Vielfalt familie - Zukunftsforum Familie e.V.
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vielfalt familie Z ei t schr i f t des Z uk un f t s f or um F amilie ( Z F F ) A u s g a b e 2 8 | M a i 2 0 18 Vielfalt im Blick: Auf dem Weg zu einer modernen Familienpolitik Thema: Vielfalt im Blick: Auf dem Weg zu einer modernen Familienpolitik | Aus dem ZFF: Aktuelle Themen und neue Mitglieder | Interview mit Dr. Andrea Buschner | Unsere Mitglieder: Mo.Ki unter 3 | Buch-Tipp: Alleinerziehende: Lebensentwürfe von eigensinniger Schönheit||
Schwerpunkt © Kai Doering Vielfalt im Blick: Auf dem Weg zu Liebe Leser*innen, die vergangene Legislaturperiode des Deutschen einer modernen Bundestages endete freudig und spektakulär: Die „Ehe für alle“ ist nun endlich Realität! Aber wir müssen über die Öffnung der Ehe hinaus Familienpolitik denken, denn auch sie hat ihre Grenzen: Viele Familienmenschen wollen oder können nicht heiraten und leben und meistern den Alltag in vielfältigen Konstellationen aber ohne den Bund fürs Leben. Im Vergleich zur Familie mit Trauschein sind diese aber weiterhin schlechter „Ist die Familie im Niedergang?“ Angesichts sin- gestellt. Darunter leiden Eltern genauso wie ihre kender Ehezahlen und steigender Scheidungs Kinder. Die vorliegende Ausgabe der „vielfalt familie“ eröffnet vor diesem Hintergrund einen raten wurde so oder ähnlich schon oft das Ende Ausblick auf einen Jahresschwerpunkt unserer Arbeit und gibt Impulse, wie eine perspektivische der (Klein-)familie beschworen. In der Realität und moderne Familienpolitik aussehen kann. lässt sich aber wohl weniger ein Niedergang als Darüber hinaus können wir wieder von Aktivi- mehr ein Wandel von Familienleben beobachten. täten des ZFF und seiner inzwischen 70 Mitglie- der berichten – denn wir sind ein wachsender Verband. Verbände, Initiativen, gemeinnützige Z Gesellschaften und Einzelpersonen arbeiten daran, dass die Vielfalt des Familienlebens im war war Familie schon immer vielfältiger als „Mutter, Vater, Kind“, aber der Anteil an Menschen, der in nicht-traditio- besten Sinne gestärkt wird. Und dies hat unsere nellen Sorgegemeinschaften zusammen lebt, hat erkennbar Gesellschaft auch weiterhin bitter nötig! zugenommen und findet mittlerweile breite gesellschaftliche Anerkennung: 97 % der Bevölkerung verstehen inzwischen un- Ich wünsche Ihnen und Euch eine Lektüre voll ter einem nicht verheirateten Paar mit Kindern eine Familie. Das Inspiration und Widerspruch! sind rund 30 % mehr als noch 2009. Auch homosexuelle Paare mit Kindern (88 %), eine Mutter, die mit einem neuen Partner Ihre/Eure unverheiratet zusammenlebt (85 %) oder alleinerziehende Müt- ter (82 %) werden in großer Mehrheit als Familie begriffen (Fa- milienreport 2017 und 2010). Diese lebendige Vielfalt der Familie spiegelt sich im weiten aber verbindlichen Familienbegriff unseres Verbands wider, denn für das ZFF ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft fürei- Christiane Reckmann, Vorsitzende ZFF nander Verantwortung übernehmen, Sorge tragen und Zuwen- dung schenken. Unser Ziel ist es, sie sichtbar, stark und gleichbe- rechtigt lebbar zu machen. Vielfalt im Spiegel der Statistik Wie schlägt sich der Wandel der Familienformen nun zahlen- mäßig nieder? Wir werfen hier beispielhaft einen Blick auf Fa- milien mit Kindern unter 18 Jahren: Verheiratete heterosexuelle vielfalt familie Nr. 28/2018
