Vertretung in der Kindertagespflege - Grundlagen und Ansätze - eine sächsische Arbeitshilfe - IKS Sachsen
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Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen Vertretung in der Kindertagespflege Grundlagen und Ansätze – eine sächsische Arbeitshilfe Gefördert durch das Sächsische Staatsministerium für Kultus
Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen Impressum Herausgeber: Deutscher PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband Landesverband Sachsen e.V. Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen Stiftstraße 11, 08056 Zwickau V.i.S.d.P. Michael Richter, Landesgeschäftsführer PARITÄTISCHER Sachsen Redaktion: Simone Kühnert, Ulrike Czech, Katharina Schlieper Satz und Druck: Druckerei Lißner Stand: Dezember 2013
Inhalt Zu dieser Broschüre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1. Vertretungssysteme in der Kindertagespflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Situation in Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3. Gesetzliche Grundlagen der Kindertagespflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 4. Rechtlicher Rahmen für Vertretungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 5. Anforderungen an gelingende Vertretungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 5.1. Anforderungen aus Sicht der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 5.2. Anforderungen aus Sicht der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 5.3. Anforderungen aus Sicht der Kindertagespflegepersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 5.4. Anforderungen aus Sicht der Vertretungsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 5.5. Anforderungen aus Sicht der Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 5.6. Anforderungen aus Sicht des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe . . . . . . . . . . . . . 14 5.7. Auf einen Blick: Vorteile für alle Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 6. Weg zu einem passenden Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 7. Vertretungsmodelle in der Kindertagespflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 7.1. Die mobile Ersatz-Kindertagespflegeperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 7.2. Stützpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 7.3. Vier plus Eins – Das Netzwerk (Team) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 7.4. Drei plus Eins – verzahntes Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 7.5. Tandem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 7.6. Kindertageseinrichtung – Kindertagespflege – Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 7.7. Vertretung in eigener Verantwortung der Kindertagespflegeperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 7.8. Vertretungspool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 7.9. Kooperation mit Vereinen, Mehrgenerationshaus, Familienzentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 8. Sächsisches Praxisbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 8.1. Stadt Heidenau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 8.2. Stadt Plauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 8.3. Stadt Radebeul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 -3-
Zu dieser Broschüre Wenn Eltern ihre Kinder in ein Betreuungsangebot geben, erwarten Sie nicht nur pädagogisch wert- volle und liebevolle Zuwendung. Gerade vor dem Hintergrund beruflicher Tätigkeit spielt die Zuverlässigkeit des Angebots eine wichtige Rolle. So ist eine Entscheidung gegen die Kindertages- pflege selten in der Ablehnung des Betreuungskonzepts selbst begründet als vielmehr in einer feh- lenden Vertretungsregelung. Doch auch Kindertagespflegepersonen sind daran interessiert, die ihnen anvertrauten Kinder im Fall ihrer Abwesenheit gut betreut zu wissen. Eine funktionierende Vertretungsregelung ist daher ein ent- scheidender Qualitätsaspekt für die Kindertagespflege selbst sowie deren Anerkennung als verlässli- che Betreuungsform. In Sachsen gibt es keine einheitlichen Vertretungsregelungen. Es haben sich erste, je nach Anfor- derungen und Rahmenbedingungen unterschiedliche Modelle entwickelt. Diese Broschüre stellt jene Modelle vor, die in der Praxis am häufigsten angewendet werden und bietet somit mögliche Lösungsansätze für die Umsetzung vor Ort. Dabei wird auf die praktischen Erfahrungen bereits exi- stierender sowie erst kürzlich entwickelter Regelungen zurückgegriffen. Ferner finden die jeweiligen Sichtweisen der beteiligten Akteure am System Kindertagespflege Berücksichtigung. Denn ein Vertretungsmodell funktioniert nur, wenn zusätzliche Mittel bereitgestellt werden und sich alle betei- ligten Partner mit der Lösung identifizieren können. Da sachsenweit rund 98% der Tagesmütter und Tagesväter ihre Tätigkeit als Selbstständige ausüben, ist die Broschüre hauptsächlich auf diese Beschäftigungsform ausgerichtet. Mögliche Vertretungs- regelungen in der Form von Festanstellung werden nur am Rand erwähnt. Bei allen vorgestellten Regelungen steht das Wohl des zu betreuenden Kindes an erster Stelle. Die Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen (IKS) möchte mit der vorlie- genden Publikation ein besseres Verständnis der unterschiedlichen Perspektiven von Eltern, Kinder- tagespflegepersonen, Kommunen und Jugendämtern bei der Etablierung von Vertretungsregelun- gen erwecken und diese für einander nachvollziehbar und transparent aufzeigen. So soll die Chance auf eine praktikable Lösung für alle Beteiligten begünstigt werden. Sichere Vertretungsregelungen tragen zur Stabilisierung der familiennahen Betreuung bei und gehören zu einer guten Qualität der Kindertagespflege dazu. Kindertagespflege (KTP) ist eine familiennahe Form der Kinderbetreuung, die vorrangig in den ersten drei Lebensjahren erfolgt. Die Kindertagespflegeperson betreut in privaten oder ange- mieteten Wohnräumen maximal bis zu fünf gleichzeitig anwesende, fremde Kinder.Tagesmütter und Tagesväter arbeiten in der Regel allein. In Sachsen gibt es derzeit keine Formen von Großtagespflege. Die Kindertagespflege ist rechtlich der institutionellen Kindertagesbetreuung gleichgestellt. -4-
