VERLÄSSLICH INFORMIERT - IMMOBILIEN-STREIFLICHT Ausgabe: Rödl & Partner
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IMMOBILIEN-STREIFLICHT Ausgabe: 27. April 2021 VERLÄSSLICH INFORMIERT Aktuelle Informationen zu Immobilien- und Miet- rechtsthemen www.roedl.de Lesen Sie in dieser Ausgabe: Berliner Mietendeckel verfassungswidrig – Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 25. März 2021, Az.: 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20 Herabsetzung der Gewerbemiete bei staatlich angeordneter Geschäftsschließung zulässig – KG Berlin, Urteil vom 1. April 2021, Az.: 8 U 1099/20
IMMOBILIEN-STREIFLICHT 27. APRIL 2021 Berliner Mietendeckel verfas- sungswidrig Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 25. März Das Mietrecht hat der Bund im Rahmen 2021, Az.: 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20 des BGB bereits geregelt. Mit den §§ 556 bis 561 BGB hat der Bund von der konkurrierenden Ge- Das Land Berlin hatte nicht die zum Erlass des setzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Miet- MietenWoG Bln (sog. Berliner Mietendeckel) erfor- preisrechts und somit auf dem Gebiet des bürger- derliche Gesetzgebungskompetenz. Das Gesetz ist lichen Rechts Gebrauch gemacht. Zuletzt wurde somit nichtig. noch am 21. April 2015 die in den §§ 556d ff. BGB Das MietenWoG Bln trat am 23. Februar geregelte Mietpreisbremse aufgenommen. Diese 2020 in Kraft. Für die vom Anwendungsbereich Regelung wurde auch in der Zeit danach immer des Gesetzes erfassten Wohnungen wurde darin weiter überarbeitet. Der sog. Berliner Mietende- ein Mietenstopp, eine Mietobergrenze bei Wieder- ckel und die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte vermietung sowie ein gesetzliches Verbot über- Mietpreisbremse haben im Kern denselben Hinter- höhter Mieten bestimmt. 284 Abgeordnete des grund, nämlich den Schutz des Mieters vor über- deutschen Bundestages der Fraktionen von höhten Mieten. Hierbei überschreitet das Mieten- CDU/CSU und FDP hielten das MietenWoG Bln WoG Bln den vom Bundesgesetzgeber erzeugten aufgrund der grundgesetzlichen Verteilung der Ge- Spielraum, da es gesetzliche Verbote statuiert, setzgebungskompetenzen für verfassungswidrig welche die Privatautonomie in unerlaubtem Maße und machten dies im Wege einer abstrakten Nor- begrenzen. Das MietenWoG Bln modifiziert somit menkontrolle geltend. die durch das Bundesrecht angeordneten Rechts- Das Bundesverfassungsgericht bestä- folgen. Damit handelt es sich bei den §§ 556 bis tigt nun die Rechtsansicht der Abgeordneten. Das 561 BGB um umfassende und abschließende Re- Grundgesetz regelt in den Art. 70 ff. GG abschlie- gelungen, welche keine Regelungsvorbehalte, Öff- ßend die Verteilung der Gesetzgebungskompeten- nungsklauseln oder Ermächtigungsvorschriften zen. Danach fällt die Kompetenz zum Erlass von enthalten, aus denen die Länder in irgendeiner Gesetzen auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts Weise ihre Gesetzgebungskompetenz ableiten in die konkurrierende Gesetzgebung. Bürgerlich könnten. rechtlich sind alle Rechtsverhältnisse zwischen Privatpersonen. Hierunter zählen auch Regelun- Fazit: gen über zulässige Höchstmieten. Nach vielen mietergünstigen Entscheidungen han- Bei der konkurrierenden Gesetzgebung delt es sich hierbei um eine vermieterfreundliche haben die Länder nach Art. 72 I GG solange und Entscheidung, wenn auch sich die Verfassungs- soweit die nötige Gesetzgebungskompetenz, wie widrigkeit nicht aus dem Inhalt ergibt. Auf die be- der Bund diese noch nicht zulässigerweise in An- troffenen Mieter kommen nun Anspruchsforderun- spruch genommen hat. Diese Sperrwirkung hindert gen ihrer Vermieter zu, welche nun die über die die Länder daran, zukünftig neue Gesetze auf die- letzten Monate zu wenig gezahlte Miete einfordern sem Gebiet zu erlassen und entzieht bereits erlas- werden (wobei es hierzu bereits wieder Schutzvor- senen Gesetzen nachträglich die Kompetenz- schriften gibt). grundlage, sodass diese nichtig werden. 2
IMMOBILIEN-STREIFLICHT 27. APRIL 2021 Herabsetzung der Gewerbe- miete bei staatlich angeordneter Geschäftsschließung zulässig KG Berlin, Urteil vom 1. April 2021, Az.: 8 U Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände dar, wo- 1099/20 mit das tatsächliche Element der Störung der Ge- schäftsgrundlage verwirklicht sei. Bei staatlich angeordneter Geschäftsschließung Da der Mieter infolge der staatlichen infolge der Corona-Pandemie ist die vom Unter- Nutzungsuntersagung die gemieteten Räumlich- nehmer geschuldete Gewerbemiete um die Hälfte keiten überhaupt nicht in der vertraglich vorgese- reduziert. Dies zumindest urteilte nun das KG Ber- henen Weise nutzen konnte, läge es nahe, dass die lin. Vertragsparteien, hätten sie diese Umstände erah- Der Entscheidung des KG Berlin lag fol- nen