraft, sei der Erfolg. Die aller empiri-
schen Forschung zufolge dominierende Praxis des orientierungslosen Durchwurstelns, des
‚managing by muddling through’, muß daher nicht zwangsläufig die schlechteste sein. Mit
großer Wahrscheinlichkeit ist sie allemal besser als eine dumme Strategie. Auch das ist kein
Spezifikum des SM, und kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Immerhin haben Prak-
tiker wie Theoretiker die Wahl, den ihnen plausibelsten Ansatz zu wählen, um damit etwas
herzustellen, woran in komplexen und uneindeutigen Handlungssituationen niemand umhin
kommt: Orientierung. „Die größte Gefahr in turbulenten Zeiten“, hatte Peter Drucker einmal
gesagt, „ist nicht die Turbulenz selbst. Sie besteht vielmehr darin, nach der Logik von gestern
zu handeln.“ Ein Ansatz des Strategischen Managements, auf den wir noch kommen, meint,
die Lösung für dieses Dilemma gefunden zu haben: Die Logik von morgen. Sie nennen sie
Anpassungs- oder „Absorptionsfähigkeit“ oder „Dynamic Capabilities“: eine Metafähigkeit,
die Fähigkeiten zu entwickeln, die man für oder in der Zukunft braucht. Wie die meisten Lö-
sungsvorschläge für Dilemmata ein uneinlösbares Versprechen (dazu Moldaschl 2007).
     Die schon erwähnte wachsende Mächtigkeit der verfügbaren Produktions-, Informations-
und Transportmittel hat, bei gleichzeitiger Ausbreitung des Modells einzelwirtschaftlicher Ef-
fizienzsteigerung („Globalisierung“), noch eine andere „strategische“ Frage aufgeworfen –
die der social costs of private enterprise, wie William Kapp (1950) das einst nannte. Es ist die
Frage nach der Verteilung von Kosten und Nutzen einzelwirtschaftlicher Effizienzsteigerung
auf nationaler wie internationaler Ebene. Beides klingt nach Fragen für die Volkswirtschafts-
lehre und vielleicht die Soziologie. Also nach etwas, was Betriebswirtschaftslehre ihren Nach-
barsozialwissenschaften überlassen oder ihrem Separatdiskurs zu Unternehmensethik und Cor-
porate Social Responsibility überantworten könnte. Zum Kern des Strategischen Manage-
ments als real existierendem Diskurs gehört es nicht, obwohl es einen zentralen Widerspruch
markiert: den zwischen einzelwirtschaftlicher Optimierung und (anderen) gesellschaftlichen
Ansprüchen in und an Unternehmen.
     Was tragen nun verschiedene Forschungsansätze zum Strategischen Management zum
Verständnis dieser Dilemmata bei? Welche Deutungsangebote gibt es, und worin unterschei-
den sie sich? Ein paar sehr selektive Schnitte durch den schier unüberschaubaren Wissenscor-
pus und Literaturkosmos des Strategischen Managements sollen dazu Eindrücke liefern. Den
Abschluss bildet der Umriß einer sozioökonomischen Schule, die einige Sackgassen bisheri-
ger Managementforschung vermeiden helfen könnte.
Strategisches Management – Ansätze, blinde Flecken, Alternativen                                                   15

2        „Das Beste ist, wegzulaufen“ – Eine kurze Geschichte des
         Strategischen Managements