1. Vertretungssysteme in der Kindertagespflege Kindertagesbetreuung ist neben Bildung und Zusammenarbeit mit Institutionen oder Unter- Erziehung auch eine Frage von Vertrauen und nehmen kann neue Möglichkeiten eröffnen. Zuverlässigkeit. Gleichzeitig ist sie eine qualifi- zierte Dienstleistung, auf die sich alle Beteiligten Für Kindertagespflegepersonen kommt schließ- verlassen. Eine adäquate Vertretungsregelung ist lich noch der Aspekt des fairen Wettbewerbs daher ein fester Bestandteil, wenn man die hinzu. Eine funktionierende Vertretungsregelung Qualität dieses Angebots zu festigen wünscht. gleicht einen schwerwiegenden Wettbewerbs- nachteil der Kindertagespflege aus und stellt Die zuverlässige Kinderbetreuung eröffnet den eine Umsetzung der gesetzlich verbrieften Heranwachsenden einen zusätzlichen Bildungs- Gleichwertigkeit zur institutionellen Kinder- raum außerhalb der eigenen Familie, in dem sie betreuung dar. soziale Kompetenzen erlernen und überdies eine In der Regel werden Urlaubs- und Schließzeiten gezielte Förderung der eigenen Fähigkeiten er- zwischen Kindertagespflegepersonen und Eltern halten. Ferner ermöglicht sie den Eltern eine per- abgestimmt, so dass in dieser Zeit meist keine sönliche Lebensgestaltung neben dem Erzieh- Ersatzbetreuung notwendig wird. Die Ersatz- ungsauftrag sowie die Chance einer eigenen betreuung greift daher insbesondere bei unvor- Erwerbstätigkeit. Insbesondere für eine kontinu- hersehbaren Schließzeiten, wie beispielsweise im ierliche Berufstätigkeit der Eltern ist die Stabilität Krankheitsfall. Zum Tragen kommt ihre Notwen- des Betreuungsangebots überaus wichtig. digkeit, wenn die Eltern im familiären Umfeld keine Alternativbetreuung sicherstellen können Eine funktionierende Vertretungsregelung ent- und/oder eine Ersatzbetreuung explizit wün- lastet nicht nur die Kindertagespflegeperson von schen. Bei unvorhersehbaren Schließzeiten von ihrem permanenten Druck, das Betreuungs- Kindertagespflegepersonen ist eine Vertretungs- angebot auch in schwierigen Situationen, wie regelung gesetzlich gefordert und vom zuständi- beispielsweise im Krankheitsfall, vorzuhalten. gen Jugendamt nach § 23 SGB VIII bzw. der Auch bei den Eltern stärkt sie das Vertrauen, stets Kommune und dem Jugendamt gemäß dem eine gute Betreuung für ihr Kind vorzufinden. ‚Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kin- Eine Ersatzbetreuung ermöglicht demnach eine dern in Tageseinrichtungen‘ (SächsKitaG) zu kontinuierliche und verlässliche Versorgung. gewährleisten. Nicht zu vernachlässigen ist zudem der Aspekt Unvorhersehbare Ausfallzeiten erfordern ein einer notwendigen Vernetzung der ansonsten kurzfristiges, spontanes Umorganisieren einge- allein tätigen Kindertagespflegepersonen. Der spielter Routinen. Funktionierende Vertretungs- dafür erforderliche Austausch und die Koopera- systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie tion untereinander begünstigen einen Kompe- bereits im Vorfeld eine sichere Bindung zwischen tenzzuwachs der Beteiligten. Aber auch die infol- Vertretungsperson und Kindern aufbauen. Glei- ge einer Vertretungsregelung entstehende ches gilt für die Beziehung zwischen den Eltern -5-
und der Vertretungsperson. Ist eine Vertretung notwendig werden, verschiedene Modelle mit- notwendig, können Kinder und Eltern so kurzfri- einander zu kombinieren. Die gleichwertige stig in eine bereits vertraute Struktur wechseln. Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürf- Insbesondere für Kinder ist dies ein wesentlicher nisse aller Beteiligten ist dabei zu beachten. Für Faktor, wie die Entwicklungs- und Bindungsfor- das Gelingen der Vertretungslösung ist wesent- schung bei Kindern deutlich gezeigt hat. lich, dass das gewählte Modell bei allen Beteiligten (Kindertagespflegeperson, Vertre- Die Bedürfnisse der Kinder sind zentral für den tungskraft, Familien, Kommunen und Jugend- Aufbau eines Vertretungssystems. Darüber hin- amt) auf größtmögliche Akzeptanz stößt und aus müssen jedoch die Bedarfe und Möglich- jeweils mitgetragen wird. keiten aller Beteiligten einfließen. Von daher empfiehlt es sich, diese in die Entwicklung der Anforderungen an eine Vertretungsregelung: jeweiligen Vertretungsregelung einzubinden. Die • Tauglichkeit für die besonderen Bedürfnisse Koordination dieses Prozesses obliegt vornehm- von Kindern unter drei Jahren lich der örtlichen Fachberatung. Sie steht mit in • Berücksichtigung der Selbstständigkeit und der Verantwortung, Vertretungslösungen zu Struktur der familiennahen Kindertagespflege unterstützen, zu begleiten oder zu moderieren • Anpassung an die regionalen Besonderheiten und ggf. konfliktlösend zu wirken. Die Kinder- und das Konzept der Kindertagespflegestelle tagespflegepersonen können hier auf Grund • weitgehende Akzeptanz bei allen regionalen ihrer Kenntnis der Gegebenheiten und auch des Partnern / Beteiligten praktisch Machbaren entscheidende Impulse einbringen. In der Regel sind sie selbst am besten Ein gutes Vertretungssystem ermöglicht: in der Lage, eine passende Vertretungsperson zu • eine vertraute, finanzierte Vertretungsperson benennen. • Planungssicherheit für Familien und die Kinder- tagespflegeperson Mehrere Vertretungsmodelle haben sich in der • regelmäßige gemeinsame Aktivitäten von Ver- Praxis entwickelt. Grundsätzlich gilt, dass es nicht tretungspersonen, Kindertagespflegepersonen das eine richtige Modell und nicht nur die eine und den zu betreuenden Kindern Möglichkeit der Vertretung gibt. Für jede spezifi- • qualitätssichernden Austausch im Netzwerk sche Situation sollte eine passende Lösung mit- der Kindertagespflegepersonen einander erarbeitet und an die Gegebenheiten • Wettbewerbsausgleich für Kindertagespflege- vor Ort angepasst werden. Hierfür kann es ggf. personen -6-