Familienpolitik aktuell | Seite 3 Sor- u ss Fa m il ie sich immer am t- M erwand Kinder, an V gebedarf für b es b ez iehung ner Lie schaft oder ei srichten? achsenen au zwischen Erw es sich mit Wie verhält hon en, die sich sc Nachbar*inn n se it ige und gege Jahre kennen n eh m en ? ng über Verantwortu me /DURIS Guillau © fotlia.com Bunte Familienrealitäten – und jetzt? Die Vielfalt des Familienlebens gehört also längst zur gesellschaftlichen Realität. Aller- dings stoßen Menschen, die nicht in „traditi- onellen“ Familienkonstellationen leben, auf ein komplexes Feld an gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die ihre konkreten Lebensbedingungen nicht angemessen berücksichtigen. Dabei fällt auf, dass sich viele Rechtsbereiche nach wie vor an einem traditionellen Familien- bild orientieren. So macht das Bürgerliche Gesetzbuch beispielsweise das Eltern-Kind Paare mit Kindern bilden mit 68 % (2015) beispielsweise Stief-, Patch-, Adoptiv- oder Verhältnis nach wie vor am Ehestatus der nach wie vor die häufigste Familienform, Pflegefamilien statistisch nur schwer vonei- Eltern fest, unverheiratete Eltern sind da- ihr Anteil hat in den letzten zwanzig Jah- nander abzugrenzen. Auch für die Anzahl durch mit Benachteiligungen konfrontiert. ren allerdings deutlich abgenommen (1996: von Regenbogenfamilien gibt es lediglich Anders als in Ehen müssen sich nicht ver- 81 %). Heute nehmen andere bzw. sich ver- Annäherungswerte, die queeres Familien- heiratete Paare beispielsweise um die Vater- ändernde Konstellationen zu: etwa nicht- leben bislang nur unzureichend abbilden. schaftsanerkennung und die Regelung des eheliche Lebensgemeinschaften (11 %) oder Es gilt aber auch zu beachten, dass Familie Sorgerechts beim Jugendamt kümmern, an- Alleinerziehendenhaushalte (20 %) (Famili- kein starres Gebilde ist, sondern Formen sonsten hat momentan noch die Mutter die enreport 2017). Die amtliche Statistik ver- teils fließend ineinander übergehen und alleinige Sorge inne. Noch komplizierter ist mag es allerdings nicht, die ganze gelebte sich Familie als Gruppe und System stetig die Situation von Patchworkfamilien, also Vielfalt von Familien zu erfassen. So sind verändert. Familien mit multiplen Erwachsenen-Kind- vielfalt familie Nr. 28/2018
Seite 4 | Familienpolitik aktuell Die Vielfa gehört als lt des Fam o längst z ilienlebe lichen Re ur gesellsc ns alitä haft- Menschen t. Allerdings stoße , die nich n nellen“ Fa t in „trad milienkon itio- leben, au stellation fe en gesellscha in komplexes Feld ftlichen u an Rahmenb nd rechtlic edingung hen kreten Le en, die ih bensbedin re kon- angemess gungen n en berück icht sichtigen . © Panthe rMedia/ be lchonock Verhältnissen. Ihre alltäglich erbrachte Sor- Gute Rahmenbedingungen für vielfältige richten? Was ist mit Freund*innen in einer ge füreinander kollidiert dabei regelmäßig Familien WG, die sich bei der Erziehung und Betreu- mit abweichenden formalen Rechts- und ung ihrer Kinder unterstützen? Wie verhält Zuständigkeitsstrukturen. Bislang können Für das ZFF gilt: Familienleben ist vielfäl- es sich mit Nachbar*innen, die sich schon in Deutschland nur zwei Personen Eltern tig. Es liegt in öffentlicher Verantwortung, Jahre kennen und gegenseitige Verantwor- eines Kindes sein, mit allen Konsequenzen Familien in ihrer Vielfalt und ihrem Wan- tung übernehmen? Und nicht zuletzt: Wie hinsichtlich des Sorge-, Unterhalts- oder del zu akzeptieren und sie durch gute Rah- sieht es mit der Perspektive von Kindern Umgangsrechts. Gleiches gilt für Regenbo- menbedingungen in all ihren Formen glei- aus und wie kann ein gutes Aufwachsen in genfamilien bei denen rechtliche und sozi- chermaßen zu unterstützen. Unser Leitbild unterschiedlichen Familienkonstellationen ale Elternschaft oftmals auseinanderfallen. ist klar und doch stellen sich für uns offene gelingen? Fragen auf dem Weg zu einer inklusiven Auch Alleinerziehende