VALERY GERGIEVS "MPHIL 360 " - DAS FESTIVAL DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER

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VALERY GERGIEVS "MPHIL 360 " - DAS FESTIVAL DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER
VALERY GERGIEVS »MPHIL 360°« –
              DAS FESTIVAL DER
    MÜNCHNER PHILHARMONIKER

                        ALBAN BERG
                         »Sieben frühe Lieder«
                   MAURICE RAVEL
                            »Daphnis et Chloé«

                  Freitag 31_01_2020 20 Uhr
                 Samstag 01_02_2020 19 Uhr

                      VALERY GERGIEV, Dirigent
                       ANJA HARTEROS, Sopran
                          MARIINSKY BALLETT
                          PHILHARMONISCHER
                             CHOR MÜNCHEN,
                                Einstudierung
                            Andreas Herrmann

                           In freundschaftlicher
                           Zusammenarbeit mit
VALERY GERGIEVS "MPHIL 360 " - DAS FESTIVAL DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER
Mahler                                Das Festival MPHIL360º auch zu Hause und unterwegs mit
                                      Aufnahmen der Münchner Philharmoniker weiter erleben!
Symphony No. 8
VALERY
                                        Das Beste von MPHIL360º.
GERGIEV                                 Für dich kuratiert.
                                        Nur auf Apple Music.*
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Münchner Philharmoniker
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mphil.de/label
ALBAN BERG
                     »Sieben frühe Lieder« für Singstimme und Orchester

                                    1. »Nacht« (Sehr langsam)
                                 2. »Schilflied« (Mäßig bewegt)
                                3. »Die Nachtigall« (Zart bewegt)
                                 4. »Traumgekrönt« (Langsam)
                                5. »Im Zimmer« (Leicht bewegt)
                                 6. »Liebesode« (Sehr langsam)
                                7. »Sommertage« (Schwungvoll)

                                          – Pause –

                                      MAURICE RAVEL
                         »Daphnis et Chloé« (Ballettfassung von 1912)

                             VALERY GERGIEV, Dirigent
                             ANJA HARTEROS, Sopran
           PHILHARMONISCHER CHOR MÜNCHEN, Einstudierung: Andreas Herrmann

                          MITGLIEDER DES MARIINSKY BALLETTS:
                         VIKTORIA BRILYOVA, ALBINA SATYNALIEVA,
                         ANNA SMIRNOVA, YEKATERINA IVANNIKOVA,
                                  VERONIKA SELIVANOVA
                                         Chloé

                            ALEXEI NEDVIGA, ERWIN ZAGIDULLIN,
                      VASILY TKACHENKO, VAKHTANG KHERKHEULIDZE,
                                      MAXIM ZENIN
                                         Daphnis

                           VLADIMIR VARNAVA, Choreographie
                        PAVEL SEMCHENKO, Kostüm und Bühnenbild
                                IGOR FOMIN, Lichtdesign

                               Konzertdauer: ca. 2 ¼ Stunden

            Das Konzert am 31. Januar 2020 wird live auf www.medici.tv übertragen.
       Im Anschluss daran steht das Konzertvideo sowohl auf www.medici.tv als auch auf
                         www.mezzo.tv 90 Tage lang zur Verfügung.

  Für die freundliche Unterstützung des diesjährigen MPHIL 360° Festivals bedanken
wir uns herzlich bei Ursula und Walter Schatt sowie bei Nadja und Heinz Hermann Thiele!

                            122. Spielzeit seit der Gründung 1893

                               VALERY GERGIEV, Chefdirigent
                                ZUBIN MEHTA, Ehrendirigent
                                 PAUL MÜLLER, Intendant
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        »Überströmende
            Wärme
         des Fühlens«
                       ALBAN BERG: »SIEBEN FRÜHE LIEDER«

Im Herbst 1904 veröffentlichte Arnold                vierpart »etwas vom Gesangsstil hatten«.
Schönberg in der »Neuen musikalischen                Tatsächlich konnte Berg erst nach vierjähri-
Presse« eine »Unterrichtsanzeige«. Charly            gem Unterricht mit der Klaviersonate op. 1
Berg legte dem Meister daraufhin ungefragt           sein erstes Instrumentalwerk vorlegen.
einige Lieder seines schüchternen Bruders
Alban vor, der gerade erst der Schulbank
entwachsen war und seit einiger Zeit Ge-
dichte in der Kunstliedtradition zwischen
Schubert und Hugo Wolf vertonte. Schön-
berg erkannte sofort die außerordentliche
Begabung und nahm den mittellosen Alban
Berg als Schüler auf. Der pädagogische Eros
ließ ihn sogar großzügig auf sein Honorar
verzichten, denn »schon aus Bergs frühes-
ten Kompositionen, so ungeschickt sie auch
gewesen sein mögen, konnte man zweierlei
entnehmen: Erstens, dass Musik ihm eine
Sprache war und dass er sich in dieser Spra-
che tatsächlich ausdrückte. Und zweitens:
überströmende Wärme des Fühlens. Es war
ein Vergnügen, ihn zu unterrichten...«

Schönberg wurde zu Bergs verehrtem Vor-
bild und väterlichem Mentor, obwohl oder
gerade weil er nicht mit schärfster Kritik
sparte. So bemängelte er die Ausschließ-
lichkeit, mit der sein literarisch bewanderter
Schützling sich der Komposition von Lie-             Der junge Alban Berg zur Zeit seiner frühen
dern widmete, die überdies selbst im Kla-            Liedkompositionen (um 1905)

                                                 
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 BLICK INS LEXIKON                                    lene« in der originalen Klavier- sowie in einer
                                                      neuen Orchesterfassung erschienen, zum
 ALBAN BERG
                                                      klingenden Erinnerungsalbum geworden.
 »Sieben frühe Lieder« für Singstimme
 und Orchester
                                                      Tatsächlich ist bei der Anordnung der Lieder
 Lebensdaten des Komponisten                          eine gewisse »Dramaturgie der Gefühle« zu
 geboren am 9. Februar 1885 in Wien;                  erkennen: Auf die Einsamkeit in der Natur
 gestorben am 24. Dezember 1935 in                    (»Nacht«) und auf die Ahnung vom »liebli-
 Wien – Berichten der Familie zufolge                 chen Gesang« (!) des Mädchens (»Schilf-
 jedoch bereits am 23. Dezember kurz                  lied«) und deren Liebeserwachen (»Nachti-
 vor Mitternacht                                      gall«) folgt der erste Kuss (»Traumgekrönt«),
                                                      der in inniger Zweisamkeit (»Im Zimmer«)
 Entstehungszeit
                                                      und sinnlichem Rausch (»Liebesode«) auf-
 Klavierlieder: 1905–1908
                                                      geht, um schließlich in die »blaue Ewigkeit«
 Orchesterfassung: 1928
                                                      des gemeinsamen Lebensglücks (»Som-
 Widmung                                              mertage«) zu münden. Nur drei der sieben
 »Meiner Helene«: der Sängerin                        Lieder waren zur Zeit ihrer Entstehung öf-
 Helene Karoline Berg, geb. Nahowski                  fentlich erklungen – am 7. November 1907
 (1885–1976) gewidmet                                 im Rahmen eines Konzerts mit Werken von
                                                      Schönberg-Schülern, das Bergs Debüt als
 Uraufführung
                                                      Komponist bedeutet hatte.
 am 18. März 1928 in Wien (Wiener Sinfo-
 nie-Orchester unter Leitung von Paul von
 Klenau; Solistin: Wanda Achsel-Clemens)
                                                                 »DER KLANG,
                                                            VIELFÄLTIG GEBROCHEN«

           »MEINER HELENE«                            Seither waren zwei Jahrzehnte vergangen,
                                                      in denen er an der Seite Schönbergs vom
Die rund 140 Lieder, die vor dieser offiziellen       wagnerisch durchleuchteten Kosmos der
Eröffnung seines Werkkatalogs entstanden              »Verklärten Nacht« in die Atonalität aufge-
waren, betrachtete der Komponist später als           brochen war, dessen »Methode der Kompo-
Jugendarbeiten von geringem künstleri-                sition mit zwölf nur aufeinander bezogenen
schen Wert. Zur Veröffentlichung bestimm-             Tönen« adaptiert und Meisterwerke wie die
te er daher neben der Storm-Vertonung                 »Lyrische Suite« oder »Wozzeck« vorgelegt
»Schließe mir die Augen beide« nur die so-            hatte. Dennoch gelang es ihm bei der Instru­
genannten »Sieben frühen Lieder«, deren               mentierung seiner »Frühen Lieder« mühelos,
Auswahl nicht zuletzt in ihrer autobiographi-         den Bogen zurück zur spätromantischen
schen Bedeutung begründet liegt. Denn sie             Welt seiner Jugend zu schlagen.
entstanden in jenen Jahren (1905–1908), da
der junge Schönberg-Schüler die Sängerin              Sensibel variierte er die Orchesterbeset-
Helene Nahowski kennen lernte, die er 1911            zung von Lied zu Lied, um jeder Stimmung
nach langem Widerstand von Seiten ihrer               ihr eigenes Klangbild zu verleihen. Behut-
Familie heiratete. Als Ausdruck seiner ersten         sam bereicherte er den transparent gehal-
schwärmerischen Liebe waren diese Lieder              tenen Satz durch motivisch integrierte Ne-
1928, als sie mit der Widmung »Meiner He-             benstimmen und raffinierte koloristische