2. Situation in Sachsen Die Kindertagespflege ist sowohl in den zehn Verteilung öffentlich geförderter Kindertages- Landkreisen als auch den drei kreisfreien Städten pflegeplätze nach SächsKitaG auf Landkreise und des Freistaates Sachsen recht unterschiedlich Kreisfreie Städte: (Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen) entwickelt. Selbst innerhalb der Landkreise las- sen sich auf der kommunalen Ebene unterschied- Kreisfreie Städte/ Kinder in der liche Ausprägungen finden. Die regionale Situa- Landkreis (LK) KTP tion der Kindertagespflege ist stark von der Hal- Chemnitz 254 tung der zuständigen Verwaltung und der damit verbundenen Vorgehensweise bei der Umset- Dresden 1741 zung des gesetzlichen Anspruchs abhängig. Eine Leipzig 2399 Entwicklung die verwundert, denn die Kinder- Erzgebirgskreis 289 tagespflege steht im SächsKitaG als gleichwerti- Mittelsachsen 258 ges Angebot neben der institutionellen Kinder- betreuung. Vogtlandkreis 40 LK Zwickau 274 Nach Angaben des Sächsischen Landesamtes für LK Bautzen 292 Statistik wurden 6.930 Kinder in öffentlich geför- LK Görlitz 184 derter Kindertagespflege nach SächsKitaG durch LK Meißen 296 1.619 Kindertagespflegepersonen betreut (Stand 1.3.2013). Dies entspricht ca. 98% der in Kinder- Sächsische Schweiz – 580 tagespflege betreuten Kinder. Die IKS geht ent- Osterzgebirge sprechend der Befragung 2010 zusätzlich von LK Leipzig 200 rund zwei Prozent privater Kindertagespflege in Nordsachsen 123 Sachsen aus1. In der Regel werden in der Kindertagespflege Die Kommunen und Landkreise beschäftigen Kinder unter drei Jahren betreut. In Sachsen gibt sich seit längerem damit, den Anspruch auf es wenige Ausnahmen, in denen aufgrund Vertretung vor Ort umzusetzen. Handlungs- besonderer Entwicklungs- oder Familiensitua- empfehlungen sowie die Verbesserung von tionen, bzw. auf Elternwunsch auch über das drit- Rahmenbedingungen wurden von verschiede- te Lebensjahr hinaus diese Betreuungsform in nen Institutionen wie dem Deutschen Jugend- Anspruch genommen wird. Nach Angaben des institut, dem Sächsischen Städte- und Gemein- Statistischen Landesamtes betrug dieser Anteil detag und dem Staatsministerium für Soziales im Jahr 2013 rund vier Prozent aller Minderjähri- unterstützt. Eine Umsetzung des gesetzlichen gen in der Kindertagespflege. Anspruches auf Vertretung wurde bisher jedoch noch nicht flächendeckend realisiert. Entscheidend ist hierbei zunächst die Bereit- schaft der Kommunen, die Kosten für eine Ersatzbetreuung basierend auf dem gesetzlichen Auftrag zu übernehmen. Weiterhin ist der Wille notwendig, individuell passende Vertretungs- regelungen unter Einbeziehung der Beteiligten zu entwickeln. Es bedarf daher Zeitressourcen sowohl bei den Kindertagespflegepersonen, den Mitarbeiter(innen) in Kommunen sowie bei der zuständigen Fachberatung. Aber auch Eltern soll- ten an diesem Prozess beteiligt werden. 1 Vgl. Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege Sachsen (2011): Vernetzung – Stärkung – Professionalisierung der familiennahen Kindertagespflege in Sachsen. Untersuchung und Empfehlungen der Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen. Dresden, S. 6 -7-
3. Gesetzliche Grundlagen der Kindertagespflege Bundesebene: • Empfehlung des Landesjugendamtes Sachsen Die Kindertagespflege gehört zum Bereich der zu Leistungen der Jugendhilfe in Form von Kinder- und Jugendhilfe und ist seit 1991 im Kindertagespflege Achten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) • Qualitätskriterien für die Kindertagespflege im verankert. Im § 22 des SGB VIII sind die Grund- Freistaat Sachsen des Sächsischen Staatsminis- sätze der Kindertagesbetreuung sowohl für teriums für Kultus Kindertageseinrichtungen als auch die Kinder- • Muster-Vereinbarung zwischen Kommunen tagespflege geregelt. Letztere wird in § 23 SGB und Kindertagespflegepersonen des Sächsi- VIII näher spezifiziert. schen Städte- und Gemeindetages • kommunale Satzungen, Richtlinien und Aus- Um die Tagesbetreuungssituation für Kinder zu führungsbestimmungen verbessern, wurde das SGB VIII im Jahr 2005 durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) Der Freistaat Sachsen hat die Kindertagespflege und das Gesetz zur Weiterentwicklung der bereits 2006 in das SächsKitaG aufgenommen, Kinder- und Jugendhilfe (KICK) erheblich verän- was zu einem enormen Ausbau der Kindertages- dert. Mit dem TAG wurde eine Gleichstellung zwi- pflege führte. schen Kindertagespflege und institutioneller Betreuung angestrebt. Weiterhin wurden Leis- Die 2003 veröffentlichte und 2009 überarbeitete tungen zur Unfall-, Alters- und Krankenversiche- ‚Empfehlung des Landesjugendamtes Sachsen rung für Kindertagespflegepersonen im Gesetz zu Leistungen der Jugendhilfe in Form von Kin- aufgenommen. Mit dem Kinderförderungsgesetz dertagespflege‘ dient als Orientierungshilfe für (KiföG) erfuhr das SGB VIII 2009 eine weitere die rechtlichen und fachlichen Rahmenbedin- Änderung, die den Ausbau der Kindertages- gungen. Sie richtet sich an Kindertagespflege- betreuung und dessen Förderung insbesondere personen, Mitarbeiter(innen) der öffentlichen für Kinder unter drei Jahren begünstigte. Für und freien Jugendhilfe, Gemeinden und Eltern. Kindertagespflegepersonen veränderte sich Derzeit sind zwei Ausführungsformen der Kin- durch das KiföG das Erlaubnisverfahren. Einer dertagespflege in Sachsen üblich: Erlaubnis bedarf es seit dieser Änderung, wenn es sich um entgeltliche Kindertagespflege handelt, Kindertagespflege nach § 3 SächsKitaG die für mehr als 15 Wochenstunden über einen Die Kindertagespflegestelle ist im kommunalen Zeitraum von mehr als drei Monaten erbracht Bedarfsplan aufgenommen und damit ein kom- wird. Weiterhin wird die regelmäßige Vorlage munales Angebot. Daher ergibt sich eine Misch- eines aktuellen Führungszeugnisses verpflich- finanzierung durch den Freistaat Sachsen (Lan- tend. despauschale), die Kommune sowie die Eltern (Elternbeitrag). Die Verantwortung für die Bereit- Land und Kommune: stellung einer Vertretung sowie deren Finanzie- Einige Bundesländer haben auf der Grundlage rung trägt die Kommune in Abstimmung mit der Regelungen im SGB VIII Landesgesetze erlas- dem Jugendamt. sen. Diese eröffnen einen Gestaltungsspielraum für die kommunale Ebene, die ihrerseits mit Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII Empfehlungen und Verordnungen eine Steue- Die Kindertagespflegestelle ist nicht im kommu- rung vor Ort anstrebt. Die Empfehlungen führen nalen Bedarfsplan aufgenommen und somit ein im Ergebnis zu einer Regelungsvielfalt innerhalb Angebot des örtlichen Trägers der öffentlichen des Freistaates und seiner Landkreise. Die Jugendhilfe (Jugendamt). Die Finanzierung er- Rahmenbedingungen der Kindertagespflege in folgt durch das Jugendamt und die Eltern Sachsen werden durch folgende Dokumente (Elternbeitrag). Die Verantwortung für die Bereit- geprägt: stellung einer Vertretung sowie deren Finan- • Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kin- zierung trägt das Jugendamt. dern in Tageseinrichtungen (SächsKitaG) -8-
