VERSTÄRKTE ZUSAMMEN ARBEIT ERÖFFNET CHANCEN - G20-COMPACT WITH AFRIC A: EINE PARTNERSCHAFT FÜR DIE ZUKUNFT

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VERSTÄRKTE ZUSAMMEN ARBEIT ERÖFFNET CHANCEN - G20-COMPACT WITH AFRIC A: EINE PARTNERSCHAFT FÜR DIE ZUKUNFT
WIRTSCHAFTSPOLITIK

                                          VERSTÄRKTE
                                          ZUSAMMEN­A RBEIT
                                          ERÖFFNET CHANCEN
                                          G20 - COM PAC T W I TH A FR IC A: ­
                                          E IN E PA RTN ER SCH A F T F
                                                                     ­ Ü R DIE ZU K U N F T
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VERSTÄRKTE ZUSAMMEN ARBEIT ERÖFFNET CHANCEN - G20-COMPACT WITH AFRIC A: EINE PARTNERSCHAFT FÜR DIE ZUKUNFT
WIRTSCHAFTSPOLITIK

A
         frika ist ein facettenreicher Kontinent mit
         großen Potenzialen als Wirtschafts- und
         Investitionsstandort. Er bietet einzigartige
Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Die Intensivie-

                                                                     12
rung der wirtschaftlichen Partnerschaft mit Afrika
ist für Deutschland ebenso wie für die EU ein wich-
tiges Thema. Eine besondere Rolle spielen dabei die
reformorientierten Staaten des sogenannten G20-
Compact with Africa (CwA): Ägypten, Äthiopien,
Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Ghana, Guinea,                                         LÄNDER
Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien.                                 gehören zu den afrikanischen
      Auch in diesem und dem nächsten Jahr gibt                              Compact-Staaten.
es zentrale Meilensteine auf dem Weg zu einer ver-
tieften Partnerschaft der EU und der Gruppe der 20
wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20)
mit Afrika. Dazu gehört die nunmehr vierte Konfe-
renz im Rahmen des G20-Compact with Africa.
Weitere Meilensteine sind der Verhandlungsab-
schluss zum Folgeabkommen der EU mit den AKP-           Dabei arbeiten die teilnehmenden afrikanischen        IN KÜRZE
Staaten (Afrika, Karibik und Pazifik) sowie der Gip-    Länder im Rahmen von Investitionspartnerschaften
fel der EU mit der Afrikanischen Union (AU) 2022.       („Compacts“) jeweils mit einem Partnerland aus        Reformen und
                                                                                                              Fördermaßnah-
                                                        dem Kreis der G20 sowie internationalen Organi-
                                                                                                              men für mehr
DER G20-COMPACT WITH AFRICA                             sationen zusammen – beispielsweise der Weltbank,
                                                                                                              ­Privatinvestitionen
                                                        dem Internationalen Währungsfonds und der Af-
Die Initiative G20-Compact with Africa wurde 2017       rikanischen Entwicklungsbank – , um gemeinsam

                                                                                                                                     33
unter deutscher G20-Präsidentschaft ins Leben ge-       länderspezifische Reformprogramme und Förder-
rufen. Ihr Ziel ist es, gemeinsam die Rahmenbe-         maßnahmen für mehr Privatinvestitionen zu ent-
dingungen für Privatinvestitionen und Infrastruktur     wickeln. Die Reformen werden von den Compact-