erfahren auf Grund und vielfaltssensiblen Gesellschaft: Wie Solchen Fragen möchte das ZFF auf einer ihrer Lebenssituation unterschiedliche Be- können Familien betreffende Rechtsberei- gemeinsam mit dem Lesben- und Schwu- nachteiligungen: Sie sind im Alltag alleine che, wie beispielsweise das Kindschafts- lenverband in Deutschland (LSVD) organi- für die Betreuung und Erziehung ihrer Kin- oder das Familienrecht reformiert werden, sierten Fachtagung im Juni 2018 in Berlin der zuständig und müssen nebenbei noch so dass sie „neuen“ Familienkonstellationen nachgehen. Zur Diskussion steht, wie eine das gesamte Haushaltseinkommen erwirt- gerecht werden, in denen biologische, recht- in die Zukunft gerichtete und vielfaltsori- schaften. Sie kommen aber weder in den liche und soziale Elternschaften auseinan- entierte Familienpolitik ganz konkret aus- Genuss von Eheprivilegien, noch haben sie derfallen? Wie können Sorgegemeinschaf- sehen kann, die althergebrachten Leitbilder Anspruch auf steuerpolitische Familienleis- ten jenseits der Ehe rechtlich abgesichert überwindet, indem sie die Sorgeverantwor- tungen, da ihr Einkommen meist zu gering und finanziell unterstützt werden? Muss tung für andere Menschen, egal in welcher ist. Familie sich immer am Sorgebedarf z.B. für Familienkonstellation, in den Mittelpunkt Kinder, an Verwandtschaft oder einer Lie- stellt. Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, besbeziehung zwischen Erwachsenen aus- (Dieter Heinrich/Lisa Sommer) dass traditionelle Familienbilder nach wie vor eine starke Prägekraft besitzen und rechtliche Regulierungen normieren. Eine moderne Familienpolitik sollte daher eine Gleichwertigkeitspolitik für die Vielfalt sein, die auch gegen die alltäglichen Anfein- Fachtagung des ZFF und des LSVD dungen und Diskriminierungen wirkt, de- nen Eltern wie Kinder u.a. auch durch ihre „Rechtliche und soziale Herausforde- gelebte Familienform ausgesetzt sind. rungen für die Vielfalt des Familien- lebens“ 14. Juni 2018, 10.00 – 16.o0 Uhr Centre Monbijou, Berlin www.zukunftsforum-familie.de/anmeldung vielfalt familie Nr. 28/2018
Aus dem ZFF | Seite 5 Aus dem ZFF Neue Mitglieder Familienbildung, Wohnkosten Herzlich und der § 219a StGB Willkommen als aktuelle Themen im ZFF I E m Jahr 2018 rücken im ZFF weitere wich- Organisationen setzen sich für die umfas- nde 2017 und Anfang 2018 begrüßt tige Themen in den Fokus: Familienbil- sende Informationsfreiheit über Schwan- das ZFF fünf neue Mitglieder. Wir dung als lebensbegleitendes Unterstüt- gerschaftsabbrüche und Rechtssicherheit freuen uns sehr, dass weitere Verbän- zungssystem ist ein Recht für alle Eltern. für Ärztinnen und Ärzte ein. de und eine gGmbH das ZFF in Zukunft be- Gemeinsam mit dem AWO Bundesverband reichern werden. Nur durch die Zusammen- diskutierten wir deshalb im April das The- Bedarfsgerechte Wohnungen für Famili- arbeit mit unseren Mitgliedern können wir ma „Familien gut begleiten – von Anfang en sind knapp und teuer. Dieses Problem der Familie in all ihrer Vielfalt eine kräftige an“. Vor dem Hintergrund der SGB VIII- rückt in einem Prozess mit der Friedrich- Stimme geben und gute Vorschläge für eine Reform wollten wir ausloten, welche Be- Ebert-Stiftung ins Zentrum. In einer Kurz- solidarische Zusammenarbeit entwickeln. dingungen gute Familienbildung (§ 16 SGB expertise soll ein anschaulicher Überblick VIII) braucht und wie diese abgesichert über die aktuelle Situation für Familien auf • AWO Soziale Dienste Vorpommern werden kann. dem Mietwohnungsmarkt erarbeitet und gGmbH: www.awo-vorpommern.de/ eine Bewertung im Hinblick auf die Ent- • AWO Ortsverein Schwäbisch Hall