4. Rechtlicher Rahmen für Vertretungsregelungen „Wird Kindertagespflege nach § 3 Abs. 3 SächsKitaG erbracht, hat die Gemeinde mit der Tagespflege- person nach § 14 Abs. 6 SächsKitaG zwingend eine Vereinbarung abzuschließen, die nach dem Wort- laut des Gesetzes vor allem die Modalitäten der Kostentragung klärt. Es wird empfohlen, in diese Vereinbarung darüber hinaus alle wesentlichen Regelungen aufzunehmen, die für das Verhältnis zwischen der Tagespflegeperson und der Gemeinde relevant sind.“ 3 Dies schließt eine adäquate Ver- tretungsregelung ein. Die Sicherstellung der Ersatzbetreuung während Ausfallzeiten muss darüber hinaus den formellen Umstand berücksichtigen, dass Tageseltern nur Der Bundesgesetzgeber hat den Anspruch auf maximal bis zu fünf gleichzeitig anwesende Vertretung in § 23 SGB VIII verankert und formu- fremde Kinder aufnehmen können: „Die liert einen klaren Auftrag an den Träger der Möglichkeit einer vorübergehenden Betreuung von öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt): „Für Aus- mehr als 5 fremden Kindern ist auch zur Sicherstel- fallzeiten einer Tagespflegeperson ist rechtzeitig lung der Ersatzbetreuung in Ausfallzeiten einer eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind Tagespflegeperson nicht zulässig.“ 4 sicherzustellen.“ 2 Gleichzeitig wird darauf hinge- wiesen, dass eine entsprechende Regelung be- Das sogenannte ‚Wunsch- und Wahlrecht‘ nach reits vor dem Eintreten eines Vertretungsfalls § 5 Abs. 1 SGB VIII sowie § 4 SächsKitaG gesteht bestehen soll. den Eltern die freie Wahl der Betreuungsform zu. Demnach obliegt den Erziehungsberechtigten, Die Vertretungsperson muss nicht nur flexibel ob ihr Kind eine Kindertageseinrichtung oder die auf einen möglichen Einsatz reagieren können, Kindertagespflege besucht. Einzig unverhältnis- sie benötigt zudem die Feststellung der Geeig- mäßige Mehrkosten können diese Wahlfreiheit netheit gemäß § 23 Abs. 3 SGB VIII. Ist die einschränken.5 Vertretungsperson in eigenen Räumen tätig, benötigt sie zusätzlich eine Pflegeerlaubnis Eine wirklich freie Wahl ergibt sich erst, wenn es gemäß § 43 Abs. 2 SGB VIII. sich um gleichrangige Wahlalternativen handelt. Aufgrund der Regelungen der §§ 22 bis 24a des Im April 2008 veröffentlichte das Sächsische Lan- SGB VIII soll die Kindertagespflege „für die desamt für Familie und Soziales die Broschüre Altersgruppe der Kinder unter drei Jahren zu einer ‚Kindertagespflege im Freistaat Sachsen – gleichrangigen Alternative neben den Tageseinrich- Empfehlungen des Landesjugendamtes und tungen ausgebaut werden“.6 Arbeitshilfen für die Praxis‘. Die dort verfassten Nimmt man das Wunsch- und Wahlrecht sowie Hinweise zur Ersatzbetreuung bilden bis heute die gesetzlich vorgesehene Gleichrangigkeit von die Grundlagen für die Erarbeitung von Vertre- institutioneller Betreuung und Kindertages- tungsregelungen: pflege ernst, ist es nur folgerichtig, unvorherseh- bare Ausfallzeiten durch praktikable Vertretungs- regelungen zu minimieren. 2 § 23 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII 3 SMS, LJA (2009): Empfehlung des Landesjugendamtes Sachsen zu Leistungen der Jugendhilfe in Form von Kindertagespflege – 2. Fortschreibung. Chemnitz, S. 6f 4 SMS, LJA (2009): ebd. S. 8 5 Vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII 6 Wiesner, R. (2011): SGB VIII. Kinder- und Jugendhilfe. Kommentar. 4. Aufl. München, S. 279 -9-
5. Anforderungen an gelingende Vertretungsregelungen Damit ein Vertretungsmodell in der Praxis erfolg- Ersatzes, aber auch der Kommunen sowie der reich gelingen kann und akzeptiert wird, sollten öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe die Anforderungen und Bedürfnisse der am Ver- (Jugendamt). Leitfragen am Ende jedes Ab- tretungssystem Beteiligten berücksichtigt wer- schnitts sollen als Orientierungshilfe dienen, um den. Dies sollte sich zudem in der Struktur und die Bedürfnisse des jeweils Beteiligten im Blick zu rechtlichen Vertragsgestaltung widerspiegeln. behalten. Bevor verschiedene Vertretungsmodelle vorge- Generell ist festzustellen, dass die Bedürfnisse stellt werden, finden sich in diesem Kapitel die und das Wohl der zu betreuenden Kinder stets als Anforderungen aus Sicht der Kinder und Familien leitend für die Gestaltung einer Vertretungs- sowie der Kindertagespflegepersonen und ihres regelung gelten. 5.1. Anforderungen aus Sicht der Kinder Im Mittelpunkt jeder Vertretungsregelung ste- dem Kind nicht vertraut sind, kann zu kindlichen hen Schutzbefohlene im Alter von in der Regel Stressreaktionen führen, die von außen nicht immer unter drei Jahren. Sie befinden sich in einer sehr wahrnehmbar sind. Die Beachtung bindungstheo- frühen und sensiblen Phase ihrer Entwicklung, retischer Erkenntnisse ist deshalb Voraussetzung für was bei der Abwägung weiterer Aspekte aus- eine qualitätsgerechte Ersatzbetreuung.“ 7 schlaggebend sein muss. Für die Gestaltung eines positiven Beziehungs- aufbaus bietet das ‚Berliner Eingewöhnungs- modell‘ 8 sehr gute Anhaltspunkte. Es stützt sich auf bindungstheoretische Ansätze und berück- sichtigt darüber hinaus Forschungsergebnisse zur außerfamiliären Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Für ein gesundes und harmonisches Aufwachsen eines Kindes sind neben verlässlichen Bezugs- personen, die Vertrautheit mit Raum und Alltagsgestaltung von Bedeutung. Leitfragen Die Abwesenheit der regulären Bezugsperson ist ✓ Findet der Beziehungsaufbau zur Vertretungs- aus bindungstheoretischer Sicht nur dann zu ver- person erst statt, nachdem die Eingewöh- antworten, wenn diese Person durch eine bereits nungsphase bei der regulären Kindertages- vertraute Person ersetzt wird. Der Beziehungs- pflegeperson abgeschlossen ist? aufbau zwischen Kind und Vertretungsperson ✓ Ist der Beziehungsaufbau zur Vertretungsper- muss bereits vor Inkrafttreten einer Vertretungs- son sichergestellt? notwendigkeit erfolgt sein. Ist die Eingewöh- ✓ Kann die Beziehung durch regelmäßige Kon- nungsphase des Kindes bei der regulären Kinder- takte zwischen Vertretungsperson und Kind tagespflegeperson positiv beendet, sollte der aufrechterhalten werden? zeitnahe Beziehungsaufbau zur Vertretungsper- ✓ Kennen die Kinder ggf. andere Räume, Alltags- son stattfinden. Die Arbeitshilfe des Landes- struktur und weitere Kinder der Vertretungs- jugendamtes stellt dazu fest: „Eine Ersatzbetreu- person? ung von Tagespflegekindern durch Personen, die 7 SMS, LJA (2009): ebd. S. 8 8 Nähere Informationen beim Institut für angewandte Sozialisationsforschung / Frühe Kindheit e.V. unter www.infans.de - 10 -