                                                                                                                                     S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021
sowie Beschäftigungsmöglichkeiten in den teil-          Ländern umgesetzt, beispielsweise in der Finanz-
nehmenden afrikanischen Ländern (Compact-               und Wirtschaftspolitik. Die G20-Länder koordinie-
Länder) zu verbessern (Artikel: „Aufbruch nach          ren die Fördermaßnahmen und vernetzen zugleich
Afrika“, Schlaglichterausgabe Dezember 2019).           die Partnerländer mit internationalen Investoren.
  www.bmwi.de/sdw-2019-12-afrika.html                   Alle Akteure treffen sich regelmäßig in sogenannten
      Voraussichtlich dieses Jahr lädt Bundeskanz-      Compact-Teams, die in sämtlichen Partnerländern
lerin Merkel zur bereits vierten Konferenz des          eingerichtet wurden.
G20-Compact with Africa ein. Bei der Konferenz
treffen sich die Staats- und Regierungschefinnen
und -chefs der zwölf afrikanischen Compact-Län-
                                                        BMWI UNTERSTÜTZT
der mit Teilnehmenden aus den G20-Staaten und           UNTERNEHMEN
internationalen Organisationen zum gemeinsamen          BEI IHREN PROJEKTEN
Austausch.
      Der G20-Compact with Africa ist in Afrika auf     IN AFRIKA.
großes Interesse gestoßen. So beteiligen sich ge-
genwärtig bereits zwölf Staaten. Viele weitere sind     Das BMWi unterstützt gezielt deutsche Unterneh-
interessiert. Die Initiative ist zentrales Element      men bei Projekten in den afrikanischen Staaten mit
einer neuen Kooperation mit Afrika, die sich eine       dem Instrumentarium der Außenwirtschaftsför-
Partnerschaft auf Augenhöhe zum Ziel gesetzt hat.       derung, um Investitionen deutscher Unternehmen
                                                        und den Handel zu stärken. Dabei stehen insbeson-
                                                        dere die Compact-Länder im Fokus. Zuletzt wurden
                                                        sämtliche Instrumente der Außenwirtschaftsför-
                                                        derung des BMWi auf den Prüfstand gestellt und
                                                        mit Blick auf die spezifischen Erfordernisse insbe-
                                                        sondere der Compact-Länder neu justiert.
VERSTÄRKTE ZUSAMMEN ARBEIT ERÖFFNET CHANCEN - G20-COMPACT WITH AFRIC A: EINE PARTNERSCHAFT FÜR DIE ZUKUNFT
WIRTSCHAFTSPOLITIK

                                                              Ein wichtiges Element sind dabei verbesserte Kon-
                                                              ditionen bei den Exportkredit- und den Investiti-
                                                              onsgarantien für die Compact-Länder. Darüber
                                                              hinaus wurden die Präsenz der Auslandshandels-
                                                              kammern und das Beratungs- und Informations-            allesamt Mitglieder des G20-Compact with Africa –
                                                              angebot der bundeseigenen Wirtschaftsförderge-          verdeutlichen beispielhaft, dass sich ein differen-
                                                              sellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) gestärkt     zierter Blick auf länderspezifische Charakteristika
                                                              und ausgeweitet. 2019 nahm zudem das Wirt-              und Potenziale und eine jeweils spezifische Heran­
                                                              schaftsnetzwerk Afrika (WNA) des BMWi seine Tä-         gehensweise in der Außenwirtschaftsförderung
                                                              tigkeit auf. (Artikel: „Das Wirtschaftsnetzwerk Afri-   lohnen:
                                                              ka erweitert sein Angebot“, Seite 24). Nicht zuletzt          Ghana liegt im Westen Afrikas und zählt rund
                                                              wurde das Markterschließungs- und Auslandsmes-          30 Millionen Einwohner. Die wirtschaftsfreundliche
                                                              seprogramm mit Blick auf die Compact-Staaten            Regierung des Landes verfolgt das Ziel, die Wirt-
                                          IN KÜRZE            deutlich erweitert. Auch die Exportinitiative Ener-     schaft stärker zu diversifizieren. Sie treibt mit der
                                                              gie berücksichtigt den G20-Compact with Africa bei      Transformationsagenda „Ghana Beyond Aid“ wich-
                                           Außenwirt-         Maßnahmen der sektorspezifischen Außenwirt-             tige Reformen voran, die unter anderem auf die
                                           schaftsförderung
                                                              schaftsförderung. Seit 2019 wurden zudem diverse        Entwicklung vom Rohstoffexporteur hin zu mehr
                                           unterstützt
                                                              Verwaltungspartnerschaften ins Leben gerufen, um        Wertschöpfung im eigenen Land zielen. Das Land
                                          ­Unternehmen ­
                                           vor Ort            für die Wirtschaft relevante Verwaltungsstrukturen      konnte in der letzten Dekade einen stetigen Wachs-
                                                              zu modernisieren.                                       tumstrend verzeichnen. Insbesondere der Öl-, Gas-
                                                                    Die globale Ausbreitung der Corona-Pande-         und Nahrungsmittelsektor spielen dabei eine we-
                                                              mie hat auch die Compact-Länder nicht unberührt         sentliche Rolle. Aufgrund der politischen Stabilität
                                                              gelassen. Laut diesjährigem „G20-Compact with           bietet Ghana einen attraktiven Markt in der Region
                                                              Africa Monitoring-Bericht“ der Weltbank-Gruppe          Westafrika. Im Jahr 2019 haben Ghana und Deutsch-
                                                              bewirkte die konsequente Umsetzung von Reformen         land eine Gemischte Wirtschaftskommission ini­
                                                              allerdings eine vergleichsweise hohe wirtschaftliche    tiiert, wodurch deutsche und ghanaische Unter-
                                                              Resilienz vieler Compact-Länder im Vergleich zu         nehmen bei ihren Wirtschaftsbeziehungen noch
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                                                              anderen Staaten des Kontinents. Für 2021 wird für       bessere Unterstützung erhalten.
                                                              die Compact-Länder ein Wirtschaftswachstum von                Äthiopien bietet wirtschaftlich viele Chancen,
                                                              3,4 % prognostiziert.                                   die äthiopische Regierung geht notwendige wirt-
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                                                                                                                      schaftspolitische Reformen gezielt an. Die Regie-
                                                              AFRIKA: EIN FACETTENREICHER                             rung verabschiedete jüngst einen Entwicklungsplan
                                                              KONTINENT                                               für die nächste Dekade (2021 – 2030). Durch schnel-
                                                                                                                      les, nachhaltiges und breitenwirksames Wachstum
                                                              In Afrika gibt es insgesamt 54 Länder, davon 49         (10 % jährlich bis 2030) will Äthiopien bis 2025 ein
                                                              in Subsahara-Afrika. Die folgenden Steckbriefe der      middle-income Land werden. In der Region Ost-
                                                              Subsahara-Länder Ghana, Äthiopien und Ruanda –          afrika ist Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen

                                                                                                                       HOHE WACHSTUMS-­
                                                                                                                       ERWARTUNGEN BEIM
                                                                                                                      ­H ANDELSPARTNER

                                              3,4 %
                                                 BEI
                                                                                                                      ­ÄTHIOPIEN
                                                                                                                      Einwohnern nach Kenia der zweitwichtigste Han-
                                                                                                                      delspartner der deutschen Wirtschaft und wies in
                                                                                                                      den vergangenen Jahren ein stetiges Wirtschafts-
                                                                                                                      wachstum auf. Zur Unterstützung der vielfältigen
                                                         liegt die Wachstumserwartung
                                                                                                                      Reformprozesse des Landes und um die Zusammen-
                                                         für die Compact-Länder 2021.
                                                                                                                      arbeit zwischen Deutschland und Äthiopien zu stär-
                                                                                                                      ken, wurde 2019 eine alle zwei Jahre tagende Bina-
                                                                                                                      tionale Kommission mit Äthiopien eingerichtet. In
                                                                                                                      diesem Rahmen leitet das BMWi eine Arbeitsgrup-
                                                                                                                      pe Wirtschaft und Energie.
WIRTSCHAFTSPOLITIK

                                                                                                 GROSSE
                                                                                                 P OT E N Z I A L E
                                                                                                 IM ENERGIE-,
                                                                                                 DIG I TA L I S I E-
                                                                                                 RUNGS- UND ­
                                                                                                 AU TO M O B I L­
                                                                                                 S E K TO R

                                                                                                                       35
                                                                                                                       S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021
                                                       EINZIGARTIGE MÖGLICHKEITEN DER
                                                       ZUSAMMENARBEIT