Wovon reden wir? Von Unternehmensführung als Praxis, oder vom Strategischen Manage-
ment (SM) als einer diesen Gegenstand (und damit sich selbst) konstruierenden akademischen
Disziplin? Wir müssen das entscheiden, denn beides ist hier nicht gleichzeitig machbar. Aus
sozialkonstruktivistischer Perspektive ginge ohnehin nur letzteres, gibt es doch jenseits der or-
ganisierten Beobachtung durch Wissenschaftler und einige Analysten keine Einheit von Prak-
tiken, die als tradiertes Handwerk der Unternehmensführung überliefert würde. Auch die Bu-
siness Schools, die angeblich Unternehmensführung lehren, sind akademische Einrichtungen
mit akademischen Lehrern, deren „case studies“ mehrheitlich didaktisch konstruiert und nicht
sui generis aus dem betrieblichen Leben gegriffen sind. Also berichte ich nachfolgend nicht
von der Praxis des Strategischen Managements, sondern davon, was die damit befaßte Wis-
senschaft dafür hält.
    Der Beginn des Strategischen Managements ist schwer festzulegen. Rumelt, Schendel
und Teece (1995) machen die „Geburtsstunde“ des Fachs in einer Konferenz zum Thema im
Jahr 1977 in Pittsburgh aus, die auch den Begriff etablierte. Lehrbücher suchen ihn freilich
gern früher, etwa in der Antike und der altgriechischen Herkunft der Worte stratos für Heer,
strategos für Heerführer, und strategia für Feldherrenkunst. Bis heute gehören die Schriften
mehr oder weniger erfolgreicher Feldherren über die Kunst der Kriegsführung zu den aufla-
genstärksten Titeln des Strategischen Managements, zumindest im Segment der airplane lite-
rature und der MBA-Schulen. „Sun Tzu für Manager: Die 13 ewigen Gebote der Strategie“,
lockt etwa Schwanfelder (2004). Welch ein Versprechen heute: Wissen ohne Halbwertzeit;
die Weisheiten des chinesischen Generals sollen jede Managementmode überdauern.3 Gut,
manches Wissen hat gar keinen Wert, dann läßt sich auch keine Halbwertzeit bestimmen.
    Zu den Klassikern gehört selbstredend auch Carl von Clausewitz’ Theorie des Krieges
(1832), dem zufolge der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sei. Das paßt
gut zum Jargon der Globalisierung, in dessen bellizistischem Vokabular Wirtschaft gerne als
Fortsetzung des Krieges mit ökonomischen Mitteln erscheint. Hier muß man die Welt ero-
bern, den Nachschub an Ressourcen sichern, die Produktion auf breiter Front ausweiten,
Märkte besetzen und die (Markt)Führerschaft an sich reißen, sich Übernahmeschlachten lie-
fern, Bündnisse und Allianzen schmieden, Brückenköpfe aufbauen, Vorstöße und Rückzüge
organisieren, während man sich auf vermintem Terrain bewegt und gleichwohl den Unterle-
genen leben läßt (wenn es nützt). Von Macchiavellis vierbändiger Regierungskunst (‚Il Prin-
cipe’) oder den Kriegsweisheiten der Samurai (z. B. Munenori 2004) nicht zu reden, wohl aber

3   Für den Manager, der seiner Bedeutung wegen zum Lesen nicht mehr kommt oder dem, der schon an der Po-
    werpoint-University Lesen als veraltete Praktik kennenlernte, werden die Schriften des Sun Tzu auch als
    Hörbuch auf Audio-CD angeboten. Jenen, die auch noch die Interpretation outsourcen möchten, bieten Auto-
    ren wie Krause („Die Kunst des Krieges für Führungskräfte. Sun Tzus alte Weisheiten, aufbereitet für die
    heutige Geschäftswelt“, 2007) oder Peyn („Sun Tzu - Die Kunst des Krieges, mit psychologischen Kommen-
    taren“, 2007) preiswerte Wissensdienstleistung im Pappeinband; und demonstrieren dabei gleich noch eine
    Geschäftsstrategie: die des late followers, der auf Imitation erfolgreicher Produkte setzt und damit Risiken mini-
    miert.
16                                                                                         Manfred Moldaschl