5.2. Anforderungen aus Sicht der Eltern Eltern wünschen sich für ihre Kinder vor allem zumutbaren Mehraufwand an Organisation oder eine gute und zuverlässige Betreuung. Das gilt Kosten gelingen. Familien müssen zeitnah über auch für Vertretungszeiten. Daher ist es unab- die Notwendigkeit einer Ersatzbetreuung infor- dingbar, dass sich die Kinder bei der Vertretungs- miert und deren Umsetzung durch weitere person emotional geborgen und mit der ggf. ver- Beteiligte (Kindertagespflegeperson, Vertre- änderten Raum- und Alltagssituation vertraut tungsperson, Kommune oder Jugendamt) über- fühlen. Doch auch die Eltern sollten im Vorfeld nommen werden. Ein Vertretungssystem dient in eine gute Beziehung und damit ein Vertrauens- der Regel der Absicherung nicht planbarer verhältnis zur Vertretungsperson aufbauen. Ausfälle der Kindertagespflege. Planbare Ausfälle werden mit den Familien frühzeitig abgestimmt. Die Zuverlässigkeit des Vertretungssystems spielt für Eltern eine entscheidende Rolle. Es muss auch Bei der Wahl der Betreuungsform ist für Eltern die unabhängig von innerfamiliären Vertretungs- Verlässlichkeit des Angebots von großer Bedeu- möglichkeiten funktionieren. Erst ein zuverlässi- tung und beeinflusst die Entscheidung wesent- ges Vertretungssystem gibt Eltern Planungs- lich. Eine funktionierende Vertretungsregelung sicherheit und ermöglicht beispielsweise eine wirkt demnach auf die tatsächliche Gleichran- weitgehend ungebrochene Erwerbstätigkeit gigkeit zwischen Kindertagespflege und institu- oder notwendige Ruhephasen. tioneller Betreuung. Erst so ist auch faktisch von einer Wahlalternative für Eltern zu sprechen. Leitfragen ✓ Können Eltern ein bestehendes und verlässli- ches Vertretungssystem nutzen? ✓ Fand ein Beziehungsaufbau zwischen Eltern und Vertretungsperson im Vorfeld statt? ✓ Sind die Eltern über die Organisation der Ersatzbetreuung informiert? ✓ Kommt die Vertretungssituation mit einem zumutbaren Mehraufwand für die Familien aus? Weiterhin muss eine Vertretung im Bedarfsfall ✓ Sind Vertretungsmodalitäten im Betreuungs- unkompliziert, bekannt und nur mit einem vertrag schriftlich fixiert? 5.3. Anforderungen aus Sicht der Kindertagespflegepersonen Ein gut organisiertes und funktionierendes Ver- Um dies zu gewährleisten, benötigt die Kinder- tretungssystem wirkt entlastend auf die Kinder- tagespflegeperson einen zuverlässigen Ablauf im tagespflegeperson, was wiederum einen positi- Vertretungsfall. Dieser ist schriftlich im Konzept ven Effekt auf ihre Arbeit hat. Sie kann den zu fixieren und sollte klar die Informationswege Familien ein sicheres Betreuungsangebot bieten. zu Eltern, Vertretungsperson und Verantwor- Ferner ist sie in der Lage, angemessene und not- tungsträgern beinhalten. wendige Ruhephase einzulegen sowie rechtzei- tig auf eigene gesundheitliche Grenzen zu rea- Ein umfassendes Vertretungssystem berücksich- gieren. tigt zudem die finanzielle Situation der Kinder- - 11 -
Die Kindertagespflegepersonen sollen und müs- sen bei der Erstellung eines Vertretungssystems eingebunden sein, da sie die Bedürfnisse der ihnen anvertrauten Kinder kennen. Ferner müs- sen sie bei der Auswahl von Vertretungspersonen maßgeblich mitwirken, da diese im Notfall ihre Position und ihre Existenz verantworten. Für die Gestaltung eines ganzheitlichen Vertre- tungssystems benötigt die Kindertagespflege- person die Unterstützung der örtlichen Verant- wortungsträger. Ein kollegiales und professionel- les Verhältnis zueinander ist an dieser Stelle unabdingbar. tagespflegeperson, damit Ausfallzeiten nicht sofort einen existenzbedrohenden Charakter entfalten. Die aktuelle Finanzierungsituation bie- Leitfragen tet sächsischen Kindertagespflegepersonen kei- nen Spielraum, sich vorbeugend finanziell für ✓ Welches Vertretungsmodell erscheint der Kin- Ausfallsituationen abzusichern. dertagespflegeperson am geeignetsten in ihrer persönlichen Situation? Der reibungslose Ablauf im Ersatzfall kann nur ✓ Wie werden die Kindertagespflegepersonen gelingen, wenn Kindertagespflegeperson und an Entscheidungen bezüglich des Vertre- Vertretungsperson eine Beziehung aufbauen tungssystems beteiligt? konnten und diese fortwährend pflegen. Der so ✓ Ist die Vertretungslösung schriftlich verankert? geschaffene fachliche und organisatorische ✓ Besteht ein vertrauensvoller und regelmäßi- Austausch bildet die Grundlage, um eine konti- ger Kontakt zur Vertretungsperson? nuierlich und qualitativ hochwertige Betreuung ✓ Ist der Kindertagespflegeperson der Ablauf im sicherzustellen. Vertretungsfall bekannt? 5.4. Anforderungen aus Sicht der Vertretungsperson Von Vertretungspersonen wird ein hohes Maß an Flexibilität im Denken und Handeln gefordert. Neben den Regelungen für den Vertretungsfall ist daher für eine professionelle fachliche Begleitung, Beratung und Supervision zu sorgen, die ein reflektiertes Arbeiten unterstützen. Eine Vertretungsperson muss im Bedarfsfall auf verschiedene Personen, Situationen und Konzep- tionen angemessen reagieren. Außerhalb des Bedarfsfalls muss sie täglich bereit sein, Kinder aufzunehmen oder in nur teilweise bekannter Umgebung zu betreuen. Auch hier kommt die Notwendigkeit eines vorherigen Beziehungsauf- baus zu Kindern, Eltern und Kindertagespflege- Für die reibungslose Übernahme der Vertretung personen zum Tragen. benötigt die Vertretungsperson einen zuverlässi- - 12 -
gen und bekannten Ablauf. Dieser ist schriftlich Leitfragen zu fixieren und sollte klar die Informationswege zu Eltern, Kindertagespflegeperson und Verant- ✓ Liegt die notwendige Eignung und/oder Er- wortungsträgern beinhalten. Zuständigkeiten laubnis der Vertretungsperson vor? und Reaktionszeiträume müssen im Vorfeld ✓ Werden alle Faktoren der Ersatzbetreuung in abgeklärt sein. der Vergütung beachtet und in einer schriftli- chen Vereinbarung konkret benannt? Ferner ist die Vergütung der Vertretungsperson ✓ Besteht ein vertrauensvoller und regelmäßi- abzuklären. Hierfür bieten sich zwei grundsätzli- ger Kontakt zu Kindern, Eltern und Kinder- che Vergütungsstrategien an: tagespflegeperson? • Pauschalvergütung des Ersatzangebotes, der ✓ Ist der Vertretungsperson der Ablauf im Ver- Ersatz– und Vorhalteleistung tretungsfall bekannt? • Vergütung des Angebotes und der Leistung auf ✓ Werden der Vertretungsperson fachliche Be- Stundenlohn-Basis gleitung, Beratung und Supervision angebo- ten? In die Vergütung integriert sein sollten konkrete ✓ Ist zwischen Kindertagespflegeperson und zeitliche Regelungen für den Beziehungsaufbau Vertretungsperson eine kooperative Arbeits- und die -pflege zu Kindern, Eltern und Kinder- atmosphäre gewährleistet bzw. ist Koopera- tagespflegepersonen sowie für den fachlichen tionsfähigkeit anzunehmen? Austausch. In der Entlohnung der Vertretungs- person müssen ggf. abweichende steuerliche Regelungen berücksichtigt werden. 