Ruanda ist mit seinen 12 Millionen Einwohnern          Die Instrumente der bilateralen Wirtschaftszusam-
eines der kleinsten Compact-Länder. Es gilt als Vor-   menarbeit mit den Compact-Ländern und der Au-
zeige-Staat in Bezug auf die Modernisierung seiner     ßenwirtschaftsförderung stehen branchenübergrei-
Wirtschaft und trägt sogar den Spitznamen „die         fend zur Verfügung. Große Potenziale bieten sich
Schweiz Afrikas“. Das Land in Ostafrika verfügt über   insbesondere in den Sektoren Energie, Digitalisie-
eine gute Organisation; Kriminalität und Korrup-       rung und Automobilwirtschaft – nicht nur in den
tion sind vergleichsweise gering. Insbesondere im      Compact-Ländern, sondern auch darüber hinaus.
Bereich Start-ups bietet Ruanda interessante Mög-
lichkeiten für Unternehmen. Das BMWi unterstützt       Energie
seit 2020 das Projekt „StArfrica – Startup Germany-    Viele afrikanische Staaten weisen besondere Po-
Africa“, das Existenzgründungen aus der Wissen-        tenziale zur Energiegewinnung aus erneuerbaren
schaft und die Vernetzung deutscher und ruandi-        Quellen auf. Darüber hinaus besteht ein großer
scher Start-ups fördert. Der G20-Compact with          Bedarf an Investitionen in die Energieinfrastruk-
Africa bietet dem kleinen Land zudem eine Chance,      tur. Schätzungen zufolge sind in Subsahara-Afri-
seine Infrastruktur gezielt zu stärken und besseren    ka rund zwei Drittel der Bevölkerung nicht an die
Anschluss an internationale Märkte zu gewinnen.        Stromversorgung angeschlossen. Aber auch das
                                                       starke Bevölkerungswachstum und eine wachsen-
                                                       de Mittelschicht tragen zum Bedarf an modernen
                                                       Energielösungen bei.
WIRTSCHAFTSPOLITIK

                                          Mit Äthiopien hat das BMWi eine projektbasierte
                                          Energiekooperation abgeschlossen. Sie umfasst u. a.
                                          die Modernisierung eines Wasserkraftwerkes. Ein
                                          laufendes Projekt zur Erneuerung eines bestehen-
                                          den Wasserkraftwerks soll potenziellen Partnern
                                          vor Ort veranschaulichen, welche Effizienzgewinne
                                          deutsche Unternehmen für die bestehenden äthio-
                                          pischen Wasserkraftwerke leisten können.
                                               Im Einklang mit den internationalen Klima-
                                          zielen fördert das BMWi außerdem Kooperationen
                                          insbesondere im Bereich klimafreundlicher Ener-
                                          gietechnologien. Im Rahmen der Exportinitiative
                                          Energie (EIE) werden Unternehmen mit nachhal-
                                          tigen Energielösungen bei ihrem Eintritt in afrika-
                                          nische Märkte insbesondere durch das Projektent-                          Dies machen sich bereits viele namhafte Unter-
                                          wicklungsprogramm (PEP) für Entwicklungs- und                             nehmen zu Nutze. Der IKT-Sektor trägt über 10 %
                                          Schwellenländer unterstützt. Zudem unterhält das                          zum nationalen BIP bei. Digitalisierungsstrate-
                                          BMWi weitere Energiepartnerschaften mit Ma-                               gien der Regierung und von Unternehmen bieten
                                          rokko, Tunesien, Algerien und Südafrika.                                  auch künftig noch weitere Chancen für deutsche
                                               Durch die Ausbildungsleistung vieler deut-                           Unternehmen.
                                          scher Unternehmen im afrikanischen Energie-
                                          sektor wird deutsches Erfahrungswissen weiter­                            Automobilindustrie
                                          gegeben und in qualifizierte Ausbildung und Be-                           Einige deutsche Unternehmen aus der Automobil-
                                          schäftigung vor Ort investiert.                                           branche, darunter bedeutende Hersteller ebenso
                                                                                                                    wie Zulieferer, haben in Standorte in ganz Afrika
                                          Digitalisierung                                                           investiert.
                                          Der Bedarf an digitalen Technologien und Dienst-                               Die Compact-Länder Ghana und Ruanda
36

                                          leistungen in Afrika steigt enorm. Viele afrikanische                     werden von der Automobilindustrie – neben Süd-
                                          Regierungen setzen hohe Erwartungen in die Digi-                          afrika – als Länder mit besonderen Chancen in
                                          talisierung der Wirtschaft. Insbesondere in den Be-                       Subsahara-Afrika benannt. Produktionsstandorte
S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021