e.V.: In einem offenen Brief an die Bundesregie- wicklung der Kostenbelastungen von Fa- www.awo-sha.de/ rung und die Fraktionsvorsitzenden von milien ermöglicht werden. Die Ergebnisse • PEKIP e.V.: www.pekip.de/ CDU/CSU und SPD forderten das ZFF und und Handlungsanforderungen an die Politik • Landesverband der Mütter- und die AWO mit einem breiten Bündnis von 26 möchten wir in einem Workshop diskutie- Familienzentren in Bayern e.V.: Verbänden und Organisationen den § 219a ren. (Birgit Merkel/Alexander Nöhring) www.muetterzentren-in-bayern.de/ StGB aufzuheben. Die unterzeichnenden • AWO Landesverband Thüringen e.V.: www.awothueringen.de/startseite/ (Inge Höcker/Nikola Schopp) Bündnisarbeit Wichtiges Signal gegen Kinderarmut: Arbeits- und Sozialministerkonferenz stimmt für Kindergrundsicherung A m 7. Dezember 2 017 hat sich ben wir unser Konzept aktualisiert und die Konferenz der Arbeits- und an den aktuellen Existenzminimumbericht Sozialminister*innen der Länder angepasst. Bei weiterhin gebührenfreier In- klar zu einer einkommensabhängigen frastruktur (Kita etc.) und dem Fortbestand Kindergrundsicherung bekannt. Wir set- von bedarfsorientierten Sonderleistungen zen nun alles daran, dass dieser Beschluss soll die Kindergrundsicherung bisherige auch bundespolitisch aufgegriffen wird. allgemeine monetäre Leistungen für Fami- Im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG lien ersetzen. Durch die Versteuerung der bringen zukünftig auch der Paritätische Kindergrundsicherung mit dem Grenzsteu- Gesamtverband, das Bundesforum Männer, ersatz des elterlichen Einkommens ist die das Deutsche Kinderhilfswerk, die Volksso- Wirkung zwischen 300 und 619 Euro pro lidarität und Prof. Dr. Klaus Hurrelmann Kind und Monat sozial differenziert. ihre Sachkompetenzen ein. Inhaltlich ha- (Christiane Reckmann/Nikola Schopp) vielfalt familie Nr. 28/2018
Seite 6 | Familienpolitik aktuell Interview Alles bio, oder was? Familie und Elternschaft heute. Dr. Andrea Buschner studierte an der Otto-Friedrich Universität Bamberg Soziologie und promovierte dort zum Thema „Die Arbeitsteilung gleichgeschlechtlicher Paare in Deutschland“. Seit Juni 2006 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Staatsinstitut für Familienforschung. Dort forscht sie u.a. zu gleichgeschlechtlichen Lebensweisen und der Pluralisierung von Lebens- und Familienformen. Gerade hat sie mit mehreren Kollegen*innen einen umfassenden Buchband zum Thema „Familien mit multipler Elternschaft“ veröffentlicht. Was heißt Familie und Elternschaft heute? Oder: Wie hat darf. Organisatorische Abläufe wie z.B. die Hol- und Bringdienste sich Familienleben und Elternschaft verändert? zur Schule, die Gestaltung von Freizeitaktivitäten und Ferien oder das Treffen wichtiger Entscheidungen müssen unter den Eltern- Elternschaft und Familie sind heute äußerst vielfältig – selbst, teilen abgestimmt werden. Die Elternteile müssen zudem die eige- wenn die traditionelle Kernfamilie aus Vater, Mutter und leibli- nen Werthaltungen, Einstellungen und Erziehungsvorstellungen chen Kindern bis heute das Gros der Familien darstellt. Natürlich diskutieren und auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Die Fa- gab es Familienformen wie Stief- und Patchworkfamilien oder Al- milienmitglieder stehen außerdem oft vor der Herausforderung leinerziehende schon immer. Doch ihre quantitative Verbreitung mit den Befürchtungen und Vorurteilen aus ihrem Umfeld umzu- und ihr Entstehungskontext sind neu. Stieffamilien wurden frü- gehen. Die Frage, wer zur Familie gehört und wie man als solche her nach dem Tod eines Elternteils gegründet, während sie heute nach