                             Alban Berg: »Sieben frühe Lieder«
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Effekte. Selbst die Singstimme, die in weiten         Instrumentalbesetzung auf kammermusika-
Melodiebögen diesen üppig schillernden                lischen Umfang, was der intimen Szene am
Klangteppich überwölbt, wird ständig neu              »Schilfgestade« entspricht. Streichertremo-
abgetönt, indem sie von solistischen Blas-            li und Flatterzungen in den Bläsern lassen
oder Streichinstrumenten gestützt wird.               das »Rohr« rauschen, während die klagende
Auch Theodor W. Adorno empfand die Be-                Oboe die Stimme der Geliebten evoziert. Im
arbeitung des jungen Berg durch den reifen            dritten Lied »Nachtigall« nach Theodor
Berg als künstlerisch und stilistisch kohä-           Storm konzentrierte sich Berg auf die viel-
rent: »Der Klang gleicht der Musik, die er            fach geteilten, teilweise gedämpften Strei-
ausspricht, ist so differenziert, so vielfältig       cher, um der Stimme ganz den Vortritt zu
gebrochen wie jene.«                                  lassen. Schließlich ist die Sopranpartie mit
                                                      ihren wundervoll aufblühenden Kantilenen
      »WEITES WUNDERLAND«                             hier der »süße Schall« des Nachtigall-
                                                      gesangs und somit Symbol und Klangchiffre
Das volle Orchester kommt nur im ersten und           für das zarte Aufknospen einer Mädchen-
letzten Lied zum Einsatz: In »Nacht« nach             seele, was aus den Versen des Mittelteils
einem Gedicht Carl Hauptmanns, des älteren            und den expressiven Seufzern zweier So-
Bruders von Gerhart Hauptmann, empfinden              locelli klar hervorgeht.
leise Pizzicati und geheimnisvoll oszillieren-
de Bläserakkorde die dämmrig-verhangene
Atmosphäre der ersten Verse nach, während
zu glitzernden Harfenarpeggien und schmel-
zendem Streicherklang die Nebel zerreißen
und den Blick auf das »weite Wunderland«
freigeben. Die Einsamkeit des lyrischen Ich
wird offenbar, wenn nur ein zartes Echo
der Flöte auf die mahnenden Rufe (»Trinke
Seele!«) antwortet, um am Ende wie erstar-
rend zu verklingen. Den Rahmen schließt
das inhaltliche Gegenstück »Sommertage«
nach einem Gedicht von Bergs ehemaligem
Schulfreund Paul Hohenberg: Auch hier geht
die Natur in einem »Wunderland« der Emp-
findung auf, in dem jedoch die schwärmeri-
sche Einsamkeit von gelebter Zweisamkeit,
das kühle Mondlicht von warmem Sonnen-
schein abgelöst ist. Entsprechend findet der
Orchesterklang vom ahnungsvollen Däm-
merton des ersten Lieds im abschließenden
letzten zu lichter Serenität und am Ende fast
Strauss’schem Überschwang.

Für das »Schilflied« Nikolaus Lenaus redu-            Alban Berg und Helene Nahowski am Tag ihrer
zierte Berg das Orchester durch solistische           Verlobung (1909)

                             Alban Berg: »Sieben frühe Lieder«
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 »DER HERRLICHSTE DER KÜSSE«                             »TRÄUME DES RAUSCHES«

In jeder Hinsicht zentral ist das vierte Lied       Otto Erich Hartleben wurde im Kreis der
»Traumgekrönt«. Das nach Musik geradezu             Zweiten Wiener Schule später vor allem als
verlangende Gedicht Rainer Maria Rilkes             Übersetzer von Albert Girauds visionärem
muss Berg ganz besonders angesprochen               Gedichtzyklus »Pierrot Lunaire« bekannt,
haben. Einen emphatischen Brief, den er             den Schönberg 1912 in seiner neuen »sin-
Helene nach dem ersten Kuss schrieb, ließ           genden Sprechweise« vertonte. Hartlebens
er in das Zitat von Rilkes Schlussvers mün-         eigene »Liebesode« dagegen vereint Ro-
den: »Fassungslos, wie trunken wankte ich           mantik und duftigen Impressionismus, was
nachhaus, auf den Lippen den herrlichsten           dem jungen Berg sicher mehr entgegenkam.
der Küsse heimwärts tragend – und leis’ wie
eine Märchenweise erklang die Nacht.« Das           Das relativ große Orchester mit einem aller-
leise Klingen dieser Nacht vertraute Berg           dings um Oboen, Flöten und Posaunen re-
ausgewählten Bläsern, sordinierten Strei-           duzierten Bläserapparat und somit gleich-
chern und der Harfe an, die ein feines poly-        sam »gerundeten« Klang entwickelt aus der
phones Geflecht um die Gesangslinie we-             stagnierenden Ruhe des Beginns (»Im Arm
ben. Das eröffnende Viertonmotiv wandert            der Liebe schliefen wir selig ein«) in einem
unruhig durchs Orchester, geht beim Ein-            großangelegten Crescendo die »wundervol-
treffen der Geliebten (»Du kamst...«) in er-        len Träume der Sehnsucht«, während in den
regte Sechzehntel über und steigert sich in         rauschenden Harfenarpeggi der Sommer-
sehnsüchtigen Sequenzierungen zu fast               wind durchs Fenster streift, und das gleich-
tristanesker Intensität. Die Sopran-Melodie         mäßig an- und abschwellende Motiv der
wandert nach den ersten Versen ins Orches-          Geigen den ruhigen Atem der schlafenden
ter und wird dort fortgesponnen, während            Liebenden anzudeuten scheint. Die »über-
die Singstimme – unterstützt vom Klang des          strömende Wärme des Fühlens«, die Schön-
Horns – zu einer ekstatischen Hymne an-             berg bereits den ersten Kompositionsversu-
hebt.                                               chen Bergs bescheinigte, durchpulst zwei-
                                                    fellos jedes einzelne dieser frühen Lieder.
Von seinen Anfängen als kämpferischer Ver-
treter eines konsequenten Naturalismus                                  Alexandra Maria Dielitz
hatte sich der Dramatiker und Erzähler Jo-
hannes Schlaf offenbar bereits abgewandt,
als er das hübsche Stimmungsbild »Im Zim-
mer« verfasste. Die dort beschriebene trau-
te Häuslichkeit übertrug Berg in den of-
fen-präsenten Klang eines reinen Bläser­
ensembles, ergänzt durch Harfe und Schlag-
zeug. Mit leichtem Augenzwinkern lässt er
das »Feuerlein« im Ofen mit züngelnden
Staccati und gleißendem Becken aufglim-
men und die Empfindung, »wie leise die Mi-
nuten zieh’n«, im nachdenklichen Ticken
von Celesta und Harfe ausklingen.

                            Alban Berg: »Sieben frühe Lieder«
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              »Sieben
           frühe Lieder«
                                 DIE GESANGSTEXTE

1. »NACHT«                                   An das öde Schilfgestade,
                                             Mädchen, und gedenke dein.
Dämmern Wolken über Nacht und Tal,
Nebel schweben, Wasser rauschen sacht.       Wenn sich dann der Busch verdüstert,
Nun entschleiert sich’s mit einem Mal:       Rauscht das Rohr geheimnisvoll,
O gib acht! Gib acht!                        Und es klaget, und es flüstert,
                                             Dass ich weinen, weinen soll.
Weites Wunderland ist aufgetan.
Silbern ragen Berge traumhaft groß,          Und ich mein’, ich höre wehen
Stille Pfade silberlicht talan               Leise deiner Stimme Klang,
Aus verborg’nem Schoß;                       Und im Weiher untergehen
                                             Deinen lieblichen Gesang.
Und die hehre Welt so traumhaft rein.
Stummer Buchenbaum am Wege steht             Nikolaus Lenau (1802–1850)
Schattenschwarz,
ein Hauch vom fernen Hain
Einsam leise weht.
                                             3. »DIE NACHTIGALL«
Und aus tiefen Grundes Düsterheit
Blinken Lichter auf in stummer Nacht.        Das macht, es hat die Nachtigall
Trinke Seele! Trinke Einsamkeit!             Die ganze Nacht gesungen;
O gib acht! Gib acht!                        Da sind von ihrem süßen Schall,
                                             Da sind in Hall und Widerhall
Carl Hauptmann (1858–1921)                   Die Rosen aufgesprungen.