                                          reichen Gesundheit und Bildung, Landwirtschaft                            deutscher Hersteller umfassen außerdem Alge-
                                          sowie im Industrie- und Dienstleistungssektor                             rien, Kenia und Nigeria. Andere internationale
                                          können mit digitalen Lösungen erhebliche Fort-                            Hersteller produzieren darüber hinaus in Ägypten,
                                          schritte und Verbesserungen erreicht werden.                              Kenia und Marokko. In Ruanda hat ein deutscher
                                                Das BMWi unterhält mit dem Reformland                               Automobilhersteller ein Pilotprojekt zur Elektro-
                                          Äthiopien zwei Verwaltungspartnerschaften im                              mobilität lanciert.
                                          Bereich Digitalisierung. Mit dem äthiopischen Mi-
                                          nisterium für Innovation und Technologie (MInT)                           MAROKKO, TUNESIEN,
                                          werden zum einen Wege zur Digitalisierung des
                                          Logistiksektors in Äthiopien besprochen; zum an-
                                                                                                                    GHANA, RUANDA ZIEHEN
                                          deren ist eine Verwaltungspartnerschaft zur Ver-                          AUTOZULIEFERER AN.
                                          besserung der Rahmenbedingungen für Start-ups
                                          in der Digitalwirtschaft in Planung. Ziel ist es, zu                      Marokko und Tunesien haben sich als Standorte
                                          effizienteren, digitalen Verwaltungsprozessen bei-                        namhafter Automobilzulieferer etabliert: Mit seiner
                                          zutragen.                                               IN KÜRZE          Industriestrategie 2014 – 2020 hat Marokko neben
                                                Tunesien gilt als etablierter IT-Standort und                       großen Herstellern auch Zulieferer anziehen kön-
                                          Start-up-Hub für die Branche. Von den fast 12 Mil-      Tunesien ist      nen, die wesentlich zur Wertschöpfung im Land
                                          lionen Einwohnern arbeiten über 100.000 im IT-          ein etablierter   beitragen. Insgesamt erzielte die Automobilbran-
                                                                                                  IT-Standort
                                          Bereich. Die Beschäftigten gelten hier als so gut                         che des Landes im Jahr 2019 einen Umsatz von über
                                                                                                  mit vielen gut
                                          qualifiziert, dass „brain drain“ eine Gefahr für den                      7 Milliarden US-Dollar. Dabei entwickelte sich das
                                                                                                  ausgebildeten
                                          Sektor ist. Jährlich schließen in Tunesien rund 8000    Fachkräften.      Land von einem Billiglohnland zu einem Qualitäts-
                                          Menschen ein Hochschulstudium im IT-Bereich ab.                           standort. Mit der aktuellen Industriestrategie 2021-
                                                                                                                    2023 möchte Marokko die lokale Wertschöpfung
                                                                                                                    im Automobilbereich von 60 auf 80 % steigern und
                                                                                                                    insbesondere mit guter Infrastruktur, darunter der
WIRTSCHAFTSPOLITIK