von Sengers Sammlung von 36 Strategemen der chinesischen Kriegskunst (2006), deren 36.
und letztes immerhin erfrischend unheroisch lautet:
        „Das Beste ist, wegzulaufen“.4
Will man diesem Strategem zumindest in Bezug auf unser Thema nicht gleich folgen (oder
stattdessen einem anderen, wie „Die Akazie schelten, dabei aber auf den Maulbeerbaum zei-
gen“ oder, wenn strategisches Controlling unser Thema wäre: „Dürre Bäume mit künstlichen
Blüten schmücken“), so kann man zunächst einmal Clausewitz’ Definition von Strategie fest-
halten, die letztlich in allen modernen Verständnissen enthalten ist. In seinem Buch Vom
Kriege heißt es:
        „Die Strategie muß dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzen, welches dem
        Zweck desselben entspricht, d. h. sie entwirft den Kriegsplan. Sie muß mit ins
        Feld ziehen, um das Einzelne an Ort und Stelle anzuordnen und für das Ganze die
        Modifikationen zu treffen“ (Clausewitz 1832: 157, Hervorh. MM).
Clausewitz’ Unterscheidungen von Ziel und Zweck, von Strategie und Umsetzung (Anord-
nung, Management), von Plan und Abweichung, werden freilich in der Strategieliteratur und
-praxis ebenso gern zitiert wie nach Belieben verkehrt. Da ordnet sich der Zweck gerne dem
Ziel unter (z. B. die Gewinnproduktion dem Wachstum), die Modifikation dem Plan (Abwei-
chung als Zeichen von Schwäche), und das Mittel verselbständigt sich zum Ziel (z. B.: alles
muß gemessen werden).
    Ohnehin sind die Grenzen des Themas und Diskurses nicht leicht zu bestimmen, zumal
sich heute jedes Spartenmanagement mit dem Zusatz „strategisch“ schmückt (etwa Strategi-
sches Human Resource Management, SHRM, Strategisches Controlling, etc.) und die Über-
gänge zur Organisationstheorie fließend sind. Im Grunde geht es also immer um Alles, wes-
halb Lehrbücher zur Unternehmensführung im Regal stets durch bretterbiegende Dickleibig-
keit auffallen. Etliche Übersichten haben zwischenzeitlich versucht, Ordnung in den Strate-
giediskurs zu bringen, seine Etappen nachzuzeichnen und die schulenbildenden Arbeiten zu
charakterisieren. Robert Grant etwa (2005), einer der maßgeblichen US-Autoren in diesem
Feld, beschreibt den Diskurs als Abfolge thematischer Foci (Tabelle 1), deren genereller Fort-
schritt im Übergang vom Primat der Planung zur Idee einer flexiblen Unternehmensführung
bestehe.

4    Ohne Scherz im Scherz-Verlag erschienen. Das Angebot, ebenfalls als CD und MP3 ohrgerecht zubereitet,
     wird locker verdreifacht von Chao-Hsiu Chens „Lächelnde List. 3 x 36 Erfolgs-Strategeme aus dem alten
     China“ (2001), während allerdings der Sinologe Senger schon weiter ist. Er offeriert „Supraplanung: Uner-
     kannte Denkhorizonte aus dem Reich der Mitte“ (2008). Allemal wären weitere Verdreifachungen eine Sack-
     gasse, denn die am erfolgreichsten vermarktbaren Rezepte des Strategischen Managements waren immer die
     mit höchstens sieben Irgendwassen (Porters 3 Strategien, Mintzbergs „5 Ps of Strategy“, das „7-S-Modell“
     von Peters und Waterman 1982, etc.).
Strategisches Management – Ansätze, blinde Flecken, Alternativen                                                        17

                                                          Late 1970s-
 Period           1950s        1960-early 1970s                                  Late 1980s-1990s          2000s
                                                          mid 1980s

              Budgetary                                                                             Strategic and
 Dominant                    Corporate                                          Competitive
              planning                               Positioning                                    organizational
 Theme                       planning                                           advantage
              and control                                                                           innovation