                                             Sie war doch sonst ein wildes Blut;
                                             Nun geht sie tief in Sinnen,
2. »SCHILFLIED«                              Trägt in der Hand den Sommerhut
                                             Und duldet still der Sonne Glut,
Auf geheimem Waldespfade                     Und weiß nicht, was beginnen.
Schleich’ ich gern im Abendschein
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Das macht, es hat die Nachtigall                   6. »LIEBESODE«
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,                    Im Arm der Liebe schliefen wir selig ein.
Da sind in Hall und Widerhall                      Am off’nen Fenster lauschte der
Die Rosen aufgesprungen.                           Sommerwind,
                                                   Und uns’rer Atemzüge Frieden
Theodor Storm (1817–1888)                          Trug er hinaus in die helle Mondnacht.

                                                   Und aus dem Garten tastete zagend sich
                                                   Ein Rosenduft an unserer Liebe Bett
4. »TRAUMGEKRÖNT«                                  Und gab uns wundervolle Träume,
                                                   Träume des Rausches, so reich an
 Das war der Tag der weißen                        Sehnsucht.
­C hrysanthemen,
 Mir bangte fast vor seiner Pracht...              Otto Erich Hartleben (1864–1905)
 Und dann, dann kamst du mir
 die Seele nehmen
 Tief in der Nacht.
                                                   7. »SOMMERTAGE«
Mir war so bang, und du kamst
lieb und leise,                                    Nun ziehen Tage über die Welt,
Ich hatte grad im Traum an dich gedacht.           Gesandt aus blauer Ewigkeit,
Du kamst, und leis’ wie eine Märchenweise          Im Sommerwind verweht die Zeit.
Erklang die Nacht.                                 Nun windet nächtens der Herr
                                                   Sternenkränze mit seliger Hand
Rainer Maria Rilke (1875–1926)                     Über Wander- und Wunderland.

                                                   O Herz, was kann in diesen Tagen
                                                   Dein hellstes Wanderlied denn sagen
5. »IM ZIMMER«                                     Von deiner tiefen, tiefen Lust:
                                                   Im Wiesensang verstummt die Brust,
Herbstsonnenschein.                                Nun schweigt das Wort, wo Bild um Bild
Der liebe Abend blickt so still herein.            Zu dir zieht und dich ganz erfüllt.
Ein Feuerlein rot
Knistert im Ofenloch und loht.                     Paul Hohenberg (1885–1956)

So! Mein Kopf auf deinen Knie’n,
So ist mir gut.
Wenn mein Auge so in deinem ruht,
Wie leise die Minuten zieh’n.

Johannes Schlaf (1862–1941)

                                        Die Gesangstexte
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               Im Schatten
                des Fauns
                       MAURICE RAVEL: »DAPHNIS ET CHLOÉ«

Als die Compagnie »Ballets Russes« unter            sen ins europäische Ausland. Von 1906 an
ihrem Impresario Sergei Djagilew am 18. Mai         lag sein Lebensmittelpunkt in Paris. In die-
1909 im Pariser Théâtre du Châtelet ihre ers-       sem Jahr veranstaltet er im Oktober unter
te Tanzsaison eröffnete, konnte niemand             dem Namen »Saisons Russes« eine Ausstel-
ahnen, welch große Zahl an Werken für das           lung russischer Maler, darunter Werke von
Repertoire auf der Theaterbühne und im              Mikhail Wrubel, Konstantin Somow und Léon
Konzertsaal dieses Künstlerkollektiv im Zu-         Bakst. Im Mai 1907 folgte die zweite Saison
sammenwirken mit verschiedensten zeitge-
nössischen Komponisten und Künstlern                 BLICK INS LEXIKON
schaffen würde. Zu den Startänzerinnen
und -tänzern des Ensembles zählten Vaclav            MAURICE RAVEL
Nijinsky, Anna Pawlowa, Tamara Karsawina,            »Daphnis et Chloé«
Mikhail Mordkin sowie der ehemalige Tänzer           (Ballettfassung von 1912)
und inzwischen zum Hauptchoreographen                Lebensdaten des Komponisten
avancierte Mikhail Fokin – alles Künstlerin-         geboren am 7. März 1875 in Ciboure;
nen und Künstler, die an Ballettschulen in           gestorben am 28. Dezember 1937 in
St. Petersburg ausgebildet worden waren              Paris
und am kaiserlichen Mariinsky Theater Ruhm
erlangt hatten. Dreh- und Angelpunkt der             Entstehungszeit
»Ballets Russes« war der russische Heraus-           Ab 1909 zögerlicher Beginn der
geber, Kurator, Kunstkritiker sowie Opern-           ­Kompositionsarbeit; Fertigstellung der
und Ballettregisseur Sergei Djagilew. Durch           Orchestersuite Nr. 1 im April 1911, der
seine Arbeit in St. Petersburg und Moskau             vollständigen Ballettfassung im April 1912
war Djagilew in der russischen Kunstszene             und der Suite Nr. 2 1913
bestens vernetzt und hatte sein heraus­              Uraufführung
ragendes Talent bewiesen, unterschied-               Ballettfassung: am 8. Juni 1912 im Pariser
lichste Künstler zusammenzubringen und               Théâtre du Châtelet unter der Leitung
für neue Projekte zu begeistern. Seit den            von Pierre Monteux
1890er Jahren unternahm er wiederholt Rei-
9

mit fünf Konzerten russischer Komponisten          Djagilew aus, der an einer Zusammenarbeit
in Anwesenheit von Nikolai Rimski-Korsakow,        mit Ravel sehr interessiert war und unbe-
Alexander Glasunow, Alexander Skrjabin und         dingt mit ihm ein Ballett-Projekt realisieren
Sergei Rachmaninow. Im Mai 1908 präsen-            wollte. Ravel wiederum war einer Zusam-
tierte Djagilew schließlich an der Pariser         menarbeit gegenüber aufgeschlossen, und
Oper eine Produktion von Modest Mussorg-           beide verständigten sich auf einen unver-
skys »Boris Godunow«.                              bindlichen Kompositionsauftrag.

In diesen ersten drei Jahren hatte er seine                ENTSTEHUNGSPHASE
Anwesenheit in Paris geschickt genutzt, um
erneut Kontakte zu Kunstschaffenden, vor           Die literarische Grundlage zum Ballett
allem zu Komponisten wie Claude Debussy,           ­»Daphnis et Chloé« ist der gleichnamige
Manuel de Falla, Eric Satie und Igor Stra-          spätantike Liebesroman des griechischen
winsky, zu knüpfen und dabei erste Kompo-           Autors Longos. Die erste Übersetzung ins
sitionsaufträge zu vergeben. Bereits 1906           Französische stammt aus dem Jahr 1559.
hatten sich Djagilew und Maurice Ravel erst-        Weitere Übersetzungen folgten im Lauf der
malig bekannt gemacht und 1908 über Fo-             Jahrhunderte, wodurch der Stoff im franzö-
kins Ballett-Entwurf zu »Daphnis et Chloé«          sischen Sprachraum weit verbreitet und
gesprochen. Die Initiative ging dabei von           auch in der bildenden Kunst immer wieder
                                                    aufgegriffen wurde. Mikhail Fokin war der
                                                    Liebesroman ebenfalls bekannt. Seit 1902
                                                    hatte er die aktive Tanzkarriere zu Gunsten
                                                    seiner Lehrtätigkeit zurückgestellt und
                                                    1904, als er noch Ballettlehrer an der zaris-
                                                    tischen Ballettschule in St. Petersburg war,
                                                    ein Ballett-Skript zu »Daphnis et Chloé« in
                                                    zwei Akten verfasst. Diese Vorlage reichte
                                                    er im selben Jahr am Mariinsky Theater ein,
                                                    erhielt jedoch eine Ablehnung. Die Gründe
                                                    dafür waren wohl die reformerischen Ansät-
                                                    ze, die Fokin in seinem Entwurf umgesetzt
                                                    hatte. Zum einen verzichtete er im Allgemei-
                                                    nen auf die Gliederung des Balletts in Tanz-
                                                    nummern und im Besonderen auf Solonum-
                                                    mern, die sich aus der Handlungsentwick-
                                                    lung dramaturgisch nicht begründen ließen.
                                                    Daneben legte er Wert auf die Einheit der
                                                    Handlung, die ausschließlich tänzerisch
                                                    ausgedrückt werden sollte und zwar ohne
                                                    die Verwendung von Stilmitteln wie Panto-
                                                    mime und Divertissement. Dieses Konzept
                                                    entsprach jedoch nicht der traditionellen
                                                    Aufführungspraxis am damaligen Mariinsky
Maurice Ravel (1910)                                Theater.