Hafen von Tanger, überzeugen. Marokkos beson-                              POST-COTONOU-
dere Rolle für die Automobilindustrie soll durch
das gegenwärtig entstehende erste Automobil-Test-
                                                                           ABKOMMEN SOLL 2022
zentrum Afrikas unterstrichen werden. Tunesien                             IN KRAFT TRETEN.
ist ein bedeutender Beschaffungsmarkt für die
internationalen Automobilhersteller insbesondere
im Bereich Elektrik/Elektronik. Deutsche Automo-
bilzulieferer gehören zu den größten Arbeitgebern        Seit dem Jahr 2000 finden regelmäßige Gipfeltref-
im Land und engagieren sich in Aus- und Weiter-          fen zwischen Afrika (seit ihrer Gründung im Jahr
bildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.          2002: der Afrikanischen Union) und der EU statt,
                                                         um eine strategische Zusammenarbeit zu unter-
Panafrikanische Freihandelszone                          mauern. Im März 2020 veröffentlichte die EU ei-
Neben branchenbezogenen Kooperationsmöglich-             nen Vorschlag für eine neue umfassende EU-Af-
keiten bietet perspektivisch auch die Afrikanische       rika-Strategie. Darin ist vorgesehen, die bestehende
Freihandelszone (African Continental Free Trade          Strategie von 2007 unter anderem zu den Themen
Area, AfCFTA) neue Potenziale für verstärkte Ver-        grüne Wende, digitaler Wandel, Frieden und Si-
netzungen mit Afrika (Artikel: „Die panafrikanische      cherheit, Migration sowie Investitionen und Han-
Freihandelszone AfCFTA – der Weg zu einem inte-          del zu ergänzen und zu vertiefen. Eine gemeinsa-
grierten, aufstrebenden und friedlicheren Afrika?“).     me Strategie soll beim nächsten Gipfeltreffen der
   www.bmwi.de/sdw-2019-09-onlinemagazin-                EU und AU im Frühjahr 2022 verabschiedet werden.
themen-analysen.html
      Die AfCFTA trat am 1. Januar 2021 in Kraft.        AUSBLICK: DIE EU-AFRIKA-WIRTSCHAFTS-
Ziel der AfCFTA ist es, Zölle und nicht-tarifäre         BEZIEHUNGEN STÄRKEN
Handelshemmnisse zwischen den Staaten und auf
dem ganzen Kontinent abzubauen. Damit soll der           Die Bundesregierung und die EU möchten mit den
gegenwärtig sehr geringe Binnenhandel Afrikas            afrikanischen Partnern das Potenzial für mehr In-
maßgeblich gesteigert werden. Ein gemeinsamer            vestitionen und Handel erschließen und so einen

                                                                                                                 37
afrikanischer Binnenmarkt wird nicht nur afrika-         weiteren positiven Beitrag zur Entwicklung des
nischen, sondern auch europäischen Unternehmen           Kontinents leisten. Im Rahmen der gemeinsamen
neue Chancen bieten.                                     Zusammenarbeit soll die wirtschaftliche Partner-

                                                                                                                 S C H L A G L I C H T E R J U L I 2 021
                                                         schaft kontinuierlich weiterentwickelt und gestärkt
SÄULEN DER EU-AFRIKA-POLITIK                             werden. Sowohl europäischen als auch afrikani-
                                                         schen Unternehmen und Investoren soll der Zugang
Die Beziehungen der EU mit Afrika ruhen auf meh-         zu beiden Märkten erleichtert werden. Die Maßnah-
reren Säulen, insbesondere dem Cotonou-Abkommen          men und Reformen im Rahmen des G20-Compact
mit Subsahara-Afrika aus dem Jahr 2000 sowie der         with Africa zeugen bereits von positiven Auswirkun-
Gemeinsamen Strategie Afrika-EU von 2007. Beide          gen für beide Seiten und verbesserten Bedingungen
regeln die Beziehungen beider Partner unter poli-        für bilaterale wirtschaftliche Kooperationen. Für die
tischen, wirtschaftlichen sowie entwicklungsrele-        künftigen Beziehungen werden im kommenden
vanten Gesichtspunkten.                                  Jahr mit Inkrafttreten des Post-Cotonou-Abkom-
      Mit den nordafrikanischen Staaten Ägypten,         mens und dem Dialog im Rahmen des EU-AU-Gip-
Algerien, Marokko und Tunesien bestehen im Rah-          fels wesentliche Grundsteine gelegt.
men der europäischen Nachbarschaft Assoziierungs-
abkommen. Diese politischen Abkommen enthalten
                                                                                 KONTAKT
auch Handelsregeln. Verhandlungen über sogenann-
te vertiefte und umfassende Freihandelszonen mit            VALERIE PACH
diesen Staaten, die weitere Handels­aspekte betreffen,      Referat: Subsahara-Afrika
konnten bislang nicht finalisiert werden. Das Abkom-
men von Cotonou regelt insbesondere die Handels-            SABINE DOMKE
                                                            Referat: Nordafrika, Naher und Mittlerer Osten
beziehungen der EU mit Subsahara-Afrika. Es wurde
im Dezember 2020 als sogenanntes Post-Cotonou-
                                                            Webseite des G20-Compact with Africa: ­
Abkommen verlängert und soll 2022 in Kraft treten.          www.compactwithafrica.org

                                                            schlaglichter@bmwi.bund.de
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