                                                                                Focusing strategy
                             Planning growth,        Selecting industries       around sources of
                             especially              and markets                competitive         Reconciling size
 Main         Financial
                             diversification                                    advantage           with flexibility
 issues       control                                Positioning for
                             and portfolio                                                          and responsiveness
                             planning                market leadership          New business
                                                                                development

                                                                                                    Cooperative
                                                     Industry analysis          Resources and       strategies
              Financial
                             Medium- and long-       Segmentation               capabilities
 Principal    budgeting                                                                             Competing for
                             term forecasting                                   Shareholder value
 concepts     Investment                             Experience curves                              standards
                             Corporate planning                                 Knowledge
 and          planning                               PIMS analysis                                  Complexity and
                             techniques                                         management
 techniques   Project                                SBUs                                           self-organization
                             Synergy                                            Information
              appraisal                              Portfolio planning                             Corporate social
                                                                                technology
                                                                                                    responsibility

              Systems of                                                                            Alliances and
              operational    Creation of corporate                                                  networks
              and capital                                                       Restructuring and
 Organiz-                    planning departments    Multidivisional and        reengineering       New models of
              budgeting      and long-term           multinational structures                       leadership
 tional                                                                         Refocusing
              become key     planning processes
 implica-                                            Greater industry and                           Informal structures
              mechanisms                                                        Outsourcing
 tions                       Mergers and             market selectivity                             Less reliance on
              of coordina-                                                      E-business
              tion and       acquisitions                                                           direction, more on
              control                                                                               emergence

Tabelle 1: The Evolution of Strategic Management (Grant 2005: 19)