                          Maurice Ravel: »Daphnis et Chloé«
10

Ravel wiederum war auch mit dem Stoff ver-
traut, tat sich aber mit dem Zugang zu Fo-
kins Konzeption sehr schwer. Ein intensiver
Arbeitsaustausch untereinander konnte sich
aufgrund der Sprachbarriere nicht einstel-
len, da der Choreograph zu diesem Zeit-
punkt kein Französisch und der Komponist
kein Wort Russisch sprach. Und so bestand
Ravel auf Änderungen im Libretto, u. a. ei-
nem Wechsel zu einer einaktigen Fassung
in drei Szenen, und erst als Fokin sein Ein-
verständnis dazu gab, nahm Ravel den Kom-
positionsauftrag verbindlich an. Es fehlte
ihm wohl aber insgesamt in der Vorlage von
Fokin an inspirierenden Elementen, um mit
der Arbeit zu beginnen. Bis März 1910 gab
es nur wenige Entwürfe. Ab 1. Mai 1910 lag
immerhin eine Klavierfassung des Balletts
vor. Aus den ersten beiden Bildern konden-
sierte Ravel ein »fragment symphonique«,
die spätere Suite Nr. 1, die am 2. April 1911
uraufgeführt wurde. Die Fertigstellung der
Orchestrierung zur Ballettfassung sollte
aber noch bis zum 5. April 1912 und damit
fast zwei weitere Jahre dauern. Erst danach
stellte Ravel die Suite Nr. 2 zusammen.
                                                       Der Tänzer und Choreograph Mikhail Fokin (1905)
           VORBEREITUNG
         ZUR VIERTEN SAISON                            rungen aus. Da die einzelnen Produktionen
                                                       der »Ballets Russes« in der Regel nicht
Die vierte Saison der »Ballets Russes« in Pa-          abendfüllend waren, bestand ein Programm
ris fand vom 13. Mai bis 10. Juni 1912 im Théâ­        jeweils aus mehreren Werken. Das Premie-
tre du Châtelet statt. Es war nach Djagilews           ren-Stück stand dabei immer an zweiter oder
Zählweise die siebte »Saisons Russes« seit             dritter Stelle. Vor Paris machte die Truppe am
dem Auftakt 1906. Drei Premieren mit je drei           Théâtre de Monte Carlo Station. Deshalb
Folgevorstellungen waren für diesen Zeit-              mussten die drei Pariser Premieren bereits in
raum angesetzt: für den 20. Mai »Thamar« mit           den Wochen zwischen 15. März und 8. April
Musik von Mily Balakirew, für den 29. Mai              einstudiert werden, um sie danach in die Auf-
Debussys »Prélude à ›L’après-midi d’un fau-            führungs-Programme zu integrieren.
ne‹« mit Vaclav Nijinsky als Tänzer und Cho-
reograph und für den 5. Juni Ravels »Daphnis           Im Vergleich zu den bisherigen Stücken der
et Chloé« in der Choreographie von Fokin mit           »Ballets Russes« war »Daphnis« eine Pro-
Nijinsky als Daphnis und Anna Pawlowa als              duktion mit sehr hohen Anforderungen, die
Chloé. Léon Bakst stattete alle drei Inszenie-         es unter angespannten Bedingungen zu be-

                            Maurice Ravel: »Daphnis et Chloé«
11

wältigen galt. Die Orchesterbesetzung um-           abgab und die Compagnie verließ, musste
fasste 80 Musiker, zusätzlich kam ein Frau-         sogar eine Hauptrolle neu besetzt werden.
enchor zum Einsatz, die Spiellänge lag bei          Tamara Karsawina rückte so von der Zweit-
etwa einer Stunde. Außerdem war das Ver-            zur Erstbesetzung auf. Die Probleme bei den
hältnis zwischen Fokin und dem knapp zehn           Proben beschränkten sich aber nicht nur auf
Jahre jüngeren aufstrebenden Konkurren-             den Konkurrenzkampf von Fokin und Nijins-
ten Nijinsky belastet, denn beide verband           ky. Ravels Komposition bereitete in der
eine tiefe zwischenmenschliche Feind-               Tanzpraxis große Probleme. In Teilen galt die
schaft und gegenseitige künstlerische Ab-           Rhythmik als untanzbar, was bemerkens-
lehnung. Darüber konnte auch die professi-          wert vor dem Hintergrund ist, dass ein Jahr
onelle Zusammenarbeit auf der Bühne nicht           später Igor Strawinsky mit seinem von Dja-
hinwegtäuschen. Die Rivalität beider um die         gilew in Auftrag gegebenen Ballett »Le sac-
Gunst von und den Einfluss auf Djagilew so-         re du printemps« noch viel komplexere An-
wie der auch abseits der Proben geführte            forderungen an die ausführenden Tänzer
Kampf um die choreographische Umsetzung             stellen sollte. Beim Impresario regten sich
von »Daphnis et Chloé« führte zu einer Spal-        erste Zweifel an der Qualität von Kompositi-
tung der Ballettcompagnie in zwei Lager.            on und Choreographie, und er erwog die
Fokin und Nijinsky probten ihre Projekte pa-        Aufführung zurückzuziehen. »Daphnis« soll-
rallel und stritten sich darum, auf wessen          te sich als Produktion dramaturgisch von
Probe das Corps de ballet zu erscheinen             den vorherigen Werken unterscheiden und
hatte. Als Anna Pawlowa die Partie der Chloé        das erste Handlungsballett der »Ballets Rus-
                                                    ses« werden, das auf die Einheit von Raum,
                                                    Zeit und Handlung verzichtet. Der dramati-
                                                    sche Konflikt, also der Raub von Chloé durch
                                                    die Piraten und ihre Befreiung, wird deshalb
                                                    nicht durch Daphnis’ Handeln gelöst, son-
                                                    dern durch den göttlichen Eingriff Pans.

                                                                   DER RIVALE

                                                    Zeitgleich probte Nijinsky die Choreogra-
                                                    phie zu Debussys fast 20 Jahre altem und
                                                    auf Stéphane Mallarmés Gedichtvorlage
                                                    beruhenden Werk »Prélude à ›L’après-midi
                                                    d’un faune‹«, bei dem Nijinsky die einzige
                                                    Hauptrolle übernahm. Dieses Ballett war
                                                    konzeptionell etwas völlig anderes als das,
                                                    was die »Ballets Russes« bislang geboten
                                                    hatten und enthielt beeindruckende Ansät-
                                                    ze, das Tanztheater dieser Zeit zu erneuern,
                                                    ja vielleicht sogar zu revolutionieren. In
                                                    ­N ijinskys Konzeption waren Bewegungen
Kostüm-Entwurf von Léon Bakst zu                     zwar rhythmisch geordnet, verliefen aber
»Daphnis et Chloé«                                   nicht synchron zur Musik. Dynamische und