außen auftritt, gilt es tagtäglich zu klären und umzusetzen. meist im Zuge von Trennung und Scheidung entstehen. Ein wich- tiger Aspekt, der viele Familien heute von der traditionellen Kern- Welcher Unterstützungsbedarf ergibt sich in diesen Famili- familie unterscheidet, ist die multiple Elternschaft: So überneh- enformen in Bezug auf die Kinder? men die zwei bio-genetischen Elternteile nicht zwingend auch die rechtliche und soziale Elternschaft. Stattdessen können die einzel- Ein wichtiger Bereich, in dem Familien mit multipler Elternschaft nen Aspekte der Elternschaft von mehr als zwei Personen über- unterstützt werden können, ist der Umgang mit der Herkunftsge- nommen werden. Ein Beispiel: in vielen Stieffamilien ist die leib- schichte des Kindes. Adoptiveltern wurde vor einigen Jahrzehn- liche Mutter auch rechtliche und soziale Mutter. Ihr neuer Partner ten noch geraten, die Herkunft ihrer Kinder zu verbergen. Heute hat vielleicht keine Elternrech- empfiehlt man, die Kinder von te, übernimmt aber tatsächlich Anfang an – jedoch altersge- © Dr. Andrea Buschner auch Erziehungsverantwortung recht – über ihre Herkunft im Alltag. Der getrennt lebende aufzuklären. Die eigenen Wur- leibliche Vater verfügt dagegen zeln zu kennen, stellt für viele über ein geteiltes Sorgerecht Adoptivkinder oder Kinder, die mit der Mutter. Beteiligt sich im Zuge einer Gametenspende dieser auch aktiv an der Erzie- (Samen- und Eizellenspende) hung und Betreuung der Kin- entstanden sind, einen wichti- der, so übernehmen in diesem gen Schritt zur Herausbildung Beispiel drei Personen die sozi- ihrer eigenen Identität dar. Die ale Elternschaft, was sicherlich Forschung hat gezeigt, dass das nicht immer einfach ist. Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung auf jeden Vor welchen Herausforde- Fall gewahrt bleiben sollte. Ich rungen stehen Familien mit denke, dass die psycho-soziale multipler Elternschaft? Beratung vielen Eltern gerade im Umgang mit der Herkunfts- Sind mehr als zwei Elternteile geschichte ihres Kindes eine involviert, so besteht ein deut- wichtige Unterstützung bieten lich höherer Abstimmungsbe- kann. vielfalt familie Nr. 28/2018
Unsere Mitglieder | Seite 7 Unsere Mitglieder Mo.Ki unter 3 – Frühes Fördern von Anfang an „M o.Ki unter 3“, eine Erweiterung über Schwangerschaft, Geburt, Gesund- Bedürfnissen junger Familien entwickelt von „Monheim für Kinder“ heit, Pf lege und Ernährung des Kin- und bereitgestellt. Familien bereits vor der startete 2008 als Modellpro- des, Verhütung und andere Themen Geburt ihres Kindes zu erreichen und nach jekt für Eltern mit Kindern bis zum dritten freiwillig und diskret beraten lassen. der Geburt mit Rat und Tat zu unterstützen, Lebensjahr. Das gemeinsame Projekt der sorgt für bessere Entwicklungs- und Bil- AWO Bezirksverband Niederrhein e.V. und • Familienbildung: Für Mo.Ki bedeutet dungsmöglichkeiten. der Stadt Monheim am Rhein wurde wis- Bildung, schon früh kleine Impulse zu senschaftlich begleitet vom ISS Frankfurt setzen, um langfristig Entwicklung anzu- Mit dem Mo.Ki-Netzwerk soll durch eine und gefördert von der Stiftung Wohlfahrts- stoßen. Unser Motto ist: Stärken stärken, präventiv angelegte Infrastruktur mit ent- pflege NRW. Schwächen schwächen. Bildungsangebote sprechend konzipierten und aufeinander richten sich bei „Mo.Ki unter 3“ an die gan- abgestimmten Angeboten möglichen Prob- ze Familie und umfassen Eltern-Kind-Ange- lemen von – insbesondere armen – Kindern „Mo.Ki unter 3“ beinhaltet vier Bausteine: bote, Angebote für Eltern, Themenwochen, und Jugendlichen entgegengewirkt und da- • Das „Mo.Ki-Café und mehr …“: Das aber auch Feste und