Vergleichbare Periodisierungen bieten die Darstellungen von Welge und Al-Laham (2008:
11 ff.) sowie Bea und Haas (2005: 11 ff.). Letztere machen vier Phasen aus. In der ersten,
während der 1960er bis 70er Jahre, hatten danach rationalistische Ansätze der Strategischen
Planung und Portfolioanalyse dominiert, gefolgt vom marktorientierten Strategieansatz
Porters in den 1980er Jahren, dem ressourcenorientierten Ansatz in den 1990er Jahren und
einem wertorientierten Strategieansatz in den Millenniumsjahren. Wobei das, was Bea und
Haas als Leitidee und Aufgabenbeschreibung des SM angeben, nur auf drei dieser Denk-
traditionen zutrifft, nämlich einen „stategischen fit“ (Passung) zwischen Unternehmen und
Umwelt herzustellen (ebd.: 15 f.). Für den ressourcenorientierten Ansatz gilt das, wie wir
unten noch sehen werden, so nicht, und das ist eine seiner Stärken.
    Erkenntniszuwachs ist in dieser Abfolge kaum zu erahnen. Jenseits der zwangsläufigen
Enttäuschungen, die das mechanistische Denken, die Planungseuphorie der Stabsabteilungen
und das Heroische der rationalistischen Ansätze erfahren mußte, folgen die neuen Ansätze je-
weils mehr als Reaktionen auf Überbetonungen und Ausblendungen der für eine bestimmte
Phase dominierenden Ansätze. Wie Kuhnsche Paradigmen, deren Wechsel ebenfalls kein the-
oretisches Aufwärts impliziert. In einem Literaturüberblick war bereits Dodo zu Knyphausen-
Aufseß (1995) vor etlichen Jahren zur Fazit gelangt, das Fach befinde sich in der „Krise“
(Knyphausen-Aufseß 1995: 33). Der Diskurs sei akademisch und theorielos zugleich (ebd.: 34).
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Zu ganz ähnlichen Aussagen gelangen Alexander Nicolai (2000, in seinem Portrait der „Stra-
tegie-Industrie“), Foss/Foss (2004), Foss (2007) oder Freiling u. a. (2006).
     Leser, die mit diesen Arbeiten nicht vertraut sind, werden spätestens hier fragen: Was sa-
gen diese Ansätze denn nun zur Frage, wie Unternehmen strategisch auszurichten und zu füh-
ren sind? Und zur Frage, welche Rolle der institutionelle soziale Kontext spielt? Und wo kann
von einer Weiterentwicklung gesprochen werden? Angelehnt an das obige Vierphasenmodell
sollen hier – mit Hinweis auf die zitierten Lehrbücher – einige Stichworte genügen, zu den
Entstehungskontexten und Kernaussagen dieser Ansätze.
     (1) Danach ließ sich in der rationalistischen Phase des SM-Diskurses (die in Knyphau-
sens Unterscheidung noch die 1970er Jahre bestimmte) ein Unternehmen primär anhand ex-
terner und interner Kennziffern steuern. Die externen basierten auf extrapolierten Trends einer
für weitgehend (bzw. immer besser) berechenbar gehaltenen Unternehmensumwelt. Strategi-
sches Management hieß, aus diesen wiederum eine mehrjährige Unternehmensplanung abzu-
leiten und in Kennziffern umsetzen (Budgetierung, Absatzplanung etc.), die Zielvorgaben und
Erfolgskontrollen ermöglichten. Hierfür wurden wachsende Stabsabteilungen gebildet und Pla-
nungsinstrumente erfunden (z. B. Portfolioanalyse, Frühwarnsysteme; vgl. Bea/Haas 2005: 2.1).
Die leitende Idee war „handlungstheoretischer“ Natur: ein Unternehmen konnte in dem Maß
seinen Erfolg selbst bestimmen, in dem es die Möglichkeiten wissenschaftlich begründeter
Antizipation linearer Umfeldentwicklungen nutzte und diese nach Innen verlängerte – Scienti-
fic Management, ganz im Sinne Taylors. Das Ergebnis war Planungsbürokratie mit all ihren
Begleiterscheinungen. In den 1970er Jahren wurde das Vertrauen in ihren Nutzen allerdings
zunehmend erschüttert durch „Marktturbulenzen“, welche, ausgelöst durch die beginnende
Erosion der Massenproduktion bzw. des Taylorismus/Fordismus und Ereignisse wie den ers-
ten Ölpreisschock, die relative Stabilität der Nachkriegszeit ablösten.
     (2) Ausgehend von der Beobachtung deutlicher Renditeunterschiede zwischen den Bran-
chen, die sich kaum auf unternehmensspezifisches Handeln zurückführen ließen, schränkt Mi-
chael Porters (1981, 1985) marktorientierter Ansatz bzw. die Market-based View den strategi-
schen Optionsraum des Managements deutlich ein. Renditechancen eines Unternehmens hän-
gen hier wesentlich von seiner Position in der Marktstruktur ab, v.a. davon, in welchen Bran-
chen und Branchensegmenten es tätig ist. Grundlagen dieser Annahme liefert die Industrie-
ökonomik (bes. Bain 1956, 1968), die sich als volkswirtschaftlicher Ansatz mit unvollkomme-
nem Wettbewerbs und den Markteintrittsbarrieren befaßt, welche in bestimmten Branchen er-
folgreiche Unternehmen errichten konnten. Diese stellen für sie selbst und für andere Mobili-
tätsbarrieren dar, also Restriktionen einer freien Wahl der Marktsegmente, in denen ein Unter-
nehmen tätig sein will. Ein interessanter Gedanke, denn die Machtperspektive formuliert zu-
gleich immanente Grenzen dieser Macht. Porters Anwendung dieses volkswirtschaftlichen
Ansatzes auf die einzelne Betriebs-Wirtschaft („economic turn“) setzte an der Frage an, wel-
che Folgerungen daraus für deren strategische Ausrichtung zu ziehen seien. Die wichtigste
lautet: Entscheidend für den Erfolg des Unternehmens ist, sich in renditestarken Branchen zu
positionieren, also Positionierungsentscheidungen zu treffen (seine berühmten drei Optionen:
Preis-, Qualitäts- und Nischenstrategie). Diese Idee basiert wiederum auf jenem typischen
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