5.5. Anforderungen aus Sicht der Kommunen Bieten Kommunen Kindertagespflege nach dem strukturierte Zusammenarbeit mit örtlichen SächsKitaG an, sind sie in der Pflicht, die Vertre- Kindertagespflegepersonen beeinflussen die tung zu unterstützen und zu finanzieren. Daher Kostenentwicklung ebenso wie die mögliche sind sie an der Beratung sowie der Implementie- Bereitstellung geeigneter Räume durch die rung von Vertretungslösungen beteiligt und ver- Kommune. antwortlich. Die Kommune hat ein hohes Interesse daran, dass sich eine geschaffene Vertretungsregelung durch Verlässlichkeit, Effektivität und Qualität auszeichnet. Funktionierende Vertretungssysteme entlasten kommunale Mitarbeiter(innen) langfristig und geben Planungssicherheit bezüglich entstehen- der (Personal)Kosten. Um dies zu erreichen, bedarf es einer umfangreichen Situationsanalyse hinsichtlich bereits praktizierter Lösungen, An- zahl der benötigten Vertretungspersonen, räum- licher Gegebenheiten etc. Anschließend ist es notwendig, alle Akteure in der Kindertagespflege Ein Vertretungssystem ist für den Verantwor- am Entscheidungsprozess zu beteiligen. Eine Be- tungsträger in der Regel mit Mehrkosten von ratung mit der Bürgermeisterin oder dem Bür- rund 25 Prozent 9 verbunden. Die Kenntnis über germeister, bestenfalls mit Unterstützung des Ju- bereits erprobte Vertretungsmodelle sowie die gendamtes, kann helfen, Optionen abzuwägen. 9 Vgl. BMFSFJ, Frühe Chancen, DJI (2010): Vertretungsmodelle in der Kindertagespflege. Praxismaterialien für die Jugendämter, Nr. 4. München, S. 16 - 13 -
Leitfragen ✓ Wie werden alle Akteure am Entscheidungs- prozess beteiligt? ✓ Wie viele Kindertagespflegepersonen sind in ✓ Wie wird eine fachliche Zusammenarbeit mit der Kommune tätig? dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe reali- ✓ Welcher mögliche Vertretungsbedarf muss siert? abgedeckt werden? ✓ Welche Kosten entstehen für die Kommune? ✓ Gibt es Kooperationspartner (Kindereinrich- ✓ Welche Vertragsgestaltung ist notwendig? tungen, Mehrgenerationshäuser, Vereine, Un- ternehmen etc.) in der Kommune? 5.6. Anforderungen aus Sicht des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe Wird Kindertagespflege nach SächsKitaG oder SGB VIII angeboten, befinden sich die öffentli- chen Träger der örtlichen Jugendhilfe in der fach- lichen Verantwortung der Implementierung einer Vertretungslösung sowie der damit verbun- denen Erteilung der Eignung und/oder Erlaubnis. Mitarbeiter(innen) in den Jugendämtern tragen hier eine hohe Verantwortung. Für eine gemein- same Lösungsfindung sind Zeitressourcen, Geduld und Beratungskompetenz unerlässlich. Im Ergebnis muss die Lösung fachlich fundiert und praktisch umsetzbar sein. Voraussetzung dafür ist eine umfangreiche Leitfragen Kenntnis über mögliche Vertretungsmodelle und die regionalen Besonderheiten. Im Prozess sind ✓ Sind allen Beteiligten verschiedene Vertre- alle Partner gleichwertig einzubeziehen. Der tungsmodelle inkl. derer Vor- und Nachteile Entscheidungsprozess für ein Vertretungsmodell bekannt? kann durch die Vereinbarung einer Probezeit ✓ Wie können alle Akteure an der Etablierung sowie einer anschließenden Evaluation befördert eines Vertretungssystems oder in einem werden. bestehenden System gleichwertig beteiligt werden? ✓ Kann die Fachberatung den Moderations- prozess gestalten? ✓ Werden die Bedürfnisse aller Beteiligten geachtet? ✓ Ist eine Probezeit inkl. Evaluation zum gewähl- ten Modell vorgesehen? - 14 -
5.7. Auf einen Blick: Vorteile für alle Beteiligten • entlastende Funktion im Krankheitsfall • Förderung des kollegialen Austauschs zwi- schen Kindertagespflegepersonen • Stärkung der regionalen Vernetzung und Kommunikation auf Augenhöhe Vertretungsperson: • klare Regelungen der Abläufe • angemessene Vergütung • Akzeptanz bei Kindertagespflegeperson und Eltern Ein gutes Vertretungssystem bietet allen Beteilig- • Kompetenzzuwachs ten die notwenige Verlässlichkeit. • zusätzliche Vernetzung Kind: Kommune: • Bindungsaufbau, vertraute Personen, Abläufe und Umgebung • Entlastung kommunaler Mitarbeiter(innen) • Bereicherung durch eine weitere bekannte • klar geregelte Abläufe für den Vertretungsfall Person • Kostenkontrolle • Stärkung der Kindertagespflege als verlässliche Option im kommunalen Portfolio der Kinder- Eltern: betreuungsangebote • abgesicherte Betreuung trotz Ausfall der Kin- dertagespflegeperson Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe • genaue Kenntnis der Vertretungsabläufe (Jugendamt): • Ersatzperson ist bekannt und vertraut • keine zusätzlichen Kosten • klar geregelte Abläufe für den Vertretungsfall • Sicherheit und Entlastung im Notfall • Einbezug des Jugendamtes Kindertagespflegeperson: • Stärkung der Kindertagespflege als verlässliche Option im örtlichen Portfolio der Kinderbetreu- • Sicherheit im Notfall ungsangebote • klare Regelung für den eigenen Ausfall • Nutzung der bestehenden Netzwerke zur fach- • abgesicherte Vergütung trotz eigenem Ausfall lichen Begleitung - 15 -
6. Weg zu einem passenden Modell Die nachstehende Grafik verdeutlicht das mögliche Vorgehen, um ein passendes Vertretungsmodell zu finden. Start Akteure Verantwortlich Beteiligt Checkliste: Kommune* Fachberatung - Anzahl vorhandene KTPP IST-ANALYSE KTPP - bereits praktizierte Modelle E-KTPP - Anforderung der Eltern Eltern - Anforderungen der KTPP/E-KTPP - Kostenkalkulation der Kommune - fachlicher Anspruch der Fachberatung (Informationen zu Erste Beratung der Akteure: Kommune* Fachberatung Modellen, Beteiligung, Moderation, ◦ Informationen aus der IST-Analyse KTPP Eignung/Erlaubnis der E-KTPP) ◦ Erfahrungsaustausch E-KTPP ◦ offene Fragen Eltern Vertretungsmodelle in der Zweite Beratung der Akteure: Kommune* oder Fachberatung Kindertagespflege ◦ offene Fragen Moderation durch KTPP ◦ Abstimmung zu Vor- und Nachteile Jugendamt E-KTPP verschiedener Modelle Eltern ◦ Finanzierungsmodell ggf. externe Moderation Kommune*; KTPP Einigung nein Fachberatung E-KTPP auf Vertretungsmodell (fachlich) Eltern erfolgt? ja Beratung der Akteure: Kommune* Fachberatung ◦ notwendige Voraussetzungen für KTPP Vertretungsmodell (siehe E-KTPP Modellbeschreibung) Eltern ◦ offene Fragen Notwendige Voraussetzungen für Kommune*; Fachberatung Vertretungsmodell schaffen: Jugendamt (bei KTPP ◦ Verträge Eignung u. E-KTPP ◦ Vereinbarungen Erlaubnis) Eltern ◦ Ausschreibungen ◦ Kostenplanung etc. Probephase vereinbaren Kommune* Fachberatung (Empfehlung: 6 – 12 Monate) KTPP Checkliste: Evaluation Kommune* Fachberatung - Zufriedenheit der Eltern KTPP - Zufriedenheit der KTPP/E-KTPP E-KTPP - Zufriedenheit der Fachberatung - Kostenanalyse Eltern - Probleme Kommune* Fachberatung nein Vertretungsmodell KTPP beibehalten? E-KTPP Eltern ja * bei KTP nach SächsKitaG; bei KTPP nach SGB VII steht der öffentl. Träger Ende der örtl. Jugendhilfe in der Verantwortung - 16 -