                           Maurice Ravel: »Daphnis et Chloé«
12

stille Phasen standen in einem korrespon-           Djagilew erkannte, dass diese Choreogra-
dierenden Wechsel. Die bei Fokin ange-              phie und die angedeutete Masturbations­
strebte Harmonie von Bewegung und Musik             szene von Nijinsky das Potenzial für einen
war aufgelöst zu Gunsten der Eigenständig-          veritablen Theaterskandal haben oder zu-
keit beider. Dazu hatte Bakst ein impressio-        mindest ihm und seiner Tanzcompagnie viel
nistisches Bühnenbild entworfen, das die            Aufmerksamkeit und Gesprächsstoff be-
Tiefenwirkung in den Bühnenraum vermied.            scheren würde. Für den 28. Mai, einen Tag
Entsprechend richtete Nijinsky die Tanzbe-          vor der Premiere, setzte Djagilew eine Ge-
wegungen auf zwei Dimensionen aus: Be-              neralprobe von »Prélude« an. Dazu lud er
wegungen von links nach rechts ganz vorne           bereits Vertreter der Pariser Presse und ei-
an der Rampe mit einer frontal zum Publikum         nige Freunde ein. Nach der ca. zwölfminüti-
gerichteten senkrechten Körperspannung.             gen Darbietung herrschte Schweigen, so
Die Hoch-Tief-Bewegung des klassischen              dass Djagilew einen weiteren Durchlauf an-
Balletts wurde durch eine starke Erdverbun-         ordnete. Danach durften die Kritiker bei Ka-
denheit ersetzt, d. h. es wurde auf flachem         viar und Champagner das Gesehene auf sich
Fuß ohne Schuhe getanzt. Neben diesen               wirken lassen.
Brüchen der klassischen Tanztechnik setz-
te Nijinsky in der Schlussszene auf einen                 DER SKANDAL DES FAUNS
darstellerischen Tabubruch. Der Faun, der
beim Beobachten einer badenden Nymphe               Die Premiere am Folgetag brachte dann den
sein Verlangen entdeckt hat, macht mit dem          öffentlichen Skandal. Gaston Calmette, Kri-
zurückgelassenen Schleier der Nymphe sei-           tiker des »Figaro«, verfasste eine Schmä-
ne erste sexuelle Erfahrung.                        hung von »Prélude«. Im Gegenzug aktivierte
                                                    Djagilew die Künstler Odilon Redon und Au-
 ÜBRIGENS...                                        guste Rodin, die im Sinne ihres Freundes
                                                    Mallarmé das Stück und die Interpretation
 Eine Auswahl von Werken, die eigens für
                                                    verteidigten. In der Folge gab es einen
 die »Ballets Russes« geschrieben wurden:
                                                    schriftlich ausgetragenen öffentlichen
                                                    Streit, der erst recht die Neugier des Pariser
 Igor Strawinsky:
                                                    Publikums weckte. So war das Theater zu
 »L’oiseau de feu« (UA 1910)
                                                    den Folgeaufführungen am 31. Mai, unter
 »Pétrouchka« (UA 1911)
                                                    Aufsicht mehrerer Polizisten, und am 1. und
 »Le sacre du printemps« (UA 1913)
                                                    2. Juni bis auf den letzten Platz ausverkauft.
 »Le chant du rossignol« (UA 1920)
                                                    Wegen der anhaltend großen Nachfrage
                                                    setzte Djagilew weitere Aufführungen an.
 Sergej Prokofiew:
 »Le chout« (UA 1921)
                                                     URAUFFÜHRUNG VON »DAPHNIS«
 Manuel de Falla:
                                                    Inzwischen war der Premierenabend des
 »El sombrero de tres picos«
                                                    letzten Programms der Saison vom 5. auf
 (UA 1919)
                                                    den 8. Juni verschoben worden. Die Gene-
                                                    ralprobe am 7. Juni entfiel, da für diesen Tag
 Richard Strauss:
                                                    kurzfristig eine Zusatzvorstellung von
 »Josephs Legende« (UA 1914)
                                                    »Prélude« auf das Programm gesetzt worden

                          Maurice Ravel: »Daphnis et Chloé«
13

war. Auf Djagilews Wunsch hin lautete die                Baksts überladene und aufdringliche Aus-
Werkabfolge: »Daphnis et Chloé«, »Prélude                stattung, seine naturalistischen Bühnenbil-
à ›L’après-midi d’un faune‹«, »Le spectre de             der mit üppigen Landschaftsdarstellungen,
la rose« nach Carl Maria von Webers »Auffor-             die die damalige Vorstellung vom antiken
derung zum Tanz« und Rimski-Korsakows                    Griechenland wiedergaben, und die Dekora-
»Shéhérazade«. Dies widersprach der übli-                tionselemente und Kostüme, die teilweise
chen Praxis, das Premierenstück an die                   aus vorherigen Produktionen stammten, be-
zweite bzw. dritte Position zu stellen. Die              wiesen, dass sich hier keine Neuerung ent-
Publikumsreaktionen nach der Aufführung                  wickelte sondern Stillstand herrschte.
waren freundlich und anerkennend. Doch
das Publikum hatte wohl erkannt, dass diese                          KRITIKERSTIMMEN
Darbietung und das zu Grunde liegende fast
zehn Jahre alte Konzept überholt waren. Die              Ähnlich sahen es einige Kritiker der Pariser
Choreographie überzeugte weder als auf                   Tagespresse: Robert Brussel schrieb in »Le
technische Perfektion getrimmtes traditio-               Figaro« vom 9. Juni 1912 über »Daphnis et
nelles Ballett noch als moderner Tanz. Léon              Chloé«, es sei ein authentisches Werk und

Mitglieder und Förderer der »Ballets Russes« im Sommer 1912 in Monte Carlo: Chloé-Darstellerin Tamara
Karsawina (3.v.l.), Daphnis-Darsteller Vaclav Nijinsky (4.v.l.), Igor Strawinsky (5.v.l.) und Sergei Djagilew
(2.v.r.)

                               Maurice Ravel: »Daphnis et Chloé«
14

im besten Sinne zeitgemäß. Gaston Carraud             ihr einen festen Platz im Konzertsaal zuge-
in »La Liberté« vom 11. Juni 1912 merkte an:          wiesen haben. Beim diesjährigen Festival der
»Die Aufführung war von einer beklagens-              Münchner Philharmoniker MPHIL 360° steht
werten Konfusion […]. Es ist übrigens eine            nun in der Philharmonie die Ballettfassung
Musik, der man […] folgen muss, ohne durch            mit Tänzerinnen und Tänzern des Mariinsky
ein Bühnenspektakel abgelenkt zu sein […].            Balletts auf dem Programm und das Publikum
Die Künstler des Russischen Balletts haben            darf gespannt verfolgen, in welch aus-
bisher mit Beharrlichkeit gezeigt, dass sie           drucksstarke Bilder der Choreograph Vladi-
nichts von der Musik verstehen außer dem              mir Varnava die Liebesgeschichte von Daph-
rhythmischen Element.« Und Pierre Lalo                nis und Chloé übertragen hat.
schrieb in »Le Temps« vom 11. Juni 1912: »Die
Partitur von Ravel, von der ich ausführlicher                                    Christian Tauber
sprechen werde, wenn wir sie im Kon-
zertsaal wiederhören, […] unterscheidet
sich merklich genug von den vorausgegan-
genen Werken dieses Komponisten. Die
Musik ist weiter entwickelt […]. Aber es fehlt
ihr das, was die erste Qualität einer Ballett-
musik ist: der Rhythmus.«

Da die Ballettcompagnie bereits am 11. Juni
zum Gastspiel nach London aufbrach und
der 9. Juni spielfrei war, blieb es in dieser
Saison der »Ballets Russes« bei zwei anstel-
le von vier geplanten Aufführungen von »Da-
phnis et Chloé«. Sowohl für Ravel als auch
für Fokin war dies ein enttäuschendes Er-
gebnis. Fokin verließ daraufhin die Truppe
fürs Erste. Im Folgejahr stand »Daphnis«
noch einmal auf dem Programm. Danach
fand das Werk erst 1921 zurück auf eine Pa-
riser Bühne, diesmal an der Pariser Oper –
mit Fokin als Choreographen.