können, den Mietvertrag mit einem andren In- gender Sachverhalt zugrunde: Der Vermieter einer halt geschlossen hätten. Es sei davon auszugehen, Gewerbeimmobilie machte im Wege einer Wider- dass die Parteien eine Mietabsenkung für den Zeit- klage die Zahlung der restlichen Gewerbemiete für raum der Zwangsschließung vereinbart hätten. die Monate April und Mai 2020 gegen seinen Mie- Aufgrund der weitreichenden staatlichen Eingriffe ter, den Betreiber einer Spielhalle geltend. Dem in das soziale und wirtschaftliche Leben, ginge es Betreiber der Spielhalle wurde als Maßnahme ge- vorliegend nicht um das normale Risiko der Ge- gen die Corona-Pandemie seitens des Staates die brauchstauglichkeit. Vielmehr läge infolge der Geschäftsschließung für diese Monate auferlegt. Corona-Pandemie eine Systemkrise vor, welche Darauf bezahlte der Betreiber der Spielhalle nur als Störung der Geschäftsgrundlage zu qualifizie- die Hälfte der geschuldeten Miete. Die Zivilkam- ren sei. Daher könne das Risiko keiner Vertrags- mer 34 des Landgerichts Berlin hatte in der ersten partei allein zugewiesen werden. Vorliegend waren Instanz die Widerklage des Vermieters abgewie- die Umstände für beide Parteien so unvorherseh- sen. bar und außerhalb ihrer jeweiligen Verantwor- Auf die von dem Vermieter eingelegte tungssphäre, dass die Nachteile solidarisch von Berufung entschied nun das Kammergericht Ber- beiden Vertragsparteien zu tragen seien und die lin, dass sich der Mieter wegen der vom Land Ber- Miete daher zur Hälfte zu reduzieren sei. Dabei lin angeordneten Geschäftsschließung auf die Stö- käme es im Übrigen nicht auf eine konkrete Exis- rung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 tenzbedrohung des Mieters an. Das Urteil ist noch BGB berufen kann. Damit sei der vertraglich ver- nicht rechtskräftig. einbarte Mietzins um die Hälfte zu reduzieren. Diese Entscheidung sei damit zu begründen, dass Fazit: es zur Geschäftsgrundlage der Vermietung von Ge- Die Folgen der Pandemie und der damit verbunde- schäftsräumen gehöre, dass es nicht zu einer pan- nen Eingriffe sind vielfältig. Die Gerichte sind al- demiebedingten Nutzungsuntersagung kommen lerdings teilweise bemüht, diese Folgen auf meh- werde. Das Auftreten einer Pandemie und die da- reren Schultern zu verteilen. Leider kommt es da- mit verbundenen weitreichenden staatlichen Ein- bei immer wieder zu stark abweichenden Urteilen. griffe in das wirtschaftliche und soziale Leben . stelle eine schwerwiegende Änderung der für die 3
IMMOBILIEN-STREIFLICHT 27. APRIL 2021 KONTAKT FÜR WEITERE INFORMATIONEN Harald Reitze, LL.M. Rechtsanwalt Attorney at Law (New York) T + 49 911 9193 1325 harald.reitze@roedl.com Johannes Gruber Rechtsanwalt T + 49 911 9193 1308 johannes.gruber@roedl.com Andreas Griebel Rechtsanwalt & Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht T + 49 911 9193 3579 andreas.griebel@roedl.com Dieser Newsletter ist ein unverbindliches Informationsangebot und Impressum dient allgemeinen Informationszwecken. Es handelt sich dabei we- der um eine rechtliche, steuerrechtliche oder betriebswirtschaftli- che Beratung, noch kann es eine individuelle Beratung ersetzen. Bei Immobilien-Streiflicht, 27. April 2021 der Erstellung des Newsletters und der darin enthaltenen Informa- tionen ist Rödl & Partner stets um größtmögliche Sorgfalt bemüht, Herausgeber: Rödl GmbH Rechtsanwaltsgesell- jedoch haftet Rödl & Partner nicht für die Richtigkeit, Aktualität und schaft Steuerberatungsgesellschaft Wirtschafts- Vollständigkeit der Informationen. Die enthaltenen Informationen sind nicht auf einen speziellen Sachverhalt einer Einzelperson oder prüfungsgesellschaft einer juristischen Person bezogen, daher sollte im konkreten Ein- Äußere Sulzbacher Str. 100, 90491 Nürnberg zelfall stets fachlicher Rat eingeholt werden. Rödl & Partner über- Tel.: + 49 911 9193 1325 | www.roedl.de nimmt keine Verantwortung für Entscheidungen, die der Leser auf- harald.reitze@roedl.com grund dieses Newsletters trifft. Unsere Ansprechpartner stehen gerne für Sie zur Verfügung. Der gesamte Inhalt des Newsletters und der fachlichen Informatio- Verantwortlich für den Inhalt: nen im Internet ist geistiges Eigentum von Rödl & Partner und steht Harald Reitze / Jörg Schielein unter Urheberrechtsschutz. Nutzer dürfen den Inhalt des Newslet- Äußere Sulzbacher Str. 100, 90491 Nürnberg ters nur für den eigenen Bedarf laden, ausdrucken oder kopieren. Jegliche Veränderungen, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffent- liche Wiedergabe des Inhalts oder von Teilen hiervon, egal ob on- Redaktion/Koordination: oder offline, bedürfen der vorherigen schriftlichen Genehmigung Johannes Gruber/ Andreas Griebel von Rödl & Partner. Äußere Sulzbacher Str. 100, 90491 Nürnberg 4
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