7. Vertretungsmodelle in der Kindertagespflege Nachstehend finden Sie eine Übersicht von sieben Vertretungsmodellen in der Kindertagespflege, die in den einzelnen Abschnitten dieses Kapitels näher erläutert werden Modell Kurzbeschreibung Mobile Ersatz- Eine Vertretungskraft kooperiert mit bis zu fünf Tageseltern und sucht jede Tagespflegeperson Tagespflegestelle einmal wöchentlich zur Zusammenarbeit auf. Im Vertretungsfall übernimmt sie die Gruppe in den Räumen der regulären Kindertagespflegeperson. Stützpunkt Eine Vertretungskraft mit eigenen Räumen wird von bis zu fünf Tageseltern einmal wöchentlich aufgesucht. Im Vertretungsfall werden die Kinder im Stützpunkt betreut. Vier plus Eins – Fünf Tageseltern schließen sich zu einem Netzwerk zusammen. Jede von Das Netzwerk (Team) ihnen betreut maximal vier Kinder. Der fünfte Platz wird freigehalten, um im Vertretungsfall ein Kind zusätzlich aufnehmen zu können. Drei plus Eins – Vier Tageseltern schließen sich zu einem Netzwerk zusammen. Jede von verzahntes Modell ihnen betreut maximal drei Kinder. Ein vierter Platz wird freigehalten, um im Vertretungsfall ein Kind zusätzlich aufnehmen zu können. Tandem Zwei Tageseltern mit zusammen nicht mehr als fünf Kindern vertreten sich im Notfall gegenseitig. Kindertageseinrich- Je nach Kapazität einer Kita werden Kinder einer oder mehrerer tung – Kindertages- Kindertagespflegestellen im Notfall in der Einrichtung betreut. pflege – Kooperation Vertretung in eige- Tageseltern organisieren ihre geeignete Vertretung selbständig. Die ner Verantwortung Vertretungskraft wird durch die Kommune finanziert. der Kindertages- pflegeperson Vertretungspool Eine verantwortliche Person erfasst tagaktuell alle freien Plätze bei Tagesmüttern/Tagesvätern eines Gebietes. Kooperation mit Das Vertretungssystem wird von einem Verein, Mehrgenerationshaus / Vereinen, Mehr- Familienzentrum etc. verantwortlich übernommen. generationshaus / Familienzentrum In den nachstehenden Beschreibungen der einzelnen Vertretungsmodelle sind deren Vorteile mit ➠ ➠ einem grünen Pfeil hervorgehoben ( ) und die Nachteile mit einem roten Pfeil ( ) markiert. Beson- dere Hinweise sind mit einem einfachen Pfeil ( ➠) gekennzeichnet. - 17 -
7.1. Die mobile Ersatz- Kindertagespflegeperson KTPP KTPP Ersatz- KTPP KTPP KTPP KTPP Die Ersatzperson hat keine eigenen Räume und Kosten: keine eigene Gruppe, sondern hält Kontakt zu maximal fünf Kindertagespflegepersonen. Sie Variante I: Die in Bereitschaft und in wöchentli- kommt in der Regel einmal wöchentlich in die chem Kontakt arbeitende Ersatzperson wird mit Räume der regulären Kindertagespflegestellen, einem Pauschalwert von der Gemeinde finan- die sie im Notfall vertritt. Gemeinsam mit der ziert. In Vertretungssituationen erfolgt eine zu- Kindertagespflegeperson betreut die Ersatzper- sätzliche Vergütung entsprechend der Betreu- son die Kinder der jeweiligen Kindertagespflege- ungszeit der betreuten Kinder. stelle. Im Betreuungsfall übernimmt sie die gesamte Gruppe in den Räumen der erkrankten Variante II: Die Ersatzperson hat einen Arbeits- regulären Kindertagespflegeperson. vertrag mit einer definierten wöchentlichen Arbeitszeit. Sie erhält einen Festbetrag pro ➠ Beziehungsaufbau für Kinder und Eltern ist Monat. Während der Bereitschafts- und Bezie- optimal möglich hungspflegezeiten entstehen der Ersatzperson Minusstunden, welche in einem Arbeitszeitkonto ➠ für Kindertagespflegestellen in räumlicher dokumentiert werden. Im Fall einer Vertretungs- Distanz ohne Mehraufwand für Tageseltern / situation werden diese Minusstunden wieder Kinder / Familien realisierbar ausgeglichen. ➠ unveränderter Betreuungsort im Vertretungs- Allgemein: Sozialversicherungsbeiträge werden fall analog zu anderen Kindertagespflegepersonen übernommen. Sowohl für den Kostenträger als ➠ gleichbleibende Kindergruppe auch im auch die Ersatzperson ist der finanzielle Rahmen Vertretungsfall, d. h. Kinder kennen sich planbar. Es bedarf einer Regelung zu entstehen- den Fahrtkosten der Vertretungskraft. Die monatlichen Geldleistungen müssen so aus- ➠ bei Krankheit der KTPP und Betreuung in gestaltet sein, dass die Ersatzperson ein Aus- deren Häuslichkeit ist eine Gesundung der kommen hat. Die Ersatzperson muss beachten, Erkrankten nur eingeschränkt möglich. Sie dass sie keine Pauschale von Werbungskosten in kann sich nur bedingt zurückziehen und es Form von Betriebskosten geltend machen kann. herrscht ggf. Ansteckungsgefahr. - 18 -
7.2. Stützpunkt KTPP KTPP Stützpunkt Ersatz-KTPP KTPP KTPP KTPP Eine ‚Stützpunkt-Kindertagespflegeperson‘ hat gefangen werden, wenn nicht alle betroffenen eigene Räume, aber keine eigene Gruppe. Kinder eine Ersatzbetreuung benötigen und Diese Räume bietet sie anderen Kindertages- daher ggf. Kinder aus verschiedenen Gruppen pflegepersonen als Betreuungs-Stützpunkt an. aufgenommen werden können (maximal 5 Etwa vier bis fünf Tageseltern suchen sie dort in gleichzeitig anwesende, fremde Kinder) regelmäßigen Abständen (in der Regel einmal wöchentlich) zur Beziehungspflege auf. Der Stützpunkt kann zudem für gemeinsame Aktivi- ➠ Stützpunkt muss für alle Kindertagespflege- täten genutzt werden. personen gut erreichbar sein Im Betreuungsfall übernimmt die ‚Stützpunkt- ➠ Kindertagespflegeperson‘ die gesamte Gruppe Stützpunkt aufsuchen (wöchentlich) kann in der abwesenden regulären Kindertagespflege- kälteren Jahreszeiten sehr aufwendig werden person und betreut alle Kinder gemeinsam im (Anziehen der Kinder), ist wetterabhängig, Stützpunkt. evtl. erhöhte Anforderung an kleinere Kinder bei längeren Wegen etc. ➠ Beziehungsaufbau zur Vertretungskraft für ➠ Kinder ist gut möglich veränderter Betreuungsort im Vertretungsfall (ggf. weitere Wege für Eltern) ➠ Betreuungsort ist den Kindern im Vertretungs- ➠ fall bekannt für Eltern ist es ggf. schwieriger, die ‚Stütz- punkt-Kindertagespflegeperson‘ (im Alltag) ➠ gleichbleibende Kindergruppe auch im Ver- kennen zu lernen tretungsfall, d. h. Kinder kennen sich ➠ ggf. Nutzung des Stützpunktes für weitere Kosten: Treffen: Elternabende, Team-Beratungen und Kontakte zu anderen Kooperationspartnern, Wenn sich die Aufgaben der ‚Stütz-punkt- ggf. neutraler Treffpunkt bei Konfliktbera- Kindertagespflegeperson‘ auf die Siche-rung des tungen Vertretungsfalles beschränken, entsprechen die Kosten in diesem Modell dem des vorangegan- ➠ gleichzeitiger Ausfall von mehr als einer regu- genen mobilen Vertretungsmodells (vgl. 7.1.) lären Kindertagespflegeperson kann u. U. auf- - 19 -