Feiern. mit deren soziale Benachteiligung und Aus- „Café und mehr …“ ist ein interkultureller grenzung vom frühestmöglichen Zeitpunkt Frauentreff und Treff für Eltern mit Kin- an verhindert werden. Kennzeichnend für dern bis zum dritten Lebensjahr. Eltern das Mo.Ki Netzwerk sind u. a.: aber auch Großeltern können hier frühstü- • Gemeinsame Konzeptentwicklung (insti- cken, sich austauschen und informieren, tutions- und trägerübergreifend) sich von qualifiziertem Personal beraten • Eine abgesprochene Arbeitsteilung (sys- und unterstützen lassen oder Übersetzungs- tem- und trägerübergreifend) möglichkeiten in Anspruch nehmen. • Die Verknüpfung von Angeboten sowie eine dezentrale Angebotsumsetzung • Begrüßungsbesuch und Familien- • Die gezielte Einbindung von Schlüssel- sprechstunde: „Mo.Ki unter 3“ besucht personen des Hilfesystems alle Eltern mit Neugeborenen in Monheim und stellt ihnen hilfreiche Angebote vor. Die Angebotsbausteine des Projektes „Mo.Ki Den Familien werden ein Begrüßungsge- Seit 2011 ist „Mo.Ki unter 3“ als erstes Glied unter 3“ stießen von Anfang an auf ein gro- schenk des Bürgermeisters und ein Begrü- der Präventionskette fester Bestandteil der ßes Interesse der Monheimer Elternschaft. ßungsordner mit Gutscheinen überreicht. Kinder- und Jugendhilfe in Monheim am Britta Altenkamp MdL, Vorsitzende der Rat und Hilfe gibt es auch in der offenen Rhein. Ziel der Mo.Ki-Präventionskette ist AWO Niederrhein, freut sich: „Aufgrund und kostenfreien Familiensprechstunde. es, Kinder und Jugendliche von Geburt an der großen Nachfrage eröffnen wir zusam- bis zum Eintritt in das Berufsleben mit prä- men mit der Stadt Monheim im Frühjahr • Familienhebammen: Von den Fami- ventiven Maßnahmen und Angeboten einer 2018 eine Zweigstelle im Stadtteil Baum- lienhebammen können sich Schwange- eng vernetzten Struktur zu begleiten. Die berg. Auf diese Weise kommen unsere An- re, werdende Väter sowie junge Mütter kommunale Infrastruktur wurde nach den gebote noch mehr Familien zu Gute!“ (Dr. Michael Maas) Die AWO am Niederrhein umfasst 26.000 Mitglieder, 16 Kreisverbände und 8.500 Beschäftigte in 700 sozialen Diensten und Einrichtungen (www.awo-nr.de). Gemeinsam mit der Stadt Monheim hat der Bezirksverband das Mo.Ki-Netzwerk zur Förderung von Familien und Kindern und zur Prävention von Kinderarmut entwickelt. Das Projekt wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Deutschen Präventionspreis 2004. Ansprechpartner: Dr. Michael Maas, Abteilungsleiter Jugendhilfe, michael.maas@awo-niederrhein.de, Tel.: 0201-3105-233 vielfalt familie Nr. 28/2018
Seite 8 | Kurz und bündig »Familie ist ... … emotionale Verbundenheit, buch -t ipp von Loyalität geprägt und weitreichend identitätsbildend. Alleinerziehende: Lebensentwürfe Die Familie ist nicht immer durch eine von eigensinniger Schönheit Harmonie der Interessen gekennzeichnet, sondern vielfach durch ungleiche Macht- verhältnisse und Konkurrenz um knappe Ressourcen. Die „Einheit“ Familie muss also verhandelt werden. Im Unterschied Erschöpft, die Kräfte aufgebraucht, allei- Bernadette Conrads Buch sind starke zu anderen Funktionssystemen der ne, bis ins Alter hinein jeden Cent zwei- und gebildete Frauen und bekommen Gesellschaft ist das Individuum in der mal umdrehen, um dann eine mickrige nicht selten gute Unterstützung von Familie aber als Ganzes inkludiert. Das Rente zu bekommen. Das alles macht ihrer Herkunftsfamilie. Die Option zeigt, dass das Kernfamilien-Konzept das Leben von alleinerziehenden Müt- „Lebenskünstler*in“ ist daher fast schon nicht mehr zeitgemäß ist. tern und Vätern aus. in ihrer Biografie angelegt. Dies ver- Wo auch immer