            BALLETTMUSIK
           IM KONZERTSAAL

Wie viele andere Kompositionen der »Ballets
Russes« ist heute »Daphnis et Chloé«, in Form
der beiden Orchestersuiten, im Konzert­
repertoire fest verankert. Bemerkenswert ist,
dass die damaligen Kritiker Pierre Lalo und
Gaston Carraud die hohe Qualität der sym-
phonischen Ballettmusik Ravels erkannt und

                            Maurice Ravel: »Daphnis et Chloé«
15

                      »Daphnis
                      et Chloé«
                                        HANDLUNG

Im antiken Griechenland                                            2. BILD:
                                                            IM LAGER DER PIRATEN

              1. BILD:                               Bryaxis, der Anführer der Seeräuber, hat
     IM HEILIGEN HAIN DES PAN                        Chloé auf eine Insel verschleppt. Sie soll für
                                                     ihn tanzen, doch hindern sie ihre Gedanken
Nymphen und Hirten verehren Gott Pan an              an Daphnis daran. Sie ist schließlich bereit
einem ihm geweihten, heiligen Ort. Sie tan-          für Bryaxis zu tanzen und versucht dabei
zen ausgelassen. Daphnis und Chloé sind              mehrfach zu fliehen. Pan erscheint mit
ein Liebespaar, lassen einander aber spü-            kampflustigen Satyren, die die Seeräuber in
ren, dass beide auch noch von anderen be-            die Flucht schlagen. Chloé ist nun frei, bleibt
gehrt werden. Das bleibt nicht ohne Eifer-           aber allein zurück.
süchteleien. Der schöne Daphnis wird von
den Mädchen umschwärmt. Der Kuhhirte
Dorgon nutzt die Gelegenheit, Chloés Auf-
merksamkeit auf sich zu lenken. Daphnis
erkennt den Rivalen und stellt sich einem                          3. BILD:
Wettkampf. Im Tanz erringt er die Gunst                   IM HEILIGEN HAIN DES PAN
Chloés und erhält von ihr einen Kuss als Be-
lohnung. Nun versucht die schöne Lykanion            Daphnis betrauert den Verlust seiner Chloé.
Daphnis zu verführen. Doch er bleibt stand-          Bei Sonnenaufgang berichten ihm Hirten
haft. Seeräuber überfallen die Insel und rau-        von der Rettung der Geliebten durch Pan
ben Chloé. Der zu spät kommende Daphnis              und ihrer Rückkehr auf die Insel. Pans Erin-
beklagt sein Leid und richtet seinen Zorn            nerung an die eigene Liebesbeziehung zu
gegen Pan. Drei Nymphen, die den heiligen            Syrinx hatte ihn schließlich zum Eingreifen
Ort bewacht haben, wollen Daphnis zu Pan             bewegt. Daphnis und Chloé verloben sich
geleiten, damit er ihm sein Unglück klagen           vor Pans Altar. Die anwesenden Schäferin-
kann.                                                nen und Hirten feiern ein rauschendes Fest.
16

             Valery Gergiev
                                        DIRIGENT

                                                                 Mit den Münchner Philharmonikern verbin-
                                                                 det Valery Gergiev seit der Saison 2011/12
                                                                 eine intensivere Zusammenarbeit, seit der
                                                                 Spielzeit 2015/16 ist er Chefdirigent der
                                                                 Münchner Philharmoniker. Reisen führten
                                                                 sie bereits in zahlreiche europäische Städte
                                                                 sowie nach Japan, China, Korea, Taiwan und
                                                                 in die USA.

                                                                 Programmatische Akzente setzte Valery Ger-
                                        © Marco Borggreve

                                                                 giev durch die Aufführungen symphonischer
                                                                 Zyklen von Schostakowitsch, Strawinsky,
                                                                 Prokofjew und Rachmaninow sowie durch
                                                                 neue Formate wie das Festival »MPHIL 360°«.
                                                                 Regelmäßig werden Konzerte via Livestream,
                                                                 Radio und Fernsehen weltweit übertragen.
In Moskau geboren, studierte Valery Ger-
giev zunächst Dirigieren bei Ilya Musin am                       Seit September 2016 liegen die ersten
Leningrader Konservatorium. Bereits als                          CD-Aufnahmen des orchestereigenen Labels
Student war er Preisträger des Herbert-­von-                     »MPHIL« vor, die seine Arbeit mit den Münch-
Karajan Dirigierwettbewerbs in Berlin. 1978                      ner Philharmonikern dokumentieren. Von
wurde Valery Gergiev 24-jährig Assistent                         2017 bis 2019 spielten die Münchner Philhar-
von Yuri Temirkanov am Mariinsky Opern-                          moniker und Valery Gergiev alle Symphonien
haus, wo er mit Prokofjews Tolstoi-Verto-                        Anton Bruckners in der Stiftskirche St. Flori-
nung »Krieg und Frieden« debütierte. Seit                        an ein. Diese Aufnahmen wurden nach und
mehr als zwei Jahrzehnten leitet er nun das                      nach veröffentlicht und erscheinen im Früh-
legendäre Mariinsky Theater in St. Pe-                           jahr 2020 in einer Gesamtaufnahme.
tersburg, das in dieser Zeit zu einer der
wichtigsten Pflegestätten der russischen                         Zum 125-jährigen Orchesterjubiläum am
Opernkultur aufgestiegen ist.                                    13. Oktober 2018 dirigierte Valery Gergiev
                                                                 das Festkonzert mit Strawinskys »Psalmen­
                                                                 symphonie« und Mahlers »Achter«.

                                       Die Künstler
17

              Anja Harteros
                                             SOPRAN

                                                                  Traviata«), Desdemona (»Otello«), Amelia
                                                                  (»Simon Boccanegra«), Maddalena Di Coi­
                                                                  gny (»André Chenier«), Sieglinde (»Die Wal-
                                                                  küre«), Elsa (»Lohengrin«), Elisabeth (»Tann-
                                                                  häuser«) sowie die Titelpartien in »Tosca«,
                                                                  »Alcina« und »Arabella«.

                                                                  Anja Harteros hat mit namhaften Dirigenten
                                                                  wie Daniel Barenboim, Ivor Bolton, Riccardo
                                                                  Chailly, Sir John Eliot Gardiner, Valery Ger-
                                         © Marco Borggreve

                                                                  giev, Bernard Haitink, Daniel Harding, Marek
                                                                  Janowski, Mariss Jansons, James Levine,
                                                                  Fabio Luisi, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Ric-
                                                                  cardo Muti, Kent Nagano, Sir Roger Norring-
                                                                  ton, Antonio Pappano, Sir Simon Rattle,
                                                                  Donald Runnicles und Christian Thielemann
Die internationale Karriere von Anja Harteros                     zusammengearbeitet.
begann 1999 mit dem Gewinn des »Cardiff
Singer of the World« Wettbewerbes und                             In Anerkennung ihrer herausragenden
brachte die Künstlerin binnen kürzester Zeit                      künstlerischen Leistungen wurde Anja Har-
auf alle bedeutenden Bühnen der Welt, da­                         teros im Juli 2007 als bis dato jüngste Trä-
runter Metropolitan Opera New York, Mailänder                     gerin der Titel der Bayerischen Kammersän-
Scala, Royal Opera House Covent Garden Lon-                       gerin verliehen. 2015 wurde sie bei den In-
don, die Staatsopern in München, Wien und                         ternational Opera Awards zur Sängerin des
Berlin u. a. sowie die Salzburger Festspiele.                     Jahres gewählt. Die Zeitschrift Opernwelt
                                                                  zeichnete sie 2009 und erneut 2017 als Sän-
Ihr vielseitiges Opernrepertoire umfasst                          gerin des Jahres aus. 2018 erhielt sie den
Partien wie Contessa (»Le nozze di Figaro«),                      Bayerischen Verdienstorden.
Donna Anna (»Don Giovanni«), Elettra (»Ido-
meneo«), Mimì (»La Bohème«), Feldmar-                             Bei den Münchner Philharmonikern war Anja
schallin (»Der Rosenkavalier«), Elisabetta                        Harteros zuletzt im Apirl 2019 mit Mahlers
(»Don Carlos«), Alice Ford (»Falstaff«), Leo-                     »Rückert-Liedern« unter der Leitung von Va-
nora (»Il Trovatore«), Violetta Valéry (»La                       lery Gergiev zu erleben.