7.3. Vier plus Eins – Das Netzwerk (Team) KTPP KTPP KTPP KTPP KTPP Fünf Kindertagespflegepersonen mit jeweils Kosten: maximal vier zu betreuenden Kindern schließen sich zu einem Team (Netzwerk) zusammen. Im Der Kostenträger zahlt jeder der fünf Vertretungsfall wird jedes der vier Kinder jeweils Kindertagespflegepersonen eine Pauschale für von einer (bestimmten, immer gleichen) Kinder- den jeweils fünften, nicht belegten Platz als tagespflegeperson des Netzwerks aufgenom- Freihalte-Platz. Da sonst fünf statt vier Kinder auf- men und bei ihr betreut. genommen werden könnten, wird so die finan- zielle Einbuße der Kindertagespflegeperson ➠ Beziehungsaufbau für Kinder gut möglich minimiert. ➠ größtmögliche Sicherheit bei relativ geringen Im Vertretungsfall entstehen keine weiteren Kosten Kosten. Jedoch sollten aufgrund dieser komple- xen Struktur unbedingt zusätzliche Kosten für regelmäßige, unabdingbare Supervision einge- ➠ räumliche Nähe der Kindertagespflegestellen plant werden. zueinander notwendig ➠ veränderter Betreuungsort im Vertretungsfall (Wege für Eltern) ➠ für Eltern ggf. schwieriger, die Ersatzperson (im Alltag) kennen zu lernen ➠ Unsicherheitsfaktor: gleichzeitiger Ausfall von mehr als einer Kindertagespflegeperson - 20 -
7.4. Drei plus Eins – verzahntes Modell KTPP KTPP KTPP KTPP Ähnlich dem Modell ‚Vier plus Eins‘ (vgl. 7.3.). Ein Kosten: Team von vier Tageseltern mit jeweils maximal drei Kindern halten einen oder zwei Plätze frei, Die Gemeinde zahlt jeder der vier Tageseltern die im Vertretungsfall besetzt werden können. monatlich eine feste Pauschale für einen Freihalte-Platz. Im Vertretungsfall entstehen ➠ etwas überschaubarer durch weniger Betei- keine weiteren Kosten. Jedoch sollten zusätzliche ligte (Planung) Kosten für regelmäßige Supervision eingeplant werden. ➠ Beziehungsaufbau für Kinder gut möglich ➠ größtmögliche Sicherheit bei relativ geringen Kosten ➠ räumliche Nähe der KTPP-Stellen zueinander notwendig ➠ veränderter Betreuungsort im Vertretungsfall (Wege für Eltern) ➠ für Eltern ggf. schwieriger, Ersatz-KTPP (im Alltag) kennen zu lernen ➠ geringerer Verdienst für Tageseltern, bei Finanzierung einer Platzpauschale - 21 -
7.5. Tandem KTPP KTPP KTPP KTPP Kind Kind Kind Kind Kind Kind Kind Kind Kind Kind 1. KTP-Stelle 2. KTP-Stelle Zwei Kindertagespflegepersonen mit insgesamt ➠ die Betreuungszeiten der Kindertagespflege- nicht mehr als fünf Kindern bilden ein Team. Im personen müssen abgestimmt werden, ggf. Vertretungsfall übernehmen sie gegenseitig alle Bereitschaft zu mehr Flexibilität im Vertre- Kinder, ohne die für eine Kindertagespflegestelle tungsfall notwendig zulässige Gruppenstärke von gleichzeitig fünf fremden Kindern zu überschreiten. ➠ fortlaufende Abstimmungen zu Kinderzahl und Betreuungszeiten sind zwingend erfor- Variante I: derlich Beide Kindertagespflegepersonen haben eine eigene Kindertagespflegestelle. ➠ Co-Tagespflegeperson ist bei Wegfall nur Variante II: schwer zu ersetzen Beide Kindertagespflegepersonen betreuen die ➠ Kinder in einer Kindertagespflegestelle. geringer Verdienst für Kindertagespflege- personen (zur Existenzsicherung ungeeignet) ➠ hervorragender Betreuungsschlüssel ➠ Unsicherheitsfaktor: gleichzeitiger Ausfall von ➠ Beziehungsaufbau für Kinder, Eltern, Kinder- beiden Kindertagespflegepersonen tagespflegeperson und Vertretungsperson optimal möglich Kosten: ➠ Kindertagespflegeperson sucht sich die zwei- te Person selbst und entscheidet im Rahmen Bei freiwilligem Wunsch der Kindertagespflege- ihrer Selbständigkeit personen keine erkennbaren zusätzlichen Kosten für den Kostenträger. ➠ Variante I: räumliche Nähe der Kindertages- pflegestellen zueinander notwendig Bei Wunsch der Umsetzung des Modells durch die Kommune müssen die nicht belegbaren ➠ Variante I: wechselseitiger Aufenthalt aller Plätze pauschal vergütet werden. Kinder bei beiden Tageseltern ist zu organisie- ren - 22 -
7.6. Kindertageseinrichtung – Kindertagespflege – Kooperation KTPP KTPP KTPP KTPP Kita KTPP KTPP Eine Kindertagespflegeperson sucht mit ihren ➠ Anzahl der Tageseltern, mit denen eine Ko- maximal fünf Kindern regelmäßig eine Kinder- operation möglich ist, hängt von der Größe tageseinrichtung mit Krippengruppen (Kinder und Bereitschaft der Kindertageseinrichtung unter 3 Jahren) zur Beziehungspflege auf. Bei ab Ausfallzeiten der Kindertagespflegeperson über- nimmt die Einrichtung die gesamte Kinder- ➠ gruppe – meist ohne die Betreuung der Kinder Beziehungsaufbau für Kinder und Eltern ist als Kleingruppe gewährleisten zu können. nur begrenzt möglich, da eine konstante Ver- tretungskraft in der Kindertageseinrichtung ➠ sichere Vertretung oft nicht gewährleistet werden kann ➠ ➠ Kinder lernen die Einrichtung, in die sie event. veränderter Betreuungsort im Vertretungsfall später wechseln, kennen (Wege für Eltern) ➠ ➠ Gelegenheit, mit vielen anderen, auch größe- für Eltern ggf. schwieriger, Ersatzpersonen (im ren Kindern zusammen zu sein (Kann ein Alltag) kennen zu lernen Vorteil, aber für besonders sensible Kinder ➠ auch ein Nachteil sein.) für sehr junge Kinder (0 – 2,5 Jahre) eine sehr hohe, nicht zu empfehlende Anpassungs- ➠ Beitrag zum Aufbau von gegenseitiger Wert- anforderung schätzung zwischen Kindertagespflegeperson ➠ und Erzieher(inne)n Kindertageseinrichtung muss freie Platzkapa- zitäten vorhalten ➠ Bindungsaufbau ist abhängig von der konti- nuierlichen Gewährleistung der immer glei- Kosten: chen Ansprech- und Bezugspersonen für Kinder und deren Eltern Variante I: Die Kommune finanziert die Vorhalteplätze in der ➠ Klärung der Kosten Kindertageseinrichtung in Form einer Pauschale. Bei Kindertageseinrichtung in kommunaler Trägerschaft ist die Lösung unkompliziert. Variante II: Bei Kindertageseinrichtung in freier Träger- Die Kommune finanziert die Vorhalteplätze in der schaft müssen Kosten ausgehandelt werden. Kindertageseinrichtung bei Inanspruchnahme. - 23 -
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