Menschen schleiert aber den Blick auf viele Mütter darin übereinkommen, Die Beschreibung dieser Schwierigkei- und Väter, die solche Voraussetzungen emotional „als Ganzes“ ten in der „kleinsten Familie der Welt“ nicht mitbringen, sondern darum kämp- verbunden sein zu wollen, ziehen sich durch das Buch von Berna- fen müssen, alleine mit Kind z.B. ihren leben sie Familie. dette Conrad wie ein roter Faden. Aber Schulabschluss nachzumachen, einen Völlig unabhängig sie möchte mit ihrem Buch nicht nur Job zu finden oder einfach ihren Alltag von sexueller Orien- klagen. Sie will weg von der defizitären zu organisieren. Häufig verfügen sie da- tierung, Verwandt- Sicht auf Alleinerziehende und viel- mit nicht über die Ressourcen, selbstbe- schaftsverhältnissen mehr Geschichten erzählen, wie Müt- wusst für ihre Rechte einzutreten. oder sonstigen ter und Väter (gezwungenermaßen) zu Zuordnungen.« Lebenskünstler*innen werden und wie Nichtsdestotrotz: Bernadette Conrad großartig das Leben mit Kind(ern) al- hat ein eindringliches Buch geschrie- Erich Fenninger ist seit 2003 Bundesgeschäfts- leine sein kann. Denn: „Defizitär sind ben, das zum Nachdenken anregt, Mut führer der Volkshilfe Österreich nicht die Alleinerziehenden – defizi- macht und hoffentlich dazu beiträgt, tär ist allenfalls eine Gesellschaft, die dass endlich gute Rahmenbedingungen Schutz und Sorge für ein Fünftel ihrer für die „kleinsten Familie der Welt“ ge- Impressum: Familien vernachlässigt.“ schaffen werden. Herausgeber: Zukunftsforum Familie e. V. (Nikola Schopp) Markgrafenstr. 11, 10969 Berlin Der Transport dieser Botschaft gelingt Tel.: 030 259272820 E-Mail: info@zukunftsforum-familie.de der Autorin sehr gut. Mit ihrer eige- www.zukunftsforum-familie.de nen Geschichte im Gepäck ist sie von facebook/zukunftsforum-familie Schweden bis in die USA gereist und Ausgabe 28/2018 hat die Begegnung mit neun Müttern und einem Vater und deren Geschich- Redaktion: Dieter Heinrich, Anna Bruder, Ulli Durand, Alexander Nöhring, Nikola Schopp, Lisa Sommer ten literarisch ansprechend umgesetzt. Traurige, berührende Geschichten, Ge- Nähere Informationen zu den Autorinnen und Autoren der Artikel finden Sie auf der ZFF-Homepage. schichten von Streit, Stress und andau- ernder Existenzangst und der Sorge um Endredaktion und V.i.S.d.P.: Nikola Schopp das Wohlergehen der Kinder, aber auch Gestaltung: büro G29, Aachen Geschichten von großem Mut, von Un- Druck: KOMAG mbH, Berlin abhängigkeit und Freiheit. Was sie von Titelfoto: fotolia.com/Mariia ihren Reisen mitbringt ist die Erkennt- „vielfalt familie“ erscheint einmal Mal jährlich. Für nis, dass viele Alleinerziehende oft über unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird viele Umwege einen eigenen Weg zum keine Haftung übernommen. Der Abdruck und die Glücklichsein finden, dass in dieser Fa- Vervielfältigung des Inhalts sind nach Absprache und bei Zusendung eines Belegexemplars erlaubt und milienform selbstständige und mitfüh- erwünscht. Die aktuellen Ausgaben stehen unter lende Kinder und Jugendliche heran- www.zukunftsforum-familie.de zum kostenlosen wachsen, und dass große Schritte mit Bernadette Conrad Download bereit. Alle Rechte liegen beim Zukunftsfo- der kleinsten Familie der Welt nur mit rum Familie e.V. Die kleinste Familie der Welt. Vom einem guten Netzwerk machbar sind. spannenden Leben alleine mit Kind Ein Unbehagen am Ende der Lektüre btb Verlag, 2016, 352 Seiten, bleibt: Fast alle Alleinerziehenden in ISBN: 978-3442756353, 16,99 Euro. www.zukunftsforum-familie.de facebook/zukunftsforum-familie vielfalt familie Nr. 28/2018
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