                                        Die Künstler
18

 Philharmonischer
  Chor München
Der Philharmonische Chor München ist einer         Beispiel der Münchner Erstaufführung der
der führenden Konzertchöre Deutschlands            »Sieben Zaubersprüche« von Wolfram Bu-
und Partnerchor der Münchner Philhar­              chenberg und der Uraufführung von Jan
moniker. Er wurde 1895 von Franz Kaim, dem         Müller-Wielands »Egmonts Freiheit – oder
Gründer der Münchner Philharmoniker, ins           Böhmen liegt am Meer«, eine Auftragskom-
Leben gerufen. Seit 1996 wird er von Chor-         position der Münchner Philharmoniker, un-
direktor Andreas Herrmann geleitet.                ter der Leitung des Komponisten. Neben
                                                   dem Spektrum des gesamten Konzertchor-
Sein Repertoire erstreckt sich von barocken        repertoires ist der Chor auch ein gefragter
Oratorien über a cappella- und chorsympho-         Interpret von Opernchören und setzt die mit
nische Literatur bis hin zu konzertanten           James Levine begonnene Tradition konzer-
Opern und den großen Chorwerken der Ge-            tanter Opernaufführungen nun auch unter
genwart. Der Philharmonische Chor Mün-             dem aktuellen Chefdirigenten der Münchner
chen musizierte u. a. unter der Leitung von        Philharmoniker, Valery Gergiev, fort.
Gustav Mahler, Hans Pfitzner, Krzysztof
Penderecki, Herbert von Karajan, Rudolf            Neben zahlreichen Radio- und TV-Übertra-
Kempe, Sergiu Celibidache, Zubin Mehta,            gungen ist die Arbeit des Chores in vielen
Mariss Jansons, James Levine, Christian            Einspielungen bei allen großen Labels doku-
Thielemann, Lorin Maazel und Valery Ger-           mentiert. Die Veröffentlichung von Karl
giev.                                              Goldmarks romantischer Oper »Merlin« mit
                                                   der Philharmonie Festiva unter Gerd Schaller
In den vergangenen Jahren haben Alte und           gewann Ende 2010 den »Echo Klassik« in der
Neue Musik an Bedeutung gewonnen: Nach             Kategorie »Operneinspielung des Jahres –
umjubelten Aufführungen Bach’scher Passi-          19. Jahrhundert«. In den Jahren 2014 und
onen unter Frans Brüggen folgte die Einla-         2016 war der Chor jeweils mit den CD-Ein-
dung zu den Dresdner Musikfestspielen mit          spielungen von Franz von Suppés »Re-
Bachs h-Moll-Messe. Äußerst erfolgreich            quiem« und Johann Ritter von Herbecks
wurde auch in kleineren Kammerchor-                »Große Messe e-Moll« für den International
Besetzungen unter Dirigenten wie Christo-          Classical Music Award (ICMA) nominiert. Zu-
pher Hogwood, Thomas Hengelbrock und               letzt wirkte im September 2015 der Philhar-
zuletzt Ton Koopman gesungen. Im Bereich           monische Chor München bei der Aufnahme
der Neuen Musik war der Philharmonische            des Antrittskonzertes von Valery Gergiev als
Chor München mit seinen Ensembles bei Ur-          Chefdirigent der Münchner Philharmoniker
und Erstaufführungen zu hören, wie zum             mit Gustav Mahlers 2. Symphonie mit.

                                      Die Künstler
19

                     Andreas
                    Herrmann
                                     CHORDIREKTOR

                                                     Pädagogische Erfolge erzielt Andreas Herr-
                                                     mann weiterhin mit der Ausbildung junger
                                                     Chordirigenten in verschiedenen Meister-
                                                     kursen, sowie im Herbst 2016 als Gastpro-
                                                     fessor am College Conservatory of Music
                                                     der University of Cincinnati, Ohio, USA.

                                                     Als künstlerischer Leiter des Philharmoni-
© Dora Drexel

                                                     schen Chores München realisierte Andreas
                                                     Herrmann zahlreiche Einstudierungen für
                                                     Dirigenten wie Valery Gergiev, Lorin Maazel,
                                                     Zubin Mehta, Kent Nagano, Christian Thie-
                                                     lemann, James Levine und viele andere.
                                                     Über sein Engagement bei den Münchner
                                                     Philharmonikern hinaus entfaltet Andreas
                                                     Herrmann eine rege Konzerttätigkeit: Kon-
                                                     zertreisen als Chor- und Oratoriendirigent
Andreas Herrmann unterrichtet als Professor          führten ihn u. a. nach Österreich, Frankreich,
an der Hochschule für Musik und Theater in           Italien, Bulgarien, Ägypten, in die Schweiz,
München im Hauptfach Chordirigieren. Zehn            die USA und die Volksrepublik China.
Jahre lang dirigierte er den Hochschulchor
und leitete in dieser Zeit Oratorienkonzerte,        Die mit dem »Echo Klassik« ausgezeichnete
Opernaufführungen und a cappella-Pro-                BR-Klassik-Produktion »Merlin« von Carl
gramme in allen musikalischen Stilrichtun-           Goldmark, bei der Andreas Herrmann für die
gen. Seine vielfältigen Konzertprogramme,            Choreinstudierung verantwortlich war, viele
von Alter Musik bis hin zu Uraufführungen            weitere Aufnahmen sowie die erfolgreiche
mit zeitgenössischem Repertoire, wurden              Zusammenarbeit mit verschiedensten Or-
festgehalten in Rundfunk-, CD- und TV-Auf-           chestern, Ensembles und Rundfunkchören
nahmen.                                              dokumentieren die internationale Reputati-
                                                     on seiner musikalischen Arbeit.

                                        Die Künstler
20

        Viktoria                                                        Albina
        Brilyova                                                      Satynalieva

                                          © Svetlana Avvakum

Viktoria Brilyova stammt aus Rostow am Don.                         Albina Satynalieva wurde in Bischkek, der
Sie absolvierte ihre Ausbildung an der St.                          Hauptstadt von Kirgisistan, geboren. Sie
Petersburger Waganowa Ballettakademie                               schloss 2015 ihre Ausbildung an der Wa­
und trat 2010 dem Mariinsky Ballett bei. Ihr                        ganowa Balletakademie in St. Petersburg ab
Repertoire umfasst »Schwanensee« (Schwä-                            und wurde im selben Jahr Mitglied des Ma-
ne, spanischer Tanz), »La Bayadère« (Grand                          riinsky Balletts. Zu ihrem Repertoire zählen
Pas, D’Jampe), »Raymonda« (Grand Pas aus                            »La Bayadère« (D’Jampe), »Schwanensee«
Akt III), »Don Quichotte« (Straßentänzer),                          (spanischer Tanz), »Shéhérazade« (Odalis-
Mikhail Fokins Ballette »Le Carnaval« (Chiari-                      ques), »Der Brunnen von Bachtschissarai«
na, Estrella) und »Shéhérazade« (Zobeide,                           (junge polnische Adlige), »Romeo und Julia«
Odalisques), George Balanchines Ballett »Je-                        (Kurtisanen), »Le Parc«, »Das bucklige
wels« (Esmerald, Rubine, Diamanten), »Ein                           Pferdchen« (Zigeunertanz), »Symphonie in
Sommernachtstraum« (Helena) und »Sym­                               drei Sätzen«, »Daphnis et Chloé« sowie Tän-
phony in C«, »Der Brunnen von Bachtschis-                           ze in der Oper »Prinz Igor«.
sarai« (Zarema) von Rostislav Zakharov,
»Spartacus« (Phrygia) von Leonid Yakobson,
»Sylvia« (Ceres, Terpsichore) von Frederick
Ashton, »In the Night« (II. Teil) von Jerome
Robbins, »Adagio Hammerklavier« von Hans
van Manen, »Le Parc« (Solist) von Angelin
Preljocaj, »Cinderella« (weiblicher Tanz,
Tanzlehrer) von Alexei Ratmansky, »In the
Middle, Somewhat Elevated« von William For-
sythe sowie »Infra« von Wayne McGregor.

                                         Die Künstler
21

       Anna                                                        Yekaterina
      Smirnova                                                     Ivannikova

                                        © Natasha Razina

                                                                                                          © not Petrova
Anna Smirnova schloss 2016 ihre Ausbil-                         Yekaterina Ivannikova stammt aus Tad-
dung an der Waganowa Balletakademie ihrer                       schikistan und studierte an der Waganowa
Heimatstadt St. Peterburg ab und wurde im                       Ballettakademie, wo sie 2005 ihren Ab-
selben Jahr im Mariinsky Ballett aufgenom-                      schluss machte. Im selben Jahr wurde sie
men. Zu ihrem Repertoire zählen »La Sylphi-                     im Mariinsky Ballett aufgenommen. Zu ihrem
de« (Nancy, junges Mädchen), »Dornrös­                          Repertoire zählen »La Sylphide« (Effie, Nan-
chen« (Rotkäppchen, junge Damen), »Don                          cy, Sylphiden), »Schwanensee« (Freunde
Quichotte« (Amor), »Les Noces« (Solisten),                      des Prinzen), »Raymonda« (Clemance),
»Der Brunnen von Bachtschissarai« (Glo-                         »Dornröschen« (Goldfee, Saphirfee, Silber-
ckentanz), »Der Nussknacker« (Puppe, chi-                       fee), »Le Corsaire« (Gulnare, Trio der Odalis-
nesischer Tanz), »Romeo und Julia« (Paris’                      ken), »Don Quichotte« (Königin der Dryaden,
Page, Bettler), »Die Steinblume« (Edelstei-                     Amor, Blumenmädchen), »La Bayadère«
ne), »Carmen-Suite« (Tabakfabrikarbeiterin),                    (D’Jampe, Hindutanz, Bayadères), Mikhail
Alexei Ratmanskys Ballett »Das bucklige                         Fokins Ballette »Le Carnaval« (Estrella) und
Pferdchen« (Amme), »Der bronzene Reiter«                        »Petruschka« (Tänzer), George Balanchines
(eine weibliche Akrobatin, boshaftes Mäd-                       Ballette »The Four Temperaments« und »Je-
chen), »Violinkonzert Nr. 2«, »Jaroslawna.                      wels « (Diamonds), Alexei Ratmanskys Bal-
The Eclipse« (Heilige, Junge), »Daphnis et                      lette »Cinderella« (Khudyshka, Kubyshka)
Chloé«, »Die vier Jahreszeiten« sowie Tänze                     und »Das bucklige Pferdchen«, »Le Parc«
in den Opern »Ruslan und Ljudmila« (Der                         von Angelin Preljocaj, »The Vertiginous Thrill
Traum) und »Sadko« (goldener Fisch).                            of Exactitude« von William Forsythe. Yeka-
                                                                terina Ivannikova arbeitet auch mit zeitge-
                                                                nössischen Choreographen wie Nikita
                                                                Dmitrievsky, Yuri Smekalov und Sasha Waltz.

                                       Die Künstler
22

     Veronika                                                   Alexei
    Selivanova                                                 Nedviga

                                                                                               © Oleg Zotov
Die Tänzerin Veronika Selivanova stammt aus           Der gebürtige Ukrainer Alexei Nedviga ab-
der Oblast Woronesch. Sie studierte an der            solvierte seine Ausbildung an der St. Pe-
San Francisco Ballet School, wo sie 2015 ihre         tersburger Waganowa Ballettakademie und
Ausbildung abschloss. Seit 2017 ist sie Mit-          trat 2001 dem Mariinsky Ballett bei. Sein
glied des Mariinsky Ballett. Dort war sie bis-        Repertoire umfasst »Giselle« (Rüstungsträ-
her in folgenden Produktionen zu sehen:               ger, klassisches Duett), »Dornröschen«
»Der Nussknacker« (Blumenwalzer), »Daph-              (Prince Fortuné), »Schwanensee« (Spaßvo-
nis et Chloé«, »Jaroslawna. The Eclipse« (Das         gel, neapolitanischer Tanz), »Romeo und
Geschenk) sowie »Push Comes to Shove«.                Julia« (Mercutio), George Balanchines Bal-
Außerdem tanzte sie »Konzertwalzer« in der            lette »Der verlorene Sohn« (Freunde des
Choreographie von Maxim Petrov.                       Verlorenen), »Klavierkonzert Nr. 2«, »Ballet
                                                      Imperial«, »The Four Temperaments«, »Sym-
                                                      phonie in C« (III. Satz), »Theme and Varia-
                                                      tions«, »La Valse«, »Jewels« (Rubine) und
                                                      »Scotch Symphony«, Harald Landers »Étu-
                                                      des«, William Forsythes Ballette »Steptext«,
                                                      »Approximate Sonata« und »The Vertiginous
                                                      Thrill of Exactitude«, Angelin Preljocajs »Le
                                                      Parc« sowie »Le sacre du printemps« in der
                                                      Choreographie von Sasha Waltz.

                                         Die Künstler
23

       Erwin                                                          Vasily
     Zagidullin                                                     Tkachenko

                                         © Natasha Razina

                                                                                                           © Oleg Zotov
Erwin Zagidullin wurde in Kasan geboren.                         Vasily Tkachenko absolvierte die Waganowa
2018 graduierte er von der Waganowa Ballett­                     Balletakademie seiner Heimatstadt St. Pe-
akademie, woraufhin er im selben Jahr Mit-                       tersburg. Seit 2008 ist er Mitgllied des Ma-
glied im Mariinsky Ballett wurde. Sein Reper-                    riinsky Balletts. Sein Repertoire umfasst »La
toire umfasst unter anderem »La Sylphide«                        Sylphide (James), »Giselle« (klassisches
(Musiker), »Schwanensee« (Spaßvogel),                            Duett), »La Bayadère«, »Schwanensee«
»Don Quichotte« (Zigeunertanz), »Petrusch-                       (Spaßvogel, neapolitanischer Tanz), »Le
ka«, »Der Brunnen von Bachtschissarai«                           Corsaire« (Lankedem), Mikhail Fokins »Le
(Nurali, tatarischer Tanz), »Der Nussknacker«                    Carnaval« (Harlekin) und »Le Spectre de la
(Mohr), »Romeo und Julia« (Jester) sowie                         Rose«, Leonid Yakobsons »Spartacus« (Gal-
Tänze in den Opern »Aida«, »Ruslan und Ljud­                     lier, Etrusker), Leonid Lavrovskys »Romeo
mila« (türkischer Tanz), »Prinz Igor« (Solda-                    und Julia« (Mercutio, Jester), Yuri Grigoro-
tenführer) und »Ein Leben für den Zaren«.                        vichs »The Legend of Love« (Joker), George
                                                                 Balanchines Ballette »Symphonie in C«
                                                                 (I. Allegro vivo, III. Allegro vivace), »Theme
                                                                 and Variations«, »Jewels« (Rubine, Smaragde),
                                                                 »Scotch Symphony«, »Ein Sommernachts-
                                                                 traum« (Puck) und »Der verlorene Sohn«
                                                                 (Freunde des Verlorenen), Alexei Ratmans-
                                                                 kys Ballette »Cinderella« (Frühling), »Das
                                                                 bucklige Pferdchen« (Iwan der Narr, das
                                                                 bucklige Pferdchen) und »Concerto DSCH«
                                                                 sowie William Forsythes »The Vertiginous
                                                                 Thrill of Exactitude« und Wayne McGregors
                                                                 »Infra«.

                                        Die Künstler
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       Vladimir                                           Pavel
       Varnava                                          Semchenko
           CHOREOGRAPHIE                                  KOSTÜM UND BÜHNENBILD

Vladimir Varnava studierte in Chanty-Man­            Pavel Semchenko studierte an der Leningra-
sijsk an der zur staatlichen Universität für         der Kunstschule, belegte Vorbereitungskur-
Kultur und Kunst Moskau gehörenden Univer-           se an der Leningrader Mukhina Hochschule
sität. Von 2008 bis 2012 war er Tänzer am            für Kunst und Design und setzte seine Aus-
Musiktheater der Republik Karelien, wo er            bildung an der Leningrader Serov Kunst-
Hauptrollen in klassischen und zeitgenössi-          schule, an der Repin Akademie der schönen
schen Balletten übernahm. Dort debütierte            Künste und an der Leningrader Schule für
er 2011 als Choreograph mit einer Inszenie-          Kunstrestauration Nr. 61 fort. In den 1980er
rung von Strawinskys »Pulcinella«. Für die           Jahren war er an Produktionen für Boris Po-
Mariinsky-Kreativwerkstatt schuf er u. a.            nizovskys DaNet-Theater beteiligt. 1989
»Clay« (2015) und »Within« (2017). 2017 cho-         gründete er zusammen mit Vadim Vasiliev
reographierte er das Ballett »Jaroslawna. The        und Maxim Isaev die Gruppe AKHE, mit der
Eclipse«, das im Mariinsky Theater uraufge-          die Realisierung aller kreativen Projekte von
führt wurde. Weitere Produktionen sind »The          Pavel Semchenko seither verbunden ist.
Finnmark Diaries« für das Festival im norwe-         Das Spektrum dieser Projekte ist breit: In­
gischen Kirkenes, »Overcoat. The Ballet« und         stallationen, Skulpturen, Wandmalereien in
»The Passenger« (2013) zusammen mit Ma-              öffentlichen Einrichtungen, Filme, Perfor-
xim Didenko, »Mozart und Salieri« (2015), das        mances, Ausstellungen, Illustrationen und
Musical »Zombie-Zombie-Zombie« (2015),               sogar Tanz. Seit 1996 sind die Aktivitäten
»Le Spectre de la Rose« (2017), »Carmen«             AKHE enger mit dem Theater verbunden,
(2019) sowie »Petruschka« (2017) für das             und Pavel Semchenko trat mit der Gruppe
Opernhaus von Perm. Vladimir Varnava ist             auf zahlreichen Festivals in Russland, Euro-
Gewinner des Wettbewerbs junger Choreo-              pa, Asien, Amerika und Australien auf. Außer-
graphen »Context Diana Vishneva« (2013)              dem wirkte er bei Projekten mit dem Dere-
sowie mehrfacher Preisträger des renom-              vo-Theater und Anton Adasinsky in Ham-
mierten russischen Theaterpreises »Golden            burg, Salzburg, Glasgow und Tel Aviv mit.
Mask« (2011, 2014).

                                        Die Künstler
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